Spätestens jetzt müssen auch die Einsparungen zur Sprache kommen, die Beamte und Pensionäre in den letzten Jahren hinnehmen mussten, damit die Kürzungen in der gesetzlichen Rentenversicherung sich auch in der Beamtenversorgung widerspiegeln. Denn natürlich haben auch Beamte in den zurückliegenden Jahren Einbußen bei ihrer Alterssicherung erlitten.
Generell gilt: Der Versorgungsanspruch von Beamten ergibt sich durch die Berufung in ein lebenslanges, nicht kündbares Dienst- und Treueverhältnis zum Staat. Deshalb entrichten Beamte auch keine direkten eigenen Beiträge zur Altersvorsorge, die vielmehr einen öffentlich-rechtlichen Unterhaltsanspruch gegen den Dienstherren darstellt, der nur durch Gesetz geregelt werden kann. Durch das Alimentationsprinzip stehen Beamtenbesoldung und -versorgung in einem engen Zusammenhang. Sie basieren dennoch auf unterschiedlichen gesetzlichen Grundlagen. Während die Beamtenbesoldung maßgeblich von den Vorschriften des Bundesbesoldungsgesetzes (BBesG) bestimmt wird, wird die Beamtenversorgung durch das Beamtenversorgungsgesetz (BeamtVG) geregelt. Dies gilt sowohl für Beamte des Bundes, der Länder und Gemeinden als auch für die privatisierten ehemaligen Bereiche der Post, Telekom und Bahn.
- Seit den 1990er Jahren wird an der Alterssicherung für Staatsdiener herumgedoktert. Eine kleine Auflistung zeigt, was in den letzten Jahren alles passiert ist. Die wichtigsten Reformen waren dabei:[1]
- Das Dienstrechtsreformgesetz von 1997: Dabei wurde das allgemeine Antragsalter von 62 auf 63 Jahre angehoben und der verfrühte Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit erschwert. Nach dem Grundsatz »Rehabilitation vor Versorgung« müssen sich dienstunfähig gewordene Beamte für andere Verwendungen umschulen lassen.
- Im folgenden Jahr, 1998, wurde die Versorgungsrücklage gebildet. Um die zu erwartenden Spitzen bei der Zahlung von Pensionsleistungen abzufedern, haben Bund und Länder ein zeitlich begrenztes Sondervermögen angelegt. Finanziert wurde die Rücklage zwischen 1999 und 2002 über einen Abzug von 0,2 Prozent bei den jeweils anstehenden Tariferhöhungen im Öffentlichen Dienst.
- Das Versorgungsänderungsgesetz von 2001 konkretisierte die Finanzierung der 1998 eingeführten Versorgungsrücklage. Sie wurde – allerdings nur vorübergehend – geändert. In insgesamt acht Schritten ab 2003 wurde die Höhe der Pensionen abgesenkt. Der Höchstruhegehaltssatz sankt von 75 auf 71,75 Prozent. Die Hälfte der so erzielten Einsparungen wurde für die Versorgungsrücklage genutzt. Ab 2011 ist wieder die alte Rücklagen-Regelung geltend. Dabei hat das Bundesverfassungsgericht ausdrücklich in einem Urteil darauf hingewiesen, dass der Staat die Höhe der Beamtenpensionen beschneiden darf, um das Versorgungssystem insgesamt sicherer und dauerhafter zu machen. Damit wurde die Klage dreier Pensionäre gegen das Versorgungsänderungsgesetz von 2001 zurückgewiesen. Laut Gericht müssen Beamte dies hinnehmen. Das Ziel des Gesetzgebers, die Kürzungen in der Rentenreform 2001 auf die Pensionen zu übertragen, sei »sachlich gerechtfertigt«. Ja, die Richter gingen in ihrer Begründung noch weiter. Denn dem Urteil zufolge greift die Regelung nicht in den Kernbestand des Alimentationsprinzips ein, das Beamten einen angemessenen Lebensunterhalt garantiert. Zwar sei im Beamtenrecht das Ziel, Ausgaben zu sparen, in aller Regel »keine ausreichende Legitimation für eine Kürzung der Altersversorgung«. Die Verringerung des Versorgungsniveaus müsse von den Klägern aber hingenommen werden, weil es in der gesetzlichen Rentenversicherung zu ähnlichen Kürzungen gekommen sei. Zudem gebe es im Beamtenrecht keinen Grundsatz, wonach die Höchstversorgung mindestens 75 Prozent der Dienstbezüge betragen müsse.
