Ich stand nicht hinter Ivy, sondern vor ihr; ich konnte ihm etwas geben, was sie nicht konnte - al es, was er auch mit Ivy gefunden hatte, aber ohne das Wissen um das, was Piscary ihnen angetan hatte. Ich wusste, dass Ivy ihn deswegen verlassen hatte. Sie konnte nicht mit der Erinnerung leben.

Der Wunsch, mich zu unterwerfen und ihm al es zu geben, verstärkte sich, und als er fühlte, wie ich mich gegen ihn lehnte, wurde sein Griff härter. Ich presste meinen Körper suggestiv gegen seinen und sog seinen Duft tief in mich ein.

Er wirbelte durch meinen Körper, und die Pheromone legten Schalter um, bis mir vor Begierde schwindlig war. Meine Hände glitten zu seinem Rücken, fühlten die Anspannung dort. Ich wol te mich so dringend in ihm verlieren. Zitternd holte ich Luft. »Komm her«, flüsterte ich.

Kisten neigte den Kopf, hielt meine Schultern fest und küsste meinen Halsansatz, sanft und zögerlich, als wäre es das erste Mal. Brennendes Verlangen breitete sich in mir aus.

Ich atmete tief ein und rief es zu mir. Die Pause, um durchzuatmen, war vorbei. Oh Gott, ich muss etwas tun.

Mit zitternden Fingern griff ich nach seiner Hose. Der oberste Knopf war offen, und ich zog den Reißverschluss auf und schob sie weit genug nach unten, um ihm Freiheit zu geben. Seine Hände lagen auf meinem unteren Rücken, und ich schlang meine Arme um seinen Hals und rutschte von der Kommode, sodass er meine Jeans nach unten ziehen konnte. Meine Füße berührten den Boden gerade lang genug, um erst aus einem, dann aus dem anderen Hosenbein zu steigen.

Ungeduldig verstärkte ich den Griff an seinem Hals und zog mich an ihm hoch, bis ich wieder auf der Kommode saß.

Seine Hände glitten über die Kurven an meiner Hüfte, dann höher. Ein erwartungsvol es Stöhnen entkam mir, als er den Kopf neigte. Mit einer Hand massierte er eine Brust, und seine Lippen wanderten über die andere. Er neckte mich, und der Hauch von Zähnen sagte mir, was er tun könnte - und es war fast ein Versprechen.

Wenn er seine Kappen nicht trüge, würde er mich beißen.

Adrenalin schoss tief in mich, und ich ließ meine Hände nach unten wandern, bis ich seine glatte, straffe Haut spürte. Seine Bewegungen an mir wurden rauer und ich antwortete.

Mit einer scharfen Bewegung lehnte er sich vor, um meinen Halsansatz zu finden - sein unterdrücktes Verlangen machte ihn wild.

Berauschende Gefühle breiteten sich von meiner Narbe aus, und wenn er mich nicht gehalten hätte, wäre ich zusammengebrochen. Mein Herz raste, als er sanfter wurde und ich wieder atmen konnte. Er war warm und glatt unter meinen streichelnden Fingern, ein heftiger Kontrast zu seiner harten Berührung an meinem Hals. Sein Atem ging schwerer, und seine Zähne spielten mit der Haut über meiner Narbe, was ein Sehnen nach ihm durch mich fließen ließ. Ich kniff die Augen zu und fühlte die ersten Versprechungen der nahenden Ekstase. Als er aufhörte zu spielen und mich hart biss, ohne die Haut zu durchstoßen, keuchte ich auf. Nur die Kappen auf seinen Zähnen stoppten ihn.

Spannung durchzog meinen Körper, und ich stöhnte. Das traf Kisten, als wäre es Angst.

Die Finger an meiner Schulter versteiften sich. Mit Vampirgeschwindigkeit riss er mich näher an sich. Ich keuchte wieder. Dann, mit meinem Armen um seinen Hals, verschob ich meinen Körper, um es ihm einfacher zu machen, und verlor jeden Kontakt mit der Kommode. Er glitt mit erlesener Langsamkeit in mich, die Vernunft durch verzweifeltes Verlangen ersetzte. Ich holte mühsam Luft.

Meine Lippen öffneten sich, als ich seinen Geruch tief in mich aufsaugte, damit er gleichzeitig meinen Körper und meinen Geist fül te.

Er hielt mein Gewicht, und wir bewegten uns zusammen.

Mir fiel auf, dass ich ihn, bis auf die offensichtliche Stel e, außer mit meinen Lippen nirgendwo berühren konnte. Die selbst auferlegte Zurückhaltung traf mich, und mit frustrierter Verzweiflung stürzte ich mich auf seinen Hals, zog alte Narben nach und fühlte mit jeder Gewichtsverlagerung ein stärker werdendes Begehren.

Kistens Atem kam schnel , und er hielt mich mit inbrünstigem Verlangen, während er auf den Höhepunkt zusteuerte. Sein Mund lag an mir und sog. Mir schoss das Bild von Ivy durch den Kopf, wie sie mich biss. Angst vor dem Unbekannten erfasste mich, und Kisten fühlte sie. Er stöhnte.

Ich wol te, dass Ivy mich biss. Ich wol te dieses Gefühl von unendlicher Glücksseligkeit vermischt mit dem Wissen, dass der Akt eine Versicherung war, dass sie es wert war, sich für sie zu opfern, al es überlagert von den berauschenden Gefühlen, nach denen ich mich sehnte.

Und trotzdem vertraute ich ihr, mich nicht an sich zu binden. Aber Kisten. . Tief in meinem Herzen war er immer noch eine Unbekannte, und die Verlockung des Adrenalinkicks trieb mich dazu, al es zu riskieren. Ivys Schutz war eine Krücke, die es mir erlaubte, mich verletzlich zu machen, ohne zu riskieren, dass er mich an sich band. Er konnte mich nicht beißen. Aber viel eicht. . viel eicht konnte ich ihn beißen?

Bei dem Gedanken schoss Adrenalin in meine Adern, und im selben Moment, als ich seine Lippen auf meine zwang, verkrampften sich auch meine Hände. O Gott, ich wil ihn beißen, ging mir auf. Ich wol te ihn nicht ausbluten lassen oder sein Blut schmecken. Aber ich konnte ihn mit dieser geisterschütternden Ekstase fül en, die direkt unter seiner Haut auf ihn wartete. Das Gefühl von Macht war ein Rausch, fast so stark wie Angst. Und ich war es nicht gewöhnt, mir etwas zu versagen.

»Kisten«, keuchte ich, als ich mich zurückzog. »Versprichst du mir, mich nicht zu beißen, wenn ich dich beiße?«

Die Hände, mit denen er mich hielt, zitterten. »Ich verspreche es«, flüsterte er. »Du hast gefragt, und ich habe Ja gesagt. Oh Gott, Rachel. Du könntest. . Du könntest ein Echo meines Hungers spüren. Aber es ist nicht deiner. Hab keine Angst.«

Eine Wel e der Emotion schlug über uns beiden zusammen. Ich fühlte die Stärke und Befriedigung von Macht. Angst vor morgen tauchte auf und verschwand wieder. Meine Hände glitten um seinen Nacken, ich bewegte mich gegen ihn und fühlte ein neues Kribbeln von Beherrschung und Verlangen.

Mein Puls raste. Der Geruch von Leder und Wein spielte mit meinen Erinnerungen und zog mich zu ihm. Er öffnete die Lippen, und mit seinen Bewegungen in mir, die jede Körperzel e lebendig werden ließen, brachte ich die Stimme in mir zum Schweigen, die sich dagegen wehrte, das Blut eines anderen zu schmecken. Meine Lippen trafen seine.

Kisten keuchte in schmerzhafter Erregung. Ich lehnte mich in den Kuss und fuhr vorsichtig mit der Zunge über seine Zähne, während wir uns bewegten, doppelt verbunden. Ich konnte ihn nicht mit den Händen berühren, weil ich sonst fal en würde, und ich wol te bleiben, wo ich war, ihn weiter mit meinen Beinen umschlingen, ihn in mir spüren. Wild vor Verlangen bewegten sich unsere Münder aufeinander, und in einem Moment der totalen Hingabe fand ich seine Lippe. Es brauchte nicht viel.

Blut floss. Mein Körper zuckte. Oh Gott. Es war al es, es war al umfassend.

Glühend und lebendig kostete ich Vampirblut. Es schoss durch mich, und ich klammerte mich an Kisten, unfähig zu atmen, unfähig, mich zurückzuziehen, vor reiner Ekstase.

In einem Blitz durchfuhr mich Hunger, und ich wusste, was Kisten und Ivy jeden Tag unter Kontrol e zu halten versuchten. Es war Kistens Hunger, der mich durchfloss, ohne Angst.

Das ist nicht falsch, dachte ich, während Kistens Hände sich in mich kral ten. Der Hunger verlangte mehr, und ich vertiefte unseren Kuss. Es gab nur das. Das war al es. Es war der Funken des Lebens, gesammelt und zu einem Gefühl kristal isiert. Und mit Kistens Hunger in mir sog ich sein Blut aus ihm und nahm es als mein eigenes. Vampirblut würde mich nicht stärker machen, oder schnel er, oder unsterblich.

Aber es war ein Rausch. Ein High wie kein anderes. Und ich konnte fühlen, wie sich seine Aura mit meiner vermischte und denselben Raum fül te, während ich ihn in mich aufnahm.

Ein Stich von weißglühendem Verlangen tauchte aus seinem Blut auf. Er stöhnte, und als ich wieder sein Blut in mich sog, packte ich ihn noch fester und wol te nie wieder loslassen. Ich konnte fühlen, wie wir auf den Höhepunkt zurasten. Er war dort und tanzte kurz außerhalb meiner Reichweite.

Seine Arme zitterten. Ich rang um Luft. Er gab ein wildes Geräusch von sich und presste mich eng an sich. Sein Blut war flüssige Gedanken, die mich durchflössen und in Brand steckten. Ich konnte ihn in mir fühlen und presste mich verzweifelt an ihn.

Und dann fanden wir es.

Ich kniff die Augen zu und warf den Kopf zurück. Ich konnte nichts tun, als eine Wel e von Gefühlen in mich schoss, in uns. Jede Zel e sang befreit und versetzte mich in einen Zustand, der so unglaublich war, dass er keinen anderen Gedanken zuließ, als dass er ewig währen sol te.

Kistens Griff zitterte, und er stolperte. Ohne einen klaren Gedanken hingen wir aneinander in dem Taumel, der uns erschütterte. »Mein Gott«, stöhnte er, gleichzeitig befriedigt und verzweifelt, als er versuchte, das Gefühl zu halten. Aber mit seinen Worten verschwand es und war weg.

Ich holte keuchend Luft und sackte in mich zusammen.

Meine Muskeln wol ten mich nicht mehr halten, und ich fiel.

»Oh Gott«, sagte er wieder, diesmal besorgt, als er mich auffing und zum Bett brachte. Ich fühlte, wie er mich daraufsetzte und sein Gesicht vor meines schob. »Rachel. .«, sagte er fragend, und seine Hände hielten meinen Kopf.

»Ich bin in Ordnung«, keuchte ich zitternd und streckte einen Arm aus, um mich aufrechtzuhalten. Mich schauderte vor Kälte, als mein Körper sich bemühte, sich zu erholen, und Kisten zog mich an sich. Vampirblut und Sex. Heilige Scheiße, es war kein Witz. Es war fantastisch genug, um dafür zu töten.

Kisten rückte bis zum Kopfende zurück, und so saßen wir fast aufrecht, mit seinen Armen um mich.

»Bist du okay?«, fragte er.

»Prima.« Ich konnte nicht stehen, aber mir ging es prima.

Mir ging es besser als prima. Davor habe ich Angst gehabt?

Meine Hand lag auf seiner nackten Brust, wo das Hemd offen stand. Mein Puls wurde langsamer, und ich streichelte über seine Haut und spürte ihre Glätte. Ich schaute mich nach meiner Hose um und fand sie in einem Haufen vor der Kommode. Kisten trug seine noch. Größtenteils.

Zufriedenheit breitete sich in mir aus, und ich lächelte erschöpft. Ich konnte seinen Herzschlag hören und lauschte darauf, wie er sich beruhigte. »Kisten?«

»Mmmm-hmm?«

Das Geräusch rumpelte in seiner Brust. Ich konnte den Frieden darin hören und kuschelte mich näher an ihn. Mit ungeschickten Händen zog Kisten die leichte Überdecke über uns.

»Das war unglaublich«, sagte ich und zitterte, als die glatte Seide über meine Haut rutschte. »Wie. . Wie kannst du zur Arbeit gehen und ein normales Leben führen, wenn das da draußen ist?«

Kisten umarmte mich fester, und er legte eine Hand über meine, um meine streichelnde Bewegung zu stoppen. »Man tut es einfach«, sagte er sanft. »Du bist ein guter Biss.

Unschuldig und begierig.«

»Hör auf. .«, stöhnte ich. »Du lässt mich klingen wie ein . .«Ich wusste nicht, wie ich mich selbst nennen sol te, und »Flittchen« hatte so einen scheußlichen Beigeschmack.

»Blutflittchen?«

»Halt den Mund!«, rief ich, und er grunzte, als mein El bogen gegen ihn rammte.

»Ganz ruhig«, sagte er, schlang seine Arme um mich und hielt mich fest. »Das bist du nicht.«

Ich vergab ihm und ließ mich zurückfal en in seine Wärme.

Seine Hand streichelte sanft mein Haar, und ich beobachtete die Reflektionen der Stadtlichter an der niedrigen Decke, während sich eine tiefe Trägheit in mir ausbreitete. Ich ließ die Zunge über meine Kappen gleiten, nur um festzustel en, dass ich seinen Geschmack bis in die Tiefen meiner Kehle spüren konnte. Ich konnte mich nicht genug konzentrieren, um mich zu entscheiden, ob es mir gefiel, dass es so war, oder nicht. Mein Puls wurde langsamer und meine Gedanken auch. Ich wusste, dass ich mir Sorgen um Ivy machen sol te, aber al es, was ich herausbrachte, war ein schläfriges: »Ivy. .«

»Shhh«, flüsterte er. Seine Hand bewegte sich weiter und beruhigte mich. »Es ist in Ordnung. Ich werde dafür sorgen, dass sie versteht.«

»Ich verlasse dich nicht, Kisten«, sagte ich, aber es klang, als versuchte ich, mich selbst zu überzeugen.

»Ich weiß.«

Und in dem folgenden Schweigen hörte ich die Echos der Frauen, die vor mir dasselbe gesagt hatten. »Es war kein Fehler«, flüsterte ich, und meine Augen fielen zu. Ich wusste, dass ich bluttrunken war, weil mich seine Pheromone wahrscheinlich besonders hart getroffen hatten, jetzt, wo ich sein Blut genommen hatte. »Ich habe keinen Fehler gemacht.«

Die Hand auf meinen Haaren wurde niemals langsamer, niemals schnel er. »Kein Fehler«, stimmte er zu.

Entspannt lag ich an ihm und atmete seinen Duft ein, um Ruhe zu finden. Ich würde dieses Gefühl nicht aufgeben, egal was. »Also, was werden wir jetzt tun?«, hauchte ich, als ich dem Schlaf entgegenrutschte.

»Was zur Höl e wir wol en«, antwortete. »Shhh, schlaf.«

Die letzten Reste meiner Spannung verließen mich, und ich fragte mich, ob ich meine Kappen abnehmen sol te. »Was auch immer?«, flüsterte ich und wunderte mich darüber, wie natürlich sie sich in meinem Mund anfühlten. Ich hatte fast vergessen, dass ich sie anhatte.

»Yeah, was auch immer«, sagte er. »Schlaf ein. Du hast seit Tagen nicht richtig geschlafen.«

In Kistens Armen geborgen, schloss ich die Augen und fühlte mich sicherer, als ich es jemals getan hatte seit dem Tag, an dem mein Vater gestorben war. Erst jetzt fühlte ich die leichte Bewegung des Bootes, das mich in das Vergessen wiegte. Kistens Arm lag über mir. Er war wie eine warme Decke an einem richtig kalten Morgen. Ich atmete auf und fand einen Frieden, von dem ich nicht wusste, dass er mir gefehlt hatte.

Und während ich auf der seltsamen Schwel e zwischen Wachsein und Schlafen stand, hörte ich Kisten seufzen, während seine Finger immer noch meine Haare streichelten.

»Verlass uns nicht, Rachel«, flüsterte er, offensichtlich ohne zu ahnen, dass ich noch wach war. »Ich glaube nicht, dass Ivy und ich das überleben würden.«

20

Ich stand im nachmittäglichen Sonnenschein vor der Kirchentür, verschob die knisternde Tüte mit Drei-Dol ar-Gebäck und steckte mir den Styroporbecher mit Gourmetkaffee in die Armbeuge. Mit der jetzt freien Hand gelang es mir, den Riegel zu heben, und ich drückte gegen die schwere Tür. Der Riemen meiner Tasche rutschte mir in den El bogen und brachte mich aus dem Gleichgewicht.

Dann stieß ich den angehaltenen Atem aus, als die Tür sich endlich bewegte. Gott sei Dank war sie nicht verriegelt.

Wenn ich durch die Hintertür gegangen wäre, hätte Ivy mich sicherlich gehört.

Ich lauschte, während ich die Tür aufschob. Mein Magen war unruhig. Ich hätte gerne behauptet, dass das vom Schlafmangel kam, aber ich wusste, dass es die Anspannung war, wie die nächste Stunde laufen würde. Kisten hatte meine Haut nicht durchbrochen, aber Ivy würde trotzdem genervt sein, besonders nachdem sie sich gestern so klar ausgedrückt hatte. Auf die eine oder andere Art, mein Leben würde sich verändern - in den nächsten sechzig Minuten.

Aber ich würde Kisten nicht die negativen Konsequenzen tragen lassen. Ivy war meine Mitbewohnerin; es war meine Entscheidung gewesen. Und nachdem ich heute Morgen in Kistens Bad einen kleineren Panikanfal niedergekämpft hatte, war es mir gelungen, ihn davon zu überzeugen, dass ich es ihr sagen sol te.

Sie wol te eine Beziehung mit mir, und wenn ich ihr ohne Reue und sachlich gegenübertrat, würde sie ihre Gefühle unterdrücken, bis sie mit ihnen umgehen konnte. Wenn er kleinlaut und schuldig vor sie trat, würde sie wütend werden und Gott weiß was tun. Außerdem hatte Ivy mir gezeigt, was sie anzubieten hatte, und war dann gegangen. Was hatte sie erwartet, das ich tun würde? In meiner Beziehung mit Kisten enthaltsam sein, bis ich al es durchdacht hatte? Kisten war zuerst mein Freund gewesen.

Aber sie war meine Freundin, und ihre Gefühle waren mir wichtig. Die Tüte mit der Godiva-Schokolade und das winzige Glas mit Hartriegel-Honig, das mich zehn Dol ar gekostet hatte, pendelten an meinem kleinen Finger, als ich die Tür zuschob und in der Dunkelheit des Foyers meine Schuhe von den Füßen streifte. Dann war ich mir eben nicht zu fein für Bestechung. Verklagt mich doch.

Eine schwere Stil e ließ mich zögern. Sie war unheimlich, und auf Strümpfen stampfte ich durch den Altarraum.

Ivy hatte ihre Stereoanlage rausgeräumt, auch wenn die Möbel noch in der Ecke standen. Ich überlegte, ob sie auf mich wartete, damit wir das Wohnzimmer zusammen fertig machen konnten. Die Kirche fühlte sich anders an, als ob die Blasphemie an meiner Aura kratzen würde.

Mit gesenktem Kopf huschte ich an ihrer geschlossenen Schlafzimmertür vorbei, weil ich nicht wol te, dass der Kaffeegeruch sie weckte, bevor ich bereit war. Ich war nicht dumm genug, um zu glauben, dass Kaffee, Gebäck, Schokolade und Honig genug sein würden, um Ivys verletzte Gefühle und Jenks' Sorge auszugleichen, aber es würde mir viel eicht ein wenig Zeit verschaffen, bevor die Kacke richtig anfing zu dampfen.

Kisten hatte gemeint, ich sol e ihr erzählen, dass ich ihn gebissen hätte, um ihren Hunger besser zu verstehen, aber das wäre eine Lüge. Ich hatte ihn gebissen, weil ich gewusst hatte, dass es ihm gefal en würde. Dass es sich auch für mich gut angefühlt hatte, war eine unerwartete Überraschung gewesen - und etwas, das mir jetzt ein wenig peinlich war.

Sicher in der Küche angekommen, stel te ich das Gebäck neben der Spüle ab und verzog das Gesicht, als ich das Backblech mit Schokokuchen sah, neben dem ein Becher mit weißem Zuckerguss stand. Sie hat mir einen Kuchen gebacken, während ich mit Kisten geschlafen habe? Super.

