Sie haben in den vorangegangenen Kapiteln mit der Anwendung des BAR-Programms das Know-how erworben, um Ihre konkreten Vorhaben oder Entscheidungen nicht länger aufzuschieben. Sie haben Ihre kognitive Haltung ebenso verändert wie Ihre begleitenden Gefühle. Sie haben gelernt, sich Ziele zu setzen, die Sie in genau überprüfbaren Schritten erreichen. Sie haben die erforderlichen skills erworben, um sich selbst besser als bisher zu steuern, wenn es hart wird, wenn der Schlendrian Sie lockt oder sich sehr unangenehme Spannungen in Ihnen aufbauen. Durch Selbstbelohnung haben Sie sich in eine positive Lernhaltung versetzt. Damit verfügen Sie über die erforderlichen Fertigkeiten, um Ihre Projekte ohne Verzögerungen durchzuziehen. In diesem Kapitel können Sie das Arsenal Ihrer Antiaufschiebestrategien um langfristig wirksame Instrumente ergänzen. Planung und Selbstorganisation machen Ihnen auf Dauer die Erledigung von Aufgaben leichter und senken das Risiko, dass Sie überhaupt in Verzug geraten. Sie helfen Ihnen ebenso wie ein besseres Zeitmanagement.
Ziel aller Planung, Selbstorganisation und des Managements Ihrer Zeit ist eine Verbesserung Ihrer Effizienz. Effizient handeln Sie dann, wenn Sie mit einem sparsamen Einsatz von Mitteln Ihre Leistungsziele erreichen, das heißt einen hohen Nutzen erzielen. Gemeint ist damit:
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dass Sie relativ mühelos in Schwung kommen, um Ihre Vorhaben zu erledigen;
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dass Sie ohne übermäßige Anstrengung Ideen für neue Projekte entwickeln und kreative Einfälle haben zur Bewältigung des gegenwärtigen Vorhabens;
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dass Sie bei der Aufgabenerledigung auf Klarheit, Wohlbefinden und sparsamen Einsatz der Mittel und ein Maximum an Erfolg bedacht sind;
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|242|dass Sie über Bewältigungsfertigkeiten verfügen, falls Sie Rückschläge und Enttäuschungen überwinden müssen;
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dass Sie soziale Fertigkeiten haben, die es Ihnen ermöglichen, Unterstützung zu finden und sich in den Standpunkt des anderen einzufühlen.
Bitte denken Sie noch einmal daran, dass Sie sich dann motiviert fühlen werden, Planungs- und Organisationsfertigkeiten zu erlernen, wenn es bei den Vorhaben, die Sie erledigen wollen, um Dinge geht, die Ihren persönlichen Werthaltungen entsprechen. Wenn Sie einer Mode hinterherhecheln oder sich an einer Sache abarbeiten, die nicht auf einem Weg mit Herz zu erreichen ist, dann können Ihnen Techniken zwar kurzfristig über Klippen helfen, Sie werden aber keine skills verinnerlichen.
Von Planung, Selbstorganisation und optimierter Verwendung Ihrer Zeit können Sie vor allem dann erheblich profitieren, wenn Sie kein allzu intensives Aufschiebeproblem mehr haben. Solange Sie noch ein hartgesottener Aufschiebeprofi sind, werden Sie wahrscheinlich alles daransetzen, auch die besten Vorschläge als wirkungslose Tipps erscheinen zu lassen, denn schließlich zielen alle Ratschläge darauf ab, Sie mit Ihren aufgeschobenen Vorhaben wieder in Kontakt zu bringen. Dadurch aber rücken auch die vermeintlichen Gefahren wieder näher, denen Sie sich früher nicht zu stellen wagten. Erst nachdem Sie diese Drohungen für Ihr Selbstwertgefühl als übertrieben erkannt, Ihre Einstellungen verändert und Ihr Ich gestärkt haben, können Sie es sich leisten, die aufgeschobenen Projekte erneut in Angriff zu nehmen und Ihre Herangehensweisen zu verbessern. Arbeiten Sie daher unbedingt die entsprechenden Kapitel in diesem Buch durch, bevor Sie die hier beschriebenen Techniken ausprobieren. Wenn Sie Ihr Aufschieben ernsthaft loswerden wollen, dann müssen Sie zuerst eingefahrene Verhaltensweisen in Ihrem Leben ändern.
Motiviertes Handeln wartet nicht auf die 100-prozentig gute Laune. Es stellt durchaus Unlust und Trägheit in Rechnung, ohne diese zu dramatisieren. Sie werden diese Hindernisse in Ihrer Planung berücksichtigen und ihnen mithilfe einer guten Selbstorganisation den Wind aus den Segeln nehmen. Auch ein anderes Verhältnis zur Zeit kann Ihnen helfen. Früher trösteten Sie sich mit der faulen Ausrede, Sie hätten für Ihr Vorhaben keine Zeit, da etwas anderes wichtiger |243|sei. Später wurde dann die Zeit immer knapper und parallel dazu hatten Sie den Eindruck, immer mehr davon zu benötigen. Ein gutes Management Ihrer Zeit unterstützt Sie bei Ihren Vorhaben und ermöglicht es Ihnen, diese Ressource optimal zu nutzen.