- Seit dem Jahr 2004 müssen pensionierte Beamte genauso wie gesetzlich versicherte Rentner in die Pflegeversicherung einzahlen. Die Versorgungsbezüge werden um den halben Beitragssatz der sozialen Pflegeversicherung gemindert.
- Das Alterseinkünftegesetz aus dem Jahr 2005 sieht vor, dass nunmehr auch für Beamtenpensionen der schrittweise Übergang zur nachgelagerten Besteuerung gilt, mit der die Bundesregierung auch Altersbezüge der gesetzlichen Rentenversicherung in Zukunft besteuert. Bis 2040 gilt eine Übergangsregelung, danach werden Beamtenpensionen und Renten steuerrechtlich gleich behandelt.
- Mit dem Versorgungsfonds aus dem Jahr 2007 wird die Finanzierung der Pensionen sukzessive um eine Kapitaldeckung ergänzt. Für Beamte des Bundes, die nach dem 1. Januar 2007 eingestellt werden, müssen Zahlungen an den Fonds abgeführt werden, um Rücklagen für die späteren Versorgungsleistungen zu bilden. Im gleichen Jahr beschloss die Bundesregierung die allgemeine Erhöhung des Renteneintrittsalters von 65 auf 67 Jahre.
Ab 2018 wird somit die Versorgungsrücklage die Mehrbelastungen infolge vieler Ruhestandseintritte abfedern. Das Bundesfinanzministerium geht nach heutigem Stand davon aus, dass die Rücklage etwa 15 Jahre reichen und dabei den Bundeshaushalt jährlich um rund 500 Millionen Euro entlasten wird. Ab 2020 greift dann auch der Versorgungsfonds. Langfristig sollen die Versorgungsleistungen des Bundes komplett aus dem Fonds beglichen werden. Außerdem, darauf verweist der DBB, hätten die Versorgungsempfänger des Bundes durch mehrere Nullrunden in den Jahren 2005 bis 2007, vergleichbar den Nullrunden in der gesetzlichen Rentenversicherung, einen deutlichen Beitrag zur Konsolidierung des Bundeshaushalts erbracht. Die Beamten haben also in den letzten Jahren durchaus ihren Beitrag zur Etatkonsolidierung geleistet.
Sie müssen mehr zu ihrer eigenen Altersvorsorge beitragen als früher. Doch von einer wirkungsgleichen Übertragung der Rentenkürzungen auf die Pensionen kann, sosehr der Beamtenbund und auch die Gewerkschaft ver.di dies immer wieder behaupten, auch heute noch immer keine Rede sein. Mit Gerechtigkeit hat das Verhältnis zwischen Renten und Pensionen immer noch nicht viel zu tun, meint Winfried Fuest: »Jemand, der heute verbeamtet und morgen in den Ruhestand versetzt wird, bekommt eine höhere Pension als ein durchschnittlicher Arbeitnehmer, der 45 Jahre gearbeitet hat.« Denn: Eine Pensionszahlung von rund 1300 Euro bekommt ein Beamter bereits nach fünf Jahren Staatsdienst.
