Die Rechnung geht nicht auF

Florian Seibold durchschlief die Nacht tief und fest, während Frau Ansbach vor Sorge, der Hausherr könnte ihre Hilfe brauchen, nicht zu Bett zu gehen wagte und im Kaminsessel Krankenwache hielt.

Am Morgen schreckte sie durch Susis Bellen und das anhaltende Schrillen der Haustürklingel auf. Sie hatte das Gefühl, keine zehn Minuten geschlafen zu haben.

Dann sah sie, daß das Feuer im Kamin erloschen und der Holzstoß heruntergebrannt war. Die Asche lag kalt auf dem Rost.

„Frau Ansbach...!“ rief Herr Seibold aus dem Schlafzimmer, dessen Tür einen Spalt breit offen stand.

„Ich mache ja schon auf!“ rief Frau Ansbach zurück. Sie rieb ihre erstarrten Beine, um die Blutzirkulation anzuregen, stand auf und preßte ihre Fäuste in den von der nächtlichen Kälte und vom langen Sitzen schmerzenden Rücken.

Die Standuhr zeigte zehn Minuten nach acht.

„Herrschaften — schon so spät!“ stellte sie erschrocken fest und lief, um die Haustür zu öffnen.

„Entschuldigen Sie, Herr Doktor“, sagte sie zu dem eintretenden Arzt. „Ich habe kaum geschlafen...“

„Hatte er eine schlechte Nacht? Weshalb haben Sie mich nicht verständigt?“ sagte Dr. Neffgen.

„Nein, nein, ich glaube, Herrn Seibold geht’s gut. Ich bin nur vorsichtshalber in seiner Nähe geblieben.“

„Frau Ansbach, wer ist es...? Kann ich endlich mein Frühstück bekommen“, ertönte in diesem Augenblick lautstark und ungeduldig die Stimme des Patienten.

Dr. Neffgen lächelte. „Sie haben sich anscheinend umsonst um Ihren Schlaf gebracht.“

Sie sagen es! dachte Frau Ansbach und ging hinauf, um sich unter der heißen Dusche aufzuwärmen.

Dr. Neffgen war mit dem Ergebnis seiner Untersuchung zufrieden. Er bestand jedoch darauf, daß der Patient weiterhin im Bett blieb und jede Anstrengung vermied.

„Wichtigtuer!“ knurrte Florian Seibold, nachdem der Arzt gegangen war. „Bringen Sie mir die Morgenzeitung, Frau Ansbach. Und holen Sie bitte das Radio aus meinem Arbeitszimmer. Ich möchte die Nachrichten hören.“

„Sie regen sich ja doch bloß über jede unangenehme Meldung auf. Denken Sie an Ihren Blutdruck“, warnte Frau Ansbach.

„Tun Sie’s — oder muß ich mich selbst bemühen?“ Herr Seibold schickte sich an aufzustehen.

„Bleiben Sie liegen! Mein Gott, mit Ihnen hat man aber auch nur Ärger. Ich bring’s Ihnen ja“, schimpfte Frau Ansbach.

Sie sah schlimme Tage auf sich zukommen. Das wußte sie von Herrn Seibolds früheren Krankenlagern her. Einen so anspruchsvollen Patienten wie ihn gab es gewiß auf der ganzen Welt nicht mehr. Seine Ungeduld und Reizbarkeit konnten eine ganze Klinikstation demoralisieren.

„Wann kommt mein Freund Kresser?“ erkundigte sich Herr Seibold.

Frau Ansbach ließ vor Schreck fast das Radio fallen.

Der Hausherr kicherte schadenfroh, als er ihre Bestürzung sah.

„Sie dachten wohl, ich hätte nicht gehört, was Sie gestern abend vor meinem Schlafzimmer mit Neffgen flüsterten? Ich mag zwar eine Brille zum Lesen brauchen, vergeßlich sein und Ihnen auch sonst manchmal vertrottelt erscheinen, aber mein Gehör ist intakt. — Also, wann will er hier sein?“

„Überhaupt nicht“, erwiderte Frau Ansbach. Sie räumte den Nachttisch ab und schloß das Radio an.

„Er kommt nicht?“ fragte Herr Seibold enttäuscht und empört. „Ja, zum Kuckuck noch mal! Ich werde zusammengeschlagen, kriege fast das Licht ausgeblasen, und er kommt nicht?“

Frau Ansbach drückte ihn ins Kopfkissen zurück. „Nun beruhigen Sie sich. Kresser schickt jemanden her.“

„Aha, er schickt jemanden her! Und weshalb kommt er nicht selbst?“ tobte Herr Seibold.

„Sie kriegen noch einen Schlaganfall, wenn Sie sich weiter so aufregen. Herr Kresser kann nicht kommen, weil er selbst krank ist. Er hat die Grippe und liegt im Bett. Die Herren können jeden Moment hier sein“, sagte Frau Ansbach.

„Geben Sie mir meinen Bademantel“, verlangte Herr Seibold.

