Und doch

Man hat viel darüber geschrieben, was das Besondere eines großen Erfinders ausmacht. Viele glauben, sie seien mit der Gabe der Kreativität auf die Welt gekommen. Ich kann hier nicht über andere sprechen, aber für mich war es schlicht und einfach harte Arbeit. Ich musste immer härter arbeiten als die anderen. In der Schule kämpfte ich, um ein B zu bekommen, während andere weniger arbeiteten und ein A erhielten. Fast nie ist mir etwas leichtgefallen. Doch gerade die Tatsache, dass ich mich so viel mehr anstrengen musste, um die Grundlagen einer Sache zu verstehen, ermöglichte mir eigenartigerweise den nächsten Schritt. Natürlich spielten auch Glück und der richtige Zeitpunkt eine Rolle. Genau sieben Mal wusste ich beim Verlassen des Labors am Abend, dass ich etwas völlig verstanden hatte, in einer Weise wie noch niemand zuvor. Als das das erste Mal passierte, war ich davon noch verunsichert und verwirrt. Aber mit der Überzeugung von der Richtigkeit meines Denkens wuchs auch meine Selbstsicherheit. Das nächste Mal konnte ich schon besser damit umgehen, und danach war mir klar, was passierte. Nichts kann das Gefühl beschreiben, wie es ist, zu wissen, dass man der Erste ist, der etwas Neues entdeckt oder ein vorher unlösbares Problem gelöst hat. Das ein paar Mal zu erleben, bewirkt Wunder für das Selbstvertrauen.

Was Erfinder und Innovatoren tun, ist eigentlich sehr einfach: Wir nehmen ein leeres Blatt Papier und schreiben Dinge auf. Punkt. Eine Idee zu haben, sich selbst zu vertrauen und von der Idee so begeistert zu sein, dass man sie aufschreibt und durchdenkt – das ist alles. Wenn ich zu den Marketingleuten gehe und sie bitte, ein neues chirurgisches Handbuch zusammenzustellen, wie wir es zum Beispiel für die neue chirurgische Technik beim runden Fenster gebraucht haben, wird das eine extrem schwierige Aufgabe für sie. Wenn ich ihnen hingegen einen groben Überblick gebe, ein paar Punkte aufschreibe und vielleicht noch ein paar primitive Illustrationen der einzelnen chirurgischen Schritte, dann haben sie etwas, womit sie arbeiten und anhand dessen sie vor allem die richtigen Fragen stellen können. Danach ist es relativ leicht für sie, meine Ideen zu beschreiben und zu illustrieren, und das fertige Dokument wird ganz anders und viel besser sein als mein ursprüngliches. Die Schwierigkeit ist nur das leere Papier: Den ersten Schritt in neues, unerforschtes Land zu setzen, etwas aufzuschreiben, einen guten Anfang zu finden – das ist die Herausforderung.

Der Erste zu sein erfordert auch ein gewisses Maß an Kühnheit und Furchtlosigkeit. Schwerhörig zu sein ist eine Eigenschaft, die ich mit dem größten Erfinder aller Zeiten, Thomas Edison, teile. Gehörlosigkeit und Schüchternheit schließen sich gegenseitig aus. Wir Gehörlosen missverstehen oft Worte und sind die verwunderten Blicke gewöhnt, die wir ernten, wenn wir mit unseren Gedanken nicht zurechtzukommen scheinen oder uns manchmal eigenartig benehmen oder seltsam sprechen. Wir lernen, dass es zwecklos ist, sich mit solchen Sachen aufzuhalten, also machen wir einfach weiter. Daher fürchten wir uns nicht vor einem schrägen Blick, dem gelegentlich falschen oder abstoßenden Wort oder den Fehlern. Wir tun es einfach im Bewusstsein, dass wir es irgendwann schon richtig hinkriegen. Und wenn nicht, macht es auch nichts. Es hat auch sonst noch keiner geschafft. Aufgrund dieser Erfahrungen wissen wir, dass Erfindungen manchmal durch Zufall entstehen: Wir suchen eine Sache und finden eine andere, die sich als besser herausstellt als das ursprünglich Gesuchte. Die besten Innovatoren können meiner Meinung nach ihre Erkenntnisse anderen auch sehr gut erklären. Nehmen wir Einstein, der das sehr vereinfachte Modell von Zügen, die sich überholen, heranzieht, um seine Relativitätstheorie zu erklären, eines der revolutionärsten Konzepte überhaupt. Züge! Ich habe sicher in hundert oder mehr Vorträgen erklärt, wie mein FMT funktioniert. Obwohl mein kleiner Wandler sehr einfach ist im Vergleich zur Relativitätstheorie, bezweifle ich, dass ihn mehr als ein Dutzend Leute wirklich verstanden haben. Ich wünschte, ich hätte Einsteins Gabe, ein Thema zu vereinfachen. Manchmal denke ich, dass mehr Ärzte den FMT angenommen hätten, wenn ich ihn nur besser und überzeugender hätte erklären können. Ich hoffe nur, dass ich dank der Erkenntnis, wie wichtig eine einfache Erklärung für diese komplexe Materie ist, doch einiges vermitteln kann.

