16

Bertha Cool fand uns in der Sonnenveranda. Sie sah mich an und sagte: »Donald, ich würde einen Besen fressen, wenn ich wüßte, wie du das gemacht hast.«

»Hat er gestanden?«

»Nein, aber die Fingerabdrücke stimmen überein. Die Beamten haben bei ihm eine Pistole gefunden, die sie für die Mordwaffe halten. Haben das Ding sofort in die Ballistikabteilung geschickt.«

Alta klopfte mir auf die Hand.

Bertha stand vor uns und betrachtete uns wie aus großer Höhe. »Gut jetzt, Donald, mach Schluß hier, das Weitere ist Sache der Polizei. Wir fahren gleich zurück.«

»Wohin denn zurück?« fragte Alta.

»An die Arbeit«

»Aber er hat doch hier noch zu tun!«

»In diesem Fall nicht mehr, der ist ja nun geklärt.« Gemessen schritt sie aus der Veranda.

»Wollen wir mal etwas suchen?« fragte ich Alta.

»Was denn?«

»Diese Briefe. Es gibt eine Stelle, wo sie vielleicht sein könnten.«

Besorgt blickte sie schnell um sich, ob auch keiner zuhörte. »Wo?« fragte sie 'eise.

»Steht Ihr Wagen draußen?« fragte ich.

»Ja.«

Wir entfernten uns unauffällig durch die Hintertür, stiegen ein und fuhren aus dem Hof.

»Donald, sagen Sie mir doch bitte, wie Sie die Sache aufgeklärt haben.«

»Es war blöd von mir«, sagte ich.

»Sie und blöd?«

»M-hm.«

Sie lachte.

»Zu kombinieren war folgendermaßen: Den Mord hielt ich nach allen Anzeichen von Anfang an für eine interne Affäre. Esther Clarde wußte, in welche Hände die Briefe wechselten — wußte alles, was sich in dem Personenkreis abspielte. Als die Polizei mich zu ihrer Wohnung brachte, hätte sie um ein Haar die Beamten in ihr Wohnzimmer gelassen. Da entdeckte sie mich und entschied sich, die Unterredung gleich auf dem Vorplatz zu führen. Ich schloß daraus, daß sich in ihrer Wohnung jemand aufhielt, den ich kannte, und daß es kaum ein anderer als Robert Tindle sein konnte. Den hatte ich sowieso als Urheber des ganzen Komplotts in Verdacht, doch das wollte nicht richtig hinhauen. Den logisch wahrscheinlichsten Täter hatte ich übersehen.«

»Wie soll ich das verstehen? Doch nicht so, daß Carter in mein Zimmer eingedrungen ist und —«

»Nein«, sagte ich, »Ihre Stiefmutter. Geht Ihnen kein Licht auf? Im Grunde waren doch Sie diejenige, bei der sich Ihr Vater heimisch fühlte. Als Sie verreist waren und er allein zurechtkommen mußte, wurde ihm die Einsamkeit sehr bald zur Qual. Mit Ihnen hat er darüber nicht gesprochen, weil er meinte, er müsse Sie nach Ihrer Fasson leben lassen, zumal er damit rechnen mußte, daß Sie früher oder später heiraten würden und er dann sowieso allein gewesen wäre. Durch eine zweite Ehe wollte er sich wieder ein richtiges Heim schaffen. Und erst als Sie zurückkehrten, wurde ihm so richtig klar, wie sehr er sich in seiner zweiten Frau getäuscht hatte. Ihre Stiefmutter durchschaute die Situation sehr schnell. An den kleinen Aufmerksamkeiten, die Sie Ihrem Vater entgegenbrachten, erkannte sie, wie die Dinge standen.«

»Sie meinen, daß sie sich die Briefe verschaffte?«

»Ja.«

»Weshalb?«

»Um Sie in den Gattenmordprozeß Lasster zu verwickeln und sie gesellschaftlich unmöglich zu machen.«

»Und was machte sie mit den Briefen?«

»Die gab sie Carter, zur Weiterleitung an den Untersuchungsrichter. Carter händigte sie Jed Ringold aus, weil er die Verbindung nicht selbst, sondern durch einen Dritten herstellen wollte. Ringold witterte eine Chance, sich um zwanzig Tausender zu bereichern und außerdem eine Anzahl von Briefen fürs Gericht in Reserve zu behalten. Er verlor das ganze Geld beim Spiel, und da beschloß er, auch aus den restlichen Briefen Geld zu machen.

