21
Kiril musterte geschwind ihre Fänger, während sie in eine Reihe mit den restlichen Gefangenen gestoßen wurden. Die Nacht verbarg die Gesichtszüge des einen, von dem Barthel gesagt hatte, er sei kein Mensch. Das Ding ging zur hintersten Linie der bewaffneten Wächter und flüsterte mehreren uniformierten Männern Anweisungen und Befehle zu. Es regte seine Glieder mit merkwürdig ruckartigen, krampfhaften Bewegungen, und seine Kleidung, die locker um es schlotterte, bildete ungewöhnliche Buckel und Einbuchtungen aus, wenn der Wind daran zerrte.
Jene Zelte, die nicht verbrannt waren, wurden nun durchsucht. Sporadisches Gewehrfeuer setzte immer noch Akzente im Wind. Die ungeschlachten Flugschiffe pfiffen und summten. Eine Rampe wurde vom nächstgelegenen Fahrzeug herabgelassen, und man trieb die erste Reihe der Gefangenen, darunter auch Kiril, in ein dunkles Heckabteil. Barthel und Bar-Woten standen in der nächsten Reihe und kamen nicht an Bord dieses Fahrzeugs.
Das Abteil war gerammelt voll und stank nach Angst. Einige wenige Lichter flackerten über ihren Köpfen vor sich hin, weiße Streifen in der niedrigen Decke, und sie sahen, daß der Boden gepolstert war. Sitze säumten die Wände. Jene, die sich setzen konnten, taten es. Außer Kiril war niemand von der Dreizack in der Gruppe. Er hockte sich auf dem Bodenbelag hin und rieb sich das Gesicht mit den Händen. Als er die Finger wegnahm, waren sie feucht vor Tränen. Er fühlte sich, als würde er am liebsten sterben, so durcheinander war er.
Die Maschinen unter ihnen husteten, schienen zu lachen, stimmten dann ein Röhren an, das den Körper klimpern ließ. Das Gefährt schlingerte und hob ab. Die Maschinen winselten schriller.
Irgendwann während der nächsten paar Stunden schlief er ein. Er erwachte in einem Geschiebe von Körpern und kämpfte sich aus Alpträumen über Massaker frei. Die meisten der Gefangenen atmeten langsam, rhythmisch, ein Meer von Fleisch, das sanft wogte. Er wischte sich den Schlaf aus den Augen und feuchtete die Finger an, um die Spuren von getrockneten Tränen auf seinen Wangen auszulöschen. Ein paar eulengleiche Augen erwiderten von der gegenüberliegenden Seite des Raumes sein Starren, aber die meisten der Gefangenen waren verloren in blindem, fluchtreichem Schlummer.
Er mußte urinieren. Der Druck war beinahe unerträglich. Er überkreuzte seine Beine und mahlte mit den Zähnen, um die beharrlichen, scharfen Stiche zum Schweigen zu bringen. Es lag bereits Uringeruch von anderen in der Luft. Er spürte einen kleinen, schwachen Brechreiz, was ihn daran erinnerte, daß er immer noch einen Magen hatte und eine ganze Zeit nichts gegessen hatte. Wenigstens wiegte sich das fliegende Schiff nicht mit dem Wasser – wenn sie überhaupt noch über Wasser waren.
Er stand auf, ohne jene zu stören, die rings um ihn hingestreckt lagen, reckte die Arme und spannte seine Beinmuskeln. Er konnte die Decke berühren. Mit einem Finger ertastete er einen Lichtstreifen. Er war warm, aber nicht heiß. Er dachte an Barthel und Bar-Woten. Vielleicht waren sie schon tot, und er war allein auf sich angewiesen. Es fiel ihm schwer, das zu akzeptieren. Er hatte so viel Kraft von den beiden erhalten, trotz ihrer Differenzen!