„Wozu?“

„Weil ich mich duschen und rasieren möchte. Und legen Sie mir meine Kleider zurecht. Oder soll ich die Beamten im Bett empfangen?“

„Jawohl! Ihre Sachen kriegen Sie nicht. Sie legen sich wieder hin, wenn Sie fertig sind“, bestimmte Frau Ansbach.

Florian Seibold knurrte Verwünschungen.

Doch Frau Ansbach kümmerte sich nicht darum, bold schickte sich an aufzustehen.

Der eine der beiden Kriminalbeamten, die auf Anweisung ihres Vorgesetzten, Hauptkommissar Kresser, Herrn Seibolds Bericht protokollieren sollten, erwies sich als ein Bekannter des früheren Anwalts.

„Kommen Sie rein, Ruhwedel!“ polterte Florian Seibold und hielt dem Oberinspektor seine Hand entgegen, während Susi die Beamten mißtrauisch schnuppernd umkreiste.

„Kresser hat also eine Grippe erwischt? Na, Sie sind mir ehrlich gestanden auch lieber. Mein Freund Kresser hat etwas gegen Exanwälte, die auf eigene Faust Ermittlungen anstellen. Sie dagegen sind eher für eine Zusammenarbeit zwischen Kripo und Zivilisten.“

Oberinspektor Ruhwedel lachte. „Es freut mich, daß es Ihnen besser zu gehen scheint. Das ist Herr Lorenz“, stellte er seinen Begleiter, einen jungen, schmalen Beamten, vor.

„Setzen Sie sich, meine Herren“, bat Florian Seibold und kam sofort zur Sache.

„Vorab: Ich habe den Täter nicht erkannt. Ich habe ihn nicht einmal auf mich zuspringen hören und kann Ihnen deshalb keine Angaben über ihn machen. Wichtig erscheint mir nun die Klärung der Frage, weshalb ich niedergeschlagen wurde...“

„Das ist doch nicht erstaunlich, wenn Sie so unvorsichtig sind, allein im Dunkeln und in Hafennähe spazierenzugehen“, mischte sich Lorenz ein.

Florian Seibold bedachte den naseweisen Jüngling mit einem strafenden Blick. „Ich schlage vor, wir reden nacheinander. Sie lassen mich sagen, was ich zu sagen habe, und dann höre ich Ihnen zu“, sagte er kühl.

Der junge Kriminalbeamte errötete und blickte fragend seinen Vorgesetzten an.

Ruhwedels Miene blieb ausdruckslos.

„Meine Nachbarin, eine fast achtzigjährige Witwe, erhält seit einigen Wochen Warensendungen, die sie nicht bestellt, und von denen sie nicht weiß, wer sie orderte“, fuhr Herr Seibold fort. „Auf ihre Bitte hin habe ich es übernommen, nachzuforschen, wer dahintersteckt.“

„Weshalb hat die Frau die Polizei nicht eingeschaltet?“ unterbrach Lorenz den Exanwalt erneut.

„Das lassen Sie sich von ihr selbst erklären“, erwiderte Herr Seibold grob, während Ruhwedel den jungen Mitarbeiter mit einem unwilligen Kopfschütteln zurechtwies.

„Ich vermute, daß meine Schnüffelei dem Täter nicht paßt, und daß er mich deshalb auszuschalten versuchte“, sagte Herr Seibold. „Er scheint meine Lebensgewohnheiten erforscht zu haben. Ich bin überzeugt, daß ihm auch der Anschlag auf meinen Hund, der mich immer auf meinen Spaziergängen begleitet, zuzuschreiben ist.“

„Haben Sie einen Verdacht?“ fragte Ruhwedel.

Florian Seibold berichtete ihm von seinen Ermittlungen bei den Lieferfirmen und von seinem Besuch bei dem Neffen der Katzen-Marie.

„Über die Hundezüchterin befragen Sie besser Sandra Faber“, sagte Herr Seibold abschließend.

Die Unterhaltung hatte ihn erschöpft. Er legte sich zurück und schloß sekundenlang die Augen.

„Sandra...?“ Ruhwedel hob erstaunt die Augenbrauen. „Welches Interesse hat sie an der Sache?“

„Sie ist mit Frau Arnold befreundet“, erwiderte Herr Seibold.

„Wer ist Sandra Faber?“ erkundigte sich der junge Lorenz, der neu im Polizeipräsidium war.

Ruhwedel schmunzelte. „Eine Detektivin. Sie werden sie noch kennenlernen.“

„Eine Detektivin...? Also, Chef, ich habe etwas gegen diese emanzipierten Bienen.“

Florian Seibold bedachte den jungen Kriminalisten mit einem langen Blick und sagte: „Ich auch, mein Freund. Aber Sandra ist anders.“

„Ist sie hübsch?“ fragte Lorenz.

„Das auch“, erwiderte Ruhwedel.

Frau Ansbach streckte ihren Kopf ins Zimmer und bat, den Patienten nicht zu überanstrengen.