Ihr Vater hatte von Ihren großen Geldausgaben Wind bekommen, und Ihre Stiefmutter, die ihn auszuhorchen verstand, erfuhr das auch. Carter stellte fest, daß Ringold Ihre Stiefmutter betrog. Sie wollte ja die Briefe der Staatsanwaltschaft zuführen; Carter hingegen wollte nur einen Teil dort hinleiten. Er einigte sich nun mit Ringold, die Sache zu verzögern, weil Ringold noch einen Bluff vorbereitete. Der machte jedoch den Fehler, es zu weit zu treiben.«

»Ich sehe noch nicht ganz klar«, sagte Alta.

»Crumweather«, fuhr ich fort, »wußte natürlich von diesen Briefen, durch Lasster. Wenn einer unter Mordanklage ins Gefängnis kommt, berichtet er seinem Anwalt alles. Crumweather wollte sichergehen, daß diese Briefe vernichtet wurden. Er nahm verständlicherweise an, daß Sie selbst das schon getan hätten, wollte aber unbedingt Gewißheit darüber haben.

Crumweather kannte Carter, denn er machte Geschäfte mit ihm, und da Carter Zugang zu Ihrem Hause hatte, überzeugte er ihn, daß er einer gerechten Sache diene, wenn er sich vergewissere, daß die Briefe vernichtet waren.

Carter muß darüber mit Ihrer Stiefmutter gesprochen haben, die nun die Chance erkannte, Crumweather übers Ohr zu hauen, Sie in einen Skandal zu verwickeln und Ihnen das Leben so zu verbittern, daß Sie vielleicht ins Ausland gehen würden und sich nie wieder hier blicken ließen.

Sie also ging in Ihr Zimmer, stahl die Briefe und gab sie Carter mit der Weisung, sie keinesfalls Crumweather auszuhändigen, sondern es unbedingt so zu arrangieren, daß sie in die Hände der Staatsanwaltschaft gerieten.

Carter war, als Mrs. Ashbury ihm diesen Auftrag gab, durchaus bereit, Crumweather zu hintergehen, fand aber die Gelegenheit recht günstig, dabei auch Geld in die eigene Tasche zu lenken. Er händigte die Briefe nun Ringold aus, indem er ihm sehr geschickt vorschwindelte, wodurch auch Ihnen gegenüber glaubwürdig erklärt wäre, warum Sie die Briefe in drei Raten zurückhaben sollten. Der geheime Plan aber war, Ihnen nur zwei Päckchen Briefe zu verkaufen und das dritte ins Gericht zu leiten. Somit hätten Ringold und Carter zwanzigtausend Dollar unter sich teilen und überdies den Wunsch Ihrer Stiefmutter erfüllen können. Natürlich wollte man dem Gericht die im Sinne der Anklage verfänglichsten Briefe überlassen.

Ringold jedoch entschloß sich, alle Beteiligten zu begaunern. Er sah nicht ein, weshalb er das letzte Briefpäckchen dem Gericht übergeben und sich mit einem bloßen Dank der Staatsanwaltschaft, für die er sowieso nichts übrig hatte, begnügen sollte.

Als er sich klarmachte, daß Carter den Betrug sehr schnell merken würde, wußte er zunächst nicht, wie er's deichseln sollte. Schließlich kam er auf eine ihm völlig sicher scheinende Methode. Er wollte Ihnen geschickt vorspiegeln, daß Sie die letzten Briefe erworben hätten, wollte schnell Ihren Scheck kassieren und die Briefe dann doch noch ans Gericht weiterleiten.