»Der schöne Tel er«, sagte ich, unterdrückte meine Schuldgefühle und suchte nach dem Tel er, den Ivy diesen Frühling bei einem Garagenflohmarkt gekauft hatte, nachdem ich gesagt hatte, dass mir die Veilchen auf dem geriffelten Rand gefielen. Weil ich ihn nicht fand, holte ich den obersten Tel er von unserem normalen schwarzen Geschirr heraus und warf einen kurzen Seitenblick in den Flur, als das Geschirr leicht klirrte. Die Tüte knisterte, als ich die Gebäck-Teilchen hervorholte und arrangierte.

Als Nächstes kam der Kaffee, und mein Stirnrunzeln vertiefte sich, als ich Ivys Vampirische-Hexenkunst-Tasse nicht fand. Es sah ihr nicht ähnlich, sie in die Spülmaschine zu stel en, aber ich konnte auch nicht nachsehen, weil die Tür quietschte. Also goss ich den Kaffee in zwei kleinere Tassen.

»Jetzt zu Jenks«, murmelte ich, holte einen passenden Dessert-Tel er heraus und stel te ein einzelnes Stück Fudge darauf, mit dem Honig strategisch daneben platziert. Das würde funktionieren. Ich würde mit ihnen beiden gleichzeitig reden, und al es würde in Ordnung kommen. Es war ja nicht so, als hätte ich mich von ihm beißen lassen.

Als ich bereit war, drehte ich mich um. Mein Gesicht wurde kalt. Ivys Computer war weg.

Die fehlende Stereoanlage im Altarraum fiel mir wieder ein. »Bitte, lass uns bestohlen worden sein«, flüsterte ich.

Panisch hetzte ich in den Flur. Hatte sie es herausgefunden und war gegangen? Verdammt! Ich wol te diejenige sein, die es ihr sagte!

Mein Puls raste, als ich vor Ivys Tür anhielt. Mir war erst heiß, dann kalt. Zögernd klopfte ich gegen das dicke Holz.

»Ivy?« Keine Antwort. Ich holte tief Luft, klopfte noch mal und drückte dann die Klinke herunter. »Ivy? Bist du wach?«

Mir klopfte das Herz bis zum Hals, als ich in den Raum schaute. Ihr Bett war gemacht und das Zimmer sah normal aus. Aber dann sah ich, dass ihr Buch nicht auf dem Nachttisch lag, und der Schrank leer war.

»Oh. . Dreck«, hauchte ich. Meine Augen schossen zu der Wand mit ihrer Bildercol age. Soweit ich es sagen konnte, waren al e da, aber dann war ich mir nicht mehr sicher. Das Bild von Jenks und mir vor der Mackinac-Brücke. War da am Kühlschrank ein leerer Fleck gewesen?

Mit einem unwirklichen Gefühl ging ich zurück in die Küche. Als ich eintrat, hob sich mein Magen. Es war weg.

»Oh. . Scheiße«, fluchte ich, und ein leises Schnauben zog meine Aufmerksamkeit zur Spüle.

»Scheiße?«, fragte Jenks, der zwischen seinen Urzeitkrebsen und Mr. Fish auf der Fensterbank stand.

»Scheiße?«, kreischte er und sauste vor mein Gesicht. Sein Gesicht war wütend verzogen, und er verlor schwarzen Pixiestaub. »Ist das al es, was du zu sagen hast? Was hast du getan, Rachel?«

Ich trat mit hängenden Schultern einen strauchelnden Schritt nach hinten. »Jenks . .«

»Sie ist weg«, sagte er, und seine Hände bal ten sich zu Fäusten. »Hat gepackt und ist verschwunden. Was hast du getan?«

»Jenks, ich war. .«

»Sie verschwindet, und du kommst mit Bestechungen nach Hause. Wo warst du?«

»Ich war bei Kisten!«, schrie ich und wich dann noch zwei Schritte zurück, als er auf mich zuraste.

»Ich kann ihn in dir riechen, Rachel!«, schrie der Pixie. »Er hat dich gebissen. Du hast zugelassen, dass er dich beißt, obwohl du wusstest, dass Ivy es nicht kann! Was zur Höl e stimmt nicht mit dir?«

»Jenks. So ist es nicht. .«

»Du dämliche Hexe! Wenn es nicht die eine von euch ist, dann ist es die andere. Ihr Frauen seid verdammte Idioten.

Sie macht sich an dich ran, und du setzt al es in den Sand, indem du zulässt, dass Kisten dich beißt, nur damit du dich in deiner sexuel en Orientierung sicher fühlen kannst?« Er schoss wieder auf mich zu, und ich brachte die zentrale Kücheninsel zwischen uns, aber nachdem er fliegen konnte, war das ziemlich nutzlos. »Und dann versuchst du mich mit Fudge und Honig zu kaufen? Du kannst Libel enscheiße auf einen Spieß stecken und braten, weil ich es einfach nicht mehr ertrage, dass ihr zwei Weiber mein Leben verbockt!«

»Hey!«, schrie ich, stemmte die Hände in die Hüften und lehnte mich vor, sodass meine Nase nur Zentimeter von ihm entfernt war. »Er hat mich nicht gebissen! Sie hat nie gesagt, dass ich ihn nicht beißen darf. Sie hat nur gesagt, dass er mich nicht beißen darf.«

Jenks zeigte mit einem Finger auf mich, holte Luft und zögerte dann. »Er hat dich nicht gebissen?«

»Nein!«, schrie ich. »Glaubst du, ich bin dämlich?« Er hob eine Hand, und ich fügte hinzu: »Antworte nicht.«

Er landete mit verschränkten Armen und hektischen Flügeln auf der Arbeitsfläche. »Das macht es nicht besser«, sagte er verdrießlich. »Du wusstest, dass es sie aufregen würde.«

Genervt schlug ich mit einer Hand auf den Tresen, um ihn aufzuscheuchen. »Ich kann mein Leben nicht danach leben, was Ivy aufregt! Kist ist mein Freund! Dass Ivy sich an mich rangemacht hat, ändert nichts daran, und ich werde Sex haben, mit wem ich wil und wie ich wil , verdammt noch mal!«

Seine Füße berührten den Tresen, und seine Flügel standen stil . Schuldgefühle überschwemmten mich, als ich ihn da so stehen sah. Ich wünschte, er wäre größer, damit ich ihn in den Arm nehmen und ihm sagen könnte, dass al es in Ordnung kommen würde; irgendwas, was diesen schrecklichen Ausdruck von Verrat und Wut von seinem Gesicht vertreiben würde. Aber er starrte mich nur an.

Seufzend zog ich mir einen Stuhl heran. Ich setzte mich darauf, legte die verschränkten Arme auf den Tresen und sank in mich zusammen, um meine Augen auf dieselbe Höhe zu bringen wie seine. Er schaute mich nicht an.

»Jenks«, sagte ich leise, und er grinste höhnisch. »Es kommt al es in Ordnung. Ich werde sie finden und al es erklären.« Ich streckte die Hand aus, sodass sie sich schützend um ihn wölbte. »Sie wird es verstehen«, versicherte ich, warf einen Blick zu dem Kuchen und hörte die Schuld in meiner Stimme. »Sie muss.«

Jetzt schaute er mich an. »Aber sie ist gegangen«, sagte er klagend. Ich bewegte die Hand neben ihm in einer verzweifelten Geste. »Du weißt, wie sie sein kann. Sie muss einfach runterkommen. Viel eicht wil sie das Wochenende bei Skimmer verbringen?«

»Sie hat ihren Computer mitgenommen.«

Ich warf einen kurzen Blick zu dem leeren Platz und verzog das Gesicht. »Sie kann es nicht so schnel herausgefunden haben. Wann ist sie gegangen?«

»Kurz vor Mitternacht.« Er ging vor mir auf und ab und warf mir einen Seitenblick zu. »Es war wirklich seltsam. Wie in diesem Film, wo der Kerl einen Anruf bekommt, der ein ganzes Programm auslöst, das Jahre vorher in ihn einprogrammiert wurde? Wie heißt der Film?«

»Ich weiß es nicht«, murmelte ich, einfach froh, dass er mich nicht mehr anschrie. Sie konnte nicht deswegen gegangen sein. Kisten und ich waren um Mitternacht noch nicht mal mit dem Essen fertig gewesen.

»Sie wol te mir nicht antworten«, sagte er. Er wanderte weiter auf und ab, und ich schaute ihm zu und fragte mich, wie viel von seinem Ausbruch Sorge um Ivy gewesen war, für die er in mir einen Blitzableiter gefunden hatte. »Sie hat einfach ihre Klamotten, ihren Computer und ihre Musik eingepackt und ist gegangen.«

Meine Augen schossen zum Kühlschrank und dem leeren Tomatenmagneten. »Sie hat unser Bild mitgenommen.«

»Yeah.«

Ich richtete mich auf. Irgendetwas war passiert, aber es war unwahrscheinlich, dass sie von Kisten und mir wusste, und es gab keine Möglichkeit, dass sie es herausfand, bevor sie zurückkam. Jenks war der Einzige, der es wusste; ich war mit dem Bus nach Hause gefahren, sodass nicht mal Steve Kistens Blut in mir riechen konnte. »Wer hat angerufen?

Skimmer?« Ich fragte mich, ob sie einfach auf einen Notfal einsatz gemusst hatte. Ein Notfal einsatz, zu dem sie Jenks nicht mitgenommen hat? Oder ihm auch nur gesagt hat, wo sie hingeht?

»Ich weiß es nicht«, sagte Jenks. »Ich bin erst reingekommen, als ich gehört habe, wie ihr Computer runtergefahren wurde.«

Mit zusammengepressten Lippen dachte ich darüber nach.

»Warum, Rachel?«, fragte Jenks mit müder Stimme.

Ich bewegte nur meine Augen. »Dass ich Kisten gebissen habe, ist nicht der Grund, warum sie gegangen ist.«

Sein kantiges Gesicht verzog sich schmerzlich. »Viel eicht hat es jemand herausgefunden und hat sie angerufen.«

Mir schoss durch den Kopf, zu was Ivy in einem Wutanfal fähig wäre, und ich griff nach meiner Tasche. »Viel eicht sol te ich Kisten anrufen.«

Er nickte besorgt und kam näher, als ich die richtigen Knöpfe drückte. Ich hielt das Handy ein Stück von meinem Ohr weg, und zusammen hörten wir zu, wie es klingelte, bis die Mailbox ansprang. »Hey, Kisten«, sagte ich, »ruf mich an, wenn du das abhörst. Ivy war nicht hier, als ich nach Hause gekommen bin. Sie hat ihren Computer und ihre Musik mitgenommen. Ich glaube nicht, dass sie etwas weiß, aber ich mache mir Sorgen.« Ich wol te mehr sagen, aber es gab nicht mehr zu sagen. »Ciao«, flüsterte ich und drückte die rote Taste. Ciao? Ich klinge wie ein kleines, verlorenes Mädchen.

Jenks schielte zu mir auf, und in seine Flügel kehrte Farbe zurück. »Ruf Ivy an«, verlangte er, aber ich war ihm bereits einen Schritt voraus. Dieses Mal landete ich sofort auf der Mailbox, und ich hinterließ eine schuldbewusst klingende Nachricht, dass ich mit ihr reden musste, und dass sie nichts tun sol te, bis wir geredet hatten. Ich wol te sagen, dass es mir leidtat, aber ich schloss das Telefon und schaute es an, wie es auf dem Tresen lag.

Plötzlich sahen die Teilchen auf ihrem Tel er banal aus. Ich war ein Esel. »Jenks. .«

Das Flehen in meiner Stimme verwandelte seine Sorge in kalte Wut. »Ich wil nichts darüber hören. Du hast für einen Moment der Blutleidenschaft al es in den Sand gesetzt.

Selbst wenn das nicht der Grund ist, warum sie gegangen ist, es wird passieren, wenn sie es herausfindet. Was stimmt nicht mit dir? Kannst du die Dinge nicht einfach in Ruhe lassen?«

»Nein, kann ich nicht!«, rief ich. »Und es war nicht einfach nur ein Moment der Blutleidenschaft, es war eine Beteuerung der Gefühle, die ich für Kisten habe, also steck's dir sonst wohin, du kleiner Schwachkopf. Ich weiß, was ich tue.« Er öffnete den Mund zum Protest, und ich warf die Hände in die Luft. »Okay, viel eicht weiß ich das nicht, aber ich versuche, hinter al das zu kommen. Es ist al es vermischt.

Das Blut, die Leidenschaft. Es ist al es miteinander verbunden, und ich weiß nicht, was ich tun sol !«

Er war offensichtlich überrascht, und ich preschte weiter, fast panisch. »Ich wil , dass Ivy mich beißt«, sagte ich. »Es fühlt sich einfach fantastisch an, und es würde uns beiden guttun. Aber der einzige sichere Weg, das zu bekommen, ist mit ihr zu schlafen. Und ich werde nicht nur wegen der Blutleidenschaft mit ihr schlafen, bis ich weiß, was in meinem Kopf vorgeht. Ich habe nie gedacht, dass ich ein Mädchen wol en könnte - ich meine, ich bin hetero, richtig? Ist es die Vampirnarbe, die mich scharf macht, oder sie? Da ist ein Unterschied, Jenks, und wenn es nur wegen des Blutes ist, hieße das, dass ich sie herabsetze.« Ich wusste, dass mein Gesicht rot war, aber er verdiente es, al es zu hören. »Ivy hat sich an mich rangemacht, weil sie weiß, dass ich Entscheidungen treffe, indem ich erst handle und hinterher darüber nachdenke, nicht andersherum. Hey, jetzt mache ich es mal anders, und schau, wie verkorkst al es ist. Ist das nicht wunderbar?«, fragte ich sarkastisch und wedelte mit einer Hand in Richtung von Ivys leerem Platz.

Jenks' Flügel standen stil , und er setzte sich auf den Rand des Fudge-Tel ers. »Viel eicht sol test du es ausprobieren«, schlug er vor, und ein Adrenalinstoß durchfuhr mich und verschwand wieder. »Nur einmal«, lockte er. »Manchmal ist der schnel ste Weg herauszufinden, wer man ist, eine Weile diese Person zu sein.«

Daran hatte ich schon gedacht, und es machte mir Angst.

Ich fing seinen Blick ein. »Warum regst du dich dann so darüber auf, dass ich Kisten gebissen habe?«, fragte ich.

»Damit habe ich etwas Neues ausprobiert. Glaubst du, das hätte ich vor einem Jahr getan? Warum ist es falsch, wenn ich mit Kisten etwas ausprobiere, aber mit Ivy nicht?«

Sein Blick wanderte zu ihrem leeren Stuhl. »Weil Ivy dich liebt.«

Mein Magen verkrampfte sich. »Kisten auch.«

Jenks zog seine Knie ans Kinn und schlang die Arme um seine Schienbeine. »Ivy würde für dich sterben, Rachel. Kisten nicht. Steck deine Gefühle dorthin, wo sie dich am Leben halten.«

Das war eine harte Wahrheit. Hässlich. Wer mich am Leben hielt, war nicht das Kriterium, wonach ich entscheiden wol te, wen ich liebte. Ich wol te mich danach entscheiden, wer mich ergänzte, wer mir ein gutes Gefühl gab. Ich wol te meine Liebe demjenigen geben, den ich frei lieben konnte und der mir al ein durch seine Anwesenheit half, besser zu werden.

Gott, ich war verwirrt. Müde ließ ich den Kopf auf die verschränkten Arme sinken und starrte auf die nur Zentimeter entfernte Tischplatte. Ich hörte das leise Klappern von Flügeln, und die Brise von Jenks bewegte meine Haare.

»Es ist okay, Rachel«, sagte er, ganz nah und besorgt. »Sie weiß, dass du sie liebst.«

Mein Hals wurde eng, und ich seufzte. Viel eicht sol te ich es auf Ivys Art versuchen. Zumindest so weit, wie ich es konnte, ohne mich unwohl zu fühlen oder in Panik zu verfal en. Ein kurzer peinlicher Moment wäre besser als al diese Verwirrung. Und Hilflosigkeit. Und Leid.

Die kleine Glocke an der Eingangstür klingelte, und ich zuckte zusammen. Jenks' Gesicht war erst vol er Hoffnung, als ich den Kopf hob, dann vol er Angst. Wenn Ivy etwas zugestoßen war, würde ich keinen Anruf bekommen, sondern ein I.S.-Agent mit versteinerter Miene würde mir erzählen, dass meine Mitbewohnerin in der Leichenhal e lag.

»Ich gehe«, sagte ich und schob beim Aufstehen den Stuhl zurück. Ich hetzte in den Altarraum, in der Hoffnung, dass es Ivy mit ihren Sachen war, die jemanden brauchte, der ihr die Tür aufmachte.

»Ich bin direkt hinter dir«, sagte Jenks grimmig, als er sich im Flur zu mir gesel te.

21

Mein Magen war völ ig verkrampft, als ich die schweren Eichentüren öffnete, um davor Ceri stehen zu sehen. Ich zwang ein Lächeln auf mein Gesicht und war gleichzeitig erleichtert und enttäuscht, als ich sie da strahlend im Sonnenschein stehen sah, mit wehendem Haar, in ihrer Hand ein Geschenk. Sie trug ein sommerliches, knöchel anges Leinenkleid und war barfuß - wie gewöhnlich. Ich war nicht überrascht, Rex zu ihren Füßen zu sehen. Das orangefarbene Kätzchen strich schnurrend um ihre Knöchel.

»Happy Birthday!«, sagte die jugendlich aussehende Frau fröhlich.

Jenks sank einen Meter ab. »Dreck, ist das heute?«, stammelte er und schoss dann davon.

Meine Enttäuschung darüber, dass es nicht Ivy war, verblasste. »Hi, Ceri«, sagte ich, geschmeichelt, dass sie daran gedacht hatte. »Du hättest mir nichts besorgen müssen!«

Sie kam herein und gab mir das Paket. »Es ist von Keasley und mir«, sagte sie erklärend, gleichzeitig eifrig und nervös.

»Ich habe noch nie jemandem ein Geburtstagsgeschenk gemacht. Wirst du eine Party geben?« Ihr Gesicht wurde ernst. »Ich wol te eine Party für Keasley machen, aber er wil mir nicht sagen, wann er Geburtstag hat, und ich weiß nicht, an welchem Tag ich geboren wurde.«

Ich schaute verwirrt. »Du hast es vergessen?«

»Meine Art hat niemals die Jahre einer Person gefeiert, also hatte der Tag, an dem ich geboren wurde, nie wirklich eine Bedeutung. Es war al erdings im Winter.«

Als ich ihr nach drinnen folgte, stel te ich fest, dass ich nickte. Sie war aus dem Mittelalter. Damals feierte man keine Geburtstage. Zumindest glaubte ich mich daran aus der Schule zu erinnern.

»Ivy hat einen Kuchen gebacken«, sagte ich deprimiert.

»Aber es ist noch kein Zuckerguss drauf. Wil st du stattdessen Kaffee und Teilchen?« Wir können sie genauso gut essen. Ivy wird es nicht mit mir tun.

Sie hielt in der Mitte des Altarraums an und drehte sich mit fröhlicher Erwartung im Gesicht zu mir um. »Also, wirst du später eine Party haben?«

»Wahrscheinlich nicht«, sagte ich. Als ihre Schultern nach unten fielen, lachte ich. »Nicht jeder macht eine Party, Ceri, außer sie haben Aktien von einer Spielkartenfirma.«

Sie schürzte die Lippen. »Jetzt machst du dich über mich lustig. Los. Mach dein Geschenk auf.«

Ich merkte, dass sie nicht wirklich aufgebracht war, also öffnete ich das weiche Paket und warf das Papier in den Mül eimer unter meinem Schreibtisch.

»Oh, danke!«, rief ich, als ich ein weiches Shirt aus gebürsteter Baumwol e fand. Es war lebendig rot, fast glühend, und ich wusste auch, ohne es anzuprobieren, dass es mir perfekt passen würde.