Bei der »Pension mit 67«, die für den Bund und seine Bundesbeamten bereits beschlossene Sache ist, tun sich auf Länderseite ausgerechnet hoch verschuldete Länder wie Berlin, Bremen oder das Saarland schwer.[2] Während die »Rente mit 67« ab dem Jahr 2012 zum ersten Mal (bis zum Jahr 2029) greift, ist es für eine zeitgleiche Umsetzung der »Pension mit 67« in vielen Ländern bereits zu spät. Und der Wissenschaftliche Beirat der Bundesregierung diskutiert sogar noch über viel weiter gehende Pläne. Er denkt bereits über die »Rente mit 70« nach, während neun von 16 Bundesländern keinerlei oder nur wenige Anstalten machen, die Regelaltersgrenze für ihre Staatsdiener heraufzusetzen beziehungsweise aufwendige Dienstrechtsreformen planen, die die wirkungsgleiche Einführung der »Pension mit 67« erst einmal über Jahre hinaus ins Leere laufen lassen.
Brandenburg bleibt zurzeit noch bei einer Pensionsgrenze von 65 Jahren. Rot-Grün hat in Rheinland-Pfalz im neuen Koalitionsvertrag aus dem Jahr 2011 angekündigt, in Zukunft auch die Landesbeamten zwei Jahre länger arbeiten zu lassen. Passiert ist aber bis heute noch nicht viel. Sachsen-Anhalt hat mitgeteilt, dass es für seine Beamten die stufenweise Verlängerung der Lebensarbeitszeit erst ab dem Jahr 2015 einführen will. Dann trifft es die derzeitige Beamtengeneration nicht mehr so hart, wenn sie in den Ruhestand wechselt. NRW-Finanzminister Walter Borjans (SPD) hat sich bereits für die Beibehaltung der längeren Lebensarbeitszeit für Beamte ausgesprochen. Abzuwarten bleibt jedoch, ob die rot-grüne Regierung in Nordrhein-Westfalen unter der Führung von Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) das Gesetz zur Einführung der »Pension mit 67« wieder zurücknimmt, das unter ihrem Vorgänger Jürgen Rüttgers (CDU) beschlossen wurde, denn die Minderheitsregierung bereitet eine große Dienstrechtsreform vor. Das lässt nichts Gutes ahnen: Anders als NRW-Finanzminister Borjans äußerte sich Anfang Januar 2012 NRW-Innenminister Ralf Jäger (SPD), die Regierung plane keine weiteren Kürzungen im Landesdienst und werde sich in wichtigen Fragen bald mit den Gewerkschaften einigen. Es sei derzeit noch offen, ob auch für beamtete Lehrer und Polizisten in Nordrhein-Westfalen die Altersgrenze auf 67 angehoben wird.
Dabei hatte man eigentlich in Nordrhein-Westfalen Großes vor: In Düsseldorf wollte man den bisher ambitioniertesten Vorstoß zur Umgestaltung des Öffentlichen Dienstes wagen. Kern der Reform sollte eine weitgehende Abschaffung des Berufsbeamtentums und die Einführung eines einheitlichen Status für alle Beschäftigten beim Land sein – Arbeiter und Angestellte eingeschlossen. Sogar das Streikrecht sollten die Staatsdiener erhalten. Und außerdem sollte ein Entgeltsystem eingeführt werden, das die tatsächlich erbrachte Arbeitsleistung stärker berücksichtigt. Manche Ideen der sogenannten »Bull-Kommission« (benannt nach dem Staats- und Verwaltungsrechtler und ersten deutschen Bundesbeauftragten für den Datenschutz, Hans-Peter Bull) wären erst nach einer Änderung des Grundgesetzes umsetzbar gewesen – und dafür hätte die rot-grüne Regierung unter Ministerpräsident Peer Steinbrück (SPD) auf Bundesebene natürlich keine Mehrheit gefunden. Nach der Wahlniederlage von Peer Steinbrück (SPD) vom Mai 2005 zeigte die schwarz-gelbe Regierung unter Jürgen Rüttgers (CDU) zunächst kein weiteres Interesse an einer Dienstrechtsreform, obwohl den Ländern seit der Föderalismusreform mittlerweile die Gesetzgebungskompetenz für das Laufbahn-, Besoldungs- und Versorgungsrecht für ihre Beamten zustand. In Bayern, Baden-Württemberg und in den norddeutschen Ländern nutzte man diese Chance für erste zaghafte Versuche einer Reform. Doch Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU) setzte andere Prioritäten. Erst im Jahr 2009 setzte er eine Expertenkommission unter Vorsitz des früheren Bundesinnenministers Rudolf Seiters (CDU) ein mit der Maßgabe, »die Wettbewerbsfähigkeit des Öffentlichen Dienstes zu stärken«. Eilig hatte es Rüttgers damit allerdings nicht. Und so geschah auch nichts – bis zur verlorenen Landtagswahl im Mai 2010 und dem Antritt der rot-grünen Minderheitsregierung unter Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) im Juli 2010, die nun mit einer »Dienstrechtsreform« Ernst machen will.