Carter aber traute Ringold nicht über den Weg, und Ihrer Stiefmutter fiel diese Verzögerung der Aktion auf. Bei ihrem Gespräch mit Carter, das Sie zufällig teilweise mithörten, hatte sie Carter gedrängt, sich zu beeilen, um Sie auf jeden Fall in den Prozeß hineinzuziehen.«

»Und wie wurde der Mord begangen?« fragte Alta.

»Carter hatte nicht die Absicht, jemanden zu töten, wußte aber, daß Sie sich mit Ringold treffen würden. Da er dem schon mißtraute, nahm er sich in einem anderen Teil des Hotels ein Zimmer, stellte fest, daß 421 unbesetzt war, öffnete mit einem Dietrich das Schloß an der Verbindungstür und versteckte sich im Bad. Er beobachtete, was er wissen wollte, und wollte dann hinausschleichen, doch in der Zwischenzeit war ich ins Nebenzimmer eingezogen und hatte die Verbindungstür zugeschlossen. Er konnte nicht mehr zurück. Ringold ertappte ihn im Baderaum und — Carter schoß sich den Weg frei.

Tatsächlich hat er sich dann selbst verraten. Allzusehr bemüht, Sie in die Enge zu treiben — indem er Ihnen sagte, er hätte Sie zur Mordzeit nahe beim Tatort gesehen —, vergaß er vollkommen, daß er damit zugab, selbst auch dort gewesen zu sein.«

»Er gibt aber nichts zu. Meine Stiefmutter will ihm einen Anwalt besorgen, sie wollen bis zum Äußersten gehen«, sagte Alta nachdenklich.

»Sollen sie nur.«

»Aber kommen dann nicht die Briefe doch noch in den Prozeß?«

»Nur, wenn es der Staatsanwaltschaft gelingt, sie in ihren Besitz zu bringen.«

»Und wo sind sie jetzt?«

»Überlegen Sie bitte mal folgendes«, sagte ich. »Carter weiß nicht, wo die Briefe sind. Esther Clarde, durch deren Hände das von Ihnen gezahlte Geld lief, weiß es nicht, und Crumweather weiß es ebenfalls nicht.

Ringolds Hotelzimmer ist durchsucht worden, und zwar auf radikale Weise. Ringold hatte, als er zuletzt ins Hotel kam, die Briefe bei sich. Er verließ es aber nicht wieder, also müßten die Briefe im Hotel sein.«

»Donald, worauf wollen Sie hinaus? Daß meine Briefe in einem anderen Zimmer versteckt sind?«

»Vielleicht«, sagte ich, »aber wie ich Ringold einschätze, war er zu klug, das zu riskieren.«

»Wo soll er sie denn gelassen haben?«

»Das eben werden wir feststellen.«

Ich fuhr zur Post, ging an den Schalter mit den Buchstaben Q bis Z für lagernde Sendungen, und sagte: »Bitte die Post für Jack Waterbury.«

Der Postbeamte blätterte einen Stapel Briefe durch und reichte mir ein dickes Kuvert mit der Adresse »Jack Waterbury, hauptpostlagernd«.

Sobald ich wieder im Wagen saß, gab ich es Alta. »Sehen Sie mal nach, ob es das ist, was Sie haben wollen«, sagte ich.

Sie riß das Kuvert nur an einer Ecke auf und blickte hinein. Von ihrem Gesicht las ich ab, was sie dachte.

»Donald, wie haben Sie das nur wissen können?«

»Nur auf einem einzigen Wege konnte Ringold die Briefe weggeben oder loswerden. Nämlich durch die Postrutsche, die auch dieses Hotel auf jeder Etage hat. Als Sie oben bei ihm waren, hatte er die Briefe in der Tasche. Wenige Minuten später, als er erschossen wurde, hatte er sie nicht mehr, denn der Mörder hat sie nicht bekommen, und Crumweather auch nicht. Esther Clarde weiß ebenfalls nicht, wo sie geblieben waren — also gab es nur diese eine Möglichkeit, daß er sie in den Schacht für die ausgehende Post geworfen hatte.