„Wir sind jetzt schon seit sechs Stunden unterwegs“, sagte ein Mann auf der anderen Seite der Kabine. Kiril erkannte den Wärter des Behelfsgefängnisses. Über dem Auge hatte er einen länglichen Bluterguß, und er hielt einen Arm so, als handele es sich um ein Baby. „Sind Ihre Freunde entkommen?“
Kiril schüttelte den Kopf. Verunsichert wandte er seinen Blick von dem Wärter ab. „Ihre Freunde haben mir nicht sehr weh getan“, sagte der Mann. „Aber diese Bastarde – ich glaube, die haben mir den Arm gebrochen.“
Er schien keinen Groll zu hegen, aber Kiril hielt es immer noch für das Beste, fortan jeden und alles als Feind zu betrachten. Er spürte, es lag in seiner Kraft zu töten, wenn er mußte – etwas, das er nie zuvor gekannt hatte. Er beugte und streckte seine Finger und blickte sie sinnend an.
Falls Bar-Woten und Barthel tot waren, würde er sich selber schützen müssen. Er war nicht länger ein Mündel, ein Amateur. Er war ein eingesperrtes Tier.
Das Winseln der Aggregate veränderte sich. Das Fahrzeug neigte sich vor, wiegte sich dann zurück. Er purzelte hin, als sie abbremsten.
Nun erwachten auch die anderen Gefangenen. Fragensalven prasselten hin und her. Ein Mann und eine Frau umarmten einander voller Freude, blickten dann um sich wie in die Ecke getriebene Karnickel.
Die Maschinen stoppten. Das Gefährt kam mit einem sanften Bumsen zur Ruhe. Das Luk öffnete sich, und blendendes Tageslicht strömte herein, gegen das sich die Umrisse von fünf bewaffneten Wachen abzeichneten. Die Gefangenen wurden aus dem Fahrzeug die Rampe hinuntergetrieben; sie traten hinaus in weichen Schnee, der grauen Beton deckte. Schiefergraue Berge erhoben sich auf drei Seiten, und zur vierten hin erstreckte sich eine weite, wellengeflockte Wasserfläche. Zu ihren Häuptern dräute eine Bank hastig dahineilender Wolken, die sich um die Berge herum auftürmten und Winduntertassen in ihrem Lee skulptierten. Kirils Herz hüpfte angesichts des herbfrischen Geruchs der Luft – Wälder und kühle, ausgedehnte Strände, Seengeruch, Regengeruch … Das Land war zur gleichen Zeit schrecklich und schön, die Berge unwirklich und rauh mit ihrem schwarzen, ausgezackten Fels und den verkrüppelten Bäumen, der Wind wie ein Hagel von Eiszapfen. Schnaubend und pustend schlugen sich die Gefangenen mit den Armen und bliesen ihre Backen auf, in dem Versuch, sich warmzuhalten. Die Wachen hielten ihre schlanken Gewehre erhoben und schußbereit.
Die dreißig wurden auf dem Beton und Schnee in zwei Linien aufgereiht und stehengelassen, bis sie blau waren.
Ein zweites Fahrzeug kletterte aus dem Wasser des Sees und wischte über die Betonschürze, bis es sich neben dem ersten niederließ. Ein drittes folgte, und beide spien Ladungen von Gefangenen aus. Diese mußten zwanzig Meter hinter Kirils Reihe Aufstellung nehmen. Kiril verdrehte den Kopf, um nach Bar-Woten und Barthel Ausschau zu halten. Er vermeinte den Khemiten zu sehen, konnte aber nicht sicher sein. Er fürchtete sich, sich umzudrehen. Seine Zähne klapperten, bis sie seine schmerzenden Augen aus den Höhlen zu rütteln drohten. Seine Ohren waren taub vor Kälte, und wenn er sie mit seinen in der Armbeuge gewärmten Fingern berührte, brannten und kribbelten sie.
Lastwagen mit segeltuchgedeckten Ladeflächen rollten auf das Feld und blieben mit leerlaufenden Motoren stehen, wobei sie weißen Rauch aus nahe des Fahrerhauses angebrachten Schornsteinen rülpsten. Kiril sah die verhüllte Gestalt eine Leiter aus dem zweiten Hovercraft herunterklettern. Unter ihrer dunklen Kapuze trug sie eine silberne Maske. Zwei Männer berieten sich mit dem Ding, nahmen dann seine Arme und führten es zum Fahrerhaus des Lastwagens. Es nötigte sie, noch einmal stehenzubleiben, und wandte sich um, um auf die Reihen der Gefangenen zu deuten. Seine Hand, sah Kiril, war behandschuht. Unter dem silbrigen Geflecht des Handschuhs konnten sich nur drei Finger verbergen, wenn nicht mehr als ein Finger in jedem Handschuhfinger stak. Er fühlte, wie ein Zittern ihn durchlief, das mehr als nur ein Frösteln von der Kälte war. Wo konnte solch ein Ding hergekommen sein? Vielleicht, beruhigte er sich selbst, war es nur ein Mann, den man seltsam ausstaffiert hatte, damit er durch sein Aussehen die Gefangenen einschüchterte. Aber sein Gang war auf so authentische Weise anders, daß er bezweifelte, es sei menschlich.
