Kapitel 5

Rafael wartete, bis es im Haus still war. Er konnte sich nicht von Colby losreißen. Hunger peinigte ihn, und sein Körper bestand stürmisch darauf, dieses Verlangen zu stillen, aber er achtete nicht darauf. Er würde später Nahrung zu sich nehmen. Er konnte Colby jetzt nicht verlassen. Überhaupt musste er feststellen, dass er in ihrer Nähe immer mehr die Kontrolle über sich selbst verlor. Er wollte sie, sehnte sich verzweifelt nach ihr und brannte darauf, das Ritual, das sie untrennbar mit ihm verbinden würde, zu vollenden. Es war die einzige Möglichkeit, das wilde Tier, das in seinem Inneren tobte, anzuketten. Es wurde immer stärker und kämpfte ständig um die Oberhand. Rafael hatte das Gefühl, am Rande des Wahnsinns zu stehen, und er wusste, dass er drauf und dran war, in diesen Abgrund zu stürzen. Er spürte es in jedem wachen Moment. Und sein Bruder spürte es genauso. Nicolas überwachte ihn unablässig und gab ihm zusätzlich Kraft, wenn ihn das Tier zu fest im Griff hatte.

Eins nach dem anderen erloschen die Lichter, die durch die Fenster schimmerten. Rafael hörte leise gemurmelte Gutenachtworte und fühlte sich einsamer und überreizter denn je. Als er überzeugt war, dass sämtliche Hausbewohner schliefen, glitt er über den Hof und verschaffte sich durch Colbys offenes Schlafzimmerfenster Einlass.

Nahezu körperlos schwebte Rafael lautlos über den Dielenboden, ein dunkler Schatten in der Nacht. Colby schlief tief und fest. Ihr langes Haar breitete sich auf ihrem Kissen wie Flammenstreifen aus rotgoldener Seide aus. Eine Hand war zur Faust geballt, die andere ausgestreckt, als tastete sie nach etwas. Rafael beugte sich über sie und betrachtete mit hungrigen Augen das Mal an ihrem Hals. Er schob sich über das Bett und suchte unter der Decke nach ihrer Hand, während er bewusst ihre erotischen Träume nährte, um sie zu erregen und ihren Körper vorzubereiten, denn sie war noch unschuldig. Wach auf, meu a lindo amor, ich brauche dich heute Nacht bei mir.

Colby rührte sich sofort und flatterte schlaftrunken mit ihren langen Wimpern. Sie sah sehr sexy und verführerisch aus. »Bist du schon wieder da? Ich darf einfach nicht mehr von dir träumen.«

Du kannst nicht anders, wenn du weißt, dass du nur zu mir gehörst. Er ließ die Worte in ihrem Bewusstsein erklingen, um sie durch den Klang seiner Stimme nicht noch mehr einzulullen. Sie schüttelte den Kopf und schenkte ihm ein schwaches Lächeln. Colby sah so schön aus, dass er sich vorbeugte, um sie zu küssen. Ihre Haut war unglaublich weich, und er konnte nicht widerstehen, sie zu berühren. Rafael streckte sich ohne Eile, beinahe träge, neben ihr aus. Er hatte die ganze Nacht vor sich. Sofort spürte er die verborgene Macht der Decke, unter der Colby lag. Seine Finger ertasteten die Symbole und zogen sie sorgfältig nach. In die Muster der Decke war ein Schutz eingewebt, ein karpatianischer Schutzzauber. Wie war Colby an dieses Stück gekommen? Es war ein Kunstwerk, selten und kostbar wie die Frau, die es bewachte.

Rafael drehte sich auf die Seite und betrachtete Colby. Er musste jeden Moment in ihrer Nähe sein, solange er nur konnte. Sie war ein Lichtstrahl in seiner düsteren Welt, Sonnenschein und Lachen. Selbst die Erinnerung an diese Dinge hatte er schon vor langer Zeit verloren, aber jetzt klammerte er sich an das Licht in ihrem Inneren. Er wusste nicht, ob er je zärtliche Gefühle für jemanden gehegt hatte, doch jedes Mal, wenn er Colby ansah, spürte er etwas, das Zärtlichkeit sehr nahe kam.

Sie murmelte leise seinen Namen und streifte mit ihrem warmen Atem seinen Hals. Rafaels Penis wurde hart und fordernd, bis er leise stöhnte, als wollte er gegen die Ansprüche seines Körpers, die er kaum noch kontrollieren konnte, protestieren. Er nahm Colby in seine Arme und bettete seinen Kopf dicht neben ihrem auf das Kissen. Nur ihr dünner Pyjama trennte ihn von ihrer weichen Haut und dem Paradies, das ihr Körper für ihn darstellte. Ich begehre dich, querida. Ich begehre dich fast so sehr, wie ich dich brauche. Er verlangte schmerzhaft nach ihr, und die Worte, die sie für alle Ewigkeit aneinander binden würden, brannten ihm so sehr auf der Zunge, dass er sie mit jedem Atemzug schmecken konnte.

Ein Lächeln, das wie eine Ermutigung wirkte, spielte um ihre Mundwinkel, und ihr Körper rieb sich unruhig an seinem. Er brauchte sie. Etwas anderes als dieses Bedürfnis gab es in seinem Leben nicht. Mit einem leisen Fluch schlang er seine Arme fester um sie und schob mit seinen Lippen den dünnen Stoff, der ihren Körper verhüllte, nach oben, um ihre Brüste der kühlen Nachtluft und seinem heißen, sengenden Blick preiszugeben. Sie war so schön und so verletzlich.

Ich muss dich einfach berühren, meu lindo amor. Erlaube mir nur ein paar Minuten, dich zu berühren. Seine Stimme schmerzte vor Hunger und Verlangen und war doch eine samtweiche Verführung.

Sie schlug schlaftrunken und sinnlich ihre smaragdgrünen Augen auf und begegnete seinem hungrigen Blick mit tiefer Leidenschaft. Ohne ein Wort drehte sie sich zu ihm um, schlang ihre Arme um ihn und schmiegte sich an ihn.

Colby wusste nicht, ob sie wach war oder schlief und mitten in einem erotischen Traum gefangen war, aber sie konnte sich der Verzweiflung, die in diesen dunklen Augen brannte, nicht verschließen. In ihren Träumen konnte sie haben, wen sie wollte, konnte tun und lassen, was sie wollte, und war nicht an ihre Pflichten gebunden. Sie wollte ihn, wollte Haut an Haut mit ihm liegen und seinen Mund und seine Hände auf ihrem Körper spüren. Sie hatte ihn fast vom ersten Moment an gewollt, und in ihren Träumen musste sie sich nicht davor fürchten, dass er sie unterwerfen würde.