Planung
Über Planung ist häufig und gelungen gespottet worden, so zum Beispiel bei Bertolt Brecht in der Dreigroschenoper:
»Ja, mach nur einen Plan,
Sei nur ein großes Licht
Und mach dann noch ’nen zweiten Plan
Gehn tun sie beide nicht.«
Andererseits geben Unternehmen und Verwaltungen viel Geld für Organisation und Planung aus. Umstrukturierungen, Produktivitätssteigerungen und langfristiges, zielorientiertes Handeln sind ohne sie nicht möglich. Zu viel Planung führt zur Erstarrung, wie der Zusammenbruch der planwirtschaftlichen Systeme im Osten gezeigt hat. Zu wenig Planung bewirkt kopflosen Aktionismus. Ein Optimum an Planung schafft Verbindlichkeit, ordnet Vorhaben Terminen zu und gibt Ihnen Klarheit, was Sie wann tun wollen. Sie können das als Festlegung erleben und mit Widerstand darauf reagieren. Dann haben Sie ein ernsthaftes Problem. Vermeiden Sie jedoch abstrakte Diskussionen darüber, ob sich Ihr spezielles Vorhaben überhaupt planen lässt. Mit Sicherheit lässt es sich planen, aber das heißt natürlich noch lange nicht, dass Sie planen müssen. Sie können sich dafür entscheiden, Sie können es ausprobieren und erleben, welche Vorteile Planung für Sie mit sich bringt. Die Erledigung von Vorhaben zu planen bedeutet nicht, Ihre lieb gewonnene Spontaneität und Ihre persönliche Entscheidungsfreiheit ein für alle Mal aufzugeben. Selbst ausgestattet mit Monats-, Wochen- und Tagesplänen verwandeln Sie sich nicht automatisch in einen Ordnungsfanatiker. Sie bedienen sich lediglich bewährter Instrumente. Die Grundprinzipien von Planung haben Sie bereits im vorigen Kapitel kennengelernt:
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Machen Sie sich klar, warum Sie diese Ziele verfolgen und was Sie von Ihrer Verwirklichung erwarten.
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Konkretisieren Sie ein Vorhaben, das Ihre Ziele erreichen hilft und das Sie mit Priorität umsetzen werden.
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Bestimmen Sie die Handlungen, die Sie Ihrem Ziel näher bringen werden.
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Legen Sie die Zwischenschritte fest, die Sie machen müssen, um Ihr Ziel bei Ihrem Projekt zu erreichen.
Aus der Art Ihres Zieles, Ihrem persönlichen Tempo und dem Zeitbudget, das Ihnen zur Verfügung steht, ergibt sich, wie lange Sie brauchen werden, um Ihr Ziel zu erreichen. Und so landen Sie bei einer Planung, die Jahre, Monate, Wochen oder auch nur Tage umfassen kann. Sie brauchen, um sich Ihre Pläne vor Augen halten zu können, einen großen Wandkalender oder eine selbst angefertigte Tabelle, in die Sie mit unterschiedlichen Farben Ziele und Zwischenziele, erforderliche Handlungen und Deadlines eintragen. In diesen großen Übersichtsplan können Sie dann auch Ihre Belohnungspunkte einkleben, wenn Sie sich für die Visualisierung Ihrer Selbstverstärkungen entschieden haben. Detailliertere Angaben zur Anfertigung solcher Pläne finden Sie in einschlägigen Büchern zum Thema, von denen eine Auswahl in der Literaturliste am Ende des Buches angegeben ist.
Ich möchte hier das Thema Planung nur in bestimmten, für die Überwindung des Aufschiebens besonders wichtigen Ausschnitten behandeln. Dabei gilt der Grundsatz, dass die Planung Ihre Motivation steigern soll. Sie werden diesem Prinzip dadurch gerecht, dass Ihre Planung zu folgenden Ergebnissen führt:
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mehr Lebensqualität in der Freizeit und
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mehr Qualität in der Arbeit.
Tipps und Anregungen zur Detailplanung von Arbeitsvorhaben finden Sie im Abschnitt Zeitmanagement.
Im großen Maßstab bezieht sich Ihre Planung darauf, das Aufschieben in Dingen, die Ihnen wichtig sind, zu beenden. Dazu gehören unter Umständen auch Fragen der Lebensplanung.
Helmut hatte begriffen, dass er einen etwaigen Wechsel seiner Arbeitsstelle oder gar seines Arbeitgebers von langer Hand planen |245|musste. Seine bisherigen Gedankenspiele hatten zu nichts Gutem geführt, sondern ihn eher entmutigt. Das lag auch daran, dass er bisher stets nur aus Trotz an andere Jobs gedacht hatte. Seine widerborstige Haltung hatte sich durch intensive Arbeit an seinen Einstellungen deutlich verringert. Helmut beschloss, eine Analyse dessen zu machen, was er gut konnte und was er gerne tun würde. Als Ergebnis kam heraus, dass er seine Stärken mehr im direkten Umgang mit anderen Menschen und weniger in der Bearbeitung von Akten sah. Dementsprechend hätte er lieber eine Tätigkeit, die ihn mit Publikum in Kontakt bringen würde, mit einem eigenen Entscheidungsspielraum. Helmut ließ seine Fantasie spielen, bis hin zu der Möglichkeit, Croupier (!) zu werden. Aber so radikal umzusteigen, erschien Helmut wegen seines Sicherheitsbedürfnisses als zu riskant. Helmut plante die folgenden Schritte, die er im Laufe eines halben Jahres umsetzte:
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Er machte einen Kurs für effektive Selbstpräsentation und besseren Umgang mit anderen Menschen mit.
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Er nahm an einem Assessment Center und an einem Bewerbungstraining teil.
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Er suchte systematisch in Anzeigen und im Internet nach neuen Jobs.
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Er entwarf ein Bewerbungsschreiben, das er nach und nach optimierte.