Der beste Vermittler komplexer Ideen, den ich je gehört habe, war Joe Costello, der eine wirkliche Begabung dafür hatte. Ich hörte ihn einmal eine Stunde lang über komplexe Software-Plattformen referieren, und er erklärte das kristallklar. Dr. Rodney Perkins hat das gleiche Talent. Er kann ein banales Thema neu und aufregend erscheinen lassen oder ein sehr komplexes ganz einfach. Ich besuchte einmal einen Vortrag von Dr. Perkins über ein lächerliches Thema und beobachtete mit Staunen, wie ihm das Publikum völlig auf den Leim ging.

Am Ende der Präsentation wandte ich mich an einen Kollegen: „Ich glaube davon zwar kein Wort, aber nach dieser Darbietung, gestehe ich, würde ich es gerne glauben!“

„Ja, ich auch. Was für eine tolle Präsentation!“

Ein großer Vermittler zu sein, führt dazu, dass man ein großer Verkäufer wird, und um als Erfinder erfolgreich zu sein, muss man seine Ideen und notfalls sich selbst gut verkaufen, und zwar besser, als man es für möglich hält.

Wir leben in einem Zeitalter der Überspezialisierung. Ich denke, dass einseitiges und spezialisiertes Denken eine Falle für den Erfindergeist darstellt. Es ist gut, dass man die Kunst der Erfindung lernen kann, und vielleicht sollten wir uns darin auch spezialisieren. Die führenden erfolgreichsten Innovationen entstanden, nachdem die härtesten Probleme gelöst wurden. Der Schlüssel liegt eben darin, den ausgetretenen Pfad zu vermeiden. Zu viele Leute glauben, sie könnten das angesagteste Restaurant in der Stadt eröffnen, das nächste tolle Gerät oder den nächsten Gimmick erzeugen oder alle anderen T-Shirt-Firmen übertrumpfen. Doch die meisten Restaurants überleben nicht einmal zwei Jahre (kaum eines länger als fünf) und es gibt nur sehr wenige Goldgruben. Aber jene, die sich ein schwieriges und anspruchsvolles Gebiet aussuchen, das man oft schwer erklären kann, haben den Weg in die Zukunft gewählt. Der Erfolg kommt nicht, indem man die niedrig hängenden Früchte am Baum pflückt, außer der Baum steht irgendwo, wo noch niemand geschaut hat.

Als Erfinder bin ich voreingenommen, was die Förderung und Belohnung von Innovation betrifft. Erfinder werden häufig übers Ohr gehauen und besitzen kaum die Mittel, Patente eintragen zu lassen. Sollten sie Aktien oder Honorare erhalten, müssen sie oft miterleben, wie der Wert ihrer Aktien bis zur Wertlosigkeit verwässert wird. Um Erfinder zu belohnen und Innovation zu fördern, müssen wir eine gerechte Entlohnung anstreben. Als Minimum sollten Erfinder ein Prozent Lizenzgebühr aus den Nettoverkäufen ihrer Erfindung erhalten. Wenn eine Erfindung verkauft wird, sollten Erfinder mindestens fünf Prozent des Verkaufspreises erhalten. Sollte eine Firma an die Börse gehen, müssten die Erfinder zehn Prozent ihrer Aktien bei Ausgabe und jedes Quartal bis zu zehn Prozent ihres ursprünglichen Aktienanteiles verkaufen dürfen, unabhängig vom Preis oder anderen Ereignissen. Schließlich sollten Erfinder die Option haben, fünf Prozent ihrer Aktien in einen unabhängigen Inventionsfonds zu platzieren, der unabhängig gemanagt wird. Ich gebe schon zu, dass die Verwirklichung dieser Ideen einige Arbeit und noch einige unbeantwortete Fragen bedeutet. Wie steht es mit den Universitäten, die für die Forschung zahlen? Wie schaut es mit mehreren Erfindern und multiplen Patenten aus? Was, wenn ein Erfinder für eine Innovation bezahlt wurde und das Patent später für ungültig erklärt wird? Was ist mit Verkäufen auf internationalen Märkten? Es gibt viele Probleme, doch ich denke, alle sind zu lösen, wenn auch vielleicht nicht perfekt. Wenn man sicherstellt, dass Innovatoren und Erfinder angemessen belohnt werden, kann es nur zum Vorteil von Institutionen sein und das größere ökonomische Bild verbessern. Das Ziel müsste sein, den Erfindern ein faires Stück vom Kuchen zuzuteilen, der mit ihrem intellektuellen Beitrag entsteht, und Innovation zu fördern.