»Jenks hat gesagt, dass du ein neues Shirt brauchst«, sagte sie scheu. »Magst du es? Ist es passend?«

»Es ist wundervol . Danke dir«, sagte ich und befühlte den edlen Stoff. Der Schnitt war einfach, aber der Stoff war fabelhaft, und der Ausschnitt würde meinem nicht gerade üppigen Busen schmeicheln. Sie musste ein Vermögen ausgegeben haben. »Ich liebe es«, sagte ich, als ich sie kurz umarmte und mich dann in Bewegung setzte. »Ich sol te es aufhängen. Wil st du einen Kaffee?«

»Ich mache Tee«, sagte sie, und ihre Augen wanderten zu der leeren Stel e, wo Ivys Stereoanlage gestanden hatte. Ihre Schritte hinter mir waren leise, und sie zögerte auf der Schwel e zu meiner Tür, als sie die Brautjungfernkleider und mein neuestes Partykleid am Schrank hängen sah. »Oh«, rief sie. »Wann hast du das bekommen?«

Ich strahlte, fand einen leeren Kleiderbügel und hängte ihr Hemd darauf. »Gestern. Ich brauchte etwas für einen Auftrag, und nachdem es eine Party ist, habe ich etwas Passendes gekauft.«

Jenks' Lachen war zu hören, noch bevor er in Sichtweite kam. »Rache«, sagte er, als er auf Ceris Schulter landete, »du hast eine seltsame Vorstel ung von Kleiderordnung.«

»Was denn?« Ich berührte die steife schwarze Spitze am Saum des Rockes. »Es ist ein hübsches Kleid.«

»Für eine Hochzeitsprobe? Das ist in einer Kirche, richtig?«

Er verzog sein Gesicht zu einem frömmelnden Ausdruck.

»Strafen Sie mich, Vater, denn ich habe gesündigt«, flötete er.

Ich kniff die Augen zusammen und hängte Ceris Geschenk in den Schrank. Tatsächlich war es in der Basilika. Der Kathedrale der Hol ows. »Ich wil für die Party hinterher nett aussehen.«

Jenks kicherte, und Ceri runzelte die Stirn, bewegte sich aber nicht, weil Rex sich miauend zwischen ihren Knöcheln durchschlängelte und zu Jenks aufstarrte. »Es ist ein hübsches Kleid«, sagte sie, und ich fing an, mir wirklich Sorgen zu machen, als ich ihren gezwungenen Tonfal hörte.

»Es sieht aus, als wäre es angenehm zu tragen und kühl, selbst wenn du draußen bist. Und wahrscheinlich kann man da drin gut laufen.«

»Bei Tinks Unterhosen, ich hoffe, es regnet nicht«, sagte Jenks sarkastisch. »Weil sonst wirklich al es in der Auslage liegt.«

»Ruhig«, mahnte Ceri. »Es wird nicht regnen.«

Dreck. Ich hätte warten sol en, bis Kisten mit mir einkaufen geht. Plötzlich besorgt zog ich die Reißverschlüsse der zwei seidenen Kleidersäcke auf. »Das sind die zwei möglichen Brautjungfernkleider«, erklärte ich, weil ich Jenks'

Aufmerksamkeit von meinem Kleid ablenken wol te, bevor er die Kirschen entdeckte, die auf die Schnal en an der Jacke gemalt waren. »El asbeth hat sich noch nicht entschieden.«

Ich berührte den Schlitz an dem schwarzen Spitzenkleid. »Ich hoffe, es wird dieses hier. Das andere ist einfach nur hässlich.«

»Und du erkennst hässlich, wenn du hässlich siehst, richtig, meine Süße?«

Ich starrte Jenks böse an. »Halt den Mund. Was trägst du heute Abend, Pixie?«

Jenks' Flügel setzten sich in Bewegung, und er hob von Ceris Schulter ab. »Das Übliche. Heilige Scheiße, sag mir, dass das keine Kirschen sind.«

Ich schnappte mir den Bügel und stopfte das Kleid in meinen Schrank. Warum machte ich mir Sorgen um meine Kleidung? Ich sol te mir Sorgen machen wegen des Fokus, und darum, wer Werwölfe tötete, um ihn zu finden. Ich war noch nicht bereit, wirklich zu glauben, dass nicht Mr. Ray und Mrs. Sarong verantwortlich waren. Und realistisch betrachtet war es nur eine Frage der Zeit, bevor sie meinen Bluff auffliegen ließen und kamen, um mich zu holen.

Als ich mich umdrehte, sah Ceri gerade Jenks stirnrunzelnd an. Als sie bemerkte, dass ich sie beobachtete, verwandelte sie ihren wortlosen Tadel des Pixies in ein besorgtes Lächeln für mich. »Ich finde, es passt zu dir«, sagte sie. »Du wirst. .

einzigartig aussehen. Und du bist eine einzigartige Person.«

»Sie wird aussehen wie eine Vierzig-Dol ar-Nutte.«

»Jenks!«, rief Ceri, und er schoss aus ihrer Reichweite, um auf dem Spiegel über meiner Kommode zu landen.

Deprimiert starrte ich auf meinen Schrank. »Wisst ihr was?

Ich werde das Shirt tragen, das du mir geschenkt hast. Mit Jeans. Und wenn ich underdressed bin, hänge ich einfach noch ein bisschen Schmuck dazu.«

»Wirklich? Du wil st das Shirt tragen, das ich ausgesucht habe?«, fragte Ceri, so fröhlich, dass ich mich fragte, ob Jenks ihr wohl Anweisungen gegeben hatte, was genau sie für diesen Anlass kaufen sol te. Er sah viel zu selbstzufrieden aus, und Ceris Ohren waren genauso rot wie das Shirt. Ich kniff misstrauisch die Augen zusammen, und die schlanke Frau richtete ihre Aufmerksamkeit wieder auf das schwarze Brautjungfernkleid aus Spitze. Sie berührte das feine Material.

»Das ist wunderschön«, sagte sie. »Darfst du es nach der Hochzeit behalten?«

»Wahrscheinlich.« Ich ließ meine Hände über die Ärmel gleiten. Sie würden dramatisch über meine Fingerspitzen hängen, und der eingenähte Body würde meine Tail e zur Geltung bringen. Es würde wahrscheinlich nie wieder einen Anlass geben, bei dem ich etwas so Elegantes tragen konnte, aber al ein es zu besitzen, wäre schon schön. Der Rock hatte Schlitze an den Seiten, aber war so geschnitten, dass man nur kurze Blicke erhaschen konnte.

»Die blöde Hündin hat noch nicht entschieden, welches Kleid sie wil «, sagte ich säuerlich. »Wenn sie das andere aussucht, verdopple ich wahrscheinlich mein Honorar.

Gefahrenzulage. Schau es dir an.« Ich wedelte geringschätzig mit der Hand in Richtung des mit Spitze eingefassten Kragens, der einen so tiefen Ausschnitt hatte, dass mein kleiner Busen endgültig aussehen würde, als wäre er nicht vorhanden. »Es hat überhaupt keine Kurven. Einfach eine gerade Röhre von meinen Schultern bis zum Boden. Ich werde darin nicht laufen können, fal s es nötig sein sol te, und noch weniger tanzen, außer ich hebe das verdammte Ding bis übers Knie. Und die Spitze?« Ich berührte den Außenstoff, der wie beschämt versuchte, das erbsensup-penfarbene Unterkleid zu verstecken, und spürte die Härte von zweitklassiger Spitze an meinen Fingern. »Sie wird sich an al em verfangen. Ich werde aussehen wie eine verdammte Seegurke.«

Das löste nicht das erwartete Lächeln aus. Als ich Jenks'

Blick suchte, schaute er kurz auf Ceris leicht gerunzelte Stirn und zuckte mit den Schultern. Rex saß zu ihren Füßen, als ob sie Aufmerksamkeit bekommen würde, wenn sie nur lange genug starrte. »Er heiratet eine Werwölfin?«, fragte Ceri mit ungewöhnlich leiser Stimme.

»Nein, ich war einfach nur unhöflich.« Ich schob das grüne Kleid weg, weil ich nicht weiter darüber reden wol te.

Jenks flog auf das Regalbrett im Schrank. »Ich habe El asbeth nie getroffen, aber sie klingt kratzbürstiger als ein Stachelschwein.«

Das war eine ziemlich gute Beschreibung. »Schönes Bild, Jenks«, murmelte ich.

Ceris schmale Finger folgten den winzigen Stichen an dem schwarzen Ärmel. Ich hatte das Gefühl, dass sie mich gar nicht gehört hatte, weil sie so in das Kleid verliebt war. »In diesem hier könnte man wunderbar tanzen. Wenn sie das andere auswählt, ist sie entweder ein Idiot oder ein Sadist.«

»Sadist«, sagte Jenks mit baumelnden Beinen. »Ich wol te, es gäbe Kameras, die ich tragen kann. Ich weiß, dass der Hol ows Observer gutes Geld für ein Bild von Rachel und Trent beim Tanzen zahlen würde.«

»Ha!«, bel te ich, nahm sanft das schöne Kleid und hängte es in den Schrank, der dank Newt völ ig neu geordnet war.

»Als ob!«

»Du musst«, sagte Jenks, und der Staub, den er verlor, wurde silbern. »So sind die Regeln.«

Ich seufzte. Ja, ich würde wahrscheinlich mit ihm tanzen müssen, wenn ich auf der Hochzeitsfete war. Auf Ceris Gesicht lag ein bösartiges Lächeln. »Also, es wird mir keinen Spaß machen«, erklärte ich und versuchte, nicht über seinen Knackarsch nachzudenken und wie gut der in einem Smoking aussah. Meine Größe sah gut aus neben seiner Klasse, und es würde Spaß machen, El asbeth auf die Palme zu bringen. Ich schloss lächelnd meinen Schrank. »Weißt du eigentlich, wie schwer es ist, mit einer Waffe im Schenkelhalfter eng zu tanzen?«

»Nein.« Jenks folgte mir in die Küche, genauso wie Ceri und die Katze.

»Wo ist Ivys Computer?«, fragte Ceri, als wir eintraten, und ich zuckte zusammen.

»Ich weiß es nicht.« Mein Magen verkrampfte sich, als ich in die leere Ecke des Raums sah. »Ich habe bei Kisten übernachtet, und als ich nach Hause kam, war sie nicht mehr da.«

Mit ausdruckslosem Gesicht starrte Ceri vor sich hin, während sie den Kupferkessel mit Wasser fül te. Ihr Blick wanderte von den Teilchen auf ihrem Tel er über den gekauften Kaffee zu dem Fudge. Aber erst, als sie den Honig sah, ging ihr ein Licht auf.

»Sie ist weg«, sagte Ceri und drehte mit übermäßiger Kraft den Hahn zu. »Was ist passiert?«

»Nichts«, antwortete ich defensiv und fühlte mich schuldig. »Naja, quasi nichts«, verbesserte ich mich. »Gott, Ceri, das geht dich nichts an«, fügte ich hinzu und verschränkte die Arme.

»Sie hat heute Morgen Kisten gebissen«, warf Jenks hilfreich ein. »Während der Bettakrobatik.«

»Hey!«, meinte ich peinlich berührt. »Deswegen ist sie nicht gegangen. Wir waren noch nicht mal mit dem Abendessen fertig, als sie verschwunden ist.« Ich holte Luft und wandte mich Ceri zu, um dann überrascht zu sein, als ich sah, wie missbil igend sie schaute. »Er ist mein Freund!«, rief ich. »Und er hat mich nicht gebissen. Und warum zur Höl e denkt jeder, dass ich mein Leben nach dem ausrichten sol te, was Ivy wil ?«

»Weil sie dich liebt«, erklärte Ceri. »Und du sie liebst, wenn schon als nichts anderes, dann doch als Freund. Sie hat Angst und du nicht. Du bist in dieser Situation die Stärkere und musst dich ein wenig zurückhalten. Du kannst dein Leben nicht nach ihren Wünschen leben«, fügte sie hinzu und hob eine Hand, um meinen Protest zu unterbinden.

»Aber du weißt, dass sie sich danach sehnt, genau das mit dir zu teilen.«

Trübselig schaute ich zu Ivys leerem Platz und dann wieder zu Ceri. »Sie kann Blutleidenschaft nicht von Sex trennen, und ich glaube, ich kann es auch nicht«, flüsterte ich und fragte mich, wie es dazu gekommen war, dass mein Leben zum Lieblingsthema von fast al en geworden war und ich auch noch so offen darüber sprach. Außer natürlich, dass ich völ ig verloren war und versuchte, jemanden zu finden, der mir helfen konnte.

»Dann hast du ein Problem«, sagte Ceri und drehte mir den Rücken zu, um einen Schrank zu öffnen.

Ich konnte ihre Stimmung nicht einschätzen. »Ich habe niemals behauptet, dass ich gut in so was bin«, murmelte ich.

Ich zog eine Tasse aus dem Schrank, aber als ich einen Teebeutel hineinfal en ließ, kniff sie die Augen zusammen.

»Setz dich und trink den widerlichen Kaffee«, sagte sie mit harter Stimme. »Ich mache mir meinen eigenen Tee.«

Jenks kicherte bösartig, und ich stel te den Tel er mit dem Honig und dem Fudge auf den Tisch, bevor ich mich mit meinem kalten Gourmetkaffee hinsetzte. Er hatte seinen Reiz verloren. Ceris stil schweigende Missbil igung war deutlich zu spüren, aber was sol te ich tun? Mir gefiel die Idee nicht, dass Ivy zu Skimmer gezogen war, ohne mir ein Wort zu sagen, aber das war die beste Erklärung, die mir momentan einfiel.

Ceri holte die Teekanne unter der Arbeitsfläche hervor, dann warf sie meinen Teebeutel weg und maß zwei Löffel losen Tee ab. Jenks flitzte zu seinem Honig und kämpfte mit dem Deckel, bis ich das Glas für ihn öffnete. Das wurde ja zu einem wirklich tol en Geburtstag.

»Jenks?«, warnte ich, und meine Augen wanderten zu Rex.

Die orangefarbene Katze saß auf der Türschwel e und beobachtete mich mit ihren unheimlichen Kätzchenaugen.

Ich hatte Jenks schon auf Honig gesehen; er wurde dadurch schnel er betrunken als ein Verbindungsstudent nach den Prüfungen, und Rex war für meinen Geschmack zu scharf auf kleine geflügelte Wesen.

»Was?«, fragte er kampfeslustig. »Du hast ihn mir gekauft.«

»Ja, aber ich habe auch gehofft, dass du bei unserem Auftrag heute Nachmittag nüchtern bist.«

Jenks schnaubte und machte es sich vor dem Glas mit der bernsteinfarbenen Flüssigkeit bequem. »Als ob ich jemals länger betrunken gewesen wäre als fünf Minuten.«

Offensichtlich begierig zog er etwas aus seiner hinteren Hosentasche, was aussah wie ein Paar Essstäbchen. Geschickt drehte er einen Tropfen Honig darauf und führte ihn zum Mund. Als er schluckte, sanken seine Flügel reglos herab, und er kicherte. »Dreck, das ist gutes Zeug«, sagte er mit klebrigem Mund.

Fünf Minuten. Das stimmte ungefähr, aber ich machte mir Sorgen wegen Rex.

Ceri stand an der Spüle und wärmte die Teekanne mit warmem Leitungswasser vor. Ich hielt das für einen sinnlosen Zwischenschritt, der nur noch mehr dreckiges Geschirr produzierte, aber Ceri war hier der Experte, wenn es um Tee ging. Ihr Blick wanderte zu Jenks, der seine Stäbchen jetzt hoch über den Kopf hielt und den Honig in seinen Mund tropfen ließ. Er landete genau da, wo er es wol te, selbst wenn er langsam anfing, schief zu sitzen.

»Kannst du damit in das Hängeregal gehen?«, fragte ich besorgt.

Jenks versteifte sich und warf mir einen unfokussierten Blick zu. »Ich kann fliegen, Frau. Ich kann honigtrunken besser fliegen als du stocknüchtern.« Um das zu beweisen, hob er ab, verlor aber dann mit einem juchzenden Schrei an Höhe. Ceris Hand war in einem Wimpernschlag unter ihm, und er fing an zu kichern. »Hört mal, hört mal!«, drängte er, während er zusammengesunken auf ihrer Hand saß, und fing an, die erste Strophe von »You are my sunshine« zu rülpsen.

»Jenks. .«, protestierte ich. »Geh von Ceri runter. Das ist widerlich.«

»'tschuldigung, 'tschuldigung«, lal te er und fiel fast um.

»Verdammt, das ist guter Honig. Muss Matalina was davon bringen. Matalina würde ihn mögen. Viel eicht hilft es beim Schlafen.«

Offensichtlich schwer konzentriert, mäanderte er zum Tisch, und der Staub, der von ihm herabrieselte, war dicht und wild. Ich seufzte entschuldigend. Ceri lächelte nur und schnappte sich Rex, die an ihr vorbeitapste, klar erkenntlich auf dem Weg zu Jenks. Die Katze schmiegte sich in ihre Arme und schnurrte.

»Kitty, kitty, kitty«, lal te Jenks, als er neben mir und seinem Honig landete. »Wil Kitty Honig? S'guta Honich.«

Yeah, mein Leben war seltsam, aber es hatte seine Höhepunkte.

Ceri lehnte sich gegen die Arbeitsfläche, während sie darauf wartete, dass ihr Wasser kochte. »Wie hast du in letzter Zeit geschlafen?«, fragte sie, als wäre sie mein Arzt.

»Mehr Niesen?«

Ich lächelte, geschmeichelt, dass es sie interessierte. »Nein.

Ich habe letzte Nacht nicht viel geschlafen, aber das ist nicht Minias' Fehler.« Sie hob die Augenbrauen, und ich fügte hinzu: »Glaubst du, dass Newt noch mal auftauchen wird?«

Sie schüttelte ernst den Kopf. »Nein. Er wird sie für eine Weile sehr sorgfältig beobachten.«

Ich umklammerte meine kalte Tasse und dachte, dass ich sowieso nicht viel tun konnte, sol te Newt auftauchen, nachdem sie ja Ceris dreifachen Schutzkreis so einfach übernommen hatte, wie ich einen Brief öffnete. Das erinnerte mich daran, wie ich Toms Schutzkreis übernommen hatte, und ich wol te Ceri schon danach fragen, ließ es dann aber doch. Es musste passiert sein, weil ich während der Errichtung hineingelaufen war. Das war al es. Ich war mir sicher, irgendwo gelesen zu haben, dass das möglich war.

Und ich wol te nicht riskieren, dass sie sagte, es wäre ungewöhnlich.

Jenks saß im Schneidersitz vor seinem Ein-Unzen-Glas und sang »Satisfaction« von den Rol ing Stones, während er weiter Honig in sich hineinlöffelte. Dann unterbrach er seinen Gesang, um zu verkünden: »Ich werde dich beschützen, Rache. Ich verpasse diesem verdammten Dämon eine Labiotomie, Lottiotomie, Lob, Lob, Lobotomie, fal s er noch mal auftaucht!«

Ich verzog das Gesicht, als ich beobachtete, wie er fröhlich lachend umfiel, nur um sich mit einem lauten »Au« wieder aufzusetzen. Deprimiert nahm ich mir einen Keks vom Gebäcktel er. Er war trocken, aber ich aß ihn trotzdem.

Ceris Wasser fing an zu dampfen. Sie schaffte es, ihre Kanne zu fül en, während sie Rex weiter im Arm hielt, und trug sie dann zum Tisch. Jenks stolperte mit um Gleichgewicht rudernden Flügeln zur Teekanne, lehnte sich mit dem Rücken dagegen und rutschte mit einem schweren Seufzen nach unten.

»Darf ich dich etwas fragen?«, meinte Ceri und schaute dabei auf ihre leere Tasse.

Ich hatte bis sechs Uhr nichts zu tun, wenn ich anfangen musste, mich für den Auftrag fertig zu machen, also schraubte ich den Deckel wieder auf Jenks' Honig, zog ein Bein auf den Stuhl und schlang die Arme um mein Knie.

»Sicher. Was?«

Ihre Wangen waren leicht gerötet, als sie fragte: »Hat es wehgetan, als Ivy dich gebissen hat?«

Ich versteifte mich, und Jenks fing mit geschlossenen Augen an zu murmeln. »Nein, nein, nein. Verdammter Vampir hat es gut anfühlen lassen. Ach, Dreck, ich bin müde.«

Ich schluckte und suchte ihren Blick. »Nein. Warum?«

Sie biss sich charmant auf die Unterlippe und wurde ernst.

»Du sol test dich niemals dafür schämen, dass du jemanden liebst.«

Mein Blutdruck schoss nach oben. »Tue ich nicht«, sagte ich heftig.

Ich war angriffslustig, weil ich Angst hatte, aber statt mit ähnlicher Wut zu reagieren, senkte sie unerwartet die Augen.

»Ich möchte dich nicht kritisieren«, sagte sie leise. »Ich. .

beneide dich. Und das sol test du wissen.«

Ich umschlang mein Knie enger. Mich? Sie ist neidisch auf mein verbocktes Leben?

»Du sagst, dass du Leuten nicht vertraust«, beeilte sich Ceri zu erklären, und ihre leuchtend grünen Augen bettelten um Verständnis. »Aber du vertraust. Du vertraust zu sehr. Du gibst al es, selbst wenn du Angst hast. Ich glaube nicht, dass ich jemals jemanden ohne Angst lieben könnte. . jetzt.«

Jenks hickste. »Oh, Ceri. Es ist okay. Ich liebe dich.«

»Danke, Jenks«, antwortete Ceri und saß wohlerzogen aufrecht in ihrem Stuhl. »Aber es würde nie funktionieren.

