Wieder brachte sie mit der Kraftlinie mein Chi zum Überfließen. Meine Haut erwärmte sich, und der Bluterguss, den AI mir mit seinem Schlag verpasst hatte, pochte. Die Stromstärke, wenn man es so nennen wil , war ein wenig heftiger als normalerweise, und ich dachte bei mir, dass das wohl Ceris wenig subtile Aufforderung war, es diesmal richtig zu machen.

»Tulpa«, flüsterte ich und hörte das Wort in meinem Geist genauso wie mit meinen Ohren. Die Wortwahl war unwichtig. Wichtig war, die assoziative Verbindung zwischen dem Wort und der Handlung aufzubauen. Normalerweise benutzte man lateinische Worte, weil es so ziemlich unwahrscheinlich war, dass man das Wort aus Versehen in einem normalen Gespräch benutzte und damit den Zauber auslöste. Es war derselbe Prozess, mit dem ich auch gelernt hatte, einen Schutzkreis zu errichten. Das Wort Tulpa war nicht lateinisch - eigentlich war es überhaupt kein Wort, also wie oft würde ich es schon in einem Gespräch unterbringen können?

Diesmal floss die Energie aus der Linie schnel er in meinen geistigen Behälter und fül te ihn. Ich richtete den Blick auf Ceri und nickte ihr zu, um ihr zu zeigen, dass ich bereit war für mehr. Ihre Augen blickten im Schein der Lampe ernst, als sie das Nicken erwiderte. Ich stieß den Atem aus, und meine Sicht verschwamm, als Ceri den Fluss erhöhte und eine warme Wel e über meine Haut schwappte. »Tulpa«, flüsterte ich wieder, und mein Puls beschleunigte sich.

Die neue Energie fand die bereits vorhandene. Das zylindrische Gefäß in meinem Bewusstsein wurde größer, um sie aufzunehmen. Mein Blick wurde wieder klar, und ich nickte Ceri noch mal zu. Sie blinzelte, als ich nach mehr verlangte, aber ich würde nicht zulassen, dass AI mich mit einer zu großen Menge Energie k. o. schlagen konnte. »Mir geht es gut«, bekräftigte ich. Dann versteifte ich mich, als die aufgeschürfte Haut um mein Auge herum pulsierte, und selbst durch das Schmerzamulett ziepte wie ein Sonnenbrand. »Tulpa«, hauchte ich und fiel in mich zusammen, als die Hitze verschwand. Siehst du, sagte ich meinem erschöpften Hirn. Es ist eine Il usion. Ich stehe nicht wirklich in Flammen.

»Das ist genug«, sagte Ceri mit einem besorgten Unterton, und ich hob das Kinn wieder von der Brust. Das Feuer war aus meinen Adern verschwunden, aber ich war ausgepumpt, und meine Hände zitterten.

»Ich wil heute nicht schlafen gehen, bevor ich nicht halten kann, was er in mich gepresst hat.«

»Aber, Rachel. .«, protestierte sie, und ich hob abwehrend eine Hand.

»Er wird zurückkommen«, sagte ich. »Ich kann nicht gegen ihn kämpfen, wenn ich mich vor Schmerzen winde.«

Mit bleichem Gesicht nickte sie, und ich zuckte zusammen, als sie mehr Energie in mich zwang.

»Oh Gott«, flüsterte ich und sagte dann meinen Auslöser, bevor Ceri aufhören konnte. Dieses Mal spürte ich, wie die Energie wie Säure durch mich floss und neuen Wegen folgte, weil sie von meinem Auslöse-Wort gezogen wurde und den Weg zu meinem Gedankentank nicht nur durch Zufal fand.

Ich riss den Kopf hoch und starrte Ceri mit großen Augen an, als der Schmerz verschwand.

»Du hast es bewältigt«, sagte sie und wirkte fast verängstigt, wie sie da im Schneidersitz vor mir saß.

Ich schluckte und zog die Beine an, damit sie nicht sah, dass sie zitterten. »Yeah.«

Ohne zu blinzeln starrte sie auf die Tasse in ihrem Schoß.

»Lass es wieder los. Du musst deine Mitte wiederfinden.«

Ich stel te fest, dass ich die Arme um mich geschlungen hatte. Ich zwang mich dazu sie zu lösen, und atmete langsam aus. Die Energie loszulassen, die ich in meinem Kopf eingeschlossen hatte, klang leichter als es war. Ich hatte genug Kraft in mir, um Ivy in den nächsten Bundesstaat zu werfen. Fal s der Strom nicht zurück in mein Chi und von da aus in die Linie floss - entlang der Kanäle, die Ceri behutsam in mein Nervensystem gebrannt hatte - würde es richtig wehtun.

Ich wappnete mich, umschloss den Energietank mit meinem Wil en und drückte. Mit angehaltenem Atem wartete ich auf den Schmerz, aber die Kraftlinienenergie floss problemlos zurück in mein Chi und in die Linie. Danach zitterte ich von dem Adrenalinschock. Unglaublich erleichtert schob ich mir die Haare aus den Augen und schaute Ceri an.

Ich fühlte mich furchtbar: müde, erschöpft, verschwitzt und zitternd. Aber zufrieden.

»Du wirst besser«, sagte sie, und ich lächelte dünn.

»Danke.« Ich nahm meine Tasse und trank einen Schluck kalten Kaffee. Als Nächstes würde sie mich wahrscheinlich auffordern, die Energie selbst aus der Linie zu ziehen; aber ich war noch nicht bereit, das zu versuchen.

»Ceri«, begann ich, während meine Finger nervös auf der Tasse herumtrommelten. »Das ist nicht so schwer, wenn man bedenkt, wie viele Vorteile es hat. Wieso wissen nicht mehr Leute davon?«

Sie lächelte und wirkte im dämmrigen Licht der Lampe sehr weise. »Das tun sie - im Jenseits. Das ist das Erste -nein, das Zweite -, was ein neuer Vertrauter lernt.«

»Was ist das Erste?«, fragte ich, bevor mir aufging, dass ich es eigentlich gar nicht wissen wol te.

»Der Tod des eigenen Wil ens«, sagte sie, und mir wurde kalt, weil sie das Schreckliche so beiläufig aussprach. »Mich entkommen zu lassen mit dem Wissen, wie man sein eigener Vertrauter ist, war ein Fehler«, fuhr sie fort. »Um es zu vertuschen, würde AI mich töten.«

»Kann er es nicht?« Ich hatte plötzlich Angst, dass der Dämon es versuchen könnte.

Ceri zuckte mit den Schultern. »Viel eicht. Aber ich habe meine Seele, auch wenn sie schwarz ist. Das ist das wirklich Wichtige.«

»Wahrscheinlich.« Ich verstand ihre unbesorgte Haltung nicht ganz, aber es war ja nicht ich, die ein Mil ennium lang Als Vertraute gewesen war. »Ich wil keinen Vertrauten«, sagte ich und war froh, dass Nick so weit entfernt war, dass er nichts von al edem spüren konnte. Ich war mir sicher, dass er mich längst angerufen und sich erkundigt hätte, ob bei mir al es in Ordnung ist, wenn er nah genug gewesen wäre.

Zumindest glaubte ich das.

»Du machst gute Fortschritte.« Ceri nippte an ihrem Tee.

»AI hat mir erzählt, dass es mich drei Monate gekostet hat, so weit zu kommen, wie du jetzt bist.«

Ich sah sie schockiert an. Es war einfach nicht möglich, dass ich besser war als sie. »Du verarschst mich.«

»Ich habe gegen ihn gekämpft«, sagte sie. »Ich wol te nicht lernen, und er musste mich dazu zwingen, indem er die Abwesenheit von Schmerz als Belohnung benutzte.«

»Du hattest drei Monate lang Schmerzen?«

»Ich erinnere mich nicht. Es ist schon lange her. Ich erinnere mich nur daran, dass ich jeden Abend zu seinen Füßen saß. Er hatte seine Hand sanft auf meinem Kopf und entspannte sich, während er mir dabei zuhörte, wie ich nach dem Himmel und den Bäumen weinte.«

Mir diese wunderschöne Frau zu Algaliarepts Füßen vorzustel en, wie sie seine Berührung ertragen musste, war fast zu viel. »Es tut mir leid, Ceri«, flüsterte ich.

Sie zuckte zusammen, und offensichtlich fiel ihr jetzt erst auf, dass sie es laut ausgesprochen hatte. »Lass nicht zu, dass er dich mitnimmt«, sagte sie und blickte mich aus ihren großen Augen ernst und feierlich an. »Mich mochte er.

Obwohl er mich benutzt hat, wie sie al e ihre Vertrauten benutzen, mochte er mich. Ich war ein geschätztes Juwel, und er hat mich gut behandelt, damit ich mich nützlich machte und länger bei ihm blieb. Du dagegen. .« Sie senkte den Kopf, brach dadurch den Blickkontakt ab und zog ihren Zopf über die Schulter. »Dich wird er so schnel und hart foltern, dass du kaum Zeit findest, zu atmen. Lass nicht zu, dass er dich kriegt.«

Ich schluckte und spürte Kälte in mir aufsteigen. »Hatte ich nicht vor.«

Ihr schmales Kinn zitterte. »Du verstehst mich falsch. Wenn er dich holen kommt und du ihn nicht abwehren kannst, mach ihn wütend genug, dass er dich tötet.«

Ihre Ernsthaftigkeit traf mich tief. »Er wird nicht aufgegeben, oder?«

»Nein. Er braucht einen Vertrauten, um seinen Status nicht zu verlieren. Er wird nicht aufgeben, dich zu jagen, außer, er findet jemand Besseren. AI ist gierig und ungeduldig. Er wird das Beste nehmen, was er finden kann.«

»Also sorgen al diese Übungen nur dafür, dass ich ein attraktiveres Objekt werde?«, fragte ich verstört, und mir wurde schlecht.

Ceri verzog entschuldigend das Gesicht. »Du musst ihn davon abhalten können, dass er dich mit einer großen Dosis Kraftlinienenergie betäubt und dich in eine Linie zieht.«

Ich warf einen Blick zu den Fenstern, vor denen es langsam dunkel wurde. »Verdammt«, flüsterte ich, weil ich daran einfach nicht gedacht hatte.

»Aber dein eigener Vertrauter sein zu können, hilft dir auch im Beruf«, ergänzte Ceri. »Du hast die Kraft eines Vertrauten zur Verfügung, ohne die Verbindlichkeiten.«

»Wahrscheinlich.« Ich stel te meine Tasse ab und starrte ins Leere. Es wurde dunkel, und ich wusste, dass sie zu Hause sein wol te, bevor die Sonne unterging. »Sol ich es al ein versuchen?«, bot ich zögernd an.

Ihr Blick schoss zu meinen Händen. »Ich empfehle eine kleine Ruhepause. Du zitterst noch.«

Ich schaute auf meine Finger und war peinlich berührt, als ich sah, dass sie recht hatte. Ich schloss sie zu Fäusten und lächelte Ceri verlegen an. Sie nippte an ihrem Tee -

offensichtlich bemüht, geduldig zu bleiben, weil ich keine Kontrol e über die Situation hatte -, und ich zuckte zusammen, als sie »Consimilis calefacio« flüsterte.

Sie hatte etwas getan. Ich hatte eine Schwankung in der Linie wahrgenommen, obwohl ich momentan nicht mit ihr verbunden war. Der Blick, der meinen traf, war amüsiert. »Du hast es gespürt?«, fragte sie mit einem wunderbaren Lachen.

»Du bist deiner Linie sehr verbunden, Rachel Mariana Morgan. Sie gehört der ganzen Straße, auch wenn sie durch deinen Hinterhof läuft.«

»Was hat du gemacht?«, fragte ich, weil ich lieber nicht wissen wol te, was sie damit meinte. Sie hielt erklärend ihre Tasse hoch, und mein Lächeln wurde breiter. »Du hast es aufgewärmt«, erkannte ich, und sie nickte. Langsam verschwand mein Lächeln. »Das ist kein schwarzer Zauber, oder?«

Ceris Gesicht verlor jeden Ausdruck. »Nein. Es ist normale Kraftlinienmagie, die auf Wasser wirkt. Ich werde die Beschmutzung meiner Seele nicht noch vertiefen, Rachel. Es wird mir so schon schwer genug fal en, sie loszuwerden.«

»Aber AI hat ihn gegen David eingesetzt. Der Zauber hat ihn fast gekocht«, erwiderte ich und fühlte mich krank.

Körper bestanden hauptsächlich aus Wasser. Erhitze das, und man konnte jemanden von innen kochen. Gott, aHein daran zudenken, war krank.

»Nein«, beruhigte sie mich. »Es war anders. Dieser hier wirkt nur bei Dingen ohne Aura. Der Fluch, der stark genug ist, Auren zu durchbrechen, ist schwarz und braucht einen Tropfen Dämonenblut, um zu wirken. David hat überlebt, weil AI die Energie durch dich gezogen hat und er wusste, dass du die tödliche Menge nicht ertragen hättest - noch nicht.«

Ich dachte einen Moment darüber nach. Wenn es kein schwarzer Zauber war, hatte ich kein Problem damit. Und dass ich meinen Kaffee ohne Mikrowel e aufwärmen konnte, würde Ivy vom Stuhl hauen. »Ist es schwer?«

Ein Lächeln erhel te Ceris Gesicht. »Ich geh es mit dir durch. Gib mir einen Moment Zeit; ich muss mich erinnern, wie der langsame Weg funktioniert.« Sie streckte ihre Hand nach meiner Tasse aus.

Oh, muss sich an die langsame Hexe anpassen, dachte ich bitter, als ich mich vorbeugte und ihr die Tasse gab. Aber sie konnte ihn wahrscheinlich im Schlaf, da sie den Zauber wohl dreimal täglich verwendet hatte, um Als Essen zu kochen.

»Er gehört zur mitfühlenden Magie«, erklärte sie. »Es gibt ein Gedicht, das dabei hilft, sich an die Gesten zu erinnern, aber die einzigen beiden Worte, die du sagen musst, sind lateinisch. Und der Zauber braucht ein Bezugsobjekt, das der Magie sagt, wo sie hin sol .« Sie nahm einen Schluck von meinem kalten Kaffee und verzog das Gesicht. »Das ist Gesöff«, murmelte sie undeutlich, weil sie den Schluck immer noch auf der Zunge hielt. »Barbarisch.«

»Es schmeckt besser, wenn es heiß ist«, protestierte ich. Ich hatte nicht gewusst, dass man ein Bezugsobjekt im Mund halten konnte und es dann immer noch funktionierte. Sie konnte den Zauber auch ohne das sprechen, aber dann müsste sie die Magie auf meine Tasse richten. So war es einfacher, und mein Kaffee war nicht in Gefahr, verschüttet zu werden.

Ihr Gesicht war immer noch angewidert verzogen, als sie ihre schlanken, ausdrucksvol en Hände hob. »Brennende Kerzen und drehende Sterne«, sagte sie, und ich bewegte meine Finger, um ihre Bewegungen nachzuahmen - mit viel Fantasie sah es ein wenig so aus, als würde man eine Kerze anzünden, doch was ihre plötzlich herabfal enden Hände mit der Drehung von Planeten zu tun hatten, ging mir nicht auf.

»Mit Reibung fängt es an und endet gerne.«

Ich zuckte zusammen, als sie ihre Hände in einem lauten Klatschen zusammenschlug und dazu sagte »Consimilis.«

Ähnlich, dachte ich und fragte mich, ob es viel eicht ein Schlagwort für mitfühlende Magie war. Und das Klatschgeräusch war viel eicht ein hörbares Symbol von Luftmolekülen in Reibung. In der mitfühlenden Magie war es egal, wie weither geholt die Verbindung war, solange sie real war.

»Kalt zu heiß, gebunden im Kerne«, fuhr sie fort und machte eine weitere, mir unbekannte Geste. Wenigstens die nächste Fingerbewegung erkannte ich - ich hatte sie verwendet, um mit einem Kraftlinienzauber im Training der Howlers ihren Schläger zu zerbrechen. Viel eicht war es diese Bewegung, die dem Zauber das Bezugsobjekt als Richtungsangabe erschloss. Hmm. Viel eicht machte dieses Kraftlinienzeug doch ein bisschen Sinn.

»Calefacio!«, sagte sie glücklich, aktivierte so den Zauber und brachte damit al es ins Rol en.

Ich fühlte einen leichten Abfal in der Linie, als der Zauber Energie aus ihr zog, um die Wassermoleküle in der Tasse in Bewegung zu bringen und damit den Kaffee zu erwärmen.

»Wow«, hauchte ich, als sie mir meine leicht dampfende Tasse zurückgab. »Danke.«

»Gern geschehen«, sagte sie. »Du musst die Endtemperatur selbst regulieren durch die Menge an Energie, die du hineinschickst.«

»Je mehr Energie, desto heißer wird es?« Ich nahm einen vorsichtigen Schluck und beschloss, dass es so perfekt war.

Es musste sie Jahre gekostet haben, so fähig zu werden.

»Und abhängig von der Menge, die du erwärmen musst«, flüsterte Ceri, und ihre Augen wirkten abwesend, als hinge sie lang vergangenen Erinnerungen nach. »Also sei vorsichtig mit deinem Badewasser, bis du wirklich weißt, was du tust.«

Ich konnte sehen, wie sie sich wieder in die Gegenwart versetzte, bevor sie sich mir vol zuwandte. »Bist du jetzt ruhiger?«

Adrenalin schoss in meine Adern, und ich stel te den warmen Kaffee ab. Ich kann das. Wenn Ceri ihren Tee warm halten und gleichzeitig Kraftlinienenergie in sich halten kann, kann ich das auch.

»Fül deinen Kern«, ermutigte sie mich. »Dann ziehst du etwas daraus, als ob du einen Zauber wirken wol test, und sprichst deinen Auslöser.«

Ich schob mir eine Locke hinters Ohr und fand meine Mitte. Dann atmete ich aus, schloss die Augen und zapfte die Linie an. Sie glich sich sofort aus. Ich versetzte meinen Geist in die erwartungsvol e Ruhe, die ich mir für das Wirken von Kraftlinienzaubern antrainiert hatte, und spürte plötzlich eine seltsame, neue, prickelnde Empfindung. Ein Hauch von Energie floss aus der Linie nach und ersetzte das, was ich unterbewusst aus meinem Chi entnommen hatte. Tulpa, dachte ich und spannte mich vol er Hoffnung an.

Ich riss die Augen auf, als eine Energiewel e aus der Linie in mein Chi schoss, um das zu kompensieren, was sich in meinem Kopf niedergelassen hatte. Wie eine Flut schoss die Kraftlinie durch mein Bewusstsein und fül te meine Gedanken. Mein Tank vergrößertes sich, um al es aufzunehmen. Erschrocken wie ich war tat ich nichts, um es zu stoppen.

»Genug!«, schrie Ceri und erhob sich auf die Knie. »Rachel, lass die Linie los!«

Ich zuckte zusammen und riss meinen Fokus von der Kraftlinie. Ich fühlte einen kurzen, warmen Hauch, als ein wenig Energie aus meinen Gedanken zurück in mein Chi tröpfelte, um es zu aufzufül en. Mit angehaltenem Atem hockte ich in meinem Stuhl und starrte Ceri an. Ich hatte Angst mich zu bewegen, weil so viel Energie in meinem Kopf war.

»Geht es dir gut?«, fragte sie, ohne sich wieder hinzusetzen, und ich nickte.

Aus der Küche hörte ich ein leises »Al es okay bei euch da drinnen?«

»Al es okay«, rief ich vorsichtig zurück und schaute dann Ceri an. »Wir sind doch okay, oder?«

Mit weit aufgerissenen Augen nickte sie und senkte dann für einen Moment den Blick. »Du hältst eine Menge Energie außerhalb deines Kerns«, sagte sie. »Aber ich habe bemerkt, dass dein Chi nicht so viel aufnimmt wie meines. Ich glaube. .« Sie zögerte. »Ich glaube, das Chi - eines Elfen kann mehr halten als das einer Hexe, aber Hexen können anscheinend mehr in ihren Gedanken aufbewahren.«

Ich konnte die Energie in mir schmecken. Als hätte ich Alufolie im Mund.

»Hexen sind die besseren Batterien, hm?«, scherzte ich schwach.

Sie lachte, und ihre klare Stimme hal te bis zur Decke. Ich wünschte mir, es wären Pixies da, um in dem Geräusch zu tanzen. »Viel eicht sind Hexen deswegen früher aus dem Jenseits abgewandert als Elfen«, sagte sie. »Dämonen scheinen Hexen als Vertraute gegenüber Elfen oder Menschen vorzuziehen. Ich dachte, das läge daran, dass wir nur so wenige sind, aber viel eicht ist es das nicht.«

»Viel eicht«, sagte ich und fragte mich, wie lange ich al diese Energie halten konnte, ohne dass ich sie verschüttete.

Meine Nase juckte, und ich betete innerlich, dass ich nicht niesen musste.

Ivys Schritte im Flur störten uns, und wir beide drehten uns um, als sie mit ihrer Tasche über der Schulter und einem Tel er mit Cookies in der Hand auf uns zu kam. »Ich gehe jetzt«, sagte sie und warf ihr Haar über die Schulter. »Sol ich dich nach Hause bringen, Ceri?«

Sofort stand Ceri auf. »Das ist nicht nötig.«

Ärger flackerte in Ivys Augen auf. »Ich weiß, dass es nicht nötig ist.«

Ivys Tel er mit den dampfenden Cookies landete mit einem harten Klappern vor mir auf dem Tisch. Ich hob die Augenbrauen und schwang meine Füße auf den Boden. Ivy wol te mit Ceri al eine reden - über mich. Genervt klopfte ich mit den Fingernägeln ein scharfes Stakkato auf dem Tisch.

»Ich werde sie nicht essen.«

»Das ist Medizin, Rachel«, sagte sie mit einer unterschwel igen Drohung.

»Das ist Brimstone, Ivy«, schoss ich zurück. Ceri trat in offensichtlichem Unbehagen von einem Fuß auf den anderen, aber das kümmerte mich nicht. »Ich kann nicht glauben, dass du mir Brimstone gegeben hast«, setzte ich nach. »Ich verhafte Leute, die Brimstone nehmen; ich teile nicht mit ihnen.« Ich würde Ivy nicht verhaften. Mir war es egal, ob sie irgendein Gesetz im I.S.-Handbuch brach. Dieses Mal.

Ivys Haltung wurde aggressiver, und ihre Lippen waren fast blutleer. »Es ist Medizin«, wiederholte sie scharf. »Es ist speziel verarbeitet, und der Anteil von Stimulans darin ist so gering, dass man es nicht mal riechen kann. Du riechst keinen Brimstone, oder? Oder?«

Das Braun um ihre Pupil e war geschrumpft, und ich senkte den Blick, weil ich sie nicht dazu bringen wol te, mich in ihren Bann zu ziehen. Nicht jetzt, wo die Sonne fast untergegangen war. »Es war genug Stimulans drin, um den Eisenhut wirken zu lassen«, sagte ich mürrisch.

Auch Ivy beruhigte sich, weil sie wusste, dass sie an ihre Grenzen gekommen war. »Das war nicht mein Fehler«, sagte sie leise. »Ich habe dir nie genug gegeben, um auch nur einen Brimstone-Kater auszulösen.«

Ceri hob ihr schmales Kinn. In ihren grünen Augen stand keinerlei Reue. »Dafür entschuldige ich mich«, sagte sie gepresst. »Ich konnte nicht wissen, dass es il egal ist. Als ich es das letzte Mal jemandem gegeben habe, war es das noch nicht.«

»Siehst du?«, sagte Ivy und machte eine Geste in Ceris Richtung. »Sie wusste es nicht, und der Versicherungskerl wol te nur helfen. Jetzt halt den Mund, iss deine Cookies und hör auf, uns ein schlechtes Gewissen zu machen. Du hast morgen einen Auftrag und brauchst deine Kraft.«

Ich lehnte mich in meinem Drehstuhl zurück und schob den Tel er mit Vamp-Cookies von mir weg. Ich würde sie nicht essen. Es war mir egal, dass sogar das bisschen, was ich gestern bei mir behalten hatte, meinen Stoffwechsel so angeregt hatte, dass mein blaues Auge bereits gelb wurde und der Schnitt in meiner Lippe schon verheilt war. »Mir geht es gut.«

Ivys normalerweise gelassenes Gesicht verdüsterte sich.

»Gut«, sagte sie scharf.

»Gut«, schoss ich zurück, schlug die Beine übereinander und drehte mich so, dass ich sie von der Seite anschaute.

Ivy knirschte mit den Zähnen und sagte gepresst: »Ceri, ich bring dich nach Hause.«

Ceri blickte zwischen uns hin und her. Ihr Gesicht zeigte keine Emotion, als sie sich nach ihrer Teekanne und ihrer Tasse bückte. »Vorher versorge ich noch mein Geschirr«, sagte sie.

»Das kann ich doch machen«, sagte ich schnel , aber Ceri schüttelte den Kopf. Sie ging in die Küche und passte dabei genau auf, wo sie hintrat, damit sie nichts verschüttete. Ich runzelte die Stirn. Ich mochte es nicht, wenn sie Hausarbeit machte. Es war zu nah an dem, wozu Algaliarept sie in meiner Vorstel ung gezwungen hatte.

»Lass sie«, sagte Ivy, als Ceris Schritte nicht mehr zu hören waren. »Sie fühlt sich dadurch nützlich.«

»Sie gehört einem Königshaus an«, sagte ich. »Das weißt du, oder?«

Ivy warf einen Blick in den dunklen Flur, als das Geräusch von fließendem Wasser erklang. »Viel eicht vor tausend Jahren. Jetzt ist sie ein Niemand, und sie weiß es.«

Ich schnaubte. »Hast du kein Mitgefühl? Mein Geschirr zu spülen ist erniedrigend.«

»Ich habe eine Menge Mitgefühl.« Ein Anflug von Wut ließ Ivy die Augenbrauen hochziehen. »Aber als ich das letzte Mal nachgeschaut habe, waren keine Gesuch-Anzeigen für Prinzessinnen in der Zeitung. Was sol sie machen, um ihrem Leben einen Sinn zu geben? Es gibt keine Abkommen zu ratifizieren, keine Urteile zu fäl en, und die größte Entscheidung, die sie treffen muss, ist, ob sie Waffeln oder Rührei zum Frühstück wil . Es gibt nicht den Hauch einer Chance, ihr mit dem Königshaus-Mist Selbstwertgefühl zu vermitteln. Und Geschirr zu spülen ist nicht erniedrigend.«

Ich lehnte mich in meinem Stuhl zurück, um zuzustimmen.

