* 14 *

Darth Vader zündete sein Lichtschwert und hielt es Zak an die Kehle. Die energetische Klinge summte bedrohlich. „Hast du eine Vorstellung, was dieses Schwert mit Menschenfleisch zu tun vermag?"

Zak nickte.

Vader wandte sich Tash zu. „Ist dir klar, daß mir eine weitere, noch schrecklichere Waffe zur Verfügung steht?"

Tash wußte, daß er die dunkle Seite der Macht damit meinte, und nickte ebenfalls.

Tash und Zak saßen in der Kanzel des Frachters auf dem Boden.

Die Sturmtruppler hatten sie zunächst nach draußen gezerrt und nach Waffen durchsucht und sie dann zum Verhör zurück ins Schiffsinnere befördert. Sie waren ins Cockpit gesperrt worden, wo sie beinahe eine halbe Stunde warten mußten, während die Soldaten Deevees Computergehirn anzapften und seine Gedächtnisspeicher ausforschten. Niemand richtete das Wort an sie. Schließlich hatte sich die Tür zur Kanzel geöffnet und Darth Vader war eingetreten.

„Ausgezeichnet", sagte er jetzt. „Dann werdet ihr also kooperieren?"

Tash und Zak nickten beide.

Vaders schiere Gegenwart reichte aus, um auch das tapferste Herz verzagen zu lassen. Er war ohne jede Skrupel, und als er seinen schrecklichen Geist auf sie konzentrierte, fühlte Tash dunkle Wellen der Macht über sich hinweggehen, die sie in reiner Boshaftigkeit zu ertränken drohten. Zak an ihrer Seite empfand Vaders dunklen Willen wie einen Schatten, dessen Schwärze tiefer war als alles, was die Gespenster hervorzubringen vermochten.

Sie verrieten ihm alles.

Sie erzählten ihm von Hoole und seiner geheimen Vergangenheit. Vader schien indes bereits davon zu wissen und interessierte sich nicht besonders für den Shi’ido. Sie berichteten von den Rebellen, von Luke Skywalker, Han Solo und Prinzessin Leia, an denen Vader größeres Interesse zeigte, wenngleich er bereits mehr über sie zu wissen schien als die beiden Kinder. So kam er bald auf etwas anderes zu sprechen.

Sie verrieten ihm alles, was sie über Gog wußten, doch auch hier schien der Dunkle Lord ihnen weit voraus zu sein und schenkte ihren Worten nur geringe Beachtung.

Sie erzählten ihm, wie sie auf dem Planeten D'vouran gelandet waren und den ersten Teil von Gogs Experiment entdeckt hatten. Vader schien begierig, davon zu hören, und befahl ihnen fortzufahren. Er lauschte aufmerksam, während ihre Geschichte sämtliche Planeten, die sie besucht, und sämtliche Entdeckungen berührte, die sie im Zusammenhang mit Gog und dem Projekt Sternenschrei gemacht hatten.

Tash und Zak nahmen an, daß Gog die Details in der Hoffnung, die Kontrolle über das Experiment nicht zu verlieren, geheimgehalten hatte. Daher nahm Vader jetzt noch die unbedeutendste Information gespannt auf, die sie ihm über die verschiedenen Phasen des Projekts offenbaren konnten. Und Zak und Tash kooperierten aus Furcht um ihr Leben.

Mit einer Ausnahme. Intuitiv erwähnten weder Zak noch seine Schwester die wachsende Machtsensitivität Tashs. Sie verschwiegen ihre gelegentlichen Vorahnungen kommender Gefahren, und sie erwähnten natürlich auch mit keinem Wort, was sich auf der verlassenen Weltraumstation Nespis VIII ereignet hatte, wo Tash sich schließlich ihrer Fähigkeit, die Macht einzusetzen, vollkommen bewußt geworden war.

Tash wußte nicht zu sagen, was sie dazu bewog, diese Details auszulassen. Vielleicht war es die Macht selbst. Aber ihr war klar, daß Vader, sofern er von ihrem Machtbewußtsein erfuhr, sie niemals wieder aus den Augen lassen würde.

Sie war sich sicher, daß er ihr Geheimnis ohnehin in Erfahrung bringen würde. Denn immerhin war er, ehe er sich der dunklen Seite der Macht zuwandte, ein Jedi-Ritter. Daher vermochte er die Gegenwart anderer Jedi zu fühlen.