Nachdem Helmut zu zwei Einstellungsgesprächen bei verschiedenen Unternehmen eingeladen worden war, wechselte er schließlich in das neu eingerichtete Kundenberatungszentrum einer großen Krankenkasse. Im direkten Gespräch mit Kunden fand er eine Befriedigung, die es ihm möglich machte, die auch hier natürlich immer wieder ähnlichen Anliegen ohne Ärger und Ungeduld zu erledigen. Er verdiente besser als in seinem alten Unternehmen, profilierte sich durch Initiative und Leistungen und wurde nach nur zwei Jahren Leiter des Kundendienstzentrums.
Das hier beschriebene Vorgehen eignet sich naturgemäß besonders für längerfristige Projekte. Beate konnte mit einer konkreten Planung von zwei Monaten endlich das so lange schon ausstehende Marketingkonzept fertig stellen. Statt eines großen Auftritts vor der gesamten Verlagsspitze präsentierte sie es bescheidener nur Ihrem direkten |246|Vorgesetzten. Der zeigte sich über ihre Initiative erfreut, geriet aber keineswegs vor Begeisterung aus dem Häuschen. Weder bestätigten sich Beates Ängste, noch löste sie den zwiespältig erhofften Jubel aus. Helmuts Planung seines Jobwechsels erstreckte sich über ein halbes Jahr. Anjas Weg dauerte noch länger.
Anja plante gleichzeitig verschiedene wichtige Veränderungen in ihrem Leben. Sie wollte
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ihre Rolle als Mutter und Hausfrau besser als bisher, aber auch stressfreier, erfüllen;
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eine andere Verteilung der Lasten zwischen sich und ihrem Mann Horst herbeiführen;
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herausfinden, welche ihrer verschiedenen Vorstellungen über mehr Selbstverwirklichung sie in die Tat umsetzen wollte.
Auch Anja griff zurück auf das vertiefte Bewusstsein für sich selbst und ihre Konflikte, das sie in der Zwischenzeit gewonnen hatte. Sie verwirklichte ihre Ziele in mehreren Schritten:
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Sie analysierte die Probleme in der Gegenwart und legte die angestrebten zukünftigen Situationen fest: Sie würde gerne entspannter mehr Zeit mit den Kindern genießen, sie würde es gerne sehen, wenn Horst sich ebenfalls mehr am Familienleben beteiligen würde und sie würde gerne zwischen ihren alten Ideen Kunst oder Modeling abwägen, vielleicht auch etwas Neues finden.
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Sie überlegte sich gründlich das Für und Wider ihrer angestrebten Veränderungen. Insbesondere machte sie sich klar, dass eine Veränderung ihrer familiären Verhältnisse den Druck auf sie erhöhen würde, nun auch wirklich mehr für ihre eigene Entwicklung zu tun als bisher.
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Sie legte fest, welche Schritte sie machen müsste, um diese Ziele zu erreichen. Ganz oben an stand das Gespräch mit Horst, den sie für die angestrebten Neuerungen gewinnen wollte. Sie machte sich bewusst, dass sie das gewiss nicht in einer einmaligen Aussprache erreichen könnte, und stellte zudem auch Widerstände bei Horst in Rechnung.
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Sie machte einen Plan, wie sie diese Schritte umsetzen würde. Anders als sonst, würde sie Horst nicht zwischen Tür und Angel mit ihren Vorstellungen überfallen, sondern das Thema bei ihrem |247|nächsten Urlaub zur Sprache bringen, wo beide mehr Zeit füreinander hatten und die Bereitschaft größer war, aufeinander einzugehen. Sie entwickelte konkrete Vorschläge zur Lösung der Probleme und übte mit Jutta, ihre Vorschläge im Gespräch zu unterbreiten und zu begründen.
Schließlich, in den Ferien, setzte Anja ihren Plan um. Sie hatte Horst schon darauf vorbereitet, dass sie mit ihm sprechen wollte. Der erste Punkt war schnell erledigt: Horst hatte nichts mehr dagegen einzuwenden, dass an zwei Tagen in der Woche eine Haushaltshilfe kommen würde. Während er früher Anjas Unzufriedenheit gespürt und allergisch darauf reagiert hatte, ging jetzt von ihr eine neue Entschlossenheit aus, die Horst beruhigte. Offenbar wusste sie, was sie wollte. Ihren Vorschlag, die Kinder generell nur noch bis mittags im Kindergarten zu lassen, fand er ebenso gut wie ihre Idee, sich regelmäßig die ständig benötigten Getränke und Lebensmittel vom Supermarkt liefern zu lassen. Auf diese Weise würde dann auch für Geschäftsessen und Partys immer ein Vorrat im Haus sein. Widerstand leistete Horst gegen Anjas Wunsch, dass auch er sich mehr am Familienleben beteiligen sollte. Er wies auf seinen übervollen Kalender hin, auf Gerichtstermine, die er wahrzunehmen habe und auf deren Festlegung er keinen Einfluss habe. Hier sah er keinen Spielraum. Dass sie ihre Vorstellungen von Selbstverwirklichung außerhalb der Familie ernsthafter verfolgen wollte, gefiel ihm. Er war froh, dass ihr alter Modelspleen, wie er ihn nannte, kein Thema mehr war. An die Karriere als Künstlerin hatte er ohnehin nie geglaubt. Dass sie nicht mehr in der Apotheke stehen wollte, leuchtete ihm ein. Dafür hatte er selbst eine Idee: Neulich war ihm Anja eingefallen, als einer seiner Geschäftsfreunde, der eine große Werbeagentur leitete, dringend eine repräsentative Empfangsdame für eine Halbtagstätigkeit suchte. Anja wäre dafür genau richtig, fand Horst, mit ihrem Aussehen und ihrer Kontaktfreudigkeit. Anja war nicht abgeneigt, es einmal zu probieren. Als sie am Abend nach diesem Gespräch eine Eintragung in ihrem Veränderungslogbuch macht, spricht aus ihr die Freude über einen so wichtigen, gelungen Schritt: »Ich habe das Gefühl, alles wendet sich zum Guten – ich bin froh, mein Puppenheim und die Rolle der Unzufriedenen endlich aufgeben zu können. Horst steht hinter mir, das ist ein schönes Gefühl.«
|248|Tipp: In welchen Schritten sollten Sie vorgehen, wenn Sie planen, das Aufschieben aufzugeben?