Die Wachen machten den Gefangenen mit ihren Gewehren Beine und trieben sie auf die Ladeflächen der Laster. Dort, in den zugigen Segeltuchtunnels, saßen sie, bis die Klappen geschlossen wurden und die Laster anruckten. Dann stürzten sie los, um aus den Öffnungen zwischen den Seitenborden und der Persenning zu spähen.
Kiril erkämpfte sich einen Platz, von dem aus er sehen konnte, wie die Betonpiste unter ihnen verschwand und sich in eine felsige, eisüberkrustete Straße verwandelte.
„Wir werden vom Fahrerhaus aus überwacht“, hieß es. „Sie haben Gewehre auf uns gerichtet!“
„Vielleicht können wir hinten herausschlüpfen“, schlug eine Frau vor. Sie stand auf, um nachzuschauen, ob die Segeltuchbördel über der hinteren Ladeklappe festgezurrt waren, wurde aber von einem plötzlichen Ruck zurück auf ihren Platz geschleudert.
„Wir fahren zu schnell“, sagte ein Mann. „Wir könnten getötet werden!“
„Wir werden sowieso getötet werden“, sagte der Gefängniswärter. „Wißt ihr, wer diese Leute sind? Sie sind aus dem Osten …“ Er sagte das Wort, als sei es gleichbedeutend mit dem Bösen.
„Das wissen wir noch nicht“, sagte ein anderer.
„Wer sonst könnte Maschinen wie diese hier bauen als die, die unsere Bibliotheksstädte mit Raketen beschossen haben?“
„Es mag noch andere geben, aber selbst wenn, sie versuchen doch alle nur, uns zu vernichten“, meldete sich eine Frau nahe der Ladeklappen zu Wort. „Wir müssen ihnen entkommen und kämpfen!“
Kiril hörte interessiert zu. „Zwei Gleiche“, murmelte er bei sich. „Sie müssen es auskämpfen.“
Aber es war nicht nur ihr Kampf. Mit Geräten wie den Feuergewehren und den fliegenden Schiffen würde es nicht lange dauern, bis die Bewohner ganz Hegiras sich einer wildverwegenen Jagd gegenübersahen. Es würde eine Neuauflage von Bar-Wotens Langem Marsch werden – nur daß sich die Ibisier daneben wie übermütige Kinder ausnahmen.
Er erinnerte sich der Bibel und dachte an Cain und Abel. Cain bedeutete ‚Schmied’ oder ‚Verfertiger von Werkzeugen’. Der Werkzeugschmied erschlug seinen Bauernbruder, weil Gott des Bruders Opfer gnädiger anschaute. Jetzt, an einem anderen Ort und zu einer erheblich anderen Zeit, gewannen wieder jene mit den besseren Werkzeugen – grad so, wie der Tiger mit den geschwinderen Klauen die Vorherrschaft im Walde erringt. Gnade, Freundlichkeit, Anmut und Schönheit hatten mit der menschlichen Existenz in solch toll gewordenen Zeiten nichts zu tun. Er schüttelte den Kopf. Er war so weit von dem allen entfernt, so abgetrennt davon in Geist und Wesensart – und doch wünschte er sich heiß, mit einem Teil seiner dunkleren Seele, daß er die feinsten Geräte von allen besäße. Geißel und Landplage, würde er sich seinen Weg zum Wall bahnen, wie eine Flut von Katzen, die durch ein Mäusedorf brandet – eine Flut streunender Katzen. All die streunenden Katzen leckten jetzt an ihm, hakelten ihn mit ihren Krallen, zerrten die durchweichten Papierbögen weg, die er um sich gewickelt hatte, um sich warmzuhalten. Sie miauten und schnurrten und rieben sich an ihm …
Er hob mühsam den Kopf und schlang die Arme um sich, um seinem Zittern Einhalt zu gebieten. Er erfror – sie alle erfroren. Stiller und stiller wurden sie, die Augen glasig, die Gesichter blau, die Lippen purpurn. Der Laster bleib mit einem Ruck stehen.