Sie hatte recht, aber es gefiel mir nicht. »Du hast also einen Auftrag?«, fragte ich, als das Schweigen sich in die Länge zog.

Ivy hob kurz eine Schulter. »Ich werde mit Jenks reden.«

»Gut!« Ich fing erleichtert ihren Blick ein. Etwas, worüber wir reden konnten, ohne uns zu streiten. »Ich war heute kurz bei dem Haus von diesem Tiermenschen, aber er wol te mich nicht reinlassen. Die Pixiemädchen hatten ihn erwischt. Seine Haare waren komplett zu Zöpfen geflochten.« Ich war eines Morgens aufgewacht, nur um festzustel en, dass meine Haare in die Fransen meiner Tagesdecke geflochten waren.

Matalina hatte sie gezwungen, sich zu entschuldigen, aber es hatte mich vierzig Minuten gekostet, mich zu befreien. Jetzt würde ich fast al es dafür geben, wieder so aufzuwachen.

»Yeah, ich habe ihn gesehen«, sagte Ivy, und ich richtete mich auf.

»Du warst dort?«, fragte ich und beobachtete Ivy, wie sie ihren Mantel aus dem Foyer holte und zurückkam. Sie zog ihn mit dem leisen Rascheln von Seide an.

»Ich war zweimal da«, sagte sie. »Der Tiermensch lässt mich auch nicht rein, aber eine meiner Freundinnen trifft sich mit ihm zu einem Date, also muss wohl Jenks die Tür öffnen, der kleine Trottel. Typisch kleiner Mann. Er hat ein Ego so groß wie der Grand Canyon.«

Ich kicherte noch, als Ceri wiederkam. Ihr geliehener Mantel lag über ihrem Arm, und die Schuhe, die Keasley ihr gekauft hatte, hielt sie in der Hand. Ich würde ihr nicht sagen, dass sie sie anziehen musste. Soweit es mich betraf, konnte sie gerne barfuß durch den Schnee laufen. Ivy al erdings warf ihr einen scharfen Blick zu.

»Kommst du für eine Weile al ein klar?«, fragte sie, als Ceri ihre Schuhe fal en ließ und die Füße hineinschob.

»Guter Gott«, murmelte ich und drehte meinen Stuhl hin und her. »Wird schon werden.«

»Bleib auf geheiligtem Boden«, befahl sie, während sie Ceri bedeutete, nach draußen zu gehen. »Zapf keine Kraftlinie an.

Iss deine Cookies.«

»Vergiss es, Ivy«, sagte ich. Pasta. Ich hatte Lust auf Pasta mit Alfredo-Sauce. Das hatte Nick für mich gekocht, als Ivy das letzte Mal versucht hatte, mir diese Dinger in den Hals zu schieben. Ich konnte immer noch nicht glauben, dass sie mir Brimstone untergeschoben hatte. Doch, ich konnte.

»Ich rufe dich in einer Stunde an, um sicherzugehen, dass al es in Ordnung ist.«

»Ich werde nicht drangehen«, sagte ich irritiert. »Ich wil mich ein bisschen hinlegen.« Ich stand auf und streckte mich, bis mein Pul over über den Bauchnabel rutschte. Jenks hätte jetzt laut gepfiffen. Die Stil e in den Dachbalken war deprimierend.

Ceri kam auf mich zu und umarmte mich zum Abschied.

Ich war überrascht und erwiderte die Umarmung zögernd.

»Rachel kann auf sich selbst aufpassen«, sagte sie stolz.

»Während der letzten fünf Minuten hat sie genug Jenseits-Energie in sich gehalten, um ein Loch in die Decke zu sprengen, und sie hat es vol kommen vergessen.«

»Heiliger Mist!«, rief ich und fühlte, wie mein Gesicht warm wurde. »Das stimmt, das tue ich!«

Ivy seufzte, als sie zur Eingangstür ging. »Warte nicht auf mich«, rief sie über die Schulter. »Ich bin zum Abendessen bei meinen Leuten und werde vor Sonnenaufgang nicht zurück sein.«

»Du sol test sie loslassen«, sagte Ceri, als sie Ivy langsam folgte. »Zumindest, wenn die Sonne untergegangen ist.

Jemand anderes könnte ihn beschwören, und wenn sie ihn nicht richtig bannen, kommt er und sucht nach dir. Er könnte versuchen, dich auszuschalten, indem er noch mehr zu dem hinzufügt, was du jetzt schon hältst.« Sie zuckte mit den Schultern; es war eine sehr moderne Geste. »Aber wenn du auf geheiligtem Boden bleibst, sol te eigentlich al es in Ordnung sein.«

»Ich werde sie loslassen«, sagte ich geistesabwesend, während meine Gedanken rasten.

Ceri lächelte schüchtern. »Danke, Rachel«, sagte sie leise.

»Es tut gut, sich gebraucht zu fühlen.«

Ich richtete meine Aufmerksamkeit wieder auf sie. »Gern geschehen.«

Der Geruch von Schnee drang in den Raum. Ich blickte auf und sah Ivy, die ungeduldig auf der Türschwel e der offenen Tür stand. In dem dämmrigen Licht war sie nur eine bedrohliche Silhouette in enger Lederkleidung. »Tschüss, Rachel«, soufflierte sie spöttisch, und Ceri seufzte.

Sie drehte sich um und ging ohne Eile zur Tür. Im letzten Moment zog sie ihre Schuhe wieder aus und trat barfuß auf die eiskalten Zementstufen hinaus.

»Wie kannst du die Kälte nur ertragen?«, hörte ich Ivy fragen, bevor sich die Tür hinter ihnen schloss.

Ich sog die Stil e und das dämmrige Licht in mich auf.

Dann schaltete ich die Tischlampe aus, und es wirkte, als würde es draußen hel er. Ich war al ein - viel eicht sogar zum ersten Mal - in meiner Kirche. Keine Mitbewohnerin, kein Freund, keine Pixies. Al ein. Ich schloss die Augen, saß auf meiner kleinen Empore und atmete tief ein. Über dem Holzgeruch konnte ich den Mandelduft von Ivys doofen Cookies riechen. Ein sanfter Druck hinter meinen Augen erinnerte mich daran, dass ich immer noch den Bal von Jenseits hielt. Mit einem kleinen Stoß meines Wil ens öffnete ich den dreidimensionalen Kreis in meinen Gedanken, und die Energie floss in einer warmen Wel e zurück in die Linie.

Ich öffnete die Augen und machte mich auf den Weg in die Küche. Ich hatte nicht vor, mich noch mal hinzulegen; ich würde als Teil von Ivys Geschenk Brownies backen. Es gab keine Möglichkeit, mit ihrem Tausend-Dol ar-Parfüm zu konkurrieren: Also musste ich den Weg des wunderbaren Selbstgemachten wählen.

Ich machte einen Umweg über das Wohnzimmer und suchte nach der Fernbedienung. Der Geruch von Sperrholz war penetrant. Ich warf einen Blick auf das Fenster, das Ivy auf die Platte gemalt hatte, mit einer freihändigen Darstel ung des Friedhofs darin. Ich machte die Stereoanlage an, und Offsprings »Come Out and Play ergoss sich in den Raum. Grinsend machte ich lauter. »Weck die Toten«, sagte ich, warf die Fernbedienung aufs Sofa und tanzte in die Küche.

Während die tempogeladene Musik mich in bessere Laune versetzte, zog ich den verbeulten Kessel hervor, den ich für Zauber nicht mehr gebrauchen konnte, und blätterte durch das Kochbuch, das ich meiner Mutter geklaut hatte. Ich fand Grandmas Rezept für saftige Brownies, mit Bleistift neben einem Gourmet-Rezept notiert, dessen Ergebnis schmeckte wie Pappe. Mit rhythmischen Bewegungen holte ich Eier, Zucker und Vanil e und knal te sie auf die Arbeitsfläche in der Mitte der Küche.

Die Schokolade schmolz gerade auf dem Herd, und ich hatte die Milch bereits abgemessen, als sich der Luftdruck im Raum plötzlich veränderte, und ich hörte, wie die Vordertür zuknal te. Das Ei, das ich gerade hielt, rutschte mir aus der Hand und zerbrach auf der Arbeitsplatte.

»Hast du was vergessen, Ivy?«, rief ich. Adrenalin durchschoss mich, als mein Blick von dem zerbrochenen Ei auf dem Tresen über al es andere wanderte, was gerade in der Küche verteilt war. Niemals konnte ich das al es verstecken, bevor sie in die Küche kam. Konnte diese Frau nicht einfach mal eine Stunde wegbleiben?

Aber es war Kistens Stimme, die antwortete.

21

»Ich bin's, Rachel«, rief Kisten. Seine Stimme war über die Musik, die aus dem Wohnzimmer schal te, nur schwach zu hören. Ich erstarrte. Die Erinnerung an den Kuss, den er mir gegeben hatte, ließ mich reglos verharren, wo ich stand. Ich muss ausgesehen haben wie ein Idiot, als er um die Ecke kam und auf der Türschwel e stehen blieb.

»Ivy ist nicht da?«, fragte er und musterte mich einmal von oben bis unten. »Scheibenkleister.«

Ich atmete tief ein, um mich zu beruhigen.

»Scheibenkleister?«, fragte ich dann spöttisch und schob das kaputte Ei von der Arbeitsplatte in die Schüssel. Ich hätte nicht geglaubt, dass irgendwer noch Scheibenkleister sagte.

»Darf ich Scheiße sagen?«

»Zur Höl e, ja.«

»Dann Scheiße.« Sein Blick wanderte durch die Küche, und er verschränkte die Arme hinter dem Rücken, während ich die größeren Schalenstücke aus der Schüssel pickte.

»Hey, wärst du so nett, die Musik ein bisschen leiser zu stel en?«, fragte ich und warf ihm einen Seitenblick zu, woraufhin er nickte und den Raum verließ. Es war Samstag, und er war leger gekleidet, mit ausgewaschenen Jeans, die wunderbar eng saßen, und Lederstiefeln. Sein kurzer Ledermantel stand offen, und sein burgunderfarbenes Seidenhemd ließ ein wenig Brustbehaarung sehen. Gerade genug, dachte ich, als die Musik leiser wurde. Ich konnte seinen Mantel riechen. Ich stand auf den Geruch von Leder.

Das könnte Schwierigkeiten bringen.

»Bist du dir sicher, dass Ivy dich nicht zu mir geschickt hat, um mich zu babysitten?«, fragte ich, als er zurückkam, und wischte mit einem Lappen die Reste des Eis auf.

Er lachte leise und setzte sich in Ivys Stuhl. »Nein.« Er zögerte. »Ist sie länger weg, oder kann ich auf sie warten?«

Ich schaute nicht von meinem Rezept auf, weil ich die Art und Weise, wie er das gesagt hatte, nicht mochte. In seiner Stimme hatte mehr gelegen als die einfache Frage rechtfertigte. »Ivy ist gegangen, um mit Jenks zu reden.«

Ich ließ meinen Finger über die Seite gleiten, ohne die Worte zu lesen. »Und dann geht sie zum Abendessen zu ihrer Familie.«

»Sonnenaufgang«, murmelte er, und ich fühlte, wie meine Alarmglocken anschlugen. Al e.

Die Uhr über der Spüle tickte, und ich nahm die geschmolzene Schokolade vom Herd. Ich wol te ihm nicht den Rücken zuwenden, also stel te ich sie auf der Arbeitsfläche zwischen uns ab und lehnte mich mit dem Rücken gegen die Spüle. Er schob sich die Haare aus den Augen und beobachtete mich. Ich nahm einen tiefen Atemzug, um ihm dann zu sagen, dass er gehen sol te, aber er unterbrach mich.

»Geht es dir gut?«

Ich starrte ihn verständnislos an, bis es mir wieder einfiel.

»Oh! Die Dämonen. . Sache«, murmelte ich und berührte verlegen die Schmerzamulette um meinen Hals. »Du hast davon gehört, hm?«

Er schenkte mir ein schiefes Lächeln. »Du warst in den Nachrichten. Und ich musste für geschlagene drei Stunden Ivy zuhören, wie sie sich darüber beschwert hat, dass sie genau zu dieser Zeit nicht da war.«

Ich wandte mich wieder meinem Rezept zu und rol te mit den Augen. »Tut mir leid. Yeah. Ich bin okay. Ein paar Kratzer und blaue Flecken. Nichts wirklich Schlimmes. Aber ich kann nach Sonnenuntergang keine Kraftlinie mehr anzapfen.« Ich wol te ihm nicht sagen, dass ich grundsätzlich im Dunkeln nicht mehr völ ig sicher war, außer, ich hielt mich auf geheiligtem Boden auf. . was weder die Küche noch das Wohnzimmer waren. »Das wird meine Aufträge wirklich behindern«, fügte ich schlecht gelaunt hinzu und fragte mich, wie ich um dieses neueste Problem herumkommen sol te. Na ja. Es war ja nicht so, als würde ich mich wirklich auf Kraftlinienmagie verlassen. Ich war schließlich eine Erdhexe.

Kisten dachte anscheinend auch nicht,*dass es wichtig war, zumindest, wenn ich sein lässiges Schulterzucken richtig deutete. »Es tut mir leid, dass Jenks weg ist«, sagte er, streckte die Beine aus und überkreuzte sie an den Knöcheln.

»Er war nicht nur wichtig für die Firma. Er ist auch ein guter Freund.«

Ich zog eine Grimasse. »Ich hätte ihm sagen sol en, was Trent ist, als ich es rausgefunden hatte.«

Überraschung zeigte sich in Kistens Gesicht. »Du weißt, was Trent Kalamack ist? Ohne Scheiß?«

Ich biss die Zähne zusammen, senkte den Blick wieder zu dem Kochbuch und nickte, während ich darauf wartete, dass er die nächste Frage stel te.

»Was ist er?«

Ich blieb stumm und hielt meine Augen starr auf das Buch gerichtet. Das leise Geräusch, als er sich bewegte, ließ mich aufblicken.

»Schon gut«, sagte er. »Ist egal.«

Erleichtert rührte ich die Schokoladenmasse einmal im Uhrzeigersinn um. »Jenks ist es nicht egal. Ich hätte ihm vertrauen sol en.«

»Nicht jeder muss al es wissen.«

»Wenn du zehn Zentimeter groß bist und Flügel hast schon.«

Kisten stand auf und streckte sich. Er gab ein leises, befriedigtes Geräusch von sich, als seine Schultern sich entspannten und er wieder in sich zusammensank. Dann zog er seinen Mantel aus und ging zum Kühlschrank.

Ich klopfte mit dem Löffel auf den Rand der Schüssel, um den Großteil der Schokolade abzuschütteln, und runzelte die Stirn. Irgendwie war es einfacher, mit jemand Fremdem zu reden. »Was mache ich falsch, Kisten?«, fragte ich frustriert.

»Warum verschrecke ich die Leute, die ich mag?«

Er kam mit einer Tüte Mandeln, die ich letzte Woche gekauft hatte, hinter der Kühlschranktür hervor. »Ivy hat dich nicht verlassen.«

»Die gehören mir«, sagte ich, und er hielt inne, bis ich ihm mürrisch signalisierte, dass er sie haben konnte.

»Ich habe dich nicht verlassen«, fügte er hinzu, und sein Mund bewegte sich sanft, als er eine Mandel aß.

Ich seufzte und streute die abgemessene Menge Zucker in die Schokolade. Er sah wirklich gut aus, wie er da so stand, und ungewol te Erinnerungen drängten sich auf: Gedanken daran, wie wir uns schick angezogen amüsiert hatten; der Funke, den seine schwarzen Augen in mir entzündet hatten, als Saladans Schläger erledigt auf der Straße lagen; Piscarys Aufzug, in dem ich mich an ihn gepresst und mir gewünscht hatte, er würde al es nehmen, was ich zu bieten hatte. .

Der Zucker knirschte laut, als ich die Masse umrührte.

Verdammte Vamp-Pheromone.

»Ich bin froh, dass Nick gegangen ist«, sagte Kisten plötzlich. »Er war nicht gut für dich.«

Ich hielt den Kopf gesenkt, aber meine Schultern verspannten sich. »Was weißt du schon?«, fragte ich und schob eine Haarsträhne hinter mein Ohr. Dann erst sah ich ihn an, wie er da stand und ruhig meine Mandeln aß. »Ich habe mich bei Nick wohlgefühlt. Er hat sich mit mir wohlgefühlt. Wir hatten Spaß miteinander. Wir mochten dieselben Filme, dieselben Restaurants. Er konnte mit mir Schritt halten, wenn wir im Zoo gelaufen sind. Nick war ein guter Mensch, und du hast kein Recht, dir ein Urteil über ihn anzumaßen.« Ich schnappte mir ein feuchtes Küchentuch, wischte den verschütteten Zucker auf und schüttelte ihn in die Spüle.

»Viel eicht hast du recht«, sagte er, als er ein paar Mandeln auf seine Handfläche schüttete und die Tüte wieder schloss.

»Aber eines finde ich interessant.« Er schob sich eine Mandel zwischen die Zähne und zerbiss sie geräuschvol . »Du sprichst in der Vergangenheit von ihm.«

Mir wurde kalt, während ich zerrissen war zwischen Wut und Schock. Im Wohnzimmer wechselte die Musik zu etwas Schnel em, Lebhaftem - und absolut Unpassendem.

Kisten öffnete den Kühlschrank, packte die Mandeln wieder in die Tür und schloss sie wieder. »Ich warte ein bisschen auf Ivy. Viel eicht kommt sie mit Jenks zurück -

wenn du Glück hast. Du hast eine Tendenz, mehr von den Leuten zu verlangen, als sie zu geben bereit sind.« Er schüttelte die Mandeln, die er noch in der Hand hielt, während ich ihn wortlos anstarrte. »Ein bisschen wie ein Vampir«, fügte er noch hinzu, als er seinen Mantel nahm und den Raum verließ.

Meine Hand tropfte, und ich realisierte, dass ich den Küchenlappen so fest zusammenpresste, dass Wasser austrat. Ich schmiss ihn in die Spüle, wütend und deprimiert.

Keine gute Kombination. Aus dem Wohnzimmer erklangen die fröhlichen Rhythmen von Popmusik. »Würdest du das bitte ausmachen!«, schrie ich. Mein Kiefer schmerzte, weil ich meine Zähne so fest aufeinandergepresst hatte, und ich zwang sie auseinander, als die Musik abbrach. Wutentbrannt maß ich Zucker ab und schüttete ihn hinein. Ich griff nach dem Löffel und gab ein frustriertes Geräusch von mir, als mir wieder einfiel, dass ich bereits Zucker reingetan hatte.

»Verdammt bis zum Wandel«, murmelte ich. Jetzt musste ich die doppelte Menge machen.

Ich hielt den Löffel fest in der Hand, als ich versuchte, umzurühren. Zucker ergoss sich überal hin, weil er über den Rand schwappte. Ich biss wieder die Zähne zusammen und stapfte zurück zur Spüle, um den Lappen zu holen.

»Du hast keine Ahnung«, flüsterte ich, als ich den verschütteten Zucker zu einem kleinen Haufen zusammenschob. »Nick kommt viel eicht zurück. Er hat gesagt, er käme zurück. Ich habe seinen Schlüssel.«

Ich schob den Zucker in meine Handfläche und zögerte kurz, bevor ich ihn zum Rest in die Schüssel kippte. Ich wischte mir die letzten Kristal e von den Händen und schaute zum dunklen Flur. Nick hätte mir seinen Schlüssel nicht gegeben, wenn er nicht zurückkommen würde.

Musik setzte ein, sanft, aber mit einem beständigen Bass.

Meine Augen verengten sich zu Schlitzen. Ich hatte nicht gesagt, dass er etwas anderes einlegen sol te. Wütend machte ich einen Schritt Richtung Wohnzimmer, bevor ich abrupt zum Stehen kam. Kisten hatte mitten in einem Gespräch den Raum verlassen. Er hatte Essen mitgenommen.

Knuspriges Essen. Ivys Dating-Buch sagte, dass das eine vampirische Einladung war. Und ihm zu folgen würde heißen, dass ich interessiert war. Und noch schlimmer, er wusste, dass ich das wusste.

Ich starrte immer noch auf den Türrahmen, als Kisten vorbeiging. Als er sah, wie ich mit leerem Gesichtsausdruck dastand, kam er zwei Schritte zurück.

»Ich warte im Altarraum«, sagte er. »Ist das für dich okay?«

»Sicher«, flüsterte ich.

Er hob die Augenbrauen und aß mit einem kleinen Lächeln noch eine Mandel. »Okay.« Kisten verschwand den dunklen Flur entlang. Seine Stiefel waren auf dem Holzboden fast lautlos.

Ich drehte mich um und starrte auf die dunklen Fenster.

Ich zählte bis zehn. Ich zählte noch mal bis zehn. Ich zählte ein drittes Mal, doch diesmal war ich schon im Flur, als ich erst bis sieben gekommen war. Ich gehe rein, ich sage, was ich zu sagen habe, ich gehe wieder, versprach ich mir selbst, als ich ihn mit dem Rücken zu mir am Klavier sitzen sah. Er richtete sich auf, als ich vor ihm zum Stehen kam.

»Nick ist ein guter Mann«, sagte ich mit zitternder Stimme.

»Nick ist ein guter Mann«, stimmte er zu, ohne sich umzudrehen.

»Er sorgt dafür, dass ich mich begehrt fühle. Gebraucht fühle.«

Kisten drehte sich langsam um. Seine Bartstoppeln fingen das wenige Licht ein, das von der Straße hereindrang. Die Konturen seiner breiten Schultern verengten sich zu schmalen Hüften, und ich schüttelte mich geistig, als mir wieder auffiel, wie gut er aussah. »Er hat einmal dafür gesorgt.« Seine tiefe, gleichmäßige Stimme ließ mich erschauern.

»Ich wil nicht, dass du weiter über ihn redest«, sagte ich.

Er sah mich für einen Moment an und sagte dann: »Okay.«

»Gut.« Ich atmete kurz ein, drehte mich um und verließ den Raum.

Meine Knie zitterten, und während ich auf Schritte hinter mir lauschte, ging ich direkt in mein Zimmer. Mit klopfendem Herzen streckte ich die Hand nach meinem Parfüm aus. Das, das meinen Geruch überdeckte.

»Lass es.«

Ich keuchte und drehte mich um. Kisten stand hinter mir.

Ivys Flasche glitt mir aus der Hand. Seine Hand schoss vor, und ich zuckte zusammen, als sie meine umschloss, um die kostbare Flasche sicher in meinem Griff zu halten. Ich erstarrte. »Ich mag deinen Geruch«, flüsterte er, viel, viel zu nah.

Mein Magen verkrampfte sich. Ich könnte riskieren, AI eine Chance zu geben, um Kisten bewusstlos zu schlagen, aber ich wol te es nicht. »Du musst aus meinem Schlafzimmer raus«, sagte ich.

Seine blauen Augen wirkten in dem dämmrigen Licht schwarz. Das schwache Leuchten aus der Küche ließ ihn als verführerischen, gefährlichen Schatten erscheinen. Meine Schultern waren so verspannt, dass sie wehtaten, als er meine Hand öffnete und mir den Flakon wegnahm. Das Klicken, als er ihn auf meiner Kommode abstel te, brachte mich dazu mich aufzurichten. »Nick kommt nicht wieder«, sagte er, schonungslos und ohne Anklage in der Stimme.

Ich stieß den Atem aus und schloss die Augen. Oh Gott.

»Ich weiß.«

Ich riss die Augen wieder auf, als er meinen El bogen nahm. Ich erstarrte und wartete darauf, dass meine Narbe Signale sendete, aber sie tat nichts. Er versuchte nicht, mich zu verzaubern. Ein dummer Teil von mir respektierte das, und wie ein Trottel tat ich nichts, statt ihm zu sagen, dass er sich aus meiner Kirche und aus meiner Nähe scheren sol te.

»Du brauchst es, gebraucht zu werden, Rachel«, sagte er, nur wenige Zentimeter von mir entfernt. Sein Atem brachte meine Haare zum Schwingen. »Du lebst so strahlend, so ehrlich, dass du es brauchst, gebraucht zu werden. Du bist verletzt. Ich kann es fühlen.«

»Ich weiß.«

In seinen ernsten Blick trat ein Hauch von Mitleid. »Nick ist ein Mensch. Egal wie sehr er sich bemüht, er wird dich nie ganz verstehen.«

»Ich weiß.« Ich schluckte schwer. Meine Augen brannten.

Mein Kiefer verkrampfte sich, bis ich Kopfschmerzen bekam.

Ich werde nicht weinen.

»Er kann dir nicht geben, was du brauchst.« Kistens Hände glitten zu meiner Hüfte. »Er wird immer ein wenig Angst haben.«

Ich weiß. Ich schloss kurz die Augen und öffnete sie wieder, während ich ihm erlaubte, mich näher an sich zu ziehen.

»Und selbst wenn Nick lernt, mit seiner Angst zu leben«, sagte er ernst und bat mich mit den Augen, ihm genau zuzuhören, »wird er dir nie verzeihen, dass du stärker bist als er.«

Ein Klumpen bildete sich in meinem Hals. »Ich. . ich muss gehen«, sagte ich. »Entschuldige mich.«

Sofort ließ er mich los, und ich schob mich an ihm vorbei in den Flur. Verwirrt und mit dem Wunsch, die ganze Welt anzuschreien, stiefelte ich in die Küche. Ich hielt an, als ich zwischen den ganzen Töpfen und dem Mehl eine riesige Leere erkannte, die niemals vorher dagewesen war. Ich schlang die Arme um mich und taumelte ins Wohnzimmer.

Ich musste diese Musik ausmachen. Sie war schön. Ich hasste sie. Ich hasste al es.