»Wir werden die Dienstrechtsreform im Dialog mit den Personalräten und Gewerkschaften auf den Weg bringen. Für uns gilt der Grundsatz ›Kooperation statt Konfrontation‹«, betont Kraft immer wieder. Was dabei herauskommen wird, lässt sich bereits heute erahnen: eine Abschaffung der vier Laufbahngruppen des einfachen, mittleren, gehobenen und höheren Dienstes. Wie bei den Bundesbeamten und schon in vielen Ländern werden dabei im größten Bundesland mit rund 300 000 Landes- und Kommunalbeamten wahrscheinlich künftig die Dienstaltersstufen in der Besoldungstabelle entfallen und in mindestleistungsbezogene »Erfahrungsstufen« umgewandelt werden sowie eine leichtere Übernahme von Pensionsanwartschaften für alle diejenigen eingeführt werden, die aus dem Öffentlichen Dienst ausscheiden und zum Beispiel in die Privatwirtschaft wechseln wollen.
»Der Öffentliche Dienst muss attraktiver werden, wenn er unter den Bedingungen des demografischen Wandels leistungsfähig bleiben will. Dazu tragen bessere Aufstiegschancen und eine höhere Mobilität entscheidend bei«, erklärte die Ministerpräsidentin. Das ist sicherlich alles nicht unwichtig. Aber man ahnt es schon: Billiger wird es so nicht – im Gegenteil. Das »Dienstrechtsreformwunderland« Bayern macht vor, was nun auch in anderen Ländern zu erwarten ist. Das Erste, was im Vorfeld der Dienstrechtsreform geschaffen wurde, waren 18 000 Beförderungsstellen im Doppelhaushalt 2009 / 2010. Davon waren etwa die Hälfte sogenannte »funktionslose« Beförderungen, die unter anderem für Volksschul- und Realschullehrer vorgesehen waren, die andere Hälfte war für Mitarbeiter der allgemeinen Verwaltung. So wurden aus Gründen des Abstandsgebotes alle Schulleiter höher eingestuft, aber da, wo man eine Anhebung hätte erwarten können, bei der Eingangsbesoldung von Lehrern für Grund- und Hauptschulen etwa, blieb es bei der Eingangsbesoldung von A12, im Gegensatz zu Lehrern anderer Schularten, gelegentlich versehen mit einem »Z« wie Zusatzbesoldung. Rund die Hälfte der Stellenanhebungen wurden auf diese Weise bereits vollzogen, die andere Hälfte fiel der Sparrunde im bayerischen Doppelhaushalt 2011 / 2012 zum Opfer.[3]
Unnötig zu sagen, dass die Folge einer solchen Attraktivitätssteigerung mittels höherer Besoldung automatisch auch steigende Ausgaben für die Altersversorgung sein werden. Die Frage aber, wie bezahlbar ein Öffentlicher Dienst in den nächsten Jahren bei einer insgesamt schrumpfenden Bevölkerung werden wird, ist auch mit einem neuen Dienstrecht nicht beantwortet. Und von einer »wirkungsgleichen Umsetzung« der Rentenreformen auf die Beamtenpensionen kann immer noch nicht die Rede sein. Es lebe der – gar nicht so kleine – Unterschied!