Doch sei es, daß Tashs Machtsensitivität noch jung und unausgebildet war, sei es, daß Vader von anderen Gedanken abgelenkt wurde, er verfiel keinen Augenblick auf die Wahrheit. Nachdem er alles, was er konnte, in Erfahrung gebracht hatte, drehte sich der Dunkle Lord einfach um, marschierte aus der Kanzel und verriegelte die Tür hinter sich.

Einige Minuten darauf stieß Deevee zu ihnen. Er strauchelte in den Raum und zog dabei ein nutzloses Bein nach. Er war noch in Betrieb, obwohl man seine Brustplatte begierig aufgerissen und einen Teil seiner Kabel beschädigt hatte.

„Ungastliche, brutale Kerle!" jammerte der Droide. „Ich habe versucht, ihnen zu helfen, damit sie so wenig Schaden wie möglich anrichten, aber sie haben mich einfach deaktiviert! Als sie mich wieder einschalteten, hatten sie mir das hier angetan. Mein linker Arm funktioniert nicht, und die Gelenkservos meiner Beine arbeiten auch kaum noch."

Zak sah sich die Schäden an. „Die Kabel sind geplatzt." Er sah sich im Cockpit um. Die Sturmtruppler hatten sie hier eingesperrt, da die Kanzel, dank Gogs Blasterfeuer, unbrauchbar war. Das Schiff war zu stark beschädigt, um davonfliegen zu können. Die Konsole war beschossen worden, und lose Drähte und geschmolzene Computerterminals waren alles, was von den Kontrollen noch übrig war.

„Vielleicht kann ich diesen Schrott dazu verwenden, dich zu reparieren", schlug Zak vor. Er zerrte mit bloßen Händen ein paar Kabelstränge aus der ramponierten Konsole und nahm sich Deevees Schaltkreise vor.

Tash hatte sich in der Zwischenzeit in einer Ecke zusammengekauert und stützte den Kopf in die Hände. Die beiden anderen ließen sie einige Minuten unbeachtet, bis Deevee schließlich fragte: „Bist du in Ordnung, Tash? Haben diese Imperialen dir irgendein Leid zugefügt?"

Tash blickte auf. „Nein. Mir geht's gut, Deevee. Um die Wahrheit zu sagen, ich habe an Onkel Hoole gedacht."

„Geht mir genauso", warf Zak ein. „Ich... Ich bin ganz durcheinander. Ich weiß nicht, was ich empfinden soll. Ich meine, wir schulden ihm viel, und obwohl ich weiß, daß es ein Unfall war, muß ich die ganze Zeit daran denken, daß er diesen Planeten verwüstet hat. Millionen Lebewesen ausgelöscht. Einfach so."

„Genau wie auf Alderaan", flüsterte Tash. „Unfall oder nicht, das war eine schreckliche Untat."

„Aber", sagte Deevee ungehalten, „wenn es etwas gibt, das ihr beide mittlerweile gelernt haben solltet, so, daß man keine voreiligen Schlüsse ziehen darf."

„Ich verstehe nicht", entgegnete Tash.

Der Droide ließ die elektronische Version eines Naserümpfens hören. „Natürlich nicht. Das liegt daran, daß ihr nur die halbe Wahrheit kennt. Ich habe die andere Hälfte aus R2-D2s Aufzeichnungen erfahren. Ich wollte euch schon früher davon berichten, aber wir wurden unterbrochen."

„Erzähl es uns jetzt", bat Zak.

„Ja-ah", pflichtete Tash ihm bei und ließ den Blick durch den Raum schweifen, der zu ihrem Gefängnis geworden war. „Es sieht nicht so aus, als würden wir in nächster Zeit irgendwo hingehen."

Deevee offenbarte ihnen alles, was er wußte, während Zak mit den Reparaturen fortfuhr. „Es stimmt, daß Master Hoole Mammon ist. Und jeder weiß, daß Mammon der Wissenschaftler war, der auf Kiva Experimente durchgeführt hat. Jeder weiß auch, daß diese Experimente den gesamten Planeten verheert haben. Was indes niemand weiß, ist, daß Master Hoole von der drohenden Gefahr keine Ahnung hatte. Er glaubte, die Versuche wären vollkommen unbedenklich. Es war sein Partner, der dafür Sorge zu tragen hatte, daß die Versuche innerhalb sicherer Parameter verliefen."

„Sein Partner", wiederholte Tash.

„Gog", ergänzte Zak.

„Genau. Als R2 sich an die Computersysteme des Labors ankoppelte, entdeckte er noch mehr Dateien. Er übertrug mir die Informationen, bevor wir getrennt wurden. Gog wußte offenbar ganz genau, daß die Experimente die Bevölkerung von Kiva vernichten würden, aber er überzeugte Hoole davon, daß sie vollkommen sicher seien."