Rafael stockte der Atem, als er sie neben sich liegen sah, das Oberteil ihres Schlafanzugs nach oben geschoben, sodass ihre perfekt geformten Brüste freilagen. Seine Hand, die mit breit gespreizten Fingern auf ihrer Taille lag, hob sich dunkel von ihrer hellen Haut ab. Verglichen mit seinem kräftigen, muskulösen Körperbau wirkte sie zart, beinahe zerbrechlich, aber auf ihre Art war auch Colby unglaublich stark.

Die bindenden rituellen Worte, die ihm lange vor seiner Geburt eingegeben worden waren, brannten ihm auf der Zunge, und sein Körper stand in Flammen. In dem Zimmer auf der anderen Seite des Ganges rührte sich das kleine Mädchen. Rafaels Hand legte sich besitzergreifend auf Colbys Brust, während er im Geist Ginny aufsuchte. Sie öffnete gerade leise ihr Fenster und steckte den Kopf hinaus, um nach dem Hund zu pfeifen. Ginny hatten Albträume vom Tod ihrer Eltern und davon geplagt, dass Colby ebenfalls etwas zustieß. Rafael hörte den Hund hereinkommen und gab ihm sofort den Befehl, auf Ginnys Bett zu bleiben und sie zu trösten, Rafaels Anwesenheit im Haus jedoch nicht zu bemerken. Nichts konnte ihn aufhalten. Nichts. Sein Geist und sein Körper schrien nach Colby, und er wusste, dass er jetzt nicht mehr aufhören konnte. Er verhinderte, dass Paul und Ginny aufwachten, indem er beide in tiefen Schlaf versetzte.

Jetzt erst gab er seinem rasenden Hunger nach, beugte sich über Colbys warme Haut und strich mit seiner Zunge über ihre Brust. Er fühlte ihre Reaktion, fühlte, wie sich ihr Körper anspannte und ihr Blut erhitzte. Seine Hände wanderten langsam, Stück für Stück, über ihre Haut und schoben ihre Kleidung beiseite. Er wollte jeden Zentimeter von ihr kennen, wollte sie berühren, schmecken und einatmen. Sein Mund war heiß und fordernd, als er seinen Kopf senkte, um an ihrer Brust zu saugen, während seine Hände über ihre Rippen zu ihrem flachen Bauch glitten und dort die zarten Konturen eines Muttermals ertasteten. All das war für ihn faszinierend genug, um einen raschen Vorstoß mit seiner Zunge zu wagen, ehe er zu ihrer Brust zurückkehrte und seine Hand weiter nach unten zu dem feinen Gekräusel zwischen ihren Schenkeln gleiten ließ. Als er seine Hand darauflegte, spürte er Hitze und Feuchtigkeit, und ihre Hüften drängten sich sofort an seine Handfläche.

Colby träumte von einem dunklen Liebhaber, der ihren Körper in Erregung versetzte, indem seine Hände jeden Zentimeter von ihr erkundeten und sein heißer, fordernder Mund an ihren Brüsten saugte, sie streichelte und liebkoste, bis sie ihn fast um Erlösung angefleht hätte. Sein Mund war überall und schien ihren Körper besser zu kennen als sie selbst. Sie stand in Flammen, brauchte ihn und wollte ihn tief in sich spüren. Wieder öffnete sie die Augen, um ihn anzuschauen. Er war wirklich da. Sein langes, schwarzes Haar kitzelte ihre schmerzenden Brüste, während seine Zunge um ihren Bauchnabel kreiste. Sie packte ihn mit beiden Händen.

»Was tust du da?«, flüsterte sie. »Und warum erlaube ich dir das?« Furcht regte sich in ihr. Noch nie hatte sie ein derartiges Verlangen gespürt. Sie sollte laut schreien, aber es gelang ihr nicht, den Schleier abzuschütteln, der ihr Bewusstsein einzuhüllen schien.

Er lächelte an ihrem flachen Bauch. »Ich mache dir den Hof.« Seine Zähne streiften die Rundung über ihrer Hüfte, fanden das eigenartige Muttermal und knabberten leicht an der Stelle. »Versuch, dich zu überzeugen.« Seine Zunge linderte den Schmerz. Seine Hände schoben sanft ihre Schenkel auseinander, und sein Finger fand ihre intimste Stelle, feucht von flüssigem Feuer und sehr eng, als er langsam immer tiefer in sie hineinglitt. »Ich will meinen Körper in deinem spüren. Ist es das, was du möchtest, querida ? Willst du mich genauso, wie ich dich will?« Ihre zarten Muskeln schlossen sich heiß und feucht vor Verlangen um ihn. Ohne den Blick von ihrem Gesicht zu wenden, zog er seinen Finger zurück und schob behutsam zwei Finger in sie hinein, um sie ein wenig zu dehnen. »Sag mir, was du willst, Colby.« Er musste es von ihr hören, weil er mit ihr mit Körper und Seele vereint sein musste.

Colby schüttelte benommen den Kopf. Ja, sie wollte ihn, jede Faser ihres Seins verlangte nach ihm. Ihr Körper war so angespannt, dass sie es kaum ertragen konnte. Aber er forderte alles von ihr, nicht einen Teil, sondern alles.

Und du wirst mir alles geben. Es war ein leises Grollen. Ein Befehl.

»Nein.« Sie sagte das Wort, noch während seine Finger tiefer in sie eintauchten, und obwohl ihr Körper zum Zerreißen gespannt war, kämpfte sie darum, die zu bleiben, die sie war.

Rafael konnte die Reaktion ihres Körpers fühlen. Sie wollte ihn. Colby warf sich unruhig hin und her, und ein leises Stöhnen entrang sich ihrer Kehle. Wieder versuchte sie zu protestieren. Er spürte, wie sich Widerstand in ihrem Inneren regte und sie ihr wachsendes Verlangen bekämpfte. Er nahm seine Hand weg und ersetzte sie mit seinem Mund, indem er mit seiner Zunge tief in sie hineinstieß. Colby schrie auf, als ihr Körper zu prickelndem Leben erwachte, zerbarst und von Wogen unendlicher Lust überschwemmt wurde. Sie versuchte, sich ihm zu entziehen, doch er legte seinen Arm auf ihre Hüften und hielt sie fest. Er hörte nicht auf, von ihr zu trinken, um ihr Verlangen zu steigern, bis es seinem unersättlichen Hunger nach ihr entsprach.

Colby wehrte sich gegen die Empfindungen, die ihren Körper überfluteten, fast folterten und sie in einem Augenblick, in dem sie Halt brauchte, unwiderstehlich mitrissen. Außerstande, das Feuer zu ersticken, das durch ihren Körper raste, bäumte sie sich unter Rafael auf. Sie bekam kaum noch Luft und konnte nicht mehr klar denken. Furcht befiel sie. Ihre Hände krampften sich um die Decke, als sie versuchte, sich dem Ansturm seiner Lippen zu entziehen, seiner Zunge, die sie immer wieder liebkoste, bis alle ihre Nerven um Erlösung bettelten.

