Siebtes Kapitel

Die Einrichtung ihres Zuhauses nahm einige Zeit in Anspruch. Jeden Tag kam der Visconte in das dreigeschossige Haus, welches in der Nähe der Kathedrale und nur ein paar Gehminuten von der Piazza del Campo entfernt war, und begutachtete die Fortschritte, die Circe sowohl bei der Ausstattung der Räume als auch bei Lauras Erziehung erzielte.

Lauras und Angelos Glück war beinahe vollkommen – wenn da nicht Beatrice gewesen wäre.

»Stimmt es, dass du diesem Luder aus der Maremma ein Haus eingerichtet und eine Erzieherin zur Seite gestellt hast?«, fragte sie mit zusammengekniffenen Lippen und vor Wut schmalen Augen.

»Woher weißt du das?«, fragte er.

»Nun, die ganze Stadt spricht davon. Die Witwe Baldini, so hört man, fordert nun vom Bischof ebenfalls ein geräumiges Haus und die Anstellung einer Köchin.«

»Nun, meine Liebe, die Köchin der Baldini sollte nicht deine Sorge sein.«

Beatrice schlug mit der flachen Hand so heftig auf den Tisch, dass das Geschirr in die Höhe sprang. Eine ungesunde Röte breitete sich auf ihren Wangen aus. »Es ist mir gleichgültig, unter welchem Rock du die Nächte verbringst«, schrie sie. »Aber ich dulde nicht, dass mich die Frauen der anderen Ratsherren mit mitleidigem Ausdruck ansehen und die Männer hinter vorgehaltener Hand flüstern.«

»Seit wann scherst du dich um das, was die Leute sagen?«, erwiderte Angelo da Matranga ein wenig spöttisch. »Dein Lebenswandel ist nach wie vor ohne Fehl und Tadel, der Platz im Himmel dir sicher.«

Beatrices Stimme wurde leise: »Solange du dich mit anständigen Frauen eingelassen hast, mit Kurtisanen von Rang, war ich es zufrieden. Doch jetzt bist du schon so weit gesunken, dass du einer Gastwirtstochter ein Bürgerhaus kaufst. Du machst dich lächerlich, zum Gespött der ganzen Stadt. Und mich dazu!«

»Steht nicht in der Bibel, man soll mit den Armen teilen?«, fragte Angelo da Matranga spöttisch.

Beatrice antwortete nicht darauf. Sie erhob sich, atmete mehrmals heftig ein und aus, suchte krampfhaft nach Worten, doch ihr wollte nichts einfallen.

»Glaube nicht, dass ich dir das durchgehen lasse«, schnaubte sie mit vor Wut schriller Stimme. »Du wirst es noch bereuen, dich dieser Dirne an den Hals geworfen zu haben. Das verspreche ich dir.«

»Drohst du mir?«, fragte der Visconte, doch Beatrice antwortete wieder nicht. Sie warf ihm stattdessen einen Blick voller Abscheu und Bitternis zu, dann eilte sie mit wehendem Rock aus dem Zimmer und knallte, ganz entgegen ihrer sonstigen Manier, die Tür hinter sich ins Schloss.

Nachdenklich blieb der Visconte zurück. Beatrice hatte sich nie um das gekümmert, was er tat oder unterließ. Woher rührte plötzlich ihr Interesse an seinem Lebenswandel? Warum stieß ihr diese Beziehung derartig in die Nase, dass sie sogar ihre Manieren vergaß?

Er überlegte, bedachte alle Worte der letzten Tage, doch es fiel ihm nichts ein, das zu solch einem Verhalten Anlass gab. Was hatte sie nur? Sollte er sich darum sorgen? Versuchen, es herauszufinden?

Er ließ den Gedanken fallen. Sie kam eben in die Jahre, war nicht mehr die Jüngste. Oft schon hatte er von anderen Männern gehört, dass ab einem gewissen Alter die Frauen unleidlich wurden.

Er schüttelte den Kopf, zuckte noch einmal mit den Achseln, dann zog er sich seinen Umhang über und machte sich auf den Weg zu Laura.

»Oh, Liebster«, empfing sie ihn und fiel ihm um den Hals. »Sieh nur, was Circe da Volterra im Wohnzimmer für ein Wunder vollbracht hat!«

Sie nahm ihn an die Hand und zog ihn die Treppe hinauf.