Die Beamten standen auf.

Florian Seibold reichte Ruhwedel die Hand. „Danke, daß Sie hergekommen sind. Grüßen Sie meinen Freund Kresser. Und Sie kümmern sich um die alte Dame von nebenan, ja?“

Ruhwedel versprach es ihm.

Er suchte Frau Ansbach in der Küche auf und erkundigte sich, wann Sandra zu Hause anzutreffen sei.

„Es ist gleich eins. Sie wird jetzt zu Mittag essen. Aber das können wir feststellen“, sagte Frau Ansbach und wählte die Nummer ihrer Tochter.

„Sandra“, sagte sie, als ihre Enkeltochter sich meldete. „Oberinspektor Ruhwedel möchte dich sprechen. Bleib zu Hause. Er kommt gleich bei dir vorbei.“

„Steht es so schlimm um Herrn Seibold?“ fragte Sandra erschrocken. Ihre Großmutter hatte ihre Familie am Abend zuvor über den Überfall auf Herrn Seibold informiert.

„Nein, nein, keine Sorge! Herr Ruhwedel ermittelt in der Sache Katzen-Marie.“

„Aber das fällt doch gar nicht in sein Ressort“, wunderte sich Sandra.

„Die Herren meinen, daß ein Zusammenhang zwischen dem Überfall und der Warenlieferung besteht.“

*

„Es ist immer dasselbe mit diesen Amateurdetektiven. Sie schalten erst dann die Kripo ein, wenn sie nicht weiter wissen und nahezu alle Spuren verwischt sind“, sagte der Oberinspektor zu Lorenz, als sie stadteinwärts fuhren. „Der Exanwalt leidet zuweilen an einer Art Pensionierungskoller. Dann versucht er sich als Kriminalist. Daß das für ihn nicht immer ungefährlich ist, hat er jetzt an dem Überfall auf sich erlebt. Aber ob ihm das eine Lehre sein wird?“

„Und diese Detektivin?“ fragte Lorenz.

„Die ist auch ein Problem“, sagte Ruhwedel schmunzelnd. „Aber sie verheimlicht uns wenigstens keine wichtigen Informationen. Und ich sage mir, es ist besser, mit ihnen zusammenzuarbeiten, als erkennen zu lassen, daß sie uns lästig sind. Dann schalten sie auf stur. Ehrlicherweise muß ich zugeben, daß Sandra und Herr Seibold uns schon oft wertvolle Dienste geleistet haben.“

Lorenz war gespannt, die hübsche Detektivin kennenzulernen.

Erwartungsvoll stand er neben dem Oberinspektor vor Sandras Wohnungstür.

Joschi öffnete ihnen.

„Hallo! Auch wieder mit von der Partie?“ begrüßte ihn Ruhwedel lächelnd, wechselte einen kräftigen Händedruck mit ihm, und machte ihn mit Lorenz bekannt.

„Sandra ist im Badezimmer. Ich soll Sie ins Wohnzimmer führen“, sagte Joschi und ging voraus.

„Der kleine Bruder?“ fragte Lorenz halblaut.

„Der Freund“, gab Ruhwedel schmunzelnd zurück.

Lorenz hatte sich noch nicht von dieser Überraschung erholt, als ein Mädchen in einer karierten Bluse über knappsitzenden Jeans eintrat und von dem Oberinspektor herzlich begrüßt wurde.

„Hallo, Sandra! Schön, daß wir uns mal Wiedersehen. Ich höre, du hast Tips für uns“, sagte Ruhwedel.

Der junge Kriminalist wollte seinen Augen und Ohren nicht trauen.

Das also war die Detektivin? Ein schlaksiger Teeny mit blanken Augen und einem runden Schulmädchengesicht! Lorenz konnte es nicht fassen.

Doch je länger er dann Sandras und Joschis Bericht zuhörte, um so beeindruckter war er von den beiden. Die wußten ja tatsächlich, worauf es bei der Untersuchung einer Strafsache ankam.

„Ja, mehr haben wir leider nicht für sie“, sagte Sandra abschließend. „Aber ein bißchen was können sie sicher damit anfangen. — Übrigens ist der Neffe von Frau Arnold nicht so bankrott, wie Herr Seibold meint.“

„Sandra und ich haben uns ein bißchen bei ihm umgesehen“, berichtete Joschi. „Der Mann fährt einen dicken, fabrikneuen Wagen.“

„Noch etwas!“ fiel Sandra ein. „Joschi hat dummerweise der Züchterin gegenüber erwähnt, daß Herr Seibold für die Katzen-Marie arbeitet. Die Nichte der Züchterin erinnerte sich an ihn. Sie wußte auch, daß Herr Seibold abends mit seinem Hund am Fluß entlang spaziert.“

„Interessant“, bemerkte der Oberinspektor. „Und was ist mit dem Bauunternehmer Lange?“

„Nach dem habe ich mich erkundigt. Er ist mit seiner Frau verreist“, erwiderte Joschi und blickte Sandra spöttisch an.

