Die Weissagung des Abba-Dingo
von
CORDWAINER SMITH
Wir waren in jenen Anfangsjahren wie toll vor Glück. Jeder, aber vor allem wir jungen Leute. Es waren die ersten Jahre der Wiederentdeckung des Menschen, als die Instrumentalität tief in die Tasche griff und alte Kulturen wiederherstellte, alte Sprachen – und sogar die alten Sorgen und Nöte.
Der Alptraum der Perfektion hatte unsere Vorfahren an den Rand des Wahnsinns getrieben. Nun erhoben sich unter der Regierung von Lord Jestocost und Lady Alice More die alten Kulturen wie große Landmassen aus dem Meer der Vergangenheit.
Ich selbst war der erste Mensch, der nach sechzehntausend Jahren wieder einen Poststempel auf einen Brief drückte. Ich nahm Virginia zu dem ersten Klaviervortrag ihres Lebens mit. Wir beobachteten durch die Augen-Maschine, wie in Tasmanien die Choleraquarantäne aufgehoben wurde, und wir sahen, wie die Tasmanier glücklich durch die Straßen sprangen, jetzt, da sie nicht mehr in ihre engen Häuser eingesperrt waren. Überall wurde das Leben aufregend. Überall arbeiteten Mariner und Frauen mit eisernem Willen daran, eine weniger perfekte Welt aufzubauen.
Ich selbst begab mich in eine Klinik und wurde als Franzose entlassen. Natürlich konnte ich mich an mein früheres Leben erinnern. Und ich erinnerte mich – aber es war mir gleichgültig. Virginia war auch Französin geworden, und die Jahre der Zukunft lagen vor uns wie reife Früchte in einem Obstgarten, in dem ewiger Sommer herrscht.
Wir hatten keine Ahnung, wann wir sterben würden. Früher konnte ich ins Bett gehen und denken: »Die Regierung hat mir vierhundert Jahre zugestanden. Von jetzt an in dreihundertfünfundsiebzig Jahren werden sie die Injektionen einstellen, und dann muß ich sterben.« Jetzt wußte ich nur, daß alles geschehen konnte. Die Sicherheitsvorrichtungen waren abgeschaltet worden. Die Krankheiten konnten sich ungehindert ausbreiten. Mit Glück, Hoffnung und Liebe konnte ich tausend Jahre leben. Oder ich starb morgen. Ich war frei.
Wir feierten jede Minute des Tages.
Virginia und ich kauften die erste französische Zeitung, die seit dem Fall der allerältesten Epoche erschien. Wir waren entzückt von den Nachrichten, ja selbst von den Anzeigen. Manchmal fiel es uns schwer, die Vergangenheit zu rekonstruieren. Zum Beispiel war es nicht einfach, sich über Speisen zu unterhalten, von denen nur noch die Namen existierten. Aber die Homunkuli und Maschinen, die unermüdlich in der tiefsten Vergangenheit herumwühlten, brachten genug Neuheiten auf den Markt, um jedermanns Herz mit Hoffnung zu füllen.
Wir wußten, daß das alles nur Vorspiegelung falscher Tatsachen war, aber unser Gefühl wollte es nicht wahrhaben. Wir wußten, daß die Epidemien abgeschaltet wurden, wenn die statistisch errechnete Menschenmenge gestorben war. Und wenn die Unfallziffer zu hoch anstieg, würde sie wieder abfallen, ohne daß wir wußten, wie. Wir wußten, daß über uns allen die Instrumentalität wachte. Wir hatten Vertrauen zu Lord Jestocost und Lady Alice More und hofften, sie würden uns als Freunde, nicht aber als Opfer eines Spiels behandeln.
Nehmen wir Virginia als Beispiel. Früher hatte sie Menerima geheißen, ein Name, in dem ihr Geburtsdatum verschlüsselt war. Sie war klein und hatte einen Hang zur Pummeligkeit. Um ihren Kopf ringelten sich dichte braune Locken. Und ihre Augen waren von einem so herrlich tiefen Braun, daß sich die Sonnenstrahlen darin fingen und die Iris golden aufblitzen ließen. Ich hatte sie früher schon gekannt, aber nie war sie mir so wie jetzt erschienen. Gesehen hatte ich sie oft, doch nie mit dem Herzen. Das geschah erst, als ich sie vor dem Krankenhaus traf, das mich in einen Franzosen verwandelt hatte.
Ich freute mich, eine alte Bekannte zu treffen und wollte sie in der Normalsprache anreden, aber die Worte waren irgendwie verklemmt. Und sie selbst war nicht mehr Menerima, sondern eine Schönheit des Altertums – eigenartig und fremd. Jemand, der aus dem Schatzkästlein der Vergangenheit zu uns heraufgestiegen war. So konnte ich nur stammeln:
»Wer bist du?« Und ich sagte es in Altfranzösisch.
Sie antwortete in der gleichen Sprache. »Je m’appelle Virginie.«
Sie ansehen und mich in sie verlieben war eins. In ihr war etwas Starkes, Wildes, gemildert von der weichen Jugend ihres mädchenhaften Körpers. Es war, als ob das Schicksal durch die ruhigen, braunen Augen zu mir sprach. Durch Augen, die mich sicher und doch fragend ansahen, mich und die neue Welt, die vor uns lag.
»Darf ich?« sagte ich und bot ihr den Arm, wie ich es in den Stunden der Hypnopädie gelernt hatte. Sie nahm meinen Arm, und wir überquerten die Straße vor dem Krankenhaus.
Ich summte eine Melodie vor mich hin, die mir zusammen mit der altfranzösischen Sprache in den Sinn gekommen war.
Sie zupfte mich leicht am Ärmel und sah lächelnd zu mir auf. »Was ist das?« fragte sie. »Oder weißt du es nicht?«
Die Worte kamen einfach über meine Lippen, und ich sang ihr das Lied leise vor.
Sie war niemals die Frau meiner Träume,
Durch Zufall traf sich unser Blick.
Ihr Französisch trieb mich auf die Bäume,
Denn sie hatte es von Martinique.
Sie war nicht reich, sie war nicht schick.
Aber sie hatte einen Blick,
Der riß mich hin …
Plötzlich wußte ich nicht mehr weiter. »Den Rest habe ich anscheinend vergessen. Das Lied heißt ›Macouba‹ und hat irgend etwas mit einer wundervollen Insel zu tun, die die alten Franzosen Martinique nannten.«
»Ich weiß, wo sie liegt«, sagte sie aufgeregt. Sie hatte die gleichen Erinnerungen erhalten wie ich. »Man kann sie von Earthport aus sehen.«
Das war eine plötzliche Rückkehr in die Welt, in der wir aufgewachsen waren. Earthport stand auf einem einzigen Pfeiler, zwölf Meilen hoch, am Ostrand des kleinen Kontinents. Ganz oben arbeiteten die Lords inmitten von Maschinen, die ihre Bedeutung verloren hatten. Dort kamen auch die Schiffe hin, wenn sie von den Sternen zurückkehrten. Ich hatte Bilder davon gesehen, aber selbst war ich nie dort gewesen. Wenn ich es recht bedenke, kenne ich niemanden, der auf Earthport gewesen war. Warum sollten wir auch hingehen? Vielleicht waren wir oben gar nicht willkommen, und die Bilder der Augenmaschine zeigten uns den Hafen ebenso gut. Für Menerima – die vertraute, langweilige, freundliche, liebe kleine Menerima – wäre es dort oben unheimlich gewesen. Das ließ mich daran denken, daß in der alten, perfekten Welt die Dinge gar nicht so klar und einfach waren, wie wir immer geglaubt hatten.
Virginia, die neue Menerima, versuchte unsere alte Sprache zu sprechen, doch dann gab sie auf und griff zu Französisch.
»Meine Tante«, sagte sie und meinte damit eine entfernte Verwandte, denn Tanten gab es seit mehr als tausend Jahren nicht mehr. »Meine Tante war eine Gläubige. Sie nahm mich mit nach Abba-dingo. Damit ich Glück hätte und fromm würde.«
Mein altes Ich war ein wenig schockiert. Das französische Ich war beunruhigt, daß dieses Mädchen etwas Ungewöhnliches getan hatte, noch bevor es Mode wurde, ungewöhnlich zu leben. Das Abba-dingo war ein lang vergessener Komputer, der sich weit oben auf der Säule von Earthport befand. Die Homunkuli beteten ihn wie einen Gott an, und manchmal gingen auch Menschen hin. Aber der Weg war mühsam, und es galt als ordinär, ihn zu gehen.
Früher jedenfalls. Bis alles anders wurde.
Ich versuchte den Unmut in meiner Stimme zu unterdrücken und fragte sie: »Und wie war es?«
Sie lachte leichthin, und doch war in ihrem Lachen eine Note, die mich zusammenzucken ließ. Wenn die alte Menerima Geheimnisse gehabt hatte, was mochte dann erst die neue Virginia tun? Fast haßte ich das Schicksal, das ausgerechnet sie mir zugeführt hatte. Denn die Berührung ihrer Hand auf meinem Arm war wie eine unzerreißbare Fessel.
Sie lächelte mir zu, ohne meine Frage’ zu beantworten. Der oberste Weg wurde gerichtet. So stiegen wir eine Rampe zum ersten Stock der Untergrundstraße hinab, die echten Menschen, Hominiden und Homunkuli zugänglich war.