»Sieh, sieh nur!«, wiederholte sie und zeigte mit dem Finger auf ein Spinett, das an einer Wand aufgestellt war. »Wir können jetzt üben, wann immer wir wollen. Du wirst sehen, ich werde bei den Passionsspielen singen wie niemals zuvor.«

»Ja, das wirst du!«, erklang eine Stimme. Angelo und Laura hatten nicht bemerkt, dass Circe eingetreten war. »Doch deine Stimme wird nur halb so viel Aufmerksamkeit erregen, wenn du sie mit zerzaustem Haar und bleichen Wangen hervorbringst.«

Laura strich sich verlegen eine widerspenstige Strähne aus der Stirn.

»Ich werde mein Haar gleich bürsten«, sagte sie kleinlaut. »Ich wollte vorher nur Angelo das wundervolle Spinett zeigen.«

Sie machte Anstalten, aus der Tür zu verschwinden, doch Angelo hielt sie am Arm zurück. »Nein, ich werde dir das Haar bürsten.«

Circe nickte. Sie wusste genau, dass ein so junges Mädchen, wie Laura es war, auch ein wenig Abwechslung brauchte. Wenn sie sich vor Liebe verzehrte und sich aufführte, als säße sie mit gerafften Röcken auf einer heißen Herdplatte, dann war sie auch nicht in der Lage, die nötige Konzentration für weitere Lerneinheiten aufzubringen.

»Geh nur«, sagte sie ungewohnt milde. »Beim Mittagessen kannst du zeigen, was du alles über Tischmanieren und Konversation gelernt hast.«

Sie wandte sich ari den Visconte und fuhr fort: »Ihr bleibt doch und überzeugt Euch von ihren Fortschritten, nicht wahr? Ich bin auf Euer Urteil gespannt. Vielleicht können wir schon sehr bald ein kleines Abendessen geben, um Laura in die Gesellschaft einzuführen.«

Angelo da Matranga nickte. »Ja, es wird wohl Zeit, sie der Öffentlichkeit zu präsentieren.«

Er wusste, wenn die Damen und Herren seines Standes Laura erst einmal kennen gelernt hatten, dann würde bald jedes Gerede ersticken.

»Komm schon!«, bettelte Laura und zog den Visconte mit sich, wobei sie ihrer Lehrerin einen übermütigen Handkuss zuwarf.

In ihrem Schlafzimmer setzte sie sich vor einen Spiegel, der ganz aus Glas und extra für sie aus Venedig herbeigeschafft worden war.

»Hast du das ernst gemeint? Möchtest du mir wirklich das Haar bürsten?«, fragte sie und sah plötzlich wieder so scheu und unschuldig wie ein kleines Mädchen aus.

Angelo da Matranga schluckte. »Gern, sehr gern sogar.«

Er nahm die versilberte Bürste aus einer Schale auf dem kleinen Tischchen und löste vorsichtig die Spange, die die wilde Mähne nur unzureichend bändigen konnte. Ein feiner Geruch nach Seife und Lavendelwasser stieg auf. Angelo schloss die Augen, hob eine dicke Strähne an seine Nase und füllte die Lungen mit Lauras Duft. Dann breitete er ihre Haare so über ihre Schultern, dass sie wie ein Umhang aus goldgewirkter Seide herabfielen.

Im Spiegel sah er ihr Gesicht. Das schmale Oval war von der Frische und Festigkeit eines jungen Apfels, die Haut samtig weich wie ein Pfirsich, die Augen erinnerten an klares, reines Quellwasser, und die Lippen waren so prall und rot wie reife Kirschen. Wieder bekam er Ehrfurcht vor ihrer Schönheit. Ihre Blicke trafen sich im Spiegel, und es war, als ob Laura seine Gedanken erraten hätte, denn eine leise Röte überhauchte ihre Wangen, wanderte über den Hals bis hinab auf den Ansatz ihrer Brüste, den das Mieder nicht verdeckte.

Vorsichtig nahm er die Bürste und strich ihr damit über das Haar, welches leise knisterte und Funken zu sprühen schien.

Sorgfältig bürstete er eine Strähne nach der anderen, bemüht, nicht an den Haaren zu ziehen, um ihr nicht wehzutun.

Die Vormittagssonne schien blass durch das mit gelben Butzenscheiben verglaste Fenster und tauchte den Raum in ein schmeichelndes Licht. Im Kamin brannte ein Feuer, verbreitete seine Wärme in der ganzen Kammer und setzte goldene Tupfen auf Lauras Haar und die sonnengelben Polster der Stühle und Wandbänke.