»Du musst aufhören«, keuchte sie. Allmählich ging sie in der Flut reiner Lust, die sie überschwemmte, unter. Rafael gab nicht nach. Sie konnte seinem Mund und seiner Zunge nicht entkommen. Ihr Körper spannte sich immer mehr an und brannte heißer und heißer, bis sie das Gefühl hatte, zu zerbersten. Schlimmer noch war die Lust, die immer stärker wurde, ein so heftiges Verlangen, dass es ihr Angst machte.

Sie konnte nicht einen einzigen Gedanken fassen, nicht einmal, um sich selbst zu retten. Ihre Lust grenzte an Schmerz, und der Druck, der sich in ihrem Inneren aufbaute, wurde immer stärker. Sie wollte nicht mehr, dass er aufhörte, wollte nur noch in Millionen Stücke zersplittern. Sie wollte das sein, was er brauchte, und ihm folgen, wohin er wollte. Ein leiser Schrei des Entsetzens entrang sich ihr, als seine Zunge in einen schnellen Rhythmus verfiel, noch tiefer in ihren Körper eindrang und sie gnadenlos zum Höhepunkt brachte. Nicht ein Mal, sondern zwei, drei Mal, bis ein Orgasmus in den nächsten überging und Colby jede Herrschaft über Geist und Körper verlor.

Rafael richtete sich auf und schob ihre Schenkel auseinander, sodass sie weit offen vor ihm lag. Seine Erektion war groß, hart und beängstigend, und seine Augen schimmerten wie fahler Schiefer, als er sich in ihre geschmeidige Öffnung drängte. Sie konnte fühlen, wie er sie ausfüllte und einfach wartete, obwohl ihr ganzer Körper verzweifelt nach ihm verlangte. Sie verspürte die wilde Regung, sich rittlings auf ihn zu setzen, doch er hielt ihre Hüften immer noch mit starken Händen fest. Sein Gesichtsausdruck verriet unverhohlenen Hunger, und sein Mund wirkte unerbittlich. »Wirst du wieder Nein zu mir sagen, Colby? Wirst du mir verweigern, was mir rechtmäßig zusteht?« Seine Stimme war rau und schroff, und unterschwelliger Zorn streifte sie.

Colby stieß einen leisen, gequälten Schrei aus. Gab er ihr eine letzte Chance, sich zu retten? Wie konnte sie Nein sagen, wenn sie ihn jetzt so sehr brauchte, wenn alles in ihr danach verlangte, ihn tief in sich zu spüren?

»Wirst du das tun?«, fragte er.

Colby schüttelte den Kopf. Sie konnte nicht denken, nicht einmal atmen. Ihr Körper stand in Flammen, und bei dem Gedanken an das, was kommen würde, schoss Angst wie Lava durch ihre Adern. Er war im Begriff, sie zu zerbrechen und neu zu formen, sodass sie sich immer nach ihm sehnen und ihn immer brauchen würde. Ein Teil von ihr erkannte das, aber nichts konnte den dunklen Hunger aufhalten, den er in ihr geweckt hatte.

Nie wieder. Es war unwiderruflich.

Rafael drang mit einem einzigen harten Stoß in sie ein. Er wusste, dass sie für das, was er tat, zu unschuldig war, doch er konnte nicht anders. Er hatte Jahrhunderte eines dunklen, verzehrenden Hungers hinter sich, der jetzt wie ein rasendes Fieber ausbrach. Sie war heiß und eng und schloss sich mit einem Feuer um ihn, das ihn beinahe um den Verstand brachte.

»Es ist zu viel. Es ist zu viel«, schrie Colby, während sie verzweifelt versuchte, ihn wegzustoßen. Er würde sie töten, wenn er ihren Körper so sehr aufpeitschte und mit Empfindungen überschüttete, dass sie sich selbst verlor.

Rafael packte sie mit eisernem Griff an den Handgelenken und drückte ihre Hände links und rechts von ihrem Kopf aufs Bett, während er ihren Mund eroberte und gleichzeitig noch tiefer und härter in sie eindrang und sich immer mehr von ihr nahm.

Was ihn jetzt beherrschte, war ein wildes, animalisches Verlangen, das Verlangen, so alt wie die Zeit selbst, sie beide für alle Ewigkeit aneinanderzuschmieden. Seine Gefährtin des Lebens. Seine andere Hälfte. Die Worte kamen aus seiner Seele und hämmerten in seinem Kopf, während er sich tief in ihrer heißen, feurigen Scheide vergrub und die Welt ringsum in Flammen aufging. Colby gab kleine, keuchende Laute von sich, und er konnte fühlen, wie sich ihre Muskeln immer enger um ihn spannten, als er zu einem rasenden Tempo überging, das seinen unersättlichen Hunger nur noch mehr steigerte.

Der Drang, sie zu schmecken, wurde immer stärker und eindringlicher, bis sich sein Mund von ihrem löste, an ihrem warmen Hals hinunterwanderte und einen sinnlichen Pfad zu dem verlockenden Schlag ihres Herzens zog. Sein Körper verkrampfte sich und brach in Schweiß aus, und sein Herz dröhnte ohrenbetäubend laut. Der Dämon in seinem Inneren brüllte nach Freiheit und trieb ihn weiter an. Rafael zitterte vor Verlangen so stark, dass er zu zerbersten glaubte. Mit einem Stöhnen gab er nach und schlug seine Zähne tief in Colbys Fleisch.

Sie stieß einen unterdrückten Schrei aus, als glühend heiße Lichtblitze durch ihren Körper zu zucken schienen. Rafael, dessen Bewusstsein jetzt völlig mit ihrem verschmolzen war, beruhigte sie. Besitzergreifend hielt er sie fest, während er seinen Hunger stillte und gleichzeitig immer wieder tief in sie eindrang. Sie schmeckte nach scharfen Gewürzen und warmem Honig. Am liebsten hätte er nie wieder aufgehört. Der furchtbare Hunger, der ihn seit Jahrhunderten quälte, wurde zum ersten Mal befriedigt, von ihr, von Colby. Colby. Das Blut in seinen Adern. Sein Leben. Seine Welt.

Wieder brüllte der Dämon, forderte alles und verlangte von ihm, seinen Anspruch auszusprechen. Einen Herzschlag lang drängten die rituellen Worte nach oben. Es war ein tief in seinem Innersten verwurzelter Instinkt, der ihn antrieb, das Ritual zu vollenden. Sofort sprühten um ihn herum winzige Funken in tiefem Blau und Silber, kleine Sterne, die wie eine glitzernde Ermahnung aus der Quiltdecke aufstiegen. Die Worte wollten ausgesprochen werden, aber Rafael, der von den kleinen Sternen wie geblendet war, zögerte. Er würde sich tagsüber unter die Erde zurückziehen, während Colby auf der Ranch arbeiten musste und ihm nicht nahe sein konnte, auch wenn sie sich mit Herz und Seele danach sehnte. Sie würde die Hölle durchmachen und an den Rand des Wahnsinns getrieben werden. Und er würde tief unter der Erde schlafen.