Ich schnappte mir die Fernbedienung und richtete sie in Richtung Anlage. Jeff Buckley. In dem Zustand, in dem ich war, konnte ich Jeff nicht ertragen. Wer zum Teufel hatte Jeff Buckley in meinen CD-Player gelegt? Ich schaltete sie aus und warf die Fernbedienung auf die Couch. Adrenalin durchschoss mich, als sie nicht auf der Couch landete, sondern in einer Hand.

»Kisten!«, stammelte ich, als er die Musik wieder anschaltete und mich dabei mit halb geschlossenen Augen beobachtete. »Was tust du?«

»Musik hören.«

Er wirkte vol kommen entspannt, und ich geriet bei seiner kalkulierten Ruhe in Panik. »Schleich dich nicht so an mich ran«, sagte ich kurzatmig. »Ivy schleicht sich nie an mich ran.«

»Ivy mag nicht, wer sie ist.« Er starrte mich ohne zu blinzeln an. »Ich schon.«

Er griff nach mir. Ich schlug seinen Arm zur Seite und verspannte mich endgültig, als er mich nach vorne riss und gegen seinen Körper drückte. Panik verwandelte sich in Wut.

Meine Narbe gab keinen Mucks von sich. »Kisten!«

Aufgebracht versuchte ich, mich zu bewegen. »Lass mich los.«

»Ich habe nicht vor, dich zu beißen«, sagte er sanft, und seine Lippen strichen über mein Ohr. »Hör auf.«

Seine Stimme war bestimmt und beruhigend. Es lag keine Blutlust darin. Meine Gedanken schossen zurück zu dem Moment, als ich in seinem Auto zu dem Gesang von Mönchen aufgewacht war. »Lass mich los!«, forderte ich nervös und war mir nicht sicher, ob ich ihn gleich schlagen oder einfach anfangen würde zu heulen.

»Ich wil nicht. Du bist zu verletzt. Wie lang ist es her, dass dich jemand gehalten hat? Dich berührt hat?«

Eine Träne löste sich, und ich hasste es, dass er sie sah.

Hasste, dass er wusste, dass ich den Atem anhielt.

»Du musst fühlen, Rachel.« Seine Stimme wurde sanft und flehend. »Es tötet dich sonst Stück für Stück.«

Ich schluckte den Klumpen in meinen Hals runter. Er verführte mich. Ich war nicht so unschuldig, dass ich nicht gewusst hätte, dass er es versuchen würde. Aber seine Hände auf meinen Armen waren warm. Und er hatte recht.

Ich brauchte die Berührung, sehnte mich verdammt und zur Höl e danach. Ich hatte fast vergessen, wie es sich anfühlte, gebraucht zu werden. Nick hatte mir das zurückgegeben, diesen winzigen, aufregenden Kick, zu wissen, dass jemand anders dich anfassen wol te, und sich wünschte, dass du und nur du ihn berührst.

Ich hatte mehr Kurzzeitbeziehungen gehabt als eine So-ciety-Tusse Schuhe hatte. Entweder war es mein Job bei der LS., oder meine beknackte Mutter, die ständig auf Bindung drängte, oder ich zog Penner an, die einfach dachten, ein Rotschopf sei eine Kerbe in ihrem Besenstiel. Viel eicht war ich auch eine verrückte Zicke, die Vertrauen forderte, ohne es selbst geben zu können. Ich wol te nicht noch eine einseitige Beziehung, aber Nick war weg, und Kisten roch so gut. Er sorgte dafür, dass ich den Schmerz weniger fühlte.

Meine Schultern entspannten sich, und er atmete auf, als er spürte, dass ich den Kampf gegen ihn aufgab. Ich schloss die Augen und lehnte die Stirn gegen seine Schulter, während meine verschränkten Arme einen kleinen Abstand zwischen uns bildeten. Die Musik war sanft und langsam. Ich war nicht verrückt. Ich konnte anderen vertrauen. Ich hatte Nick vertraut, und er war gegangen.

»Du wirst mich verlassen«, hauchte ich. »Sie verlassen mich al e. Sie kriegen, was sie wol en, und sie verlassen mich. Oder sie finden raus, wozu ich in der Lage bin, und verlassen mich dann.«

Seine um mich geschlungenen Arme versteiften sich für einen Moment und entspannten sich dann wieder. »Ich gehe nirgendwohin. Du hast mir schon eine Höl enangst eingejagt, als du Piscary erledigt hast.« Er vergrub seine Nase in meinem Haar und atmete meinen Geruch ein. »Und ich bin immer noch hier.«

Seine Berührung und die Wärme seines Körpers beruhigten mich, und ich entspannte mich langsam. Kisten veränderte meinen Stand - und ich folgte ihm. Ich ließ mich dazu bringen, mich mit ihm im Takt der langsamen und verführerischen Musik zu wiegen.

»Du kannst meinen Stolz nicht verletzen«, flüsterte Kisten, und seine Finger strichen meine Wirbelsäule entlang. »Ich habe mein ganzes Leben mit Leuten verbracht, die stärker sind als ich. Es gefäl t mir, und ich schäme mich nicht, der Schwächere zu sein. Ich werde niemals einen Zauber wirken können, und es interessiert mich nicht die Bohne, dass du etwas kannst, was ich nicht kann.«

Die Musik und unsere fast unmerklichen Bewegungen wärmten mich innerlich. Ich leckte mir über die Lippen und zog meine Arme zwischen uns heraus. Sie wanderten fast automatisch um seine Hüften. Mein Herzschlag wurde schnel er, ich riss die Augen auf und starrte an die Wand, während mein Atem fast unwirklich ruhig ging. »Kisten. .«

»Ich werde immer da sein«, sagte er sanft. »Du kannst mein Verlangen nie stil en, kannst mich nie verschrecken, egal, wie viel du mir gibst. Egal, ob gut oder schlecht. Ich werde immer nach Gefühl hungern, immer und für immer, und ich kann fühlen, wie verletzt du bist. Ich kann es in Freude verwandeln. Wenn du mich lässt.«

Ich schluckte, als er in der Bewegung innehielt. Er lehnte sich zurück, und mit einer zärtlichen Berührung schob er meinen Kopf hoch, sodass er mir in die Augen sehen konnte.

Der pulsierende Bass der Musik beruhigte und betäubte meinen Geist. Sein Blick war berauschend. »Lass mich das tun«, flüsterte er, sanft und gefährlich. Aber durch seine Worte versetzte er mich in die Machtposition. Ich konnte Nein sagen.

Ich wol te nicht.

Meine Gedanken schossen zu schnel durch meinen Kopf, um sie zu realisieren. Seine Hände fühlten sich gut an, und in seinen Augen lag Leidenschaft. Ich wol te das, was er geben konnte - was er versprach. »Warum?«, flüsterte ich.

Seine Lippen öffneten sich, und er atmete langsam aus.

»Weil ich es wil . Weil du wil st, dass ich es tue.«

Ich schaute ihn unverwandt an. Seine Pupil en blieben völ ig gleich, wurden nicht größer. Ich verstärkte meinen Griff, als ich die Arme um seine Hüften anspannte. »Ich werde kein Blut geben, Kisten. Niemals.«

Er atmete einmal tief durch, und seine Hände spannten sich an. Mit einem Gesichtsausdruck, der vol er Erwartung war, lehnte er sich näher zu mir. »Ein«, sagte er, als er meinen Mundwinkel küsste, »Schritt«, er küsste die andere Seite,

»nach dem anderen«, fuhr er fort, als er mich sanft auf den Mund küsste, so sanft, dass ich mich nach mehr sehnte.

»Meine Liebste.«

Begierde schoss bis in mein Innerstes, und ich schloss die Augen. Oh Gott. Rette mich vor mir selbst.

»Ich verspreche nichts.«

»Das wil ich auch gar nicht«, sagte er. »Wohin gehen wir?«

»Ich weiß es nicht.« Meine Hände glitten von seinen Hüften nach unten. Wir wiegten uns wieder zur Musik. Ich fühlte mich so lebendig, und während wir fast tanzten, spürte ich eine kleine, feurige Reaktion von meiner Dämonennarbe.

»Darf ich das?«, fragte Kisten und kam näher, sodass sich unsere Körper noch intensiver berührten. Ich wusste, dass er um Erlaubnis fragte, mit meiner Narbe zu spielen, mich aus freien Stücken bezaubern zu lassen. Dass er fragte, gab mir ein Gefühl von Sicherheit, von dem ich wusste, dass es wahrscheinlich falsch war.

»Nein. Ja. Ich weiß es nicht.« So zerrissen. Sein Körper an meinem fühlte sich gut an, seine Arme um meine Tail e, die neue Forderung in seiner Umarmung. »Ich weiß nicht. .«

»Dann lasse ich es.« Wo gingen wir hin? Mit einem tiefen Seufzen ließ er seine Hände an meinen Armen entlanggleiten und verschränkte seine Finger mit meinen. Sanft zog er meine Hände hinter seinen Rücken und hielt sie dort fest, während er sich zu der langsamen, verführerischen Musik bewegte.

Ich erschauderte. Der warme Geruch von Leder wurde stärker. Hitze entfaltete sich, wo er mich berührte, und brachte meine Finger zum Glühen. Mein Kopf fiel auf seine Schulter. Ich wol te meine Lippen über seinen Hals gleiten lassen. Ich wusste, was er fühlen würde, wusste, wie er schmecken würde, wenn ich es wagte. Aber ich tat es nicht und gab mich damit zufrieden, meinen Atem über seine Haut gleiten zu lassen, weil ich Angst hatte, was er tun würde, wenn meine Lippen ihn berührten.

Mit klopfendem Herzen führte ich seine Hände an mein Kreuz. Sie blieben dort, bewegten sich, drückten mich, massierten mich. Ich hob die Arme, um meine Hände hinter seinem Kopf zu verschränken. Meine Gedanken wanderten zu unserer Begegnung im Lift, als ich gedacht hatte, dass Piscary mich töten würde. Es war unwiderstehlich, die Erinnerung an meine Dämonennarbe, die in Flammen stand.

»Bitte«, flüsterte ich, und meine Lippen glitten über seinen Hals und brachten ihn zum Zittern. »Ich wil , dass du es tust.«

Ich suchte seine Augen und sah das schrumpfende Blau, ohne es zu fürchten. »Ich vertraue dir. Aber ich vertraue deinen Instinkten nicht.«

In seinen Augen stand tiefes Verstehen und Erleichterung.

Seine Hände glitten tiefer, bis sie meine Schenkel fanden, und kehrten dann an meinen Rücken zurück. Sie waren in ständiger Bewegung, während wir uns zur Musik wiegten.

»Ich vertraue ihnen auch nicht«, sagte er ohne jede Spur seines aufgesetzten Akzents. »Nicht bei dir.«

Mein Atem stockte, als seine Finger nach vorne wanderten und suggestiv an meinem obersten Jeansknopf zogen. »Ich trage Kappen«, sagte er. »Der Vampir hat seine Zähne eingebüßt.« Erstaunt öffneten sich meine Lippen, als er lächelte und mir zeigte, dass seine Fangzähne tatsächlich überkappt waren. Eine Hitzewel e durchschoss mich, die mich beunruhigte und nachdenklich machte. Sicher, er konnte mich nicht beißen, aber jetzt würde ich ihm erlauben, viel mehr von mir zu erkunden. Und er wusste es. Aber sicher?

Nein. Jetzt war er sogar gefährlicher, als wenn er seine Zähne nicht überkappt hätte.

»Oh Gott«, flüsterte ich und wusste, dass ich verloren war, als er seinen Kopf in meine Halsbeuge schob und mich sanft küsste. Ich schloss die Augen, schob meine Finger in seine Haare und hielt mich dort fest, als sein Kuss zum äußersten Rand meines Schlüsselbeins wanderte, wo meine Dämonennarbe begann.

Fordernde Wel en gingen von ihr aus, und meine Knie wurden weich.

»Sorry«, hauchte Kisten heiser, als er meine El bogen einfing, um mich aufrechtzuhalten. »Ich wusste nicht, dass sie so empfindlich ist. Wie viel Speichel hast du genau abgekriegt?«

Seine Lippen waren nicht mehr an meinem Hals, sondern an meinem Ohr. Fast keuchend lehnte ich mich gegen ihn.

Mein Blut rauschte und forderte, dass ich etwas tat. »Ich wäre fast gestorben«, sagte ich. »Kisten. .«

»Ich werde vorsichtig sein«, versprach er, und seine Zärtlichkeit erschütterte mich tief. Ich folgte ihm bereitwil ig, als er mich auf die Couch schob, sodass ich direkt neben der Armlehne saß. Ich nahm seine Hand und zog ihn neben mich. Meine Narbe kribbelte, und Ströme von Verheißung durchschossen mich. Wogingen wir hin?

»Rachel?«

Ich hörte dieselbe Frage in seiner Stimme, aber ich wol te nicht antworten. Lächelnd zog ich ihn über die Couch näher zu mir. »Du redest zu viel«, flüsterte ich und verschloss seinen Mund mit meinem.

Er gab ein leises Geräusch von sich, als seine Lippen sich gegen meine pressten. Seine Bartstoppeln waren rau. Seine Finger spreizten sich über meiner Wange, und er hielt mich stil , als ich sein vol es Gewicht auf mich zog. Vorsichtig stieß er meine Hüften mit seinem Knie an, um neben der Rückenlehne Platz für sein Bein zu machen.

Meine Haut prickelte, sobald seine Finger meinen Kiefer berührten. Ich schob zögernd meine Zunge zwischen seine Lippen und atmete schnel , als er seine tief in meinen Mund schob. Er schmeckte schwach nach Mandeln, und als er sich zurückziehen wol te, verschränkte ich meine Finger hinter seinem Nacken, um ihn noch einen Moment festzuhalten. Er gab ein überraschtes Stöhnen von sich und wurde fordernder. Jetzt war ich es, die sich zurückzog, wobei ich meine Zunge noch einmal über seine glatten Zähne gleiten ließ.

Kisten erschauerte, und ich fühlte es deutlich, während er sein Gesicht dicht über mir aufstützte. Ich wusste nicht, wie weit ich gehen wol te. Aber das? Das war gut. Ich konnte ihn al erdings nicht weiterlocken und dabei mehr versprechen als ich zu geben bereit war. »Warte . «, sagte ich widerwil ig und fing seinen Blick ein.

Aber als ich ihn über mir sah, atemlos von kontrol ierter Leidenschaft, zögerte ich. Seine Augen waren schwarz, vol er Verlangen. Ich suchte und fand sorgfältig kontrol ierte Blutlust. Seine Schultern waren unter seinem Hemd angespannt, seine Hand lag fest an meiner Seite, und sein Daumen streichelte die Haut unter meinem Top. Sein verlangender Blick ließ Adrenalin in mein Innerstes schießen und erregte mich mehr als seine gleichzeitig raue und sanfte Berührung, die sich nun nach vorne verlagerte, um meinen Busen zu finden. Oh, begehrt zu sein, gebraucht zu werden.

»Was?«, fragte er, in angespannter Erwartung.

Zur Höl e damit. »Ist egal«, sagte ich und spielte mit den Haaren über seinem Ohr.

Die Hand unter meinem Trägertop verharrte in der Bewegung. »Wil st du, dass ich aufhöre?«

Ein zweiter Stich intensiven Gefühls durchfuhr mich.

»Nein«, hauchte ich und hörte, wie Hunderte gutdurch-dachte Überzeugungen in diesem einen Wort starben. Mit klopfendem Herzen schob ich mir meine Amulette über den Kopf und ließ sie auf den Teppich fal en - ich wol te al es spüren -, aber erst, als ich nach seiner Gürtelschnal e griff, verstand er.

Ihm entfuhr ein tiefes, gutturales Geräusch, und er ließ seinen Kopf zu meinem sinken. Sein Gewicht war eine wil kommene Wärme, als seine Lippen meine Dämonennarbe fanden und sanft damit spielten.

Feuer schoss in meinen Unterleib, und ich keuchte, als das Gefühl sich wie ein Echo wiederholte und sich verstärkte. Der dumpfe Schmerz von dem letzten Angriff des Dämons ließ nach und verwandelte sich dank des Vampirspeichels, mit dem er spielte, in Genuss. Ich konnte nicht denken. Ich konnte nicht atmen. Ich versuchte nicht mehr, seine Hose zu öffnen, sondern umklammerte seine Schultern.

»Kisten«, hauchte ich, als ich wieder fähig war, zu atmen.

Aber er gab nicht nach und schob mich nach hinten, bis mein Kopf auf der Armlehne der Couch lag. Meine Finger gruben sich in seine Schulter, als sanfte Zähne seine Lippen ablösten. Ich stöhnte auf, und während er weiter mit der Narbe spielte, keuchte er. Ich wol te ihn. Ich wol te al es von ihm.

»Kisten . .«Ich schob ihn ein Stück weg. Ich musste ihn erst fragen. Ich musste es wissen.

»Was?«, fragte er ausdruckslos, als er mein Hemd und mein Top aus dem Weg schob, mit seinen Fingern meine Brust fand und sie mit verheißungsvol en Bewegungen massierte.

In der Lücke zwischen uns gelang es mir schließlich, seinen Gürtel zu öffnen. Ich zog abrupt und hörte, wie eine Niete etwas zerriss. Kisten beugte sich wieder über mich, und bevor er wieder meinen Hals finden und mich in gedankenlose Ekstase versetzen konnte, öffnete ich seinen Reißverschluss und ließ meine Hände auf die Suche gehen.

Gott rette mich, dachte ich, als ich ihn fand und die glatte, gespannte Haut unter meinen Fingern liebkoste. »Hast du schon einmal Sex mit einer Hexe gehabt?«, flüsterte ich und schob seine Jeans nach unten, um dann eine Hand über seinen Po gleiten zu lassen.

»Ich weiß, worauf ich mich einlasse«, sagte er atemlos.

Ich fühlte, wie ich dahinschmolz, als meine Schultern sich entspannten. Meine Hände fanden ihn wieder, und er atmete langsam und tief aus. »Ich wol te nicht unterstel en -«, sagte ich, nur um dann zu stöhnen, als er sein Gewicht mehr auf mich verlagerte und mein Hemd noch weiter nach oben schob. »Ich wol te nicht, dass du überrascht bist. . Oh Gott, Kisten«, keuchte ich, fast rasend vor Verlagen, als seine Lippen von meinem Kinn zu meinem Schlüsselbein und dann zu meiner Brust wanderten. Wel en von reiner Lust bauten sich auf, und ich wölbte mich ihm entgegen, als er mit warmen Händen an meinem Hemd zog. Wo war er? So weit reichten meine Arme nicht.

Er brachte mein Flüstern zum Verstummen, als er mich küsste. Jetzt konnte ich ihn erreichen, und selig griff ich nach ihm und ließ meine Finger tiefer wandern.

»Kisten . .«

»Du redest zu viel«, sagte er, mit den Lippen an meiner Haut. »Hattest du je Sex mit einem Vamp?« Er beobachtete mich mit halb geschlossenen Augen.

Ich atmete aus, als er seine Aufmerksamkeit wieder auf meinen Hals konzentrierte. Seine Finger zeichneten den Weg vor, dem seine Lippen folgen würden, und Ekstase erschütterte mich, als sie es taten.

»Nein«, keuchte ich, während ich seine Jeans nach unten riss. Über seine Stiefel würde ich sie ihm nie ausziehen können. »Irgendwas, was ich wissen sol te?«

Er ließ seine Hand unter meine Brüste wandern und zeigte so wieder den Weg, den seine Lippen nehmen würden. Mit durchgedrücktem Rücken bemühte ich mich, nicht verlangend zu stöhnen, als ich in dem Versuch, al es von ihm zu finden, nach unten griff. »Wir beißen«, sagte er, und ich schrie auf, als er genau das tat und meine Haut sanft zwischen seine Zähne nahm.

»Zieh mir die Hosen aus, bevor ich dich töte«, japste ich, fast wahnsinnig vor Verlangen.

»Ja, Ma'am«, grol te er, und seine Bartstoppeln kratzten mich, als er sich zurückzog.

Ich sog einen dringend nötigen tiefen Atemzug ein und folgte ihm, um ihn dann nach hinten zu schieben und mich über ihn zu setzen. Seine Hände werkelten an meinem Reißverschluss, während ich an den Knöpfen seines Hemdes herumfummelte. Ich seufzte auf, als ich den ersten aufbekam und meine Hände über seine Haut gleiten ließ. Meine Finger folgten den Konturen seiner Muskeln und seiner Brust. Ich lehnte mich über ihn, und mein Haar verbarg, was ich tat, als ich meine Lippen von der Mitte seiner Brust zu seiner Halsbeuge gleiten ließ. Dort verweilte ich zögerlich und wagte es dann, meine Zähne gegen seine Haut zu pressen und mit sanftem Druck daran zu ziehen. Er erschauerte unter mir, und seine Hände, die meine Jeans über meine Hüften schoben, zitterten.

Erschrocken zog ich mich zurück, weil ich glaubte, zu weit gegangen zu sein.

»Nein«, flüsterte er und legte seine Hände auf meine Hüften, um mich festzuhalten. Sein Gesicht war verzerrt.

»Hör nicht auf. Es ist. . Ich werde dich nicht beißen.« Er riss die Augen auf. »Oh Gott, Rachel. Ich verspreche, dass ich dich nicht beißen werde.«

Die Leidenschaft in seiner Stimme berührte mich. Ich ließ mich fal en und nagelte ihn mit meinen Beinen auf der Couch fest. Meine Lippen suchten und fanden seinen Hals, und ich verwandelte meine Küsse in etwas Handfesteres.

Sein schwerer Atem und die sanften Hände ließen mein Verlangen in pulsierende Forderungen übergehen, die mich zusammen mit meinem Herzschlag erschütterten. Zähne ersetzten Lippen, und sein Atem wurde unregelmäßig.

Seine Hände umfassten meine Hüften und ich wurde weit genug angehoben, dass ich meine Jeans ausziehen konnte.

Sie verfing sich an meinen Socken, und mit einem ungeduldigen Aufschrei löste ich mich lange genug von ihm, um sie abzuschütteln. Dann war ich zurück, und meine Haut war warm, wo sie ihn unter mir berührte. Ich lehnte mich über ihn und fixierte seinen Nacken, als ich meine Zähne statt meiner Lippen über seine Haut wandern ließ.

Kistens Atem kam stoßweise. »Rachel«, hauchte er, und seine Hand war sicher, als er sie suchend nach unten gleiten ließ.

Ich gab einen leisen, kaum hörbaren Laut von mir, als er mich berührte. In diesem Moment fühlte ich, wie sein Begehren sich in Begierde verwandelte. Ich schloss die Augen, schickte eine Hand nach unten und fand ihn. Als ich ihn an meiner Haut spürte, schob ich mich nach vorne, dann wieder zurück. Unser Atem verließ uns gleichzeitig, als wir uns vereinten. Schwer und mächtig nahm mein Verlangen zu, und Erleichterung stel te sich ein. Er glitt tief in mich. Bald, Gott hilf mir, wenn es nicht bald passierte, würde ich sterben.

Sein sanfter Atem ließ meine Gedanken wirbeln und brandete verlangend von meinem Hals zu meiner Mitte.

Mein Herz raste, und seine Finger glitten meinen Nacken entlang, um dann auf meiner pulsierenden Haut zu verharren. Wir bewegten uns zusammen, in einem gleichmäßigen Rhythmus vol er Versprechungen. Sein freier Arm schlang sich um mich und hielt mich nah an ihm, und dieses Gewicht war gleichzeitig beengend und sicher.

»Gib mir nur das«, flüsterte er und zog mich näher, und ich beugte mich bereitwil ig seinem Wil en und ließ zu, dass seine Lippen meine Dämonennarbe fanden.

Ich keuchte laut auf und erzitterte. Unser Rhythmus veränderte sich. Er hielt mich fest, als die Wel en von Verlangen immer größer wurden. Seine Lippen an meinem Nacken wurden Zähne, hungrig und fordernd. Ich spürte keinen Schmerz und drängte ihn, zu tun was er wol te. Ein kleiner Teil von mir wusste, dass ich jetzt gebissen worden wäre, wenn er nicht seine Kappen tragen würde. Das trieb mich nur noch tiefer in das verzweifelte Verlangen. Ich hörte, wie ich aufschrie, und seine Hände zitterten, sein Griff wurde fester.

Wild vor Leidenschaft umklammerte ich seine Schultern.

Ich war da, ich musste es nur einfangen. Ich atmete stoßweise gegen seinen Nacken. Es gab nichts außer ihm und mir und unseren Körpern, die sich zusammen bewegten.

Sein Rhythmus veränderte sich, und als ich fühlte, dass die Leidenschaft sich ihrem Höhepunkt näherte, fand ich wieder seinen Nacken und presste meine Zähne in seine Haut.

»Fester«, flüsterte er. »Du kannst mich nicht verletzen. Ich verspreche, du kannst mich nicht verletzen.«

Das ließ mich jede Hemmung vergessen, und ich versenkte mich in ihm, während ich an meinem Vamp Vampir spielte, ohne einen Gedanken daran zu verschwenden, was ich zurückließ.

Kisten stöhnte, und seine Arme versteiften sich um mich.

Sein Kopf schob meinen zur Seite, und mit einem Keuchen verbarg er sein Gesicht an meinem Hals.

Ich schrie auf, als seine Lippen meine Narbe fanden. Feuer entzündete meinen Körper, Erfül ung durchschoss mich, und ich erlebte meinen Höhepunkt. In Wel en brandete er über mich hinweg, und jede Wel e war stärker als die zuvor. Kisten erschauderte, und seine Bewegungen unter mir erstarben, als er kurz nach mir den Gipfel der Leidenschaft erreichte.

Mein Atem kam in einem gequälten Geräusch; ich zitterte, war unfähig mich zu bewegen, fürchtete und ersehnte zugleich die letzten kribbelnden Zuckungen. »Kisten?«, gelang es mir zu sagen, als sie sich in Nichts auflösten und ich keuchend auf ihm lag.

Die Hände, die mich festhielten, zögerten und fielen herab.

