DIE MÜTZE

Während mein Bruder, dem eine ungeheure Karriere vorausgesagt ist, in den Vereinigten Staaten von Amerika an den wichtigsten Universitäten Vorträge über seine Entdeckungen auf dem Gebiete der Mutationsforschung hält, worüber vor allem die wissenschaftlichen Blätter auch in Europa mit einem geradezu beängstigenden Enthusiasmus berichten, habe ich, der zahllosen auf den kranken Menschenkopf spezialisierten Institute in Mitteleuropa müde, in seinem Hause Quartier nehmen dürfen, und ich rechne es ihm hoch an, daß er mir das ganze Gebäude völlig bedingungslos zur Verfügung gestellt hat. Dieses Haus, ein Erbstück seiner vor einem halben Jahr ganz plötzlich verstorbenen Frau, das ich vorher niemals gesehen habe, ist mir in den ersten Wochen, in welchen ich es mit der mir eigenen Vorliebe für derartige alte, in ihren Proportionen, das heißt in ihren Gewichten und Maßen sich mit der allgemeinen und besonderen Naturharmonie vollkommen deckenden, habe bewohnen dürfen, entgegen sämtlichen Ahnungen, die mich jahrelang auf das tiefste zu quälen und bis in die Zellen hinein auf das tödlichste zu stören imstande gewesen waren, zur einzig möglichen Zuflucht für meine jedenfalls zweifelhafte Existenz geworden.

Die ersten zwei Wochen in dem unmittelbar am Ufer des Attersees gelegenen Haus waren für mich eine solche Neuigkeit, daß ich aufatmete; mein Körper fing wieder zu leben an, mein Gehirn versuchte sich in einer mir schon abhandengekommenen, für den Gesunden wohl lächerlichen, für mich, den Kranken, aber doch ungemein erfreulichen Akrobatik.

Ich konnte schon in den ersten Tagen in Unterach, wie die Ortschaft, in der das Haus meines Bruders steht, heißt, auf Zusammenhänge wenigstens schließen, mir die Welt auf einmal wieder als eine Gewohnheit vorstellen, mir einen Teil der Begriffe, der ganz persönlichen, für sogenannte Anfangszwecke meines wiederaufgelebten Denkens gefügig machen. Freilich, zu studieren war mir auch in Unterach nicht möglich. Kläglich zog ich mich aus den ersten Versuchen wieder zurück, aus dem Chabulas, aus dem Diepold, Heisenberg, aus den Hilf, Liebig, Kriszat, Sir Isaac Newton, die für ein Weiterkommen auf meinem Gebiet der Wald- und Forstwissenschaft, wie ich glaube, unerläßlich sind. Ich beschränkte mich auch in Unterach, mich meinem kranken Kopf fügend, bald nurmehr noch auf das Ausfindigmachen von Bildern, auf die bloße Zergliederung, auf das Herauslösen kleinerer aus den großen Substanzen der Farbhistorie, der ganzen Zustandgeschichte; wieder war ich, wie schon so oft, von einem Augenblick zum andern auf den elementaren Farbanschauungsunterricht zurechtund zurückgewiesen. Ja, ich verfiel in die erbärmlichsten Kategorien der Selbstbetrachtung und der von mir so bezeichneten Farbhysterie in mir, ständig alle meine Auswege beobachtend, ohne einen Ausweg zu finden; eine Fortsetzung meiner in den Grundzügen ja nur noch tierischen Existenz, hervorgerufen durch meinen Kopf, die Überanstrengung durch die Materie überhaupt, aber auf eine entsetzliche Weise, machte ich in Unterach durch. Weil ich fürchtete, meine unmittelbare Umwelt in dem Haus könnte darauf kommen, wie es um mich bestellt ist, schickte ich alle Dienstboten weg und befahl ihnen, das Haus so lange nicht mehr zu betreten, bis mein Bruder aus Amerika zurück und alles wieder in der gewohnten Ordnung ist. Ich versuchte, keinerlei Verdacht in bezug auf meine Krankheit, auf meine Krankhaftigkeit zu erwecken. Die