14.
Als Obi-Wan mit Yoda zur Startbucht zurückkehrte, bemerkte er, dass Anakin und Yoda einen kurzen Blick wechselten, dessen Bedeutung er nicht begriff. Die beiden schienen während dieses lautlosen Austauschs nicht beunruhigt, aber Yoda ging ohne ein Wort davon, um mit den Geheimdienstleuten zu sprechen, die nahe der Rampe des Shuttles hockten. »Jediratsangelegenheiten?«. fragte Anakin Obi-Wan.
»Nein. Yoda glaubt, dass der Mechno-Stuhl uns vielleicht ein paar Hinweise auf den Aufenthaltsort von Darth Sidious geben kann. Er will, dass wir nach ihm suchen.«
Anakin reagierte nicht sofort. »Meister, müssten wir nicht dem Kanzler von unserem Fund berichten?«
»Ja, Anakin, und das werden wir auch tun.«
»Wenn der Rat es für angemessen hält, meint Ihr.«
»Nein. Nachdem die Angelegenheit diskutiert wurde.«
»Aber nehmen wir einmal an, dass ein oder zwei Ratsmitglieder mit der Mehrheit nicht übereinstimmen.«
»Entscheidungen sind nicht immer einstimmig. Wenn wir wirklich gespalten sind, folgen wir Yodas Rat.«
»Dann kann die Macht manchmal von einem Einzelnen intensiver gespürt werden als von elf anderen?«
Obi-Wan versuchte zu erkennen, worauf Anakin hinauswollte. »Selbst Yoda ist nicht unfehlbar, wenn du das meinst.«
»Die Jedi sollten es aber sein.« Anakin warf Obi-Wan einen verstohlenen Blick zu. »Wir könnten es sein.«
»Ich höre.«
»Indem wir die Macht weiter nutzen, als wir es uns bisher gestatten. Indem wir auf ihrem Kamm reiten.«
»Meister Sora Bulq und viele andere würden dir zustimmen. Aber nur wenige Jedi haben Lust auf einen solchen Ritt. Wir sind nicht alle so gelassen wie Yoda oder Meister Windu.«
»Aber vielleicht ist es falsch, uns der Macht auf Kosten jeder Art von Leben hinzugeben, wie es die meisten Wesen führen. Auf Kosten eines Lebens, in dem es auch Begierde, Liebe und viele andere Emotionen gibt, die uns verboten sind. Hingabe an eine Sache ist gut und schön, Meister, aber wir sollten nicht ignorieren, was sich vor unserer Nase abspielt. Ihr sagtet selbst, dass wir nicht unfehlbar sind. Dooku hat das verstanden. Er hat den Dingen direkt in die Augen gesehen und beschlossen, etwas zu unternehmen.«
»Dooku ist ein Sith, Anakin. Er hat vielleicht gute Gründe gehabt, den Orden zu verlassen, aber jetzt ist er nichts weiter als ein Meister der Täuschung. Er und Sidious nutzen die Willensschwachen aus. Sie reden sich selbst ein, dass sie unfehlbar sind.«
»Aber ich habe Gelegenheiten erlebt, bei denen Jedi einander belogen haben. Meister Kolar hat hinsichtlich des Überwechselns von Quinlan Vos zur Dunklen Seite gelogen, und wir lügen jetzt, indem wir unsere Informationen über Sidious nicht mit Kanzler Palpatine teilen. Was würden Sidious oder Dooku über unsere Lügen zu sagen haben?«
»Vergleich uns nicht mit ihnen«, sagte Obi-Wan barscher, als er vorgehabt hatte. »Die Jedi sind keine Sekte, Anakin. Wir beten keine elitäre Führerschaft an. Wir werden ermutigt, unseren eigenen Weg zu finden und durch persönliche Erfahrung festzustellen, wie viel das, was man uns beigebracht hat, wirklich wert ist. Wir bieten keine einfachen Rechtfertigungen für die Vernichtung eines angeblichen Feindes. Wir werden von Mitgefühl und von dem Glauben geleitet, dass die Macht größer ist als die Summe jener, die sich ihr öffnen.«
Anakin wurde still. »Ich habe nur gefragt, Meister«, sagte er schließlich.
Obi-Wan holte tief Luft, um sich zu beruhigen. Ihrer selbst zu sicher die Jedi sind, hatte Yoda einmal gesagt. Sogar die Älteren, Erfahreneren...
Was wäre aus Anakin unter Qui-Gons Anleitung geworden?, fragte er sich. Er selbst war nichts weiter als Anakins adoptierter Mentor, und in vielerlei Hinsicht ein mit Makeln behafteter. Er war so darauf versessen, dem Vermächtnis von Qui-Gon gerecht zu werden, dass er ununterbrochen Anakins Versuche übersah, seinen Erwartungen zu genügen.
»Das ganze Gewicht der Galaxis Obi-Wan auf seinen Schultern trägt«, sagte Yoda, der mit einem der Geheimdienstleute zurückkehrte. »Erleichtern dich unsere Neuigkeiten vielleicht werden«, fügte er hinzu, bevor Obi-Wan antworten konnte.