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Analysieren Sie strategisch Ihre jetzige Ausgangssituation, Ihre Zielvorstellungen und legen Sie die erforderlichen Schritte dafür fest, Ihre Ziele anzusteuern.
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Denken Sie dabei auch daran, dass Veränderungen dauerhaft negative Aspekte mit sich bringen und dass immer etwas schief gehen kann.
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Planen Sie ganz konkret, wie Sie die einzelnen Schritte umsetzen wollen und beziehen Sie Ihre Planung auf den dafür erforderlichen Zeitraum.
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Berücksichtigen Sie bei der Planung Ihre Persönlichkeit und Ihre Konflikte sowie die der beteiligten anderen Personen
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Dann handeln Sie und schließlich überprüfen Sie das Resultat.
Selbstorganisation
Mental und im Verhalten gut organisiert zu sein, kann Ihnen das Leben enorm erleichtern. Seien Sie ehrlich: Im kreativen Chaos immer wieder die Unterlagen auszugraben, die Sie für Ihre Seminararbeit an der Universität brauchen, ist nur zur Hälfte spaßig. Zur anderen Hälfte bedeutet es Stress. Wenn Sie gerne basteln und werkeln, aber Ihr Handwerkszeug immer erst zusammensuchen müssen, bevor Sie loslegen können, dann haben Sie Verdruss an den Anfang einer angenehmen Freizeitbeschäftigung gesetzt. Denken Sie an die Millionen und Abermillionen an finanziellen Mitteln, die weltweit operierende Unternehmen einsetzen, um ihre interne Organisation zu verbessern, die durchgeführten Maßnahmen auszuwerten und erneut die Strukturen zu optimieren.
Wenn Sie gut organisiert sind, dann werden Sie sich nicht so schnell überwältigt fühlen von den vielen Einzelheiten, die sich mit Ihrem aufgeschobenen Vorhaben verbinden. Und damit senken Sie die Wahrscheinlichkeit, ins Aufschieben abzugleiten. Zwischen Freizeit und Arbeit, zwischen Ihren sozialen Bedürfnissen und dem nach Alleinsein werden Sie ebenfalls viel leichter umschalten können, |249|wenn Sie Ihr Leben organisiert haben. Organisation, Fertigkeiten der Selbststeuerung, Ausdauer und ein Sinn für Herausforderungen sind die besten Mittel gegen die Versuchung, sich vom Leben und seinem Trott leben zu lassen.
Auch die Organisation Ihres Lebens hat eine mentale und eine handlungsorientierte Seite. Sie machen sich zunächst die Vorteile einer guten Organisation klar, analysieren Ihre derzeitigen Schwachstellen, entwickeln Pläne für Verbesserungen, führen die durch und werten Ihre Erfahrungen aus.
Die Vorteile einer gelungenen Organisation liegen auf der Hand:
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Sie fühlen sich besser, weil Sie Ihre Angelegenheiten unter Kontrolle haben.
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Sie handeln kompetenter und effizienter, weil Sie weniger Aufwand mit Vorbereitungen treiben müssen.
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Sie erleben weniger Angst und Hilflosigkeit, weil Sie sich eine Struktur geschaffen haben, die Ihnen Halt und Sicherheit gibt.
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Sie gewinnen Zeit, die Sie zur freien Verfügung haben.
Von positiven Rückmeldungen Ihrer Familie, Kollegen oder Chefs ganz zu schweigen! Wie aber können Sie es erreichen, sich besser als bisher zu organisieren? Vorweg ein wichtiger Tipp:
Tipp: Sich gut zu organisieren ist eher eine Kunst als eine Sache, die Sie aus Büchern lernen können. Hier finden Sie nur Anregungen und Hinweise, was Sie alles machen können. Wenn Sie herausfinden wollen, was Ihnen wirklich hilft, müssen Sie diese Anregungen ausprobieren und kreativ weiterentwickeln.
Vielleicht gehören Sie ja zu den Menschen, die ein sichtbares Chaos auf Ihrem Schreibtisch brauchen und doch jederzeit genau wissen, wo in welchem Stapel die gerade benötigten Unterlagen stecken. Möglicherweise arbeiten Sie jedoch effizienter mit einem System von Eingangs- und Ausgangskörbchen. Das müssen Sie testen. Die größten Chancen herauszufinden, mit welchen Organisationshilfen Sie am besten klarkommen, haben Sie, indem Sie so viele Tipps wie möglich aus dem nachfolgenden Katalog ausprobieren:
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Planen Sie einen ungefähr gleichen Level an Aktivitäten und Erledigungen |250|an jedem Tag. Vermeiden Sie hektische 16-Stunden-Tage, gefolgt von Leere.
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Führen Sie einen vernünftigen Kalender oder verwenden Sie einen Organizer: Ein System von Kalenderblättern, To-do-Listen, Formularen und Vordrucken für Besprechungsnotizen und so weiter.
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Richten Sie sich ein praktikables Ablagesystem ein, sowohl durch Ordner als auch auf Ihrer Festplatte. Wenn Sie dabei jeweils dieselben Kategorien verwenden, ersparen Sie sich lästige Sucharbeit.