Ich hatte kein gutes Gefühl dabei. Bisher hatte ich mich kaum weiter als zwanzig Minuten von meiner Geburtsstätte entfernt. Die Rampe sah sicher aus. In jenen Tagen gab es bei uns nur wenige Hominiden, Männer von den Sternen, die (obwohl menschlichen Ursprungs) so verändert worden waren, daß sie die Bedingungen der vielen Welten ertragen konnten. Die Homunkuli waren aus moralischen Gründen abstoßend, obwohl einige von ihnen nicht schlecht aussahen. Sie wurden von Tierformen in Menschenformen gezüchtet und übernahmen die langweiligen und schmutzigen Arbeiten, mit denen sich die echten Menschen nicht befassen wollten. Man munkelte, daß einige von ihnen sich mit echten Menschen gepaart hätten, und ich wollte meine Virginia nicht der Gegenwart einer solchen Kreatur aussetzen.
Sie hielt immer noch meinen Arm fest. Als wir die Rampe hinunter in die belebte Gasse stiegen, machte ich meinen Arm frei und legte ihn schützend um ihre Schultern. Es war hell, heller als das Tageslicht, das wir hinter uns gelassen hatten, aber dennoch war es seltsam und gefährlich. In den alten Zeiten hätte ich mich lieber umgedreht und wäre nach Hause gegangen, anstatt mich der Gegenwart solcher erschreckender Geschöpfe auszusetzen. In diesem Augenblick aber konnte ich mich nicht von meiner Liebsten trennen, und ich hatte Angst, daß sie mich verlassen würde, wenn ich zu meinem Appartement im Turm zurückginge. Außerdem waren wir jetzt Franzosen, und dieses Volk hatte von jeher den Hauch des Abenteuerlichen an sich.
Virginia plagte keinen meiner Zweifel.
Sie hatte meine Frage nicht beantwortet, stellte aber selbst Fragen über die Straße, in der wir uns befanden. Ich war als Kind erst einmal hiergewesen, aber es schmeichelte mir, ihre verwunderte, unterdrückte Stimme ganz nahe an meinem Ohr zu hören.
Dann geschah es.
Zuerst dachte ich, er sei ein Mensch, den das Licht in dem Untergrundtunnel irgendwie verkürzte. Als er näherkam, erkannte ich, daß ich mich getäuscht hatte. Seine Schultern waren etwa einsfünfzig breit. Häßliche rote Narben an der Stirn zeigten an, wo die Hörner herausgemeißelt worden waren. Es handelte sich um einen Homunkulus, der offensichtlich von einem Bullen abstammte.
Und er war betrunken.
Als er näherkam, fing ich das wirre Gedankenmuster auf, das er ausstrahlte.
»… sie sind keine Menschen, keine Hominiden, keine Homunkuli – was wollen sie hier? Die Worte, die sie denken, verwirren mich.« Er hatte noch nie Französisch aufgefangen.
Das war schlecht. Sprechen konnten die meisten Homunkuli, aber die Telepathie beherrschten nur wenige Auserwählte, die zu besonderen Arbeiten verwendet wurden.
Virginia klammerte sich an mich.
Ich dachte in klarer Umgangssprache: »Wir sind echte Menschen. Mach Platz für uns.«
Als Antwort erhielten wir nur ein dumpfes Aufbrüllen. Ich weiß nicht, womit er sich betrunken hatte. Jedenfalls erreichte ihn meine Antwort nicht.
Ich konnte erkennen, wie sich seine Gedanken zu Panik, Hilflosigkeit, Haß steigerten. Dann tänzelte er kurz und jagte auf uns los, als könne er uns mit seinem Gewicht niederwalzen.
Mein Verstand konzentrierte sich. Ich schleuderte ihm den Befehl entgegen, sofort anzuhalten.
Umsonst.
Starr vor Schreck bemerkte ich, daß ich ihm den Befehl in Französisch zugerufen hatte.
Virginia schrie auf. Der Bullenmensch kam auf uns zu.
Im letzten Augenblick machte er einen Bogen um uns, zog blind an uns vorbei und brüllte los, daß der breite Gang erzitterte.
Immer noch Virginia festhaltend, drehte ich mich um, um zu sehen, was uns gerettet hatte.
Was ich erblickte, war wirklich merkwürdig.
Unsere Gestalten liefen den Korridor entlang – mein schwarz-roter Mantel flatterte, und Virginias goldenes Kleid schien sich um ihre Beine wickeln zu wollen. Die Bilder wirkten völlig echt, und der Bullenmensch verfolgte sie.
Ich sah verwirrt umher. Man hatte uns gesagt, daß wir nach der Behandlung nicht mehr auf Schutz und Sicherheit der Instrumentalität rechnen dürften.
Ein Mädchen stand ruhig neben der Wand. Ich hatte sie beinahe für eine Statue gehalten. »Kommt nicht näher«, sagte sie, als sie merkte, daß wir auf sie aufmerksam geworden waren. »Ich bin eine Katze. Es war nicht schwer, ihn zu täuschen. Aber für euch wäre es an der Oberfläche sicherer.«
»Danke«, sagte ich, »danke. Wie heißt du?«
»Ist das so wichtig?« erwiderte das Mädchen. »Ich bin kein Mensch.«
Ein wenig verletzt, beharrte ich darauf. »Ich wollte dir nur danken.« Während ich mit ihr sprach, sah ich, daß sie so schön und leuchtend wie eine Flamme war. Ihre Haut war rein und pfirsichfarben, und das Haar – feiner als Menschenhaar – leuchtete in dem wilden Orange der Perserkatzen.
»Ich bin K-mell«, sagte das Mädchen. »Und ich arbeite auf Earthport.«
Das verblüffte sowohl mich wie auch Virginia. Katzenmenschen standen unter uns, aber Earthport war über uns und mußte respektiert werden. In welche Kategorie gehörte nun K-mell?
Sie lächelte, und ihr Lächeln galt eher mir als Virginia.
»Zerbrecht euch nicht den Kopf wegen der Formalitäten«, sagte sie. »Hier geht diese Treppe hinauf. Ich höre ihn zurückkommen.«
Ich schnellte herum, um nach dem betrunkenen Bullenmenschen zu sehen. Er war nicht da.
»Schnell«, drängte K-mell. »Es sind Notstufen. Ihr erreicht die Oberfläche, wenn ihr hier entlang geht. Ich kann ihn nicht davon abhalten, euch zu verfolgen. War das übrigens Französisch?«
»Ja«, sagte ich. »Woher weißt du …«
»Schnell«, wiederholte sie. »Tut mir leid, daß ich fragte.«
Ich ging durch die schmale Tür. Eine Wendeltreppe führte zur Oberfläche. Es war zwar unter unserer Würde, als normale Menschen Treppen zu benutzen, aber da mich K-mell so drängte, konnte ich nichts anderes tun. Ich nickte K-mell zu und zog Virginia hinter mir her.
Oben blieben wir stehen.
»War das nicht abscheulich?« keuchte Virginia.
»Jetzt sind wir sicher«, versuchte ich sie zu beruhigen.
»Um die Sicherheit geht es mir gar nicht«, erwiderte sie. »Es ist der Schmutz. Entsetzlich, daß du mit ihr sprechen mußtest.«
Es war offensichtlich, daß Virginia K-mell mehr fürchtete als den Bullenmenschen. Sie spürte meine Zurückhaltung, denn sie fuhr fort: »Das Traurige ist, daß du sie wiedersehen wirst …«
»Was? Woher willst du das denn wissen?«
»Ich weiß es nicht«, erklärte sie. »Ich errate es nur. Und ich rate gut, sehr gut. Schließlich war ich beim Abba-dingo.«
»Ich bat dich schon vorher, Liebling, mir zu erzählen, was du dort erlebt hast.«
Sie schüttelte stumm den Kopf und ging die Straße hinunter. Ich hatte keine andere Wahl, als ihr zu folgen. Es ärgerte mich.
»Wie war es?« fragte ich noch einmal, diesmal schärfer.
Mit der Würde eines beleidigten kleinen Mädchens sagte sie: »Nicht besonders. Es war ein langer, steiler Weg. Die alte Frau wollte unbedingt, daß ich mitkam. Oben stellte sich dann heraus, daß die Maschine an diesem Tag überhaupt keine Auskunft gab. Wir erhielten die Erlaubnis, mit dem Lift zurückzufahren, bis wir wieder auf ebenem Weg waren. Es war ein vergeudeter Tag.«
Sie hatte einfach vor sich hingesehen, während sie das erzählte. Man hatte den Eindruck, daß sie nicht sehr gern an das Erlebnis zurückdachte.
Dann wandte sie mir ihr Gesicht zu. Die braunen Augen bohrten sich in die meinen, als wollten sie meine Seele erforschen. Seele – das ist übrigens ein Wort, für das es in unserer früheren Sprache keine Übersetzung gibt. Dann hellte sich ihre Miene auf, und sie bat: »Lassen wir uns den ersten neuen Tag nicht verderben. Unser neues Ich hat auch sein Recht, Paul. Machen wir etwas ganz Französisches.«
»Ein Cafe!« rief ich. »Und ich kenne eines.«
»Wo?«
»Zwei Untergrundwege tiefer. Da, wo die Maschinen herauskommen und die Homunkuli ab und zu hervorsehen.«
»Und wie heißt dieses Cafe?«
»›Zur fetten Katze‹«, sagte ich.
Zur fetten Katze. Wie konnte ich wissen, daß das zu einem Alptraum zwischen Himmel und Erde führen würde? Zu einem Alptraum, in dem die Stürme uns umtobten? Wie sollte ich annehmen, daß dieser Ausflug etwas mit dem Alpha Ralpha Boulevard zu tun hatte?
Keine Macht der Welt hätte mich hingebracht, wenn ich das vorher gewußt hätte.