Leute fügten sich und gingen zufrieden, überbezahlt und froh weg. Als sie draußen waren und ich keinerlei Veranlassung zur Beherrschung mehr hatte, und ich hatte mich in diesem Haus und unter diesen Menschen, wie ich mir selbst eingestehe, auf die fürchterlichste Weise ununterbrochen beherrschen müssen, wie ich jetzt nachrechne, zwei Wochen beherrschen müssen, verfiel ich augenblicklich meinen Zuständen. Ich schloß sämtliche Jalousien an der Vorderfront des Hauses, um nicht mehr hinausschauen zu müssen. Die Jalousien an der rückwärtigen Front zu schließen wäre unsinnig gewesen, denn die Fenster führten dort an den Hochwald. Bei offenen Jalousien und Fenstern kam vom Hochwald eine noch viel größere Finsternis in das Haus herein als bei geschlossenen. Nur die Jalousien und das Fenster des Zimmers, in welchem ich hauste, ließ ich offen. Von jeher mußte mein Zimmer ein offenes Fenster haben, wollte ich nicht ersticken. Tatsächlich habe ich, nachdem ich allein im Haus war, sofort einen zweiten Versuch, meine Studien fortzusetzen, gemacht, aber ich hatte da schon in den ersten Momenten meiner Beschäftigung mit der von mir ungebührlich vernachlässigten Lehre des Doktors Mantel, gewußt, daß meine Bemühung mit einem Fiasko enden wird. Ich mußte mich, bis auf das Existenzminimum meines Gehirns erniedrigt, aus meinen und aus den Büchern meiner Lehrer zurückziehen. Diese Erniedrigung, die immer zu katastrophalen Zuständen in meinem Hinterkopf führt, läßt mich dann nichts mehr aushalten. Immer nahe daran, völlig verrückt zu werden, aber doch nicht völlig verrückt, beherrsche ich dann mein Gehirn nurmehr noch für entsetzliche Kommandierungen meiner Hände und Füße, für Extraordinationen an meinem Körper. Was ich aber in diesem Haus am meisten fürchtete, und worüber ich meinem Bruder in Amerika nicht das geringste berichtete, im Gegenteil, ich schrieb ihm verabredungsgemäß wöchentlich zweimal, es ginge mir gut, ich wäre ihm dankbar, ich machte Fortschritte in meinen Studien genauso wie in meiner Gesundheit, ich liebte sein Haus und die ganze Umgebung, was ich aber am meisten in Unterach fürchtete, war die Dämmerung und die kurz auf die Dämmerung folgende Finsternis. Von dieser Dämmerung ist hier die Rede. Von dieser Finsternis. Nicht von den Ursachen dieser Dämmerung, dieser Finsternis, nicht von ihren Ursächlichkeiten, sondern allein davon, wie sich diese Dämmerung und diese Finsternis in Unterach auf mich auswirken. Aber wie ich sehe, habe ich im Augenblick gar nicht die Kraft, mich mit diesem Thema als einem Problem zu beschäftigen, als einem Problem für mich, und ich will mich auch nur auf Andeutungen beschränken, ich will mich überhaupt nur auf die Dämmerung in Unterach und auf die Finsternis in Unterach in bezug auf mich in dem Zustand, in welchem ich mich in Unterach befinde, beschränken. Ich habe ja auch gar keine Zeit für eine Studie, weil mein Kopf, weil die Krankheit meines Kopfes meine ganze Aufmerksamkeit, meine ganze Existenz in Anspruch nimmt. Die Dämmerung und die auf die Dämmerung folgende Finsternis in Unterach kann ich nicht in meinem Zimmer aushalten, aus diesem Grund laufe ich jeden Tag, wenn die Dämmerung die Finsternis in diese grauenhafte Gebirgsatmosphäre hereinzieht, aus meinem Zimmer hinaus und aus dem Haus hinaus auf die Straße. Ich habe dann nur drei Möglichkeiten: entweder in Richtung Parschallen oder in Richtung Burgau oder in Richtung Mondsee zu laufen. Ich bin aber