Solange sie bei ihm im Zimmer waren, hat er sich nicht gerade wie ein Kavalier benommen, doch als Sie gehen wollten, überstürzte er sich fast vor Eile, zum Vorplatz zu kommen, um für Sie nach dem Lift zu klingeln.

Und zwar tat er das, weil der Postschacht sich dicht beim Fahrstuhl befindet. Er wollte das Kuvert mit Ihren Briefen, sobald der Fahrstuhl, den Sie benutzten, außer Sicht war, dort einwerfen.«

»Ich verstehe nicht, wieso Crumweather damit zu tun hat.«

»Der hatte mich zuerst hinters Licht geführt«, erklärte ich weiter. »Als Lassters Verteidiger hatte er seinen Klienten natürlich auch nach dessen Beziehungen zu Frauen gefragt, und Lasster gab ihm entsprechende Auskunft über Sie und die bewußten Briefe. Crumweather wollte diese nun unbedingt haben und bat Carter um Mithilfe. Carter unterrichtete Ihre Stiefmutter davon, die ihm versprach, die Briefe herbeizuschaffen. Und das tat sie ja dann auch, sie sah aber nicht ein, warum sie Ihnen aus der Zwickmühle helfen sollte, indem sie die Briefe an Crumweather gelangen ließ. Das übrige wissen Sie ja selbst. Sie war überzeugt, die Briefe gingen an die- Staatsanwaltschaft. Carter und Ringold wollten zwanzigtausend Dollar aus ihnen schlagen und erst dann dieses dritte, letzte Päckchen dem Gericht zuleiten. Crumweather ist anscheinend auf den Gedanken, daß er hintergangen wurde, erst nach dem Mord gekommen. Esther Clarde teilte ihm nämlich telefonisch mit, was geschehen war. Er wurde natürlich fuchsteufelswild, denn die Briefe wollte er unbedingt haben, bevor sie an die Staatsanwaltschaft gelangen konnten.«

»Das grenzt ja an Zauberei, wie Sie kombinieren können«, sagte sie.

»Zauberei? Von mir? Nein. Ich müßte eigentlich eine Buße zahlen, weil ich mit einer falschen Voraussetzung begonnen hatte. Ich hatte nämlich angenommen, daß Crumweather von Anfang an in dieser Intrige steckte. Ich glaubte, er hätte eine günstige Gelegenheit gesehen, Ihnen die Briefe für dreißigtausend Dollar zu verkaufen, damit Sie diese dann verbrennen konnten. Offenbar war er aber an dem Schwindelgeschäft nicht beteiligt, sondern wurde von Carter und Ringold überfahren.«

»Wie konnte er sich aber jetzt bereit erklären, Carter zu verteidigen?«

»Reine Geldfrage«, sagte ich.

Sie überlegte ein Weilchen. »Und woher wußten Sie die Adresse, die auf dem Kuvert stehen mußte, als Sie am Schalter für postlagernde Sendungen rückfragten?«

»Das war Ringolds richtiger Name. Den habe ich gestern abend von Esther Clarde erfahren.«

»Dann ist Ihnen der Gedanke an die Postrutsche erst nachher gekommen?«

»Ja.«

»Und Carter hat nicht gewußt, daß Ringold mir dieses Päckchen Briefe verkaufen wollte?«

»Nein, Ringold machte das auf eigene Faust. Carter mißtraute ihm zwar, beugte aber nicht vor. Ihm lag jedenfalls sehr daran, bei der Aufgäbe, dem District Attorney zumindest einen Teil der Briefe in die Hände zu spielen, nicht zu versagen, denn Ihre Stiefmutter bedeutet ihm mehr als Crumweather.«

Wieder grübelte sie ein paar Sekunden, bevor sie fragte: »Wohin bringen Sie mich jetzt?«

»Zum Commons Building. Ich will dort mit Mr. Fischlers Sekretärin sprechen«, sagte ich grienend. »Das heißt ihr einschärfen, daß sie unbedingt zehntausend Dollar kassiert, bevor sie gewisse Aktien und Optionen einer Goldbaggereifirma herausgibt.«

»So viel wollen Sie denen abknöpfen, Donald?« fragte Alta.