Andere Franzosen hatten das Cafe schon vor uns entdeckt.
Ein Kellner mit einem dichten braunen Schnurrbart nahm unsere Bestellung entgegen. Ich sah ihn scharf an, ob er nicht ein Homunkulus mit Lizenz war. Diese Lizenz wurde manchmal erteilt, wenn es unbedingt nötig war, daß Homunkuli unter den echten Menschen arbeiteten. Aber wir hatten Glück. Er war eine reine Maschine, wenn auch in seiner Stimme die echte Pariser Herzlichkeit mitschwang. Die Konstrukteure waren sogar so weit gegangen, daß sie ihm Schweißtropfen auf die Stirn setzten, die er hin und wieder mit einer nervösen Handbewegung abwischte.
»Mademoiselle? M’sieu? Bier? Kaffee? Nächsten Monat haben wir sogar Rotwein. Alle halbe Stunden garantiert echter Sonnenschein. Alle zwanzig Minuten für fünf Minuten Regen, damit Sie viel Spaß an Ihren neuen Regenschirmen haben. Ich komme übrigens aus dem Elsaß. Sie können Französisch und Deutsch mit mir sprechen.«
»Was nehmen wir, Paul?« fragte Virginia.
»Bier, bitte«, sagte ich. »Zwei Helle.«
»Sofort, M’sieu«, sagte der Kellner.
Er ging weg, wobei er geschäftig mit dem Geschirrtuch wedelte.
Virginia blinzelte in die Sonne und sagte dann: »Ich wollte, es würde schon regnen. Ich habe noch nie echten Regen gesehen.«
»Sei geduldiger, Liebling.«
Sie sah mich an und fragte ernst: »Was ist ›deutsch‹, Paul?«
»Wieder eine andere Sprache und Kultur. Soviel ich gelesen habe, will man sie nächstes Jahr wieder zum Leben erwecken. Gefällt es dir nicht als Französin?«
»Doch, sehr gut«, erwiderte sie. »Viel besser, als nur eine Nummer zu sein. Aber Paul …« Und dann schwieg sie und sah mich verwirrt und fragend an.
»Ja, Liebling?«
»Paul!« Sie rief meinen Namen, und es klang wie ein Hoffnungsschrei ganz aus der Tiefe ihres Inneren, jenseits der neuen und alten Welt, jenseits aller Erfindungen unserer Lords. Ich nahm ihre Hand.
»Sag es mir doch, Liebling.«
»Paul«, sagte sie noch einmal, und es war wie ein Schluchzen, »warum geht alles nur so schnell? Es ist unser erster Tag, und wir haben beide das Gefühl, daß wir den Rest des Lebens zusammenbleiben werden. Da gibt es irgend etwas, das Ehe heißt, aber ich weiß nicht, was es ist. Wir müssen einen Priester suchen, und das verstehe ich auch nicht. Paul, Paul, warum geht das alles nur so schnell? Ich will dich lieben, und ich liebe dich. Aber ich will nicht, daß jemand es so einrichtet, daß wir uns lieben. Ich will, daß du wirklich mich liebst.« Während sie sprach, rollten ihr die Tränen über das Gesicht. Aber ihre Stimme blieb fest.
Und dann sagte ich genau das Falsche.
»Du brauchst keine Angst zu haben, Liebling. Die Lords der Instrumentalität haben sicher alles genau kalkuliert.«
Daraufhin schluchzte sie laut und unbeherrscht. Ich hatte noch nie zuvor einen Erwachsenen weinen gesehen. Es war seltsam und beunruhigend.
Ein Mann vom Tisch nebenan stand auf und stellte sich neben mich, aber ich sah ihn nicht einmal an.
»Liebling«, sagte ich besänftigend, »Liebling, wir sprechen noch darüber …«
»Paul, laß mich von dir fortgehen, damit ich ganz dir gehören kann. Laß mich für ein paar Tage oder Wochen weggehen. Dann – wenn ich zurückkomme, weißt du, daß ich dich liebe und daß unsere Verbindung nicht von einer Maschine ausgeklügelt wurde. Bei Gott, Paul …« Sie unterbrach sich und sagte mit fremder Stimme: »Was ist Gott, Paul? Sie haben uns Worte gegeben, aber ich weiß nicht, was sie bedeuten.«
Der Mann neben ihnen begann zu sprechen. »Ich kann euch zu Gott bringen.«
»Wer sind Sie?« fragte ich. »Und wer hat Sie gebeten, sich hier einzumischen?« Solche Worte hätte ich nie benutzt, wenn ich in unserer alten Sprache gesprochen hätte. Aber zusammen mit der neuen Sprache hatten wir auch ein neues Temperament erhalten.
Der Fremde blieb höflich – er war Franzose wie wir, aber er beherrschte sich besser.
»Ich heiße Maximilian Macht«, sagte er. »Früher war ich ein Gläubiger.«
Virginias Augen hellten sich auf. Sie trocknete geistesabwesend die Tränen, während sie den Mann anstarrte. Er war groß, hager und sonnenverbrannt. (Wie konnte ein Mensch nur in so kurzer Zeit so braun werden?) Sein Haar war rötlich, und sein Schnurrbart erinnerte an den des Kellners.
»Sie haben nach Gott gefragt, Mademoiselle«, sagte der Fremde. »Gott ist da, wo er immer war – um uns, in uns, überall.«
Das war eine eigenartige Antwort von einem Mann, der mit beiden Beinen fest auf der Erde zu stehen schien. Ich erhob mich, um zu gehen. Virginia erriet meine Absicht und sagte: »Das ist nett von dir, Paul. Bring ihm einen Stuhl.«
In ihrer Stimme schwang Wärme mit.
Der Kellner kam mit zwei konischen Bechern aus Glas. In ihnen war eine goldfarbene Flüssigkeit mit einer Schaumkrone. Ich hatte noch nie zuvor etwas von Bier gehört, aber ich wußte genau, wie es schmecken würde. Ich legte Scheingeld auf das Tablett, erhielt Scheinwechselgeld zurück und gab dem Ober zum Schein Trinkgeld. Die Instrumentalität hatte noch keine endgültige Lösung für die vielen Währungen der verschiedenen Kulturen gefunden. Und echtes Geld konnte man natürlich nicht zur Bezahlung von Nahrungsmitteln und Getränken verwenden. Diese Dinge gab es bei uns gratis.
Die Maschine wischte sich über den Schnurrbart, nahm die Serviette (rot-weiß-kariert), um sich den Schweiß von der Stirn zu tupfen und sah dann Macht fragend an.
»M’sieu, Sie möchten hier sitzen?«
»In der Tat«, erklärte Macht.
»Soll ich hier servieren?«
»Aber weshalb nicht?« wollte Macht wissen. »Wenn die Herrschaften gestatten.«
»Gut«, sagte die Maschine und wischte sich über den Schnurrbart, bevor sie sich in den Schatten der Bar zurückzog.
Während all dieser Vorgänge hatte Virginia Macht unaufhörlich gemustert.
»Sie sind ein Gläubiger?« fragte sie. »Sie sind immer noch ein Gläubiger, auch wenn Sie Franzose geworden sind? Woher wissen Sie, was Sie sind? Weshalb liebe ich Paul? Steuern die Lords und ihre Maschinen alle Vorgänge in uns? Ich will ich selbst sein. Wissen Sie, wie man das erreichen kann?«
»Ich weiß, wie ich zu mir selbst finde, Mademoiselle«, sagte Macht. Er wandte sich mir zu. »Sehen Sie, ich bin erst seit vierzehn Tagen Franzose, aber ich weiß, wieviel meines Ichs unabhängig ist und wieviel von diesem neuen Vorgang hinzugefügt wurde, der uns eine andere Sprache und neue Gefahren gab.«
Der Ober kam mit einem schmalen Glas zurück, das auf einem Stiel stand. Es sah wie eine häßliche kleine Nachahmung von Earthport aus. Der Inhalt war milchig weiß.
Macht hob sein Glas. »Zum Wohl!«
Virginia sah aus, als wolle sie jeden Augenblick zu weinen beginnen. Als wir Männer tranken, putzte sie sich kräftig die Nase und steckte das Taschentuch weg.
Macht lächelte uns an, als wolle er von neuem das Wort ergreifen. Gerade im richtigen Augenblick kam die Sonne heraus. Sie umgab ihn mit einem hellen Schein, aber mir war nicht recht klar, ob er einen Heiligen oder einen Teufel darstellte.
Virginia sprach zuerst. »Sie waren dort?«
Macht hob die Augenbrauen ein wenig. »Ja«, sagte er stirnrunzelnd. Aber seine Stimme blieb ruhig.
»Hat es gesprochen?«
»Ja.« Er sah düster und beunruhigt drein.
»Und was sagte es?«
Statt einer Antwort schüttelte er den Kopf, als wolle er sagen: ›Es gibt Dinge, die man nie laut sagen sollte!‹
Ich wollte diesen Dialog unterbrechen, denn ich hatte keine Ahnung, worum es ging.
Virginia fuhr fort, ohne mich zu beachten: »Aber Sie haben Antwort erhalten?«
»Ja«, sagte Macht.
»War sie wichtig?«
»Mademoiselle, sprechen wir nicht darüber.«
»Wir müssen«, rief sie. »Es geht um Leben und Tod.« Sie hatte die Hände so verkrampft, daß die Knöchel weiß hervortraten. Das Bier stand immer noch unberührt vor ihr.