Dein Körper ist nicht so groß wie dein Herz, und sosehr ich auch glauben wil , dass ich Seele und Geist bin, ich habe auch einen Körper, der befriedigt werden wil .«

»Zum Teufel bin ich nicht groß genug«, protestierte er und kam taumelnd auf die Beine. Nur ein Flügel funktionierte, und das ließ ihn fast wieder umfal en. »Frag nur Matalina.«

Der Pixie wurde bleich. »Vergiss es.«

Ceri goss sich Tee ein, und die bernsteinfarbene Flüssigkeit plätscherte gemütlich, was in völ igem Widerspruch zu meinem Unbehagen stand. Langsam zog ich mein zweites Bein neben das erste. »Jenks, setz dich«, murmelte ich, als er von seinem Weg Richtung Honig abkam und auf die Tischkante zustolperte. Ich war glücklich über die Ablenkung, und meine Gedanken wanderten zu Trents und El asbeths Hochzeit. Ich streckte gerade die Hand nach Jenks aus, als er in die Servietten fiel und sich eine davon über den Kopf zog.

Warum hatte ich Trent nichts von Ceri erzählt? Oder Ceri von Trent? Ich war ein unglaublich schlechter Menschenkenner, aber selbst ich konnte sehen, dass die zwei füreinander gemacht schienen. Trent war nicht so schlimm.

Obwohl er mich als Nerz in einem Käfig festgehalten hatte.

Und mich in die Rattenkämpfe gesteckt hatte. Und mich überlistet hatte zu versuchen, Piscary al ein zu erledigen, obwohl ein Teil dieser Dummheit definitiv mein Problem war.

Ich zog ein wenig Teig von einer Biskuitrol e ab. Trent hatte mich in der Nacht, als ich sein bezahlter Leibwächter gewesen war, mit Respekt behandelt, und danach hatte er mich am Leben gehalten. Er hatte mir vertraut, dass ich al ein mit Lee fertig werden würde, statt ihn zu töten, wie er es eigentlich vorgehabt hatte. Obwohl ich natürlich auf dieser Hochzeit nicht Leibwächterin spielen würde, wenn ich zugelassen hätte, dass Trent seinen Freund tötet. .

wahrscheinlich zumindest.

Was für ein Durcheinander, dachte ich und spülte den Teig mit einem Schluck kalten Kaffee runter. Ceri konnte entscheiden, was sie tun wol te. Und wenn Trent sie benutzte, würde ich ihn definitiv umbringen. Und weil ich langsam sein Vertrauen gewann, würde ich ihm auch noch nahe genug kommen, um es wirklich zu tun. Was für ein erschreckender Gedanke.

Mein Herz schlug schnel er und ich wischte mir die Finger an einer Serviette ab.

»Ceri?«, sagte ich, und sie schaute erwartungsvol auf. Rex saß immer noch auf ihrem Schoß, und ihre Finger streichelten das Tier sanft. Ich holte tief Luft. »Ich kenne jemanden, den ich dir vorstel en möchte.«

Ihre grünen Augen trafen meine und ihr Lächeln wurde breiter. »Wen?«

Ich schaute zu Jenks, aber er war raus aus der Sache, weil er unter den Servietten eingeschlafen war. »Ahm, Trent.« Mir wurde eng um die Brust, und ich betete, dass ich das Richtige tat. »Weißt du, er ist ein Elf.«

Strahlend schob Ceri Rex auf den Boden, damit sie sich über den Tisch lehnen konnte. Die Katze stakste beleidigt aus dem Raum, und meine Nase fül te sich mit dem Duft von Zimt und Wein, als Ceri mich kurz umarmte. »Ich weiß«, sagte sie, als sie sich wieder zurücklehnte und mich anlächelte. »Danke, Rachel.«

»Du wusstest es?«, fragte ich, und mein Gesicht wurde warm. Gott, sie musste mich für einen unsensiblen Trottel halten, aber sie lehnte sich nur in ihrem Stuhl zurück und grinste, als hätte ich ihr ein Pony geschenkt. Und einen Welpen. Und dann noch den verdammten Mond. »Kalamack, richtig?«, stammelte ich. »Wir sprechen über denselben Trent? Warum hast du nichts gesagt?«

»Du hast mir meine Seele zurückgegeben«, sagte sie mit wehenden Haaren. »Und damit die Chance, meine Sünden zu tilgen. Ich richte mich nach dir. Bis du ihm zugestimmt hast, hätte es Probleme verursacht. Du hast keine Anstalten gemacht zu verbergen, dass du ihn nicht magst.«

Sie lächelte scheu, und ich konnte nur starren. »Du wusstest, dass er ein Elf ist?«, fragte ich noch mal, weil ich es einfach nicht glauben konnte. »Woher? Er weiß nichts von dir!« Zumindest glaube ich das.

Verlegen zog sie ihre Beine unter sich, um sich im Schneidersitz hinzusetzen. Sie sah gleichzeitig unschuldig und weise aus. »Ich habe ihn letzten Winter in einem Magazin gesehen, aber du mochtest ihn nicht.« Ihre Augen schossen kurz zu mir und dann wieder nach unten. »Ich wusste, dass er dich verletzt hat. Keasley hat mir erzählt, dass er den Brimstone-Handel kontrol iert, und, wie al es, was im Übermaß stattfindet, ist es schädlich. Aber, Rachel, wie kannst du al das Gute wegen ein bisschen Bösem verurteilen?«, fragte sie ohne auch nur einen Hauch von Flehen in ihrer Stimme. »Es ist jetzt seit zweiunddreißig von fünftausend Jahren il egal, und das ist ein plumper Versuch der Menschen, die Inderlander zu kontrol ieren.«

Wenn man es so ausdrückte, klang Trent fast respektabel.

Beunruhigt lehnte ich mich zurück. »Hat Keasley dir auch erzählt, dass er Leute mit il egaler Genmanipulation erpresst?

Dass seine Sommerlager für kranke Kinder versteckte genetische Labore sind, wo er Kindern hilft, um ihre Eltern erpressen zu können?«

»Ja. Er hat mir auch gesagt, dass Trents Vater deine Blutkrankheit geheilt hat, weil dein Vater sein Freund war.

Glaubst du nicht, dass du ihm Dankbarkeit schuldest?«

Hey. Mein Atem stockte, und ich fühlte mich kalt, nicht wegen der Dankbarkeit-schuldig-Sache, sondern weil Keasley etwas wusste, was ich bis zur letzten Sonnenwende nicht geahnt hatte. »Keasley hat dir das gesagt?«

Ceri beobachtete mich über ihre Teetasse hinweg, und ihr Kopf hob und senkte sich abrupt.

Mein besorgter Blick wanderte zu den Fenstern mit den blauen Vorhängen über der Spüle und dem sonnendurchfluteten Garten dahinter. Ich würde mal mit Keasley reden müssen. »Trents Vater hat mein Leben gerettet«, gab ich zu und richtete meine Aufmerksamkeit wieder auf sie. »Mein Vater und seiner waren Freunde und Arbeitskol egen. Und sie sind beide deswegen gestorben, also denke ich, dass das al e Dankbarkeit aufhebt, die ich haben könnte.« Der dämliche Elf denkt, die Welt schuldet ihm al es.

Aber Ceri nippte nur an ihrem Tee. »Viel eicht hat Trent dich in die Rattenkämpfe gesetzt, weil er deinen Vater für den Tod seines Vaters verantwortlich macht?«

Ich holte Luft, um zu widersprechen, und stieß sie dann langsam wieder aus. Dreck. Ist Trent genauso unsicher wie der Rest von uns? Selbstzufrieden leerte Ceri ihre Tasse.

»Hast du ihn nicht für den Tod deines Vaters verantwortlich gemacht?«, fragte sie, unnötigerweise, wie ich anmerken sol te.

»Doch«, sagte ich, und mir fiel auf, dass ihre Formulierung in der Vergangenheitsform funktionierte. Ich gab ihm nicht mehr die Schuld. Piscary hatte ihn getötet - irgendwie.

Viel eicht. Und wenn ich eine gute kleine Hexe war und Trents Arsch während seiner Hochzeit über dem grünen, grünen Gras hielt, würde er mir viel eicht sogar die Details verraten. Ich schüttelte mich innerlich und vermerkte das Thema als etwas, worüber ich später nachdenken sol te.

»Wil st du ihn treffen?«, fragte ich müde und klang ja ach so begeistert von der Aussicht.

Ihre restliche Wut verschwand, und sie lächelte mich über den Tisch hinweg an. »Ja, bitte.«

Ja, bitte. Als ob sie mein Okay brauchte. »Du brauchst meine Erlaubnis nicht.«

Mein Ton war fast beleidigt, aber sie senkte züchtig die Augen. »Ich wil sie.« Sie stel te geräuschlos ihre Tasse auf dem Untertel er ab. »Ich wurde mit der Erwartung erzogen, dass jemand mich in Herzensdingen leiten würde: ein Hüter und Vertrauter. Meine Mutter und mein Vater sind verschieden. Meine Art ist von der Zeit verwässert worden.

Du hast meinen Körper gerettet, meine Seele befreit. Du bist mein Sa'han.«

Ich richtete mich in meinem Stuhl auf, als wäre ich mit Eiswasser Übergossen worden. »Hey! Warte mal, Ceri. Ich bin nicht dein Hüter. Du brauchst keinen. Du bist eine eigenständige Person!« Ist sie verrückt?

Ceri stel te ihre Füße auf den Boden und lehnte sich mit einem um Verständnis bettelnden Blick nach vorne. »Bitte, Rachel«, flehte sie. »Ich brauche das. Die Zeit als Als Vertrauter hat mir al es genommen. Gibst du mir bitte diesen Teil meines Lebens zurück? Ich muss die Verbindungen zu meinem alten Leben erst wiederherstel en, bevor ich sie über Bord werfen und mich in diesem einrichten kann.«

Ich fühlte Panik. »Ich bin die Letzte, die du um Rat bitten sol test!«, stammelte ich. »Schau mich an! Ich bin ein Fiasko!«

Mit einem leisen Lächeln senkte Ceri den Blick. »Du bist die mitfühlendste Person, die mir je begegnet ist, und riskierst ständig dein Leben für diejenigen, die nicht für sich selbst kämpfen können. Ich sehe das in den Leuten, die du liebst. Ivy, die Angst hat, dass sie ihre eigenen Kämpfe nicht mehr kämpfen kann. Kisten, der darum kämpft, in einem System zu bestehen, von dem er weiß, dass er zu schwach dafür ist. Jenks, der den Mut, aber nicht die Stärke hat, eine Welt zu verändern, die ihn nicht einmal bemerkt.«

»Oh, danke, Ceri«, murmelte der Pixie von unter seiner Serviette.

»Du siehst oft das Schlimmste in Leuten«, fuhr sie fort,

»aber du siehst immer das Beste. Letzten Endes.«

Ich glotzte sie an. Weil ihr mein Unbehagen auffiel, zögerte sie. »Vertraust du Trent?«

»Nein!«, brach es aus mir heraus, doch dann zögerte ich.

Warum hatte ich dann angestoßen, ihn Ceri vorzustel en?

»Viel eicht in einigen Dingen«, schränkte ich ein. »Ich vertraue aber auf jeden Fal deinem Urteil.«

Anscheinend hatte ich das Richtige gesagt, da Ceri lächelte und eine kühle Hand auf meine legte. »Du glaubst mehr an ihn, als dir klar ist, und obwohl ich ihn nicht kennen mag, vertraue ich deinem Urteil, so lange es auch gedauert hat.«

Ihr Lächeln wurde hinterhältig. »Und ich bin kein albernes Mädchen, das sich von einem wohlgeformten Al erwertesten und großen Ländereien den Kopf verdrehen lässt.«

Wohlgeformter Al erwertester und große Ländereien? War das das mittelalterliche Pendant zu Knackarsch mit Geld? Ich lachte leise, und sie zog ihre Hand zurück. »Er ist verschlagen«, warnte ich. »Ich wil nicht, dass du ausgenutzt wirst. Ich bin mir sicher, dass er eine Probe für seine Labore haben wol en wird.«

Ceri nippte an der nächsten Tasse Tee und schaute in den sonnigen Garten. »Er kann sie haben. Ich wil genauso sehr wie er, dass sich meine Spezies erholt. Ich wünschte nur, ich hätte den Fluch auf ein Datum festgelegt, damit der Schaden vol ends behoben werden könnte statt nur behandelt, wie er es mit unseren Kindern versucht hat.«

Meine Finger lagen um das kalte Porzel an meiner Tasse, aber ich hob sie nicht an die Lippen. Trent schuldete mir eine Menge. Ceri würde ihm eine um einiges bessere Behandlungsmethode verschaffen. »Er ist manipulativ«, fügte ich hinzu, und sie hob nur eine Augenbraue.

»Und ich nicht? Glaubst du wirklich, ich könnte diesen Mann nicht um den Finger wickeln, wenn ich wol te?«

Ich schaute besorgt zur Seite. Yeah, konnte sie.

Ceri lachte. »Ich wil keinen Ehemann«, sagte sie mit blitzenden Augen. »Ich muss mich selbst neu erfinden, bevor ich mein Leben mit jemandem teilen kann. Außerdem heiratet er bald.«

Ich konnte mein Schnauben nicht zurückhalten. »Eine wirklich scheußliche Frau«, murmelte ich und entspannte mich langsam. Ich wol te nicht, dass Trent Ceri heiratete.

Selbst wenn Trent nicht so ein Drecksack wäre - ich würde sie wahrscheinlich nie wiedersehen, sobald sie seine Gärten entdeckt hatte.

»Ich glaube«, sagte Ceri trocken, »dass du diese Hochzeit als Strafe für seine begangenen Sünden siehst.«

Ich nickte und schaute in den Garten, als ich dort eine schnel e Bewegung bemerkte. Ich stand auf und ging zum Fenster, um dann zu sehen, dass es nur Jenks' Kinder waren, die einen Kolibri aus dem Garten vertrieben.

»Du kennst sie nicht«, sagte ich und bewunderte ihre Teamarbeit. Ceri stel te sich neben mich. Der reiche Geruch von Zimt stieg von ihr auf und in meine Nase. »Sie ist eine schreckliche Frau«, fügte ich leise hinzu.

Ceris Blick folgte meinem in den Garten. »Das bin ich auch«, sagte sie, noch leiser.

22

Zusammengesunken auf dem Rücksitz eines Taxis beobachtete ich die vorbeirauschenden Häuser und stel te mir El asbeths Verachtung für die klar erkenntlich zweitklassigen Geschäfte vor. Auch wenn die Kathedrale der Hol ows weltberühmt war, sie lag in einem etwas heruntergekommenen Viertel. Unbehagen breitete sich in mir aus. Ich setzte mich gerader hin und zog meine Tasche mit den Zaubern und meiner Splat Gun auf meinen Schoß.

Ich hätte etwas anderes anziehen sol en. Ich würde in meinen Jeans wie ein Penner wirken.

Jenks saß auf meiner Schulter und trommelte im Takt der Calypsomusik aus dem Radio auf meinem Ohrring herum. Es war unglaublich nervig, und obwohl ich wusste, dass es ihn wahrscheinlich nur ermutigen würde, murmelte ich: »Hör auf damit.«

Mein Hals wurde kalt, als er abhob, um anschließend auf meinem Knie zu landen. »Entspann dich, Rache«, sagte er.

Um das Gleichgewicht zu halten, stand er breitbeinig da, und seine Flügel bewegten sich ständig. »Das wird ein Kinderspiel. Wie viele Leute? Fünf, ihre Eltern mitgerechnet?

Und Quen wird auch da sein, also bist du ja nicht al ein. Ich würde mir mehr Sorgen um die Hochzeit machen.«

Ich holte tief Luft und kurbelte das Fenster ein Stück runter. Dann schaute ich nach unten und fummelte an einem zum Design der Jeans gehörenden Riss herum. »Viel eicht hätte ich ein Kostüm anziehen sol en.«

»Es ist eine Hochzeitsprobe, bei Tinks Unterhosen!«, brach es aus Jenks heraus. »Schaust du keine Seifenopern? Je reicher du bist, desto schäbiger kleidest du dich. Trent trägt wahrscheinlich nur eine Badehose.«

Ich hob die Augenbrauen und stel te mir seinen durchtrainierten Körper in Elasthan vor. Mmmmm. .

Jenks' Flügel hörten auf zu schlagen, und er bekam einen gelangweilten Gesichtsausdruck. »Du siehst tol aus. Wenn du al erdings dieses Ding getragen hättest, das du gekauft hattest. .«

Ich bewegte mein Bein, und er hob ab. Wir waren nur noch einen Block entfernt und zu früh dran.

»Entschuldigen Sie«, sagte ich, lehnte mich vor und unterbrach damit den enthusiastischen Gesang des Taxifahrers zur Coverversion von Madonnas »Material Girl«.

Als Calypso hatte ich es noch nie gehört. »Könnten Sie einmal um den Block fahren?«

Er schaute mich durch den Rückspiegel an und zog dann, auch wenn er offensichtlich dachte, ich wäre verrückt, schnel auf die linke Spur und wartete auf Grün. Ich öffnete das Fenster ganz, und Jenks landete auf dem Rahmen.

»Warum gehst du nicht schon mal checken?«, meinte ich leise.

»Ich bin dir Meilen voraus, Babe«, antwortete er und zeigte auf sein rotes Stirnband, das er bereits aufgezogen hatte. »Bis du einmal um den Block gefahren bist, habe ich al e Nachbarn getroffen und kenne jeden Stein.«

»Babe?«, fragte ich scharf, aber er war bereits aus dem Fenster gesprungen und schwebte irgendwo zwischen den Wasserspeiern. Ich schloss das Fenster wieder, bevor der Zug den sorgfältig geflochtenen Zopf durcheinanderbringen konnte, den Jenks' Kinder mir gemacht hatten. Ich ließ sie nicht besonders oft an mein Haar. Ihre Arbeit war fantastisch, aber sie quasselten wie Fünfzehnjährige auf einem Konzert -

al e gleichzeitig und ungefähr einhundert Dezibel lauter als nötig.

Die Ampel schaltete um, und der Fahrer bog vorsichtig ab, wahrscheinlich weil er mich für eine Touristin hielt, die al es sehen wol te. Die scharfkantigen, sorgfältig gemörtelten Steine zogen sich zur Höhe von einem viel eicht achtstöckigen Gebäude hinauf und wirkten neben den niedrigen Läden, die darum entstanden waren, massiv und dauerhaft. Die Kathedrale grenzte an zwei Seiten an den Gehweg und überschattete die Straße. Im feuchten Schutz der ausladenden Stützpfeiler wuchsen Pflanzen, die den Schatten mochten. Die Fenster waren aus Buntglas, auch wenn sie von außen düster aussahen.

Ich kniff die Augen zusammen, als ich al das in mich aufnahm, überrascht darüber, wie wenig die Kathedrale das Gefühl des Wil kommenseins ausstrahlte, das ich in meiner Kirche fand. Es war ein bisschen, als würde man seine Großtante besuchen, die weder Hunde noch Musik mochte und natürlich auch keine Kekse vor dem Essen ausgab; sie gehörte trotzdem zur Familie, aber man musste sich immer benehmen und konnte sich nie entspannen.

Nach einer kurzen Musterung der einen Seite der Kathedrale zog ich mein Handy aus der Tasche und versuchte noch einmal, Ivy anzurufen. Immer noch keine Antwort. Kisten ging auch nicht dran, und als ich es vorhin bei Piscarys probiert hatte, war auch niemand rangegangen.

Ich hätte mir ja Sorgen gemacht, aber das war nichts Ungewöhnliches. Sie öffneten nicht vor fünf, und niemand hütete das Telefon, wenn geschlossen war.

Hinter der Kathedrale lag hinter einer Mauer ein schmaler Garten und daneben ein heruntergekommener Parkplatz.

An der Ecke stel te ich mein Telefon auf Vibrationsalarm und steckte es in meine Hosentasche, wo ich merken würde, fal s es klingelte. Auf der dritten Seite waren noch mehr Parkplätze, leer bis auf einen staubigen schwarzen Saturn im Schatten, und einen Basketbal platz, auf dem der Korb auf der vorgeschriebenen NBA-Höhe hing. Ihm gegenüber lag ein zweiter, mit einem sehr viel höheren Korb. Gemischte Spiele zwischen den Spezies waren keine gute Idee.

Ich wappnete mich, als der Taxifahrer langsamer wurde und mit dem linken Rad auf den Gehweg der Einbahnstraße auffuhr. Er nahm den Gang heraus und fummelte an einem Klemmbrett herum. »Sol ich warten?«, fragte er und warf einen kurzen Blick zu dem schmuddeligen Laden auf der anderen Straßenseite.