noch nie in die Richtung nach Mondsee gelaufen, weil ich diese Richtung fürchte, ich laufe die ganze Zeit nur nach Burgau; aber heute bin ich auf einmal nach Parschallen gelaufen. Ich bin, weil mich meine Krankheit, meine mich nun schon vier Jahre quälende Cephalalgie, in der Dämmerung (hier jetzt schon sehr früh, schon um halb fünf!) aus meinem Zimmer ins Vorhaus, in der Finsternis auf die Straße und, weil ich mir, einem plötzlichen Wink aus meinem Kopfe gehorchend, eine viel größere Tortur als an den Vortagen antun wollte, nicht nach Burgau, wie das, seit ich mich in Unterach aufhalte, meine Gewohnheit ist, sondern in den häßlichen Ort Parschallen, wo es acht Fleischhauer gibt, wie ich jetzt weiß, obwohl keine hundert Leute in dem Ort leben, man stelle sich vor: acht Fleischhauer und nicht einmal hundert Leute ... Ich wollte mir heute nicht nur die Burgauer, sondern die viel größere Parschallener Erschöpfung herbeiführen, ich wollte schlafen, einschlafen, endlich einmal wieder einschlafen. Aber jetzt ist, weil ich mich entschlossen habe, diese Sätze zu schreiben, an ein Einschlafen überhaupt nicht mehr zu denken. Eine Parschallener Erschöpfung erschien mir für heute von Vorteil, also lief ich in Richtung Parschallen. Meine Krankheit ist in Unterach wieder auf einem Höhepunkt angelangt, sie macht mich jetzt in der Weise verrückt, daß ich Angst habe, ich könnte mich unter Außerachtlassung meines geliebten, in Amerika herumreisenden Bruders an einem Baum erhängen, ins Wasser gehen; die Eisdecken sind noch dünn, und man geht gleich unter. Ich bin Nichtschwimmer, das kommt mir dann doch zugute ... Ich erwäge, das ist die Wahrheit, schon wochenlang meinen Selbstmord. Mir fehlt es aber an Entschlußkraft. Aber selbst wenn ich mich endlich entschlösse, mich aufzuhängen oder in einem Wasser zu ertränken, so hinge ich doch noch lange nicht, so wäre ich auch noch lang nicht ertrunken. Eine ungeheuere Kraftlosigkeit, und infolgedessen Nutzlosigkeit, beherrscht mich. Dabei bieten sich mir die Bäume förmlich an, das Wasser macht mir den Hof, es versucht, mich hineinzuziehen ... Aber ich gehe, ich laufe hin und her, und ich springe in kein Wasser hinein, ich hänge mich an keinem Baum auf. Weil ich nicht tue, was das Wasser will, fürchte ich das Wasser, weil ich nicht tue, was die Bäume wollen, fürchte ich die Bäume ... alles fürchte ich ... Und dazu, muß man sich vorstellen, gehe ich in meinem einzigen Rock, der ein Sommerrock ist, ohne Mantel, ohne Weste, mit meiner Sommerhose und in Sommerschuhen ... Ich erfriere aber nicht, im Gegenteil, alles in mir ist von einer fürchterlichen Hitze ständig aufgehetzt, ich bin von meiner Kopfhitze angetrieben. Selbst wenn ich völlig nackt nach Parschallen liefe, könnte ich nicht erfrieren. Zur Sache: ich bin nach Parschallen gelaufen, weil ich nicht verrückt werden will; ich muß aus dem Haus, wenn ich nicht verrückt werden will. Die Wahrheit aber ist, daß ich verrückt werden will, ich will verrückt werden, nichts lieber, als wirklich verrückt werden, aber ich befürchte, daß ich noch lang nicht verrückt werden kann. Ich will endlich verrückt werden! Ich will nicht nur Angst haben vor dem Verrücktwerden, ich will endlich verrückt werden. Mir haben zwei Ärzte, wovon einer ein höchst wissenschaftlicher Arzt ist, prophezeit, daß ich verrückt werde, in Kürze würde ich verrückt werden, haben mir die beiden Ärzte prophezeit, in Kürze, in Kürze; jetzt warte ich schon