»Also gut«, sagte Macht. »Fragen Sie. Aber ich kann nicht für die Antwort garantieren.«
Ich beherrschte mich nicht länger. »Was soll das alles?«
Virginia sah mich mit Verachtung an, aber selbst in ihrer Verachtung spürte ich noch ihre Liebe. »Bitte, Paul, du würdest es nicht verstehen. Nur einen Augenblick. Was verkündete es Ihnen, M’sieu Macht?«
»Daß ich, Maximilian Macht, mit einem braunhaarigen Mädchen, das bereits verlobt ist, leben oder sterben müsse.« Er grinste schief. »Und ich weiß noch nicht einmal, was ›verlobt‹ bedeutet.«
»Das werden wir herausfinden«, sagte Virginia. »Wann sagte es das?«
»Wer ist ›es‹?« fuhr ich die beiden an. »Um Himmels willen, wovon sprecht ihr nur?«
Macht sah mich an und senkte seine Stimme: »Das Abba-dingo!« Dann wandte er sich ihr zu und beantwortete ihre letzte Frage: »Vor vierzehn Tagen.«
Virginia wurde weiß. »Es spricht also noch, es spricht. Paul, Liebling, zu mir sagte es nichts. Aber meiner Tante sagte es etwas, das ich nie vergessen konnte.«
Ich hielt sie umfaßt und versuchte ihr in die Augen zu sehen. Aber sie drehte sich weg.
»Und was sagte es?« fragte ich.
»Paul und Virginia.«
»Und?« fragte ich.
Ich erkannte sie kaum wieder. Ihre Lippen waren zusammengepreßt. Sie war nicht wütend. Es war etwas anderes – Schlimmeres. Sie war angespannt. So etwas hatten wir schätzungsweise seit mehr als tausend Jahren nicht mehr erlebt.
»Paul, begreif doch! Die Maschine gab der Frau unsere Namen – aber das geschah schon vor zwölf Jahren.«
Macht stand so plötzlich auf, daß sein Stuhl umkippte und der Ober auf uns zulief.
»Damit ist alles klar«, sagte er. »Wir gehen zusammen.«
»Wohin?« fragte ich.
»Zum Abba-dingo.«
Virginia und ich sprachen gleichzeitig. »Aber weshalb denn jetzt?« fragte ich, während sie sich erkundigte: »Wird es sprechen?«
»Es spricht immer«, erklärte Macht, »wenn man von der Nordseite kommt.«
»Und wie kommen wir hin?« fragte Virginia.
Macht runzelte die Stirn und sah sie traurig an. »Es gibt nur einen Weg. Über den Alpha Ralpha Boulevard.«
Virginia stand auf. Ich folgte ihrem Beispiel.
Und dann erinnerte ich mich. Alpha Ralpha Boulevard. Das war eine zerstörte Straße, die in den Himmel hinaufragte und über der Stadt schwach wie ein Dunststreifen sichtbar war. Früher hatte sie als Prozessionsstraße gedient, auf der die Eroberer herabkamen und auf der Tribut hinaufgesandt wurde. Aber nun war sie zerstört, seit vielen Jahrtausenden verschlossen für die Menschheit. Sie verlor sich in den Wolken.
»Ich kenne sie«, sagte ich. »Sie ist zerstört.«
Macht sagte nichts, aber er starrte mich an, als sei ich ein Außenseiter …
Virginia war sehr blaß vor Erregung und Anspannung. Sie sagte nur: »Komm!«
»Aber weshalb?« fragte ich sie. »Weshalb?«
»Du Narr«, erklärte sie. »Wenn wir schon keinen Gott haben, so haben wir wenigstens die Maschine. Sie ist der einzige Mechanismus auf der Welt, den die Instrumentalität nicht versteht. Vielleicht sagt sie die Zukunft voraus. Vielleicht ist sie gar keine Maschine. Ganz gewiß aber kommt sie aus einer anderen Zeit. Verstehst du denn nicht, Liebling? Wenn sie sagt, daß wir wir sind, dann können wir sicher sein.«
»Und wenn nicht?«
»Dann sind wir es nicht.« Ihr Gesicht war kummervoll.
»Was meinst du damit?«
»Wenn wir nicht wir selbst sind«, sagte sie, »dann sind wir nichts als Spielzeug, Puppen, Marionetten, die von der Instrumentalität geführt werden. Du bist nicht Paul, und ich bin nicht Virginia. Aber wenn das Abba-dingo, das die Namen Paul und Virginia schon zwölf Jahre vorher kannte – wenn dieses Abba-dingo bestätigt, daß wir wir selbst sind, dann ist es mir egal, ob es eine Weissagungsmaschine oder ein Gott oder ein Teufel oder sonst etwas ist. Es ist mir egal. Ich will nur die Wahrheit wissen.«
Als wir draußen waren, befanden wir uns in einem vornehmen Villenviertel. Alles lag in Ruinen. Die Bäume hatten zwischen den Mauern Wurzeln geschlagen. Blumen wucherten über den verwilderten Rasen, drangen durch die offenen Türen und breiteten sich in den dachlosen Räumen aus. Wer brauchte schon ein Haus im Freien, wenn die Bevölkerungszahl der Erde so zurückgegangen war, daß es in den Städten geräumig und leer wurde?
Macht sagte nichts.
Virginia und ich hielten uns an den Händen, als wir neben ihm hergingen. Ich hätte mich über diesen ausgefallenen Ausflug freuen können, wenn ihre Hand nicht so verkrampft in der meinen gelegen hätte.
Was wollte Macht? Wer war Macht? Was hatte er in zwei kurzen Wochen alles erfahren? War er wirklich schon vor uns in dieser Welt der gefährlichen Abenteuer gewesen? Ich traute ihm nicht. Zum erstenmal im Leben kam ich mir verlassen vor. Bis jetzt hatte ich nur immer an die Instrumentalität zu denken gebraucht – und schon war ich beschützt und sicher gewesen.
Wir bogen von der zerstörten Straße in einen breiten Boulevard ein. Das Pflaster war so glatt und eben, daß nichts darauf wachsen konnte. Nur da, wo der Wind den Staub angeweht hatte, standen ein paar Grasbüschel.
Macht blieb stehen. »Da sind wir«, sagte er. »Alpha Ralpha Boulevard.«
Wir wurden still und blickten auf den Weg, der zu vergessenen Reichen führte.
Zu unserer Linken verschwand der Boulevard in einer sanften Kurve. Er führte weit nördlich an der Stadt vorbei, in der ich aufgewachsen war. Ich hatte ihren Namen vergessen. Warum sollte ich mich auch daran erinnern?
Aber rechts …
Rechts stieg der Boulevard steil an und verschwand in den Wolken. Und irgendwo jenseits der Wolken stand das Abba-dingo, das alle Fragen beantwortete …
So hieß es jedenfalls.
Virginia drückte sich eng an mich.
»Kehren wir um«, sagte ich. »Wir sind Stadtmenschen. Wir wissen nichts von Ruinen.«
»Sie können jederzeit umkehren«, erklärte Macht. »Ich wollte Ihnen nur einen Gefallen erweisen.«
Wir sahen beide Virginia an.
Sie blickte mit ihren braunen Augen zu mir auf. Aus diesen Augen strahlte eine Bitte, älter als Mann und Frau, älter als die Menschenrasse. Ich wußte, was sie sagen würde, noch bevor sie den Mund auftat. Sie würde sagen, daß sie es einfach wissen müßte.
Schließlich sprach Virginia.
»Paul«, sagte sie, »ich suche nicht die Gefahr um der Gefahr willen. Aber was ich vorhin sagte, war mir völlig ernst. Besteht nicht die Möglichkeit, daß man uns befohlen hat, einander zu lieben? Was für ein Leben wäre das, wenn unser Glück, unser Sein, von einem Maschinenhebel abhinge oder von einer mechanischen Stimme, die zu uns sprach, als wir schliefen und französisch lernten? Es ist schön, in die alten Zeiten zurückzugehen. Bestimmt. Ich weiß, daß du mir ein Glücksgefühl gegeben hast, das ich bis zum heutigen Tag noch nie erlebt habe. Wenn wir uns unser Leben wirklich selbst aufbauen, dann wird alles wunderbar. Aber wenn nicht …« Sie brach in Tränen aus.
Ich wollte sagen: »Wenn nicht, dann wird es uns doch so erscheinen!« Aber das mürrische, finstere Gesicht Machts sah mich über Virginias Schulter hinweg an, als ich sie an mich zog. So schwieg ich.
Ich hielt sie dicht an mich gepreßt.
Unter Machts Fuß floß eine dünne Blutspur. Sie wurde vom Staub aufgesogen.
»Macht«, fragte ich, »sind Sie verletzt?«
Auch Virginia drehte sich um.
Macht hob fragend die Augenbrauen und meinte dann gleichgültig: »Nein. Weshalb?«
»Das Blut. Unter Ihrem Fuß …«
Er sah nach unten. »Ach das«, sagte er. »Das ist nichts. Nur die Eier irgendeines Vogels, der noch nicht einmal fliegen kann.«
»Lassen Sie das!« herrschte ich ihn telepathisch an. Ich benutzte die allgemeine Sprache, ohne an mein neuerworbenes Französisch zu denken.
Er trat überrascht einen Schritt zurück.
Aus dem Nichts kam eine Botschaft auf mich zu. Danke danke guterGroßer gehfort bitte gehfort bitte guterGroßer Mannschlecht Mannschlecht …
Irgendwo warnte mich ein Vogel oder ein anderes Tier vor Macht. Ich sandte ihm meinen Dank entgegen und wandte meine Aufmerksamkeit Macht zu.