Ich grub einen Zwanziger aus meinem Geldbeutel und reichte ihn ihm. »Nein. Hinterher gibt es noch ein Essen, und ich werde mich einfach von irgendwem mitnehmen lassen.

Kann ich eine Quittung haben?«

Er schaute von seinem Papierkram auf, und auf seinem dunklen Gesicht spiegelte sich deutlich seine Überraschung.

»Sie kennen jemanden, der hier heiratet?«

Jenks schwebte ungeduldig vor dem Fenster, aber ich zögerte und lächelte dann breit. »Ja. Ich bin auf der Kalamack-Hochzeit.«

»Sie verarschen mich, oder?« Er riss seine braunen Augen so weit auf, dass ich das Weiße sehen konnte, das bei ihm eher Gelb war. Ein Hauch von Moschus stieg mir in die Nase.

Er war ein Tiermensch, wie die meisten Taxifahrer. Ich hatte keine Ahnung, warum. »Hey.« Er grub nach einer Visitenkarte und gab sie mir zusammen mit einer Blanko-quittung. »Ich habe eine Limo-Lizenz. Wenn sie jemanden brauchen, ich stehe bereit.«

Ich nahm sie und konnte seinen Mut nur bewundern.

»Darauf würde ich wetten. Danke für die Fahrt.«

»Jederzeit«, sagte er, als ich ausstieg. Er lehnte sich hinter mir aus dem Fenster. »Ich habe Zugriff auf ein Auto und al es.

Das hier mache ich nur als Job, bis ich meinen Pilotenschein gemacht habe.«

Ich nickte mit einem Lächeln und drehte mich zu den Kirchentüren um. Pilotenschein? Der war neu.

Das Taxi fädelte sich in den Verkehr ein, und Jenks ließ sich von wo auch immer er gewesen war, herabsinken. »Da lasse ich dich mal für fünf Minuten al ein«, beschwerte er sich,

»und schon wirst du angebaggert.«

»Er wol te nur einen Job«, sagte ich und bewunderte die vier in Stein gemeißelten Efeustränge über den zwei Doppeltoren. Einfach herrlich. .

»Das sage ich ja«, grummelte er. »Wieso sind wir überhaupt zu früh hier?«

»Weil es um einen Dämon geht.« Ich musterte die Wasserspeier und wünschte mir, ich könnte mit ihnen reden, aber einen Wasserspeier aufwecken zu wol en, bevor die Sonne untergegangen war, hatte denselben Effekt wie einen Stein zu streicheln. Es waren al erdings ziemlich viele, also war die Kirche wahrscheinlich sicher. Ich verzog das Gesicht, als ich die Topfpflanzen auf dem Gehweg sah, und fragte mich, ob man die wohl wegschaffen lassen konnte. Für Fairy-Kil er wäre es zu einfach, sich darin zu verstecken. Ich wandte mich wieder Jenks zu und fügte hinzu: »Und sosehr es mir auch gefal en würde, zu sehen, wie Trent von einer alten Liebe oder einem schlecht gelaunten Dämon erledigt wird, ich wil meine Vierzigtausend fürs Babysitten.«

Er nickte, bevor er auf meiner Schulter landete. »Wenn man vom Teufel spricht. .«

Ich folgte seinem Blick zur Straße. Dreck, sie waren auch zu früh. Jetzt war ich doppelt froh, dass ich rechtzeitig gekommen war. Ich steckte mein neues Shirt in die Hose und wartete, während zwei glänzende Autos heranrauschten. Sie sahen zwischen den ganzen Trucks und den verrosteten Fords völ ig deplatziert aus.

Ich musste zurück und auf die niedrigen Stufen springen, als der Erste aus dem Verkehr ausscherte und vol auf den breiten Gehweg auffuhr. Dahinter kam ein grauer Jaguar, der auch auf dem Gehweg parkte.

»Da scheiß mir doch einer in meine Gänseblümchen«, sagte Jenks von meinem Ohrring aus, und ich nahm meine Sonnenbril e ab, um besser sehen zu können.

El asbeth saß im ersten Wagen auf dem Vordersitz, und während sie sich zusammensammelte, öffnete der Fahrer schon einmal einem älteren Paar die hinteren Türen. Mr. und Mrs. Withon, nahm ich an, nachdem sie groß, elegant und tief gebräunt waren und insgesamt den »trendigen« Look der Westküste zur Schau trugen. Sie waren irgendwo in den Sechzigern, aber gut gealtert. Zur Höl e, sie waren Elfen -

soweit ich wusste, konnten sie genauso gut hundert sein.

Obwohl sie unauffäl ige Hosen und Oberteile trugen, konnte man immer noch erkennen, dass ihre Schuhe mehr gekostet hatten, als die meisten Leute für ihre monatlichen Autoraten veranschlagten. Sie standen herum und lächelten in die Sonne, als sähen sie die Vergangenheit und damit das Land ohne Gebäude, Autos oder städtische Apathie.

El asbeth wartete stoisch darauf, dass ihr der Fahrer die Tür öffnete. Dann schwang sie sich aus dem Auto, zog die kurze Jacke nach unten, die sie über ihrer weißen Bluse trug, und rückte die dazu passende Handtasche auf ihrer Schulter zurecht. Mit klappernden Sandalen ging sie hinten um das Auto herum. Ihre Knöchel unter den engen Caprihosen waren nackt. Sie trug Pfirsich- und Cremetöne und hatte ihr Haar ähnlich geflochten wie ich meines, nur mit grünen Bändern darin. Sie schaute nicht einmal zur Kirche, offensichtlich nicht erfreut, hier zu sein. Als ich ihre Klasse sah, war ich beschämend dankbar dafür, dass Jenks und Ceri sich eingemischt und mich vor mir selbst gerettet hatten.

Ich setzte eine fröhliche Miene auf und ging die Treppen hinunter.

»Ist das nicht eine nette kleine Kirche, Mutter?«, fragte die hochgewachsene Frau, schob ihren Arm unter den ihrer Mom und wedelte mit einer Hand Richtung Basilika.

»Trenton hatte recht. Das ist der perfekte Ort für eine dezente Hochzeit.«

»Dezent?«, murmelte Jenks auf meinem Ohrring. »Es ist eine verdammte Kathedrale.«

»Shhh«, sagte ich, weil ich die Eltern aus irgendeinem Grund mochte. Sie wirkten so zufrieden zusammen, und ich stel te fest, dass ich sie in diesem Zustand halten wol te -

damit ich, wenn ich nachts al eine aufwachte, wissen würde, dass es da draußen jemanden gab, der Liebe gefunden und sie auch gehalten hatte. Kein Wunder, dass El asbeth sauer darüber war, jemanden heiraten zu müssen, den sie nicht liebte - wenn sie aufgewachsen war und dabei ständig die Zufriedenheit ihrer Eltern vor Augen gehabt hatte. Ich wäre auch sauer.

Die Haare auf meinen Armen prickelten, und ich drehte mich um und entdeckte Quen, der bereits aus dem glänzenden Jaguar ausgestiegen war. Er trug seine üblichen schwarzen Hosen mit schwarzem Hemd, mit einem paar weicher Schuhe an den Füßen. Ein Ledergürtel mit silberner Schnal e war seine einzige Zierde. Ich fragte mich, ob darauf wohl ein Zauber lag. Der pockennarbige Mann hob grüßend die Augenbrauen in meine Richtung, und ich entschied, dass dem wahrscheinlich so war.

Quen hielt auf Trents Tür zu, aber bevor er sie erreichte, hatte Trent sie bereits selbst geöffnet. Er blinzelte in die hel e Nachmittagssonne, schaute dann zum Himmel und musterte schließlich die Linien des Kirchturmes. Seine Jeans saßen wirklich lecker, waren schön verblichen und gingen gerade weit genug über seine Stiefel. Ein flaschengrünes Hemd im selben Farbton wie El asbeths Haarbänder verlieh ihm ein gewisses Flair, genauso wie seine Sonnenbräune mit dem hel en Haar. Er sah gut aus, aber nicht glücklich.

Als ich die fünf Elfen nebeneinander sah, wunderte ich mich über die Unterschiede. El asbeths Mutter hatte dasselbe flaumige Haar wie Trent, aber ihr Vater lag näher bei El asbeth - al erdings rauer, fast wie ein schlechter Versuch, ihr zu ähneln. Neben ihnen wirkte Quens dunkles Gesicht mit dem mitternachtsschwarzen Haar wie die andere Seite der Medail e, aber trotzdem sehr elfisch.

El asbeth riss ihren Blick von der gemeißelten Schrift über der Tür los, als Trent und Quen sich näherten. Dabei entdeckte sie mich, und ihr Gesicht fror ein. Ich lächelte, als ihr auffiel, dass wir unser Haar auf dieselbe Art trugen. Ihr Gesicht unter dem perfekten Make-up wurde steif.

»Hal o, El asbeth«, sagte ich, weil sie mir in der Nacht, als sie mich in ihrer Badewanne gefunden hatte, mit Vornamen vorgestel t worden war. Lange Geschichte, aber harmlos.

»Ms. Morgan«, sagte sie und streckte eine bleiche Hand aus. »Wie geht es Ihnen?«

»Gut, danke.« Ich schüttelte ihre Hand und war überrascht, dass sie warm war. »Ich fühle mich geehrt, bei der Hochzeitsfeier eingeladen zu sein. Haben Sie sich schon für ein Kleid entschieden?«

Der Gesichtsausdruck der Frau wurde wenn möglich noch steifer. »Mutter? Vater?«, sagte sie, ohne mir zu antworten.

»Das ist die Frau, die Trenton engagiert hat, um zusätzliche Security zu bieten.«

Als ob sie nicht merken würden, dass ich nicht zu ihren Freundinnen gehöre, dachte ich und schüttelte die Hände, die mir angeboten wurden. »Es ist mir ein Vergnügen, Sie kennenzulernen«, sagte ich nacheinander zu beiden. »Das ist Jenks, mein Partner. Er wird die Umgebung sichern und die Kommunikation sicherstel en.«

Jenks' Flügel setzten sich klappernd in Bewegung, aber bevor er sie mit seiner sprühenden Persönlichkeit bezaubern konnte, keuchte El asbeths Mutter auf. »Er ist echt!«, stammelte sie. »Ich dachte, er wäre eine Dekoration auf Ihrem Ohrring.«

El asbeths Vater versteifte sich. »Ein Pixie?«, fragte er und trat einen vorsichtigen Schritt nach hinten. »Trent -«

Jenks erleuchtete meine Schulter mit einem Stoß Pixiestaub, und ich sagte fast bissig: »Das ist mein Team. Ich werde, fal s es nötig wird, auch noch einen Vampir hinzuziehen. Wenn Sie ein Problem damit haben, sprechen Sie mit Trent. Mein Back-up kann das Geheimnis Ihrer wertvol en geheimen Identitäten bewahren, aber wenn Sie zur Hochzeit in Kleidung auftauchen sol ten, die eher zu den Statisten eines albernen Films passt, ist es nicht mein Problem, wenn es auffliegt.«

El asbeths Mutter starrte Jenks fasziniert an, und der Pixie hatte es bemerkt. Mit rotem Gesicht schoss er von einer meiner Schultern zur anderen, bis er schließlich auf einer landete. Offensichtlich zog sich die Pixie-Paranoia von Küste zu Küste, und sie hatte schon eine Weile keinen mehr gesehen.

»Ich kann Sie ohne ihn nicht beschützen«, fuhr ich fort und schaute mit zunehmender Nervosität immer wieder zu El asbeths Mom, deren Augen weit aufgerissen an Jenks klebten. »Und dieser überkandidelte Medienzirkus wird wahrscheinlich die Irren aus ihren Löchern kriechen lassen.«

Ich hörte auf zu reden, da mir auffiel, dass sowieso niemand zuhörte. Mrs. Withon war errötet, was sie zehn Jahre jünger aussehen ließ, und hatte eine Hand auf die Schulter ihres Ehemannes gelegt. Es gelang ihr nicht, zu verstecken, wie gerne sie mit Jenks reden wol te.

»Oh, zur Höl e damit«, murmelte ich zu mir selbst, bevor ich lauter sagte: »Jenks, warum begleitest du die Damen nicht in die Kirche, wo es sicherer ist?«

»Rache«, winselte er.

Mr. Withon stel te sich noch gerader hin. »El ie«, warnte er, und ich wurde rot.

Trent räusperte sich. Er trat nach vorne und nahm meinen El bogen. Die Geste diente dazu, mich zurückzuhalten, auch wenn er es als freundliche Höflichkeit tarnte. »Ms. Morgans Hingabe an ihren Job ist so offensichtlich und direkt wie ihre Meinungen«, meinte er trocken. »Ich habe sie schon in der Vergangenheit eingesetzt, und ich traue ihr und ihrem Partner in heiklen Dingen bedingungslos.«

Eingesetzt. Ja, das passt ungefähr.

»Ich kann ein Geheimnis für mich behalten«, murmelte Jenks, und seine sich unruhig bewegenden Flügel ließen meine Haare wehen.

Mrs. Elfe strahlte ihn an, und wieder fragte ich mich, was für Spezies-Verbindungen es möglicherweise zwischen Elfen und Pixies gegeben hatte, die zerbrochen waren, als die Elfen in den Untergrund gingen. Jenks' Kinder liebten Ceri.

Natürlich liebten sie auch Glenn, und bei ihm war sicher, dass er ein Mensch war.

El asbeth sah den wachsamen Ausdruck ihres Vaters und kniff beim Anblick des entzückten Lächelns ihrer Mutter die roten Lippen zusammen. »Trenton, Lieber«, sagte die scheußliche Frau und schob ihren Arm wieder bei ihrer Mutter unter. »Ich werde meinen Eltern das Innere der Kathedrale zeigen, während du die Aushilfe über ihre Pflichten aufklärst. Es ist so eine goldige kleine Kirche. Ich wusste ehrlich nicht, dass Kathedralen auch in dieser Größe gebaut wurden.«

Ich war stolz auf die Basilika der Hol ows, aber ich schluckte meine Wut runter. Auch darüber, dass ich jetzt »die Aushilfe« war. Ich war es, die das Gesindel davon abhalten würde, sie zu attackieren, während sie ihre reichen Elfenärsche die Hauptstraße entlangschoben.

»Das klingt angemessen, Liebe«, sagte Trent neben mir.

»Ich treffe euch dann drinnen.«

El asbeth lehnte sich vor, um ihm einen leichten Kuss auf die Wange zu geben, und auch wenn er bei ihrem Rückzug kurz über ihre Wange strich, er küsste sie nicht zurück.

Mit klappernden Absätzen führte sie ihre Eltern zum Seiteneingang, da das Hauptportal deutlich sichtbar verschlossen war. »Schickst du Caroline rein, wenn sie ankommt?«, rief sie noch über die Schulter zurück, womit sie uns letztendlich anwies, draußen zu bleiben, bis die Trauzeugin ankam. Was mich anging, war das prima in Ordnung.

»Das mache ich«, rief Trent hinter ihnen her, und dann verschwanden die drei Elfen um die Ecke, während El asbeth ihrer Mutter lautstark von dem süßen kleinen Taufbecken erzählte. Ihr Vater war zur Mutter gebeugt und schalt sie offensichtlich für ihr Interesse an Jenks. Sie hörte nicht zu, sondern ging fast seitwärts, um noch einen letzten Blick auf den Pixie zu erhaschen.

Jenks war stil und sichtbar peinlich berührt. Ich fand das seltsam, weil er normalerweise Menschen ununterbrochen um den Finger wickelte. Warum war es anders, wenn eine Elfe ihn mochte?

»Hey, ahm, Rachel«, sagte er, und seine Flügel summten laut, als er abhob, um vor meinem Gesicht zu schweben. »Ich schaue mich mal um. Bin in fünf Minuten zurück.«

»Danke, Jenks.« Aber er war schon weg, sein winziger Körper nur noch ein verschwommener Fleck, als er über den Zaun verschwand.

Ich wandte den Blick ab, nur um festzustel en, dass Quen auf mich wartete. »Du erwartest von mir zu glauben, dass ein Pixie eine effektive Rückendeckung darstel t?«, fragte er mit hochgezogenen Augenbrauen. »Warum hast du ihn mitgebracht? Versuchst du gezielt, das hier schwierig zu machen?«

Irgendwie überraschte mich Quens Einstel ung nicht. Ich unterdrückte meine Gereiztheit und machte mich stattdessen auf den Weg zum seitlichen Parkplatz. »Er wird in dreißig Sekunden den gesamten Aufbau des Blocks kennen. Ich habe dir gesagt, dass ihr euch keinen Gefal en damit tut, Pixies aus eurem Garten herauszuhalten. Ihr sol tet einen Clan darum anbetteln, einzuziehen, statt Haftseide in euren Bäumen zu verteilen. Sie sind eine bessere Wache als Gänse.«

Die Falten des älteren Elfen verschoben sich, als er die Stirn runzelte. Er ging jetzt links neben mir, und mit Trent zu meiner Rechten fühlte ich mich eingeengt. »Und du vertraust Jenks?«, fragte Quen.

Das war, soweit ich mich erinnern konnte, das erste Mal, dass Quen Jenks bei seinem Namen nannte, und ich warf ihm einen kurzen Seitenblick zu, als wir um die Ecke gingen und der Straßenlärm langsam nachließ. »Absolut.«

Keiner sagte etwas, und peinlich berührt platzte ich heraus: »Ich kann euch nicht beschützen, wenn ihr nicht zusammen seid. Oder ist das nur ein Weg, jemand Hübschen am Arm hängen zu haben, wenn du einen Raum betrittst?«

»Nein, Ms. Morgan«, sagte Trent leise, und sein Pony wehte in der leichten Brise. »Aber nachdem die Sonne am Himmel steht, wie groß kann die Gefahr von einem Dämon schon sein? Ich erwarte nicht, dass Lee auftaucht, und wenn er es tut, dann nicht vor Sonnenuntergang.« Er zögerte. »Mit einem Dämon, der seine Fäden zieht.«

Wir konnten schlecht hineingehen, nachdem El asbeth uns angewiesen hatte, draußen zu bleiben, und ich war auch nicht scharf darauf, mehr Zeit als unbedingt nötig mit ihr zu verbringen. Es schien, als wäre Trent das auch nicht, also hielten wir vor dem weniger beeindruckenden Seiteneingang an, der direkt an den Parkplatz grenzte.

»Du. . ahm. . vertraust mir in delikaten Angelegenheiten?«, sagte ich zu Trent. »Was heißt das?«

Trent beobachtete einen Schwärm Tauben und blinzelte, als sie genau in die Sonne flogen. »Das heißt, dass ich dir vertraue, den Mund zu halten, aber nicht deine Finger von meinem Schreibtisch zu lassen.«

Quen verschob sich, sodass er fast aus meinem Blickfeld verschwand, und ich wechselte die Stel ung, damit ich ihn weiterhin sah. »Das hat dich beunruhigt, oder? Dass ich bis in dein Büro gekommen bin?«

Trent schaute kurz zu mir, und seine Ohren wurden rot.

»Ja.«

Erfreut nahm ich die Schultern zurück. Er sah gut aus in seiner lässigen Kleidung, und ich fragte mich, wie er wohl in einer Burgerbude aussehen würde, mit aufgestützten El bogen und den Händen um ein halbes Pfund Fleisch. Er war nicht so viel älter als ich, war aber durch den frühen Tod seiner Eltern dazu gezwungen worden, schnel erwachsen zu werden. Ich wol te ihn fragen, ob seine Kinder bei der Geburt spitze Ohren hätten, aber ich ließ es lieber.

»Ich werde es nicht wieder tun«, sagte ich plötzlich, ohne zu wissen, warum.

Trent drehte sich zu mir um. »In mein Haus einbrechen? Ist das ein Versprechen?«

»Nein. Aber ich werde es nicht tun.«

Quen räusperte sich, um ein Lachen zu kaschieren. Trent nickte, während seine grünen Augen mich fixierten. Er wirkte unglücklich, und er tat mir leid. »Das«, sagte er, »werde ich glauben.«

Quen versteifte sich, aber seine Aufmerksamkeit war gen Himmel gerichtet, nicht auf mich. Ich hielt meine Hand hoch, als ich Jenks' Flügelschlag erkannte. »Rache«, keuchte er, als er auf meiner Hand landete und sich dann an meinem Daumen festhielt, um nicht umzufal en. »Wir haben ein Problem. . es kommt die Straße entlang. . in einem 67er-Chevy.«

»Besser als Stolperdraht«, sagte ich trocken zu Quen und fragte mich, ob ich meine neuen Handschel en aus meiner Tasche an meine Hüfte verlagern sol te. Dann fragte ich Jenks: »Wer ist es? Denon?«

Das betreffende Auto kam um die Ecke: ein hel blaues Cabrio mit offenem Dach. Mit heulendem Motor fuhr es auf den Parkplatz. Quens Haltung verwandelte sich von entspannt zu einsatzbereit. Ich zapfte eine Linie an. Die einfließende Macht überraschte mich, und ich wankte ein wenig. »Ich bin in Ordnung«, sagte ich und schob Trents Hand von meinem Arm. »Bleib hinter mir.«

»Es ist Lee!«, sagte Trent mit leuchtendem Gesicht. »Mein Gott, Lee!«

Meine Kinnlade fiel nach unten. Das Auto hielt drei Meter vor uns, quer zu den Linien. Trent trat nach vorne, doch ich riss ihn zurück. Lee ist AI entkommen?