Meine Stirn fiel auf seine Brust, und ich atmete zitternd ein, erschöpft und ausgelaugt. Reglos lag ich einfach nur mit halb geschlossenen Augen auf ihm. Erst nach und nach fiel mir auf, dass mein Rücken kalt war und dass Kistens Hand in einem warmen Pfad meine Wirbelsäule rauf- und runter glitt.

Ich konnte seinen Herzschlag hören und unsere gemischten Dürfte riechen. Mit vor Erschöpfung zitternden Muskeln hob ich den Kopf, um ihn anzusehen. Er hatte die Augen geschlossen, und ein zufriedenes Lächeln lag auf seinem Gesicht.

Mein Atem stockte. Heilige Scheiße. Was habe ich gerade getan?

Kistens Augen öffneten sich und fixierten mich. Sie waren klar und blau, die Größe seiner Pupil en beruhigend normal.

»Jetzt hast du Angst?«, fragte er. »Dafür ist es ein bisschen spät.«

Sein Blick blieb an meinem blauen Auge hängen - er konnte es erst jetzt sehen, wo meine Amulette auf dem Boden lagen. Ich wol te mich von ihm lösen, ließ mich aber sofort zurückfal en, weil es kalt war. Meine Gliedmaßen fingen an zu zittern. »Ahm, das hat Spaß gemacht«, sagte ich, und er lachte.

»Spaß«, wiederholte er und zeichnete mit einem Finger die Konturen meines Kiefers nach. »Meine freche Hexe findet, dass es Spaß gemacht hat.« Er konnte offensichtlich nicht aufhören zu lächeln. »Nick war ein Trottel, dich gehen zu lassen.«

»Was meinst du damit?« Ich machte Anstalten, mich zu bewegen, aber seine Hände hielten mich an ihn gedrückt.

»Ich meine«, sagte er sanft, »dass du die erotischste Frau bist, die ich je berührt habe. Dass du gleichzeitig blauäugig-unschuldig bist und ein erfahrenes Flittchen.«

Ich verspannte mich. »Wenn das deine Version von Bettgeflüster ist, stinkt sie.«

»Rachel«, jammerte er, und der Ausdruck von befriedigter Zärtlichkeit auf seinem Gesicht war das Einzige, was mich an Ort und Stel e hielt. Das, und dass ich noch nicht wirklich aufstehen konnte. »Du hast keine Ahnung, wie erregend es ist, deine kleinen Zähne an meinem Hals zu spüren, wie sie sich darum bemühen, durch die Haut zu dringen und mich schmecken, ohne mich wirklich zu schmecken. Unschuldig, erfahren und hungrig, al es gleichzeitig.«

Ich hob die Brauen und pustete mir eine Haarsträhne aus dem Gesicht. »Du hattest das al es geplant, richtig?«, beschuldigte ich ihn. »Dachtest, du könntest hierherkommen und mich verführen wie al e anderen?« Es war nicht so, als könnte ich wirklich wütend sein, so wie ich hier auf ihm lag, aber ich gab mir Mühe.

»Nein. Nicht wie al e anderen«, widersprach er, und das Glitzern in seinen Augen berührte etwas tief in mir. »Und ja, ich bin mit dem festen Vorsatz hierhergekommen, dich zu verführen.« Er hob den Kopf und flüsterte mir ins Ohr: »Das ist es, was ich gut kann. So wie du gut darin bist, Dämonen zu entkommen und Leute in den Arsch zu treten.«

»Leute in den Arsch zu treten?«, fragte ich, als er seinen Kopf wieder auf die Lehne der Couch fal en ließ. Seine Hand wanderte wieder über mich, und ich wol te mich nicht bewegen.

»Yeah«, sagte er, und ich zuckte, als er eine kitzlige Stel e fand. »Ich mag Frauen, die auf sich aufpassen können.«

»Nicht gerade der Ritter auf dem weißen Ross, hm?«

Er hob eine Augenbraue. »Könnte ich schon sein. Aber ich bin ein faules Stück.«

Darüber musste ich lachen, und als er mitlachte, verstärkte er seinen Griff um meine Hüften. Mit einem leichten Schwanken hob er mich von sich herunter. »Halt dich fest«, sagte er, als er aufstand und mich in seine Armbeuge verlagerte, als wäre ich nicht schwerer als ein Zwei-Kilo-Paket Zucker. Mit Vamp-Stärke hielt er mich mit einem Arm und zog mit dem anderen seine Hosen über seine Hüften hoch.

»Dusche?«

Meine Arme lagen um seinen Hals geschlungen, und ich untersuchte ihn auf Bissmale. Es gab keine, obwohl ich wusste, dass ich fest genug zugebissen hatte, um welche zu hinterlassen. Und ich wusste auch ohne hinzusehen, dass er trotz seiner Wildheit keine sichtbaren Spuren an mir hinterlassen hatte. »Das klingt tol «, sagte ich, als er sich vorwärts bewegte. Seine Jeans war immer noch nicht geschlossen.

»Ich stel dich unter die Dusche«, verkündete er, als ich hinter mich auf meine Amulette, Hosen und eine Socke starrte, die über den ganzen Boden verstreut waren. »Und dann öffnen wir al e Fenster und lüften die Kirche durch. Ich helfe dir auch dabei, den Fudge fertig zu machen. Das wird ebenfal s hilfreich sein.«

»Es sind Brownies.«

»Noch besser, dafür braucht man den Ofen.« Er zögerte vor meiner Badezimmertür. Ich fühlte mich in seinen Armen umsorgt und begehrt und schob die Tür mit einem Fuß auf.

Der Mann war stark, das musste ich ihm lassen. Das war so befriedigend wie der Sex. Na ja, fast.

»Du hast Duftkerzen, oder?«, fragte er, als ich mit meinem Zeh den Lichtschalter betätigte.

»Ich habe zwei X-Chromosomen«, sagte ich trocken, als er mich auf der Waschmaschine absetzte und mir meine letzte Socke auszog. »Ich habe also ein paar Kerzen.« Er wol te mir in die Dusche helfen. Wie süß.

»Gut. Ich zünde eine davon im Altarraum an. Erzähl Ivy, dass du sie für Jenks ins Fenster gestel t hast, dann kannst du sie bis Sonnenaufgang brennen lassen.«

Ein Hauch von Unbehagen brachte mich dazu, mich aufrecht hinzusetzen, und meine Bewegungen waren langsam, als ich mein Hemd über den Kopf zog und auf die Waschmaschine fal en ließ. »Ivy?«

Kisten lehnte sich gegen die Wand und zog seine Stiefel aus. »Es macht dir also nichts aus, es ihr zu sagen?«

Sein Stiefel knal te gegen die gegenüberliegende Wand, und mein Gesicht wurde kalt. Ivy. Duftkerzen. Die Kirche durchlüften. Brownies hacken, um die Luft mit Geruch zu sättigen. Seinen Geruch von mir waschen. Super.

Kisten tapste strumpfsockig und mit offenen Jeans auf mich zu, auf seinem Gesicht sein Böser-Junge-Lächeln. Seine großen Hände umfassten mein Kinn, und er lehnte sich zu mir. »Mich stört es nicht, wenn sie es weiß«, sagte er. Ich bewegte mich nicht und genoss seine Wärme. »Irgendwann wird sie es herausfinden. Aber ich würde es ihr an deiner Stel e schonend beibringen, statt sie darüber stolpern zu lassen.« Er gab mir einen sanften Kuss auf den Mundwinkel.

Seine Hand ließ mich zögernd los, als er zurücktrat und die Tür zur Dusche öffnete.

Mist, Ivy hatte ich völ ig vergessen. »Yeah«, sagte ich abwesend und dachte an ihre Eifersucht, ihre Abneigung gegen Überraschungen und wie schlecht sie auf beides reagierte. »Du glaubst, sie wird sich aufregen?«

Kisten drehte sich um. Sein Oberkörper war nackt und seine Hand nass, weil er die Wassertemperatur getestet hatte. »Aufregen? Sie wird so eifersüchtig sein wie ein grüner Apfel, weil du und ich einen körperlichen Weg haben, um unsere Beziehung auszudrücken, und sie nichts hat.«

Frustration machte sich in mir breit. »Verdammt, Kisten. Ich werde mich nicht von ihr beißen lassen, nur damit sie weiß, dass ich sie mag. Sex und Blut. Blut und Sex. Es ist dasselbe, und ich kann das nicht mit Ivy tun. So ticke ich einfach nicht.«

Er schüttelte mit einem traurigen Lächeln den Kopf. »Du kannst nicht sagen, dass Blut und Sex dasselbe sind. Du hast noch nie jemandem Blut gegeben. Du hast nichts, worauf du deine Meinung gründen kannst.«

Ich runzelte die Stirn. »Jedes Mal, wenn ein Vamp mich auf der Suche nach einem Snack unter die Lupe nimmt, fühlt es sich sexuel an.«

Er kam auf mich zu, schob seinen Körper zwischen meine Knie und drückte sich gegen die Waschmaschine. Dann streckte er die Hand aus und schob meine Haare über meine Schultern nach hinten. »Die meisten lebenden Vampire, die nach einem kurzen Hipe suchen, finden leichter einen wil igen Partner, wenn sie ihn sexuel erregen. Aber, Rachel

-die Bedeutung hinter dem Nehmen und Geben von Blut sol te nicht auf Sex beruhen, sondern auf Respekt und Liebe.

Ivy hat diese Variante so schnel aufgegeben, weil du durch das Versprechen von tol em Sex nicht überzeugt werden kannst. Aber sie jagt dich immer noch.«

Ich dachte an al die Facetten von Ivys Charakter, die ich nach Skimmers Erscheinen offen anerkennen musste. »Ich weiß.«

»Wenn sie einmal über ihre erste Wut hinweg ist, wird sie, glaube ich, kein Problem damit haben, dass wir zusammen sind.«

»Ich habe nie gesagt, dass ich mit dir zusammen bin.«

Er lächelte wissend und berührte meine Wange. »Aber wenn ich dein Blut nehme, sogar wenn es aus Versehen geschieht oder in einem leidenschaftlichen Moment?« Kisten kniff besorgt die Augen zusammen. »Ein Kratzer und sie pfählt mich. Die ganze Stadt weiß, dass sie Anspruch auf dich erhebt, und Gott steh dem Vamp bei, der ihr in die Quere kommt. Ich habe deinen Körper genommen. Wenn ich dein Blut berühre, bin ich doppelt tot.«

Mir wurde kalt. »Kisten, du machst mir Angst.«

»Du sol test Angst haben, kleine Hexe. Irgendwann wird sie der mächtigste Vampir von Cincinnati sein, und sie wil deine Freundin sein. Sie wil , dass du ihr Retter bist. Sie glaubt, dass du entweder einen Weg findest, den Vamp-Virus in ihr zu töten, sodass sie mit intakter Seele sterben kann, oder dass du ihr Nachkomme sein wirst, sodass sie sterben kann und weiß, dass du da bist, um dich um sie zu kümmern.«

»Kisten. Hör auf.«

Lächelnd küsste er meine Stirn. »Mach dir keine Sorgen.

Seit gestern hat sich nichts geändert. Morgen wird es genauso sein. Sie ist deine Freundin, und sie wird dich um nichts bitten, was du nicht geben kannst.«

»Das hilft nicht.«

Er zuckte mit den Schultern und trat mit einer letzten Berührung zurück. Dampf waberte aus dem Spalt in der Tür, als Kisten seine Hosen abstreifte und sich in die Dusche lehnte, um die Temperatur nachzustel en. Meine Augen wanderten von seinen muskulösen Schenkeln über seinen straffen Hintern zu seinen breiten, durchtrainierten Schultern.

Al e Gedanken an den drohenden Ärger mit Ivy verschwanden. Verdammt.

Als ob er meinen Blick auf sich spüren würde, drehte er sich rechtzeitig um, um mich dabei zu ertappen, wie ich ihn mit den Augen verschlang.

Dampf stieg um ihn herum auf. Feuchte Tropfen hingen in seinen Bartstoppeln. »Lass mich dir helfen, dein Oberteil auszuziehen«, sagte er.

Ich ließ meine Augen wieder über ihn gleiten und grinste, als ich schließlich den Blick hob. Verdammt, verdammt.

Er schob seine Hände hinter meinen Rücken, und mit ein wenig Hilfe von mir zog er mir das Trägertop über den Kopf.

Ich schlang meine Beine um ihn, verschränkte meine Hände hinter seinem Nacken und schob mein Kinn in seine Halsbeuge. Gott hilf mir, er war schön.

»Kisten?«, fragte ich, als er mit der Nase meine Haare aus dem Weg schob und die kitzlige Stel e hinter meinem Ohr fand. Ein warmes Gefühl begann sich in meiner Mitte auszubreiten, das seinen Anfang dort nahm, wo seine Lippen mich berührten, und es forderte, dass ich es erkannte.

Anerkannte. Zu etwas Gutem erklärte.

»Hast du immer noch dieses enge Biker-Outfit?«, fragte ich verlegen.

Er lachte, hob mich von der Waschmaschine und trug mich in die Dusche.

22

Ich lächelte, als die Musik endete und behagliches Schweigen hinterließ. Das Ticken der Uhr, die über der Spüle hing, schien in dem von Kerzen erleuchteten Raum immer lauter zu werden. Meine Augen wanderten zu den Zeigern, die über das Ziffernblatt glitten. Vier Uhr morgens rückte bereits näher, und ich hatte nichts zu tun außer rumzusitzen und von Kisten zu träumen. Er war ungefähr um drei gegangen, um die Besucherströme bei Piscarys zu regeln, und hatte mich warm, zufrieden und glücklich zurückgelassen.

Wir hatten den ganzen Abend miteinander verbracht, hatten Sandwiches und Junk Food gegessen, Ivys und meine CD-Sammlungen durchwühlt und dann ihren Computer dazu verwendet, eine Scheibe mit unseren Lieblingsliedern zu brennen. Ich glaube, es war der schönste Abend meines gesamten Erwachsenenlebens. Wir hatten über die Erinnerungen des anderen gelacht, und mir war aufgefal en, dass es mir Spaß machte, mehr mit ihm zu teilen als nur meinen Körper.

Ich hatte jede Duftkerze angezündet, die ich besaß, um sicherzustel en, dass ich mich entscheiden konnte, wann ich Ivy von meiner neuen Vereinbarung mit Kisten erzählte, und ihr Licht verstärkte noch das friedliche Gefühl, das das sanfte Köcheln des Potpourris auf dem Herd und die leichte Lethargie von dem Schmerzamulett um meinen Hals in mir auslösten. Die Luft roch nach Ingwer, Popcorn und Brownies.

Ich saß mit aufgestützten El bogen an Ivys Tisch, spielte mit den Amuletten um meinen Hals und fragte mich, was Kisten wohl gerade tat.

So schwer es mir auch fiel, es zuzugeben, ich mochte ihn wirklich, und dass sich meine Gefühle innerhalb eines Jahres von Angst über Abneigung zu Anziehung und Interesse gewandelt hatten, machte mich besorgt und verlegen. Es war eigentlich nicht meine Art, mein gesundes Misstrauen gegenüber Vampiren wegen einem knackigen Hintern und charmantem Auftreten über Bord zu werfen.

Dass ich mit einem Vampir zusammenlebe, hat vielleicht auch was damit zu tun, dachte ich, versenkte meine Hand in die Schüssel, die vor mir stand, und aß ein Stück Popcorn, weniger aus Hunger, sondern einfach nur, weil es da war. Ich glaubte nicht, dass meine neue Haltung etwas mit meiner Narbe zu tun hatte; ich hatte Kisten schon vor dem Sex gemocht, sonst hätte es keinen gegeben - und er hatte auch nicht mit der Narbe gespielt, um mich zu beeinflussen.

Ich wischte mir das Salz von den Händen und starrte ins Leere. Ich hatte über Kisten anders gedacht, seitdem er mich schick gemacht und dafür gesorgt hatte, dass ich mich gut fühlte. Vielleicht, dachte ich und nahm mir noch ein Stück Popcorn. Viel eicht konnte ich bei einem Vampir wirklich etwas finden, was ich noch nie vorher mit einer Hexe, einem Hexenmeister oder einem Menschen geschafft hatte.

Ich stützte mein Kinn in die Hand und ließ meine Finger langsam über die Dämonennarbe gleiten, als ich mich daran erinnerte, mit welch vorsichtiger Aufmerksamkeit er mir die Haare gewaschen und mir den Rücken eingeseift hatte, und wie gut es sich angefühlt hatte, sich zu revanchieren. Er hatte mich die meiste Zeit den Duschkopf in Beschlag nehmen lassen. So was war irgendwie wichtig.

Das Geräusch der sich öffnenden Eingangstür ließ meine Augen zur Uhr schießen. Ivy war zu Hause? Schon? Ich hatte eigentlich im Bett sein und so tun wol en, als würde ich schlafen, wenn sie nach Hause kam.

»Bist du auf, Rachel?«, fragte sie, laut genug, um gehört zu werden, aber leise genug, um mich nicht zu wecken, fal s ich schlafen sol te.

»Küche«, rief ich zurück. Nervös warf ich einen Blick auf das Potpourri. Es war genug. Kisten hatte gesagt, es wäre genug. Ich stand auf, machte das Deckenlicht an und setzte mich wieder. Als die Neonlichter ins Leben flackerten, schob ich die Amulette unter meinen Pul i und lauschte auf Ivys Schritte in ihrem Zimmer.

»Hi«, sagte ich, als sie ganz in Leder und mit hohen Stiefeln in den Raum trat. Sie trug eine schwarze Umhängetasche über einem Arm und hielt ein in Seide verpacktes Paket von der Länge einer halben Angelrute in der Hand. Ich zog überrascht die Augenbrauen hoch, als mir auffiel, dass sie sich geschminkt hatte. Sie sah gleichzeitig professionel und sexy aus. Wo wol te sie so spät noch hin?

Und so angezogen?

»Was ist mit dem Abendessen bei deiner Familie passiert?«, fragte ich.

»Planänderung.« Sie stel te ihre Sachen neben mir auf dem Tisch ab und beugte sich vor, um in einer Schublade zu kramen. »Ich bin nur gekommen, um ein paar Sachen zu holen, dann bin ich wieder weg.« Mit dem Kopf immer noch ungefähr auf Kniehöhe warf sie mir ein Lächeln zu, das Zähne zeigte. »Ich bin in ein paar Stunden zurück.«

»Okay«, sagte ich leicht verwirrt. Sie sah glücklich aus. Sie sah tatsächlich glücklich aus.

»Es ist kalt hier«, stel te sie fest, als sie drei meiner hölzernen Pfähle hervorzog und sie klappernd auf die Arbeitsfläche neben der Spüle fal en ließ. »Es riecht, als hättest du die Fenster offen gehabt.«

»Ahm, muss wohl von unserer Sperrholztür sein.« Ich runzelte die Stirn, als sie aufstand und ihre Lederjacke zurechtrückte. Sie durchquerte den Raum mit fast unheimlicher Schnel igkeit und stopfte die Pfähle in ihre Tasche. Ich beobachtete sie stil und wunderte mich.

Ivy zögerte. »Kann ich sie benutzen?«, fragte sie, weil sie offensichtlich mein Schweigen als Missbil igung deutete.

»Sicher. Behalt sie«, sagte ich und fragte mich immer noch, was los war. Ich hatte sie nicht mehr so viel Leder tragen sehen, seitdem sie den Auftrag gehabt hatte, ein Vampirkind aus den Fängen eines eifersüchtigen Exfreundes zu befreien.

Und ich wol te definitiv keinen Pfahl zurückhaben, der schon mal benutzt worden war.

»Danke.« Sie ging zur Kaffeemaschine, und ihr ovales Gesicht verzog sich schlecht gelaunt, als sie die leere Kanne sah.

»Du hast einen Auftrag?«, fragte ich.

»Sozusagen.« Ihre gute Laune schwand ein wenig, und ich beobachtete, wie sie den alten Kaffeesatz ausspülte.

Neugier überwältigte mich, und ich schob die Seide beiseite, um zu sehen, was sich darunter verbarg. »Heilige Scheiße!«, rief ich, als ich ein glänzendes Stück Metal fand, das schwach nach Öl roch. »Wo hast du denn ein Schwert her?«

»Hübsch, oder?« Ivy drehte sich nicht um, sondern fül te den Filter frisch und setzte den Kaffee auf. »Und du kannst es nicht identifizieren wie Kugeln oder Zauber.«

Oh, so ein herzerwärmender Gedanke. »Kannst du damit umgehen?«

Ivy stieß sich von der Arbeitsfläche ab. Ich lehnte mich in meinem Stuhl zurück, als sie die Hül e abmachte, das dünne Schwert am Griff packte und aus der Scheide zog. Es glitt mit einem metal ischen Flüstern aus seiner Hül e, das mich im Ohr kitzelte. Wie gleitende Seide floss Ivy in die klassische Pose, der freie Arm über ihrem Kopf erhoben und ihr Schwertarm leicht gebeugt und vorgestreckt. Ihr Gesicht war ohne jeden Ausdruck, als sie an die Wand starrte. Ihr langes Haar schwang hinter ihr.

Ich habe einen verdammten Vampir-Samurai-Krieger als Mitbewohnerin. Das wird ja besser und besser. »Und du kannst auch damit umgehen«, sagte ich schwach.

Sie warf mir ein kurzes Lächeln zu, als sie sich wieder aufrichtete und das Schwert zurück in die Scheide schob.

»Ich hatte von der fünften Klasse bis in die Highschool Unterricht«, erklärte sie, als sie es auf den Tisch legte. »Ich wuchs so schnel , dass es schwer war, damit klarzukommen.

Ich bin ständig gegen Sachen gelaufen. Meistens Leute, die mich irritiert haben. In der Pubertät machen sich die schnel eren Reflexe bemerkbar. Die Übungen haben geholfen, und ich bin dabeigeblieben.«

Ich leckte mir das Salz von den Fingern und schob die Schüssel mit dem Popcorn weg. Ich war mir sicher, dass Schwertkampf-Lektionen sich auch viel mit Selbstbeherrschung beschäftigten. Entspannt, weil die Kerzen anscheinend funktionierten, streckte ich die Beine aus. Ich hatte Lust auf eine Tasse Kaffee. Ivy kramte in einem der Oberschränke und holte ihre Thermosflasche raus. Ich warf einen kalkulierenden Blick auf die Kaffeemaschine und hoffte, dass sie nicht al es mitnehmen würde.

»Also«, sagte sie, als sie die metal ene Thermosflasche mit heißem Wasser fül te, um sie anzuwärmen, »Du siehst aus wie der Vamp, der die Katze gebissen hat.«

»Wie bitte?« Mein Bauch verkrampfte sich.

Sie drehte sich um und trocknete sich die Hände an einem Geschirrtuch ab. »Hat Nick angerufen?«

»Nein«, sagte ich tonlos.

Ihr Lächeln wurde breiter. Sie warf ihre Haare über die Schulter und sagte »Gut«, und wiederholte dann noch mal leise: »Das ist gut.«

Das war kein Gespräch, das ich weiterführen wol te. Ich stand auf, wischte mir die Handflächen an meiner Jeans ab und tapste barfuß zum Herd, um die Flamme unter dem Potpourri höher zu stel en. Ivy riss den Kühlschrank auf und tauchte mit einer Tüte Bagels und dem Frischkäse wieder auf.

Die Frau aß, als könnten ihr Kalorien nichts anhaben. »Kein Jenks?«, fragte ich, obwohl die Antwort offensichtlich war.

»Kein Jenks. Aber er hat mit mir gesprochen.« Sie kniff frustriert die Augen zusammen. »Ich habe ihm gesagt, dass ich auch wusste, was Trent ist, und dass er drüber wegkommen sol . Jetzt spricht er auch mit mir nicht mehr.«

Sie öffnete die Dose mit dem Frischkäse und schmierte sich einen Bagel. »Glaubst du, wir sol ten eine Anzeige in die Zeitung setzen?«

Ich hob schockiert den Kopf. »Um ihn zu ersetzen?«, stammelte ich.

Ivy nahm einen Bissen und schüttelte ihren Kopf. »Nur um ihn aufzurütteln«, sagte sie mit vol em Mund. »Viel eicht redet er mit uns, wenn er unsere Anzeige für einen Pixie sieht.«

Ich runzelte die Stirn, als ich mich wieder auf meinen Platz setzte und die Beine ausstreckte, um meine Füße auf den unbenutzten Stuhl zu legen. »Glaube ich nicht. Es sähe ihm ähnlich, uns zu erzählen, dass wir uns verpissen sol en.«

Ivy hob eine Schulter und ließ sie wieder fal en. »Es ist ja nicht so, als könnten wir vor dem Frühling überhaupt irgendwas tun.«

»Wahrscheinlich.« Gott, war das deprimierend. Ich musste einen Weg finden, mich bei Jenks zu entschuldigen.

Viel eicht könnte ich ihm ein Telegramm mit einem singenden Clown schicken? Viel eicht, wenn ich der Clown wäre?

»Ich werde noch mal mit ihm reden«, beschloss ich. »Ihm ein bisschen Honig bringen. Viel eicht kann ich ihn betrunken genug machen, dass er mir verzeiht, was für ein Esel ich war.«

»Ich kaufe welchen, während ich unterwegs bin«, bot Ivy an. »Ich habe einen Gourmet-Honig aus japanischen Kirschblüten gesehen.« Sie schüttete das Wasser aus der Thermoskanne, fül te den gesamten Kaffee rein und versiegelte dann den wunderbaren Geruch in Stahl und Glas.

Ich schluckte meine Enttäuschung runter und zog die Füße vom Stuhl. Offensichtlich hatte sie auch darüber nachgedacht, wie man Jenks' Stolz überwinden konnte.

»Also, wo gehst du um diese Uhrzeit hin, bewaffnet mit einer Thermoskanne Kaffee, einer Tasche vol er Pfähle und diesem Schwert?«, fragte ich.