Sich kaum bewußt, wohin er ging, folgte Kiril der stolpernden Schar der Gefangenen eine abschüssige Rampe hinunter in einen Betonkorridor. Die Wachen rempelten die langsamen, bis sie wieder in Tritt kamen und hinterdreinschlurften. Kirils Füße waren taube Stümpfe.
Aber es war warm! Warme Luft strömte ihnen wie eine Begrüßung entgegen, als eine innere Tür sich öffnete, und sie lehnten sich in die belebende Brise, als wäre sie das Leben selbst. Stöhnend, weinend und vor Schmerz grunzend wurden sie in einen schmalen, graugrünen Warteraum gestoßen. Kiril fühlte seine Hose krachen, dann feucht werden. Er hatte uriniert, und der Urin war auf seinen Hosenbeinen gefroren. Es war ihm egal.
Er ließ sich hinplumpsen und grinste und streckte die Beine aus, wie die anderen auch. Aber nach ein paar Minuten verwandelte sich ihre Freude in Elend. Ihre Glieder begannen zu tauen, und mit jedem Eindringen von Wärme stach eine gestrenge Nadel nach ihren Knochen. Dann verkrampften sich ihre Muskeln, und sie schrien laut ihre Pein heraus.
Andere Gefangene folgten. Barthel kam durch die Tür, sein Gesicht verstört und von bleichem Oliv, und hinter ihm ein Mann mit einer Augenklappe. Sie lebten beide noch! Kiril verspürte das Bedürfnis, sie mit lauten Freudenschreien zu begrüßen, aber seine Zunge ließ seine Worte nicht auskommen. Mörderischer Durst quälte ihn.
Nie in seinem ganzen Leben hatte er sich elender gefühlt. Aber jedes kleine zusätzliche Elend, welches ihn für sich genommen schwach und krank gemacht hätte, schien die Gesamtsumme eher zu verringern. Er schien aus seinem Schmerz und Unbehagen Stärke zu ziehen.
Es war den Gruppen nicht gestattet, sich zu vermischen. Sie wurden an den gegenüberliegenden Wänden hochgestoßen, und man befahl ihnen, sich gerade hinzustellen, wenn sie nicht die Beine verlieren wollten. Eisenstäbe schnellten aus der Decke und umschlossen sie, so daß ihnen gerade eben genug Raum blieb, flach gegen die Wand gepreßt zu stehen. Sie konnten nichts tun, als zu ihren Gefährten in dem anderen Käfig hinüberzublicken. Bar-Woten streckte die Hand nach Kiril aus und gestikulierte schwach. Ein Posten hieb mit dem Gewehrkolben darauf.
Schläuche voller lauwarmen Wassers wurden auf sie gerichtet. Die Luft erfüllte sich mit Dampf, als das Wasser gegen die kalten Wände sprühte. Blut, Schmutz, Urin und Kot wurden von den Gefangenen abgewaschen und strudelten durch die Abflüsse in der Mitte des Raumes davon.
Kiril schätzte, daß an die hundert von ihnen hier waren. Nun erschauerten sie wieder in der Nässe und schrien ob des Schmerzes beim Auftauen. Kiril fand sich plötzlich hoch droben auf einer Ebene ruhiger Losgelöstheit. Er schaute auf die Gefangenen und ihre Fänger hinab und sah nur närrische, belangslose Tiere. Und was war dann er? Auch ein Tier, zeitweise aus der Sorge um seinen Leib aufgerüttelt, vielleicht, um an einem höheren Sinn für Humor teilzuhaben. Sie sahen alle lächerlich aus – wie sie da von lächerlich beschränkten Talenten heraufbeschworene Amateurrollen schauspielerten.