Sandra reckte hochnäsig ihr Kinn.

Ruhwedel entging dieses stumme Zwiegespräch nicht. „Verschweigt ihr mir etwas?“ fragte er.

„Joschi hält Lange für unschuldig, weil er so viele interessante Partygäste hat und sich alles mögliche leisten kann. Ständig sind Leute bei ihm zu Besuch. Vor allem Bikinimädchen!“

„Und gerade das macht ihn in deinen Augen verdächtig? Wieso?“ fragte Ruhwedel.

„Ich halte ihn für einen angeberischen Playboy. Er ist mir widerlich“, erwiderte Sandra gereizt.

„Persönliche Vorlieben oder Abneigungen sollten uns bei der Wahrheitsfindung nicht beeinflussen“, warnte Ruhwedel.

Sandra errötete. „Er hat mich anzumachen versucht.“

Nun errötete Joschi — vor Wut.

„Eine Fünfzehnjährige?“ fragte Ruhwedel mißbilligend.

Sandra nickte.

„Trotzdem! So bedauerlich seine Entgleisung auch ist, mit unserem Fall hat sie nichts zu tun.“

„Obgleich sie natürlich ein schlechtes Licht auf seinen Charakter wirft“, sagte Lorenz.

Ruhwedel nickte mit umwölkter Stirn.

„Ihr habt gute Vorarbeit geleistet“, lobte er Sandra und Joschi, obwohl er es für fraglich hielt, daß der Täter aufgrund der vorliegenden Anhaltspunkte zu ermitteln war. Doch immerhin war der Täterkreis abgesteckt.

„Kümmert euch weiterhin um Frau Arnold“, bat er. „Muntert sie auf und gebt ihr das Gefühl, daß sie nicht allein steht, sondern daß sie jemanden hat, auf den sie sich verlassen kann. Falls wieder eine anonyme Sendung eingeht, dann gebt mir unverzüglich Bescheid, damit wir nachhaken können.“

Der Oberinspektor sorgte sich um Frau Arnold. Er sorgte sich aber auch um Sandra und Joschi.

Die Anschläge auf Susi und Herrn Seibold hatten ihm deutlich gemacht, wie gefährlich der Täter war, und daß ihm jedes Mittel recht zu sein schien, um sein Ziel zu erreichen. Deshalb war er beruhigter, wenn er Sandra und Joschi von der Verfolgung des Täters durch die Betreuung der Katzen-Marie abgelenkt wußte. Außerdem nahm er sich vor, die Kollegen von der Streifenpolizei zu bitten, öfter als üblich Kontrollfahrten durch die Föhren-Allee zu unternehmen.

Zwei Tage später fuhren Sandra und Joschi wieder zur Föhren-Allee hinaus.

Sie sagten Sandras Großmutter und Susi „Guten Tag“, richteten Grüße an den schlafenden Herrn Seibold aus und kletterten über die Gartenmauer ins Nachbargrundstück.

Plus empfing sie in der Küche mit wütendem Bellen. Er trug noch immer seine Halsmanschette zum Stützen der Nackenwirbel. Doch seine Fleischwunden waren verheilt.

Plus gebärdete sich als Herrscher von Haus und Hof.

Käpten lag scheu in der Ecke neben dem Herd. Er bellte zaghaft zur Begrüßung, und kam nur zögernd näher, als Sandra ihn mit einem Kalbsknochen herbeiwinkte.

Der schwarze Königspudel verlangte sofort knurrend seinen Anteil. Als Sandra der Aufforderung nicht sogleich folgte, sprang er sie an und schnappte nach ihrer Hand.

„O nein, das wollen wir gar nicht erst einreißen lassen“, sagte Sandra. Sie drehte die Tüte, die sie in der Hand hielt, zusammen, und schlug Plus damit kräftig aufs Hinterteil. „Pfui, schäm dich! Warte gefälligst, bis du was bekommst.“

Joschi wich vor dem mächtigen Tier zurück. „Sei vorsichtig, Sandra!“

„Zeig ihm bloß nicht, daß du Angst vor ihm hast“, warnte Sandra.

„Sooo, schön... braver Hund“, sagte sie zu Plus und warf ihm einen Knochen zu.

„Er macht mir arg zu schaffen“, sagte Frau Arnold, die jetzt mit einem Topf selbstgekochter Marmelade, den sie aus dem Keller geholt hatte, zur Tür hereinkam. „Hoffentlich finde ich bald ein gutes Zuhause für ihn. Der Kerl ist nicht satt zu kriegen. Außerdem tyrannisiert er die anderen Tiere. Ein Junghuhn hat er auch schon gerissen. Setzt euch doch.“

„Ist sonst alles in Ordnung bei Ihnen, Frau Arnold?“ erkundigte sich Sandra.