Ivy lehnte sich mit der geschmeidigen Eleganz eines schwarzen Panthers gegen die Arbeitsfläche und balancierte ihren halb aufgegessenen Bagel auf den Fingerspitzen. »Ich muss ein paar hochnäsigen Vamps ein bisschen Druck machen und sie über ihre normale Schlafenszeit hinaus wach halten. Das Schwert ist nur der Show wegen, die Pfähle, damit sie sich an mich erinnern, und der Kaffee ist für mich.«

Ich verzog das Gesicht, als ich mir vorstel te, wie furchtbar es sein konnte, wenn Ivy einen wach hielt. Besonders, wenn sie richtig Druck machte. Aber dann weiteten sich meine Augen, als ich eins und eins zusammenzählte. »Du machst das für Piscary?« Ich wusste, dass ich recht hatte, als sie sich umdrehte, um aus dem Fenster zu sehen.

»Jau.«

Ich wartete schweigend, in der Hoffnung, dass sie noch etwas sagen würde. Sie tat es nicht. Ich musterte sie aufmerksam und bemerkte ihre verschlossene Haltung.

»Dein Vater hat einen Kompromiss gefunden?«, vermutete ich.

Sie seufzte und drehte sich zu mir um. »Solange ich mich um Piscarys Angelegenheiten kümmere, wird der Bastard nicht in meinen Kopf eindringen.« Sie sah auf ihren halben Bagel, runzelte die Stirn und stiefelte zum Mül eimer, um ihn wegzuwerfen.

Ich sagte nichts. Ich war überrascht, dass sie so schnel kapituliert hatte. Offensichtlich deutete sie mein Schweigen als Anschuldigung, denn ihre ebenmäßigen Gesichtszüge nahmen einen Ausdruck von Scham an. »Piscary hat zugestimmt, dass ich Kisten weiter als Frontmann benutze«, sagte sie. »Er mag seinen schlechten Ruf. Und jeder, der wirklich bedeutend ist, wird wissen, dass al es, was er sagt, in Wirklichkeit direkt von mir kommt. . ich meine, von Piscary.

Ich muss nichts tun, außer, wenn Kisten in Probleme läuft, mit denen er nicht umgehen kann. Dann ziehe ich als Stoßtrupp aus und haue ihn raus.«

Ich erinnerte mich daran, wie Kisten sieben Hexen so mühelos fertiggemacht hatte, als würde er einen Schokoriegel durchbrechen. Ich konnte mir nichts vorstel en, womit er nicht umgehen können sol te, aber andererseits konnte er gegen untote Vampire nicht viel ausrichten, ohne Piscarys Stärke im Rücken. »Und dir geht es gut damit?«, fragte ich dümmlich.

»Nein«, sagte sie und verschränkte abwehrend die Arme.

»Aber es ist das, was mein Dad rausschlagen konnte, und wenn ich nicht akzeptieren kann, wie er mir hilft, hätte ich ihn nicht um Hilfe bitten dürfen.«

»Tut mir leid«, murmelte ich und wünschte mir, ich hätte einfach den Mund gehalten.

Anscheinend besänftigt ging Ivy quer durch die Küche, um die Thermoskanne in der Tasche mit den Pfählen zu verstauen. »Ich wil Piscary nicht in meinem Kopf haben«, sagte sie und schüttelte die Tasche einmal, bevor sie den Reißverschluss zuzog. »Solange ich tue, was er sagt, bleibt er draußen; und er lässt Erica in Ruhe. Kisten sol te sein Nachkomme sein, nicht ich«, murmelte sie. »Er wil es schließlich.«

Ich stimmte ihr geistesabwesend zu. Plötzlich hielten ihre Finger an der Tasche inne, und ihr Gesicht zeigte ein Echo des Schmerzes, den sie in der Nacht empfunden hatte, als Piscary sie in mehr als einer Hinsicht vergewaltigt hatte. Ich fröstelte, als sie plötzlich tief die Luft einsog und unkonzentriert in die Luft starrte. »Kisten war hier«, sagte sie leise.

Sofort verkrampfte ich mich. Verdammt, ich hatte es nicht mal eine Nacht vor ihr geheim halten können.

»Ahm, ja«, stotterte ich und setzte mich aufrechter hin. »Er hat nach dir gesucht.« Ungefähr vor einem halben Tag. Die Kälte, die ich empfand, vertiefte sich, als ihre Konzentration sich völ ig auf mich richtete, weil sie mein Unbehagen bemerkt hatte. Ihr Kopf ruckte herum, um das Potpourri auf dem Herd anzustarren. Verdammt, verdammt.

Mit zusammengepressten Lippen verließ sie den Raum.

Der Holzstuhl quietschte laut, als ich aufstand. »Ahm, Ivy?«, rief ich und folgte ihr.

Mir stockte der Atem, und ich blieb abrupt stehen, als sie mich auf ihrem Weg zurück aus dem Altarraum fast über den Haufen rannte. »Entschuldige mich«, murmelte sie und glitt mit Vamp-Geschwindigkeit um mich herum. Ihre Haltung war angespannt, und in dem spärlichen Licht, das aus der Küche zu uns drang, konnte ich sehen, dass ihre Pupil en geweitet waren. Mist. Sie wurde vampirisch.

»Ivy?«, rief ich in den leeren Flur, weil sie bereits ins Wohnzimmer verschwunden war. »Zu Kisten. .«

Die Worte blieben mir im Hals stecken, und ich blieb im von Kerzen erleuchteten Wohnzimmer abrupt am Rand des grauen Teppichs stehen. Ivy stand völ ig steif vor der Couch.

Der Couch, auf der Kisten und ich Sex gehabt hatten.

Emotionen schossen über ihr Gesicht und machten mir in ihrem rasanten Wechsel Angst: Bestürzung, Angst, Verrat. Ich zuckte zusammen, als sie sich plötzlich in Bewegung setzte und einen Knopf an der Anlage drückte. Die CD-Schublade mit den fünf CDs fuhr raus. Ivy starrte sie an und versteifte sich noch mehr. »Ich werde ihn töten«, sagte sie, wobei sie mit den Fingerspitzen über die Jeff-Buckley-Scheibe strich.

Schockiert öffnete ich den Mund, um zu protestieren, nur um zu fühlen, wie die Worte in mir starben, als ich die schwarze, schwere Wut in ihrer Miene sah.

»Ich werde ihn zweimal töten«, sagte sie. Sie wusste es.

Irgendwoher wusste sie es.

Mein Herz klopfte. »Ivy«, setzte ich an und hörte die Angst in meiner Stimme. Und damit weckte ich ihre Instinkte. Mit einem Keuchen ging ich rückwärts, aber viel zu langsam.

»Wo ist es?«, zischte sie, und ihre Augen waren weit und wild, als sie den Arm nach mir ausstreckte.

»Ivy. .« Mein Rücken berührte die Wand im Flur, und ich schlug ihre Hand zur Seite. »Er hat mich nicht gebissen.«

»Wo ist es?«

Adrenalin überschwemmte mich. Sie roch es, und ihre Hand schoss nach vorne. Ihre Augen waren schwarz und verloren. Nur durch die Erfahrung aus unseren früheren Sparring-Kämpfen war es mir möglich, ihren Griff zu blocken und unter ihrem Arm durchzutauchen. Ich blieb in der Mitte des Wohnzimmers stehen.

»Hör auf, Ivy!«, rief ich und bemühte mich, mich nicht abwehrend zusammenzukauern. »Er hat mich nicht gebissen!« Aber ich hatte nicht einmal Zeit einzuatmen, bevor sie bei mir war und den Kragen meines Pul is nach unten zog.

»Wo hat er dich gebissen?«, fragte sie mit zitternder Stimme. »Ich werde ihn töten. Ich werde ihn verdammt noch mal töten! Ich kann ihn überal an dir riechen!«

Ihre Hand griff nach dem Saum meines Pul is.

Das trieb mich endgültig über die Panikgrenze, und meine Instinkte übernahmen das Kommando. »Ivy! Stopp!«, schrie ich. Angsterfül t zapfte ich die Kraftlinie an. Sie griff mit wuterfül ter Miene nach mir. Die Energie fül te mein Chi, wild und außer Kontrol e. Ein Energiestoß brach aus meinen Händen und verbrannte sie, weil ich die Kraft nicht mit einem Zauber gebunden hatte.

Wir schrien beide auf, als eine schwarz-goldene Wand von Jenseits aus mir herausbrach und Ivy in die Sperrholztür warf.

Sie glitt in einem ungelenken Haufen zu Boden, die Arme lagen über ihrem Kopf. Die Fenster klirrten von dem Donner.

Ich taumelte zurück, fing mich aber wieder. Ärger verdrängte meine Angst. Es war mir egal, ob es ihr gut ging oder nicht.

»Er hat mich nicht gebissen!«, schrie ich und spuckte Haare aus, als ich über ihr stand. »Okay? Wir hatten Sex. In Ordnung? Gott helfe dir, Ivy. Es war nur Sex!«

Ivy hustete. Mit rotem Gesicht holte sie keuchend Luft. Die Sperrholztür hinter ihr hatte einen Sprung. Sie schüttelte den Kopf und schielte zu mir hoch, stand aber nicht auf.

»Er hat dich nicht gebissen?«, fragte sie mit rauer Stimme, und ihr Gesicht wirkte im Kerzenlicht dunkel.

Meine Beine zitterten von der Aufregung. »Nein!«, schrie ich. »Glaubst du, ich bin blöd?«

Offensichtlich erschüttert schaute sie mich schief an. Sie nahm einen tiefen Atemzug und wischte sich mit dem Handrücken über den Mund. Mein Magen verkrampfte sich, als ich sah, dass sie blutverschmiert war. Ivy starrte das Blut an, dann zog sie die Beine unter sich und stand auf. Ich atmete wieder leichter, als sie nach einem Tuch griff, ihre Hand abwischte und es dann zusammenknül te.

Sie streckte den Arm aus, und ich sprang zurück. »Fass mich nicht an!«, warnte ich, und sie hob beschwichtigend eine Hand.

»Tut mir leid.« Sie blickte auf das gesprungene Sperrholz und verzog dann das Gesicht, als sie ihren Rücken befühlte.

Vorsichtig zog sie ihren Mantel zurecht. Ihr Blick suchte meinen. Mein Herz klopfte im selben Rhythmus wie der Schmerz hinter meinen Augen. »Du hast mit Kisten geschlafen, und er hat dich nicht gebissen?«

»Ja. Und nein, er hat mich nicht gebissen. Und wenn du mich jemals wieder anrührst, gehe ich ohne einen Blick durch die Tür. . für immer. Verdammt, Ivy, ich dachte, wir hätten das geklärt!«

Ich erwartete eine Entschuldigung oder etwas Ähnliches, aber al es, was sie tat, war mich spekulativ anzuschauen und zu fragen: »Bist du dir sicher? Du hast es viel eicht nicht mal bemerkt, wenn er dich nur an der Lippe geritzt hat.«

Ich bekam eine Gänsehaut und ließ meine Zunge über die Innenseite meiner Lippen gleiten. »Er trug Kappen«, sagte ich dann, und mir war schlecht bei dem Gedanken, wie leicht er mich hätte reinlegen können. Aber er hatte es nicht getan.

Ivy blinzelte. Langsam setzte sie sich auf die Couch, stemmte ihre El bogen auf die Knie und ließ den Kopf auf die Hände sinken. Ihr dünner Körper wirkte im Licht der drei Kerzen auf dem Tisch unheimlich verletzlich. Mist. Mir fiel plötzlich ein, dass sie nicht nur eine engere Beziehung mit mir wol te, sondern dass Kisten auch ein Exfreund von ihr war. »Ivy? Bist du in Ordnung?«

»Nein.«

Ich setzte mich vorsichtig auf den Stuhl ihr gegenüber.

Zwischen uns war die Tischecke. Egal nach welchen Kriterien, das hier war ein absoluter Scheißhaufen. Ich fluchte leise, dann streckte ich die Hand aus. »Ivy. Gott, ist das scheußlich.«

Sie zuckte unter dem Gewicht meiner Hand zusammen und schaute hoch. Ihre Augen waren erschreckend trocken.

Ich zog mich zurück und legte meine Hand in den Schoß, als wäre sie etwas Totes. Ich wusste, dass ich sie nicht anfassen sol te, wenn sie mehr wol te. Aber hier zu sitzen und nichts zu tun wirkte so kalt.

»Es ist irgendwie passiert.«

Ivy berührte ihre Lippe, um zu prüfen, ob sie noch blutete.

Sie tat es nicht. »Es war nur Sex. Du hast ihm nicht dein Blut gegeben?«

Die Verletzlichkeit in ihrer Stimme traf mich. Ich nickte. Ich fühlte mich wie eine Puppe mit meinen weit aufgerissenen Augen und leeren Gedanken.

»Es tut mir leid«, sagte ich. »Ich wusste nicht, dass du und Kisten . .« Ich zögerte. Hier ging es nicht um den Sex, sondern um das Blut, von dem sie glaubte, dass ich es ihm gegeben hatte.

»Ich habe nicht geglaubt, dass du und Kisten immer noch eine offiziel e Beziehung habt«, tastete ich mich vor, ohne zu wissen, ob ich es richtig ausdrückte.

»Ich teile kein Blut mit Kisten, außer in den seltenen Fäl en, wenn er abgesägt wurde und Streicheleinheiten braucht«, erklärte sie mit leiser, seidiger Stimme, sah aber immer noch nicht hoch. »Blut ist nicht Sex, Rachel. Es ist eine Art, jemandem zu zeigen, dass er dir wichtig ist. Eine Art, zu zeigen. . dass du ihn liebst.«

Das Letzte kam als leises Flüstern. Ich fühlte mich, als würden wir auf Messers Scheide balancieren, und das machte mir eine Höl enangst. »Wie kannst du sagen, dass Sex nicht Blut ist, wenn du mit so gut wie jedem Sex hast?«, fragte ich, und die Anspannung ließ meine Stimme härter klingen als ich es beabsichtigt hatte. »Guter Gott, Ivy, wann hattest du das letzte Mal Sex ohne Blut?«

Jetzt hob sie den Kopf, und die Angst in ihrem Blick schockierte mich. Sie hatte Angst, und zwar nicht, weil sie glaubte, ich hätte Kisten Blut gegeben. Sie hatte Angst vor den Antworten, die ich von ihr forderte. Ich glaubte nicht, dass sie schon einmal mit ihnen konfrontiert worden war, selbst in dem Chaos, das ihr Verlangen in ihr angerichtet hatte. Ich fühlte mich erst heiß, dann kalt. Verunsichert zog ich die Knie ans Kinn.

»Okay«, sagte sie mit einem tiefen Seufzer, und ich wusste, dass sie jetzt schonungslos ehrlich sein würde. »Du hast da einen guten Punkt. Ich schließe normalerweise Blut in meinen Sex ein, weil ich es so mag. Es ist ein Rausch, Rachel, wenn du es nur. .« Hilflos hob sie die Hände.

Ich fühlte, wie ich bleich wurde. Ich schüttelte den Kopf, und sie sprach nicht aus, was sie offenbar gerade sagen wol te. Dann schien sie in sich zusammenzufal en, und al e Spannung verließ ihren Körper. »Rachel, es ist nicht dasselbe«, beendete sie ihren Satz und merkte selbst, wie schwach die Argumentation war. Ihre braunen Augen waren bittend auf mich gerichtet.

Meine Gedanken wanderten zu Kist. Das Kribbeln meiner Narbe schoss in meinen Unterleib und ließ meinen Atem noch schnel er kommen. Ich schluckte und unterdrückte das Gefühl. Demonstrativ lehnte ich mich zurück und war froh, dass der Tisch zwischen Ivy und mir war.

»Das sagt Kisten auch, aber ich kann es nicht trennen. Und ich glaube auch nicht, dass du es kannst.«

Ivys Gesicht wurde rot, und ich wusste, dass ich recht hatte.

»Verdammt, Ivy. Ich sage ja nicht, dass es falsch ist, wenn sie zusammengehören. Zur Höl e, ich lebe jetzt seit sieben Monaten mit dir zusammen. Glaubst du nicht, dass du es wüsstest, wenn ich das denken würde? Aber so bin ich nicht gebaut. Du bist die beste Freundin, die ich jemals hatte, aber ich werde nicht mein Kissen mit dir teilen, und ich werde niemals jemanden wissen lassen, wie mein Blut schmeckt.«

Ich holte tief Luft. »So bin ich auch nicht gebaut. Und ich kann nicht durch mein Leben gehen und jede richtige Beziehung vermeiden, nur weil es deine Gefühle verletzen könnte. Ich habe dir gesagt, dass zwischen uns niemals etwas passieren wird, und es wird nicht passieren. Viel eicht. .« Ich fühlte mich krank. »Viel eicht sol te ich ausziehen.«

»Ausziehen?«

Es war nicht mehr als entsetztes Hauchen, und ich fühlte die Wärme von Tränen in meinen Augen. Ich starrte mit zusammengebissenen Zähnen an die Wand. Die letzten sieben Monate waren die furchterregendsten, schaurigsten und besten Monate meines Lebens gewesen. Ich wol te nicht gehen - und zwar nicht nur, weil sie mich davor beschützte, von einem anderen Vampir gebissen und in Besitz genommen zu werden -, aber hierzubleiben war uns beiden gegenüber nicht fair, wenn sie nicht fähig war, es aufzugeben.

»Jenks ist weg«, sagte ich leise, damit meine Stimme nicht zitterte. »Und ich habe gerade mit deinem Exfreund geschlafen. Es ist nicht fair, hierzubleiben, wenn zwischen uns nie mehr als Freundschaft sein wird. Besonders jetzt, wo Skimmer zurück ist.« Ich starrte vol er Selbsthass auf die zerbrochene Tür. »Wir sol ten einfach unter al es einen Schlussstrich ziehen.«

Gott, warum heulte ich fast? Ich konnte ihr nicht mehr geben, und sie brauchte es so dringend. Skimmer konnte; Skimmer wol te. Ich sol te gehen. Aber als ich hochsah, entdeckte ich schockiert, dass das Kerzenlicht unter ihren Augen Feuchtigkeit zum Glitzern brachte.

»Ich wil nicht, dass du gehst«, sagte sie, und der Frosch in meinem Hals wurde größer. »Eine gute Freundschaft ist doch sicherlich Grund genug, um zu bleiben, oder?« Ihre Augen waren so vol er Schmerz, dass mir eine Träne über die Ange lief.

»Verdammt«, sagte ich und wischte sie mit einem Finger weg. »Schau, wozu du mich gebracht hast.«

Ich zuckte zusammen, als sie über den Tisch griff und mein Handgelenk umfasste. Meine Augen saugten sich an ihren fest, als sie meine Hand zu sich zog und meinen tränennassen Finger an ihre Lippen presste. Ihre Augen schlossen sich mit flatternden Lidern. Ein Adrenalinstoß durchfuhr mich. Mein Puls wurde schnel er, nicht zuletzt, weil ich so frische Erinnerungen an von Vampiren ausgelöste Ekstase hatte. »Ivy?«, fragte ich schwach und zog meine Hand zurück.

Sie ließ mich los. Mein Herz raste, als sie einen langsamen Atemzug nahm und dabei mit ihren Sinnen die Luft prüfte, meine Emotionen durch ihr unglaubliches Gehirn laufen ließ und abwog, was ich viel eicht tun würde und was nicht. Ich wol te nicht wissen, auf was ihre Berechnungen hinausliefen.

»Ich packe meine Sachen«, sagte ich und hatte plötzlich Angst, dass Ivy mehr über mich wusste als ich selbst.

Sie öffnete die Augen, und es schien mir, als sähe ich einen Schimmer von Stärke darin. »Nein.« Die ersten Zeichen ihres eisernen Wil ens kehrten zurück. »Wir sind beide Dreck, wenn wir al ein sind, und ich rede nicht nur von der blöden Firma. Ich verspreche, dass ich dich um nichts bitten werde, außer, meine Freundin zu sein. Bitte. .«, sie atmete wieder tief ein, »bitte geh deswegen nicht, Rachel. Mach mit Kist, was immer du wil st. Er ist ein guter Mann, und ich weiß, dass er dir nicht wehtun wird. Sei nur. .« Sie hielt den Atem an, und ihre Entschlossenheit fiel in sich zusammen. »Sei bitte einfach nur hier, wenn ich nach Hause komme.«

Ich nickte. Ich wusste, dass sie nicht nur heute Abend meinte. Und ich wol te nicht gehen. Ich liebte es hier: die Küche, der Hexengarten, der Coolheitsfaktor, in einer Kirche zu wohnen. Dass sie unsere Freundschaft schätzte, war mir unglaublich wichtig. Ich hatte wegen dem, was meinem Dad passiert war, echte Freundschaften jahrelang gemieden, und es bedeutete auch mir eine Menge, eine beste Freundin zu haben. Sie hatte schon einmal gedroht, mir ihren dringend benötigten Schutz zu entziehen, sol te ich gehen. Dieses Mal hatte sie das nicht getan. Ich hatte Angst, nach dem Grund zu suchen, weil ich fürchtete, dass es viel eicht das kleine Kribbeln sein könnte, das ich gespürt hatte, als sie ineine Tränen gekostet hatte.

»Danke«, sagte sie, und ich erstarrte, als sie sich über den Tisch beugte und mich kurz umarmte. Der Geruch von Leder fül te meine Sinne. »Fal s Kisten dich davon überzeugen kann, dass Blut nicht gleich Sex ist - versprichst du, dass du es mir sagst?«

Ich starrte sie an. Die Erinnerung daran, wie Skimmer sie geküsst hatte, schoss mir durch den Kopf und war wieder verschwunden.

Sie ließ mich, anscheinend zufriedengestel t, los, stand auf und ging in die Küche.

»Ivy«, hauchte ich, zu betäubt und angespannt, um lauter zu sprechen. Ich wusste, dass sie mich hören konnte. »Wie viele Regeln brechen wir gerade?«

Sie zögerte, als sie mit ihrer Tasche und ihrem Schwert in der Hand im Flur erschien, trat von einem Fuß auf den anderen, antwortete aber nicht. »Ich werde nach Sonnenaufgang zurück sein. Viel eicht könnten wir einfach spät Abendessen? Bei einer Lasagne über Kisten schwatzen?

Er ist tatsächlich ein netter Kerl - er wird dir gut tun.« Sie warf mir noch unbeholfenes Lächeln zu und ging.

In ihrer Stimme hatte ein bedauernder Unterton gelegen, aber ich wusste nicht, ob er mir galt oder Kisten. Ich wol te es nicht wissen. Als ich das Geräusch der sich schließenden Tür hörte, starrte ich auf den Teppich, ohne die Kerzen zu sehen oder den Geruch von Wachs und Duftöl in der Luft wahrzunehmen. Wie war mein Leben nur zu so einem Chaos geworden? Al es, was ich gewol t hatte, war die I.S. zu verlassen, ein paar Leuten zu helfen, etwas aus mir und meinem Abschluss zu machen. Seitdem hatte ich meinen ersten richtigen Freund seit Jahren gefunden und wieder vergrault, einen Pixie-Clan beleidigt, war Ivys heiliger Gral geworden und hatte Sex mit einem lebenden Vampir gehabt.

Und da waren die zwei Todesdrohungen, die ich überlebt hatte, oder die heikle Situation mit Trent noch nicht mal mitgezählt. Was zur Höl e tat ich hier?

Ich stand auf und taumelte auf Beinen, die sich anfühlten, als wären sie aus Gummi, in die Küche. Als ich das Geräusch von laufendem Wasser hörte, sah ich hoch und erstarrte.

Algaliarept stand an der Spüle und fül te den Teekessel, auf dessen altem Kupfer sich Tropfen von Kondensationswasser gebildet hatten.

»Guten Abend, Rachel«, sagte er. Er lächelte und zeigte dabei seine flachen Zähne. »Ich hoffe, du hast nichts dagegen, dass ich uns eine Kanne Tee mache. Wir haben eine Menge zu tun, bevor die Sonne aufgeht.«

Oh Gott. Das hatte ich vergessen.

23

»Verdammt«, fluchte ich und wich zurück. Der Altarraum.

Wenn ich es schaffte, heiligen Boden zu erreichen, konnte er mir nichts anhaben. Ich kreischte, als eine schwere Hand auf meine Schulter fiel. Hektisch wirbelte ich herum und kratzte ihn im Gesicht. Es wurde neblig, und ich schwankte, als sein Griff plötzlich verschwand. Einen Moment später hatte er meinen Knöchel in der Hand und riss mich von den Füßen.

»Lass los«, schrie ich, als ich auf den Boden knal te und sofort nach ihm trat.

Er schleuderte mich über den Boden an den Kühlschrank.

Sein langes Gesicht wurde bleich, als hätte es noch nie die Sonne gesehen, und seine roten Ziegenaugen glänzten erwartungsfroh. Ich kämpfte mich auf die Beine, aber er stürzte sich auf mich, packte mich mit seinen weiß behandschuhten Fingern und schüttelte mich so, dass meine Zähne klapperten. Dann stieß er mich weg, und ich knal te gegen die Arbeitsfläche in der Mitte der Küche als wäre ich nichts als eine Puppe. Ich drehte mich um und presste mit weit aufgerissenen Augen und rasendem Puls meinen Rücken dagegen. Ich war so dumm. Ich war so dumm

»Wenn du noch mal wegläufst, erkläre ich das zu einem Vertragsbruch«, sagte er ruhig. »Das ist deine Warnung. Bitte lauf. Es würde al es sooo viel einfacher machen.«

Zitternd hielt ich mich an der Arbeitsfläche fest, um nicht zu schwanken. »Geh weg«, forderte ich. »Ich habe dich nicht beschworen.«

»So einfach ist das nicht mehr«, erklärte er. »Es hat mich einen Tag in der Bibliothek gekostet, aber ich habe einen Präzedenzfal gefunden.« Sein präziser Akzent wurde noch aufdringlicher, als er die Hände gegen seinen grünensamtenen Gehrock presste und zitierte: »Wenn besagter Familiaris sich durch Ausleihe oder ähnliche Ereignisse an einem Beta-Standort aufhält, ist es dem Meister erlaubt, seinen Familiaris aufzusuchen, um ihn seine Pflichten ausführen zu lassen.< Du hast mir die Tür geöffnet, als du eine Linie angezapft hast«, fügte er hinzu. »Und da ich eine Aufgabe für dich habe, bleibe ich hier, bis du sie erledigt hast.«

Ich fühlte mich krank. »Was wil st du?« Auf meiner Arbeitsfläche stand ein Zauberkessel, der randvol war mit einer bernsteinfarbenen Flüssigkeit, die nach Geranien roch.