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Experimentieren Sie mit Eingangs- und Ausgangskörben, wenn Ihre Vorhaben das erfordern.
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Verwenden Sie optisch attraktive Ordner, Schnellhefter und andere Ordnungshilfen, deren Anblick Sie gerne haben.
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Legen Sie Vorhaben mit Priorität fest und erledigen Sie diese statt anderer, weniger wichtiger Vorhaben.
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Ordnen Sie diesen Vorhaben Zeit zu, die Sie zur Erledigung brauchen. Und verdoppeln Sie anschließend dieses Zeitbudget. Nur so sind Sie als (ehemaliger) Aufschiebeexperte realistisch!
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Schreiben Sie die Vorhaben des Tages auf eine To-do-Liste und arbeiten Sie diese ab.
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Suchen Sie sich ein Vorhaben aus, das Sie an diesem Tag unbedingt erledigen wollen und machen Sie das zum Kriterium für einen gelungenen Tag.
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Berücksichtigen Sie dabei Ihren Biorhythmus und Ihre Tagesform. Wenn Sie am Abend am besten schreiben können, hat es wenig Sinn, das für den Morgen zu organisieren.
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Arbeiten Sie mit Hinweisen auf Ihr Vorhaben: Kleben Sie Erinnerungszettel an Ihren Badezimmerspiegel, den Kühlschrank und auf den Esstisch. Je mehr Sie sich an Ihr Vorhaben erinnern, desto weniger verlieren Sie es aus dem Blick.
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Führen Sie ein Veränderungsjournal, Ihren Kalender, Listen oder Pläne und überprüfen Sie sowohl die Prioritätensetzung wie den Zeitbedarf regelmäßig.
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Versuchen Sie, immer ein wenig vor Ihrem Plan zu liegen.
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Erledigen Sie etwas von der morgigen Arbeit schon heute.
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Versuchen Sie bei langfristigen Vorhaben eine Woche vor Ihrem Plan zu liegen.
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Streichen Sie die erledigten Dinge auf Ihrer To-do-Liste aus.
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Nehmen Sie danach das nächste Vorhaben auf Ihrer Liste in Angriff.
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|251|Neu hereinkommende Aufgaben ordnen Sie sofort zu: Wenn es prioritäre Aufgaben sind, erledigen Sie sie gleich, sonst später.
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Laden Sie sich nicht zu viele Aufgaben auf.
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Organisieren Sie sich Hilfe und delegieren Sie so viel wie möglich.
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Kaufen Sie per telefonischer Bestellung, Katalog oder via Internet ein und lassen Sie sich Ihre Einkäufe ins Haus liefern, wenn Sie die Zeit für Besorgungen nicht erübrigen können.
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Planen Sie bei längerfristigen Aufgaben das Jahr hindurch. Legen Sie auch Ihre Urlaubszeiten im Voraus fest.
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Bei langfristigen Vorhaben sind Visualisierungen eine große Hilfe: Hängen Sie sich riesige Kalender an die Wand, auf denen Sie Ihre Fortschritte markieren und sehen können. Bestätigen Sie sich auf diese Weise: Sie sind auf dem richtigen Weg!
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Entrümpeln Sie Schreibtisch, Festplatte, Kleiderschrank und Wohnung regelmäßig. Das meiste von dem, was Sie im letzten Jahr kein einziges Mal zur Hand genommen haben, ist entbehrlich.
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Wenn Sie mehrere Vorhaben zur selben Zeit betreiben, richten Sie einen Tisch (oder eine Ecke auf Ihrem Schreibtisch) für jedes Vorhaben ein. Produktive Menschen arbeiten meistens an verschiedenen Projekten gleichzeitig, an verschiedenen Tischen.
All diese Tipps können hilfreich für eine gute Selbstorganisation sein. Darüber hinaus sollten Sie durch Beobachtung Ihres Vorhabens analysieren, wie Sie mit Zeit umgehen. Stellen Sie sich vor, Sie hätten von Ihrem Arzt erfahren, dass Sie nicht mehr lange zu leben haben. Welche Ihrer bisherigen Aktivitäten würden Sie ganz aufgeben? Können Sie das wirklich nur dann, wenn Sie lebensbedrohlich erkrankt sind? Oder dürfen Sie das auch, um als Gesunder ein besseres Leben zu führen?
Der schlimmste Zeitdieb ist Ihre zwanghafte Haltung, die Ihnen suggeriert, dass Sie alles selbst erledigen müssen. Lernen Sie zu delegieren. Heuern Sie Dienstleister an: Lassen Sie Ihr Auto waschen, nehmen Sie die Dienste einer Putzhilfe in Anspruch, lassen Sie Ihr Manuskript professionell layouten, statt unverhältnismäßig lange daran herumzuwerkeln, lassen Sie Ihr Büro oder Ihre Wohnung entrümpeln. Bitten Sie Freunde, Familienangehörige und Partner um Hilfe, wenn es mit einer Deadline wirklich einmal sehr eng zu werden droht.
Sich effizient zu organisieren bedeutet, sich ein hilfreiches Stützgerüst |252|von Routinen zu schaffen, denen Sie folgen, ohne jeweils Entscheidungen über Ihr Vorgehen treffen zu müssen. Sie sparen dadurch Zeit, die Ihnen an anderer Stelle zur Verfügung steht, und machen sich Ihre Vorhaben leichter, indem Sie sich Hilfen einrichten.