Ein kleines Behältnis mit Rosenöl, das wohl nicht richtig verschlossen worden war, verströmte einen schweren Geruch, der Angelo da Matranga träge und sinnlich stimmte. Von draußen war das Rumpeln einiger Karren und das Geplapper der Mägde auf dem Weg zum Brunnen zu hören, doch war es so weit entfernt, dass es wie ein einziges, einschläferndes Murmeln wirkte.

Die Wärme des Zimmers, der Duft des Rosenöls und der von Lauras Leib, das goldene Licht und der Anblick ihrer Schönheit im Spiegel versetzten den Visconte in eine andere Welt. Sein Verstand verlor die Macht über ihn, die Sinnlichkeit gewann die Oberhand. In seinen Ohren rauschte es, das Blut floss glühend durch seine Adern, seine Haut kribbelte wohlig, und die Augen sahen nichts als Lauras Schönheit. Wie von selbst öffneten seine Hände ihr Mieder, streiften ihr das Kleid von den Schultern bis hinab zur Taille.

»Sieh dich an«, sagte er leise. »Sieh, wie schön du bist.«

Laura schüttelte den Kopf und senkte den Blick, doch Angelo bürstete ihr weiter das Haar mit langen, sanften Strichen, beobachtete sie dabei im Spiegel. Auch ihre Sinne erwachten allmählich. Er sah es an den Spitzen ihrer Brüste, die sich langsam aufrichteten, sah es an ihrer Haut, die die marmorne Blässe verlor und rosig wie Alabaster aus der Gegend von Volterra wurde. Ihr Atem ging schneller, schon stöhnte sie leise auf.

Der Visconte legte die Bürste zur Seite und griff nach dem Gefäß mit dem Rosenöl, entkorkte den Verschluss und goss sich einige Tropfen davon auf die Hand. Dann strich er mit den duftenden Händen ganz leicht über die Spitzen ihrer Brüste, die unter der Berührung zitterten. Jetzt stöhnte Laura lauter, schloss die Augen und warf den Kopf nach hinten, sodass sie an seinem Schoß lehnte.

»Sieh mich an«, bat der Visconte, doch obwohl seine Stimme leise und zärtlich klang, war die Forderung darin nicht zu überhören. »Sieh in den Spiegel.«

Laura gehorchte. Sie hatte die Lippen ein wenig geöffnet, und ihr Atem ging noch hastiger.

Ihre Blicke trafen sich im Spiegel, während Angelos Hände noch immer federleicht über ihre Brustwarzen strichen. Er sah ihr Verlangen, ihre Sehnsucht, doch er war noch nicht bereit, ihren Hunger zu stillen.

Wieder goss er sich ein wenig Rosenöl in die Hände, salbte nun ihre Schultern, die sie in seine Hände drängte. Laura neigte den Kopf und rieb ihre Wange an seiner linken Hand. Doch schon entzog er sich ihr, strich über ihre Oberarme, berührte dabei immer wieder wie unabsichtlich und hauchzart die Spitzen ihrer Brüste.

»Küss mich«, bat sie, bog den Kopf nach hinten, sodass er sich nur über sie zu beugen brauchte.

Der Kuss war wild. Während er mit seiner Zunge ihren Mund erkundete, umfassten seine Finger jetzt ihre Brustspitzen ein wenig härter, massierten sie mit leichtem Druck. Ihr Seufzen erstickte in seinem Mund. Dann löste er sich von ihr und forderte erneut: »Schau in den Spiegel. Ich möchte, dass du dich an deiner Schönheit und Lust ebenso erfreust wie ich.«

Seine Hände strichen nun über ihre Seiten, verharrten in der Taille, wurden schneller, drängender, um gleich darauf wieder mit quälender Langsamkeit über die Stellen zu streichen, die besonders empfindlich waren. Die Mischung aus Zartheit und Härte erregte Laura auf das Äußerste. Sie schloss die Augen, lehnte ihren Kopf weit zurück und wollte sich ganz seinen Liebkosungen hingeben, doch wieder drängte er darauf, dass sie sich im Spiegel zusah.

Seine Hände schienen überall zu sein. Gerade noch erzitterten ihre Brüste unter seinen Fingern, da strich er schon über ihre Seiten. Immer heftiger ging Lauras Atem, immer schneller hob und senkte sich ihre Brust. Ihre Augen wurden dunkel und das Stöhnen tiefer und ebenfalls dunkler.

