Prolog

Zwei Männer, in rotes Licht getaucht. Sie sitzen sich gegenüber. An einem quadratischen Tisch, in einem rechteckigen Restaurant unweit der Reeperbahn auf Sankt Pauli.

Der eine Mann ist klein, seine dunklen Haare sind akkurat geschnitten und nach hinten gekämmt. Er trägt einen schwarzen Mantel über seinem hellen Anzug und schwarze Lederhandschuhe über seinen unruhigen Händen.

Der andere ist groß und breitschultrig, seine hellbraunen Locken fallen ihm bis über die Ohren. Er trägt eine dicke Lederjacke und dunkle Jeans. Er ist noch jung, sieht aus wie ein Sportstudent. Er sieht aus wie einer, der nicht hierhergehört.

Der Laden ist offiziell ein italienisches Restaurant, aber alle außer den Touristen wissen, dass hier Albaner die Chefs sind. Die Wände sind rot gestrichen, die wenigen Lampenschirme sind auch rot. Abends, wenn auf allen Tischen Kerzen brennen, ist das Licht sehr gemütlich, dann glitzern die an der hinteren Wand aufgereihten Spirituosenflaschen wie Perlenketten. Jetzt, am Tag und ohne die Kerzen, ist das alles ein bisschen zu rot. Die Flaschen sind zum Zerspringen gespannt, und im Raum herrscht ein Licht wie in der Vorhölle. Der abgetretene Dielenboden stöhnt unter jedem Schritt, und es wäre nicht verwunderlich, wenn er voller Falltüren in die Dunkelheit wäre.

Vor den Fenstern schneit es. Hin und wieder kann man in der Ferne das Nebelhorn eines Schiffes hören. Sonst hört man nicht viel. Draußen hat der Schnee Sankt Pauli mit einer ungewöhnlichen Stille bedeckt. Drinnen ist die Musik leise und zurückhaltend, flüsternder alter Diskosoul. Und zwischen den beiden Männern wabert das, was man ein unbehagliches Schweigen nennt. Sie sehen sich an, als hätten beide seit Jahren nicht mehr gelächelt.

Nach einer ganzen Weile zündet sich der mit den kurzen dunklen Haaren eine Zigarette an und sagt:

»Du weißt, was mit Männern passiert, die mich verarschen wollen?«

»Sind so tot wie frittierte Hühnerärsche.«

»Correctamundo.«

Der Dunkelhaarige zieht an seiner Zigarette, bläst den Rauch in die Luft und sieht an die Decke, als gäbe es da etwas zu finden. Dann schaut er zurück zu dem Lockenkopf. Seine Blicke sind jetzt so scharf wie eine Lkw-Ladung Samuraischwerter.

»Sehe ich aus wie eine Schlampe?«

»Nein.«

»Warum versuchst du mich dann zu ficken wie eine Schlampe?«[1]