„Ja, ja! Michael kommt auch gleich. Er hat einen alten Apfelbaum umgelegt. Den will er zerhacken. Du könntest ihm ein bißchen helfen, Joschi. Es wird kühl. Ich muß mich wohl wieder daran gewöhnen, den Ofen zu heizen“, sagte die Katzen-Marie.

Sie nahm Brot und Quark aus dem Schrank. „Möchtet ihr was essen?“ fragte sie und setzte sich an den Tisch.

„Nein, danke“, sagte Sandra. Joschi zögerte.

„Hol dir ein Frühstücksbrettchen aus der Schublade und bring mir ein Messer mit“, sagte Frau Arnold zu ihm.

„Hat sich in letzter Zeit jemand in der Nähe Ihres Grundstückes herumgetrieben?“ forschte Sandra.

„Das sollte einer wagen! Plus würde ihm an die Kehle springen“, sagte die Katzen-Marie befriedigt. Herrn Seibolds Mißgeschick hatte man ihr verschwiegen, um die alte Frau nicht zu erschrecken. „Aber in der Nacht muß ich ihn ja leider im Haus behalten“, fügte sie bedauernd hinzu.

„Sind noch weitere Mahnungen eingegangen?“

„Liegt alles auf der Waschkommode. Ich weiß nicht, was es ist. Hab die Briefe nicht aufgemacht“, erwiderte die Katzen-Marie und häufte Quark auf eine mit Marmelade bestrichene Brotscheibe.

Sandra holte die Post aus dem Schlafzimmer und schlitzte die Umschläge mit einem Messer auf, während Joschi Frau Arnold beim Essen Gesellschaft leistete.

„Mahnung..., Mahnung..., Rechnung..., Mahnung“, berichtete Sandra, den Inhalt der Sendungen prüfend.

Plötzlich stutzte sie. „Hier ist ein amtliches Schreiben vom Gesundheitsamt, Frau Arnold!“

Die Katzen-Marie leckte heruntergetropfte Marmelade von ihrem Daumen ab.

„Frau Arnold! Das kommt vom Gesundheitsamt!“ wiederholte Sandra nachdrücklich.

„Ist sicher falsch adressiert“, vermutete die Katzen-Marie.

„Wie alles, was hier eingeht“, sagte Joschi und lachte als einziger über seinen Witz.

Sandra öffnete den Umschlag, zog das Schreiben heraus und überflog die an Frau Marie-Loise Arnold gerichtete Mitteilung. „Sie sollen von einem Arzt besucht werden, Frau Arnold!“

„Unsinn! Hab nach keinem Doktor geschickt“, brummte die Katzen-Marie.

„Aber hier steht es. Er kommt am achtzehnten Oktober, um fünfzehn Uhr dreißig...“ Sandra hielt entsetzt inne. „Frau Arnold!“ schrie sie. „Heute ist der achtzehnte! Er kann jeden Moment hier sein. Wie spät ist es, Joschi?“

Joschi blickte auf seine Armbanduhr. „Sechzehn nach drei.“

„Frau Arnold, Sie müssen sich umziehen. Wir sollten ein bißchen hier saubermachen. Die Hunde müssen raus. Am besten sperren wir Plus ins Schlafzimmer. Glauben Sie, daß er es da allein aushält, ohne zuviel Lärm zu schlagen?“ fragte Sandra aufgeregt.

Frau Arnold tauchte gleichmütig den Löffel in die Marmelade. „Ich hab keinen Doktor bestellt. Ich mach nicht auf“, sagte sie stur.

„Sie müssen ihn empfangen, Frau Arnold! Es ist ein... ein Psychiater, ein Nervenarzt“, erläuterte Sandra. „Hier steht, wenn Sie seinen Besuch ablehnen, wird man verfügen, daß Sie in einer Psychiatrischen Klinik untersucht werden.“

„Ein Seelenklempner! Wer hat sich denn so was ausgedacht?“ fragte Joschi bestürzt.

„Auf Antrag, steht hier.“ Sandra blickte Joschi bedeutungsvoll an. „Lauf rüber und sag Herrn Seibold Bescheid.“

„Ja“, sagte die Katzen-Marie grimmig und stemmte sich vom Stuhl hoch. „Er soll herkommen. Geh und hol Herrn Seibold, Joschi.“

Sandra und Joschi blickten einander betreten an.

„Das geht nicht. Herr Seibold ist... Er ist krank“, erklärte Sandra ausweichend.

„Dann empfange ich den Doktor nicht. Dann bin ich auch krank“, sagte die Katzen-Marie störrisch.

Sandra schüttelte verzweifelt den Kopf. „Das hat doch keinen Sinn, Frau Arnold. Der Doktor möchte ja auch nur mit Ihnen reden. Er möchte feststellen, ob Sie geistig gesund sind.“

„Bin ich das etwa nicht?“

„Natürlich sind Sie das. Er kommt nur, um festzustellen, ob Sie in Ihrem Alter noch allein zurechtkommen. Ich bleibe bei Ihnen. In Ihrer Nähe. Bitte, ziehen Sie sich um, Frau Arnold“, redete Sandra der alten Frau zu.