Der Mann machte den Motor aus, hob den Kopf, lächelte uns drei an und blinzelte in die Sonne. Er ließ die Schlüssel im Zündschloss, öffnete die Tür und stieg aus.

»Lee. .?«, stammelte ich, weil ich es nicht glauben konnte.

Schuldgefühle überschwemmten mich. Auch wenn ich versucht hatte, es zu verhindern, ich war dabeigewesen, als AI Lee statt meiner als seinen Vertrauten nahm. Es war unmöglich, dass er entkommen war, aber hier war er und schob mit unbewusster Eleganz seinen durchtrainierten Surferkörper aus dem Auto. Seine kleine Nase und die dünnen Lippen verliehen ihm eine lässige Attraktivität, und seine asiatische Abstammung war deutlich an seinem glatten, dunkelschwarzen Haar zu erkennen, das er kurz trug.

In seinem ein wenig altmodischen schwarzen Anzug sah er selbstbewusst und frech aus, als er mit ausgestreckten Händen auf uns zukam.

»Das ist nicht Lee«, sagte Jenks, der auf meine Schulter geflogen war. »Er riecht nicht richtig, und das ist nicht die Aura einer Hexe. Rache, das ist nicht Lee!«

Schock verwandelte sich in Misstrauen. »Bleib zurück«, sagte ich und riss Trent hinter mich, als er sich bewegte.

Er stolperte, weil ich ihn überrascht hatte. Schlecht gelaunt rückte er sein Hemd wieder zurecht. »Die Sonne steht am Himmel, Morgan. Ich kenne ein paar Regeln über Dämonen, und das ist eine, die nicht zu brechen ist. Lee ist entkommen.

Was hast du erwartet? Er ist ein Experte in Kraftlinienmagie.

Krieg deine Eifersucht unter Kontrol e.«

»Eifersucht?«, bel te ich und konnte es einfach nicht glauben. »Wil st du dein Leben darauf verwetten?« Lee kam immer noch auf uns zu. Ich streckte eine Hand aus und schrie: »Bleib genau da stehen! Ich befehle dir, stehen zu bleiben!«

Lee blieb gehorsam drei Meter vor uns stehen, und sein schwarzes Haar glänzte in der Sonne. Er zog eine runde Sonnenbril e aus der Hosentasche und schob sie sich auf die kleine Nase, sodass seine braunen Augen verborgen waren.

Mit weit ausgebreiteten Armen, die einen Hauch von zu Unrecht beschuldigter Unschuld signalisierten, verbeugte er sich leicht. »Schönen Nachmittag, Rachel Mariana Morgan.

Du siehst mit der Sonne auf deinen Haaren einfach zum Auffressen aus, Liebes.«

Jegliches Blut verließ mein Gesicht, und ich trat vorsichtig einen Schritt nach hinten. Es war nicht Lee. Es war AI. Die Stimme war Lees, aber der Tonfal und die Aussprache waren Algaliarepts. Wie?

»Heilige Scheiße! Es ist AI!«, quietschte Jenks und klammerte sich fester an mein Ohr.

»Schaff ihn in die Kirche«, zischte ich Quen zu. Ich fühlte mich verraten und bekam fast die Panik. Die Sonne stand am Himmel! Das war nicht fair. Hinter mir hörte ich eine Auseinandersetzung und Trents entrüsteten Widerspruch.

Verdammt, dachte ich. Das hier ist kein demokratischer Ab-stimmungsprozess. »Schaff ihn hier weg!«, brül te ich.

Als Lächeln wurde breiter, und er trat einen Schritt auf uns zu.

Die Zeit wurde knapp. Ich warf mich nach vorne, sodass meine Unterarme auf das Pflaster schlugen und meine Zehen den Rest meines Körpergewichts trugen. »Rhombus!«, schrie ich. Mir traten Tränen in die Augen, als der Kies auf dem Parkplatz sich in den weichen Teil meines Arms bohrte, aber gleichzeitig fühlte ich den Abfal der Macht in mir.

Bernsteinfarbenes Jenseits erhob sich aus der Erde und schloss sich über unseren Köpfen.

Schmerzgeplagt senkte ich meine Knie auf den Asphalt und stand langsam auf, wobei ich mir den Kies von Armen und Knien wischte. Verdammt noch mal, ich hatte Ceris Geschenk kaputt gemacht. Ich schaute erst zu AI - der leicht beleidigt dreinschaute - und dann zu Trent und Quen, die sicher mit mir im Schutzkreis standen.

Der ältere Elf hielt sich steif. Es war offensichtlich, dass es ihm nicht gefiel, in meiner Blase zu sein - auch wenn sie groß war. Mit angespanntem Gesicht ließ er seine Augen über den Dämonenschmutz auf meiner bernsteinfarbenen Kapsel gleiten. In der Sonne sah es besonders scheußlich aus, und nachdem Quen selbst Kraftlinienmagie praktizierte, wusste er, dass das Schwarz ein Spiegel dessen war, was ich meiner Seele angetan hatte - und dass der einzige Weg, wie ich so schnel so viel davon erwerben konnte, darin bestand, mit Dämonenmagie zu spielen.

Wütend wich ich zurück. »Ich habe es bekommen, weil ich einen Dämonenfluch gewunden habe, um das Leben meines Freundes zu retten«, erklärte ich. »Ich habe nichts getötet.

Ich habe niemandem wehgetan.«

Quens Gesicht war völ ig ausdruckslos. »Du hast dich selbst verletzt«, meinte er.

»Yeah, wahrscheinlich schon.«

Trent scharrte mit den Füßen. »Das ist nicht Lee«, flüsterte er mit bleichem Gesicht.

Jenks landete wieder auf meiner Schulter - er hatte abgehoben, als ich mich nach vorne geworfen hatte. »Guter Gott, der Mann ist dämlicher als Tinks Dildo. Habe ich nicht gesagt, dass er es nicht ist? Haben sich meine Lippen nicht bewegt und mitgeteilt, dass er es nicht ist? Ich bin klein, aber nicht blind!«

AI gewann ein wenig von seiner Souveränität zurück und lächelte. Trent wich hinter Quen zurück, was ihn gleichzeitig weiter von AI und mir entfernte. AI hatte Trent in derselben Nacht schwer verletzt, in der er auch mich angegriffen hatte; Trent hatte jedes Recht, Angst zu haben. Aber die Sonne stand am Himmel. Das konnte einfach nicht passieren.

Wir al e zuckten zusammen, als AI mit einem Finger in meine Blase stach. Das Schwarz schien sich dort zu sammeln.

»Nein, nicht Lee«, sagte der Dämon. »Und doch ist er es.

Einhundert Prozent er.«

»Wie?«, stammelte ich. Waren wir verzaubert worden zu glauben, dass es Tag war, obwohl in Wirklichkeit die Sonne schon untergegangen war?

»Die Sonne?« AI schaute nach oben, nahm seine Sonnenbril e ab und ließ sich genussvol die Sonne ins Gesicht scheinen. »Sie ist wirklich überaus schön ohne den roten Schein. Ich mag sie.« Sein Blick fiel auf mich, und ich erschauderte. »Denk drüber nach.«

Zu einhundert Prozent Lee, aber nicht Lee? Das ließ nur noch eine Möglichkeit. Und auch wenn ich am Montag noch behauptet hätte, es wäre unmöglich, fand ich es jetzt, nachdem ich vor gerade mal drei Tagen einen Dämon aus meinen Gedanken gestoßen hatte, sehr leicht zu glauben.

»Du hast Besitz von ihm ergriffen«, sagte ich und fühlte, wie sich mein Magen verkrampfte.

Lee klatschte in die Hände. Er trug weiße Handschuhe, und es sah falsch aus, oh so falsch.

»Das kannst du nicht tun«, sagte Trent hinter mir. »Es ist ein. .«

»Märchen?« AI schnippte eine imaginäre Staubflocke von seinem Ärmel. »Nein, nur sehr teuer und normalerweise unmöglich. Es sol te normalerweise auch nicht über den Sonnenaufgang hinaus halten. Aber dein Vater?« AI schaute von Trent zu mir und wieder zu Trent. »Er hat Lee zu etwas Besonderem gemacht.«

Sein Tonfal war gleichzeitig spöttisch und aufrichtig, und mir wurde kalt. Lees Blut konnte Dämonenmagie entzünden.

Wie meines. Oh super. Einfach supertol genial. Aber Lee war klüger. Er wusste, dass AI mich nicht verletzen und damit durchkommen konnte. Da war noch mehr. Wir hatten noch nicht al es gehört.

Ich konnte den sauberen Geruch von zerdrückten grünen Blättern riechen, und mir ging auf, dass Trent schwitzte. »Du hast ihn überlistet«, sagte Trent, und die Sorge in seiner Stimme war deutlich zu hören. Ich nahm nicht an, dass es Angst um sich selbst war. Ich glaube, dass er wirklich besorgt war, dass sein Freund aus Kindertagen am Leben war und von einem Dämon in seinem eigenen Kopf gefangen gehalten wurde.

AI setzte seine Sonnenbril e wieder auf. »Ja, ich habe das bessere Geschäft gemacht bei diesem Handel. Aber ich befolge die Abmachung buchstabengetreu. Er wol te raus.

Ich habe ihm seine Freiheit gegeben. Sozusagen.«

»Lee«, sagte Trent und trat ein wenig vor. »Kämpf dagegen an!«

AI lachte, und ich zog Trent wieder zurück. »Lee ist weg«, sagte ich. Mir war übel. »Vergiss ihn.«

»Ja, hör auf die Hexe.« AI tupfte sich mit einem eleganten Tuch, das er aus der Tasche zog, den Augenwinkel. Er benutzte nicht das Jenseits. Die Sonnenbril e war auch in einer Tasche gewesen. Seine Fähigkeiten waren auf Lees Fähigkeiten begrenzt. Das passte zu dem, was Ceri darüber gesagt hatte, dass Dämonen nicht mächtiger waren als Hexen, wenn man von mehreren Jahrtausenden in sich gespeicherter Zauber und Flüche absah. Wenn er wirklich in Lees Körper war, dann war er auf das beschränkt, was Lee tun konnte, bis er sich wieder zurück in die Al macht kochte.

Sehr teuer. Normalerweise unmöglich. Al das deutete auf eine Person hin. Eine irre Person. »Newt hat das gemacht, oder nicht?«

Jenks fluchte leise, und AI wirbelte herum. Seine Wut sah auf Lees Gesicht völ ig falsch aus. »Du wirst enervierend scharfsichtig«, sagte er. »Ich hätte es auch selbst herausfinden können.«

»Warum hast du das dann nicht getan?«, fragte ich, und Angst ließ mich al e Muskeln anspannen. »Du kannst keinen Fluch winden, der komplex genug ist, um gegen die Sonne anzukommen. Du bist ein Stümper«, stichelte ich. Jenks'

Flügel summten.

»Rachel, halt die Klappe«, flehte er, als AI rot anlief. Aber ich drängte weiter, weil ich wissen wol te, warum er hier war.

Mein Leben konnte davon abhängen.

»Du musstest einen Fluch von ihr kaufen«, stichelte ich.

»Wie viel hat er gekostet, AI? Was wil st du, wozu du zu dumm bist, um es auch al ein zu kriegen?«

Er starrte mich durch die wabernden Schichten meines Schutzkreises hindurch an, und ich unterdrückte ein Zittern.

»Dich«, sagte der Dämon, und mir wurde eiskalt. »Wenn er mir eine Chance auf dich verschafft, dann ist er meine unsterbliche Seele wert«, intonierte er. Seine Stimme durchschnitt mich und ließ einen schlechten Geschmack in meinem Mund zurück.

Ich weigerte mich zurückzuweichen, sondern war wie betäubt. Ich atmete ein paarmal ein und aus, und Quens Anwesenheit war plötzlich deutlicher zu spüren. »Das kannst du nicht«, sagte ich mit zittriger Stimme. »Du hast einen Vertrag geschlossen. Du oder deine Vertreter können mich auf dieser Seite der Linien nicht verletzen. Lee weiß das. Er würde niemals zustimmen.«

Als Lächeln wurde breiter, und als er gut gelaunt die Spitze seiner feinen Schuhe auf den Asphalt tippte, sah ich, dass er Spitze an seinen Socken hatte. »Weswegen ich ihn in dem Moment, bevor du stirbst, befreien werde, sodass eigentlich er es ist, der es tut. Er hat genug eigene Gründe, dir den Tod zu wünschen, also wird die Vertreterklausel keine Rol e spielen. Aber dich zu töten, ist das Letzte, was ich wil .« Er schaute an mir vorbei auf den Turm der Basilika, der in den Himmel ragte. »In dem Moment, wo ich Lee verlasse, bin ich anfäl ig gegenüber Anrufungen und Ähnliches. Und sosehr ich die Herbstpartys auch vermissen werde, das hier macht viel mehr Spaß. Glaub aber nicht, dass du deswegen sicher bist.« Er schaute wieder zu mir, und ich erschauderte, als ich die Fremdheit sah, die sich hinter den normalen braunen Augen verbarg. »Ich kann dich durch eine gewaltige Menge Schmerz am Leben halten.«

Ich schluckte. »Jau, und du kannst nicht nebelig werden, um meinen Fuß in deinem Schritt zu vermeiden.«

AI legte den Kopf zur Seite und trat einen Schritt zurück.

»Auch wahr.«

»Wer ist Newt?«, fragte Trent und erinnerte mich so daran, dass ich nicht al ein war. Trotzdem zuckte ich zusammen, als er meinen El bogen berührte. »Morgan. Ich wil jetzt sofort wissen, ob du Dämonologie praktizierst!«

Jenks schoss von meiner Schulter, und auf seinem winzigen Gesicht stand Wut. »Rachel ist keine Praktizierende«, sagte er erregt und hatte kein Problem damit, Quens Bemühungen zu umgehen, ihn von Trent fernzuhalten. Quen ließ seine Hand sinken und schien erst jetzt zu begreifen, wie gefährlich ein kleines fliegendes Wesen mit einem Schwert sein konnte.

Trents Blick war immer noch auf mich gerichtet, weil er darauf vertraute, dass Jenks ihn nicht verletzen würde. Seine Frage hatte unerschütterlich nach einer Antwort verlangt.

Darunter lag Angst, aber stärker als diese war die Wut darüber, dass ich mit Dämonen herumpfuschte. Meine Augen glitten wieder zu AI. »Newt ist ein sehr alter, verrückter Dämon. Ich habe von ihr einen Transport nach Hause gekauft, als dein Freund mich im Jenseits ausgesetzt hat.«

»Ihr?«, stammelte Trent, und Panik stieg in seine grünen Augen. »Es gibt keine weiblichen Dämonen mehr. Wir haben die letzten getötet, bevor wir das Jenseits verlassen haben.«

»Naja, eine habt ihr wohl übersehen«, sagte ich, aber Trent hörte nicht zu, weil Quen ihn zur Seite gezogen hatte. Der ältere Elf war sehr aufgewühlt, und ich fragte mich, was ihn so beschäftigte. AI? In meinem Schutzkreis gefangen zu sein? Die Bedrohung durch Jenks? Dass El asbeths Hochzeit von einem Dämon gestört wurde? Al es davon?

Aber dann verlangte meine eigene Angst wieder Aufmerksamkeit. Ich hatte vor ein paar Tagen Newt aus meinen Gedanken gestoßen. Sie hat nach dem Fokus gesucht. Scheiße. Was, wenn AI ihn wil , um seine neue Schuld bei ihr zu begleichen? Er hatte gesagt, dass der Fluch für diese Aktion teuer gewesen war. War er derjenige, der die Werwölfe tötete, in dem Versuch, ihn zu finden?

»Warum bist du wirklich hier?«, hauchte ich. Wenn er hinter dem Fokus her war, gab es nicht viel, was ich tun konnte, um ihn aufzuhalten - wenn er erst einmal herausgefunden hatte, dass er in meinem Besitz war.

Meine Frage schien AI zu entzücken, und er lächelte einfältig, während er seine Manschettenknöpfe zurechtrückte. »Ich bin wegen der Hochzeit meines besten Freundes hier. Ich hätte gedacht, das wäre offensichtlich.«

Verdammt. Es war der Fokus. Ich musste Minias rufen. Mir war es lieber, wenn ich dafür wenigstens ein Mal loswurde, statt daran festzuhalten, bis der Schulhofschläger ihn mir abnahm und ich leer ausging. Aber wenn AI ihn bekam, wäre der Fokus auf der Straße, sobald die Sonne unterging, verkauft an den Höchstbietenden, und wir blieben dank mir mit einem Inderlander-Krieg um die Macht zurück.

Mein Puls raste, aber in diesem Schutzkreis rumzustehen, half irgendwie niemandem. »Bereit, Jenks?«, fragte ich, und der Pixie ließ sich fal en, um neben mir zu schweben. Er nickte mit angespanntem Gesicht. Sein Griff an seinem Schwert war fest. Ich verengte die Augen, streckte die Hand aus und brach den Schutzkreis.

Quen reagierte sofort und riss Trent hinter sich.

»Morgan!«, brül te er, und ich wirbelte zu ihm herum.

»Entspann dich«, schnauzte ich und ließ damit ein wenig Anspannung ab. »Er wird nichts unternehmen. Er ist für die Hochzeit hier.« Ich warf einen schnel en Blick zu AI, der unglaublich gefasst wirkte und immer noch an genau derselben Stel e stand. »Wenn AI uns umbringen wol te, wären wir schon seit einer Woche unter der Erde. Er war hier, seitdem die Einladung in Lees Briefkasten gelandet ist.« Mit wild schlagendem Herz drehte ich mich zu AI um. »Habe ich recht?«

Der Dämon nickte, die Augen hinter der Sonnenbril e verborgen.

»Er ist harmlos«, fuhr ich fort, mindestens genauso sehr, um mich selbst zu überzeugen, wie Trent und Quen. »Naja, viel eicht einfach weniger tödlich. Wenn er in Lees Körper steckt, hat er keinen Zugang zu den Flüchen, die er in den letzten Jahrtausenden in sich gespeichert hat. Er ist nur so gut, wie Lee es ist. . war. Zumindest, bis er einige Zeit in der Küche verbracht hat. Und er wird den Regeln unserer Gesel schaft folgen, oder er landet im Gefängnis, und das wäre nicht witzig.« Ich zwang meinen Kiefer, sich zu entspannen, und zog die Augenbrauen hoch, wobei ich mir wieder einmal wünschte, ich könnte es auch mit einer einzelnen. »Wäre es das?«

AI neigte den Kopf. Quen sprang ihn fast an, stoppte aber seine Bewegung noch abrupt. »Wie schnel du lernst«, sagte der Dämon und zog bei Quens Misstrauen eine Grimasse.

»Wir müssen uns beim Abendessen nebeneinandersetzen.

Wir haben ja so viel zu besprechen.«

»Fahr zur Höl e«, sagte ich leise. Das war ein beschissener Geburtstag, trotz der Vierzigtausend.

»Nicht, bis ich dich töte, und auch wenn ich es tun werde, heute wird es nicht passieren. Ich mag eure gelbe Sonne.« Er zog seinen Ärmel hoch und schaute auf die Uhr. »Ich sehe euch drinnen. Ich freue mich ja so sehr auf deine liebe Zukünftige, Trenton. Meine Glückwünsche. Es ist eine Ehre, neben dir stehen zu dürfen.« Sein Lächeln wurde noch breiter und zeigte perfekte, blendend weiße Zähne. »Es passt«, schob er gedehnt hinterher.

Mir wurde kalt, als ich mich an Ceri erinnerte. Oh Mann. .

ich musste sie anrufen. AI war los.

Mit schwungvol en Schritten ging AI die Stufen zur Tür hinauf und bewunderte dabei geräuschvol die Architektur und die verschiedenen Details der Kirche. Seine Körpersprache wirkte in Lees Körper völ ig falsch. Mit der Stärke der Kraftlinie, die in mir summte, fühlte ich mich, als musste ich mich jeden Moment übergeben.