Wir starrten einander an. War das nun Kultur? Waren wir jetzt Menschen? Schließt Freiheit immer Mißtrauen, Furcht oder Haß ein? Ich mochte diesen Mann nicht. Er stieß mich ab. Die Worte für längst vergessene Verbrechen kamen mir in den Sinn: Attentat, Mord, Entführung, Raub, Vergewaltigung, Wahnsinnstat …
Wir hatten keinen dieser Ausdrücke gekannt, und doch fühlte ich sie alle.
Er sprach ruhig mit mir. Wir hatten uns beide telepathisch abgeschirmt, so daß niemand unsere Worte mithören konnte. Also blieb uns nur die Empathie und das Französisch. »Es war Ihr Gedanke«, sagte er, und das stimmte nicht. »Oder zumindest der der jungen Dame.«
»Ist die Lüge bereits in die Welt gekommen?« fragte ich. »Und gehen wir hinauf zu den Wolken, ohne einen Grund zu haben?«
»Es gibt einen Grund«, erklärte Macht.
Ich schob Virginia sanft zur Seite und schirmte mein Inneres stark ab.
»Macht«, sagte ich, und mir selbst klang meine Stimme wie das Fauchen eines Tieres, »sagen Sie mir, weshalb Sie uns hierherbrachten, oder ich bringe Sie um.«
Er wich nicht zurück. Er sah mich an, bereit zum Kampf. »Umbringen?« sagte er. »Sie meinen damit, daß Sie mich töten werden?« Angst schien er nicht zu kennen. Keiner von uns hatte je gekämpft, aber jetzt bereitete er sich auf die Verteidigung vor und ich mich auf den Kampf.
Durch meinen Schutzschild drang der Gedanke eines Tieres: Gutermann, Gutermann, nimm ihn an der Kehle keine Luft aaah keine Luft aah wie zerbrochenes Ei Ei Ei …
Ich nahm den Rat an, ohne mir darüber Gedanken zu machen, woher er kam. Ich ging zu Macht hinüber, legte meine Hände um seine Kehle und drückte zu. Er versuchte meine Hände wegzustoßen. Als ihm das nicht gelang, trat er nach mir. Ich hielt nur seine Kehle umkrampft. Wenn ich ein Lord oder ein Captain gewesen wäre, hätte ich mehr vom Kämpfen verstanden. Aber so wußte ich nicht Bescheid, und er auch nicht.
Es war zu Ende, als ein plötzliches Gewicht an meinen Händen zog. Überrascht ließ ich los. Macht war bewußtlos geworden. War das der Tod?
Nein, er konnte es nicht sein, denn Macht setzte sich auf. Virginia lief zu ihm hinüber. Er rieb sich den Hals und sagte mit heiserer Stimme: »Das hätten Sie nicht tun sollen!«
Das gab mir Mut. »Sagen Sie mir, weshalb Sie uns hierherbrachten«, schleuderte ich ihm entgegen. »Oder ich tue es noch einmal.«
Macht grinste schwach. Er lehnte seinen Kopf gegen Virginias Arm. »Es ist Angst«, sagte er. »Aus Angst.«
»Angst?« Ich kannte das Wort – peur – aber nicht seine Bedeutung. War es eine Art Unruhe oder Erschrecken, wie es die Tiere zeigten?
Ich hatte meinen Schutzschild geöffnet. Macht gab mir telepathisch Antwort: Ja.
»Aber weshalb gefällt Ihnen dieses Gefühl?« wollte ich wissen.
… Es ist herrlich, dachte er. Es bereitet mir Übelkeit und Schwäche und Erregung. Es ist wie eine starke Medizin, fast so stark wie die Lebensspritze, die uns die Instrumentalität immer verabreichte. Ich war schon einmal oben. Ganz hoch droben hatte ich große Angst. Es war herrlich und gut und schlecht zugleich. Ich durchlebte tausend Jahre in einer Stunde. Ich wollte noch mehr davon, aber ich dachte, daß es mit anderen Menschen zusammen noch aufregender sein müßte.
»Jetzt töte ich Sie«, sagte ich auf Französisch. »Sie sind sehr – sehr …« Ich mußte erst nach dem Wort suchen. »Schlecht.«
»Nein«, widersprach mir Virginia, »laß ihn weitersprechen.«
Er bemühte sich nicht um Worte, sondern sandte mir seine Gedanken zu. Das war es, was uns die Lords der Instrumentalität immer versagten: Angst. Wirklichkeit. Wir wurden unwissend geboren, und wir starben in einem Traum. Selbst die Untermenschen, die Tiere, hatten mehr Leben als wir. Nur die Maschinen kannten keine Furcht. Wir waren auch Maschinen. Maschinen, die glaubten, daß sie Menschen seien. Und jetzt sind wir frei.
Er erriet die kalte Wut in meinem Innern und wechselte das Thema. Ich belüge euch nicht. Es ist der rechte Weg zum Abba-dingo. Ich war dort. Es funktioniert. Auf dieser Seite funktioniert es immer.
»Es funktioniert!« rief Virginia. »Horst du, es funktioniert. Er sagt die Wahrheit. Ach, Paul, gehen wir doch weiter.«
»Gut«, sagte ich, »gehen wir.«
Ich half ihm auf. Er sah verlegen aus, wie jemand, der etwas gezeigt hat, dessen er sich schämt.
Wir gingen auf der unzerstörbaren Decke des Boulevards dahin. Es war angenehm für die Füße.
Irgendwo in meinem Innern plapperte der unsichtbare kleine Vogel auf mich ein: Gutermann Gutermann mach ihn tot nimm Wasser nimm Wasser …
Ich hörte nicht auf ihn, während ich mit den beiden weiterging. Virginia hatten wir in die Mitte genommen. Ich hörte nicht auf ihn.
Wenn ich es nur getan hätte.
Wir gingen lange dahin. Das war neu für uns. Es lag etwas Erhebendes in dem Wissen, daß keiner uns bewachte, daß die Luft freie Luft war, die sich ohne die Wettermaschinen bewegte. Wir sahen viele Vögel, und wenn ich versuchte, in ihre Gedanken einzudringen, fand ich sie dunkel und erregt. Es waren natürliche Vögel, und ich hatte noch nie zuvor natürliche Vögel gesehen. Virginia fragte mich nach ihren Namen, und ich wandte kühn die Bezeichnungen an, die ich in Französisch gelernt hatte, ohne ihre Bedeutung zu kennen. Auch jetzt wußte ich nicht, ob ich recht hatte.
Auch Maximilian Machts Laune heiterte sich auf, und er sang uns aus dem Stegreif ein Lied vor. Das Ganze ergab nicht viel Sinn, aber die Melodie war hübsch. Immer wenn er ein Stückchen vorausging, sang ich eine Variation von »Macouba« und flüsterte die Worte in Virginias hübsches Ohr:
Sie war niemals die Frau meiner Träume,
Durch Zufall traf sich unser Blick.
Ihr Französisch trieb mich auf die Bäume,
Denn sie hatte es von Martinique …
Wir waren wie berauscht von unserem Abenteuer und unserer Freiheit, bis der Hunger kam. Da begannen unsere Schwierigkeiten.
Virginia ging zu einem Lampenpfahl, schlug leicht mit der Faust dagegen und rief: »Ich will essen!« Der Pfahl hätte sich entweder öffnen und uns ein Mahl servieren müssen, oder er hätte uns zumindest sagen sollen, wo wir im Umkreis der nächsten hundert Meter etwas zu essen finden könnten. Er tat keines von beiden. Er tat überhaupt nichts. Er mußte beschädigt sein.
Wir machten uns ab jetzt einen Sport daraus, an jeden einzelnen Lampenpfahl zu schlagen.
Alpha Ralpha Boulevard erhob sich jetzt schon etwa fünfhundert Meter über der Landschaft. Die wilden Vögel kreisten unter uns. Auf dem Pflaster lag weniger Staub, und die wilden Gräser standen nur noch vereinzelt da. Die riesige Straße wurde nicht von Säulen gestützt. Wie eine in die Luft geworfene Schleife schwebte sie in die Wolken.
Wir wurden es müde, an alle Pfosten zu schlagen, und außerdem hatten wir weder etwas zu essen noch etwas zu trinken.
Virginia wurde verdrießlich. »Jetzt hat es keinen Sinn mehr, zurückzugehen. Nach oben ist es kürzer als nach unten. Wenn wir nur etwas mitgenommen hätten!«
Wie hätte ich daran denken sollen, etwas zu essen mitzunehmen? Wer nimmt je Essen mit? Warum sollte man es tragen, wenn es überall zu haben ist? Mein Schatz war unvernünftig, aber sie war mein Schatz, und ich liebte sie mit all ihren Fehlern.
Macht klopfte weiterhin an die Pfosten, wohl um sich aus unserem Streit herauszuhalten. Und er erzielte ein unerwartetes Ergebnis.
In diesem Augenblick noch sah ich ihn, wie er sich über einen starken Lampenpfahl beugte und ihn kräftig abklopfte – und schwupp! im nächsten Augenblick schrie er auf wie ein junger Hund und jagte mit halsbrecherischer Geschwindigkeit den Berg hinauf. Bevor er in den Wolken über uns verschwand, hörte ich ihn etwas rufen, aber ich konnte seine Worte nicht verstehen.
Virginia sah mich an. »Willst du jetzt zurückgehen? Macht ist fort. Wir können sagen, daß ich müde geworden bin.«
»Meinst du das im Ernst?«
»Natürlich, Liebling.«
Ich lachte ein wenig verärgert. Sie hatte darauf bestanden, daß wir hierherkamen, und jetzt wollte sie umkehren und aufgeben, nur um mir einen Gefallen zu erweisen.
