* 10 *
Zak hatte keine Ahnung, warum er das Bewußtsein verloren hatte und wieviel Zeit seither vergangen war. Das einzige, was er mit Bestimmtheit sagen konnte, als er wieder zu sich kam, war, daß seine Arme und Beine sich schwer anfühlten, als würde er aus tiefem Schlaf erwachen. Am Hinterkopf registrierte er eine wunde Stelle – als hätte er einen Felsbrocken als Ruhekissen benutzt. Die Augen waren geschlossen, und tiefe Dunkelheit umgab ihn. Er öffnete die Augen.
Doch die Dunkelheit blieb.
Zak blinzelte, um sich davon zu überzeugen, daß seine Augen wirklich geöffnet waren. Die Finsternis ringsum war undurchdringlich. Es war dunkler als in einem tiefen Loch, schwärzer sogar als der Weltraum.
„Wo bin ich?" sagte er laut.
Tausend flüsternde Stimmen antworteten ihm gemeinsam. Du befindest dich im Herzen unseres Elends! Im Zentrum unseres Hasses!
Zak spürte die Gespenster sich überall um ihn her bewegen. Wenn sie seine Haut berührten, fühlte es sich an wie ein warmer, modriger Windhauch. Zak war sich der Tatsache bewußt, daß die Gespenster ihn jeden Moment in Stücke reißen konnten. Er erschauerte.
Er berührte etwas Weiches an seiner Seite. Stoff. Er tastete herum und fand Tashs Hand. Dann ihre Schulter, die er sanft schüttelte. „Tash. Tash!"
Obwohl sie weniger als eine Armeslänge von ihm entfernt war, konnte er sie nicht sehen, doch er hörte, daß sie sich bewegte. „Zak?" murmelte sie benommen. „Zak, wo sind wir?" Dann sagte sie mit zitternder Stimme: „Oh, nein. Die Gespenster."
Zak nickte. „Sie haben uns erwischt."
Zak und Tash erhoben sich und hielten sich bei den Händen. Sie spürten felsigen Untergrund und wußten, daß sie sich noch irgendwo auf Kiva befanden. Doch wohin sie auch blickten, fanden sie nichts als tiefste Dunkelheit.
„Was sollen wir jetzt machen?" fragte Zak.
„Ich weiß nicht", erwiderte Tash aus der Finsternis. „Wir haben Onkel Hoole verloren. Wir haben Deevee verloren. Meex ist verschwunden. Eppon davongelaufen. Wir sind... wir sind wieder ganz allein."
Zak drückte ihre Hand. „Nicht, solange wir uns haben." Aus seiner Stimme klang Entschlossenheit. „Vielleicht können wir uns einen Weg hier raus freikämpfen."
„Nein, wir sollten nicht gegen sie kämpfen, Zak", sagte Tash mit Nachdruck. „Was auch immer diese Wesen sein mögen, sie sind wütend und leiden Qualen. Irgend etwas Furchtbares ist ihnen zugestoßen, und aus irgendeinem Grund machen sie uns dafür verantwortlich. Wir müssen sie davon überzeugen, daß wir ihnen nichts Böses wollen."
Zak fühlte, wie ein Gespenst an ihm vorbeistrich; die schattenhafte Gestalt fuhr ihm seufzend ins Genick. Ihn fröstelte. „Ich bin für jeden Vorschlag offen."
Tash rief: „Wir haben euch nichts getan! Wir sind nicht eure Feinde!"
Mörder! Kinder des Mörders! erwiderten tausend Stimmen gleichzeitig. Hört uns zu! Einst gedieh auf Kiva eine wunderbare Zivilisation! Doch jetzt existieren nur noch unsere gequälten Seelen!
„Vielleicht können wir euch helfen", bot Tash an.
Aber ihre Worte verursachten lediglich ein Kreuzfeuer wütenden Geheuls in der Dunkelheit. Als es verklungen war, höhnten die Stimmen: Helfen? Helfen? Vor vielen Jahren kamen schon einmal Fremde nach Kiva und boten ihre Hilfe an. Sie versprachen, uns groß und mächtig zu machen, doch statt dessen haben sie uns vernichtet! Unser gesamtes Volk wurde ausgelöscht! Sie desintegrierten unsere Körper und verschonten nur unsere Schatten.
„Das tut uns leid!" schrie Zak. „Wir wissen, wie schrecklich das gewesen sein muß."
Das könnt ihr nicht! klagten die Schatten. Habt ihr jemals eure Welt verloren?
„Ja, das haben wir!" rief Tash aus. „Das Imperium hat unsere Heimatwelt Alderaan vernichtet. Wir haben alles verloren!"
Ihre Erwiderung zog eine sonderbare Reaktion nach sich. Die Finsternis schien sich in plötzlicher Verwirrung irgendwie um sich selbst zu drehen. Schließlich erhob sich eine einzelne Stimme über die anderen: Aber ihr seid gemeinsam mit dem Mörder hergekommen! Ihr seid die Kinder Mammons!
„Nein, das sind wir nicht!" protestierte Zak. „Wir sind mit keinem Mörder hierher gekommen. Von wem redet ihr überhaupt?"
„Sie reden", mischte sich aus der Dunkelheit eine andere Stimme ein, „von mir."
Die Finsternis teilte sich wie ein Vorhang, und eine einsame Gestalt mit hängenden Schultern und einem gequälten Gesichtsausdruck trat in die Mitte des schwarzen Kreises.
Sie erkannten ihren Onkel Hoole.