15. Kapitel

Das letzte Gefecht

Diamon holte wieder seinen Metallball hervor und drückte in seine Mitte, sofort entfaltete sich sein glänzender Schild.

„Hallo, Bruderherz, wartest du etwa schon auf mich?“, triumphierte Morael.

„Komm her, du Feigling, wie konntest du es wagen, mein eigen Fleisch und Blut in den Kampf zu schicken, du Scheusal? Du bist einfach nur Abschaum und verdienst den Tod! Jetzt kann dich keiner mehr retten!“, schrie Diamon.

Morael lachte nur hämisch und erwiderte übermütig: „Denkst du wirklich, dass du mich besiegen kannst?“

„Steig von deinem Monster ab und kämpfe wie ein Mann“, befahl Diamon.

Morael lachte hellauf, folgte aber der Aufforderung seines Bruders. Der König der Meere fauchte und beobachtete das Geschehen. Morael zog seine Dämonenklinge hervor und nahm seinen goldenen Schild vor seine Brust. Seine Rüstung war schwarz und glänzte, seine Hörner waren viel länger als die von Diamon.

Ich wollte gerade die Klinge von Nomaid ziehen, als Diamon rief: „Nein, lass mich das alleine regeln!“

Ich nickte und ging gehorsam mit Sour ein Stück zurück.

„Ach, brauchst du keine Hilfe, Brüderchen?“, höhnte Morael.

Diamons Pupillen verengten sich gefährlich und er setzte zum Angriff an.

Morael begegnete gekonnt Diamons Hieben und antwortete sogleich mit blitzschnellen Schlägen. Diamon wich ihnen aus, die Klingen schepperten aneinander, ich sah, wie sie blitzten und funkelten.

Diamon wollte zum Sprung ansetzen, wurde aber mit einem Überkopfschlag von Morael daran gehindert. Blitzschnell duckte er sich und rollte sich zur Seite. Morael zog sein Schwert dicht über den Boden, knapp vor Diamons Beinen, entlang. Diamon schlug auf seine Klinge, ein dumpfer Ton erschallte.

Morael hielt seinen Schild Diamon entgegen und stieß ihn damit weg. Diamon erwiderte das mit einem harten Schwertschlag, direkt auf den Schild von Morael. Plötzlich zerbrach Moraels Schild, wütend ballte er seine linke Hand zur Faust. Sie landete in Diamons Gesicht, der stürzte zu Boden und schlitterte über das Eis.

Morael rannte ihm blitzschnell hinterher und schlug nach Diamon aus. Dieser konnte den Schlag abwehren und erwiderte ihn mit einem Hieb in Moraels Bauchgegend. Der drehte sich um die eigene Achse und sein nächster Schlag ging ins Leere.

Diamon setzte nach, Morael schlug nun wütend auf seinen Panzer. Plötzlich splitterte Diamons Rüstung und zerbrach.

Diamon warf sie ab und schlug mit seinem Schild gegen Morael und traf damit den wunden Punkt von dessen Rüstung. Diese zerbrach ebenfalls und krachte heftig zu Boden.

Ein schneller Hieb von Morael sauste über Diamons Haare und versengte sie, er konnte aber Schlimmerem geschickt noch ausweichen.

Morael ballte wieder die Faust, Flammen eines blauen Feuers züngelten um sie. Er schlug Diamon mit der Feuerfaust und traf ihn genau auf die Brust. Diamon beugte sich ein wenig und rammte seinen Schädel gegen seinen Bruder. Dieser hielt Diamon an den Schultern fest und packte Diamons Haupt. Mit einem Mal begannen beide Hände zu glühen und Diamons Kopf stand in blauen Flammen.

Diamon stieß sich weg von seinem Bruder und schlug wild auf das Feuer. Bald hatte er es besiegt, aber sein Gesicht war leicht verbrannt und purpurrot.

Morael lächelte finster und stellte sich auf. Plötzlich schossen aus seinem Rücken sechs prächtige schwarze Flügel heraus und breiteten sich aus. Seine Brust strotzte plötzlich vor Muskeln und ihn umgaben überall blaue Flammen.

Diamon erschrak und konnte gar nicht so schnell reagieren, wie er von seinem Bruder eine volle Breitseite bekam. Tausend Schläge prasselten auf ihn ein und er begann, Blut zu spucken.

Ich war entsetzt über so viel Grausamkeit und schrie voller Verzweiflung „Diamon!“

Dieser war zu geschwächt, um zurückzuschlagen, und sank blutüberströmt zu Boden. Morael lachte laut und versetzte Diamon noch einen Tritt. Diamon rollte seitwärts und blieb regungslos liegen.