Ich hatte nicht damit gerechnet, dass er die Arbeit zu mir bringen würde.

»Was wil st du. . Meister«, korrigierte AI mich und lächelte breit.

Ich schob mir nervös die Haare hinters Ohr. »Ich wil , dass du dich aus meiner Küche verpisst.«

Sein Lächeln verrutschte nicht einen Augenblick, als er mich mit einer heftigen Bewegung des Handrückens ins Gesicht schlug. Ich unterdrückte ein Keuchen und versuchte, das Gleichgewicht zu halten. Adrenalin überschwemmte mich, als er meine Schulter packte und mich aufrecht hielt.

»Witziges, witziges Mädchen«, murmelte er. Seine britische Eleganz widerte mich an; sein wie gemeißelt wirkendes Gesicht wurde hart. »Sag es.«

Ich schmeckte den metal ischen Geschmack von Blut auf meiner Zunge. Mein Rücken wurde unangenehm gegen den Tresen gepresst. »Was wil st du, oh gnadenreicher Meister meines Arsches.«

Ich hatte keine Zeit mich zu ducken, bevor seine Handfläche auf mich zukam. Schmerz durchschoss mich, und ich knal te auf den Boden. Als Stiefel mit den Silberschnal en kamen in mein Blickfeld. Er trug weiße Seidenstrümpfe, und die Säume seiner Hose waren mit Spitze verziert.

Mir wurde übel. Ich berührte meine Wange, fühlte wie sie brannte, und hasste ihn. Ich versuchte aufzustehen, aber er machte es mir unmöglich, indem er einen Fuß auf meine Schulter stel te und mich nach unten drückte. Dafür hasste ich ihn noch mehr, und ich warf meine Haare nach hinten, um ihn ansehen zu können. Was macht es schon für einen Unterschied? »Was wil st du, Meister?«

Ich fühlte mich, als müsste ich jeden Moment kotzen.

Seine dünnen Lippen verzogen sich zu einem Lächeln. Er zog an seinen spitzenbesetzten Ärmeln und beugte sich eifrig vor, um mir aufzuhelfen. Ich wol te es nicht, aber er riss mich so schnel hoch, dass ich mich gegen ihn gepresst wiederfand und den Geruch von Samt und verbranntem Bernstein einatmete. »Ich wil das«, flüsterte er und ließ eine Hand suchend unter meinen Pul i gleiten.

Mein Herz raste. Ich versteifte mich und biss die Zähne zusammen. Ich werde ihn töten. Irgendwie werde ich ihn töten.

»So ein rührendes Gespräch mit deiner Mitbewohnerin«, hauchte er, und ich zuckte zusammen, weil seine Stimme sich in Ivys verwandelt hatte. Jenseitsenergie zischte durch mich hindurch, als er sein Aussehen veränderte, während ich ihn noch berührte. Rote Ziegenaugen starrten aus Ivys perfektem Gesicht. Schlank und sehnig schmiegte sich das Abbild ihres Körpers in engem Leder gegen mich und schob mich gegen die Arbeitsfläche. Das letzte Mal hatte er mich gebissen. Oh, Gott. Nicht noch mal.

»Aber viel eicht wil st du stattdessen das«, sagte er mit ihrer seidenen Stimme, und in meinem Kreuz sammelte sich Schweiß. Ihr langes, glattes Haar streichelte meine Wange, und das geschmeidige Flüstern brachte meine Haut unaufhaltsam zum Zittern. Da er es fühlte, wo sich unsere Körper berührten, beugte er sich näher, bis ich zurückschreckte.

»Weich nicht zurück«, flüsterte er mit ihrer Stimme, und meine Entschlossenheit wurde immer stärker. Er war Schleim.

Er war ein Bastard. Ich würde ihn dafür töten. »Es tut mir leid, Rachel. .«, hauchte er, und lange Finger zogen eine prickelnde Spur von meiner Schulter zu meiner Hüfte. »Ich bin nicht wütend. Ich verstehe, dass du Angst hast. Aber die Dinge, die ich dir beibringen könnte - wenn du nur die Höhen der Ekstase kennen würdest, die wir erreichen könnten.« Sein Atem kam unregelmäßig. Ivys Arme um mich herum waren leicht - und schmiegten mich gegen meinen Wil en an ihn. Ich konnte ihren reichhaltigen Geruch von dunklem Rauch und Asche wahrnehmen. Er stel te sie perfekt dar.

»Lass es mich dir zeigen«, murmelte das Abbild von Ivy, und ich schloss die Augen. »Nur eine Kostprobe. . Ich weiß, dass ich dich umstimmen kann.«

Es war ein Flehen, vol von ihren verletzlichen Sehnsüchten.

Es war al es, was sie nicht gesagt hatte, was sie nie sagen würde. Ich riss die Augen auf, als meine Narbe plötzlich aktiv wurde. Gott, nein. Feuer schoss durch meinen Unterleib.

Meine Knie gaben nach, und ich versuchte, es wegzudrängen. Dämonenrote Augen verwandelten sich in sanftes Braun, und sein Griff verstärkte sich. Er zog mich näher an sich, bis ich seinen Atem an meinem Nacken spürte.

»Sanft, Rachel«, flüsterte ihre Stimme. »Ich könnte so sanft sein. Ich könnte al es sein, was ein Mann nicht kann. Al es, was du wil st. Nur ein kleines Wort, Rachel. Sag mir, dass du es wil st.«

Ich konnte. . ich konnte damit gerade einfach nicht umgehen. »Hattest du nicht was für mich zu tun?«, fragte ich. »Die Sonne wird bald aufgehen, und ich wil ins Bett.«

»Langsam«, mahnte er, und Ivys Atem roch nach Orangen.

»Es gibt nur ein erstes Mal.«

»Lass mich los«, sagte ich gepresst. »Du bist nicht Ivy, und ich bin nicht interessiert.«

Ivys von Leidenschaft schwarze Augen verengten sich, aber Als Aufmerksamkeit war nicht auf mich gerichtet, sondern auf etwas hinter mir. Ich hatte nicht das Gefühl, dass es etwas war, was ich gesagt hatte. Er ließ mich los, und ich stolperte, bevor ich mein Gleichgewicht wieqerfand. Ein Schimmer von Jenseits glitt über ihn, und er verwandelte sich wieder in den üblichen jungen britischen Gentleman des achtzehnten Jahrhunderts. Auch die Sonnenbril e war wieder da, um seine Augen zu verbergen, und er schob sie auf seiner schmalen Nase zurecht. »Wie wundervol «, sagte er jetzt wieder mit Akzent. »Ceri.«

Im Hintergrund war das Krachen der Eingangstür zu hören, die beim Öffnen gegen die Wand knal te. »Rachel!«, hörte ich ihre Stimme, hoch und angsterfül t. »Er ist auf dieser Seite der Linien!«

Mit klopfendem Herzen wirbelte ich herum. Ich atmete ein, um sie zu warnen, aber ich war zu langsam. Meine ausgestreckte Hand fiel herunter, als sie in den Raum torkelte. Ihr einfaches weißes Kleid wogte um ihre Beine, als sie im Türrahmen anhielt. Ihre grünen Augen blickten schwermütig, und sie legte eine Hand auf Ivys Kruzifix auf ihrer Brust. »Rachel. .«, hauchte sie und ließ betroffen die Schultern hängen.

AI machte einen Schritt auf sie zu, und sie wirbelte im Kreis herum wie eine Tänzerin, mit wehenden Haaren, ein Bein ausgestreckt. Sie rezitierte ein unbekanntes, mit Dunkelheit erfül tes Gedicht, und ein Kräuseln von Jenseitsenergie legte sich zwischen uns. Mit bleichem Gesicht und um sich geschlungenen Armen starrte sie ihn zitternd aus ihrem kleinen Schutzkreis an.

Der stattliche Dämon strahlte und rückte die Spitze an seinem Kragen zurück. »Ceri, wie schön dich zu sehen. Ich vermisse dich, Liebste«, schnurrte er.

Das Kinn der jungen Frau zitterte. »Bann ihn, Rachel«, sagte sie, und ihre Angst war offensichtlich.

Ich versuchte zu schlucken, aber es gelang mir nicht. »Ich habe eine Linie angezapft. Er hat einen Präzedenzfal . Er hat eine Aufgabe für mich.«

Ihr Augen weiteten sich. »Nein. .«

AI runzelte die Stirn. »Ich war seit tausend Jahren nicht mehr in der Bibliothek. Sie haben hinter meinem Rücken getratscht, Ceri. Ich musste meine Karte neu beantragen, es war sehr beschämend. Jeder weiß, dass du weg bist. Zoe macht mir den Tee. Es ist der schlimmste Tee, den ich je getrunken habe - er kann den Zuckerlöffel nicht halten, mit nur zwei Fingern. Komm doch zurück.« Sein ansprechendes Gesicht verzog sich zu einem Lächeln. »Es wird deine Seele wert sein.«

Ceri zuckte zusammen. Mit hoch erhobenem Kinn sagte sie stolz: »Mein Name ist Ceridwen Merriam Dulciate.«

AI stieß einen belustigten, rauen Laut aus. Er nahm seine Bril e ab und lehnte sich mit dem El bogen auf den Tresen.

Sein spottender Blick war auf mich gerichtet, als er murmelte:

»Ceri, wärst du so lieb und würdest uns einen Tee machen?«

Fassungslos beobachtete ich, wie Ceri den Kopf senkte und einen Schritt machte. AI kicherte, als sie einen angewiderten Schrei von sich gab und am Rand des Kreises anhielt. Ihre winzigen Fäuste waren gebal t, und sie schäumte vor Wut.

»Alte Gewohnheiten sterben langsam«, spottete er.

Übelkeit stieg in mir auf. Sogar jetzt gehörte sie noch ihm.

»Lass sie in Ruhe«, knurrte ich.

Wie aus dem Nichts traf mich seine Hand. Ich wurde mit brennendem Kiefer gegen den Tresen geschleudert.

Keuchend klappte ich zusammen, und meine Haare fielen über mein Gesicht. Langsam hatte ich es satt.

»Schlag sie nicht!«, giftete Ceri mit hoher Stimme.

»Stört es dich?«, fragte er nachlässig. »Schmerz trifft sie mehr als Angst. Was gut ist - Schmerz lässt eine Person länger am Leben als Angst.«

Meine Schmerzen verwandelten sich in Wut. Mit hochgezogenen Augenbrauen forderte er mich dazu heraus, zu protestieren, als ich wieder atmen konnte. Seine Ziegenaugen glitten zu dem kopfgroßen Kesseln, den er mitgebracht hatte. »Lass uns anfangen, ja?«

Ich schaute auf den Zauberkessel und erkannte das Gebräu an seinem Geruch. Es war der Trank, mit dem man einen Vertrauten schaffte. Angst ließ mich frösteln, und ich schlang die Arme um mich. »Ich bin schon mit deiner Aura überzogen«, sagte ich. »Mich noch mehr nehmen zu lassen, wird keinen Unterschied machen.«

»Ich habe dich nicht nach deiner Meinung gefragt.«

Ich sprang zurück, als er sich bewegte. Grinsend hielt er mir den Korb entgegen, der in seiner Hand erschienen war.

Ich konnte Wachs riechen. »Positioniere die Kerzen«, befahl er, offensichtlich von meiner schnel en Reaktion amüsiert.

»Rachel. .«, flüsterte Ceri, aber ich konnte sie nicht ansehen. Ich hatte versprochen sein Vertrauter zu sein, und jetzt würde ich es werden. Unglücklich wanderten meine Gedanken zu Ivy, als ich die milchig grünen Kerzen auf den Stel en aufstel te, die ich mit schwarzem Nagel ack gekennzeichnet hatte. Warum konnte ich nie die richtige Wahl treffen?

Als sich die letzte Kerze nahm, zitterten meine Hände. Sie hatte Furchen, als hätte etwas versucht, den Kreis zu brechen, indem es sich durch die Kerze grub. Etwas mit furchtbar langen Kral en.

»Rachel«, bel te AI, und ich zuckte zusammen. »Du hast sie nicht mit ihren Ortsnamen gesetzt.«

Ich hielt die letzte Kerze noch in der Hand und starrte ihn ausdruckslos an. Hinter ihm leckte sich Ceri nervös die Lippen.

»Du weißt ihre Ortsnamen nicht«, stel te AI fest, und ich schüttelte den Kopf. Ich wol te nicht wieder geschlagen werden, aber AI seufzte nur. »Ich werde sie selber setzen, wenn ich sie anzünde«, grummelte er, und sein bleiches Gesicht nahm eine rötliche Färbung an. »Ich hatte mehr von dir erwartet. Anscheinend hast du den Großteil deiner Zeit mit Erdmagie verbracht und deine Kraftlinienmagie vernachlässigt.«

»Ich bin eine Erdhexe«, betonte ich. »Warum sol te es mich kümmern?«

Ceri zuckte zusammen, als AI damit drohte, mich wieder zu schlagen. Ihr fast durchsichtiges Haar wirbelte um ihren Kopf.

»Lass sie gehen, Algaliarept. Du wil st sie nicht als Familiär is.«

»Bietest du an, an ihre Stel e zu treten?«, spottete er, und ich holte erschrocken Luft. Ich fürchtete, dass sie es tun würde.

»Nein!«, schrie ich, und er lachte.

»Mach dir keine Sorgen, Rachel, Liebste«, gurrte er und ich versteifte mich, als er einen behandschuhten Finger über meinen Kiefer und meinen Arm bis zu meiner Hand gleiten ließ, um mir die letzte Kerze wegzunehmen. »Ich behalte meine Vertrauten, bis sich etwas Besseres bietet, und auch wenn du unwissend bist wie ein Frosch, kannst du doch fast das Doppelte an Kraftlinienenergie halten wie sie.« Er grinste mich schmierig an. »Was für ein Glück für dich.«

Er klatschte einmal in die Hände und wirbelte mit wehenden Rockschößen herum. »Jetzt. Pass genau auf, Rachel. Morgen wirst du meine Kerzen entzünden. Dies sind Worte, die Sterbliche und Götter gleich berühren und al e gleichmachen. Sie sind mächtig genug, meinen Schutzkreis sogar gegen Newt zu halten.«

Super.

»Salax«, sagte er und entzündete die erste Flamme mit einer brennenden Kerze von der Dicke eines Bleistifts, die in seiner Hand erschienen war. »Aemulation«, sprach er, als er die zweite anzündete. »Adfictation, cupidus, und mein Liebling, inscitia«, erklärte er, als er die letzte zum Brennen brachte. Mit einem Lächeln ließ er die rote Kerze verschwinden. Ich fühlte, wie er eine Linie anzapfte, und in einem transparenten Wirbel aus Rot und Schwarz erhob sich sein Schutzkreis, um sich in einem Bogen über unseren Köpfen zu schließen. Meine Haut prickelte von seiner Stärke, und ich schlang die Arme um mich.

Ich unterdrückte ein hysterisches Kichern. Ich würde der Vertraute eines Dämons werden. Jetzt gab es keinen Ausweg mehr.

Als Kopf schoss bei dem hässlichen, würgenden Geräusch nach oben ,und Ceris Gesicht erstarrte. »Algaliarept«, flehte sie. »Du setzt sie zu sehr unter Druck. Ihr Wil e ist zu stark, um sich leicht zu beugen.«

»Ich breche meinen Familiaris, wie ich es für richtig befinde«, erwiderte er ruhig. »Ein bisschen Erdung, und es geht ihr so gut wie dem Regen in der Wüste.« Mit einer Hand an der Hüfte und der anderen am Kinn betrachtete er mich nachdenklich. »Zeit für dein Bad, Liebste.«

Algaliarept schnipste mit dem Grandeur eines Entertainers mit den Fingern. Seine Hand öffnete sich, und ein Eimer aus Zedernlatten erschien darin. Meine Augen weiteten sich, als er den Inhalt über mich kippte.

Kaltes Wasser traf mich. Mit einem beleidigten Aufjaulen stieß ich die Luft aus. Es war Salzwasser. Es brannte in meinen Augen und tropfte mir in den Mund. Realität überschwemmte mich und machte meinen Kopf klar. Er stel te sicher, dass ich keine Zaubertränke in mir hatte, die den kommenden Zauber verunreinigen könnten. »Ich verwende keine Zaubertränke, du großer grüner Misthaufen!«, schrie ich und schüttelte meine Arme in den völ ig durchnässten Pul iärmeln.

»Siehst du?« AI war offensichtlich erfreut. »Jetzt ist al es besser.«

Der leichte Schmerz in den Rippen machte sich bemerkbar, als mein Schmerzzauber zusammenbrach. Der Großteil des Wassers zog langsam in meine Zauberbuch-Bibliothek ein.

Fal s ich das überleben sol te, würde ich sie al e auslüften müssen. Was für ein Trottel.

»Oooooh, dein Auge macht sich aber gut«, sagte er, als er die Hand ausstreckte, um es zu berühren. »Du isst vom Brimstone deiner Mitbewohnerin, richtig? Warte, bis du das richtige Zeug probierst. Das haut dich aus den Socken.«

Ich schreckte zurück, als sein nach Lavendel duftender Handschuh meine Haut berührte, aber AI ließ seine Hand tiefer gleiten und ergriff meine Haare. Kreischend schwang ich meinen Fuß nach oben. Er fing ihn ab und bewegte sich dabei schnel er, als ich es wahrnehmen konnte. Ceri beobachtete mich vol er Mitleid, während ich hilflos kämpfte.

Er hielt meinen Fuß hoch und zwang mich gegen den Tresen.

Seine Sonnenbril e war verrutscht, und er lächelte mich mit begeisterter Herrschsucht an. »Also auf die harte Tour«, flüsterte er. »Wunderbar.«

»Nein!«, rief ich, als eine Schere in seiner Hand aufblitzte.

»Halt stil «, sagte er, ließ meinen Fuß fal en und nagelte mich am Tresen fest.

Ich wand mich und spuckte ihn an, aber ich konnte nichts tun. Ich wurde panisch, als ich das Scherengeräusch hörte. Er ließ mich los, indem er neblig wurde, und ich fiel zu Boden.

Mit einer Hand an den Haaren kämpfte ich mich auf die Füße. »Hör auf! Hör einfach auf!«, schrie ich, und meine Aufmerksamkeit wanderte von seiner offensichtlichen Freude zu der Haarsträhne, die er mir abgeschnitten hatte. Sie war mindestens zehn Zentimeter lang. »Weißt du, wie lange es dauert, bis das rauswächst?«

AI warf Ceri einen Seitenblick zu, als die Schere verschwand und er meine Strähne in den Trank fal en ließ.

»Sie macht sich Sorgen um ihre Haare?«

Mein Blick schoss zu den roten Haaren, die auf der Oberfläche von Als Gebräu schwammen. Mir wurde kalt.

Dieser Zaubertrank war nicht dafür gedacht, dass AI mir mehr von seiner Aura gab. Er war da, damit ich ihm meine geben konnte. »Oh, zur Höl e nein!«, rief ich und wich zurück. »Ich werde dir nicht meine Aura geben!«

AI griff sich einen Keramiklöffel von dem Regal, das über der Arbeitsinsel hing, und drückte die Haare nach unten. Sein Auftreten in Samt und Spitze hatte eine kultivierte Eleganz.

Jeder Zentimeter von ihm war unmenschlich gepflegt und glatt. »Ist das eine Weigerung, Rachel?«, murmelte er. »Bitte sag mir, dass es so ist.«

»Nein«, flüsterte ich. Es gab nichts, was ich tun konnte. Gar nichts.

Sein Lächeln wurde breiter. »Jetzt dein Blut, um es zu aktivieren, Liebste.«

Mein Puls raste, als ich von der Nadel in seiner Hand zu dem Kessel schaute. Wenn ich floh, gehörte ich ihm. Wenn ich das hier tat, konnte er mich durch die Linien benutzen.

Verdammt, verdammt und dreimal verdammt.

Ich schaltete jeden Gedanken aus und nahm die angelaufene Silbernadel. Mein Mund wurde trocken, als ich ihre Schwere in meiner Hand fühlte. Sie war so lang wie meine Handfläche und aufwändig gearbeitet. Die Spitze bestand aus Kupfer, damit das Silber nicht den Zauber beeinträchtigen konnte. Ich schaute sie mir genauer an und fühlte, wie sich mir der Magen umdrehte. Um den Schaft wand sich ein nackter Körper. »Gott erlöse mich«, flüsterte ich.

»Er hört nicht zu. Er hat zu viel zu tun.«

Ich versteifte mich. AI war hinter mich getreten und flüsterte in mein Ohr: »Vol ende den Trank, Rachel.« Sein Atem fühlte sich heiß an auf meiner Haut, und ich konnte mich nicht bewegen, als er mein Haar zur Seite schob. Ein Schaudern glitt über mich, als er den Kopf neigte und sich noch näher zu mir beugte. »Vol ende ihn. .«, hauchte er, und seine Lippen glitten über meine Haut. Ich konnte Kleiderstärke und Lavendel riechen.

Mit zusammengebissenen Zähnen packte ich die Nadel und stieß sie in meine Hand. Unwil kürlich stieß ich den Atem aus und hielt die Luft an. Ich glaubte, Ceri weinen zu hören.

»Drei Tropfen«, flüsterte AI und rieb sich an meinem Hals.

Mein Kopf tat weh. Ich hielt meinen Finger über den Kessel und massierte drei Tropfen hinein. Der Geruch von Rotholz stieg auf und überdeckte kurzzeitig den Gestank von verbranntem Bernstein.

»Mmmm, reichhaltig.« Seine Hand wand sich um meine und holte sich die Nadel zurück. Sie verschwand mit einem Aufflackern von Jenseits, und sein Griff wanderte zu meinem blutenden Finger. »Darf ich mal kosten?«

Ich wich so weit vor ihm zurück, wie es mir möglich war, während er noch meine Hand festhielt. »Nein.«

»Lass sie in Ruhe!«, flehte Ceri.

Langsam lockerte sich Als Griff. Er beobachtete mich scharf, und eine seltsame Spannung breitete sich in ihm aus.

Ich riss mich von ihm los, trat noch einen Schritt zurück und schlang die Arme um mich. Trotz der Heizung, die auf meine nackten Füße blies, war mir kalt.

»Tritt auf den Spiegel«, sagte er, und sein Gesicht mit der Sonnenbril e war ausdruckslos. *

Mein Blick schoss nach unten, wo der Spiegel auf mich wartete. »Ich. . ich kann nicht«, flüsterte ich.

Er presste seine dünnen Lippen aufeinander, und ich biss die Zähne zusammen, um nicht aufzuschreien, als er mich hochhob und draufstel te. Ich atmete hektisch, und meine Augen weiteten sich, als ich mich plötzlich fühlte, als würde ich in den Spiegel einsinken. »Oh Gott, oh Gott«, stöhnte ich und wol te nach dem Tresen greifen, aber AI stel te sich mir in den Weg und grinste.

»Streif deine Aura ab«, befahl er.

»Ich kann nicht«, keuchte ich und spürte, wie ich anfing zu hyperventilieren.

AI schob seine Sonnenbril e auf die Nasenspitze und sah mich darüber hinweg an. »Macht nichts. Sie löst sich auf wie Zucker im Regen.«

»Nein«, flüsterte ich. Meine Knie fingen an zu zittern, und das Pochen in meinem Kopf wurde schlimmer. Ich konnte fühlen, wie meine Aura von mir glitt und Als immer mehr Besitz von mir ergriff.

»Famos und wunderbar«, sagte AI. Seine Ziegenaugen waren auf den Spiegel gerichtet.

Mein Blick folgte seinem, und ich presste die Hände gegen meinen Bauch. Ich konnte mich selbst darin sehen. Mein Gesicht war überzogen mit Als Aura, schwarz und leer. Nur meine Augen waren zu sehen, und ein fernes Glühen flackerte darin. Es war meine Seele, die versuchte, genug Aura zu erzeugen, um sie zwischen Als Aura und mich zu bringen. Es war nicht genug. Der Spiegel saugte al es auf, und ich konnte fühlen, wie Als Präsenz in mich einsank.

Wie aus weiter Ferne hörte ich mich keuchen. Ich stel te mir vor, wie es für Ceri gewesen sein musste, völ ig ohne Seele und mit Als Aura, die ununterbrochen so in sie einsickerte, fremdartig und falsch.

Ich zitterte. Mit den Händen über dem Mund sah ich mich panisch nach etwas um, in das ich mich übergeben konnte.

Würgend taumelte ich vom Spiegel herunter. Ich würde nicht kotzen. Nein.

»Wunderbar«, freute sich AI, während ich mich mit zusammengebissenen Zähnen krümmte und gegen die aufsteigende Übelkeit ankämpfte. »Wir haben al es. Hier. Ich tue das mal für dich in den Kessel.«

Seine Stimme klang gut gelaunt und fröhlich. Ich spähte zwischen meinen Haaren hervor zu ihm hoch, als er den Spiegel in den Trank fal en ließ. Das Gebräu blitzte auf und wurde klar. Wie ich gewusst hatte, dass es passieren würde.

Ceri saß auf dem Boden, hatte den Kopf auf die Knie gelegt und weinte. Sie hob den Kopf, und ich dachte abwesend, dass sie mit Tränen in den Augen noch schöner aussah. Ich wurde einfach nur hässlich, wenn ich heulte.

Ich zuckte zusammen, als ein großer, gelblich verfärbter Wälzer neben mir auf dem Tresen erschien. Das Licht, das durch die Fensterscheiben drang, wurde langsam hel er, aber die Uhr sagte, dass es erst fünf war. Noch fast drei Stunden, bis die Sonne aufging und diesem Albtraum ein Ende setzte, außer AI beendete ihn früher.

»Lies es.«

Ich schaute nach unten und erkannte es: Es war das Buch, das ich auf dem Speicher gefunden hatte, das Buch, von dem Ivy behauptete, dass es nicht unter denen gewesen war, die sie dort für mich platziert hatte, genau das, das ich Nick zur Aufbewahrung gegeben hatte, nachdem ich es aus Versehen dazu benutzt hatte, ihn zu meinem Vertrauten zu machen, und dasselbe Buch, das AI durch einen Trick von uns zurückbekommen hatte. Das Buch, das Algaliarept geschrieben hatte, um Menschen und andere Wesen zu Dämonenvertrauten zu machen. Mist. s Ich schluckte schwer. Meine Finger waren bleich, als ich sie auf den Text legte und die Zeilen entlangwandern ließ, um die Beschwörung zu finden. Sie war auf Latein, aber ich kannte die Übersetzung.