Rafael fuhr sofort mit seiner Zunge über die winzigen Bisswunden auf ihrer Brust und hob dann schwer atmend de Kopf. Leise murmelte er einen Befehl, um sie völlig in seinen Bann zu schlagen, bevor er sich nach vorn beugte, bis ihr Mund fast an seiner Brust lag. Colby sollte genug Blut für einen echten Austausch von ihm trinken. Er ritzte sich die Brust auf, presste Colbys Lippen an die Wunde, damit sie zurückbekam, was er sich genommen hatte, und legte eine Hand an ihren Hinterkopf, um zu verhindern, dass sie zurückwich. In dem Moment, als ihre Lippen seine Haut berührten, erschauerte Rafael. Colbys Körper spannte sich an und riss sie in eine endlose Spirale hinein, die auch Rafael erfasste. Das Hämmern in seinem Kopf wurde lauter. Feuer verzehrte sein Blut. Immer schneller und härter stieß er in sie hinein. Sein Körper war feucht von Schweiß und Lust.

Mit einem unterdrückten Fluch biss er die Zähne zusammen, damit ihm nicht unwillkürlich die Worte entschlüpften, als er Colby daran hinderte, noch mehr zu trinken. Er verschloss die Wunde auf seiner Brust und beugte sich vor, um erneut Colbys Mund zu erobern, während er sie von ihrem Bann erlöste, sodass er ihren Mund beherrschen und jede Spur seines Geschmacks in dieser seidigen Höhle auskosten konnte. Mit schnellen, rhythmischen Stößen drang er tiefer und tiefer in sie ein, um wenigstens ihren Körper ganz und gar in Besitz zu nehmen, wenn er Colby schon nicht so an sich binden konnte, wie es seine Spezies forderte.

Colby begann, sich gegen ihn zu wehren und einen instinktiven, fast unbewussten Kampf gegen eine Lust zu führen, die so intensiv war, dass sie glaubte, daran zu sterben. Sie begriff nicht, wie ihr Körper so unbeherrscht sein konnte, warum sich ihre Hüften so fordernd an seine drängten und warum sie ihn mit unterdrücktem Schluchzen anflehte. Worum flehte sie? Um mehr? Immer mehr. Er zerriss sie vor Lust und Erregung. Sie konnte spüren, wie sich ihr Körper um seinen spannte, wie ihre Muskeln sich verkrampften, bis sie einen Schrei aus ihrem tiefsten Inneren aufsteigen fühlte. Der Orgasmus brach endlos und überwältigend über sie herein und riss sie mit, sodass es ohne Rafael keine Colby mehr gab. Sie spürte, wie er noch größer und härter wurde, bis er sie an den Hüften packte und immer wieder in sie hineinstieß. Sie erreichte einen weiteren Höhepunkt, als er sich tief in ihr ergoss.

Rafael lag auf ihr, und innerlich jubelte er vor Erregung und Ekstase. Für den Moment mochte er gesättigt sein, aber er wollte mehr. Er würde dafür leben und atmen, sie immer wieder zu haben. Rafael vergrub sein Gesicht in der Wärme ihrer Halsbeuge und spürte, wie ihr Körper unter den Nachwehen erschauerte und ihre Muskeln sich eng um ihn schlossen. Sie atmete schwer, und ihr Puls raste. Er stützte sich auf seine Arme und schob sich von ihr herunter. Die Art, wie ihre feuchte Hitze um ihn floss, als er sich aus ihr zurückzog, brachte sein Blut erneut zum Kochen.

Colby fuhr mit der Zunge vorsichtig über ihre geschwollenen Lippen. Ihre Brüste schmerzten, und zwischen ihren Schenkeln war sie wund. Sie konnte ihn nicht anschauen, und gleichzeitig konnte sie nicht die Augen von ihm lassen. Sie hatte nicht geahnt, dass Sex so berauschend und intensiv sein konnte, dass es an Schmerz grenzte. Es war ein Hunger, der sie um den Verstand bringen könnte.

Seine Fingerspitzen strichen über ihr Gesicht und ihren Hals und wanderten weiter nach unten zu ihren Brüsten. Ihre Brustspitzen verhärteten sich, und zwischen ihren Beinen spürte sie sofort ein heftiges Pochen. Colby wandte das Gesicht ab. »Was hast du getan?«, wisperte sie, dankbar für die Dunkelheit. »Was hast du mit mir gemacht?« Tränen brannten hinter ihren Augenlidern. Aus diesem erotischen Net würde sie sich nie befreien können. Colby, die immer unabhängig und selbstständig gewesen war, würde für alle Zeit süchtig nach den Dingen sein, die dieser Mann mit ihrem Körper angestellt hatte. Und das machte ihr Angst.

Seine Zunge glitt über die Unterseite ihrer Brust, tauchte in ihren Bauchnabel und zog träge die Konturen ihres Muttermals nach. Sein Körper ruhte immer noch an ihrem. Sie war erschöpft und mitgenommen, aber Colby war alles zuzutrauen. Er konnte ihre Angst wie ein lebendes Wesen spüren. »Ich habe dir doch gesagt, dass du mir gehörst.«

»Ich verstehe das nicht.« Tränen klangen in ihrer Stimme mit. »Wie bist du hierhergekommen? Wie konnte ich das zulassen?«

Er hob den Kopf. Jede Trägheit war aus seinen Zügen verschwunden. »Weine nicht, Colby.« O Gott, wenn sie weinte, war es sein Untergang! Seine Stimme wurde milder. »Sag mir, warum du solche Angst vor mir hast.«

»Wie kannst du das nur fragen? Ich liege nackt mit dir in meinem Bett, und du bist gerade durch meinen Körper gekrochen, als würde er dir gehören. Du hast irgendwie die Kontrolle über mich übernommen. Ich komme nicht von dir los.« Sie kämpfte nicht mehr gegen ihn. Sie lag unter ihm wie ein Opfer und brachte nicht die Kraft auf, gegen ihn zu kämpfen, weil sie wusste, dass es sinnlos war. Sie würde nie gewinnen. Rafael war zu mächtig, und er besaß ihren Körper und vielleicht sogar ihre Seele. »Du hast keine Ahnung, was du mit mir gemacht hast, oder?«

Die Verzweiflung in ihrer Stimme traf ihn bis ins Mark. Rafael blickte in ihr Bewusstsein und sah, dass Colby davon geträumt hatte, auf den Richtigen zu warten. Sie hatte ihr erstes Mal mit einem Mann erleben wollen, den sie liebte. Ihre Vorstellungen von einer Beziehung waren zart und romantisch.