»Ja, soviel sich herausquetschen läßt.«

Als wir das >Verkaufsbüro Fischler< betraten, schob Elsie Brand hastig eine Zeitschrift in ihre Schreibtischlade. »Ach, Sie sind's«, sagte sie.

Ich machte sie mit Alta Ashbury bekannt, die ihr, wie ich sah, sofort imponierte.

»Wenn dieser Aktienhändler kommt, Elsie«, sagte ich, »dann bestellen Sie ihm, daß Mr. Fischler zu einer auswärts stattfindenden Konferenz abgereist ist; daß er Sie in etwa einer Viertelstunde anrufen will, Sie ihm dann etwaige Nachrichten telefonisch übermitteln können; daß er nur durch Sie und keinen anderen informiert sein will und selbst erst in zwei bis drei Tagen wieder im Büro sein wird.«

Sie hatte rasch ihren Stenogrammblock aus dem linken Schreibtischfach genommen und machte sich ein paar Notizen. »Sonst noch etwas?« fragte sie.

»Er wird Sie bitten, mich gleich anzurufen und mir etwas zu bestellen. Zwanzig Minuten später schon können Sie ihn wieder anrufen — egal, wo er dann erreichbar ist — und ihm sagen, ich sei bereit, alles Geschehene zu vergessen und die Dokumente gegen Zahlung von zehntausend Dollar — aber keinen Cent weniger — zurückzugeben.«

»Noch etwas?«

»Das wäre an sich alles. Sagen Sie ihm noch, daß ich die zehntausend unbedingt in bar verlange; daß Sie mir die nötigen Papiere zur Unterschrift zuleiten und sie dann in Berthas Büro zu treuen Händen hinterlegen werden.«

»Das ist alles, ja?«

»Ja, ist alles«, sagte ich. Und zu Alta: »Würden Sie mit in mein Büro kommen?«

Sie nickte.

Wir gingen hinein. Als ich die Tür schloß, bemerkte ich Elsies fragenden Blick. »Ich möchte jetzt nicht gestört werden«, sagte ich.

Alta setzte sich auf die Polsterbank dem Schreibtisch gegenüber, und ich nahm neben ihr Platz.

»Das ist also Ihr Büro, Donald?« fragte sie.

»M-hm.«

»Wozu haben Sie sich das zugelegt? Doch sicher für einen bestimmten Zweck?«

»Nur, um mal eine Stichprobe mit Goldaktien zu machen«, sagte ich.

Sie sah mich nachdenklich an und sagte: »Sie ziehen das alles sehr geheimnisvoll auf.«

»Eigentlich kaum.«

»Und ich soll über diese Briefe schweigen?«

»Ja, vollkommen. Zu niemandem etwas davon sagen. Zeigen Sie mir doch mal das Kuvert.«

Sie händigte es mir aus. Ich verbrannte die Briefe einen nach dem andern, ganz sorgfältig, und zermalmte die Asche auf einer Steinfliese nahe dem Waschbecken.

Gerade war ich mit dem letzten Brief fertig, als im Vorzimmer schwere Schritte und allerlei Geräusche hörbar wurden, und schon stieß Bertha Cool meine Tür auf. Dicht hinter ihr erschien Henry Ashbury.

Bertha sagte: »Donald, mein Bester, warum hast du mir denn nicht gesagt, wohin du wolltest, als du abfuhrst? Schließlich darf ich doch annehmen, daß du für uns tätig bist.«

»Ich bin ja noch beschäftigt«, gab ich zurück.

Alta sprang auf und umarmte ihren Vater. »O Paps, ich bin ja so glücklich!« rief sie.