„Nun lauf doch schon rüber, Joschi, und frag, was wir tun sollen. Beeil dich!“ drängte sie den Freund.

Doch als Joschi sich schon an der Tür zum Hof befand, rief sie ihn zurück. „Nein, bleib hier, Joschi! Treib die Hühner und Enten in ihre Umzäunungen. Und fang die Hasen ein. Sperre sie in ihre Ställe. Und räum draußen ein bißchen auf. Sammle die herumliegenden Gartengeräte ein, du siehst schon.“

„In der kurzen Zeit?“ Joschi faßte sich an den Kopf, während er hinausrannte. Sandra mußte wahnsinnig geworden sein. Um alle ihre Aufträge zu erledigen, brauchte es Stunden.

„Wozu die Umstände?“ brummte die Katzen-Marie und stellte unwillig das schmutzige Geschirr zusammen.

„Lassen Sie das Zeug stehen. Ich räume den Tisch ab. Soll ich Ihnen schon Badewasser einlassen, Frau Arnold?“ fragte Sandra.

„Wozu soll ich baden? Heute ist doch nicht Samstag — oder?“ fragte die Katzen-Marie verwirrt.

„Nein, heute ist Donnerstag. Aber der Doktor...“

„Du sagst doch, er will nur mit mir reden?“

„Ja, doch! Aber

„Na, also! Baden am Donnerstag!“ sagte die Katzen-Marie entrüstet.

„Dann ziehen Sie wenigstens ein frisches Kleid an. Ich mache inzwischen hier sauber. Und dann bürste ich Ihnen die Haare“, sagte Sandra verzweifelt. „Und bitte, nehmen Sie Plus mit ins Schlafzimmer. Ich traue mich nicht an ihn heran, solange er mit dem Knochen beschäftigt ist.“

Die Katzen-Marie packte Plus gelassen und mit energischem Griff am Nacken, hob mit der anderen Hand den Knochen auf, sagte: „Komm mit!“ und watschelte mit dem sich nur schwach sträubenden Hund zur Küche hinaus.

Sandra ließ Wasser in einen Eimer laufen und holte den Schrubber und ein Scheuertuch aus der Abstellkammer, um die Küche aufzuwischen.

„Raus mit dir, Käpten!“ befahl sie und öffnete die Tür, um den Hund auf den Hof zu lassen.

Da wurde die Außentür geöffnet. Ein Mann, wuchtig wie ein Bauernschrank, füllte den Türrahmen aus.

„Dr. Frischmuth. Guten Tag. Ich bin bei Frau Arnold angemeldet“, stellte sich der Besucher vor.

„Sandra Faber. Zurück, Käpten! Oh, ich... Frau Arnold hatte vergessen, daß Sie heute kommen. Das heißt...“, stammelte Sandra mit hochrotem Kopf und drängte Käpten zurück.

„Vergißt Frau Arnold öfter Verabredungen?“ forschte der Doktor.

In Sandras Kopf klickte es warnend. Vorsicht, Sandra! dachte sie. Der Doktor ist hier, um zu untersuchen, ob die Katzen-Marie voll zurechnungsfähig ist.

„O nein, Frau Arnold vergißt nichts“, versicherte sie eilig „Sie hat nur den Brief nicht aufgemacht. Wir erledigen nämlich ihre Post für sie.“

„Das hat der junge Mann mir ebenfalls gesagt“, erwiderte Dr. Frischmuth lächelnd und drehte sich halb nach Joschi um, der hinter seinem breiten Rücken bisher unsichtbar geblieben war.

Sandra atmete auf. Glück gehabt! dachte sie.

„Kann ich nun Frau Arnold sprechen?“ fragte der Arzt.

„Ich hole sie. Sie zieht sich im Schlafzimmer um. Bitte, nehmen Sie schon im Wohnzimmer Platz. Joschi, läßt du Käpten raus?“ bat Sandra und führte Dr. Frischmuth durch die Küche in den angrenzenden Wohnraum.

„Entschuldigen Sie die Unordnung. Ich bin beim Putzen“, erklärte Sandra, als sie Dr. Frischmuths prüfend umherschweifende Blicke bemerkte. „Bitte!“ Sie fegte mit der Handfläche Krümel von einem Polsterstuhl und bedeutete Dr. Frischmuth, sich zu setzen.

„Kommt ihr regelmäßig her?“ wollte der Psychiater wissen.

„Ziemlich“, erwiderte Sandra ausweichend.

„Weshalb?“ fragte der Doktor.

„Weshalb?“ wiederholte Sandra und sammelte die auf dem Diwan liegenden Zeitungsblätter ein, um Zeit zum Überlegen einer Antwort zu gewinnen.