Er nahm ihr Gesicht in beide Hände. »Ich weiß, dass ich grob war, pequena. Aber ich bin der Richtige für dich. Ich habe gefühlt, wie glücklich du warst. Du warst überwältigt vor Glück.« Und das war die Wahrheit. War sie enttäuscht, weil er so grob gewesen war? Verdammt, er wusste genau, welche Lust er ihr geschenkt hatte! Wie konnte sie von irgendeinem zahmen Typen träumen, der sie nie so befriedigen würde, wie er, Rafael, es konnte? Wenn er sich jetzt vorbeugte und ihre Brust in den Mund nahm, würde sie vor Erregung erschauern, und Verlangen würde in ihr wie eine Flamme auflodern. Er wusste es. Warum wusste sie es nicht? Wer war dieser andere, den sie wollte? Rafael spürte, wie seine Zähne länger und schärfer wurden, aber er unterdrückte den Impuls und bemühte sich stattdessen, Verständnis aufzubringen. War es ihr nicht möglich, ihn zu lieben? Sie liebte Paul und Ginny. Sie hatte ihren Stiefvater geliebt. Sie liebte sogar Ben. Rafael fing an, Ben zu verabscheuen.

»Ja, ich war überwältigt«, sagte sie leise. »Du hast mich ohne mein Einverständnis genommen, Rafael. Ich habe keinen Stolz mehr, keinen Ausweg. Du hast mir nichts gelassen.«

Auf Zorn war er vorbereitet gewesen, nicht aber auf diese stille Hoffnungslosigkeit. Colby war eine Kämpferin. Zorn konnte er in sexuelles Verlangen umlenken, doch er hatte keine Ahnung, wie er reagieren sollte, wenn sie völlig apathisch dalag und an die Decke starrte, ihr Herz so schwer, dass es ihm wehtat.

Als junger Karpatianer hatte er oft darüber nachgedacht, wie seine Gefährtin wohl sein würde. Später hatte er davon geträumt, eine Frau zu haben. Im Lauf der endlosen Jahrhunderte war er allmählich verzweifelt und hatte jede Hoffnung aufgegeben. Colby war ein unerwartetes und kostbares Geschenk, aber sie empfand nicht dasselbe wie er. Sie hätte ihn lieben und begehren müssen. Ein Teil von ihm, das Tier, das eine Gefährtin forderte, reagierte mit Zorn. Der Mann versuchte herauszufinden, was nicht stimmte. Colby gehörte zu ihm. Sie hatten fantastischen, ja unvorstellbaren Sex gehabt, und ihre Körper waren so gut aufeinander abgestimmt, dass er sich nichts Besseres vorstellen konnte. Er hatte jetzt schon Lust auf mehr, aber sie war in Gedanken weit fort von ihm. Ihren Körper mochte er erobert haben, doch sie war fest entschlossen, ihn nie an ihr Herz heranzulassen. Dagegen kam er nicht an.

Was machte er falsch? »Ich verstehe nicht, was du damit meinst. Wir waren vollständig miteinander vereint. Ich habe es gespürt. Und du hast es auch gespürt, das weiß ich. Wieso soll das bedeuten, dass ich dir nichts gelassen habe?«

Colby wäre gern allein gewesen, um darüber nachzudenken, was sie nun machen sollte. Weglaufen war nicht möglich. Sie konnte auch nicht so tun, als wäre es nicht geschehen und würde nie wieder vorkommen. »Ich habe keine Wahl. Du hast mir keine Wahl gelassen.«

Ihr Kummer traf ihn tief. Wut wäre ihm lieber gewesen.

Er konnte nur zustimmend nicken. Natürlich hatte er ihr keine Wahl gelassen. Es gab für keinen von ihnen eine Wahl. Sie waren füreinander bestimmt. »Du hast nichts dagegen, von mir berührt zu werden.«

»Natürlich habe ich etwas dagegen!« Zorn begann sich in ihr zu regen. Er verdunkelte ihre Augen und ließ winzige Funken um die Bettdecke sprühen.

Sein Temperament machte sich sofort bemerkbar. »Du belügst dich selbst ebenso wie mich.« Seine Hand glitt besitzergreifend über ihre Brust und zupfte leicht an der rosigen Spitze. Er beugte sich zu ihr vor, um sie zu beobachten, das hilflose Verlangen in ihren Augen, ihren Körper, der sich wie von selbst an ihn schmiegte. Bewusst schob er seine Hand zwischen ihre Schenkel und traf auf feuchte Hitze. Er hob den Kopf und schaute sie an. »Dein Körper lügt nicht.«

Colby schlug ihm ins Gesicht, so fest sie konnte. Sie hatte wenig Bewegungsfreiheit, aber das Geräusch war in dem Zimmer sehr laut. »Was du mit mir gemacht hast, war nicht besser als eine Vergewaltigung. Was du dir auch vorlügst, etwas anderes war es nicht. Und du kannst es immer wieder tun, aber solange du nicht meine Einwilligung hast – und die hast du nicht! –, ist es Vergewaltigung, wenn du mich anfasst. Ich verabscheue dich und das, was du mit mir machen kannst. Ich will es nicht. Ich mag dich nicht einmal. Und schon gar nicht mag ich von dir angefasst werden!«

Heißer, brennender Zorn stieg in ihm auf wie eine Fontäne, Zorn, weil sie es wagte, ihn abzulehnen, ihn von sich zu stoßen und ihn einen Vergewaltiger zu nennen. Letzteres traf ihn mehr als alles andere. Neben der Unterstellung, ein Vampir zu sein, war es der schlimmste Vorwurf, den er sich denken konnte. Rafael drückte ihre Handgelenke aufs Bett und presste seinen Mund hart auf ihren. Erhatte es als Strafe gemeint, doch in dem Moment, als er sie berührte und seine Zunge in ihren Mund glitt, drang er auch in ihr Bewusstsein ein.

Da war so viel Schmerz. Colby war verzweifelt. Sie mochte ihn nicht und vertraute ihm nicht. Sie hegte für ihn nicht die zärtlichen Gefühle, die eine Gefährtin empfinden sollte. Betroffen löste sich Rafael von ihr, richtete sich auf und fuhr sich durchs Haar. Sie meinte, was sie sagte. Es war nicht gelogen. Körperlich fühlte sie sich zu ihm hingezogen, mehr aber auch nicht. Er hatte sie in Erregung versetzt, in dem Wissen, dass sie unerfahren war, und in der Annahme, es würde ihr nicht unangenehm sein. Er hatte ihr nicht bei ihrem ersten Mal Schmerzen zufügen wollen, doch sie hatte es überhaupt nicht gewollt. Sie hatte ihn nicht gewollt. Er presste seine Fingerspitzen an seine Schläfen.

Was hatte er getan? Karpatianischen Gefährten war es bestimmt, bis in alle Ewigkeit zusammenzubleiben. Colbys Reaktion war ihm unbegreiflich. Er dachte jeden wachen Moment ausschließlich an sie. Und sie wollte, dass er aus ihrem Leben verschwand.

Rafael! Du weinst.

Nicolas' Stimme erklang in seinem Bewusstsein und machte ihn auf das Brennen in seiner Brust aufmerksam. Als Rafael über seine Wange fuhr, entdeckte er eine blutrote Träne an seinem Finger. Er weinte nicht, er war ein Mann! Ein Karpa-tianer und Vampirjäger. Ich verstehe das alles nicht. Es ist ihr Schmerz, den ich fühle. Ich habe ihr etwas Kostbares genommen.