Er hielt sie auf Armeslänge von sich, um sie besser anblicken zu können. »Alles gut bereinigt?« fragte er.

»Einwandfrei«, antwortete sie und hinterließ Lippenstiftspuren auf seiner Wange.

Bertha musterte mich argwöhnisch.

Ashbury sah jetzt auch mich an. »Nun, Lam...!«

»Bitte?«

»Wie sieht die Lösung aus?«

»Ist nichts weiter zu melden. Ich habe den Auftrag, den ich bekam, ausgeführt. In dieser Beziehung ist also alles erledigt.«

»Aber diese Mordsache?«

»Ja, was ist damit?«

»Allem Anschein nach ist Carter der Mann, der in dem Hotelzimmer war, doch er streitet alles ab, und meine Frau hat sofort telefonisch einen Verteidiger für ihn bestellt.«

»Wen? Crumweather?«

»Ja.«

»Crumweather«, sagte ich, »wird sich mit ganzer Energie ins Zeug legen; die Anklage wird's schwer haben, Carter den Mord zu beweisen.«

»Finden Sie nicht, daß Sie diesen Fall ein bißchen gründlicher hätten klären können?«

»Wieso ich?« gab ich zurück. »Das ist Sache der Polizei. Warum sollten wir uns dafür interessieren?«

»Damit die Gerechtigkeit ihren Lauf nimmt.«

»Sie möchten doch gern, daß Ihre Scheidung in aller Ruhe und ohne peinliches Aufsehen erfolgt, nicht wahr?«

Er nickte.

»Unter diesen Umständen ist es doch sehr gut«, sagte ich, »daß Carter als Verteidiger gerade Crumweather hat.«

Er sah mich lange an, dann sagte er: »Sie haben recht, Lam. Kommen Sie, Bertha, wir wollen nicht weiter stören.«

Bertha sagte: »Ich will Elsie gleich wieder in meinem Büro haben.«

»In zwei oder drei Tagen steht sie wieder zu deiner Verfügung -¡ sobald ich meine Geschäfte hier abgewickelt habe«, antwortete ich.

Bertha sah erst Alta, dann mich, schließlich Henry Ashbury und zuletzt wieder mich an und sagte: »Na schön, Donald, aber denk daran, daß du arbeiten mußt. Dies ist ein Büro, und da hält man die Arbeitszeit ein. Mach also jetzt Schluß damit.«

»Womit?« fragte ich.

Sie wies mit einem Seitenblick auf Alta.

Alta Ashbury reckte ihr Kinn. »Verzeihung, Mrs. Cool«, sagte sie, »für mich persönlich ist diese Angelegenheit noch nicht beendet. Ich habe noch verschiedenes mit Mr. Lam zu besprechen.«

»Also hören Sie mal — ich leite eine Detektivagentur, und Donald ist mein Mitarbeiter. Sie können nach der Bürozeit mit ihm reden.«

Alta erwiderte: »Fällt mir nicht im Traum ein. Sie haben wohl vergessen, daß wir Ihnen ein Honorar von hundert Dollar pro Tag zahlen.«

»Sie meinen, die...« Bertha Cool ließ einen Stoßseufzer vernehmen, fing sich aber rasch wieder und sagte zu mir: »Ich fahre jetzt zu unserer Agentur.« Sich Alta zuwendend, säuselte sie: »Für diesen Honorarsatz meine Liebste, dürfen Sie ihn monatsweise engagieren.« Sie riß die Tür meines Büros auf und ging hinaus.

Henry Ashbury sagte: »Bis bald, Donald!« Und Bertha rief er nach: »Einen Moment, Mrs. Cool, ich möchte gern mit zu Ihrer Agentur fahren und noch ein paar Einzelheiten mit Ihnen durchsprechen.«

Ich hörte Ashbury noch herzhaft lachen, hörte Bertha die Außentür so heftig Zuschlägen, daß die Glasscheiben klirrten, und dann waren Alta Ashbury und ich allein in meinem Büro.