zwei Jahre darauf, verrückt zu werden, aber verrückt geworden bin ich noch immer nicht. Aber ich denke, in der Dämmerung und in der plötzlichen Finsternis, die ganze Zeit, daß ich, wenn ich am Abend in meinem Zimmer, wenn ich im ganzen Haus nichts mehr sehe, wenn ich, was ich anrühre, nicht mehr sehe, zwar vieles höre, aber nichts sehe, höre und wie höre, aber nichts sehe, wenn ich diesen entsetzlichen Zustand aushalten, die Dämmerung und die Finsternis in meinem Zimmer oder wenigstens im Vorhaus oder wenigstens irgendwo im Haus aushalten würde, wenn ich, ungeachtet des ja tatsächlich unvorstellbaren Schmerzes, das Haus auf gar keinen Fall verlassen würde, daß ich dann verrückt werden müßte. Aber ich werde den Zustand der Dämmerung und der plötzlichen Finsternis nie aushalten, ich werde immer wieder aus dem Haus laufen müssen, solange ich in Unterach bin, und ich bin so lange in Unterach, bis mein Bruder aus Amerika zurück ist, aus Stanford und Princeton zurück ist, von allen nordamerikanischen Universitäten zurück ist, so lange, bis die Jalousien wieder geöffnet, die Dienstboten wieder im Haus sind. Ich werde immer wieder aus dem Haus laufen müssen ... Und das geht so: Ich halte es nicht mehr aus und laufe fort, ich sperre alle Türen hinter mir zu, die ganzen Taschen habe ich dann voller Schlüssel, ich habe so viele Schlüssel in meinen Taschen, vornehmlich in den Hosentaschen, daß ich, wenn ich laufe, einen entsetzlichen Lärm mache, und nicht nur einen entsetzlichen Lärm, ein fürchterliches Geklirre, die Schlüssel bearbeiten, wenn ich laufe, wenn ich nach Burgau oder, wie heute abend, nach Parschallen hinüberhetze, meine Oberschenkel und meinen Bauch, und die in den Rocktaschen bearbeiten meine Hüften und verletzen mein Rippenfell, weil sie sich durch die große Geschwindigkeit, die ich sofort nach dem Verlassen des Hauses erreichen muß, an meinem unruhigen Körper sperren, allein von den Hosensackschlüsseln habe ich mehrere Verletzungen, jetzt sogar schon eiternde Wunden an meinem Bauch, vor allem, weil ich in der Finsternis auf dem brutalen Gefrorenen immer wieder ausrutsche, hinfalle. Obwohl ich jetzt schon Hunderte Male diese Straßen aufund abgelaufen bin, falle ich immer noch hin. Vorgestern bin ich viermal hingefallen, letzten Sonntag zwölfmal, und habe mir, was ich erst zu Hause bemerkt habe, mein Kinn verletzt; mein Kopfschmerz hat mich meinen Kinnschmerz gar nicht wahrnehmen lassen, also kann man sich vorstellen, wie groß mein Kopfschmerz ist, wenn er diesen Kinnschmerz, hervorgerufen von einer tiefen Wunde in den Unterkiefer hinein, hat unterdrücken können. In dem großen Spiegel in meinem Zimmer, in welchem ich, wenn ich heimkomme, sofort den Grad meiner Erschöpfung feststelle, meiner Körpererschöpfung, meiner Geisteserschöpfung, meiner Tageserschöpfung, habe ich dann die Kinnverletzung gesehen (eine solche Verletzung hätte ja von einem Arzt zusammengenäht werden müssen, aber ich habe keinen Arzt aufgesucht, ich suche nie mehr einen Arzt auf, ich verabscheue die Ärzte, ich lasse diese Kinnwunde, wie sie ist), zuerst nicht einmal die Kinnverletzung selbst, sondern eine große Menge gestockten Blutes auf meinem Rock. Ich bin erschrocken, wie ich den blutigen Rock gesehen habe, denn nun ist, fuhr es mir durch den Kopf, der einzige Rock, den ich habe, blutig. Aber, sagte ich mir sofort, ich gehe ja nur in der Dämmerung, nur in der Finsternis auf die Straße, also sieht kein Mensch, daß