„Meine Großmutter ist bei Rechtsanwalt Seibold nebenan Haushälterin. Mein Freund und ich sind oft bei ihr zu Besuch. Schon als wir noch klein waren. Dadurch haben wir die Katz... Frau Arnold kennengelernt. Ihre selbstgekochte Marmelade hat uns angezogen. Die ist stark. Ja, und weil wir hier ungestört herumtoben durften, auch Harmonium spielen und so“, gab Sandra an. Sie lachte verlegen und prüfte Dr. Frischmuths Gesichtsausdruck, um festzustellen, wie er ihren Bericht aufnahm und ob sie vielleicht etwas Falsches gesagt hatte.

Doch die Miene des Psychiaters wirkte nur höflich-interessiert und ließ keine Deutung zu.

„Seitdem kommen wir her“, schloß Sandra kleinlaut.

„Aber inzwischen doch nicht mehr zum Herumtoben oder wegen der Marmelade?“ fragte Dr. Frischmuth. Er öffnete seinen Aktenkoffer, legte einen Schreibblock vor sich auf den Tisch und zog einen Kugelschreiber aus seiner Jackentasche.

„Natürlich nicht“, erwiderte Sandra entrüstet. „Jetzt kommen wir wegen der Tiere, und weil sich Frau Arnolds Verwandte nicht um die alte Frau kümmern.“

„Ihr seid also der Meinung, daß jemand sich um Frau Arnold kümmern muß?“ Der Doktor kritzelte etwas auf den Block.

„Jeder Mensch muß jemanden haben, mit dem er sich beraten kann und der ihm in Notfällen hilft“, sagte Sandra, einen Ausspruch ihrer Großmutter wiederholend.

Der Doktor blickte überrascht von seinem Schreibblock hoch.

„Michael, der Tierpfleger vom Städtischen Tierheim, kommt auch immer her. Er mistet die Ställe aus und repariert die Zäune. Und Herr Seibold und meine Großmutter“, zählte Sandra mit überlegener Geste auf, „also, was die für eine tolle Nachbarschaftshilfe hier haben! Herr Seibold berät Frau Arnold rechtlich und bearbeitet ihren schriftlichen Kram. Wir helfen ihm dabei“, fügte Sandra rasch hinzu, als ihr einfiel, was sie dem Doktor von Frau Arnolds Korrespondenz erzählt hatte. „Es ist nicht so, daß Frau Arnold das nicht selbst erledigen könnte, aber Herr Seibold ist darin geübter, weil er doch Rechtsanwalt war. Joschi und ich tippen die Briefe...“

Die Tür wurde geöffnet. Die Katzen-Marie stapfte herein. Sie hatte ihr graues Seidenkleid angezogen und den fehlenden obersten Knopf mit einer goldenen Brosche ersetzt.

Der Doktor stand auf und stellte sich ihr vor.

Die Katzen-Marie setzte sich kerzengerade auf den Diwan. Sie breitete eine karierte Wolldecke über ihre Knie, die bis zum Boden fiel und die ausgetretenen Hausschuhe an den ständig geschwollenen Füßen verbarg. Sie wirkte sehr überlegen und konzentriert.

„Sandra, koch Kaffee und bring Marmelade, Quark und Schwarzbrot für den Herrn Doktor“, sagte sie.

„Aber, bitte! Aber wirklich nicht!“ wehrte der Doktor überrascht und entsetzt ab.

Doch Frau Arnold fiel ihm energisch ins Wort: „Wer mich besucht, wird auch von mir bewirtet. Sie möchten sich doch mit mir unterhalten, nicht? Also brauchen Sie auch eine Stärkung. Sandra...!“

Sandra ging hinaus und ließ die Tür zwischen Küche und Wohnzimmer angelehnt.

Der Doktor stand auf und schloß die Tür.

Sandra setzte Kaffeewasser auf. Dann ging sie hinaus, um Joschi zu suchen.

Sie fand ihn mit Michael, der inzwischen gekommen war, in der Scheune, wo sie Heu für die Hasen von der Tenne holten. Plus lag neben der Leiter und sah ihnen zu.

„Grüß dich, Michael! Weshalb ist Plus nicht drin?“ rief Sandra.

„Weil er heulte. Frau Arnold meinte, es sei besser, ihn in den Hof zu lassen“, erwiderte Joschi.

„Solange ich hier bin, jagt er keine Hühner. Ich passe auf“, sagte Michael. Er kam mit einem Bündel Heu die Leiter herab. „Wie sieht’s drin aus?“

„Man hat mich in die Küche geschickt. Ich soll Kaffee kochen.“

„Nicht schlecht“, meinte Michael. „Dann läßt der Seelenklempner mit sich reden?“

„Er war gegen den Kaffee“, sagte Sandra und verzog angewidert das Gesicht.

„Wenn er die alte Frau zwingt, ihr Haus zu verlassen und sie irgendwo einweist, verdresche ich ihn“, drohte Michael.

„Nimm dir lieber den vor, der ihn dazu veranlaßt hat“, sagte Joschi, der ebenfalls mit einem Arm voll Heu die Tenne verließ.