Ihre Jungfräulichkeit gehörte dir. Nicolas betrachtete das Ganze eher pragmatisch. Sie hat keine andere Wahl, als dich zu akzeptieren. Wandle sie um und bring sie nach Hause, dann wird sie sich allmählich damit abfinden.

Rafael wand sich innerlich. Es ging nicht darum, dass er ihr die Jungfräulichkeit geraubt hatte. Er hatte ihr vielmehr das Recht auf eine eigene Entscheidung genommen. Rafael fuhr sich mit beiden Händen durchs Haar. War er so knapp davor, ein Monster zu werden, dass er sich schon wie eines benahm? Ist es so, Nicolas ? Sind wir beide so nahe dran, zu Vampiren zu werden, dass wir nicht mehr ehrenhaft handeln können ? Wenn das zutrifft, gehören wir nicht länger auf diese Erde.

Colby rollte sich auf die Seite und kehrte ihm den Rücken zu. Ihr Körper brannte und pochte, und ihr war schlecht vor Verlangen nach Rafael. Wie sollte sie den Rest der Nacht überstehen? Den Rest ihres Lebens? Sie konnte ihn in ihrem Mund schmecken und ihn auf ihrer Haut fühlen. Sie sehnte sich danach, ihn wieder zwischen ihren Schenkeln zu spüren. Colby mochte sich gegen ihr Verlangen nach ihm wehren, aber sie brauchte ihn wie ein Süchtiger eine Droge. Ohne ihn würde der schreckliche Druck in ihrem Körper nie nachlassen. Welchem Mann sie sich auch zuwenden mochte, Rafaels Inbesitznahme ihres Körpers würde sie nie mehr loslassen und jede andere Beziehung belasten. Sie stand in Flammen. Es gab kein anderes Wort dafür. Sie lag da und weinte, verachtete ihn und sich selbst und wünschte sich gleichzeitig, er wäre wieder tief in ihrem Körper, hart und heiß, um sie an Orte zu bringen, an die sie allein nie gelangen konnte. Er hatte sie zu seiner Hure gemacht, schlicht und ergreifend.

»Du bist nicht meine Hure !« Rafael war erschüttert, dass ihr dieser Gedanke durch den Kopf ging. »Wie kommst du bloß darauf?« Sanft legte er eine Hand auf ihren Rücken. »Es tut mir leid, Colby. Ich habe nicht verstanden, was du zu mir gesagt hast. Ich habe nicht über mein Verlangen nach dir hinausgedacht.« Es tat ihm leid, sie ohne ihre Einwilligung genommen und ihr wehgetan zu haben, aber sosehr er sich auch bemühte, er konnte nicht bedauern, sie besessen zu haben. Rafael litt innerlich Schmerzen. Er wollte seinen Fehler irgendwie wiedergutmachen, doch solange er nicht wusste, warum sie nur körperlich auf ihn ansprach, war ihm das nicht möglich. Er wollte mehr als ihre körperliche Liebe. Sie war seine Gefährtin des Lebens, und sie sollte ihn ganz und gar lieben, mit Leib und Seele.

Seine Handfläche, die ihr Trost geben sollte, brannte sich in ihren Rücken und jagte elektrische Funken durch ihre Adern. Ihr Körper sehnte sich schmerzhaft nach ihm. Mit einem leisen, verzweifelten Protestlaut vergrub sie ihr Gesicht in dem kühlen Kissen.

»Colby«, murmelte er leise, »schau mich an.«

»Das kann ich nicht. Ich kann nicht aufhören zu weinen. Geh weg!« Ihre Stimme klang erstickt.

»Du weißt, es ist mir unmöglich, dich so zurückzulassen. Du brauchst mich. Lass dir von mir helfen.« Er strich ihr das Haar aus dem Nacken und hauchte einen Kuss auf ihre Haut. Er konnte nicht gehen, wenn sie in Tränen aufgelöst war und ihr Körper nach seinem schrie. Jeder seiner Instinkte forderte, dass er ihre Bedürfnisse erfüllte. Er küsste sie von ihrem Nacken bis zum Ende ihres Rückens hinunter. »Lass mich für dich da sein.«

»Ich kann dich nie wieder anschauen. Nach heute Nacht will ich dich nie wiedersehen.« Colby drehte sich um. Ihre Augen schwammen in Tränen. »Das meine ich ernst. Ich werde dir niemals mehr ins Gesicht sehen können, wenn ich zulasse, dass du das machst.« Sie brauchte ihn, aber gleichzeitig hatte sie furchtbare Angst davor, wieder von ihm berührt zu werden. Wenn er sie anfasste, war sie verloren, das wusste sie mit absoluter Gewissheit.

Rafael wartete nicht, bis sie eine endgültige Entscheidung getroffen hatte. Er war so oder so verdammt. Wenn er sie sexuell frustriert zurückließ, würde sie ihn hassen, und wenn er sie befriedigte, ebenfalls. Sein Körper war jetzt schon hart und heiß und stellte seine eigenen Forderungen.

»Colby, ich bin kein sanfter Mann.« Es war die einzige Art und Weise, wie er sie warnen konnte. Er konnte nicht auf Gefühle zurückgreifen, sosehr er es sich auch wünschte, nicht, wenn es um Sex ging. Rafael ließ seine Hand von ihren Lippen zu ihren Brüsten gleiten, und sie erschauerte.

»Was du nicht sagst«, flüsterte sie und schloss die Augen, als er sich vorbeugte, um seinen Mund auf ihre erigierte Brustspitze zu legen.

Sofort hob er den Kopf und durchbohrte sie mit seinem Blick. »Schau mich an ! Du musst wissen, dass ich dich nicht einfach nehme, querida. Nicht ohne dein Einverständnis.« Ihr Kummer brachte ihn um. Alles in seinem Inneren tat weh. Es war ein schreckliches Gefühl, fast, als zerrissen scharfe Krallen sein Herz und seine Lungen. Er fing eine Träne von ihren Wimpern auf und zog sie an seine Lippen.

Sogar das war sinnlich, wie alles an ihm, seine Augen, sein Mund, der Ausdruck in seinem Gesicht. Er musste sie nicht einmal anfassen, um ihren Körper zu prickelndem Leben zu erwecken. »Du nimmst mir all meinen Stolz, Rafael«, sagte sie.

Er hasste die Traurigkeit in ihrer Stimme. Tief in seinem Inneren hörte er seinen eigenen Schrei, einen Schrei voller Schmerz und Trauer, als seine Verzweiflung mit ihrer verschmolz. »Du hast mir etwas sehr Schlimmes vorgeworfen, meu amor. Für mich bist du die einzige Frau, die es je in meinem Leben geben wird. Ich dachte, dieses Gefühl wäre gegenseitig.« Der Schock erschütterte ihn immer noch.