»Mach dir keine Sorgen«, sagte ich. »Es kann jetzt nicht mehr weit sein.«
»Paul …« Sie stand ganz dicht neben mir. Ihre Augen sahen mich besorgt an, als versuche sie, in meinem Blick zu lesen. Willst du so mit mir sprechen? dachte ich.
»Nein«, erwiderte sie in Französisch. »Ich möchte meine Gedanken aussprechen. Einen nach dem anderen. Paul, ich will zum Abba-dingo gehen. Ich muß hingehen. Es ist der größte Wunsch meines Lebens. Aber gleichzeitig sträubt sich etwas in mir, hinzugehen. Irgend etwas stimmt dort oben nicht. Lieber besitze ich dich nur zum Schein als überhaupt nicht. Es könnte uns etwas zustoßen.«
Mit rauher Stimme fragte ich: »Hast du jetzt diese ›Angst‹, von der Macht vorhin sprach?«
»O nein, Paul, ganz und gar nicht. Es ist kein erregendes Gefühl. Eher, als wäre in einer Maschine etwas zerbrochen …«
»Hör zu!« unterbrach ich sie.
Von weit oben aus den Wolken kam ein Laut wie das Wimmern eines Tieres. Ich hörte Worte. Es mußte Macht gewesen sein. Ich glaube, daß ich das Wort »Vorsicht!« verstanden hatte. Als ich ihn telepathisch suchte, verschwamm alles in der Ferne.
»Folgen wir ihm, Liebling«, sagte ich.
»Ja, Paul«, erwiderte sie, und in ihrer Stimme klang ein unergründliches Gemisch aus Glück, Resignation und Verzweiflung mit …
Bevor wir weitergingen, sah ich sie voll an. Sie war mein Mädchen.
Der Himmel wurde gelblich, und die Lichter waren noch nicht eingeschaltet. In dem reichen Licht des Himmels waren Virginias braune Locken wie von Gold überzogen, die braunen Augen wurden so dunkel wie die Iris, und ihr junges, schwermütiges Gesicht erschien mir bedeutungsvoller als jedes andere menschliche Gesicht, das mir bisher begegnet war.
»Du gehörst mir«, sagte ich.
»Ja, Paul.« Sie sah mich an und lächelte strahlend. »Daß du es gesagt hast, ist doppelt schön.«
»Wir sind nicht so frei wie die Vögel, Liebling«, sagte ich zu Virginia, »aber wir sind freier, als es die Menschen seit Jahrtausenden waren.«
Anstelle einer Antwort nahm sie meinen Arm und lächelte mir zu.
»Und jetzt«, fügte ich hinzu, »folgen wir Macht. Leg deine Arme um mich und halte dich ganz fest. Ich versuche es mit dem nächsten Pfahl. Wenn wir schon kein Abendessen bekommen, dürfen wir vielleicht umsonst eine Reise machen.«
Ich wartete, bis sie sich an mir festhielt, und schlug dann gegen den Pfosten.
Gegen welchen Pfosten?
Im nächsten Augenblick segelten die Laternenmasten verschwommen an uns vorbei. Der Boden unter unseren Füßen schien sich nicht zu bewegen, und doch jagten wir mit großer Geschwindigkeit dahin. Selbst die Untergrundbahnen konnten nicht mit solchen Geschwindigkeiten fahren. Virginias Kleid flatterte so heftig, daß es bei jedem neuen Windstoß ein klatschendes Geräusch verursachte. Im Nu befanden wir uns in der Wolke. Und im Nu hatten wir sie hinter uns.
Eine neue Welt war um uns. Die Wolken lagen unter und über uns. Hier und da blitzte der blaue Himmel durch. Wir standen still. Die Ingenieure der alten Zeiten hatten diesen Weg meisterhaft angelegt. Wir bewegten uns höher, immer höher, ohne daß uns schwindlig wurde.
Wieder eine Wolke.
Dann geschah alles so überstürzt, wie man es gar nicht erzählen kann.
Etwas Dunkles kam von oben auf mich zu. Ich spürte einen heftigen Schlag gegen die Brust. Erst sehr viel später merkte ich, daß es Machts Arm war, der mich festzuhalten versuchte, bevor wir über den Rand hinaus jagten. Dann tauchte ich mit Virginia in der nächsten Wolke unter. Ein zweiter Schlag traf mich. Der Schmerz war entsetzlich. Ich hatte noch nie im Leben etwas Ähnliches gefühlt. Aus irgendeinem Grund war Virginia über mich gefallen und lag nun vor mir. Sie zerrte an meinen Händen.
Ich wollte ihr sagen, daß sie aufhören sollte, weil es schmerzte, aber ich mußte um Atem kämpfen. So gab ich nach. Ich versuchte das zu tun, was sie von mir wollte. Langsam schob ich mich auf sie zu. Erst dann merkte ich, daß unter meinen Füßen nichts war – keine Brücke, keine Düsenbahn, nichts.
Ich befand mich am Rand des Boulevards, am abgebrochenen Ende des oberen Teils. Unter mir war nichts als ein Kabelgewirr, und viel, viel tiefer noch ein winziges Band, das ein Fluß oder eine Straße sein mochte.
Wir waren blindlings über den großen Abgrund gesprungen, und ich war mit der Brust am oberen Ende der Straße aufgeschlagen.
Der Schmerz war mir gleichgültig.
In kürzester Zeit würde der Roboterarzt bei mir sein und mich heilen.
Ein Blick in Virginias Gesicht zeigte mir, daß es keinen Roboterdoktor gab, keine Welt, keine Instrumentalität, nichts. Nichts als Wind und Schmerz. Sie weinte. Nur mühsam konnte ich verstehen, was sie sagte: »Ich habe es getan. Ich habe es getan. Liebling, bist du tot?«
Keiner von uns wußte genau, was »tot« bedeutete, denn die Menschen gingen einfach nach Ablauf ihrer Zeit dahin. Aber wir wußten, daß es das Ende des Lebens bedeutete. Ich wollte ihr sagen, daß ich lebte, aber sie hörte nicht und zerrte mich noch weiter vom Abgrund weg.
Schließlich stützte ich mich auf und setzte mich. Sie kniete neben mir und bedeckte mein Gesicht mit Küssen.
Nach langer Zeit brachte ich mühsam einige Worte hervor. »Wo ist Macht?«
Sie blickte zurück. »Ich sehe ihn nicht.«
Auch ich wollte mich umsehen. Aber das ließ Virginia nicht zu. »Bleib ruhig liegen«, sagte sie. »Ich sehe noch einmal nach.«
Tapfer wagte sie sich bis an den Rand des abgeknickten Boulevards vor. Sie sah hinüber zum tieferen Ende des Spalts. Wolken zogen vorbei wie Rauch, der von einem Ventilator angetrieben wird. Er nahm ihr die Sicht. Doch dann rief sie: »Ich sehe ihn. Er sieht so komisch aus. Wie ein Insekt im Museum. Er klettert über die Kabel weiter.«
Ich kroch auf Händen und Knien zu ihr hin und sah ebenfalls nach unten. Da unten war er, ein Punkt, der sich auf einem winzigen Pfad entlangbewegte. Unter ihm flatterten die großen Vögel mit ihren schweren Schwingen. Er sah sehr gefährlich aus. Vielleicht hatte er nun all die »Angst«, die er brauchte, um glücklich zu sein. Ich sehnte mich nicht nach dieser »Angst«, was sie auch sein mochte. Ich sehnte mich nach Essen, Wasser und einem Roboterarzt.
Und nichts davon war hier oben zu finden.
Ich kam mühsam auf die Beine. Virginia wollte mir helfen, aber ich stand, bevor sie auch nur meinen Ärmel berührt hatte.
»Gehen wir weiter.«
»Weiter?« fragte sie.
»Zum Abba-dingo. Vielleicht sind die Maschinen dort oben freundlich. Hier ist nichts als Kälte und Wind. Nicht einmal die Lichter wurden eingeschaltet.«
Sie legte die Stirn in Falten. »Aber Macht …?«
»Es kann Stunden dauern, bis er hier ankommt. Bis dahin sind wir wieder zurück.«
Sie gehorchte.
Wieder gingen wir links am Boulevard entlang. Ich befahl ihr, sich ganz fest an mich zu klammern, während ich von einem an den anderen Pfosten schlug. Bestimmt gab es eine Hilfe für die Pilger, die zum Abba-dingo unterwegs waren. Oder es hatte sie zumindest gegeben.
Beim viertenmal klappte es.
Wieder zerrte der Wind an unseren Kleidern, als wir den Alpha Ralpha Boulevard nach oben jagten.
Beinahe fielen wir, als der Weg zur Linken abbog. Gerade noch konnte ich das Gleichgewicht halten, als es auch schon in die andere Richtung weiterging.
Und dann wurde unsere Fahrt gestoppt.
Das war das Abba-dingo.
Ein Fußweg, auf dem verstreut verschiedene weiße Dinge lagen – Knöpfe und Stäbe und unregelmäßig geformte Bälle von der Größe meines Kopfes.
Virginia stand schweigend neben mir.
Von der Größe meines Kopfes? Ich stieß eine der Kugeln beiseite, und dann war mir klar, völlig klar, was es war. Menschen. Die inneren Teile. Ich hatte noch nie zuvor so etwas gesehen. Und das da, auf dem Boden, mußte eine Hand gewesen sein. Hunderte solcher Dinger lagen neben dem Weg.