»Etwas für dich, aber al es für mich«, flüsterte ich.

»Verbunden sei mit mir, das erbitte ich von dir.«

»Pars tibi, totum mihi«, sagte AI grinsend. »Vinctus vinculis, prece fractis.«

Meine Finger fingen an zu zittern.

»Mondschein gefeit, altes Licht geheilt. Das Chaos verfügt, bringt im Sturze Verderben.«

»Luna servata, luxsanata. Chaos statutum, pejus minutum.

Mach weiter. Sprich sie zu Ende.«

Es war nur noch eine Zeile übrig. Eine Zeile, und der Zauber wäre komplett. Siebzehn Worte, und mein Leben wäre die Höl e, egal, auf welcher Seite der Kraftlinien ich mich befand. Ich nahm einen tiefen Atemzug. Dann noch einen.

»Den Schutz sich erinnern«,flüsterte ich. Meine Stimme brach, und ich bekam kaum noch Luft. »Den Träger des Wahren. An mich gebunden, bevor die Welt neu an Jahren . .«

Als Grinsen wurde noch breiter, und seine Augen blitzten schwarz auf. »Mentem tegens, malum ferens. Semper servus dum duret. . mundus. «

Ungeduldig zog AI sich die Handschuhe aus und versenkte seine Hände in dem Kessel. Ich wurde herumgerissen, und dann folgte ein Übelkeit erregendes Schwindelgefühl.

Schwarz und erstickend wand sich der Zauber um meine Seele und betäubte mich.

Algaliarepts Hände mit den roten Knöcheln tropften, als er sich am Tresen abstützte. Ein rotes Schimmern glitt über ihn, und seine Gestalt verschwamm kurz, bevor sie sich wieder verfestigte. Er blinzelte, anscheinend erschüttert.

Ich holte einmal Luft, und dann noch einmal. Es war passiert. Er hatte meine Aura, endgültig - al es, außer dem bisschen, das meine Seele verzweifelt erzeugt hatte, um es zwischen mich und Als Aura zu schieben. Viel eicht würde es mit der Zeit besser werden, aber ich bezweifelte es.

»Gut«, sagte er, zog seine Ärmel nach unten und wischte sich die Hände an einem schwarzen Handtuch ab, das plötzlich erschienen war. Dann materialisierten sich weiße Handschuhe, die seine Hände verbargen. »Gut und durch.

Wunderbar.«

Ceri weinte leise, aber ich war zu erschöpft, um sie auch nur anzusehen.

In meiner Tasche auf der weit entfernten Arbeitsfläche klingelte mein Handy. Es klang absurd.

Von Als kurzer Beunruhigung war nichts mehr zu spüren.

»Oh, lass mich drangehen«, sagte er fröhlich und brach den Kreis, indem er ihn übertrat.

Ich erschauderte, als ich in meiner leeren Mitte ein Ziehen fühlte, als die Energie zurück in AI floss und von dort aus in die Linie, aus der sie gekommen war. Seine Augenbrauen hoben sich erfreut, als er sich mit meinem Handy in der Hand zu mir umdrehte. »Ich frage mich, wer das wohl ist?«

Ich konnte nicht länger stehen und glitt mit dem Rücken am Tresen zu Boden. Ich umschlang verzweifelt meine Knie.

Die Luft aus der Heizung wärmte meine nackten Füße, aber meine nasse Jeans saugte die Kälte auf. Ich war Als Vertrauter. Warum atmete ich überhaupt noch?

»Das ist der Grund, warum sie dir deine Seele nehmen«, flüsterte Ceri. »Du kannst nicht Selbstmord begehen, wenn sie deinen Wil en besitzen.«

Ich starrte sie an und verstand erst jetzt.

»Hal -o-o-o?«, schnurrte AI an die Spüle gelehnt. Das pink-farbene Telefon wirkte an seiner charmant europäischen Erscheinung mehr als seltsam. »Nicholas Gregory Sparagmos! Was für eine Freude!«

Mein Kopf schoss nach oben. »Nick?«, hauchte ich.

AI hielt eine Hand über das Mikrofon und flötete: »Es ist dein Freund. Ich verleugne dich. Du siehst müde aus.« Er zog die Nase hoch und wandte sich wieder dem Telefon zu. »Das hast du also gespürt, hm?«, fragte er fröhlich. »Es fehlt was, oder nicht? Sei vorsichtig mit deinen Wünschen, kleiner Zauberer.«

»Wo ist Rachel?«, hörte ich Nicks Stimme, dünn und blechern. Er klang panisch, und mein Herz sank. Ich streckte die Hand aus, obwohl ich wusste, dass AI mir das Telefon nicht geben würde.

»Warum? Sie sitzt zu meinen Füßen«, sagte AI grinsend.

»Mein, ganz mein. Sie hat einen Fehler gemacht, und jetzt gehört sie mir. Schick Blumen für ihr Grab. Das ist al es, was du noch tun kannst.«

Der Dämon hörte einen Moment zu, und widerstreitende Gefühle flackerten über sein Gesicht. »Oh, mach keine Versprechungen, die du nicht halten kannst. Das ist sooo primitiv. Zufäl ig brauche ich keinen Vertrauten mehr, also werde ich deinen kleinen Beschwörungen nicht mehr folgen; ruf mich nicht. Sie hat deine Seele gerettet, kleiner Mann. Zu dumm, dass du ihr nie gesagt hast, wie sehr du sie geliebt hast. Menschen sind so dumm.«

Er unterbrach die Verbindung, während Nick noch protestierte. Dann ließ er das Handy zuschnappen und warf es auf meine Tasche zurück. Es fing sofort wieder an zu klingeln, und er berührte es einmal. Mein Telefon spielte seine schreckliche Wiedersehen-Melodie und schaltete sich aus.

»Jetzt.« AI klatschte in die Hände. »Wo waren wir? Ah ja.

Ich bin gleich zurück. Ich wil sehen, ob es funktioniert.«

Seine roten Augen glühten vor Freude, und er verschwand mit einem leisen Plop.

»Rachel!«, schrie Ceri. Sie stürzte sich auf mich und zog mich aus dem gebrochenen Schutzkreis. Ich schubste sie weg, weil ich zu deprimiert war, um einen Fluchtversuch zu starten. Es würde passieren. AI würde mich mit seiner Energie fül en, ich würde seine Gedanken fühlen. Er würde mich in eine lA-Kupferbatterie verwandeln, die seinen Tee kochte und seine Tel er spülte. Die erste hilflose Träne rol te über meine Wange, aber ich konnte keine Kraft finden, um mich dafür zu hassen. Ich wusste, dass ich weinen sol te. Ich hatte mein Leben verwettet, um Piscary hinter Gitter zu bringen, und hatte verloren.

»Rachel! Bitte!«, flehte Ceri, und ihr Griff an meinem Arm tat weh, als sie versuchte, mich wegzuschleppen. Meine nassen Füße erzeugten ein quietschendes Geräusch, und ich stieß Ceri von mir, um sie dazu zu bringen, aufzuhören.

Eine rote Blase von Jenseits entstand dort, wo AI verschwunden war. Der Luftdruck veränderte sich schlagartig, und sowohl Ceri als auch ich pressten die Hände auf die Ohren.

»Verdammt in den Himmel sol t ihr al e sein!«, fluchte AI.

Sein grüner Samtanzug stand offen und war zerknittert.

Seine Haare standen vom Kopf ab, und seine Sonnenbril e war verschwunden. »Du hast al es richtig gemacht!«, schrie er und gestikulierte wild. »Ich habe deine Aura! Du hast meine! Warum kann ich dich durch die Linien nicht erreichen?«

Ceri kniete hinter mir und hatte ihren Arm schützend um mich gelegt. »Es hat nicht funktioniert?«, fragte sie mit zitternder Stimme und zog mich noch ein Stück nach hinten.

Ihre nassen Finger zeichneten schnel einen Kreis um uns.

»Sehe ich aus, als hätte es funktioniert?«, rief er. »Wirke ich in deinen Augen glücklich?« *<

»Nein«, hauchte sie, und ihr Schutzkreis um uns wurde größer. Er war zwar mit Schwarz besudelt, aber er war stark.

»Rachel«, sagte sie eindringlich und drückte mich. »Du wirst in Ordnung kommen.«

AI erstarrte. Gefährlich ruhig drehte er sich um. Nur seine Stiefel machten auf dem Boden ein leises Geräusch. »Nein, wird sie nicht.«

Ich riss die Augen auf, als ich seine frustrierte Wut erkannte. Oh Gott. Nicht noch mal.

Ich versteifte mich, als er eine Linie anzapfte und sie in mich jagte. Mit der Energie kam ein Hauch seiner Gefühle. Er war gleichzeitig befriedigt und erwartungsvol . Feuer schoss durch meinen Körper. Ich schrie und stieß Ceri von mir. Ihr Schutzkreis brach in einem glitzernden Gefühl heißer Nadeln, das meine Qualen noch verstärkte.

Gekrümmt vor Schmerzen suchte ich verzweifelt nach dem Wort, Tulpa, und fiel erleichtert in mich zusammen, als die Sturzflut durch mich hindurchschoss und sich in dem Kreis in meinen Gedanken niederließ. Keuchend hob ich den Kopf.

Algaliarepts Verwirrung und Enttäuschung erfül ten mich.

Meine Wut verstärkte sich, bis sie seine Gefühle überdeckte.

Seine Gedanken in den meinen verwandelten sich in schiere Überraschung. Ich kämpfte mich auf die Beine. Die meisten Kerzen waren umgefal en und erloschen, lagen in Wachspfützen und erfül ten die Luft mit Brandgeruch. AI fühlte durch unsere Verbindung einen Trotz, und sein Gesicht verzog sich zu einer hässlichen Grimasse, als mein Stolz darüber, das Speichern von Energie gelernt zu haben, zu ihm durchsickerte. »Ceri. .«, erkannte er, und seine Ziegenaugen verengten sich drohend.

»Es hat nicht funktioniert«, sagte ich, und meine Stimme war tief, als ich ihn hinter meinen nassen Haaren hervor beobachtete. »Raus aus meiner Küche.«

»Ich werde dich kriegen, Morgan«, knurrte AI. »Bei Gott, wenn ich dich nicht von Rechts wegen kriegen kann, werde ich dich eben in die Unterwerfung prügeln und dich gebrochen und blutend nach unten ziehen.«

»Ach ja?«, schoss ich zurück. Ich warf einen Blick auf den Kessel, der meine Aura enthalten hatte. Seine Augen weiteten sich, als er meinen Gedanken in dem Moment auffing, in dem ich ihn hatte. Die Verbindung funktionierte in beide Richtungen. Er hatte einen Fehler gemacht.

»Raus aus meiner Küche!«, schrie ich und warf die Kraftlinienenergie, die zu halten er mich gezwungen hatte, durch unsere Vertrautenverbindung zurück. Ich richtete mich auf, als sie aus mir in ihn floss und mich leer zurückließ. AI stolperte schockiert nach hinten.

»Du CaniculaU, kreischte er, und seine Gestalt verschwamm.

Er taumelte in dem Bemühen, aufrecht stehen zu bleiben, und zapfte die Linie an, um diesmal mehr Energie zu schicken.

Ich kniff die Augen zusammen und richtete meine Gedanken so aus, dass al es in einer Kurve direkt zu ihm zurückfloss. Was auch immer er in mich jagte, es würde direkt in ihm enden.

AI keuchte, als er fühlte, was ich vorhatte. Mein Magen krampfte sich plötzlich zusammen. Ich stolperte und fing mich am Tisch ab, als er die aktive Verbindung zwischen uns unterbrach. Ich starrte ihn quer durch die Küche an und atmete schwer. Wir würden das jetzt und hier klären. Einer von uns würde verlieren. Und ich würde es nicht sein. Nicht in meiner Küche. Nicht heute Nacht.

AI nahm eine täuschend entspannte Pose ein. Er fuhr sich mit einer Hand durchs Haar und strieh es glatt. Seine runde Sonnenbril e erschien, und er schloss seinen Gehrock. »Das funktioniert nicht«, sagte er schlicht.

»Nein«, erwiderte ich rau. »Tut es nicht.«

Ceri kicherte in der Sicherheit ihres Schutzkreises. »Du kannst sie nicht haben, Algaliarept, du großer Dummkopf«, höhnte sie, und ich wunderte mich kurz über ihre Wortwahl.

»Du hast die Familiaris-Verbindung zu einer Doppeltür gemacht, als du sie gezwungen hast, ihr deine Aura zu geben. Du bist genauso ihr Familiaris wie sie deiner.«

Das vorübergehend ruhige Gesicht des Dämons verzog sich wütend. »Ich habe diesen Zauber schon tausendmal verwendet, um Auren zu melken, und das ist vorher noch nie passiert. Und ich bin nicht ihr Familiaris!«

Ich beobachtete angespannt, wie hinter AI ein dreibeiniger Stuhl erschien. Er sah aus wie etwas, das Attila der Hunne benutzt hätte, mit einem roten Samtbezug und Pferdehaarfransen, die bis auf den Boden fielen. Mit einem verblufften Gesichtsausdruck setzte er sich, ohne hinter sich zu schauen.

»Deswegen hat Nick angerufen«, sagte ich, und AI warf mir einen überheblichen Blick zu. Durch den Diebstahl meiner Aura hatte er die Verbindung gebrochen, die ich mit Nick hatte. Er hatte es gefühlt. Oh, Dreck. Al mein Vertrauter?

Ceri signalisierte mir, dass ich zu ihr in den Schutzkreis kommen sol te, aber ich konnte nicht riskieren, dass AI sie in dem Augenblick, den es brauchen würde ihn anzupassen, verletzte. Doch AI war in seine eigenen Gedanken versunken.

»Das ist falsch«, murmelte er. »Ich habe das bereits mit Hunderten von Hexen gemacht, die noch eine Seele hatten, und dabei wurde niemals eine Verbindung geformt, die so stark war. Was ist so anders an. .«

Mein Herz sank, als sein Gesicht plötzlich ausdruckslos wurde. Er warf einen Blick auf die Uhr über der Spüle und sah dann mich an. »Komm hierher, kleine Hexe.«

»Nein.«

Er presste die Lippen zusammen und stand auf.

Keuchend wich ich zurück, aber er hatte mein Handgelenk und zog mich gegen den Mitteltresen. »Du hast diesen Zauber schon einmal verwendet«, sagte er, als er meinen verletzten Finger drückte und ihn wieder zum Bluten brachte.

»Als du Nicholas Gregory Sparagmos zu deinem Familiaris gemacht hast. War es dein Blut in dem Gebräu, kleine Hexe, das es aktiviert hat?«

»Du weißt, dass es so war.« Ich war zu fertig, um noch Angst zu haben. »Du warst dabei.« Ich konnte seine Augen nicht sehen, aber mein Spiegelbild in seiner Sonnenbril e sah mit den strähnigen Haaren hässlich und bleich aus.

»Und es hat funktioniert«, sagte er nachdenklich. »Es hat euch nicht nur gebunden, es hat eine Verbindung geformt, die stark genug war, dass du durch ihn eine Kraftlinie anzapfen konntest?«

»Das ist der Grund, warum er gegangen ist«, murmelte ich und war überrascht, dass es immer noch weh tat.

»Dein Blut hat den Zauber vol aktiviert. .« Sein Blick war abwägend, als er mich über seine Sonnenbril e hinweg ansah. Er zog meine Hand nach oben, und obwohl ich versuchte, mich ihm zu entwinden, leckte er mit einem kalten, kribbelnden Gefühl das Blut von meinem Finger. »So subtil duftend«, hauchte er, ohne den Blick von mir zu wenden, »wie die parfümierte Luft, durch die dein Liebhaber geschritten ist.«

»Lass mich los!« Erfolglos versuchte ich ihn wegzu-schubsen.

»Du sol test tot sein«, sagte er verwundert. »Wie kommt es, dass du noch am Leben bist?« *

Mit verkrampftem Kiefer kämpfte ich gegen seinen Griff und versuchte, meine Finger zwischen seine Hand und mein Handgelenk zu schieben. »Ich arbeite hart daran.« Mit einem Keuchen taumelte ich zurück, als er mich unvermittelt losließ.

»Du arbeitest hart daran.« Lächeln trat er einen Schritt zurück und musterte mich von oben bis unten. »Die Wahnsinnigen haben ihre eigene Anmut. Ich muss eine Studiengruppe gründen.«

Verängstigt beugte ich mich über mein Handgelenk und hielt es fest.

»Und ich werde solche wie dich mein Eigen nennen, Rachel Mariana Morgan. Verlass dich drauf.«

»Ich werde nicht ins Jenseits gehen«, sagte ich gepresst.

»Vorher musst du mich töten.«

»Du hast keine Wahl«, säuselte er. Sein Ton ließ mich erschauern. »Wenn du nach Sonnenuntergang eine Linie anzapfst, werde ich dich finden. Du kannst keinen Schutzkreis bilden, der mich fernhält. Wenn du dich nicht auf heiligem Boden aufhältst, prügle ich dich windelweich und ziehe dich ins Jenseits. Und von dort wirst du nicht entkommen.«

»Versuch's doch«, drohte ich und griff hinter mich, um den Fleischhammer zu finden, der am Hängeregal baumelte. »Du kannst mich nicht berühren, außer du wirst körperlich, und das wird wehtun, roter Mann.«

Mit sorgenvol zusammengezogenen Brauen zögerte AI.

Ich hatte den kurzen Gedanken, dass es wohl so ähnlich war wie nach einer Wespe zu schlagen. Timing ist al es.

Ceri trug ein Lächeln zur Schau, das ich nicht verstand.

»Algaliarept«, sagte sie sanft. »Du hast einen Fehler gemacht.

Sie hat ein Schlupfloch in eurem Vertrag gefunden, und jetzt wirst du es akzeptieren und Rachel Mariana Morgan in Frieden lassen. Wenn du es nicht tust, gründe ich eine Schule, in der ich das Speichern von Kraftlinienenergie lehre.«

Die Miene des Dämons verlor jeden Ausdruck. »Ahm, Ceri?

Warte einen Moment, Liebste.«

Mit dem Hammer in der Hand wich ich zurück, bis ich ihre Barriere an meinem Rücken spürte. Sie streckte die Hand aus, und ich zuckte zusammen, als sie mich hineinzog. Ihr Kreis schloss sich wieder, bevor ich wirklich verstanden hatte, dass er gefal en war. Unter der Verschmutzung, die AI ihr hinterlassen hatte, sah man nur einen hel blauen Schimmer ihrer geschwächten Aura. Ich tätschelte ihre Hand, als sie mich erleichtert umarmte. »Ist das ein Problem?«, fragte ich, weil ich nicht verstand, warum AI so erschüttert war.

Ceri sah richtig selbstzufrieden aus. »Ich bin ihm mit dem Wissen entkommen. Er wird deswegen Schwierigkeiten bekommen. Große Schwierigkeiten. Ich bin überrascht, dass sie ihn deshalb noch nicht einbestel t haben. Andererseits weiß es natürlich niemand.« Sie ließ ihren spöttischen Blick zu AI wandern. »Bis jetzt.«

Ich fühlte einen seltsamen Stich der Beunruhigung, als ich die wilde Befriedigung auf ihrem Gesicht sah. Sie hatte es die ganze Zeit gewusst und einfach abgewartet, bis das Wissen am Besten genutzt werden konnte. Die Frau plante weiter voraus als Trent, und sie schien überhaupt kein Problem damit zu haben, mit dem Leben anderer Leute zu spielen, meines eingeschlossen. Gott sei Dank war sie auf meiner Seite. Oder?

AI hob protestierend eine Hand. »Ceri, wir können doch darüber reden.«

»In einer Woche«, erklärte sie selbstsicher, »wird es in Cincinnati keine Kraftlinienhexe mehr geben, die nicht weiß, wie man sein eigener Vertrauter ist. In einem Jahr wird dir und deinesgleichen die Welt verschlossen sein, und du wirst dafür verantwortlich gemacht werden.«

»Ist es so eine große Sache?«, fragte ich, als AI seine Sonnenbril e zurechtrückte und von einem Fuß auf den anderen trat. So weit entfernt von der Heizung war es kalt, und ich zitterte in meinen nassen Klamotten.

»Es ist schwieriger, jemanden zu einer falschen Entscheidung zu überreden, wenn er sich wehren kann«, sagte Ceri. »Wenn das Wissen verbreitet wird, werden al ihre potentiel en Vertrauten schon in wenigen Jahren schwach und unattraktiv sein.«

Bei mir fiel der Groschen. »Oh.«

»Ich höre«, sagte AI und setzte sich mit ungemütlicher Steifheit wieder hin.

Hoffnung durchschoss mich in einer Stärke, dass es schon fast wehtat.

»Nimm dein Dämonenmal von mir, brich die VertrautenVerbindung, versprich mich in Frieden zu lassen, und ich werde nichts sagen.«

AI schnaubte. »Keine Scheu, um etwas zu bitten, hm?«

Ceri drückte warnend meinen Arm und ließ dann wieder los. »Lass mich das machen. Ich habe in den letzten siebenhundert Jahren einen Großteil seiner verbalen Verträge formuliert. Darf ich für dich sprechen?«

Ich sah sie an, und ihre Augen waren erfül t von dem wilden Bedürfnis nach Rache. Langsam stel te ich den Fleischhammer auf den Boden. »Sicher«, sagte ich und fragte mich gleichzeitig, was genau ich da aus dem Jenseits gerettet hatte.

Sie richtete sich auf, und ihre Haltung wirkte irgendwie amtlich. »Ich schlage vor, dass AI sein Mal von dir nimmt und sowohl die Verbindung von Vertrauten zwischen dir und ihm als auch zwischen ihm und dir bricht. Im Gegenzug schwörst du einen feierlichen Eid, niemanden zu lehren, wie man Kraftlinienenergie speichert. Darüber hinaus sol en du und deine Verwandten durch Blut oder Gesetz frei sein von Vergeltungsmaßnahmen durch den Dämon, der bekannt ist unter dem Namen Algaliarept, und seinen Vertretern, sowohl in dieser Welt als auch im Jenseits, von jetzt an bis die zwei Welten kol idieren.«

Ich versuchte verzweifelt, genug Spucke zu finden, um zu schlucken. Daran hätte ich niemals gedacht.

»Nein«, sagte AI bestimmt. »Das sind drei Sachen gegen meine eine, und ich wil meinen Anspruch auf so was wie sie nicht völ ig aufgeben. Ich wil einen Weg, meine Verluste auszugleichen. Und wenn sie die Linien übertritt, ist es mir egal, was für eine Abmachung wir haben; dann gehört sie mir.«

»Können wir ihn zwingen?«, fragte ich leise. »Ich meine, haben wir ihn in der Hand?«

AI gluckste. »Ich könnte Newt rufen, damit er einen Schiedsspruch fäl t, wenn ihr wol t. .«

Ceri wurde bleich. »Nein.« Sie holte tief Luft, um sich zu beruhigen und sah mich an. Ihr Selbstbewusstsein war angeschlagen, aber nicht zerstört. »Mit welcher von den Sachen kannst du am ehesten leben?«

Ich dachte an meine Mutter und meinen Bruder Robbie.

Nick. »Ich wil , dass er die Vertrauten-Verbindung bricht«, sagte ich, »und ich wil , dass er mich und meine Verwandten durch Blut oder Gesetz in Frieden lässt. Ich werde das Dämonenmal behalten und später bezahlen.«

Algaliarept hob seinen Fuß und legte den Knöchel auf sein angewinkeltes Knie. »Clevere, clevere Hexe«, stimmte er zu.

»Wenn sie ihr Wort bricht, verwirkt sie ihre Seele.«

Ceris Augen wurden ernst. »Rachel, wenn du irgendwem beibringst, wie er Kraftlinienenergie speiehern kann, gehört deine Seele Algaliarept. Er kann dich wie es ihm gefäl t ins Jenseits ziehen, und du gehörst ihm. Verstehst du?«

Ich nickte und glaubte zum ersten Mal wieder, dass ich viel eicht den nächsten Sonnenaufgang erleben würde. »Was passiert, wenn er sein Wort bricht?«

»Fal s er dir oder deinen Verwandten - aus eigenem Wil en

- etwas zuleide tut, wird Newt Algaliarept in eine Flasche sperren, und du hast einen Dschinn. Das ist eine Standardstrafe, aber ich bin froh, dass du gefragt hast.«

Meine Augen weiteten sich, und ich schaute zwischen ihr und AI hin und her. »Kein Scheiß?«

Sie lächelte mich an, und ihr Haar schwebte um sie herum, als sie die Hand ausstreckte, um eine Strähne hinters Ohr zu schieben. »Kein Scheiß.«

AI räusperte sich, und wir konzentrierten uns wieder auf ihn. »Was ist mit dir?«, fragte er, offensichtlich genervt. »Was wil st du dafür, dass du deinen Mund hältst?«

Die Befriedigung, dass sie von ihrem ehemaligen Foltermeister etwas zurückbekommen sol te, leuchtete in Ceris Augen.

»Du wirst den Makel von meiner Seele nehmen, den ich statt deiner empfangen habe, und du wirst keine Rache gegen mich und meine Verwandten durch Blut oder Gesetz nehmen, bis die zwei Welten kol idieren.«

»Ich werde doch nicht tausend Jahre von Fluch-Ungleichgewicht zurücknehmen«, sagte AI entrüstet.

»Deswegen warst du mein verdammter Vertrauter.« Er stel te beide Füße auf den Boden und beugte sich vor. »Aber ich wil ja nicht, dass jemand sagt, ich wäre nicht vernünftig. Du behältst den Makel, aber ich erlaube dir, dass du einer Person beibringst, wie man Kraftlinienenergie speichert.« Ein befriedigtes Lächeln erhel te seine unheiligen Augen. »Einem Kind. Einem Mädchen. Deiner Tochter. Und wenn sie es irgendwem erzählt, hat sie ihre Seele an mich verwirkt.