Während er redete, glitten seine Hände besitzergreifend über ihren Körper, umschlossen ihre Brüste und streichelten ihre Brustspitzen. Sie zogen kleine Kreise auf ihrem Bauch und schoben sich zwischen ihre Schenkel. Colby gab nach, weil sie keine andere Wahl hatte. Sie hungerte nach seinem Körper, und sie wusste nicht, was sie machen sollte, wenn er diesen furchtbaren Hunger nicht stillte.

»Wie kannst du mich dazu bringen, so zu empfinden, Rafael? Ich habe solche Angst, aber ohne dich ist es noch schlimmer.«

Er küsste ihren Hals. Als sein Haar über ihre empfindliche Haut strich, erschauerte sie. »Du musst nie mehr ohne mich sein, Colby. Was uns verbindet, hält ewig. Komm heute Nacht in meine Welt mit meinen Gesetzen. Ich kann nicht anders, als für dein Glück zu sorgen. Dein Wohlergehen, deine Wünsche und Bedürfnisse werden für mich immer an erster Stelle stehen.« Er küsste das Tal zwischen ihren Brüsten. »Meine Welt war eine einzige Dunkelheit, bis du mir das Leben zurückgegeben hast. Ich weiß genau, dass du alles für mich bist. Du wirst immer alles für mich sein. Im Bett mag ich dich beherrschen« – er ließ seine Zunge um ihren wunderbaren Nabel kreisen – »aber in allen anderen Dingen wirst du mich beherrschen.«

Seine Stimme an sich war reine Verführung. »Ich kann dich an Orte bringen, an die dich kein anderer Mann je bringen wird, und du wirst bei mir stets sicher sein. Kein Mann könnte dich mehr begehren. Kein Mann könnte dich je mehr brauchen als ich. Der Wunsch, bei dir zu sein, ist ebenso tief und elementar wie dein Wunsch, mit mir zusammen zu sein. Versuch, einen Weg zu finden, mich ein wenig zu lieben, Colby.«

Seine Zunge tanzte über ihre Haut, seine Zähne ritzten sie und riefen einen leichten Schmerz hervor, der ihre Erregung nur noch steigerte. Seine Hände zogen die Konturen ihres Körpers nach, und seine Fingerspitzen fanden jede sensible Stelle, sodass sie sich unter seiner Berührung aufbäumte und zu flammendem Leben erwachte. Ihr Blut strömte wie flüssiges Feuer durch ihre Adern. Sie fand nicht die Kraft, mehr zu tun, als einfach dazuliegen, während er jeden Zentimeter ihres Körpers erkundete und auskostete. Der Schmerz in seiner Stimme trieb ihr Tränen in die Augen. Aufrichtigkeit, sogar Reinheit lagen in seinem Tonfall. Er meinte alles ehrlich, was er sagte. Seine Worte, seine absolute Gewissheit, ängstigten sie, zogen sie aber gleichzeitig an, immer näher ans Feuer. Sie versuchte, sich an ihr Denken zu klammern, um all das zu begreifen, doch seine Hände und sein Mund wirkten so verheerend auf sie, dass sie keinen klaren Gedanken mehr fassen konnte.

Hitze versengte ihren Körper, Flammen tanzten über ihre Haut, bis sie immer wieder seinen Namen rief. Sie brauchte ihn. Ihre Hände ballten sich um sein seidiges Haar, als sein Gesicht wie eine sinnliche Zeichnung über ihr schwebte. Er war überall. Um sie herum, auf ihr – und Gott steh ihr bei, sie wünschte, er wäre in ihr. Colby hielt sich an seinen Hüften fest, als er sich an sie presste und sie sein Eindringen spürte, diesmal langsam und behutsam und doch voller Feuer. Er beobachtete ihr Gesicht, während sie ihn in sich aufnahm und er immer tiefer in sie eindrang. Sie war wie gebannt von dem Ausdruck herber Sinnlichkeit auf seinen Zügen und von seiner ungezähmten Leidenschaft. Er tauchte in sie hinein, bis er so eng von ihr umschlossen war, dass sie sich fast schon zu erfüllt, zu gedehnt fühlte.

Sie konnte nicht verhindern, dass sich ihre Muskeln um ihn schlossen. Es erhöhte ihre Lust, aber Rafael keuchte und packte sie an den Hüften. »Du bist so eng, Colby. Fühle, was ich fühle, wenn ich dich nehme.« Er ließ sein Bewusstsein mit ihrem verschmelzen, und sofort spürte sie sein rasendes Feuer. Sie fühlte sein Verlangen nach ihrer Unterwerfung, das Verlangen nach weicher Haut an seinem harten Körper. Die leisen Schreie, die er ihr entrang, steigerten das Gefühl, das an Ekstase grenzte.

Er zog sich zurück und stieß wieder hart zu. Colby hörte seinen Namen in ihrem Kopf widerhallen. Sie schrie ihn, aber nicht laut, sondern auf eine sehr viel intimere Weise.

»Mehr. Gib mir mehr«, befahl er und begann, sich in ihr zu bewegen.

Sie hatte keine Wahl, sie musste ihm gehorchen. Ihr Körper schien einen eigenen Willen zu haben. Ihre Hüften wölbten sich nach vorn, und ihre inneren Muskeln spannten sich so stark an, dass sie um ihn pulsierten. Sein Arm drängte ihre Hüften nach unten und hielt sie fest, während er immer wieder in sie eindrang und Schockwellen durch ihren Körper jagte. Die Anspannung in ihrem Inneren breitete sich aus und wuchs, die Hitze wurde immer stärker und stärker. Rafael war unerbittlich, auch als sie um Erfüllung bat und ihn anflehte. Jeder heftige Stoß bewirkte, dass sich die feurige Spirale in ihrem Inneren schneller und enger schraubte, bis sie wieder jene seltsame Benommenheit spürte und das Gefühl hatte, diese köstliche Folter nicht zu überleben.

»Rafael.« Er war ihr einziger Halt in diesem Sturm der Lust. Sie konnte es nicht ertragen, konnte es nicht überleben. Die Empfindungen rissen sie mit und entfachten ein flammendes Inferno in ihr. Ihr Körper spannte sich um seinen, als sie einen Höhepunkt erreichte, der sie zu zerreißen schien. Er dauerte eine Ewigkeit an und schlug in wilden Wogen über ihr zusammen, als sie fühlte, wie Rafael zum Gipfel der Lust fand.

Tränen brannten in ihren Augen, und sie stieß sich ihre Faust in den Mund, um nicht laut zu schreien. Es war schlimm genug, dass er sie im Geist gehört hatte.

»Sag noch einmal meinen Namen, Colby. Schau mich an. Schau an, wer tief in dir ist. Du musst wissen, wer ich bin.« Er flüsterte die Worte an der Wölbung ihrer Brust.

»Ich weiß, wer du bist«, sagte sie.

