Als ich zurück ins Hotel kam, ging es Mama wieder gut. Wir beschlossen, in einem der kleinen Restaurants in der Nähe essen zu gehen.
»Etwas richtig Exklusives, original Französisches, das wäre das Richtige heute«, sagte die Tante. »Damit wir wirklich fühlen, dass wir in Paris sind. Nur keine Schnecken. Oder Froschschenkel.«
»Ich habe einmal Froschschenkel gegessen«, sagte Mama. »Das war in Dänemark. Die haben nicht schlecht geschmeckt, aber besonders gut waren sie auch nicht. Die müssen wir heute nicht essen. Worauf hast du Lust?«
Sie sah mich an.
»Pizza«, sagte ich.
Und es wurde Pizza. Wir fanden ein kleines Lokal gleich um die Ecke vom Hotel. Der Fahrstuhl funktionierte immer noch nicht, und wir hatten keine Lust, den Rollstuhl all die Treppen hinunterzuschaffen, deshalb musste es sehr, sehr nahe sein. Die Tante und ich stützten Lucy auf beiden Seiten.
»Oh, wie schön«, sagte Mama. Der Kellner hatte eine Kerze angezündet, die er oben in eine leere Weinflasche gesteckt hatte. Auf dem Tisch lag eine karierte Decke. »Es ist schon eine Ewigkeit her, dass ich das letzte Mal im Restaurant war.«
Der Kellner kam mit einem Schälchen Oliven. Tante probierte sie und sagte, die seien richtig gut. Ich probierte auch eine und stellte fest, dass es das Schlimmste war, was ich jemals gegessen hatte. Als ich sie ausspuckte, musste die Tante lachen.
»Ich glaube, man muss erwachsen sein, um die zu mögen«, sagte sie.
Mama bestellte für Lucy Lasagne, wir anderen aßen Pizza.
»Welche Pläne haben wir für morgen?«, fragte die Tante.
»Na, wir müssen uns wohl ein bisschen umschauen«, sagte ich. »Vielleicht machen wir eine Bustour. Dann fahren wir auf den Eiffelturm und anschließend gucken wir uns die ›Mona Lisa‹ an. Dazu hätte ich Lust.«
Mama und die Tante sahen einander an.
»Vielleicht können wir beide eine Sightseeingtour machen«, schlug die Tante vor. »Und ein paar von den bekannten Sehenswürdigkeiten angucken. Außerdem würde ich gern ein bisschen einkaufen. Ein paar Kleider in Paris kaufen.«
»Mama muss auch mit«, wandte ich ein. »Ihretwegen sind wir doch nur hier.«
»Wir müssen sehen, was ich morgen schaffe«, sagte Mama. »Es ist schon fantastisch, überhaupt in Paris zu sein.«
»Was ist mit der Autofahrt?«, fragte die Tante. »Hast du etwas hingekriegt? Hast du eine Überraschung für uns?«
Ich schüttelte den Kopf.
»Noch nicht.«
»Das macht gar nichts«, sagte Mama. »Eigentlich interessiere ich mich nicht besonders für Cabrios und so. Das Wichtigste ist, dass wir jetzt zusammen sind.«
»Das klappt schon«, sagte ich. »Es gibt immer eine Lösung.«
Die Tante half Lucy beim Essen.
»Können wir auch einen Dessert haben?«, fragte ich.
»Du bist hier der Reiseleiter, du musst entscheiden«, meinte die Tante.
Ich schaute in die Speisekarte.
»Die haben hier Fromage«, sagte ich. »Das kenne ich, das ist Pudding, der ist absolut lecker.«
Mama und die Tante lachten.
»Da würdest du aber dumm gucken«, sagte Mama. »Fromage ist Französisch und heißt Käse. Und das sind solche Käse, die du nicht magst.«
»Äh«, sagte ich. »Eklige Käse sind doch kein Dessert, oder?«
Wir bestellten eine Art Schokoladenpudding. Lucy hatte die Schokolade im ganzen Gesicht. Mama schaffte nur wenig von ihrem Dessert, die Tante auch. So blieb ziemlich viel für mich übrig.
»Du wirst noch bis nächsten Freitag von all der Schokolade aufgedreht sein«, sagte Mama.
»Ach was.«
Doch Mama hatte nicht ganz unrecht. An diesem Abend war es schwer einzuschlafen. Ob es nun an der Schokolade lag, da war ich mir nicht sicher. Aber unmöglich war das nicht.