Konnte er sich etwas Besseres ausdenken? Nein, gestand er sich ein. Er war keinen Deut besser. Bloß weniger blind.
Eine zweite Dusche wurde über sie geleitet, beißend vor Desinfektionsmitteln. Durch eine andere Tür wurden Gebläse und Heizstrahler hereingebracht. Zuerst wurden die Heizungen angeschaltet, dann die Gebläse.
Als es vorbei war, war ein Drittel von ihnen tot. Mühsam zog Kiril sich aus einem treibenden Dunst hoch und schaute auf die Mitte des Raumes. Die Gestalt in dem Umhang stand dort und sprach mit einem uniformierten Mann. Das Gesicht des Mannes zeigte eine Mischung aus Unterwürfigkeit und Widerwillen. Seine Mundwinkel kräuselten sich halb feixend, halb zähnefletschend abwärts. Er sagte etwas, das Kiril nicht hören konnte.
Die Gestalt gestikulierte mit einem verhüllten Arm, und die Gebläse und Heizstrahler wurden hinausgeschafft. Der Offizier trat vor die gegenüberliegende Reihe von Gefangenen, wobei er scheu einen flüchtigen Blick auf die in den Gittern hängenden Leichen warf. Er sprach, zuerst in der melodischen Sprache der Völker des Walls, dann in lautem, klarem Teutanisch.
„Einige von euch könnten wichtig für uns sein.“
„Ich!“ rief ein Mann. „Ich erzähle euch alles!“
Der Blick des Offiziers wurde verächtlich. „Man wird euch Fragen stellen. Sie erfordern ganz spezielle Antworten – die richtigen Antworten.“ Der Offizier lächelte. „Wenn ihr nicht richtig antwortet, dieser Mann ist ein Dämon. Ihr habt seine Gestalt bemerkt? Er kommt aus der Hölle, nicht aus dem Schoß einer Frau. Er wird eure Herzen rösten, als ob sie auf einem Bratspieß steckten. Ich hoffe, ihr versteht.“
Die Gestalt in dem Umgang wandte sich der Wand Kiril gegenüber zu und fing an einem Ende an. Ihre zischende Stimme schnitt durch die plötzliche Stille wie das Zischen einer Schlange.
Kiril kämpfte darum, bei klarem Bewußtsein zu bleiben, aber er konnte es nicht. Sein Gesichtsfeld verengte sich. Er sah alles wie durch eine sturmdurchtoste Höhle, zog sich mit jeder Sekunde weiter zurück, bis das Brausen ihn von dem entschwindenden Licht wegtrug.
„Und du“, fragte die Stimme. „Du bist auch von sehr weit her, nicht wahr?“
Kiril blickte auf. Er wischte ein Speichelrinnsal vom Unterkiefer, während er in die silbrige Maske starrte. „Elena“, sagte er weich.
„Wie weit von hier lebst du?“
„Mediwewa“, antwortete er. „Sehr weit.“
„Einfach bloß ein Seemann, der weit gereist ist? Oder hat dich etwas genötigt, hierher zu kommen?“
„Etwas“, sagte Kiril. „Elena. Nehmt Eure Maske ab.“
„Was hat dich hierhergebracht?“
„Ihr.“
„Nicht ich. Etwas ganz Spezielles.“
Kiril sah Barthel und Bar-Woten in der Mitte des Raumes stehen, unter strenger Bewachung durch drei Posten.
„Ich mußte dich retten. Sie retten.“ Er war sich jetzt bewußt, mit wem er sprach.
„Sie?“
„Mein einzig Lieb.“ Das war heuchlerisch, dachte er. Die Selbstanklage hallte wider und verschwand.
„Ah.“ Die Gestalt vollführte eine Geste.
Der Käfig öffnete sich. Als er fiel, wurde er von weichen Armen aufgefangen und zu seinen Gefährten geführt.
„Habt Ihr gesehen, wo wir sind?“ fragte Bar-Woten. Ein Wächter brüllte ihn an. Er starrte zurück. „Wir sind im Land Des Walls!“
Der Wächter hob sein Gewehr, und Bar-Woten wich mit erhobenen Händen zurück, ihn beschwichtigend.
Der Wall.