Zeitmanagement
Sie haben für Ihre Vorhaben Ziele festgelegt, die erforderlichen Schritte geplant und deren Umsetzung organisiert. Jetzt taucht erneut das Thema Zeit auf. Zeit hat man nicht, Zeit nimmt man sich, lautet der wichtigste Grundsatz vernünftigen Zeitmanagements. Sie erinnern sich: Wie auch schon früher bei anderen Muss-Gedanken entsteht sofort Stress, wenn Sie sich sagen, diese Aktivität oder jenen Termin müssen Sie noch irgendwie unterbringen. Stattdessen können Sie sich entscheiden, sich für diese Unternehmung Zeit zu nehmen oder es wählen, für jene Begegnung Zeit zur Verfügung zu stellen. Zeitmanagement beginnt mit dem Überblick darüber, wie Sie Ihre Zeit verwenden und natürlich mit Planung. Da es über die optimale Einteilung und Nutzung der Zeit viel zu sagen gibt, widmen sich eine Reihe von Büchern diesem Thema eingehend. Von ihnen sind in der Literaturliste einige Titel aufgeführt, in denen Sie sich genauer informieren können.
Ihr Ziel ist ein souveräner Umgang mit Ihrer eigenen Zeit und Ihren Vorhaben: Sie selbst bestimmen, statt sich von Uhr, Kalender und Arbeitsplänen beherrschen zu lassen. Und Sie orientieren sich an der Wichtigkeit Ihrer Vorhaben, nicht an der Dringlichkeit, mit der Ihnen einfällt, was Sie noch alles zu erledigen haben. Zum kompetenten Umgang mit Zeit gehört auch der Rückblick auf die bisher in Ihrem Leben verstrichene Zeit und der Ausblick in die Zukunft: Wie soll Ihr Leben in zehn Jahren aussehen? Der Bezug auf die vergangene Zeit wie auf die Zukunft kann zu Handlungen motivieren, wie Proust darlegt:
»Da bemerkte ich, der ich seit meiner Kindheit immer nur von einem Tag zum andere lebte und mir im Übrigen von mir selbst und den anderen ein definitives Bild gemacht hatte, an den Metamorphosen, die sich an allen diesen Leuten vollzogen hatten, zum ersten Mal die Zeit, die für sie vergangen war; das aber trug mir die bestürzende Offenbarung ein, dass sie ebenso für mich vergangen war.« (Proust, VII, S. 340)
|253|»Endlich hatte die Idee vom Wesen der Zeit auch noch den Wert für mich, ein Ansporn zu sein; diese Idee sagte mir, es sei jetzt an der Zeit zu beginnen ...« (Proust, VII, S. 485)
Vor allem kann die beständige Wahrnehmung, wo Sie in der ablaufenden Zeit Ihres Lebens gerade stehen, den Grundsatz Carpe diem! (Nutze den Tag!) für Sie mit Sinn erfüllen. Für viele Vorhaben ist jetzt der richtige Zeitpunkt: Sie sind nicht zu jung und nicht zu alt, um Ihre Sachen gerade jetzt zu erledigen. Sie ersparen sich mit der Einstellung, die Gegenwart zu nutzen, auch die ängstigenden Fragen, die Proust seinem gealterten Erzähler in den Mund legt:
»... war es wirklich noch Zeit und war ich selbst noch imstande dazu? Der Geist hat seine Landschaften, deren Betrachtung ihm nur eine Zeit lang gestattet ist. Ich hatte gelebt wie ein Maler, der einen Weg erklimmt, unter dem sich ein See breitet, dessen Anblick ihm ein Vorhang aus Felsen und Bäumen verbirgt. Durch eine Lücke in dieser vorgelagerten Landschaft sieht er ihn ganz und gar vor sich liegen. Aber da kommt auch schon die Nacht, in der er nicht mehr malen kann und hinter der kein Tag sich wieder erhebt.« (Proust, VII, S. 489f.)
Prousts Einsicht können Sie zum eigenen Vorteil konkret umsetzen, indem Sie die folgenden Punkte bei Ihrem Zeitmanagement beherzigen:
Zeitmanagement-Leitsätze
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Sie verteilen zunächst die Zeit, die Sie für Vergnügungen und Genuss investieren wollen.
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Sie verschaffen sich eine Übersicht über die anstehenden Aufgaben.
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Sie legen klare Prioritäten fest: First things first!
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Sie bestimmen die Priorität nach Ihren übergeordneten Zielen.
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Sie planen die Erledigung Ihres Vorhabens so, dass Sie ein Sicherheitsnetz ausspannen. Dazu dienen zeitliche Puffer, Veränderungslogbuch und die tägliche und wöchentliche Kontrolle der Einhaltung Ihres Planes. Belohnen Sie sich, wenn Sie Ihre zeitlichen Vorgaben erreicht oder gar unterboten haben.
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Sie erledigen das zweitwichtigste Vorhaben, nachdem Sie mit Ihrem prioritären Projekt fertig geworden sind.
|254|Sie machen sich das Leben wesentlich leichter, wenn Sie den Eindruck gar nicht erst entstehen lassen, lediglich die trostlose Fronarbeit der nächsten Zeit zu planen. Um dies zu vermeiden, ist es sinnvoll, in den vor Ihnen liegenden Wochenplan als Erstes die Zeiten einzutragen, in denen Sie nicht arbeiten werden. Beginnen Sie also mit der Planung von Vergnügungen und Freuden!