Mit solchen Bestimmungen würden sicher einige Erfinder Multimillionäre, aber die meisten würden einfach nur einen fairen und bescheidenen Beitrag zu ihrem Einkommen erhalten. Die Universitäten mögen aufschreien und protestieren, dass sie doch dafür schon Gehälter bezahlt. In Wahrheit ist aber die Anzahl der Erfindungsmeldungen und Patentanmeldungen häufig niedriger, als sie sein sollte. Viele Forschungseinrichtungen verabsäumen es, ihre Entwicklungsabteilungen zu ermutigen, die Ergebnisse durch vorläufige Anmeldungen abzusichern, bevor die Resultate publiziert werden. Viele Labors wissen nicht einmal, dass mit der Publikation der neuesten Forschung möglicherweise die Rechte auf die Erfindung für immer verloren gehen, wenn nicht vorher die Rechte auf intellektuelles Eigentum entsprechend dokumentiert und eingereicht sind.

Man sagt, dass Leute von Startups innerhalb von zwei Jahren mehr arbeiten als andere ihr Leben lang. Das mag stimmen, aber ich weiß nicht genau, was es bedeuten soll, denn ich war immer selbst Gründer einer neuen Firma oder habe mit solchen gearbeitet. Aber natürlich erfordern Startups viel Zeit und kosten viel Schweiß. Zu Beginn sind Startups wunderbar: jeder arbeitet hundertzehnprozentig mit, alle kommunizieren toll miteinander, die Ziele sind glasklar und die Geschäftsführung ist immer präsent und ansprechbar, weil man ja dasselbe Büro teilt. Neue Firmen beginnen immer mit hochfliegenden Ansprüchen, und alles ist bestens. Es gibt nichts, was über das Gefühl eines neuen Startups geht, es ist wie eine berauschende Droge.

Biodesign hat kürzlich ein Buch herausgebracht, das in allen Einzelheiten beschreibt, durch welche Phasen Startups für Medizintechnik gehen. Ein kleines Detail, das in diesem Text nur kurz angesprochen wird, ist die Tatsache, dass echte Startups mit bahnbrechenden Konzepten oft viele Jahre brauchen, bis sie erfolgreich sind, und ihre Sonnen- wie Schattenseiten haben. Die meisten Startups sind kein Honiglecken, die meisten schaffen es nicht, und die Konsequenzen und Effekte, die das auf Gesundheit und Wohlbefinden eines Einzelnen haben kann, können gravierend und dauerhaft sein. Der enorme Druck auf Familien, Ehen und soziale Netzwerke lässt Burn-out zu einer nicht zu unterschätzenden Gefahr werden. Vertraulichkeitsvereinbarungen, Finanzgesetze und Übereinkommen lassen den Fackelträgern oft wenig Möglichkeiten, Bedenken und Befürchtungen zu äußern. Es ist ein steiniger Grund, und die Höhen- und Tiefflüge sind extrem. Das eigene Unternehmen zu gründen, es an die Börse zu bringen, es bei seinen ersten zögernden Schritten an der Hand zu nehmen und es dann plötzlich trotz aller Bemühungen zermalmt zu sehen, ist absolut nicht lustig. Manchmal liegt die Erklärung im Markt, manchmal nicht. Manchmal ist es einfach nur Pech. Das Biodesign-Buch spricht nicht darüber, dass es oft nur Glück und den richtigen Zeitpunkt braucht, wahrscheinlich, weil wir über diese beiden Faktoren keine Kontrolle haben.

Ich denke, dass man Erfinden lernen kann, auch wenn manche dafür bessere Anlagen mitbringen als andere. Eine Erfindung von der Idee bis zum marktreifen Produkt zu bringen, ist eine mühsame Aufgabe. Rückblickend wünsche ich mir, dass ich noch 50.000 Dollar hätte investieren können, um noch bessere Wandler zu bauen und einen Prototypen, der auf wesentlich höherem Niveau funktioniert. Den besten Prototypen zu haben und etwas physisch herzeigen zu können, hilft ungemein und hätte mein Konzept und mich in den frühen Stadien sehr viel besser ins Licht gerückt. Ich hätte auch schon zu Beginn einen fähigen Grafiker anstellen sollen, der gute Präsentationen, Dokumente und entsprechende Bilder entwirft. Ein gutes Bild ersetzt tausend Worte, sagt man, und professionelle grafische Darstellungen vermitteln ein Konzept viel aussagekräftiger.