»Komm, Virginia«, sagte ich so ruhig wie möglich. Ich hatte meine Gedanken gegen telepathisches Eindringen abgeschirmt.
Sie folgte mir schweigend. Die Gegenstände, die auf dem Boden herumlagen, schienen Virginias Neugier zu wecken, aber sie konnte offensichtlich nichts damit anfangen.
Vor uns ragte eine Mauer auf. Ich sah sie genau an.
Und schließlich fanden wir sie – die kleinen Türen zum Abba-dingo.
Auf einer stand METEOROLOGISCHE VORHERSAGEN. Es war weder unsere frühere Sprache, noch Französisch, aber es klang so ähnlich, daß ich wußte, es mußte etwas mit Luft zu tun haben. Ich drückte mit der Hand gegen die Türfüllung. Die Tür wurde plötzlich durchsichtig, und dahinter leuchtete eine alte Schrift. Zahlen, die mir nichts bedeuteten, Worte, die ich nicht enträtseln konnte, und schließlich: »Taifun im Anzug.«
Mein Französisch sagte mir nicht, was »im Anzug« bedeutete, aber Taifun war sicher das gleiche wie »typhon« – eine gewaltige Luftbewegung. Ach, sollen die Wettermaschinen damit fertigwerden, dachte ich. Es hat nichts mit uns zu tun.
»Das hilft uns nicht«, erklärte ich.
»Was bedeutet es?« wollte sie wissen.
»Daß die Luft heftig bewegt werden wird.«
»Oh«, meinte sie, »das macht uns doch nichts, oder?«
»Natürlich nicht.«
Ich probierte es bei der nächsten Tür, auf der ESSEN stand. Man hörte ein abscheuliches Knirschen innerhalb der Wand. Die Tür öffnete sich einen kleinen Spalt. Ein entsetzlicher Geruch schlug uns entgegen. Dann schloß sich die Tür wieder.
Auf der dritten Tür stand HILFE, und als ich sie berührte, geschah überhaupt nichts. Vielleicht war es eine Art Steuereinziehmaschine aus alter Zeit. Die vierte Tür war größer und stand unten bereits ein Stückchen offen. Ganz oben stand: WEISSAGUNGEN. Das war ziemlich klar für jemand, der französisch sprach. Aber das Schild unten am Schlitz war schon geheimnisvoller: HIER PAPIER HINEINSCHIEBEN. Ich konnte mir nicht vorstellen, was das bedeuten mochte.
Ich versuchte es mit Telepathie. Nichts. Über uns hinweg pfiff der Wind. Einige der Kalkbälle und Stäbe rollten auf dem Pflaster hin und her. Ich versuchte es noch einmal und gab mir alle Mühe, in die alten Gedanken einzudringen. Ein Schrei drang in mein Inneres, ein dünner, langgezogener Schrei, der mit einer Menschenstimme nicht viel Ähnlichkeit hatte. Das war alles.
Vielleicht war ich aufgeregt. Ich hatte keine »Angst«, aber ich war um Virginia besorgt.
Sie starrte auf den Boden. »Paul«, sagte sie, »ist das nicht ein Mantel bei diesen komischen weißen Dingern?«
Einmal hatte ich ein altes Röntgenbild in einem Museum gesehen, und so wußte ich, daß der Mantel immer noch das Innengerüst eines Menschen umhüllte. Man sah kein ballförmiges Gebilde, also war ich sicher, daß er tot war. Wie konnte das in den alten Zeiten geschehen? Warum hatte es die Instrumentalität zugelassen? Aber schließlich hatte die Instrumentalität immer verboten, diese Seite des Alpha Ralpha Boulevards zu betreten. Vielleicht hatten diejenigen, die gegen das Gesetz verstießen, auf irgendeine Weise ihre Strafe bekommen. Ich konnte es nicht ergründen.
»Sieh mal, Paul«, sagte Virginia, »ich kann meine Hand hier unten hineinstecken.«
Bevor ich sie daran hindern konnte, schob sie ihre Hand in den schmalen Spalt, unter dem stand: HIER PAPIER HINEINSCHIEBEN.
Sie schrie auf. Ihre Hand war gefangen.
Ich versuchte an ihrem Arm zu ziehen, aber er rührte sich nicht. Sie keuchte vor Schmerz. Und dann plötzlich war ihre Hand wieder frei.
Deutliche Worte waren in die lebendige Haut geprägt. Ich riß meinen Mantel herunter und wickelte ihn um ihren Arm.
Sie stand schluchzend neben mir, als ich vorsichtig den Verband wieder ablöste. Jetzt sah auch sie die eingeprägten Worte:
In klarem Französisch stand da geschrieben: »Du wirst Paul lieben bis in Ewigkeit.«
Virginia ließ es zu, daß ich ihre Hand wieder mit meinem Mantel bedeckte. Dann hob sie mir ihr Gesicht entgegen. Ich küßte sie. »Die Mühe hat sich gelohnt, Paul«, sagte sie. »Jetzt können wir wieder hinuntergehen. Jetzt weiß ich die Wahrheit.«
Ich küßte sie noch einmal und sagte beruhigend: »Jetzt weißt du also die Wahrheit, nicht wahr?«
»Ja.« Sie lächelte mir unter Tränen zu. »Das konnte die Instrumentalität nicht ersonnen haben. Was für eine kluge, alte Maschine! Ist sie ein Gott oder ein Teufel, Paul?«
Zu diesem Zeitpunkt machte ich mir noch keine Gedanken darüber. Ich streichelte sie nur. Dann machten wir uns wieder auf den Rückweg.
Im letzten Augenblick erinnerte ich mich, daß ich mir gar keine Auskunft geholt hatte.
»Nur einen Augenblick, Liebling. Ich möchte ein Stückchen deiner Bandage abreißen.«
Sie wartete geduldig. Ich riß ein Stück von der Größe meiner Handfläche ab, und dann hob ich einen Teil eines dieser Ex-Menschen auf. Es sah so aus, als wäre es der Unterarm gewesen. Ich drehte mich um, um das Stoffstück in den Schlitz zu stecken, aber als ich bei der Tür war, saß ein großer Vogel davor.
Ich wollte ihn mit der Hand wegschieben, und er fauchte mich an. Es schien, als wolle er mich mit seinen schrillen Schreien und seinem spitzen Schnabel bedrohen. Ich konnte ihn nicht verscheuchen.
Dann versuchte ich es mit Telepathie. Ich bin ein Mensch von Geburt an! Geh weg!
Verwischt erreichte mich die Antwort des Tieres. Ich hörte nur ein Neinneinneinnein!
Da schlug ich mit der Faust nach ihm, bis er wegflatterte. Inmitten des weißen Abfalls auf dem Weg blieb er stehen, breitete seine Flügel aus und ließ sich vom Wind nach unten tragen.
Ich schob den Stoffetzen hinein, zählte bis zwanzig und zog ihn wieder heraus.
Die Worte waren deutlich geschrieben, aber sie sagten mir nichts. »Du wirst Virginia noch einundzwanzig Minuten lieben.«
Ihre glückliche Stimme, immer noch ein wenig zitterig von den ausgestandenen Schmerzen, drang von weit weg an mein Ohr. „Was steht darauf, Liebling?«
Absichtlich ließ ich den Wind das Stückchen Stoff forttragen. Es flatterte unruhig wie ein Vogel. Virginia sah es in der Tiefe verschwinden.
»Ach«, rief sie enttäuscht, »wir haben es verloren. Was stand darauf?«
»Das gleiche wie bei dir.«
»Aber welche Worte, Paul? Kannst du sie nicht wiederholen?«
Erfüllt von Liebe und Schmerz und vielleicht ein wenig ›Angst‹ flüsterte ich ihr die Lüge ins Ohr: »Paul wird Virginia immer lieben.«
Sie lächelte mich strahlend an. Ihr Körper stemmte sich mit optimistischer Kraft gegen den Wind. Wieder einmal war sie die hübsche, pummelige Menerima, die mit mir auf der Straße gespielt hatte, als wir noch Kinder waren. Aber sie war mehr als das. Sie war meine neugefundene Liebe in einer – in unserer – neugefundenen Welt. Sie war meine Mademoiselle von Martinique. Die Botschaft kümmerte mich nicht. Sie war verrückt. Wir hatten an der Tür mit der Aufschrift ESSEN gesehen, daß die Maschine nicht mehr funktionierte.
»Einundzwanzig Minuten«, dachte ich. »Etwa sechs Stunden sind schon vergangen. Wenn wir hier bleiben, befinden wir uns vielleicht in großer Gefahr.«
Mit weitausholenden Schritten gingen wir den Alpha Ralpha Boulevard hinab. Wir hatten das Abba-dingo gesehen und lebten immer noch. Ich hatte zumindest nicht das Gefühl, tot zu sein. Aber dieses Wort war für uns so lange ohne Bedeutung gewesen, daß man sich nur schwer etwas Konkretes darunter vorstellen konnte.
Die Rampe führte jetzt so steil abwärts, daß wir wie Pferde dahinsprangen. Der Wind blies uns mit unvorstellbarer Gewalt ins Gesicht. Ja, das war es – Wind, vent. Aber dieses Wort schlug ich erst viel später nach.
Wir sahen nie den ganzen Turm – nur die Wand, an der die alte Düsenbahn uns abgesetzt hatte. Das übrige blieb von Wolken umhüllt, die wie zerfetzte Lumpen flatterten.
Der Himmel war auf einer Seite rot und auf der anderen schmutziggelb.
Große Wassertropfen begannen auf uns herabzupeitschen.
»Die Wettermaschinen sind kaputt«, schrie ich Virginia zu.