Sofort.«

Ceri wurde bleich. Ich verstand nicht. »Sie kann es ihrer Tochter sagen und so weiter«, hielt sie dagegen, und AI lächelte.

»Gemacht.« Er stand auf. Um ihn herum glühte Jenseitsenergie wie ein zweiter Schatten. Er verschränkte die Finger und knackte mit den Knöcheln. »Oh, das ist großartig.

Das ist gut.«

Ich sah Ceri verwundert an. »Ich dachte, er wäre aufgebracht«, sagte ich leise.

Sie schüttelte offensichtlich besorgt den Kopf. »Er hat immer noch einen Anspruch auf dich. Und er rechnet damit, dass eine meiner Nachfahren die Ernsthaftigkeit der Abmachung vergisst und einen Fehler macht.«

»Die Vertrauten-Verbindung«, beharrte ich und warf einen Blick auf die dunklen Fenster. »Bricht er sie jetzt?«

»Der Zeitpunkt der Auflösung wurde nicht festgelegt«, erwiderte AI. Er berührte die Dinge, die er in meine Küche gebracht hatte, und ließ sie damit eins nach dem anderen in einem Schleier von Jenseits verschwinden.

Ceri richtete sich wieder auf. »Es war stil schweigend impliziert. Brich die Verbindung, Algaliarept.«

Er sah sie über ihre Sonnenbril e hinweg an und lächelte, als er eine Hand an seinen Bauch legte, einen Arm hinter den Rücken führte und eine spöttische Verbeugung machte. »Es ist nur eine Kleinigkeit, Ceridwen Merriam Dulciate. Aber du kannst mir nicht übelnehmen, dass ich es versucht habe.«

Summend rückte er seinen Gehrock zurecht. Eine mit Flaschen und silbernen Werkzeugen gefül te Schüssel erschien auf der Arbeitsfläche in der Mitte der Küche. Auf den ganzen Sachen lag ein kleines Buch mit einem handgeschriebenen Titel. »Warum ist er so glücklich?«, flüsterte ich.

Ceri schüttelte den Kopf. »So kenne ich ihn nur, wenn er ein Geheimnis aufgedeckt hat. Es tut mir leid, Rachel. Du weißt etwas, was ihn sehr glücklich macht.«

Tol .

Er hielt das Buch in Lesehöhe und blätterte mit gelehrter Miene darin herum. »Ich kann die Vertrauten-Verbindung so leicht brechen wie dein Genick. Du, al erdings, musst es auf die harte Tour machen; ich werde keinen gespeicherten Fluch an dich verschwenden. Und da ich nicht wil , dass du erfährst, wie man eine Vertrauten-Verbindung bricht, werden wir noch eine Kleinigkeit hinzufügen. . Hier ist es.

Fliederwein. Am Anfang steht der Fliederwein.« Er warf mir über dem Rand des Buches einen gehässigen Blick zu. »Für dich.«

Mich durchfuhr ein kalter Schauer, als er mich aus dem Kreis winkte und eine kleine, purpurfarbene Flasche in seinen langen Fingern erschien.

Ich holte tief Luft. »Du wirst die Verbindung brechen und verschwinden?«, fragte ich. »Sonst nichts?«

»Rachel Mariana Morgan«, mahnte er mich. »Denkst du wirklich so schlecht von mir?«

Ich warf einen Blick zu Ceri, und sie nickte mir zu, dass ich gehen sol te. Ich vertraute ihr, nicht AI, als ich einen Schritt nach vorne trat. Ceri brach für einen Moment den Kreis, um ihn dann hinter mir sofort wieder zu errichten.

Er zog den Korken aus der Flasche und schüttete einen violett schimmernden Tropfen in ein winziges Kristal glas, das nicht größer war als mein Daumen. Dann legte er einen behandschuhten Finger an seine schmalen Lippen und reichte mir das Glas. Mit einer Grimasse nahm ich es. Mein Herz klopfte. Ich hatte keine Wahl.

Er trat mit einem Eifer an mich heran, dem ich misstraute, und zeigte mir das Buch. »Siehst du dieses Wort?«, fragte er.

Ich atmete tief ein. »Umb. .«

»Noch nicht!«, schrie AI. Ich zuckte zusammen, und mein Herz raste. »Nicht, bevor der Wein nicht deine Zunge benetzt, Tölpel. Mein Gott, man sol te meinen, du hättest noch nie einen Fluch gesprochen.«

»Ich bin eben keine Kraftlinienhexe«, protestierte ich mit rauerer Stimme, als mir lieb war.

AI hob die Augenbrauen. »Du könntest es sein.« Seine Augen wanderten zu dem Glas in meiner Hand. »Trink.«

Ich warf einen Blick zu Ceri. Auf ihr ermunterndes Nicken hin ließ ich die winzige Menge Flüssigkeit in meinen Mund gleiten. Sie war süß und brachte meine Zunge zum Kribbeln.

Ich konnte fühlen, wie ich es aufnahm und meine Muskeln sich entspannten. AI klopfte auf das Buch und ich sah nach unten. »Umbra«, sagte ich und hielt den Tropfen auf meiner Zunge.

Der süße Geschmack verwandelte sich in Säure. »Arch«, keuchte ich und lehnte mich nach vorne, um es auszuspucken.

»Schlucken . .«, befahl AI, und ich zuckte zusammen, als er sich mein Kinn griff und meinen Kopf nach oben drückte, sodass ich meinen Mund nicht öffnen konnte.

Mit tränenden Augen schluckte ich. Mein klopfendes Herz hal te in meinen Ohren wider. Der Dämon lehnte sich näher zu mir, und seine Augen wurden schwarz, als er mein Kinn losließ und mein Kopf nach unten sank. Meine Muskeln entspannten sich, und als er mich ganz losließ, fiel ich.

Er versuchte nicht mal mich aufzufangen, und ich brach in einem schmerzhaften Haufen zusammen. Mein Kopf knal te auf den Boden, und ich sog gequält die Luft ein. Ich schloss die Augen, sammelte mich und setzte mich auf. »Vielen lieben Dank für die Warnung«, sagte ich wütend, schaute auf und konnte ihn nirgendwo sehen.

Verwirrt stand ich auf und entdeckte Ceri, die mit dem Kopf in den Händen am Tisch saß. Die Deckenbeleuchtung war aus, und eine einzige Kerze erhel te zusätzlich zu dem wolkenverhangenen Sonnenaufgang den Raum. Ich starrte aus dem Fenster. Die Sonne war aufgegangen? Ich musste in Ohnmacht gefal en sein. »Wo ist er?«, hauchte ich und wurde bleich, als ich sah, dass es fast acht Uhr war.

Sie hob den Kopf, und ich war entsetzt darüber, wie erschöpft sie aussah. »Du erinnerst dich nicht?«

Mein Magen knurrte und fühlte sich irgendwie seltsam an.

»Nein. Er ist weg?«

Sie drehte sich um und sah mich ruhig an. »Er hat seine Aura zurückgenommen. Du hast dir deine Aura zurückgeholt.

Du hast die Verbindung mit ihm gebrochen. Du hast qeweint und ihn einen Hurensohn genannt und ihm gesagt, dass er verschwinden sol . Das tat er auch - nachdem er dich so hart geschlagen hat, dass du das Bewusstsein verloren hast.« Ich befühlte meinen Kiefer und dann meinen Hinterkopf. Es fühlte sich beides ungefähr gleich an: richtig übel. Ich war durchnässt, und mir war kalt. Fröstelnd schlang ich die Arme um mich. »Okay.« Ich tastete meine Rippen ab und entschied, dass nichts gebrochen war. »Noch mehr, was ich wissen sol te?«

»Du hast in weniger als zwanzig Minuten eine ganze Kanne Kaffee getrunken.«

Das erklärte wahrscheinlich mein Zittern. Das musste es sein. Dämonen auszutricksen war langsam ein alter Hut. Ich setzte mich neben Ceri und atmete langsam aus. Ivy würde bald zu Hause sein. »Magst du Lasagne?«

Ein Lächeln breitete sich auf ihrem Gesicht aus. »Oh, ja, bitte.«

24

Meine Turnschuhe machten auf dem Teppich von Trents hinteren Fluren kein Geräusch. Sowohl Quen als auch Jonathan waren bei mir, und ich konnte mich nicht recht entscheiden, ob sie mich höflich begleiteten oder meine Gefängniswärter waren. Wir hatten bereits die öffentlichen Bereiche der Büros und Konferenzräume durchquert - al e leer, weil Sonntag war -, hinter denen Trent seine il egalen Aktivitäten versteckte. Offiziel kontrol ierte Trent einen großen Teil des Transportwesens von Cincinnati und damit einen Großteil der Waren, die aus al en Richtungen kamen und die Stadt auch wieder in al e Richtungen verließen: per Bahn, über die Straße und sogar über einen kleinen städtischen Flughafen.

Hinter den Kulissen kontrol ierte Trent noch eine Menge mehr. Er verwendete dieselben Transportwege, um seine il egalen genmanipulierten Produkte aus der Stadt zu schaffen und seine Brimstone-Verkäufe zu erhöhen. Dass Saladan sich in die Geschäfte seiner Heimatstadt einmischte, nervte den Mann wahrscheinlich gewaltig. Saladan zeigte ihm den Stinkefinger. Und heute Abend würde ich entweder beobachten, wie Trent diesen Finger abriss und ihn Saladan in irgendeine Körperöffnung stopfte, oder einen Schlag einstecken musste. Ich mochte Trent nicht, aber ich würde ihn am Leben halten, fal s der zweite Fal eintreten sol te.

Obwohl ich nicht weiß, warum, dachte ich, während ich Quen folgte. Hier hinten war die Einrichtung karg, und sogar die lieblose Festtagsdekoration der vorderen Räume fehlte.

Der Mann war Schleim. Als er mich dabei erwischte hatte, wie ich etwas aus seinem hinteren Büro stahl, hatte er mich gejagt wie ein Tier. Mein Gesicht wurde warm, als ich erkannte, dass wir in dem Flur waren, der genau zu diesem Zimmer führte.

Einen halben Schritt vor mir und sehr angespannt ging Quen in seinem fast uniformartigen schwarzen Kampfanzug.

Heute trug er darüber eine eng anliegende schwarzgrüne Jacke, die einen fast glauben ließ, Scotty würde ihn jeden Moment nach oben beamen. Meine Haare kitzelten mich im Nacken, und ich bewegte absichtlich den Kopf ein wenig, um zu fühlen, wie die Spitzen über meine Schultern strichen. Ich hatte sie mir heute Nachmittag schneiden lassen, damit die Strähne, die AI mir geklaut hatte, nicht mehr auffiel. Die Cremespülung, die die Stylistin verwendet hatte, konnte sie nicht wirklich bändigen.

Über meiner Schulter hing die Kleiderhül e, in der das frisch gereinigte Outfit war, das Kisten für mich ausgesucht hatte. Ich hatte sogar an den Schmuck und die Stiefel gedacht. Ich würde mich nicht umziehen, bevor ich mir nicht sicher war, ob dieser Auftrag wirklich stattfand. Ich hatte so ein vages Gefühl, dass Trent viel eicht anders dachte -und außerdem sahen meine Jeans und mein Sweatshirt mit dem Howlers-Logo neben Jonathans maßgeschneiderter Eleganz wunderbar unpassend aus.

Der widerliche Kerl ging immer irritierende drei Schritte hinter uns. Er hatte uns auf den Stufen zu Trents Hauptgebäude erwartet und war seitdem eine stil e, anklagende, professionel kalte Präsenz im Hintergrund. Der Mann war mindestens zwei Meter groß, und seine Gesichtszüge waren scharf. Die aristokratische Nase ließ ihn immer aussehen, als hätte er etwas Widerliches gerochen.

Seine Augen waren stahlblau, und sein sorgfältig frisiertes Haar wurde langsam grau. Ich hasste ihn und bemühte mich wirklich sehr, darüber hinwegzusehen, dass er mich gefoltert hatte, als ich drei unwirkliche Tage lang als Nerz eine Gefangene in Trents Büro gewesen war.

Bei der Erinnerung wurde mir warm, und ich zog im Gehen meinen Mantel aus. Es war schwierig, weil keiner der Männer mir anbot, in der Zwischenzeit meine Kleidertasche zu tragen. Je weiter wir nach hinten gingen, desto feuchter wurde die Luft. Im Hintergrund konnte man fast verschwindend leise das Geräusch von fließendem Wasser hören, das von was weiß ich woher ins Gebäude gepumpt wurde. Als ich die Tür zu Trents Büro erkannte, wurde ich langsamer. Jonathan hinter mir hielt an. Doch Quen ging ohne Zögern weiter, also beeilte ich mich, um ihn einzuholen.

Jonathan war offensichtlich nicht erfreut. »Wo bringst du sie hin?«, fragte er angriffslustig.

Quen versteifte sich. »Zu Trenton.« Er drehte sich al erdings nicht um oder wurde auch nur langsamer.

»Quen. .« Jonathans Stimme klang warnend. Ich warf einen spöttischen Blick zurück und freute mich, als ich sah, dass sich auf seinem Gesicht Sorge zeigte statt des üblichen Ausdrucks von arrogantem Hohn. Mit gerunzelter Stirn eilte Jonathan hinter uns her, als wir vor der hölzernen Bogentür am Ende des Flurs anhielten. Der übergroße Mann drängelte sich nach vorne und legte eine Hand auf die metal ene Verriegelung, gerade als Quen den Arm danach ausstreckte.

»Da bringst du sie nicht rein«, warnte Jonathan.

Ich verschob mit dem Geräusch gleitenden Nylons meinen Kleidersack, und meine Augen glitten von einem zum anderen, als unausgesprochene Botschaften zwischen den beiden ausgetauscht wurden. Was auch immer hinter dieser Tür lag, es musste gut sein.

Der kleinere, aber gefährlichere Mann verengte die Augen zu Schlitzen, und die Pockennarben traten in seinem plötzlich rot angelaufenen Gesicht deutlich hervor. »Sie wird ihn heute Abend am Leben halten«, sagte er. »Und ich werde sie nicht sich umziehen und im vorderen Büro auf ihn warten lassen, als wäre sie eine Hure.«

Jonathans Gesichtausdruck wurde noch entschlossener.

Mein Puls beschleunigte sich, und ich brachte vorsichtshalber etwas Abstand zwischen mich und die beiden Männer. »Beweg dich«, sagte Quen, und seine erstaunlich tiefe Stimme hal te ihn mir wider.

Verwirrt trat Jonathan zurück. Quen öffnete die Tür, und die Muskeln an seinem Rücken spannten sich an.

»Danke«, sagte er heuchlerisch, als die Tür träge aufschwang.

Mir fiel die Kinnlade runter; die Tür war verdammte fünfzehn Zentimeter dick! Das Geräusch von fließendem Wasser plätscherte uns entgegen, begleitet von dem Geruch nach nassem Schnee. Trotzdem war es nicht kalt. Ich spähte an Quen vorbei und sah einen dezent gemusterten Teppich und eine Wand, die mit dunklem Holz vertäfelt war, das so gepflegt und geölt war, dass es golden glänzte. Das, dachte ich, als ich Quen hinein folgte, müssen Trents Privaträume sein.

Der kurze Flur ging schnel in eine Galerie im zweiten Stock über. Ich blieb stehen, während ich meine Augen über den großen Raum unter uns gleiten ließ. Er war eindrucksvol , ungefähr vierzig Meter lang, halb so breit und sechs Meter hoch. Der zweite Stock, in dem wir standen, war direkt unter der Decke. Unten, inmitten der prächtigen Teppiche und des dunklen Holzes, standen zwanglos verteilte Sitzmöbel: Couchen, Sessel und niedrige Tische. Al es war in sanften Erdtönen gehalten, mit ein paar Akzenten in Kastanienbraun und Schwarz. An einer Wand war ein Kamin in der Größe eines Feuerwehrwagens eingelassen, aber meine Aufmerksamkeit wurde von etwas anderem gefesselt: dem deckenhohen Fenster, das die gesamte Wand mir gegenüber ausmachte und das dämmrige Licht des Frühabends in den Raum fal en ließ.

Quen berührte meinen El bogen, und ich ging die breite, mit Teppich ausgelegte Treppe hinunter. Ich hielt mich mit einer Hand am Geländer fest, weil ich die Augen nicht von dem Fenster abwenden konnte. Es faszinierte mich. Dem Fenster, nicht den Fenstern, weil es aussah, als wäre es eine durchgehende Scheibe. Ich konnte nicht glauben, dass eine Scheibe von dieser Größe strukturel einwandfrei sein konnte, aber da war sie, makel os, und sah aus, als wäre sie nur wenige Mil imeter dick. Als wäre dort überhaupt nichts.

»Es ist kein Plastik«, sagte Quen leise. Seine Augen waren auf das Panorama vor uns gerichtet. »Es ist Kraftlinienenergie.«

Ich starrte ihn an und sah an seinen Augen, dass er die Wahrheit sagte. Als er bemerkte, wie überrascht ich war, verzog ein leises Lächeln seine vom Wandel gezeichneten Gesichtzüge. »Jeder stel t als Erstes diese Frage«, sagte er und erklärte damit, wie er meine Gedanken gelesen hatte.

»Geräusche und Luft sind das Einzige, was sie durchdringen kann.«

»Das muss ein Vermögen gekostet haben«, staunte ich und fragte mich, wie sie den roten Schleier des Jenseits daraus entfernt hatten. Vor uns erstreckte sich die atemberaubende Sicht über Trents schneebedeckte private Gärten. Über einen Findling, der fast so hoch war wie die Decke, ergoss sich in Kaskaden Wasser und hinterließ sich verdickende Eisschichten, die im Tageslicht glitzerten. Das Wasser sammelte sich in einem natürlich aussehenden Becken, von dem ich wetten würde, dass es das nicht war, und floss von dort in sanften Kurven durch die alten Tannen und Gebüsche, bis es außer Sicht geriet.

Eine hölzerne Veranda, die vom Alter bereits grau und frei von Schnee war, fül te den Platz zwischen dem Fenster und dem Landschaftsgarten. Als ich langsam nach unten stieg, wurde mir klar, dass die kreisrunde Form mit Dach, die Dampf von sich gab, wahrscheinlich ein heißer Pool war. In der Nähe gab es eine tiefer gelegte Fläche mit Sitzgelegenheiten für Gartenpartys. Ich hatte immer geglaubt, dass Ivys Gril aus glänzendem Chrom mit seinen riesigen Flammen übertrieben war, aber was Trent hatte, war fast schon obszön. Ich betrat schließlich das Erdgeschoss, und mein Blick wanderte zu meinen Füßen, als ich plötzlich das Gefühl hatte, nicht auf Teppich zu laufen, sondern auf Lehm. »Schön«, hauchte ich, als Quen mir bedeutete, dass ich bei der nächstgelegenen Sitzgruppe warten sol te.

»Ich werde es ihm sagen«, versprach der Securitychef. Er warf Jonathan einen Blick zu, den ich als Warnung deutete, bevor er wieder in den zweiten Stock stieg und in den Eingeweiden des Hauses verschwand.

Ich legte meinen Mantel und den Kleidersack auf einen Stuhl und drehte mich langsam einmal um mich selbst. Jetzt, wo ich im Erdgeschoß war, wirkte der Kamin noch größer. Es brannte kein Feuer darin, was mich auf den Gedanken brachte, dass ich mich wahrscheinlich reinstel en konnte, ohne mich bücken zu müssen. Am gegenüberliegenden Ende des Raums befand sich eine niedrige Bühne mit eingebauten Verstärkern und einer Lichtanlage. Davor erstreckte sich eine angenehm große Tanzfläche, die von Cocktailtischen umgeben war.

Unter der zweistöckigen Galerie versteckt und dadurch sehr gemütlich war eine lange Bar. Ihr gut gepflegtes Holz und das polierte Chrom blitzten. In der Nähe standen noch mehr Tische, größer und niedriger. Riesige Töpfe mit dunkelgrünen Pflanzen, die in dem dämmrigen Licht gedeihen konnten, umgaben sie und verliehen ihnen eine Intimität, die dem weiten, offenen Raum fehlte.

Das Rauschen des Wasserfal s hatte sich schnel in ein dezentes Hintergrundgeräusch verwandelt, und ich sog die Ruhe des Raumes in mich auf. Es gab keine Diener, keiner bewegte sich aus irgendeinem Grund durch den Raum, es gab nicht eine Festtagskerze oder einen Plätzchentel er. Es war, als wäre der Raum in einem Märchenzauber gefangen und wartete darauf, geweckt zu werden. Ich nahm nicht an, dass der Raum, seitdem Trents Vater gestorben war, je als das genutzt worden war, wofür er ursprünglich gedacht war. Elf Jahre waren eine lange Zeit der Ruhe.

Ich zog Frieden aus der Stil e des Raums und holte langsam Luft. Als ich mich umdrehte, sah ich, dass Jonathan mich mit offensichtlicher Abneigung musterte. Die leichte Spannung in seinem Kiefer ließ mich nach oben sehen, dorthin, wo Quen verschwunden war. Ein leises Lächeln hob meine Mundwinkel. »Trent weiß nicht, dass ihr zwei das ausgeheckt habt, oder?«, fragte ich. »Er glaubt, dass Quen heute Abend mit ihm geht.«

Jonathan sagte nichts, aber das Zucken um seine Augen verriet mir, dass ich recht hatte. Zynisch lächelnd ließ ich meine Handtasche auf den Boden neben der Couch fal en.

»Ich wette, Trent könnte hier eine Bombenparty feiern«, fuhr ich unvermittelt fort und hoffte auf irgendeine Reaktion.

Jonathan blieb stumm, also schob ich mich an einem niedrigen Couchtisch vorbei, um mich dann mit in die Hüfte gestemmten Händen hinzustel en und aus dem »Fenster« zu schauen.

Mein Atem sorgte für winzige Wel en auf der Folie aus Jenseits. Ich konnte nicht widerstehen und berührte es.

Keuchend riss ich meine Hand zurück. Ein seltsames, ziehendes Gefühl durchschoss mich, und ich umklammerte die Hand als hätte ich mich verbrannt. Es war kalt. Die Folie aus Jenseits war so kalt, dass sie brannte. Ich warf einen Blick über die Schulter auf Jonathan, weil ich davon ausging, dass er höhnisch grinste, aber stattdessen starrte er mit hängendem Kiefer erstaunt auf das Fenster.

Mein Blick folgte dem seinen ,und mein Magen verkrampfte sich, als mir auffiel, dass die dünne Schicht aus Jenseits nicht länger klar war. Stattdessen wirbelten Schatten in Bernstein und Gold darin. Verdammt. Es hatte die Farbe meiner Aura angenommen. Offensichtlich hatte Jonathan das nicht erwartet. Ich fuhr mir mit der Hand durch die ungewohnt kurzen Haare. »Ahm. . Uups.«

»Was haben Sie mit dem Fenster gemacht?«, rief er.

»Nichts.« Ich trat schuldbewusst einen Schritt zurück. »Ich habe es nur berührt, das ist al es, 'tschuldigung.«

Jonathans falkenartiges Gesicht wurde noch hässlicher. Mit langen, ruckartigen Schritten kam er auf mich zu. »Sie Möchtegern. Sehen Sie sich an, was Sie mit dem Fenster gemacht haben! Ich werde nicht erlauben, dass Quen Ihnen heute Nacht Mr. Kalamacks Sicherheit anvertraut.«

Ich merkte, wie ich rot anlief, und weil es das Einfachste war, um die Verlegenheit loszuwerden, verwandelte ich sie in Wut. »Das war nicht meine Idee«, schnauzte ich. »Und ich habe gesagt, dass mir das mit dem Fenster leid tut. Sie sol ten froh sein, dass ich Sie nicht auf Schmerzensgeld verklage.«

Jonathan holte tief Luft. »Wenn er Ihretwegen zu Schaden kommt, werde ich. .«

Ich wurde noch wütender, als die Erinnerung an die drei Tage in der Höl e, in denen er mich gefoltert hatte, wieder hochkam. »Halten Sie den Rand!«, zischte ich. Genervt davon, dass er größer war als ich, stieg ich auf einen nahe stehenden Couchtisch. »Ich bin nicht mehr in einem Käfig«, sagte ich und hatte immerhin die Geistesgegenwart, ihn nicht mit einem Finger in die Brust zu stechen. Sein Gesicht war erst verdutzt und wurde dann cholerisch. »Das Einzige, was Ihren Kopf und meinen Fuß momentan davon abhält, sich wirklich nahe zu kommen, ist meine zweifelhafte Professionalität. Und wenn Sie mich jemals wieder bedrohen, schleudere ich Sie durch den halben Raum, bevor Sie Bleistiftspitzer sagen können. Verstanden, Sie riesige Missgeburt?«

Frustriert bal te er seine großen Hände zu Fäusten.

»Los, Elfenjunge«, fauchte ich schäumend vor Wut, und fühlte, wie die Kraftlinienenergie, die ich in meinem Kopf gespeichert hatte, fast in meinen Körpers überfloss. »Gib mir einen Grund.«

Das Geräusch einer sich schließenden Tür riss unsere Aufmerksamkeit zur Galerie im zweiten Stock. Jonathan verbarg seinen Ärger und trat einen Schritt zurück. Plötzlich kam ich mir auf dem Couchtisch ziemlich blöd vor. Trent in seinem feinen Hemd mit der Anzughose hielt erstaunt an und blinzelte. »Rachel Morgan?«, wandte er sich sanft an Quen, der dicht hinter ihm stand. »Nein. Das ist inakzeptabel.«

In dem Versuch noch irgendetwas aus der Situation zu machen, warf ich eine Hand in die Luft, legte die andere in die Hüfte und posierte wie eines dieser Messemädchen, die Autos präsentieren. »Ta-da!«, rief ich strahlend und war mir dabei sehr bewusst, dass ich hier in Jeans und Sweatshirt stand und einen Haarschnitt hatte, den ich eigentlich nicht ausstehen konnte. »Hi, Trent. Ich bin heute Abend Ihr Babysitter. Wo versteckt ihr Kerle den teuren Alkohol?«