„Damit würdest du nur dir selber schaden, Michael“, warnte Sandra. „Was sagt Herr Seibold, Joschi?“

„Deine Großmutter hat mich nicht zu ihm gelassen. Es würde ihn aufregen, meint sie. Sie will die Referendarin in der Kanzlei von Dr. Seibold anrufen, damit sie sich mit dem Gesundheitsamt in Verbindung setzt. Mehr könne auch Herr Seibold im Moment nicht tun, sagte sie.“

Der Wasserkessel pfiff durchdringend.

„Der Kaffee!“ sagte Sandra und lief ins Haus.

Sie hörte den Psychiater lebhaft mit Frau Arnold reden. Sandra brühte den Kaffee auf, stellte das Geschirr auf ein Tablett, klopfte an die Tür und ging hinein, um den Tisch zu decken.

Der Doktor saß mit übereinandergeschlagenen Beinen entspannt auf seinem Stuhl und hörte der Katzen-Marie zu, die Wundertaten von ihren Tieren erzählte.

„...und dann blickte Kater Tiger Plus an, als wollte er sagen: Du magst zwar verletzt sein, aber vor dem Bett hier schlafe ich. Und Plus, der sich sonst mit allen anlegt, trollte sich unter den Tisch“, berichtete die Katzen-Marie gerade.

Der Doktor lachte. „Ich habe nicht gewußt, daß Katzen so besitzergreifend sind. Diese Eigenschaft schreibt man gewöhnlich nur Hunden zu. Unsere Bini, beispielsweise, wird eifersüchtig, sobald ich meine Frau umarme.“

„Tiger ist eine Ausnahme. Er war mein erster Hausgenosse nach dem Tod meines Mannes und lange Zeit mit mir allein“, begründete Frau Arnold das normwidrige Verhalten des Katers.

„Danke, wir machen das schon“, sagte der Psychiater, als Sandra begann, die Kaffeedecke, die sie aus dem Schrank genommen hatte, aufzulegen.

Sandra holte Quark, Marmelade und Brot.

Als sie den Kaffee brachte, saß Dr. Frischmuth am Tisch und langte zu, als ob er hier zu Hause wäre.

Sandra lief zu den Jungen hinaus, um ihnen diese Sensation mitzuteilen.

Nach einer Stunde etwa begleitete Frau Arnold Dr. Frischmuth zur Tür.

Der Arzt hielt einen Tragebeutel in der Hand.

Als die Katzen-Marie ins Haus zurückgegangen war, lief Sandra dem Psychiater auf die Straße nach. „Herr Doktor...!“

Dr. Frischmuth blieb stehen und drehte sich zu ihr um.

„Darf ich Sie etwas fragen? Was wird jetzt mit Frau Arnold? Muß sie in ein Pflegeheim?“

Der Doktor hob die Augenbrauen. „Mit meiner Hilfe nicht. Nur, wenn sie selbst es wünscht. Aber wenn Frau Arnold weiterhin eure Unterstützung hat, wird sie sich wohl so bald noch nicht dazu entschließen können“, sagte er lächelnd.

„Ein netter junger Mann. Ich habe ihm ein paar Töpfe Marmelade mitgegeben“, sagte die Katzen-Marie gerade zu Joschi und Michael, als Sandra in die Küche trat.

„Dem Doktor...?!!“ riefen Sandra, Joschi und Michael entsetzt.

„Warum nicht? Sie schmeckte ihm“, erwiderte die Katzen-Marie und ging hinaus, um zu telefonieren.

„Rita, hier ist Tante Marie-Loise“, hörten die drei sie sagen. „Ein Arzt vom Gesundheitsamt war gerade bei mir... Nein, danke, es geht mir gut. Der Arzt war zufrieden mit mir. Schade, nicht...? Laß mich ausreden! Ihr hattet ihn doch hergeschickt, weil ihr mich für unzurechnungsfähig erklären und entmündigen lassen wollt... Was mir einfällt? Du weißt nicht, wovon ich rede? Dein Mann weiß es!“ polterte die Katzen-Marie... „Ich bin übergeschnappt? Das hättet ihr wohl gerne? Aber der Doktor hat nichts dergleichen festgestellt. Ich warne euch! Fangt nicht wieder an, mir Sachen ins Haus zu schicken, sonst zeige ich euch an. Verwandtschaft oder nicht, das ist mir dann egal! ... Natürlich kann ich das nicht beweisen. Aber ich kenne euch. Und Richard kannst du bestellen, daß ich mein Haus jemand anderem vermache. Ihr bekommt nichts. Adieu!“

Frau Arnold kam in die Küche zurück, wo Sandra, Joschi und Michael stumm dasaßen.

„Sie wußten, wer die Waren bestellte?“ fragte Sandra.

„Nein, weiß ich nicht. Hab nur mal auf den Busch geklopft. Und falls mein Neffe die Hand im Spiel hatte, dann ist er jetzt gewarnt und läßt mich in Ruhe“, sagte die Katzen-Marie grimmig.