Ich blickte auf die Sanduhr, die er mir gegeben hatte, und sah voller Angst, wie der Sand immer schneller durchrieselte.

Diamons Tattoos begannen zu leuchten und aus seinem Rücken schossen seine purpurnen Flügel, seine Augen leuchteten wieder. Doch plötzlich stand auch er in Flammen, von tiefem Rot.

Dann knallten die beiden aneinander, ohne dass ich einen Schlagabtausch zuvor beobachten konnte. Ich konnte aber sehen, wie der Sand in der Uhr weiter- und weiterrieselte. Immer schneller.

Es flogen im wahrsten Sinne des Wortes die Fetzen und Federn zu Boden. Ich sah mit Schrecken, wie Morael niedergeschlagen wurde und Diamon auf ihn sprang. Er schlug seinem Bruder ins Gesicht, seine Augen verrieten seine Ohnmacht und Wut!

Morael versuchte zu fliehen, doch als er gerade entkommen wollte, packte Diamon die schwarzen Flügel seines Bruders und riss sie ihm aus. Das Blut spritzte nach allen Richtungen und Morael schrie voller Schmerz laut auf. Ich blickte abermals auf die Sanduhr …, die letzten Körner bahnten sich ihren Weg.

Brennende Tränen füllten meine Augen und ich betete für Diamon.

Diamon holte mit seinem Schwert aus und schlug nach seinem Bruder, doch dieser konnte, mit letzter Kraft, ausweichen und tauchte sogleich hinter Diamon wieder auf. Morael durchstieß den Leib seines Bruders …

Morael nahm das Schwert und bohrte tiefer in Diamons Wunde. Diamon schrie vor Schmerz! Ich weinte, ich konnte das nicht mehr mit ansehen.

Ich schnappte mir die Lichtklinge von Nomaid und eilte zu Diamon und Morael. Sour rannte mir hinterher. Ich sah und hörte nichts mehr, ich wollte einfach nur noch zu Diamon, er brauchte meine Hilfe! Da hing er an der Klinge seines Bruders und blickte mich müde an, seine Flügel wurden immer kleiner und verschwanden.

Morael schmiss ihn brutal zu Boden, zog sein Schwert heraus und rammte es ihm noch einmal in seine Brust. Ich konnte nur schwer atmen und kaum noch laufen, ich weinte bitterlich.

Diamon stöhnte laut auf, sein Atem wurde flach. Mit einem Satz sprang ich auf Moraels Rücken. Die Lichtklinge durchzog seine Schulter und drang, bis zu seiner Brust, tief in ihn ein. Moraels Augen erbleichten, er stürzte dröhnend zu Boden. Weder ein Zucken noch ein einziger Atemzug, Morael war tot, mit nur einem Schlag.

Diamon schaute mich an und lächelte schwach. Dann wurde sein Blick starr und bleich. Diesen gen Himmel gerichtet, endete sein Leben, ohne ein letztes Wort. Ich schluchzte laut und schrie vor Herzweh!

Ich hielt seinen Kopf lange in meinen blutbeschmierten Händen. Ich wollte ihn noch einmal lachen sehen, nur einmal. Ich wusste, dies würde nie mehr passieren. Er war verloren. Ich sagte ihm leise Lebewohl.

„Oh Gott, ich kann nicht mehr, warum nimmst du mir meine Freunde, mein Leben?“ Ich zitterte am ganzen Körper.

Sour umarmte mich von hinten. Ich bemerkte ihn kaum, ich hielt, übermannt von meiner Trauer, nur Diamons Kopf in meinen Händen. Ich glitt behutsam über seine Augenlider, damit sie sich schlossen.

Ich fragte mich, als ich ihn so ansah, was er mir bedeutet hatte, wer er für mich und ob er meine Heimat gewesen war. Sollte ich ihm folgen?

„Ich habe zu dir aufgesehen, Diamon. Dein Horizont trägt Trauer, mein ganzes Leben lang. Dein Herz lag unter Feuer, bis es zerbrach. Du hast mir manchmal weh getan, doch es war schön, dich anzusehen. Ganz egal wo ich war, ich war immer froh, wieder bei dir zu sein. Um zu verstehen, wie du warst, denke ich daran! Du bist mir so fremd, ich erkenne dich nicht mehr wieder. Worin liegt die Wahrheit, will ich sie denn verstehen?“

Ich küsste ehrfurchtsvoll seine Stirn und hielt sie an meine. Ich war in meiner Trauer gefangen, niemand konnte mich trösten.

Plötzlich riss mich ein Gebrüll aus meinen Gedanken.

Der Lagiacrus stürmte auf uns zu, aber Sour stellte sich in den Weg, um mich zu beschützen.