»Wenn du glaubst, dass ich in einem miserablen, stickigen Hotel Däumchen drehen werde, während du im Palast die Prinzessin spielst, dann hast du dich aber geschnitten. Ich komme selbstverständlich mit dir.«
Adrianne lehnte sich zurück und tippte mit dem Finger auf das Buch. »Du musst wirklich dringend dieses Buch durchackern. Wenn ich erst in Jaquir bin, wirst du nicht einmal die Gelegenheit haben, mit mir zu sprechen, geschweige denn mich in den Palast zu begleiten. So verlangt es das Gesetz. Als Frau ist es mir strengstens untersagt, mit einem Mann, der nicht zur Familie gehört, zu sprechen. Nur wenn ich verheiratet bin, darf ich im Kreise der Familie einen Mann empfangen.«
»Wir müssen einen Weg finden, diese Vorschriften zu umgehen.« Er blätterte durch das Buch. »Und du musst mir eine Einladung in den Palast besorgen.«
»Ich befinde mich kaum in der Position, Abdu um einen Gefallen zu bitten. Er muss mich zwar heimkehren lassen oder andernfalls Schande in Kauf nehmen, aber Gefälligkeiten erweisen muss er mir nicht.«
»Dann muss du mich eben heiraten.«
»Was soll der Unsinn?« Sie schnappte sich die Kaffeekanne und marschierte damit in die Küche.
»Nun, darüber können wir später noch verhandeln.« Er folgte ihr in die Küche und inspizierte den Kühlschrank in der Hoffnung, etwas Schmackhafteres als Butterbrote zu finden. »Vorher möchte ich dich aber meiner Mutter vorstellen.«
»Ich werde niemals heiraten.« Sie warf den Kaffeefilter in den Mülleimer und ließ den Deckel geräuschvoll zuklappen.
»In Ordnung, dann leben wir also weiterhin in Sünde zusammen, bis das erste Kind zur Welt kommt. Aber nun zurück zum Geschäftlichen.« Er entdeckte einen Karton Eiscreme im Kühlfach und löffelte sie direkt aus der Verpackung. »Wie wäre es dann wenigstens mit einer Verlobung - im Hinblick auf Abdu?« beendete er den Satz schnell, bevor sie etwas einwenden konnte.
»Wir werden uns auch nicht verloben, weder in Hinblick auf Abdu noch auf sonst jemanden.«
»Denk doch mal einen Augenblick darüber nach. Die Idee ist gar nicht so schlecht. Nach all den Jahren kehrst du nach Jaquir zurück, um vor der Eheschließung mit deinem Vater Frieden zu schließen. Um die Sache noch glaubhafter zu machen, sagst zu ihm, dass ich auf dieser Reise bestanden habe. Es würde mir Spaß machen, den arroganten Chauvinisten zu markieren.«
»Das würde dir auch sicherlich großartig gelingen.« Doch dann dachte sie tatsächlich über seinen Vorschlag nach, und während sie ihm das Eis aus der Hand nahm, sprach sie ihre Gedanken aus. »Das könnte tatsächlich klappen. Und es hätte zweifellos gewisse Vorteile. Er wird dich sicherlich im Palast wohnen lassen, um dich eingehend zu beäugen, in der Gewißheit, dass seine Zustimmung von großer Wichtigkeit ist. Wenn du sowieso unbedingt mitfahren willst, kannst du dich auch nützlich machen.«
»Sehr nett gesagt.« Er drückte ihre Nase in die Eiscremeschachtel. »Nun, warum übst du dich nicht schon mal in der Rolle der schweigsamen, unterwürfigen Ehefrau, während ich einige Telefonate führe?«
»Lieber freß ich eine Kakerlake.«
»Wie du willst, Liebes, aber es würde dein Schaden nicht sein, wenn du schon mal trainierst, ergeben zu nicken und zwei Schritte hinter mir zu gehen.«
»Ich beabsichtige nicht, länger als zwei Wochen dort zu verbringen.« Sie wischte sich das Eis von der Nase. »Also brauchst du dich gar nicht erst daran zu gewöhnen.«
»Ich werde mein Bestes tun.«
»Wen rufst du an?«
»Als erstes werde ich mich kundig machen, wie das mit dem Visum für Jaquir läuft. Und dann werde ich dafür sorgen, dass unsere Verlobung schnellstens die Runde macht. Wir müssen unsere Beziehung legalisieren, Eure Hoheit.«
»Ich werde dich nicht heiraten, Philip.« »Gut, gut.« Er wollte ins Eßzimmer gehen, hielt dann aber inne. »Eine Frage noch. Wenn man mich in Jaquir in deinem Bett erwischt, welche Strafe habe ich dann zu erwarten?«
»Im günstigsten Fall die Kamelpeitsche. Aber wahrscheinlich wird man dich köpfen - und mich auch.«
»Hmmm. Das sollte einem Mann zu denken geben.«
Adrianne schüttelte den Kopf, als die Küchentür hinter ihm ins Schloss fiel. Ihr Blick fiel auf die Kaffeekanne, die sie nach kurzer Überlegung wegschob. Was sie jetzt brauchte, war ein Drink. Und zwar ein starker.
TEIL III
DIE SÜSSE
Früher oder später führt Liebe zu Rache.
Lord Byron
Je bitterer die Vergangenheit, desto süßer die Zukunft.
Shakespeare