Zak unterbrach seine Arbeit an Deevee für einen Moment. „Aber wie konnte es sein, daß niemand sonst davon wußte? Ich habe immer nur gehört, Mammon wäre allein für die Experimente verantwortlich gewesen."

Deevee zuckte die Schultern. „Wenn ich eine Vermutung wagen sollte, würde ich behaupten, das Imperium hat die Wahrheit verschleiert. Man benötigte einen Schuldigen für die Katastrophe, also machten sie Master Hoole zum Sündenbock. Gogs Name wurde aus allen Datenbänken getilgt, mit Ausnahme seiner persönlichen Aufzeichnungen, die wir in jener Festung fanden."

Tash machte ein mißtrauisches Gesicht. „Aber warum Onkel Hoole? Warum wurden nicht beide Wissenschaftler verantwortlich gemacht?"

Deevee war geradezu erpicht auf eine Erklärung. „Jetzt kommen wir zu dem Teil, der euch am meisten interessieren wird. Nach der Katastrophe auf Kiva hatte Master Hoole von sich selbst und vom Imperium genug. Er entschloß sich, nicht länger für den Imperator zu arbeiten. Gog setzte seine Arbeit jedoch offenbar fort, so daß die Imperialen in schützten, während sie zur selben Zeit Master Hooles Ruf vorsätzlich ruinierten."

Zak nahm die Arbeit an Deevees Verkabelung wieder auf. „Wieso hat Onkel Hoole uns kein Wort davon gesagt?"

Deevee erklärte: „Ich nehme an, Master Hoole gibt sich noch immer die Schuld am Schicksal der Kivaner. Er ist zu stolz, um die Verantwortung woanders zu suchen. Er nimmt noch immer die Schuld an den Ereignissen auf sich, wenngleich Gog der wahre Schuldige ist."

Tash wankte. Vor langer Zeit war sie Hoole mit Mißtrauen begegnet, dann hatte sie sich zu der Überzeugung durchgerungen, daß er zu den Guten gehörte. Jetzt war ihr Glaube an ihn zerrüttet. Sie wußte nicht mehr, was sie denken sollte. „Bist du sicher, daß Hoole dem Imperium den Rücken gekehrt hat? Was geschah danach mit ihm?"

Deevee wußte es nicht. „Darüber gibt es keine Aufzeichnungen. Er scheint einfach die Galaxis durchstreift zu haben. Er legte seinen Vornamen ab, da das Imperium inzwischen die Nachricht ausgestreut hatte, daß ein Shi'ido namens Mammon eine ganze Spezies ausgelöscht hätte."

„Vier Jahre", murmelte Tash. „Als Zak und ich uns Zugang zu Onkel Hooles persönlichen Dateien verschafften, stießen wir auf einen Zeitraum von vier Jahren, über den es absolut nichts gab."

„Genau", bekräftigte der Droide. „Aber ich vermute, Master Hoole erkannte, daß er nicht ewig mit Schuld beladen bleiben konnte. Er entschloß sich, seine Kraft in den Dienst des Guten zu stellen. Er wußte, daß er an den Geschehnissen nichts ändern konnte, und schwor sich, daß niemals wieder eine Zivilisation verlorengehen sollte. Er wurde Anthropologe, reiste von Sternsystem zu Sternsystem und trug Informationen über Hunderte von Kulturen zusammen."

Zak konnte den Rest erraten. „Aber er muß irgendwie von Gog erfahren haben; vielleicht, daß Gog die Technologie, die sie gemeinsam entwickelt hatten, für neue Experimente benutzte. Seitdem hat er versucht, ihn aufzuhalten." Er sah seine Schwester an. „So hat das alles angefangen."

Tash fühlte Tränen in ihre Augen treten. „Er hat versucht, wiedergutzumachen, was er getan hat", schloß sie. „Er hat sich alle Mühe gegeben, dafür zu sorgen, daß niemals wieder irgend jemand die Wissenschaft mißbraucht."

Deevee nickte. „Ich würde sagen, Master Hoole hat sich, anstatt weiterhin eine Marionette des Bösen zu sein, während der vergangenen Monate ziemlich tapfer verhalten."

„Er hat sich wie ein Held verhalten", stimmte ihm Zak zu. „Und wir haben ihn wie einen Verbrecher behandelt."

„Darauf kommt es jetzt nicht mehr an", stellte Tash fest. „Die Gespenster werden ihn hinrichten. Vielleicht ist er sogar schon tot."