»Und du weißt, dass ich kein gemeiner Vergewaltiger bin. Ich gehöre hierher, in deinen Körper, in dein Herz und deine Seele. Ich werde dich nie aufgeben. Sieh mich an, meu amor, damit du erkennst, dass ich die Wahrheit sage. Ich werde dich nie aufgeben. Du musst dich damit abfinden, dass wir zusammengehören.«

In seinen Augen lag ein gefährliches Funkeln, eine dunkle Erinnerung daran, dass er ein Raubtier war, das sie in ihr Heim, in ihren Körper und in ihr Leben gelassen hatte. Sie seufzte, als sie von kleinen Nachbeben erschüttert wurde, die sie nicht kontrollieren konnte. Was er sagte, ergab keinen Sinn, und doch schien es richtig zu sein. Er hatte geglaubt, dass sie genauso empfinden würde wie er, als er in ihr Zimmer eingedrungen war, und dass ihn ein Gesetz seines Volkes, von dem sie nichts wusste, dazu berechtigte, sie in Besitz zu nehmen.

»Rafael.« Sie murmelte seinen Namen; sie war so erschöpft, dass sie kaum denken konnte. »Ich verstehe das alles nicht. Ich weiß nicht, warum du diese Dinge glaubst oder warum sie sich für meinen Körper so richtig anfühlen, aber ich werde es versuchen. Mehr kann ich nicht versprechen. Ich werde versuchen, es zu verstehen. Aber nicht heute Nacht. Ich bin so müde.« Sie wandte den Kopf von ihm ab und schloss die Augen, als er sich langsam von ihr löste. Sie spürte seinen Mund auf ihrer Brust und seine Hände auf ihren Hüften, spürte neue Schockwellen, als er an ihrer Brustspitze saugte, aber diesmal war sie zu erledigt, um mehr zu tun, als still dazuliegen, während er ihren Körper mit Küssen übersäte, bevor er sich endgültig von ihr löste. Wenn sie die Kraft gehabt hätte, hätte sie sich vielleicht gewehrt, aber so kuschelte sie sich nur an ihn und schlief ein.

Rafael lag an ihrer Seite, bis das erste graue Tageslicht durch das Fenster fiel und ihm sagte, dass er nicht länger darauf warten konnte, sich seine Beute zu suchen. Widerstrebend schlüpfte er aus dem Bett und legte Colby in eine bequemere Position, bevor er sie mit ihrer schützenden Decke zudeckte. Dann beugte er sich noch einmal über ihren Hals. Er hätte gern ein frisches Mal an ihr hinterlassen, ein Brandzeichen, das alle sehen konnten. Das sie sehen konnte. Sein altes Blut würde heiß in ihren Adern fließen und nach ihm rufen, und sein Geruch würde an ihr haften. Die geistige Verbindung zwischen ihnen würde stärker denn je sein. Er würde zu jedem Zeitpunkt wissen, wo sie war. Es gab keinen Ort, an dem er sie nicht finden könnte.

Um zu verhindern, gegen eigenes Ehrgefühl zu verstoßen, indem er sie beide aneinander band, bevor die Sicherheit ihrer Geschwister gewährleistet war, verließ Rafael Colby, um sich auf die Jagd zu machen. Er brauchte so bald wie möglich Nahrung, wenn er hoffen wollte, seine Selbstbeherrschung nicht zu verlieren, und er würde sich so früh wie möglich in die Erde zurückziehen, um nicht der Versuchung zu erliegen, zu Colby zurückzukehren und sie gewaltsam für sich in Anspruch zu nehmen.

In dem Moment, als er hinaustrat und die Nachtluft einatmete, spürte er die Unruhe in der Luft. Es war kaum merklich, nur ein Hauch von Macht, ein Suchen, und so schwach, dass er keine Richtung ausmachen konnte, doch er fühlte die Nähe von etwas Bösem. Sofort nahm er Verbindung zu seinem Bruder auf.

Ein Vampir, Nicolas. Einer vom alten Stamm mit sehr viel Macht. Der Tag bricht bald an, aber er hat sich noch nicht in die Erde zurückgezogen, und er weiß, dass wir in seiner Nähe sind. Seine Macht ist kaum zu spüren, und ich finde keine Hinweise, wo ich mit der Suche beginnen soll.

Deine Frau zieht ihn an. Du musst sie umwandeln und zu uns nach Hause bringen.

Nicolas' Stimme klang müde, als hätte sein Kampf gegen die Dunkelheit schon zu lange gedauert. Als würde er langsam aufgeben.

Du hast deine Kraft eingesetzt, um mich vor der Dunkelheit zu bewahren, sagte Rafael.

Du bist so nahe dran. Sie hilft dir nicht, wenn sie gegen dich kämpft. Nimm die Frau und lass uns von hier verschwinden und nach Hause zurückkehren, wo wir hingehören. Ich werde den Vampir jagen, während du dich um die Frau kümmerst.

Rafael dachte über den Vorschlag seines Bruders nach. Jedes Mal, wenn sie töten mussten, wurde die Dunkelheit in ihren Seelen größer, bis irgendwann nichts mehr von dem blieb, was sie einmal gewesen waren. Nicolas war ausgehöhlt und schon viel zu lange einsam. Rafael hatte jetzt einen Halt. Wenn er Colby für sich beanspruchte und sie an sich band, konnte er ungefährdet den Vampir jagen. Nicolas und er wären beide davor gefeit, auf die Seite der Untoten überzuwechseln.

Den hier werde ich jagen, Nicolas. Er ist mächtig und hält sich versteckt, aber ich habe seine Witterung aufgenommen. Er wird der Gerechtigkeit unseres Volkes nicht entkommen. Er verhält sich nicht normal. Es gibt keine unerwarteten Todesfälle, keine Morde. Der ermordete Mann wurde von einem Menschen getötet, nicht von einem Vampir. Und ich habe eine Frau mit übernatürlichen Fähigkeiten getroffen. Sie wusste, was ich war. Hier geht irgendetwas vor, was ich nicht verstehe.

Ich komme, wenn du mich brauchst.

Rafael wollte Nicolas fernab der Gefahren einer Jagd wissen. Ich rufe nach dir, falls ich Hilfe brauche. Er brach die Verbindung zu seinem Bruder ab und entfernte sich rasch von der Ranch, um die Spur des Vampirs aufzunehmen und jene verräterische Leere zu finden, die auf das Versteck des Untoten hinwies. Er witterte das Böse, den Geruch von Fäulnis und Tod, aber er konnte das, was in der Luft hing, nicht verfolgen. Es gab keine Richtung, nichts, was als Spur hätte dienen können, nur die absolute Gewissheit, dass ein Vampir in der Gegend war. Alle waren in Gefahr.

Rafael fand in einer kleinen Stadt Nahrung und sättigte sich, um wieder zu Kräften zu kommen. Er würde sie in den nächsten Tagen brauchen. Und er würde all seinen Mut benötigen, um Colby entgegenzutreten, nachdem er ihr Leben für alle Zeiten verändert hatte.