PURANTI
»Wenn du deinen Thron auf Söldner gründest, so
wird er nie fest noch sicher stehen, denn sie sind zwieträchtig,
ehrgeizig, ohne Kriegszucht, treulos, stark gegen die Freunde, feig
gegen den Feind, sie haben keine Furcht vor Gott, keine Treue gegen
die Menschen; dein Sturz verzögert sich so lange, als sich ein
Angriff verzögert; im Frieden wirst du durch sie, im Krieg durch
die Feinde geplündert.«
NICCOLÒ MACHIAVELLI
Zwei Jahre lang tat die eine Hälfte der Tausend Klingen so, als würde sie gegen die andere Hälfte kämpfen. Wenn Cosca nüchtern genug war, um sprechen zu können, dann prahlte er damit, dass Männer nie zuvor in der Geschichte so viel Geld mit so wenig Leistung verdient hatten. Sie legten die Schatztruhen von Nicante und Affoia gründlich trocken, und als ein plötzlich geschlossener Friede ihre Hoffnungen zunichtemachte, zogen sie nach Norden und suchten neue Kriege, um von ihnen zu profitieren, oder ehrgeizige Fürsten, die welche beginnen mochten.
Keiner war ehrgeiziger als Orso, der neue Großherzog von Talins, der unerwartet an die Macht gekommen war, nachdem sein älterer Bruder ebenso unerwartet durch einen Tritt seines Lieblingspferds zu Tode gekommen war. Er war nur zu gern bereit, einen Söldnerbrief für die wohlbekannte Monzcarro Murcatto auszustellen. Vor allem, da seine Feinde aus Etrea kürzlich erst den berüchtigten Nicomo Cosca gedungen hatten, um ihre Truppen anzuführen.
Allerdings erwies es sich als schwierig, die beiden zu einer Schlacht zu bewegen. Wie zwei Feiglinge, die sich vor einer Wirtshausschlägerei umkreisen, verbrachten sie einen ganzen Feldzug mit verheerend teuren Manövern, unter denen die Bauern der Gegend wesentlich mehr litten als das gegnerische Heer. Schließlich drängte man sie in den reifen Weizenfeldern nahe dem Dorf Afieri zusammen, und eine Schlacht erschien unausweichlich. Oder zumindest etwas, das wie eine Schlacht aussah.
Aber an jenem Abend erschien ein unerwarteter Besucher in Monzas Zelt. Kein Geringerer als Herzog Orso höchstpersönlich.
»Euer Exzellenz, Ich hatte nicht erwartet …«
»Verzichten wir doch auf die Förmlichkeiten. Ich weiß, was Nicomo Cosca morgen vorhat.«
Monza runzelte die Stirn. »Ich vermute, er wird kämpfen wollen, ebenso wie ich.«
»Er plant nichts dieser Art, ebenso wenig wie Sie. Sie beide haben Ihre Dienstherren in den vergangenen zwei Jahren zum Besten gehalten. Ich schätze es nicht, wenn man mich hinters Licht führt. Gespielte Schlachten kann ich mir im Theater für wesentlich weniger Geld ansehen. Und daher werde ich Ihnen nun das Doppelte zahlen, damit Sie tatsächlich gegen ihn kämpfen.«
Das hatte Monza nicht erwartet. »Ich …«
»Sie sind ihm gegenüber zur Treue verpflichtet, das weiß ich. Das respektiere ich auch, jeder braucht etwas in seinem Leben, an das er sich halten kann. Aber Cosca ist die Vergangenheit, und ich habe beschlossen, dass Sie die Zukunft sind. Ihr Bruder ist meiner Meinung.«
Das hatte Monza nun erst recht nicht erwartet. Sie starrte Benna an, und er grinste zurück. »Es ist besser so. Du hast es verdient, die Befehlshaberin zu sein.«
»Ich kann doch nicht … die anderen Hauptmänner werden niemals …«
»Mit ihnen habe ich schon gesprochen«, sagte Benna. »Mit allen außer dem Getreuen, und dieser alte Hund wird uns schon hinterhertrotten, wenn er merkt, woher der Wind weht. Cosca hängt ihnen zum Hals raus, seine Sauferei, seine Narreteien. Sie wollen einen langfristigen Kontrakt, und sie wollen einen Anführer, auf den sie stolz sein können. Sie wollen dich.«
Der Herzog von Talins sah ihnen zu. Sie konnte es sich nicht leisten, zögerlich zu erscheinen. »Dann nehme ich natürlich an. Das hatte ich schon beschlossen, als Sie die doppelte Zahlung erwähnten.«
Orso lächelte. »Ich habe das Gefühl, dass Sie und ich für einander gut sein werden, Generalin Murcatto. Ich freue mich darauf, morgen die Nachricht von Ihrem Sieg zu hören.« Und damit ging er.
Als die Zelttür wieder herunterklappte, versetzte Monza ihrem Bruder einen so heftigen Schlag ins Gesicht, dass er stürzte. »Was hast du angestellt, Benna? Was hast du nur getan?«
Er sah schmollend zu ihr auf, eine Hand am blutenden Mund. »Ich dachte, du würdest dich freuen.«
»Nein, das tue ich verdammt noch mal nicht! Du dachtest, du würdest dich freuen. Ich hoffe, das tust du.«
Aber es blieb ihr nichts anderes übrig, als ihm zu vergeben und das Beste daraus zu machen. Er war ihr Bruder. Der Einzige, der sie wirklich kannte. Und Sesaria, Victus, Andiche und die meisten anderen Hauptmänner hatten zugestimmt. Sie alle hatten Nicomo Cosca gründlich satt. Also gab es kein Zurück mehr. Am nächsten Tag, als von Osten das Morgengrauen heranzog und sie sich auf die kommende Schlacht vorbereiteten, befahl Monza ihren Männern, ernsthaft anzugreifen. Was hätte sie sonst tun können?
Als der Abend kam, saß sie auf Coscas Stuhl, Benna grinsend an ihrer Seite, und die um einiges reicher gewordenen Hauptmänner tranken auf ihren ersten Sieg. Alle lachten, außer ihr. Sie dachte an Cosca, an alles, was er ihr gegeben hatte, was sie ihm schuldete und wie sie es ihm heute vergolten hatte. Sie war nicht in Feierstimmung.
Davon abgesehen war sie die Generalhauptmännin der Tausend Klingen. Ein Lachen konnte sie sich nicht leisten.