mein Rock blutig ist. Ich selber aber weiß, daß mein Rock blutig ist. Ich habe auch gar nicht versucht, meinen blutigen Rock zu reinigen. Noch vor dem Spiegel bin ich in ein Gelächter ausgebrochen, und während dieses Gelächters habe ich dann gesehen, daß ich mir ja das Kinn aufgeschlagen habe, daß ich eine schwere Körperverletzung an mir herumtrage. Merkwürdig, wie du mit einem aufgeschlagenen Kinn ausschaust, habe ich mir gedacht, wie ich mich im Spiegel mit dem aufgeschlagenen Kinn gesehen habe. Abgesehen davon, daß mich diese Kinnwunde entstellte, meine ganze Person hatte auf einmal auch noch einen unübersehbaren Zug ins Lächerliche, ja, in die absolute menschliche Komödie, und ich mir das Blut aus der Kinnwunde auf dem Heimweg ohne mein Wissen mit den Händen ins ganze Gesicht bis hoch in die Stirn hinauf geschmiert hatte, in die Haare! abgesehen davon, hatte ich mir auch meine Hose zerrissen. Aber wie gesagt, das war letzten Sonntag, nicht heute, und ich will sagen, daß ich heute auf dem Weg nach Parschallen eine Mütze gefunden habe und daß ich diese Mütze jetzt, während ich dies aufschreibe, aufhabe, ja ich habe die gefundene Mütze aus verschiedenen Gründen auf ... diese graue, dicke, derbe, schmutzige Mütze, ich habe sie schon so lange auf, daß sie schon meinen eigenen Kopfgeruch angenommen hat ... Ich habe sie aufgesetzt, weil ich sie nicht mehr habe sehen wollen. Ich habe sie sofort, nachdem ich wieder zu Hause war, in meinem Zimmer verstecken wollen, im Vorhaus verstecken wollen, und zwar aus wahrscheinlich auch in Zukunft völlig unaufgeklärt bleibenden Gründen; im ganzen Haus habe ich sie irgendwo verstecken wollen, aber ich habe keinen für die Mütze geeigneten Platz finden können, also habe ich sie aufgesetzt. Ich habe sie nicht mehr anschauen, aber auch nicht wegwerfen, vernichten können. Und jetzt bin ich schon mehrere Stunden lang im ganzen Haus umhergelaufen mit der Mütze auf dem Kopf, ohne sie anschauen zu müssen. Die ganzen letzten Stunden habe ich unter der Mütze verbracht, denn ich habe sie ja schon auf dem Heimweg aufgehabt und nur einen Augenblick lang vom Kopf heruntergenommen, um für sie einen geeigneten Platz zu suchen, und da ich keinen für sie geeigneten Platz gefunden habe, habe ich sie einfach wieder aufgesetzt. Aber immer werde ich die Mütze auch nicht auf meinem Kopf haben können ... In Wahrheit bin ich ja schon die längste Zeit von dieser Mütze beherrscht, die ganze Zeit habe ich an nichts anderes als an die Mütze auf meinem Kopf gedacht ... Ich befürchte, daß dieser Zustand, die Mütze auf dem Kopf zu haben und von der Mütze auf meinem Kopf beherrscht zu sein, von ihr bis in die kleinsten und allerkleinsten Existenzmöglichkeiten meines Geistes wie meines Körpers, wohlgemerkt, wie meines Körpers, und sie nicht von meinem Kopf herunter zu nehmen, sie aufzubehalten und nicht herunter zu nehmen, mit meiner Krankheit zusammenhängt, das vermute ich: mit dieser Krankheit, die mir bis heute im ganzen neun Ärzte nicht haben erklären können, neun Ärzte wohlgemerkt, die ich alle in den letzten Monaten, bevor ich vor zwei Jahren mit den Ärzten Schluß gemacht habe, aufgesucht hatte; oft waren diese Ärzte für mich nur unter unvorstellbar schwierigen Bedingungen erreichbar und mit den ungeheuerlichsten Kosten verbunden gewesen. Bei dieser Gelegenheit habe ich die Unverschämtheit der Ärzte kennengelernt. Aber, denke ich jetzt, ich habe die Mütze den ganzen Abend