»Quen«, sagte Trent, offensichtlich beunruhigt. »Er kann da nicht reingehen, oder?«

Ich zog mein Handy aus der Tasche und steckte es wieder weg, da Keasley kein Telefon hatte und Ivy nicht zu Hause war, um ihnen eine Nachricht zu überbringen.

»Kann er«, sagte ich, weil ich mich daran erinnerte, wie Newt mich kontrol iert hatte, während ich auf geheiligtem Boden stand. »Außerdem sind nur die Empore und der Altar geweiht, erinnerst du dich?« Die Basilika war seit dem Wandel nicht mehr vol ständig geweiht, um Cincys wichtigeren Bewohnern zu erlauben, an den kleinen Zeremonien des Lebens teilzuhaben. Die Altäre waren immer noch geheiligt, nur nicht der Eingangsbereich und die Bänke.

Wir al e beobachteten, wie AI die Tür öffnete. Er drehte sich um, winkte uns zu und trat dann über die Schwel e. Die Tür schloss sich hinter ihm. Ich wartete darauf, dass etwas passierte. Es passierte nichts.

»Das ist nicht gut«, sagte Quen.

Ich schluckte ein Lachen herunter, weil ich genau wuss-te, dass es hysterisch klingen würde. »Wir. . ahm, wir sol ten besser da reingehen, bevor er El asbeth etwas antut«, sagte ich und fragte mich, ob wir viel eicht vorher noch ein Bier trinken gehen konnten. Oder auch mehrere. Auf den Bahamas.

Trent setzte sich knapp vor Quen in Bewegung. Jenks landete wieder auf meiner Schulter, und ich schloss mich ihnen an. Trent senkte für einen Moment den Kopf und schaute mich dann an. »Du bist keine Praktizierende der Dämonenmagie?«, fragte er, als wir die erste Stufen hinaufgingen.

Ich legte eine Hand auf meinen Magen und fragte mich, ob der Tag irgendwie noch schlimmer werden konnte. »Nein, aber sie scheinen mich zu praktizieren.«

23

Die vierundzwanzigköpfige Band, die El asbeth angeheuert hatte, machte eine Pause und ließ nur eine einzelne klassische Gitarre zurück, die einen angenehmen Hintergrund zu den selbstverliebten Gesprächen am anderen Ende des langen Tisches bildete. Ich saß schon lange nicht mehr gerade, sondern mit einem El bogen auf dem makel osen Leinentischtuch, rol te mein Weinglas in der Hand hin und her und fragte mich, ob ich Trent die Vierzigtausend auch in Rechnung stel en konnte, wenn AI nichts tat.

Das Dinner zur Hochzeitsprobe war völ ig übertrieben gewesen. Ich hätte eine Woche von dem leben können, was mir vorgesetzt worden war, und die Verschwendung störte mich. Aber das verblasste im Vergleich zu meinen Qualen während der Tischgespräche.

El asbeth hatte mich, Quen und AI so weit von sich weggesetzt, wie es nur möglich gewesen war. Ich war mir sicher, dass sie uns in einen anderen Raum verbannt hätte, wenn sie irgendwie damit hätte durchkommen können.

AI hatte seinen Platz aus Angst bekommen, ich aus purer Bösartigkeit und Quen, um auf uns beide aufzupassen.

Al e an unserem Ende des Tisches waren schon lange weg.

Der Rest der Party, der aus dem Ringträger und seinen Eltern, den drei Blumenmädchen und ihrer Verwandtschaft, den Platzanweisern und der Frau, die singen würde, bestand, hatte sich in einem kriecherischen Kreis um El asbeth versammelt. Trent saß neben ihr und sah müde aus.

Viel eicht hätte er sich ein wenig mehr für die Hochzeitsvorbereitungen interessieren und sicherstel en sol en, dass auch ein paar seiner Freunde eingeladen wurden, um ein Gegengewicht zu El asbeths zu bilden. Aber viel eicht hatte er ja keine Freunde.

Im Moment war Als Stuhl leer, weil er sich entschuldigt hatte, um mal für kleine Dämonen zu gehen. Quen war mit ihm gegangen, und ich hatte nichts zu tun, bis sie wiederkamen. Ich dachte darüber nach, dass al ein die Vorstel ung eines Dämons auf dem Töpfchen seltsam war, und fragte mich, ob AI ein lebendes Wesen war, das daran gewöhnt war, oder ob das Klo zu benutzen für ihn eine neue aufregende Erfahrung war.

Jenks hatte den Abend in dem Versuch, Mrs. Withon aus dem Weg zu gehen, im Kronleuchter verbracht. Ich ertappte mich bei der Hoffnung, er würde El asbeth pixen, damit wir endlich gehen könnten. Müde hob ich mein Glas und nippte an meinem Wein. Ich würde es morgen bereuen, aber verdammt noch mal, es war einer der besten Rotweine, die ich je gekostet hatte. Ich hätte mir ja das Etikett angeschaut, aber es war klar, dass ich ihn mir niemals würde leisten können, mal ganz abgesehen von meiner Al ergie.

Mein Blick wanderte zu El asbeth, und ich überlegte kurz, ob sie von meiner Al ergie wusste und den Wein absichtlich aufgefahren hatte. Als ob sie meine Augen auf sich fühlen könnte, drehte sie sich in dem Moment zu mir um, während sie gleichzeitig weiter mit ihren Freunden schwätzte.

Dann entglitt ihr Gesicht für einen Moment, als Als Stimme im Flur zu hören war. Der Dämon in Lees Körper kam lachend herein, gefolgt von der Band, und ich machte mir Sorgen, bis ich Quen neben ihm sah. Aus dem Kronleuchter erklang das leise Zirpen von Jenks' Flügeln, das mir sagte, dass er die beiden auch gesehen hatte.

Quen fing meinen Blick ein, und ich entspannte mich, nippte noch mal an meinem Wein und stel te ihn dann außerhalb meiner Reichweite ab.

Es hatte mich überrascht, wie einfach es war, mit dem Elf zusammenzuarbeiten. Wir ergänzten uns gegenseitig und hatten schnel eine gemeinsame Körpersprache gefunden, etwas, was normalerweise ein paar Aufträge lang dauerte.

Ich war mir nicht sicher, ob das wirklich gut war.

Die Bandmitglieder richteten sich wieder auf ihren Plätzen ein und übernahmen den letzten Ton der Gitarre mühelos als ersten Ton für sanften Vierziger-Jahre-Jazz. Ich klatschte zusammen mit al en anderen, als eine Frau in einem pail ettenbesetzten Kleid anfing, »What's New?« zu singen.

Dann ließ ich mich in meinem Stuhl zurücksinken, nur um zusammenzuschrecken, als plötzlich eine Hand auf meiner Stuhl ehne landete.

Völ ig überrumpelt wirbelte ich herum und meine Panik verwandelte sich in Selbsthass. Es war Lee, oder vielmehr AI, und seine normal aussehenden Augen blitzten amüsiert.

Mein Puls ging immer noch schnel , als ich einen Blick zu Quen warf. Der ältere Mann lächelte mich nur an und genoss es anscheinend, dass ich überrascht worden war.

»Was wil st du?«, fragte ich und schob Als Hand von meiner Stuhl ehne.

Seine Augen wanderten zu der kleinen Tanzfläche, auf der sich gerade auch Trent und El asbeth bewegten. Sie tanzten.

Ich würde die ganze Nacht hier verbringen.

Mit einem Lächeln wie. . naja, ein Dämon machte AI eine Geste, die mich zum Tanz aufforderte. Ich keuchte und überschlug die Beine. »Genau.« Auf keinen Fal würde ich mit AI tanzen.

Lees gut aussehendes asiatisches Gesicht verzog sich zu einem breiten Lächeln. »Hast du was Besseres zu tun? Ich habe einen Vorschlag zu machen in Bezug auf dieses hässliche Mal, das du trägst.«

Mein Herz schlug einmal heftig und beruhigte sich dann wieder. Al erdings konnte ich spüren, wie sich jeder meiner Muskeln anspannte. Dämonenmale loswerden stand wirklich hoch oben auf meiner To-do-Liste. Aber ich war mir absolut sicher, dass was auch immer er vorhatte, nicht gut für mich sein würde.

Trotzdem, hier mit AI zu reden, war besser, als es auf der Busfahrt nach Hause zu tun, oder in meiner Küche, oder in meinem Schlafzimmer, fal s er sich entschloss, mir zu folgen.

Ich schaute kurz zu Jenks im Kronleuchter, und der Pixie zuckte mit den Schultern. Seine Flügel zeigten ein dumpfes Orange. »Warum zur Höl e eigentlich nicht«, murmelte ich und stand auf.

»Das ist die richtige Einstel ung!« AI ließ sich einen Schritt zurückfal en und bot mir elegant den Arm.

Ich dachte kurz an meine Splat Gun, ließ sie aber dann in der Tasche unter dem Tisch. Kein Bedarf, sie in Als Reichweite zu bringen.

»Jenks ist da oben«, sagte ich und schob mich an AI vorbei, um ohne seine Hilfe auf die Tanzfläche zu kommen.

»Mach eine falsche Bewegung und er pixt dich!«

»Oh, ich zittere in meinen seidenen Boxershorts«, spottete AI.

»Du bist noch nie gepixt worden«, antwortete ich, und er runzelte die Stirn, was mich glauben ließ, dass meine Vermutung, dass er sich nicht in Nebel verwandeln konnte, um Schmerzen und Unbehagen zu entgehen, wohl zutraf.

Dann standen meine Füße auf dem Parkettboden. AI streckte die Hand aus und wartete darauf, dass ich sie ergriff.

Plötzlich wurde mir klar, dass ich einem Dämon direkt gegenüberstand - und er tanzen wol te. Oo-kay, dachte ich, und auch, dass mein Leben kaum noch riskanter werden konnte. AI seufzte ungeduldig, und ich ließ meine Hand in seine gleiten. Die weiße Baumwol e seines Handschuhs war weich, und ich unterdrückte ein Schaudern, als seine andere Hand an meine Hüfte glitt. Fal s er versuchen sol te, den Abstand zwischen uns zu verkleinern, würde ich ihn verdreschen.

»So«, sagte er, als ich ihn leicht mit meiner Hand berührte und er uns in Bewegung setzte. »Ist das nicht nett? Ceri hat sehr gut getanzt. Das vermisse ich.«

Nett? Es war so nervenaufreibend wie nur irgendwas. Mein Puls raste, und ich war froh, dass er Handschuhe trug, nicht nur weil ich ihn nicht berühren wol te, sondern weil ich auch anfing zu schwitzen.

Er hatte al erdings etwas darüber gesagt, mein Mal loszuwerden, also würde ich zuhören. »Was. .«, krächzte ich und räusperte mich dann peinlich berührt. »Was wil st du?«

»Das ist eine seltene Gelegenheit«, sagte AI und lächelte mich mit Lees schönem Mund an. »Wie oft habe ich schon die Chance, mit ihrer Retterin zu tanzen, inmitten des Glanzes von Elfen?«

Jetzt war es an mir, ungeduldig zu seufzen. Zumindest sagte ich mir, dass es Ungeduld war. Tatsächlich war es mehr, dass mir langsam ein wenig schwummrig wurde, weil ich nicht atmete. »Ich bin nur aus einem Grund hier«, sagte ich und bewegte mich steif mit ihm im Takt der Musik. »Und wenn du nicht langsam anfängst zu reden, gehe ich wieder zurück und ordne weiter Zuckertütchen.«

Als Hand griff fester zu, und er verlagerte mein Gewicht.

Ich schwankte, als er mich zur schwungvol en Musik in eine Drehung lenkte. Angespannt und keuchend knal te ich gegen ihn, als er mich zurückriss. Ein Hauch von Bernstein stieg mir in die Nase. Ich presste gegen ihn, aber er hielt mich nah an sich. Mit weit aufgerissenen Augen spannte ich mich an, um ihm auf den Fuß zu trampeln, aber meine Muskeln verloren jede Kraft, als er flüsterte: »Ich weiß, dass du den Fokus hast.«

Sein Atem bewegte meine Haare, und als ich dieses Mal gegen ihn ankämpfte, ließ er mich los. Ich brachte wieder Abstand zwischen uns, aber der Druck seiner Hand um meine ließ nicht nach, und ich legte ihm meine andere Hand wieder auf die Hüfte, weil ich mir der Leute bewusst war, die uns beobachteten.

»Ich kann ihn an dir riechen«, murmelte er.

»Dämonenmagie, älter als du, älter als ich. Sie hat deine Hand gezeichnet, als du ihn an dich genommen hast. Sie wird al es besudeln, was du berührst, und eine Spur hinterlassen, die ein Wissender verfolgen kann wie Fußabdrücke im Schnee.«

Ich schluckte und bewegte mich hölzern zu der langsamen Jazzmusik. »Ich werde ihn dir nicht geben«, erklärte ich, fast ohne zu atmen. Wenn ich es täte, wäre der Fokus bei Sonnenaufgang schon auf der Straße zu haben. »Wenn du mich tötest, kündigst du deine Miete in Lees Körper und musst zurück. Wenn du mich verletzt, wird Newt dich in eine Flasche stopfen. Lass mich los.«

AI strahlte süßlichen Charme aus, und seine ganze Haltung sah völ ig falsch aus in Lees Körper. »Ja. Lass es uns tun«, sagte er, seine Stimme dünn und abgelenkt. »Lass uns Newt rufen. Sie wird genau hier auftauchen und mich in eine Flasche stopfen. Das würde dir gefal en, oder?«

Ich kämpfte darum, nicht meine Finger aus seinem Griff zu winden, aber ich wusste, dass er meinen Bluff nicht auffliegen lassen würde. Er hatte auch Angst vor ihr.

Außerdem wusste ich nicht, wie ich sie rufen sol te. Ich müsste über Minias gehen, und ich wusste, dass er nicht zustimmen würde, egal ob er mir einen Gefal en schuldete oder nicht.

»Ich wil etwas«, flüsterte AI und schaute mir in die Augen.

»Und ich werde dich gut dafür bezahlen, aber es ist nicht der Fokus. Würde dir das nicht gefal en? Frei zu sein von meinem Mal? Frei zu sein von mir?«

Ich starrte ihn an, während wir weiter tanzten. Er wol te etwas von mir? Nicht den Fokus? Ich verschob meine Hand auf seine Schulter. Mein unkonzentrierter Blick auf El as-beth und Trent glitt ab, als AI uns herumdrehte. Ich fühlte mich unverbunden und außer Atem. AI lehnte sich vor und ich tat nichts. Ich war wie betäubt.

»Ich wil nicht den Fokus«, hauchte er, »aber nachdem du es erwähnt hast, du steckst ein wenig in Schwierigkeiten.« Er zögerte und kam noch näher. »Und da kann ich dir helfen.«

Aus meinen Gedanken gerissen, zog ich mich zurück.

Seine Hände packten mich fester, und in seinen Augen stand eine Warnung zu bleiben, wo ich war. »Ich glaube nicht, dass du es noch viel länger geheim halten kannst«, ermahnte er mich. »Und du bist nicht stark genug, um ihn zu halten, wenn die Welt einmal weiß, dass du ihn hast. Was tust du dann, dummes Mädchen?«

»Nenn mich nicht so«, sagte ich, und dann wurde mir kalt, als ich das Puzzle zusammensetzte. Er wol te nicht, dass irgendjemand wusste, dass ich ihn hatte. Verdammt. Er war derjenige, der die Werwölfe tötete.

Alarmiert riss ich die Augen auf und verdrehte meine Hand, woraufhin er seinen Griff verstärkte, bis es wehtat.

»Du tötest Werwölfe, um geheim zu halten, dass ich ihn habe?«, fragte ich, und meine Tanzbewegungen wurden noch steifer und ungelenker. »Du hast Mr. Rays Sekretärin und Mrs. Sarongs Buchhalter getötet, um sie abzuschrecken?«

AI warf den Kopf zurück und lachte. Al e Augen waren auf uns gerichtet, aber es war wie in der Highschool, wo der Footbal -Star mit al em durchkommt. Niemand griff ein, weil sie al e Angst hatten.

»Nein«, sagte AI und verbreitete Selbstbewusstsein, während er sich in der Macht suhlte, die er hatte, einfach weil er der war, der er war. »Ich töte sie nicht, um dich zu schützen. Das ist entzückend. Ich weiß al erdings, wer sie tötet. Fal s sie den Fokus finden sol ten, hätten sie keinerlei Skrupel, auch dich dafür zu töten. Und das würde mich wirklich auf die Palme bringen.«

Mein erster Impuls, von ihm wegzukommen, verschwand.

»Du weißt, wer die Werwölfe tötet?«

Er nickte, während er sich zur Musik bewegte. Sein schwarzer Pony war ihm über die Augen gefal en, und ich merkte, dass ihn das störte, aber er ließ mich nicht los. Ich hatte das Gefühl, dass er Lees Haare nicht besonders mochte, und ich fragte mich, wie lange es wohl noch dauern würde, bevor er eine Weile in der Küche verbrachte, um mit einem Fluch sein Aussehen zu ändern.

»Wil st du wissen, wer?«, fragte er und warf den Kopf zurück, um freie Sicht zu bekommen. »Ich werde es dir sagen. Für eine Stunde deiner Zeit.«

Erst mein Mal und jetzt der Name des Mörders?

»Eine Stunde meiner Zeit.« Ich stel te mir vor, wie diese Stunde wohl aussehen würde. »Danke, aber nein«, sagte ich trocken. »Ich finde es schon al eine heraus.«

»Rechtzeitig, um den nächsten Tod zu verhindern?«, spöttelte er. »Ist ein Leben nicht sechzig Minuten deiner Zeit wert?«

Ich verspannte mich und schaute ihn böse an. »Deswegen werde ich mich nicht schuldig fühlen«, erklärte ich. »Und was kümmert es dich?«

»Es könnte jemand sein, der dir nahesteht«, höhnte er, und Angst breitete sich in mir aus, während die Musik wechselte und die Sängerin mit »Crazy He Cal s Me« einsetzte. Ich konnte nicht denken, als die Musik lauter wurde, und ich bewegte mich widerstandslos, als AI uns von Trent wegtanzte, der offensichtlich versuchte, unsere Unterhaltung zu belauschen.

»Ich brauche einen Gefal en von dir«, sagte AI. Seine Lippen bewegten sich kaum, und in seiner Stimme hörte ich tiefe Betretenheit. »Tu diese eine Sache für mich, und ich nehme dir den Fokus von der Seele. Du musst niemals die Kriege oder die Seuchen sehen.« Er lächelte und mir wurde schlecht. »Es ist ganz einfach.«

Ein goldenes Zeitalter, das so lange dauern würde, wie ich am Leben war. Genau. Sobald er ihn hatte, würde er mich töten. Mit Ceris Hilfe würde es mir viel eicht gelingen, einen unangreifbaren Vertrag zu schließen, der mich selbst am Leben erhalten könnte, aber wahrscheinlich war das eine falsche Hoffnung. Dieser Gedanke tat mir weh. Ich wol te so sehr eine einfache Antwort.

Mir gelang es, zu schlucken, während ich mit dem Dämonen meiner zukünftigen Vergangenheit tanzte.

Er sagte, er wol te den Fokus nicht, aber er würde ihn als Gefal en nehmen? Ich bewegte mich hölzern, während ich nachdachte. Irgendetwas stimmte nicht. Mir entging etwas.

AI behauptete, es gefiele ihm hier, aber ich konnte sehen, dass ihn der Verlust seiner Al macht ärgerte.

Es musste einen Grund geben, warum er sich zu diesem Machtverlust herabließ, und ich ging nicht davon aus, dass es etwas mit dem Wunsch nach Sonnenbräune zu tun hatte.

Er wol te diesen Gefal en. Von mir.

Ich schaute ihn direkt an und drückte seine Hand, bis es ihm auffiel. »Was verschweigst du mir, AI?«

Der Dämon zog eine Grimasse.

Ich hob die Augenbrauen und zog eine vielsagende Miene. »Du bist nicht grundlos hier, und der Grund bin nicht ich. So ein Ärgernis bin ich nicht, und nichts hält dich davon ab mich davonzuschleppen. .«

Mein Satz endete abrupt, als mir ein Gedanke kam. Warum hatte er mich noch nicht weggeschleppt? Ich verzog die Lippen zu einem Lächeln und richtete dieses Lächeln dann auf den unsicheren Dämon. »Du steckst in Schwierigkeiten, richtig?«, riet ich und wusste, dass ich recht hatte, als sein geschmeidiger Schritt kurz holperte. »Du steckst in der Scheiße, und du versteckst dich auf dieser Seite der Linien, weil sie dich nicht zurückholen können, solange du von Lee Besitz ergriffen hast.«

»Sei nicht so hirnverbrannt«, antwortete AI, aber er schwitzte. Ich konnte einen Tropfen auf seiner Schläfe sehen, und die Hand um meine wurde trotz Handschuh langsam feucht. »Ich bin hier, um dich zu töten. Langsam.«

»Dann tu es«, sagte ich mutig. »Wenn du es tust, bist du zurück im Jenseits. Du lädst dir eine Menge Schulden auf, um hierzubleiben, während die Sonne am Himmel steht. Und der Einzige, der es weiß, ist ein verrückter Dämon, der dich wahrscheinlich bereits vergessen hat.« AI runzelte die Stirn.