»Siehst du, wie schön du bist?«, fragte Angelo. Laura nickte, auch ihre Lippen zitterten vor Lust und Verlangen.

Sie zerrte nun selbst an ihren Röcken, erhob sich leicht und zog das Kleid von den Hüften, schleuderte es mit dem Fuß auf den Boden und saß nun in ihrer ganzen nackten Schönheit vor ihm. Ihre Schenkel öffneten sich leicht, als Angelo den Stuhl mit einem Ruck ein Stück nach hinten zog, sodass Laura ihre Scham im Spiegel sehen konnte.

Wieder stöhnte sie auf, bog ihren Leib seinen Händen entgegen, doch Angelo lachte nur leise.

Er nahm die Bürste wieder zur Hand, fuhr damit über ihr Haar, breitete es über Schultern und Brüste und kämmte es so, dass ihre Haut, die darunter lag, sich leicht unter den Strichen rötete.

Ohne es zu wollen, öffnete Laura ihre Schenkel noch ein Stück weiter.

»Sieh hin!«, befahl Angelo. »Sieh hin, berühre dich und sage mir, ob auch dein Schoß mit Öl geweiht werden muss.«

»Ich kann nicht«, flüsterte Laura, doch ein Beben der Lust durchzog ihren Körper. »Bitte, Angelo.«

Er stand noch immer hinter ihr. »Hab keine Angst«, flüsterte er. »Du brauchst dich nicht zu schämen. Ich bin bei dir. Du bist bei mir. Ich liebe dich. Nichts, was zwischen uns geschieht, bedarf der Scham. Ich liebe dich, Laura. Alles an dir.«

Mit diesen Worten beugte er sich über sie, griff ihre Schenkel, zog sie noch weiter auseinander und legte sie über die Lehnen des Stuhles.

Mit weit geöffnetem Schoß saß sie nun da, und die Röte schoss ihr in die Wangen.

»Nicht, bitte nicht!«, murmelte sie und stöhnte vor unterdrückter Lust.

»Dein Schoß ist wie die Blätter einer voll erblühten Rose«, sagte er. Noch einmal griff er nach dem Behälter, goss sich wieder ein paar Tropfen des schweren, duftenden Öls in die Hand.

Lauras Blicke verfolgten jede seiner Bewegungen.

Er fing ihren Blick auf, hielt ihn fest und sagte: »Ich werde deinen Schoß mit Öl weihen.«

Langsam und ihren Blick noch immer hakend, ging er um den Stuhl herum, kniete sich vor sie, sodass er zwischen ihren geöffneten Schenkel Platz fand.

Er sah sie noch immer an, seine Hände rieben aneinander, dann berührte er mit nur einem Finger hauchzart ihre Schamlippen. Lauras Aufschrei entlockte ihm ein Lächeln. Langsam, quälend langsam strichen seine Finger über ihren Schoß, während Lauras Körper sich aufbäumte und ihre Hände sich an den Stuhllehnen festkrallten.

Sie keuchte leise, als Angelo jetzt mit der anderen Hand sanft und fest zugleich ihren Venushügel massierte.

Immer weiter öffnete sie die Beine, hatte alles um sich herum vergessen. Sie war ein Weib, nichts mehr und nichts weniger als ein Weib, das in der Sinnlichkeit zu Hause war und die Liebe zum höchsten Gut erklärt hatte. Wie Flammenzungen schoss das Begehren durch ihren Körper. Wieder bäumte sie sich auf, hob ihren Schoß seinen Händen entgegen.

Angelo verstand das Signal. Er zog ihre Blütenblätter ein wenig auseinander, weihte auch die kleineren Lippen mit Öl, sodass Laura einen Lustschrei nach dem anderen ausstieß. Schon salbte er das Zentrum der weiblichen Lust, die Venusperle. Ihr Leib nahm die Bewegungen seines Fingers auf und führte sie fort. Es war, als tanzte Laura auf Angelos Fingerspitzen.

Sie keuchte, suchte mit den Händen nach ihren Brüsten und strich hastig und fest darüber.

An ihrer Feuchtigkeit, am Beben ihres Körpers, an den kehligen, dunklen Lauten erkannte Angelo, dass Laura längst auf dem Weg zur höchsten Lust war.