Egal, wie sehr Sie unter Termin- und Zeitdruck stehen: Als Mensch müssen Sie auch Zeit zum Spielen haben. Sie brauchen es, sich sportlich zu betätigen, spazieren zu gehen oder sich auf andere Art zu vergnügen. Wenn Sie darauf verzichten und 20 Stunden am Tag arbeiten, um nur vier Stunden zu schlafen, dann werden Sie es vielleicht unter besonderen Umständen schaffen, eine Deadline doch noch einzuhalten. Aber erinnern Sie sich: Wenn Sie das Aufschieben wirklich überwinden wollen, kommt es nicht auf heroische Nachtschichten an, sondern darauf, neue und geeignetere Einstellungen aufzubauen. Zu denen gehört es, sich nicht als Arbeitstier einem frühen Herztod entgegenzuprügeln, sondern das Leben zu genießen und Ihren Bedürfnissen so weit wie möglich Rechnung zu tragen. Sich in freier Zeit mit selbst gewählten Dingen zu beschäftigen, ist ein wesentlicher Teil Ihrer Lebensqualität.
Bewährt haben sich die folgenden Grundsätze von Zeitplanung als Grundlage des Zeitmanagements:
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Planen Sie nicht mehr als 20 Stunden/Woche Arbeit an Ihrem Projekt ein.
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Planen Sie nicht mehr als fünf Stunden täglicher Arbeit an Ihrem Vorhaben. Hören Sie dann auch wirklich auf. Hören Sie auch dann auf, wenn alles gerade gut läuft. Auf die Weise fällt Ihnen am nächsten Tag der Einstieg leichter. Wenn Sie hingegen bis zur Erschöpfung arbeiten, leidet die Qualität Ihrer Ergebnisse, Sie sind schließlich unzufrieden und der Beginn am nächsten Tag stünde unter einem schlechten Vorzeichen.
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Planen Sie täglich mindestens eine Stunde Freizeit für Sport, Vergnügungen und Erholung ein.
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Planen Sie wenigstens einen freien Tag in der Woche ein.
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Planen Sie Arbeitseinheiten von 45 Minuten Dauer, nach denen Sie eine Viertelstunde Pause haben. Legen Sie auch fest, was Sie in den Pausen tun werden.
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Planen Sie für den Arbeitsteil Ihres täglichen Planes eine Einheit von 30 Minuten Qualitätsarbeit ein. Das sollte die Arbeit sein, |255|bei der Sie sich wirklich besondere Mühe geben. Legen Sie ein Kriterium für Qualität fest, bei dessen Erreichen Sie zufrieden sein werden.
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Entdramatisieren Sie den Anfang: Beginnen Sie mit Ihrem Vorhaben zum festgelegten Zeitpunkt, ohne dass vorher besondere Voraussetzungen an Lust, guter Laune oder Schaffenskraft erfüllt sein müssen.
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Verschwenden Sie keine Energien: Arbeiten Sie nicht, wenn Sie sich krank oder übermüdet fühlen.
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Planen Sie elastisch: Sorgen Sie dafür, dass Sie bei längerfristigen Projekten immer noch eine Woche oder jedenfalls ein paar Tage Pufferzeit haben. Auf die Weise vermeiden Sie es, in Panik zu geraten, wenn Sie einmal nicht das vorgesehene Pensum schaffen, weil Sie beispielsweise durch eine lästige Erkältung lahmgelegt waren.
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Planen Sie am Ende der Woche Zeit ein, um über die Eintragungen in Ihrem Veränderungsjournal nachzudenken oder Ihren Plan zu überarbeiten. Ihre störenden Einfälle haben Sie auf später vertröstet. Wichtig ist, dass Sie sich ihnen dann auch wirklich widmen. Wenn Sie feststellen, dass ein Impuls, der Sie während der Arbeit als brandeilig heimsuchte, aus der Distanz einiger Tage kaum noch eines Gedankens wert ist, umso besser. Aber wenn Sie sich Ihre Aufzeichnungen nicht noch einmal vorgenommen hätten, wäre Ihnen das nie aufgefallen. Bedenken Sie außerdem, dass Ihr Plan nicht ein für alle Mal festliegt, sondern ein Versuch ist. Je mehr Sie ihn verbessern, desto mehr wird der Plan Ihnen zugute kommen. Und schließlich: Murphy’s law gilt auch für Ihren Plan. Richten Sie sich darauf ein, dass Sie nicht immer so vorankommen, wie Sie es eingeplant haben. Auch zur Analyse solcher Schwierigkeiten brauchen Sie Zeit, die Sie reservieren sollten.
Häufig ist der Anfang das Schwierigste. Sie müssen Ihr persönliches Trägheitsmoment überwinden, bevor Schwung in Ihre Unternehmung kommt. Sie können es mit der literarisch-philosophischen Methode versuchen, von der Proust spricht:
»Die glücklichen Jahre sind die verlorenen, man wartet auf einen Schmerz, um an die Arbeit gehen zu können. Die Vorstellung vorausgegangenen Leidens geht mit dem Gedanken an Arbeit eine enge Verbindung ein, man fürchtet sich vor jedem neuen Werk, wenn man an die Schmerzen denkt, die man zuvörderst ertragen muss, um es zu konzipieren. Da man aber einsieht, |256|dass Leiden das Beste ist, was man im Leben finden kann, denkt man ohne Grauen – wie an eine Befreiung fast – an den Tod.« (Proust, VII, S. 316)
Und dann beginnt man! Wenn das nicht Ihr Weg sein sollte, dann gibt es auch noch ein paar hilfreiche Kniffe zur Überwindung der Anfangsschwierigkeiten. Versuchen Sie es einmal mit der Methode der Symptomverschreibung: Verordnen Sie sich weitere 45 Minuten des Aufschiebens. Was so lockend erscheint, wenn Sie es sich verbieten, verliert manchmal in dem Moment seine Anziehungskraft, wo Sie es sich auferlegen: Wenn Sie nun aufschieben müssen, kann es sein, dass sich Ihre Widerstandskraft dagegen richtet und Sie Ihren persönlichen Entscheidungsfreiraum wieder herstellen, indem Sie arbeiten.