Ich wusste, dass ich mein Glück auf die Probe stel te, aber ich fragte: »Was hast du getan? Vergessen, ein Buch in die Bibliothek zurückzubringen?«

Schmerz durchschoss meine Hand, und ich versuchte, mich ihm zu entwinden.

»Es ist dein Fehler«, fauchte AI, und der Hass in seinen Augen stoppte jeden Protest von mir. »Newt hat herausgefunden, dass Ceri unter der gelben Sonne wandelt mit dem Wissen, wie man Kraftlinienenergie speichert, und nachdem Ceri mein Vertrauter war, bin ich der Verantwortliche.«

»Lass mich los«, sagte ich und drehte meine Finger.

»Wenn ich zurückgehe, werden sie mich zur Verantwortung ziehen«, sagte er finster und drückte noch fester zu.

»Du tust mir weh! Lass mich los, oder ich trete dich in die Eier!«

Als Griff lockerte sich. Ich zog meine Hand weg und stand mit wütendem Gesichtsausdruck fast einen Meter vor ihm, während die Band weiterspielte, die Stimme der Sängerin aber unsicher wurde. Für einen Moment starrten wir uns nur an. Dann schnappte er sich meine Hand und setzte uns wieder in Bewegung.

»Vergib mir«, meinte er, ohne auch nur im Geringsten entschuldigend zu klingen. »Ich bin verständlicherweise erregt. Ich war noch nie in einer solchen Position.« Er kniff die Augen zusammen. »Sie wissen nicht, dass du dasselbe weißt, und es ist in deinem besten Interesse, den Mund zu halten. Aber du warst dabei, als sie und ich den Handel geschlossen haben, dass sie schweigen wird, bis auf ein Kind.

Du weißt, dass der Schaden begrenzt ist!«

Mein Puls ging schnel , aber seine Berührung war wieder ohne Druck. Das Lied endete und ging übergangslos in

»Don't Stand a Ghost of a Chance« über, das um einiges langsamer war. Das passte. Ich zog meine Augenbrauen hoch und musterte ihn wachsam. »Du wil st, dass ich deine Geschichte untermauere?«, fragte ich bissig. »Sie vertrauen dir nicht. Wieso sol te ich?«

Sorge huschte über sein Gesicht, und bevor ich etwas tun konnte, zog er mich nah an sich. Ich keuchte auf und verlor mein gesamtes Draufgängertum, als sich eiskalte Angst in mir ausbreitete.

»Oh«, zischte AI drohend, und sein Atem ließ Strähnen an meinem Kopf wehen, »du musst nicht gleich bösartig werden.« Er presste mich an sich, und seine schwere Hand landete in meinem Nacken.

Adrenalin schoss in meine Adern. Ich spielte mit einem Tiger. Ich verhöhnte einen verdammten Dämon!

Hinter mir spielte die Band weiter, wenn auch wackelig. AI sah meine Angst und verzog seine Lippen zu einem hässlichen Grinsen. Er lehnte sich über mich, beugte den Kopf und flüsterte: »Es muss nicht so sein. .«

Seine Hand liebkoste meinen Nacken, und ich holte tief Luft. Heißes Verlangen durchschoss mich, sprang von Zel e zu Zel e und bahnte sich einen Weg in mein Innerstes. Meine Knie wurden weich, aber ich blieb aufrecht, weil er mich hielt.

Er spielte mit meiner Narbe, und er konnte es wirklich, wirklich gut.

Mein nächster Atemzug war ein raues Rasseln. Ich konnte nicht denken, es fühlte sich so gut an.

Als Atem vermischte sich mit meinem, und ich sog unser beider Luft in meine Lungen. Der Geruch von verbranntem Bernstein verband sich mit dem wunderbaren Gefühl, das er auslöste, und schweißte beides für immer zusammen.

»Hast du gedacht, nur Vampire könnten mit deiner Narbe spielen?«, murmelte AI, und ich zitterte, als er seinen Daumen an mir rieb. »Wir waren zuerst da. Sie sind nur unsere Schatten.«

»Hör auf«, sagte ich, während mir gleichzeitig die Augen zufielen. Mein Puls war ein schnel es Trommeln. Ich musste hier weg.

»Mmmm, so wundervol e Haut«, hauchte er, und mich schauderte. »Du hast ein bisschen mit Eitelkeitsflüchen gespielt, meine Liebe. Es steht dir.«

»Fahr. . zur Höl e«, keuchte ich.

»Komm mit mir und sag als Zeuge aus, dass Ceri zugestimmt hat, niemanden zu unterrichten außer ihrer Tochter«, hakte er nach. »Ich werde mein Mal zurücknehmen.

Ich gebe dir eine ganze Nacht davon. Hundert Eitelkeitsflüche. Was auch immer du wil st. Rachel. . wir müssen keine Widersacher sein.«

Ein winziges Stöhnen kam über meine Lippen. »Du bist noch verrückter als Newt, wenn du glaubst, dass ich dir vertrauen werde.«

»Wenn du es nicht tust«, sagte er schlicht, »töte ich dich.«

»Dann bekommst du nie, was du wil st.« Sein Griff versteifte sich. Ich fand Stärke in dem Gedanken, dass er versuchte mich zu beherrschen, und öffnete die Augen. »Lass mich los!«, verlangte ich wieder, bal te meine Hand und schob.

»Entschuldige, Lee?«, erklang Trents Stimme hinter mir.

Die Leidenschaft, die mich durchfloss, endete so abrupt, dass ich stöhnend stolperte. Es tat weh, verdammt noch mal, sie so plötzlich entrissen zu bekommen. Benommen drehte ich mich um. Auch wenn Trent ruhig und selbstbewusst aussah, konnte ich doch merken, dass er es nicht war.

Hinter ihm beobachtete ihn Quen vom Rand der Tanzfläche aus, angespannt, aber ein Stück entfernt. Es war offensichtlich, dass er nicht damit einverstanden war, dass sein Sa'han eingriff.

»Du hast Ms. Morgan lange genug mit Beschlag belegt«, erklärte Trent lächelnd. »Darf ich abklatschen?«

Als Hand glitt von meinem Nacken. Ich holte Luft und versuchte, die letzten Rest der Ekstase zu bannen, die er in mir ausgelöst hatte. Ich stolperte und fühlte mich gleichzeitig betäubt und lebendig - irreal.

»Natürlich, Trenton«, sagte der Dämon. »Ich werde mich mit der Hand deiner wunderbaren Zukünftigen trösten.«

Ich konnte nicht richtig atmen und blinzelte Trent an, als sich seine warme Hand um meine schloss. Aber Trent schaute nicht mich an.

»Pass auf, Dämon«, warnte Trent, und in seinen grünen Augen stand uralter Hass. »Wir sind nicht hilflos.«

Als Lächeln wurde breiter. »Das macht es ja so unterhaltsam.«

Ich zuckte zusammen, als AI kurz meine Schulter berührte, und verfluchte mich dann selbst dafür. »Wir bleiben in Kontakt, Rachel«, sagte er mit tiefer, kehliger Stimme und lehnte sich näher zu mir.

»Ich werde meine Pfähle anspitzen«, sagte ich und tauchte endlich aus meiner Erstarrung auf.

Seine Hand glitt von meiner Schulter, und er ging lachend von dannen, mit beschwingtem Schritt und sich seiner selbst sehr sicher.

Und die ganze Zeit spielte die Band.

Ich holte tief Luft und hob meine Augen zu Trents. Ich wusste nicht, was ich fühlen sol te. Ich war verängstigt.

Erleichtert. Dankbar. Er hätte nicht eingreifen müssen.

Eigentlich sol te ich ihn beschützen. Es war offensichtlich, dass er wissen wol te, worüber AI und ich geredet hatten, aber auf keinen Fal würde ich es ihm erzählen. Trotzdem . .

»Danke«, flüsterte ich.

Ein Lächeln glitt über seine Lippen. Er nickte dreimal im Takt der Musik und setzte uns dann in Bewegung. »Naja, es ist nicht so, als wol te ich dich heiraten.«

Meine freie Hand hob sich, während wir uns bewegten, und nach einem kurzen Zögern legte ich sie ihm leicht auf die Schulter. Trent sagte nichts, und ich begann, mich zu entspannen. Mein Puls beruhigte sich, und ich fing wieder an, die Dinge um mich herum wahrzunehmen.

Der Geruch von grünen Blättern verdrängte den Gestank nach verbranntem Bernstein, und mir fiel plötzlich auf, dass ich völ ig nachgiebig in Trents Armen hing und zuließ, dass er mich gedankenlos über die Tanzfläche führte.

Ich fing seinen Blick ein. Als er den Horror in meinen Augen sah, lachte er leise.

»Sie sind eine überraschend gute Tänzerin, Ms. Morgan«, erklärte er.

»Danke. Du ebenfal s. Hast du Kurse gemacht, oder ist das so eine Elfensache?«

Okay, viel eicht war das ein wenig scharf gewesen, aber Trent fühlte sich nicht beleidigt, sondern neigte elegant den Kopf. »Ein wenig von beidem.«

Meine Augen schossen zu El asbeth. AI hielt auf sie zu, aber die Frau hatte es bis jetzt noch nicht bemerkt, weil sie so sehr damit beschäftigt war, mich in Gedanken zu töten.

Neben ihr bemühte sich ihre Mutter, Jenks zu sich zu locken. Ihr Ehemann saß mürrisch neben ihr und hatte es offensichtlich aufgegeben, sie davon abzuhalten. Während ich hinsah, verließ Jenks seinen Platz und landete leichtfüßig vor ihr. Sogar von hier aus konnte ich sehen, dass ihm die Aufmerksamkeit peinlich war, aber er taute langsam auf.

Trent wirbelte uns herum, sodass mein Rücken zu der Gruppe war, und ich schaute ihn wieder an. »Ich kann nicht glauben, dass du ihnen nichts von Jenks gesagt hast«, meinte ich.

»Ich ging nicht davon aus, dass es eine Rol e spielen würde.«

Ich lachte leise und stel te fest, dass das mehr als al es andere dabei half, die Reste von Adrenalin aus meinem Blut zu spülen. »Deine gesamte Spezies hat jeden Kontakt mit Pixies für vierzig Jahre vermieden, und du glaubst nicht, dass es eine Rol e spielt? Ich glaube, du hattest Angst, es ihnen zu sagen.«

Trent schaute mich an. »Nein. Es war eher der Unterhaltungswert.«

Das konnte ich glauben. Er musste sich ja fast zu Tode langweilen. »Gibt es etwas an Pixies, was du magst, Trent?«

Seine Hand an meiner Hüfte griff etwas fester zu und warnte mich. »Entschuldigung?«

Ich fühlte mich bestätigt. »Ich bin nur neugierig, ob es eine Zwischenspezies-Verbindung oder irgendwas gibt, die ihr vernachlässigt. .«

»Nein.«

Das war viel zu schnel gekommen, und ich lächelte. Er mochte Pixies, aber er würde es nicht zugeben. »Es scheint nur so, als ob. .«

»Nein.«

Seine Bewegungen wurden steif, und ich gab nach, bevor er mich in Als Richtung tanzte. »Bist du bereit für Sonntag?«, fragte ich und wechselte damit das Thema. »Wow, Hochzeit in der Basilika. Ich hätte niemals gedacht, dass das passieren würde.«

»Ich auch nicht.« Seine Stimme war völ ig ausdruckslos.

»Es sol te ein ziemlich großer Tag werden.«

Ich ließ meine Augen über ihn wandern. »Ich wette, du wol test draußen heiraten, hm? Unter Bäumen im Mondenschein?«

Trents Ohren wurden rot.

»Oh, mein Gott! Das wol test du wirklich, oder?«

Sein unruhiger Blick begegnete meinem. »Es ist ihre Hochzeit, nicht meine.«

Trent aufzuziehen, war eine meiner Lieblingsbeschäftig-ungen, und nachdem ich davon ausging, dass Als Erscheinen als Ärger durchging und damit eine Gehaltserhöhung beinhaltete, zuckte ich mit den Schultern, weil ich einfach zufrieden war, dass der Tag mit Geld in meiner Tasche enden würde. »Ich glaube auch nicht, dass es ihre Hochzeit ist.«

Wir hatten uns einmal vol gedreht, und ich schaute wieder zu El asbeth. AI hatte ihre Aufmerksamkeit auf sich gezogen.

Da ich wusste, dass es Trent nicht gefiel, sie nicht im Blick zu haben, ließ ich mich drehen, bis er sie wieder sehen konnte.

Ich machte mir nicht vor, dass er sie liebte, aber offensichtlich nahm er seine Pflichten als Ehemann ernst.

»Ich bin viel eicht froh, dass ich nicht adelig bin«, murmelte ich. »Ich möchte ja nicht mit jemandem in die Kiste hüpfen, den ich nicht ausstehen kann. Regelmäßig. Und mit niemand anderem. Auü« Ich versuchte, meine Finger aus Trents Griff zu befreien, nur um zu bemerken, dass sie gefangen waren. Dann lief ich rot an, weil mir klar wurde, was ich gesagt hatte.

»Oh. . entschuldige«, stammelte ich und meinte es ernst.

»Das war sehr unsensibel.«

Trents Stirnrunzeln verwandelte sich in ein hintersinniges Schmunzeln. »In die Kiste hüpfen?«, fragte er mit den Augen auf dem Tisch hinter mir. »Du bist ein wahrer Quel von Straßenslang, Rachel. Das müssen wir unbedingt wiederholen.«

Das Lied war zu Ende, und ich fühlte, wie seine Hand aus meiner glitt. Ich warf einen Blick zu El asbeth, die angespannt dasaß und mich böse anstarrte, während AI ihr etwas ins Ohr flüsterte. Der Gedanke an die endlose Gleichgültigkeit, die Trent würde erdulden müssen, lag mir schwer auf der Seele, und ich leckte mir in einer plötzlichen Entscheidung über die Lippen. Ich fasste seine Hand fester, und Trent beäugte mich misstrauisch.

Sein Versuch, sich zu befreien, verwandelte sich in ein Führen, und wir wechselten problemlos in den Rhythmus von

»Sophisticated Lady.« Er wirbelte mich herum, und ich erhaschte einen kurzen Blick auf El asbeth, die mit fahlem Gesicht AI zuhörte. Sie war ein großes Mädchen. Sie konnte damit umgehen.

Es war offensichtlich, dass Trent meinen Wunsch weiter-zutanzen gespürt hatte, und ich fragte mich, ob er mitspielte, einfach nur um El asbeth zu nerven. Ich wurde nachdenklich, und nachdem Trent seinen eigenen Gedanken nachhing, stel te ich mir sein Leben mit ihr vor. Ich war mir sicher, dass sie schon zurechtkommen würden. Sie würden lernen, sich zu lieben. Wahrscheinlich würde es sogar nur ein paar Jahrzehnte dauern.

Mein Magen verkrampfte sich. Jetzt oder nie.

»Ahm, Trent?«, fragte ich, und er richtete seine Augen auf mich. »Ich kenne da jemanden, den ich dir vorstel en möchte.

Könntest du morgen gegen vier oder so vorbeikommen?«

Er hob die Augenbrauen, und ohne auch nur eine Ahnung, dass ich dabei war, sein Leben über al e Maßen zu verkomplizieren, schalt er mich mit den Worten: »Ms.

Morgan. Ihr Puls wird schnel er.«

Ich leckte mir über die Lippen. Meine Füße bewegten sich auf Autopilot. »Yeah. Also, kannst du das schaffen?«

Fassungslosigkeit zeigte sich in seinen grünen Augen.

»Rachel«, sagte er genervt. »Ich bin ein wenig beschäftigt.«

Das Lied war schon beim Refrain angekommen, und ich wusste, dass er nicht noch einen Tanz mit mir zulassen würde. »Die alte Karte, die du in deinem großen Raum hast, eingerahmt an der Wand?«, brach es aus mir heraus.

Das erregte seine Aufmerksamkeit, und er holte tief Luft.

»Die Tarotkarten?«

Nervös nickte ich. »Ja. Ich kenne jemanden, der aussieht wie die Person auf der Teufelskarte.«

Trents Miene wurde kalt, und seine Hand drückte schwer gegen meine Hüfte. »Die Teufelskarte. Ist das irgend so ein Deal, den du am Laufen hast?«

»Herrje, Trent«, sagte ich beleidigt. »Nicht der Teufel. Die Frau, die er wegschleppt.«

»Oh.« Jetzt blickten seine Augen ins Leere, während er darüber nachdachte. Dann runzelte er die Stirn. »Das ist wirklich geschmacklos. Selbst für dich.«

Er glaubt, das ist ein Scherz?

»Ihr Name ist Ceri«, sagte ich und fiel fast über meine eigenen Worte. »Sie war mal Als Vertraute, bevor ich sie gerettet habe. Sie wurde im Mittelalter geboren. Sie hat gerade angefangen, ihr Leben wieder auf die Reihe zu bekommen, und ist jetzt bereit, ihre Sippe zu treffen.«

Trent hielt an, und wir standen regungslos auf der Tanzfläche. Sein Blick war erschrocken.

»Und wenn du ihr wehtust«, fügte ich hinzu, als ich meine Hände von ihm zurückzog, »werde ich dich töten. Ich schwöre dir, dass ich dich jage und umbringe wie einen Hund.«

Sein Mund klappte wieder zu. »Warum erzählst du mir das?«, fragte er mit bleichem Gesicht. Der Geruch nach frischem Laub, der von ihm aufstieg, war fast aggressiv. »Ich heirate übermorgen!«

Ich stemmte die Hände in die Hüften. »Was hat denn deine Hochzeit damit zu tun?«, fragte ich, nicht überrascht, dass er zuerst und vor al em anderen an sich selbst dachte.

»Sie ist keine Zuchtstute, sie ist eine Frau mit einer eigenen Agenda. Und sosehr es dich auch überraschen mag. .«

Ich piekte ihn mit einem Finger in die Brust, ». .das beinhaltet nicht unbedingt den großen, verführerischen Trent Kalamack. Sie wil dich treffen und dir jede Probe geben, die du viel eicht brauchst. Das ist al es.«

Gefühle glitten so schnel über sein Gesicht, dass ich keines davon identifizieren konnte. Dann machte er wieder dicht, und ich erschauderte vor seiner eisigen Kontrol e.

Ohne etwas zu sagen, drehte er sich um und ging.

Ich starrte hinter ihm her und blinzelte. »Hey, heißt das, dass du nicht kommst?«

Mit steifen Bewegungen durchquerte er den Raum, um mit seinen zukünftigen Schwiegereltern zu reden. Ein deutlicher Versuch zu entkommen.

Ein Prickeln im Nacken ließ mich zu Quen schauen. Seine Augenbrauen waren fragend gehoben, und ich schaute schnel weg, bevor er beschloss rüberzukommen. Mit verschränkten Armen hielt ich auf einen Tisch am Rand zu, wo ich den Rest des Abends aussitzen konnte.

Jenks landete in einer glitzernden goldenen Kurve auf meinem Ohrring, und sein kaum spürbares Gewicht war vertraut und beruhigend. »Du hast ihm von Ceri erzählt?«, fragte er.

Ich nickte, als die Musik endete und nur noch die Sängerin in wunderschönen Kadenzen ihre Stimme erklingen ließ.

Jenks' Flügel fächelten Luft gegen meinen Hals. »Was hat er gesagt?«

Seufzend setzte ich mich und fing an, mit den Zuckerpäckchen zu spielen. »Nichts.«

Meine Füße taten weh, als ich die letzten Blocks von der Bushaltestel e zu meiner Kirche lief, und ich hielt kurz an, um mich gegen einen Ahornbaum zu lehnen und meine Schuhe auszuziehen. Ein Auto schoss zu schnel an mir vorbei, und ich starrte ihm böse hinterher und hörte die quietschenden Bremsen, als es um eine Kurve verschwand. Jenks schrie überrascht auf, als ich mich vorbeugte, um meine flachen Schuhe auszuziehen, und schoss mit klappernden Flügeln davon.

»Hey!«, schnauzte er. Pixiestaub rieselte von ihm herunter.

»Wie wär's mit einer Warnung, Hexe?«

Ich schaute hoch, »'tschuldigung«, sagte ich erschöpft.

»Du warst so stil , ich hatte völ ig vergessen, dass du da bist.«

Das Klappern seiner Flügel wurde leiser, und er kehrte auf meine Schulter zurück. »Weil ich eingeschlafen war«, gab er zu.