Der dunkelhaarige, robust wirkende Geheimdienstmann, Captain Dyne, hockte sich auf den Rand eines Frachtcontainers. »Wir wissen zwar immer noch nicht, ob der Mechno-Stuhl bewusst als eine Art Falle zurückgelassen wurde, aber das Abbild von Sidious ist echt. Die Nachricht wurde offenbar vor zwei Tagen übermittelt. Wir haben jedoch Probleme damit, ihren Ursprung zu finden, denn sie wurde über ein System von Hyperwellen-Receivern weitergeleitet, die die Konföderation als Ersatz für das HoloNetz benutzt, und war außerdem mit einem Kode verschlüsselt, den der Intergalaktische Bankenclan entwickelt hat. Wir arbeiten schon seit einiger Zeit daran, diesen Kode zu knacken, und wenn wir das schaffen, können wir den Hyperwellensender des Stuhls vielleicht benutzen, um die Kommunikation des Feinds zu belauschen.«
»Schon besser es dir geht jetzt, hm?«, sagte Yoda zu Obi-Wan und schubste ihn mit dem Stock.
»Der Stuhl trägt die Stempel mehrerer Hersteller, die mit Dooku zu tun haben«, fuhr Dyne fort. »Der Hyperwellensender ist mit einem Konferenzchip und einer Antenne ausgerüstet, ähnlich jenen, die wir in einem minenverlegenden Chamäleondroiden gefunden haben, den Meister Yoda aus Elum mit zurückgebracht hat.«
»Ein Bild von Dooku dieser Droide enthielt.«
»Im Augenblick nehmen wir einmal an, dass Dooku - oder vielleicht auch Sidious - die Chips entwickelt hat und sie in Sendern installierte, die er Gunray und den anderen Schlüsselmitgliedern des Separatistenrats übergab.«
»Ist der Mechno-Stuhl der gleiche, den ich auf Naboo gesehen habe?«, erkundigte sich Obi-Wan.
»Davon gehen wir aus«, antwortete Dyne. »Aber man hat ihn seitdem mehrfach modifiziert. Der Selbstzerstörungsmechanismus zum Beispiel ist relativ neu, ebenso das Selbstverteidigungsgas.« Er warf Obi-Wan einen Blick zu. »Ihr habt ganz richtig angenommen, dass es sich um das gleiche Gas handelt, das die Neimoidianer seit Jahren benutzen, und wir wissen, dass dieses Gas von einem separatistischen Forscher namens Zan Arbor entwickelt wurde.«
»Zan Arbor«, sagte Anakin zornig. »Also ist es das gleiche Gas. das er auf Ohma-D'un gegen die Gungans eingesetzt hat.« Er warf Obi-Wan einen Blick zu. »Kein Wunder, dass Ihr es spüren konntet!«
Dyne schaute von Anakin zu Obi-Wan. »Der Ausstoßmechanismus ist der gleiche wie in einigen E-5-20-2 Attentäter-Droiden der Techno-Union.«
Obi-Wan strich sich nachdenklich übers Kinn. »Wenn Gunray den Stuhl schon vor vierzehn Jahren hatte, hat er ihn vielleicht auch während der Naboo-Krise benutzt, um sich mit Sidious in Verbindung zu setzen. Wenn wir erfahren könnten, wer den Stuhl hergestellt hat. «
Yoda lachte. »Obi-Wan weit voraus die Experten sind«, sagte er zu Anakin.
»Wir wissen, wer für die neimoidianischen Gravuren auf dem Stuhl verantwortlich ist«, erklärte Dyne. »Ein Xi Char, dessen Namen ich nicht einmal versuchen werde auszusprechen.«
»Woher wisst Ihr das?«, fragte Anakin.
Der Spezialist grinste. »Er hat seine Arbeit signiert.«
Padme verabschiedete sich auf dem Senatsplatz von Bail und den anderen. Sie entdeckte Captain Typho, der ihr von der Landeplattform aus zuwinkte, und eilte auf ihren wartenden Speeder zu. Die hoch aufragenden Statuen, die den Platz schmückten, schienen auf sie herabzustarren; das Gebäude war ihr noch nie so gewaltig vorgekommen. Die kurze Begegnung mit Palpatine hatte sie durcheinander gebracht, und das aus den vollkommen falschen Gründen. Obwohl jeder zweite ihrer Gedanken Anakin galt, hatte sie sich entschlossen, diese Gedanken für die Dauer der Besprechung zu verdrängen und sich auf das zu konzentrieren, was man von ihr sowohl als Dienerin der Öffentlichkeit als auch als besorgte Bürgerin der Republik erwartete. Und dennoch, als Palpatine Anakin erwähnte, waren selbst ihre besten Vorsätze vergeblich gewesen.
Hatte Anakin ihm die Wahrheit gestanden?, fragte sie sich. Wusste der Kanzler von der geheimen Zeremonie auf Naboo, und wenn ja, wusste er es von Anakin oder von anderen?
Ein gewisses Schwindelgefühl zwang sie, langsamer zu gehen. Die Nachmittagshitze. Die Helligkeit. Die Bedeutsamkeit der zurückliegenden Ereignisse.
Sie konnte Anakin in großer Ferne spüren. Er dachte an sie, da war sie vollkommen sicher. Bilder von ihm zuckten durch ihren Kopf. Sie konzentrierte sich auf eines davon, das sie zum Lächeln brachte: Ihr erstes gemeinsames Essen auf Tatooine. Qui-Gon, der Jar Jar Binks für seine schlechten Tischmanieren tadelte. Anakin, der neben ihr saß. Shmi. hatte sie ihr gegenüber gesessen? Hatte Shmi nicht ihren Blick auf Padme gerichtet, als sie über Anakin sagte: Ihm war bestimmt, Euch zu helfen?
In Wahrheit zählte nicht, wie es wirklich gewesen war. Es zählte nur, wie sie sich daran erinnerte.