Tipp: Auch ein paar andere Tricks können Ihnen den Arbeitsstart erleichtern:
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Warten Sie einfach fünf Minuten ab und beobachten Sie Ihre Gedanken in dieser Zeit. Machen Sie einen Eintrag in Ihr Veränderungslogbuch und fangen Sie dann an.
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Fangen Sie spontan an, bevor Sie sich zum Beginn bereit fühlen, fünf Minuten vor dem planmäßigen Start.
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Sie können sich auch ein Startsignal verordnen, auf das hin Sie ohne weiteres Nachdenken beginnen: Schauen Sie aus dem Fenster. Beim dritten Vogel, der vorbeifliegt, legen Sie los. Oder hören Sie die Nachrichten im Radio: Nach dem Ende des Wetterberichts oder der Verkehrslagemitteilungen fangen Sie an.
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Probieren Sie es mit Techniken der Selbsthypnose: Sagen Sie sich, dass Sie von 10 bis 0 zählen und dann anfangen werden, machen Sie den countdown und starten Sie.
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Schließlich können Sie mit etwas anderem anfangen als dem ursprünglich Geplanten und nach fünf Minuten zu der eigentlichen Aufgabe wechseln.
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Arbeiten Sie lediglich fünf Minuten an Ihrem Vorhaben. Brechen Sie danach ab, falls Sie nicht in Schwung gekommen sind. Sie haben allerdings gute Chancen, dass Ihre inneren Widerstände sich durch den Anfang verringert haben und Sie noch einmal fünf oder zehn Minuten Weiterarbeit als erträglich und machbar empfinden.
|257|Ebenso wichtig wie den Anfang zu schaffen, ist es, sich an die vorgesehenen Pausen zu halten, egal wie gut die Sache gerade läuft. Nach einer Pause setzt Ihre Leistungsfähigkeit auf höherem Niveau wieder ein. Sie müssen also nicht befürchten, dass Ihnen der Schwung abhanden kommt. Nur dann, wenn Sie feststellen, dass Ihnen der Anfang immer wieder gleich schwer fällt, egal wie gut Ihnen die Arbeit in der Zwischenzeit von der Hand ging, sollten Sie Ihre Arbeitsphase ausdehnen. Aber nach circa 90 Minuten ist dann wirklich eine längere Unterbrechung fällig, wenn Sie Ihre Batterien nicht zu sehr entleeren wollen.
Eine weitere Schwierigkeit des Zeitmanagements ist es, realistisch einzuschätzen, wie viel Zeit Sie für die Erledigung eines Vorhabens brauchen. Als Ex-Aufschieber haben Sie mit hoher Wahrscheinlichkeit unzutreffende Vorstellungen darüber, wie lange die Erledigung bestimmter Dinge im allgemeinen dauert, und wie lange die Erledigung bestimmter Dinge speziell durch Sie dauert.
Der Zeitbedarf für ein Projekt ergibt sich aus seiner Art, aus Ihren sonstigen Verpflichtungen sowie Ihrem Handlungstempo. Wenn Sie nicht wissen, wie schnell Sie vorankommen (weil Sie mit Ihrem Vorhaben keine Erfahrungen haben), dann ist es klug, das zu testen.
Tipp: Halten Sie in Ihrem Veränderungslogbuch fest, wie viele Seiten eines Textes Sie in 45 Minuten lesen, wie viele kreative Einfälle Sie im selben Zeitraum haben oder wie viele Briefe Sie beantworten können. Wenn Sie auf diese Weise Basisdaten gewonnen haben, können Sie planen.
Kalkulieren Sie immer mehr Zeit ein, als Sie unbedingt brauchen, damit Sie unvermeidliche Verzögerungen mit Gelassenheit hinnehmen können. Und planen Sie so, dass Sie stets ein wenig mehr erreicht haben können, als Ihre Vorgabe vorsah. So vergrößern Sie Ihr tägliches Erfolgserlebnis und verstärken Ihre entspannte Gewissheit, dass Sie es rechtzeitig schaffen können.
|258|Zusammenfassung
Planen Sie die Erledigung Ihrer Vorhaben! Vor dem Hintergrund der Ausgangssituation und Ihrer Ziele legen Sie die einzelnen Schritte möglichst konkret fest. Bei der Umsetzung Ihres Planes sind Routinen hilfreich, die den ganzen Arbeitsablauf strukturieren und organisieren. Eine optimale Gestaltung Ihrer Arbeitsumgebung kann Ihre Effizienz steigern. Unerwartet auftretende neue Aufgaben gewichten Sie nach ihrer Priorität.
Wenn zu Ihrer Planung und Organisation auch noch ein gutes Zeitmanagement kommt, so wirkt dies deutlich stressreduzierend und entängstigend: Sie gestalten Ihr Leben, indem Sie bestimmen, was Sie in der verstreichenden Zeit tun werden. Auf diese Weise vermeiden Sie das Gefühl, vom Leben gelebt zu werden. Mit der Festlegung neuer Ziele, realistischer Planung und konsequentem Selbstmanagement haben Sie die Voraussetzungen dafür geschaffen, Ihre Zeit nunmehr zielgerichtet und konsequent zu nutzen. Sie genießen Ihre freie Zeit mehr als bisher, weil sie nicht mehr durch Schuldgefühle vergiftet ist. Für die gibt es nämlich keinen Grund mehr, da Sie die Dinge, die Ihnen wichtig und wesentlich sind, erreichen.