Ekstase hatte ihren Körper ergriffen. Den Kopf hatte sie weit nach hinten geworfen, ihre Lippen waren geöffnet und glänzten feucht. Der ganze Leib war gespannt wie eine Feder und wartete sehnsüchtig auf ihn.

Angelo befreite sich aus seinen Beinkleidern, dann griff er mit den Händen unter ihre prallen Pobacken, hob sie leicht an und drang geschmeidig in sie ein.

Lauras Hände verkrallten sich in seinen Schultern, ihr heißer Atem wehte wie Wüstenwind über seine Haut. Sie hatte die Beine um seinen Rumpf geschlungen und hieß ihn mit der feuchten Wärme ihres offenen Schoßes willkommen.

Er nahm sie mit langen, festen Stößen, trieb sie auf den Höhenweg der Lust, immer weiter und weiter, bis sie schließlich mit einem Aufschrei gemeinsam den Gipfel erreichten.

Als sie vom Paradies zurück auf die Erde gekehrt waren und ihre Herzen wieder ruhig, aber noch immer im selben Takt schlugen, kramte Angelo da Matranga in seiner Geldkatze und zog eine winzig kleine Schachtel heraus.

»Für dich«, sagte er und hielt sie Laura hin.

Neugierig sah sie ihn an, die Wangen noch immer gerötet, die Lippen wunderbar voll, die Augen voller Glanz.

»Darf ich es öffnen?«

»Aber ja!«

»Oh! Wie zauberhaft!«

Laura sprang auf und fiel dem Visconte um den Hals, bedeckte sein Gesicht mit Küssen, doch dann ließ sie ihn los und zog die Augenbrauen hoch.

»Es ist der schönste Ring, den ich je gesehen habe«, sagte sie leise und nachdenklich. »Er erinnert sehr an einen Ring, den eine junge Braut zu ihrer Hochzeit bekommen sollte.«

»So ist es auch gemeint«, bestätigte Angelo und küsste sie zart auf die Stirn. »Bist du auch nicht meine Frau vor den Menschen, so bist du doch mein Weib vor Gott. Nicht die Kirche schließt Ehen, sondern der Himmel. Du bist die Frau, die ich liebe. Du, Laura, bist mein Weib, meine Gefährtin in guten und in schlechten Tagen.«

Tränen stiegen ihr bei diesen Worten in die Augen, und sie sah ihn an, durch den salzigen Schleier hindurch. Noch nie hatte der Visconte so viel Liebe, so viel Vertrauen und Hingabe in den Augen einer Frau lesen dürfen. Dann küsste sie ihn und sagte: »Ja, ich möchte dein Weib sein. Ich werde in guten und schlechten Zeiten zu dir stehen. Das verspreche ich vor Gott.«

Wenig später saßen sie in dem neu eingerichteten Wohnzimmer, das eine Atmosphäre von Behaglichkeit und Eleganz verschaffte, ohne überladen zu wirken.

Der Tisch war nach bester Manier gedeckt, die Gläser erstrahlten im Schein der Kerzen, die auf einem prächtigen Kandelaber mit kristallenen Behängen brannten.

Circe da Volterra reichte die silberne Platte mit den Bratenscheiben, die Schüssel mit geschmorten Artischocken und den Korb mit dem frischen Brot herum. Ein Aufwärter füllte die Gläser mit dunkelrotem Wein, dessen Johannisbeeraroma in die Nase stieg.

Artig entfaltete Laura ihre Serviette und breitete sie dezent auf ihren Schoß aus, dann bediente sie sich anmutig von den Speisen und hob zierlich eine Gabel, ein Instrument, das sie erst in Sie na kennen gelernt hatte. Zu Hause, in der Schänke ihrer Eltern und auch bei Gianna und Mimmo, gab es diese Neuheit noch nicht. Dort aß man mit dem Löffel, schnitt das Fleisch mit dem Messer und brach das Brot mit den Händen.

»Die Bestecke benutzt man von außen nach innen und nicht umgekehrt«, wurde sie von Circe zurechtgewiesen, doch ihr Ton war freundlich.

Es gab nur wenige Korrekturen, in der Tischkonversation jedoch war Laura noch recht ungeübt.

Der Visconte begann ein Gespräch über das Wetter: »Wenn es im Februar Schnee gibt, so heißt das nach alter Regel, dass der Sommer heiß wird.«

»Das ist gut, sehr gut sogar«, erwiderte Laura mit perlendem Lachen. »Ist der Sommer heiß, haben die Leute Durst und besuchen die Schänken.«

Sie hob die Hand und hielt sie verschämt in den Kerzenschein, um den neuen Ring funkeln zu sehen.