lang aufgehabt und ich weiß nicht, warum ich sie aufgehabt habe! Und ich habe sie nicht vom Kopf heruntergenommen und weiß nicht, warum! Sie ist mir eine fürchterliche Last, als ob sie mir ein Schmied auf den Kopf geschmiedet hätte. Aber das ist alles nebensächlich, denn ich wollte ja nur notieren, wie ich zu der Mütze gekommen bin, festhalten, wo ich die Mütze gefunden habe und, natürlich, warum ich sie noch immer auf dem Kopf habe ... Das alles wäre mit einem einzigen Satz gesagt, wie alles mit einem einzigen Satz gesagt ist, aber niemand vermag alles mit einem einzigen Satz zu sagen ... Gestern um diese Zeit habe ich überhaupt noch nichts von der Mütze gewußt, und jetzt beherrscht mich die Mütze ... Noch dazu handelt es sich um eine ganz alltägliche Mütze, um eine von Hunderttausenden von Mützen! Aber alles, was ich denke, was ich fühle, was ich tue, was ich nicht tue, alles, was ich bin, was ich darstelle, ist von dieser Mütze beherrscht, alles, was ich bin, ist unter der Mütze, alles hängt auf einmal (für mich, für mich in Unterach!) mit dieser Mütze zusammen, mit einer dieser Mützen, wie sie, das weiß ich, vornehmlich die Fleischhauer in der Gegend aufhaben, mit dieser derben, dicken, grauen Mütze. Es muß nicht unbedingt eine Fleischhauermütze sein, sie kann auch eine Holzfällermütze sein, auch die Holzfäller haben diese Mützen auf, auch die Bauern. Alle haben hier diese Mützen auf. Aber endlich zur Sache: es hat damit angefangen, daß ich nicht nach Burgau, den kürzeren, sondern nach Parschallen, den längeren Weg gelaufen bin, warum ich ausgerechnet gestern nicht nach Burgau, sondern nach Parschallen bin, weiß ich nicht. Auf einmal bin ich, anstatt nach rechts, nach links und nach Parschallen gelaufen. Burgau ist für meine Zustände besser. Ich habe eine große Abneigung gegen Parschallen. Burgau ist häßlich, Parschallen nicht. So sind auch die Menschen in Burgau häßlich, in Parschallen nicht. Burgau hat einen fürchterlichen Geruch, Parschallen nicht. Aber für meine Zustände ist Burgau besser. Trotzdem bin ich heute nach Parschallen gelaufen. Und auf dem Weg nach Parschallen habe ich dann die Mütze gefunden. Ich bin auf etwas Weiches getreten, zuerst habe ich geglaubt, auf ein Aas, auf eine tote Ratte, auf ein zerquetschtes Katzenvieh. Immer wenn ich in der Finsternis auf etwas Weiches trete, glaube ich, ich sei auf eine tote Ratte oder auf ein zerquetschtes Katzenvieh getreten ... Aber vielleicht ist es gar keine tote Ratte, gar kein zerquetschtes Katzenvieh, denke ich, und ich trete einen Schritt zurück. Mit dem Vorderfuß schiebe ich das Weiche in die Straßenmitte. Ich stelle fest, daß es sich weder um eine tote Ratte noch um ein zerquetschtes Katzenvieh, um gar kein Aas handelt. Um was dann? Wenn es sich um kein Aas handelt, um was dann? Niemand beobachtet mich in der Finsternis. Ein Handgriff und ich weiß, es handelt sich um eine Mütze. Um eine Schildmütze. Um eine Schildmütze, wie sie die Fleischhauer, aber auch die Holzfäller und die Bauern in der Gegend auf dem Kopf haben. Eine Schildmütze, denke ich, und jetzt habe ich auf einmal eine solche Schildmütze, wie ich sie immer auf den Köpfen der Fleischhauer und der Holzfäller und der Bauern beobachtet habe, in der Hand. Was tun mit der Mütze? Ich probierte sie und sie paßte. Angenehm, eine solche Mütze, dachte ich, aber du kannst sie nicht aufsetzen, weil du weder ein Fleischhauer noch ein Holzfäller, noch ein Bauer bist. Wie