Sie wollte antworten, aber der Wind trug ihre Worte weg. Ich wiederholte, was ich über die Wettermaschinen gesagt hatte, und sie nickte mir fröhlich und glücklich zu, obwohl der Wind ihre Haare nach hinten wehte und die Wassertropfen ihr goldfarbenes Kleid durchnäßten.
Es war ihr gleichgültig. Sie hielt sich an meinem Arm fest. Sie strahlte mich an, als wir nach unten gingen und uns gegen den steilen Weg stemmten. Ihre braunen Augen waren voller Leben und Zuversicht. Sie merkte, daß ich sie beobachtete und drückte ihre Lippen auf meinen Arm, ohne den Schritt zu verlangsamen. Sie gehörte für immer mir, und sie wußte es.
Das Wasser von oben – Regen, wie ich später erfuhr, trommelte immer stärker auf uns ein. Plötzlich kamen Vögel herunter. Einer von ihnen, ein riesiges Tier, kämpfte mühsam gegen den Wind an und flatterte mit seinen großen Schwingen vor meinem Gesicht. Er krächzte mir warnend entgegen, doch dann trug der Wind ihn weiter. Kaum war der eine fort, als der nächste mich rammte. Ich sah auf ihn herab, aber schon nahm auch ihn der Wind mit. Nur ein telepathisches Echo blieb zurück: Neinneinneinnein!
»Was ›nein‹?« dachte ich. Aber auf den Rat eines Vogels darf man nicht allzuviel geben.
Virginia packte meinen Arm und blieb stehen.
Ich hielt ebenfalls an.
Vor uns lag das eingebrochene Ende des Alpha Ralpha Boulevards. Häßliche gelbe Wolken schwebten in dem Spalt wie giftige Fische, die ihre unerklärliche Bahn ziehen.
Virginia schrie etwas.
Ich konnte sie nicht verstehen, deshalb beugte ich mich tiefer zu ihr herunter. So weit, daß ihr Mund mein Ohr berührte.
»Wo ist Macht?« schrie sie.
Vorsichtig brachte ich sie zur linken Seite des Weges, wo uns das Geländer etwas Schutz gegen die rasenden Winde gewährte. Aber keiner von uns konnte sehr weit sehen. Virginia kniete am Rand nieder. Ich ging neben ihr zu Boden. Das Wasser peitschte uns auf den Rücken. Die Helligkeit um uns hatte sich in ein schmutziges Gelb verwandelt.
Noch konnten wir sehen, aber nicht sehr weit.
Ich wollte im Schutz des Geländers sitzen bleiben, aber sie drängte mich vorwärts. Sie wollte, daß ich etwas wegen Macht unternähme. Das ging einfach über meine Kräfte. Wenn er Schutz gefunden hatte, war er sicher, aber wenn er sich noch auf den herausragenden Kabeln befand, würden ihn die Winde bald herunterstoßen. Und dann gab es keinen Maximilian Macht mehr. Er würde ›tot‹ sein, und seine inneren Teile mußten irgendwo auf dem Boden bleichen.
Virginia beharrte auf ihrem Wunsch.
Wir krochen zum Rand.
Ein Vogel jagte uns entgegen. Er zielte direkt mit dem Schnabel auf mich. Ich wich zurück. Ein Flügel traf mich und streifte meine Wange. Ich hatte nicht gewußt, daß Federn so hart sein konnten. Diese Vögel müssen beschädigte Gehirne haben, dachte ich, wenn sie Menschen auf dem Alpha Ralpha Boulevard angreifen. So benimmt man sich doch nicht echten Menschen gegenüber.
Schließlich erreichten wir, auf allen vieren kriechend, den Rand. Ich versuchte, mich mit den Fingernägeln der linken Hand in das Geländer einzukrallen, aber das steinartige Material war glatt bis auf ein paar Ornamente. Meinen rechten Arm hatte ich um Virginia gelegt. Es war mühsam, sich so fortzubewegen, da mein Körper immer noch von dem Aufprall an den Rand des Boulevards schmerzte. Als ich zögerte, kroch Virginia noch ein Stück weiter nach vorne.
Wir sahen nichts.
Das düstere Gelb hatte uns eingehüllt.
Der Wind und das Wasser schlugen uns wie mit Riesenfäusten.
Ihr Kleid wurde vom Wind geschüttelt. Ich wollte sie zurück in den Schatten des Geländers bringen, wo wir warten konnten, bis die Luftbewegung vorbei war.
Ganz plötzlich war alles um uns in helles Licht getaucht. Es war ungebändigte Elektrizität, die die Alten Blitz nannten. Später fand ich heraus, daß Blitze in Gegenden, in denen die Wettermaschinen abgeschaltet waren, ziemlich häufig vorkamen.
Das kurze, grelle Aufleuchten zeigte uns ein weißes Gesicht, das zu uns heraufstarrte. Macht hing in den Kabeln unter uns. Sein Mund stand weit offen. Er schrie uns etwas zu. Ich habe nie erfahren, ob sein Gesicht ›Angst‹ oder vollkommenes Glück ausdrückte. Jedenfalls war starke Erregung in ihm. Das helle Licht ging aus, und ich glaubte das Echo eines Rufes zu hören. Ich versuchte ihn telepathisch aufzufangen, aber alles blieb still. Nur die Gedanken eines hartnäckigen Vogels, der mir sein Neinneinneinnein! zurief.
Virginia versteifte sich in meinen Armen. Sie wand sich. Ich rief sie auf französisch an. Sie hörte nicht.
Dann rief ich sie telepathisch.
Fremde Gedanken waren da.
Virginias Botschaft war erfüllt von Abscheu und Haß: »Das Katzenmädchen! Sie will mich anrühren]«
Sie schnellte herum. Mein rechter Arm war plötzlich frei. Ich sah ihr goldfarbenes Kleid am Abgrund kurz aufschimmern. Dann fing ich ihre Gedanken auf.
»Paul, Paul, ich liebe dich. Paul, hilf mir doch.«
Je tiefer der Körper fiel, desto schwächer vernahm ich ihre Gedanken.
Die fremden Gedanken waren von K-mell ausgegangen, die wir auf dem Herweg im Korridor getroffen hatten.
»Ich wollte euch beide holen«, dachte sie. »Aber um sie kümmerten sich die Vögel nicht.«
»Was haben die Vögel damit zu tun?« wollte ich wissen.
»Du hast ihnen geholfen. Du hast ihre Jungen gerettet, als der rothaarige Mann sie töten wollte. Wir waren alle sehr gespannt, was ihr echten Menschen tun würdet, wenn ihr einmal frei seid. Jetzt wissen wir es. Die einen sind schlecht und bringen die niedrigeren Lebensarten um. Andere sind gut und schützen das Leben.«
Ich dachte: Ist das der Unterschied zwischen Gut und Böse?
Vielleicht hätte ich besser auf der Hut sein sollen. Die Menschen verstanden nicht zu kämpfen – im Gegensatz zu den Homunkuli.
K-mell, das Katzenmädchen, traf mit der vollen Wucht ihrer Faust mein Kinn. Narkose kannte sie nicht, und die einzige Möglichkeit, mich bei dem Taifun über die Kabel zu tragen, bestand darin, daß ich bewußtlos und entspannt war.
Ich erwachte in meinem eigenen Zimmer. Ich fühlte mich wohl. Der Roboterarzt war bei mir. Er sagte: »Sie haben einen Schock erlebt. Ich habe bereits mit dem Beauftragten der Instrumentalität gesprochen, und er gibt die Bewilligung, daß ich Ihre gestrigen Erinnerungen auslösche, wenn Sie es wünschen.«
Sein Gesichtsausdruck war wohlwollend.
Wo war der peitschende Wind? Die Luft, die wie mit Steinen auf uns einschlug? Das Wasser, das vom Himmel floß, ohne daß die Wettermaschinen es ausgelöst hatten? Wo war das goldene Kleid und das nach Angst dürstende, wilde Gesicht von Maximilian Macht?
Ich dachte über diese Dinge nach, aber da der Roboterarzt nicht telepathisch veranlagt war, verstand er meine Gedanken nicht. Ich starrte ihn stumm an.
»Wo ist meine Geliebte?« schrie ich schließlich. »Wo ist mein Mädchen?«
Roboter können nicht verächtlich schauen, aber dieser versuchte es. »Das nackte Katzenmädchen mit dem feuerroten Haar? Sie ist hinausgegangen, um sich anzuziehen.«
Ich starrte ihn wieder an.
Sein altmodisches kleines Maschinengehirn braute sich offensichtlich eine eigene, für mich nicht allzu schmeichelhafte Version zusammen. »Ich muß sagen, Sir, ihr ›freien Menschen‹ ändert euch wirklich sehr schnell …«
Wer sollte schon mit einer Maschine streiten? Es hatte wenig Sinn, ihr die Dinge klarzulegen.
Aber jene andere Maschine? Einundzwanzig Minuten. Wie konnte sie das gewußt haben? Ich wollte auch nicht mit dieser Maschine streiten. Sie mußte ein sehr mächtiges Überbleibsel aus alten Zeiten sein – vielleicht war sie in den früheren Kriegen benützt worden. Ich hatte keine Lust, es zu ergründen. Manche Menschen würden sie einen Gott nennen. Ich gebe ihr keinen Namen. Ich brauche keine ›Furcht‹, und ich habe nicht vor, zum Alpha Ralpha Boulevard zurückzugehen.
Aber hör doch, Liebling – wie kannst du je wieder das Cafe besuchen?
K-mell kam herein, und der Roboterarzt ließ uns allein.