Der Visconte lächelte belustigt, aber Circe wies Laura sofort zurecht: »Es ziemt sich nicht für eine Frau wie dich, über Schänken und Wirtshäuser zu sprechen. Auch mit Geschmeide protzt man nicht, selbst wenn es sich um einen so herrlichen Ring handelt, wie du ihn trägst.«

»Verzeiht«, erwiderte Laura. Sie sah ihre Lehrerin eifrig an, hatte sie doch einen regelrechten Ehrgeiz entwickelt, um ihrem Liebsten zu gefallen und es Circe da Volterra recht zu machen.

»Ja, der Sommer wird gewiss prächtig werden, und jeder einzelne Sonnenstrahl wird dafür sorgen, dass der Wein an Süße gewinnt.«

»Wie Recht Ihr habt, Laura«, fuhr der Visconte fort. »Doch nicht nur der Wein wird süßer durch die Sonne, auch auf die Frauen hat ein heißer Sommer Einfluss.«

Laura lachte verschämt, hob die Serviette und tupfte sich geziert damit die Lippen. »Ihr meint, Visconte, die Frauen werden schöner, weil die Hitze ihnen die Wangen rot färbt. Doch ich glaube, auch die Dichter profitieren davon. Man sagt, Petrarca, der größte italienische Dichter, habe in heißen Sommern seine schönsten Werke geschaffen.«

»Bei dieser Gelegenheit fällt mir ein Gedicht ein, welches Petrarca seiner Geliebten, die, wie Ihr wisst, ebenfalls Laura hieß, in einem heißen Sommer schrieb«, führte Angelo da Matranga das Gespräch fort. »Wollt Ihr es hören?«

Die Damen nickten und sahen ihn aufmerksam an.

Der Visconte legte die Serviette neben seinen Teller, dann hub er an:

»Welch Ideal aus Engelsfantasie
Hat der Natur als Muster vorgeschwebet,
Als sie die Hüll’ um einen Geist gewebet,
Den sie herab vom dritten Himmel lieh?
O Götterwerk! Mit welcher Harmonie
Hier Geist in Leib und Leib in Geist verschwebet!
An allem, was hienieden Schönes lebet,
Vernahm mein Sinn do reinen Einklang nie.
Der, welchem noch der Adel ihrer Mienen,
Der Himmel nie in ihrem Aug’ erschienen,
Entweiht vielleicht mein hohej Lied durch Scherz.
Der kannte nie der Liebe Lust und Schmerz,
Der nie erfuhr, wie süß ihr Atem fächelt,
Wie wundersüß die Lippe spricht und lächelt.«

Der Visconte verbeugte sich leicht, nahm Lauras Hand und führte sie zu einem Kuss an seinen Mund.

In dieser Manier zog sich das Essen hin, und Angelo da Matranga konnte nicht anders, als das Wunder, welches Circe da Volterra an Laura verbracht hatte, zu loben.

Nach dem Mahl wurde Laura beauftragt, in der Küche nach den Vorbereitungen für das Abendessen zu sehen.

»Nun?«, fragte Circe da Volterra, als sie mit dem Visconte allein war.

»Ich bin begeistert. Ihr habt wirklich ausgezeichnete Arbeit geleistet. Doch sagt mir eines: Ich möchte Laura nicht verbiegen. Sie soll bleiben, wie sie ist. Leidet sie auch nicht unter dieser Erziehung?«

Circe da Volterra schüttelte den Kopf. »Oh, nein, im Gegenteil. Sie ist eine eifrige Schülerin. Ich schleife nur an ihrer Oberfläche. Den Kern, Visconte, lasse ich unberührt.«

Angelo da Matranga lächelte zufrieden. »Gut, so soll es auch sein. Aber ich bitte Euch sehr, dafür zu sorgen, dass Laura stets Freude an allem hat. Und – vor allem -, dass sie so bleibt, wie sie ist.«

»Gewiss, Visconte. Aber ich denke, bis zum großen Ball nach den Passionsspielen wird sie so weit sein, dass die ganze Stadt den Atem anhält.«

»Oh, das befürchte ich auch«, gab der Visconte zu und dachte dabei an Beatrice.

Brennendes Schicksal
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