klug sind die, die solche Mützen aufhaben, denke ich. In dieser Kälte! Vielleicht, denke ich, hat sie einer der Holzfäller, die in der Nacht mit dem Holzfällen so viel Lärm machen, daß ich es bis Unterach höre, verloren? Oder ein Bauer? Oder ein Fleischhauer? Wahrscheinlich ein Holzfäller. Ein Fleischhauer sicher! Dieses Hin- und Herraten, wer die Mütze verloren haben könnte, erhitzte mich. Zu allem Überfluß beschäftigte mich auch noch der Gedanke, was für eine Farbe die Mütze wohl hat. Ist sie schwarz? Ist sie grün? Grau? Es gibt grüne und schwarze und graue ... wenn sie schwarz ist ... wenn sie grau ist ... grün ... in dem fürchterlichen Vermutungsspiel entdecke ich mich noch immer auf der selben Stelle, auf welcher ich die Mütze gefunden habe. Wie lang liegt die Mütze schon auf der Straße? Wie angenehm diese Mütze auf dem Kopf ist, dachte ich. Dann behielt ich sie in der Hand. Wenn mich einer mit der Mütze auf dem Kopf sieht, dachte ich, so glaubt er in der Finsternis, die da herrscht, durch das Gebirge herrscht, durch das Gebirge und durch das Wasser des Sees, ich sei ein Fleischhauer oder ein Holzfäller, oder ein Bauer. Die Leute fallen sofort auf die Kleidung herein, auf Mützen, Röcke, Mäntel, Schuhe, sehen gar kein Gesicht, nicht den Gang, keine Kopfbewegung, sie bemerken nichts als die Kleidung, sie sehen nur den Rock und die Hose, in die man geschlüpft ist, die Schuhe und natürlich vor allem die Mütze, die man aufhat. Also bin ich für den, der mich mit dieser Mütze auf dem Kopf sieht, ein Fleischhauer oder ein Holzfäller oder ein Bauer. Also ist es mir, der ich weder ein Fleischhauer noch ein Holzfäller, noch ein Bauer bin, nicht gestattet, die Mütze auf dem Kopf zu behalten. Das wäre ja eine Irreführung! Ein Betrug! Ein Rechtsbruch! Plötzlich glaubten alle, ich sei ein Fleischhauer, kein Forstwissenschaftler, ein Bauer, kein Forstwissenschaftler, ein Holzfäller, kein Forstwissenschaftler! Aber, wie kann ich mich denn noch immer als einen Forstwissenschaftler bezeichnen, wo ich doch die Forstwissenschaft schon seit mehr als drei Jahren nicht mehr betreibe, ich bin aus Wien fort, ich bin aus meinem Laboratorium fort, ich bin ja schon gänzlich aus allen meinen Wissenschafts-, meinen Forstkontakten, ich habe mit Wien auch die Forstwissenschaft, und zwar als ein bedauerliches Opfer meines eigenen Kopfes, verlassen, zurücklassen müssen. Drei Jahre ist es her, daß ich von meinen erstaunlichen Experimenten, Entdeckungen weg in die Hände der Kopfspezialisten gestürzt bin. Daß ich von einer Kopfklinik in die andere gestürzt bin. Überhaupt habe ich in den letzten, ich kann sagen, vier Jahren, mein Leben nur noch in den Händen von allen möglichen Kopfspezialisten zugebracht, auf die erbärmlichste Weise zugebracht. Und ich existiere ja noch heute nur aus den Ratschlägen aller meiner Kopfspezialisten, wenn ich sie auch nicht mehr aufsuche, zugegeben. Ich existiere dank den Tausenden und Hunderttausenden von Medikamenten, die mir meine Kopfspezialisten verschrieben haben, von diesen Hunderten und Tausenden von Medikamentenvorschlägen! Ich injiziere mir meine Existenzmöglichkeit tagtäglich zu den eben von diesen Kopfspezialisten angegebenen Zeiten! Ich habe meine Injektionsapparatur ständig in der Tasche. Nein, ich bin kein Forstwissenschaftler mehr, ich bin keine Forscherpersönlichkeit mehr, ich bin überhaupt keine Forschernatur mehr ... Mit fünfundzwanzig Jahren bin ich nichts mehr als ein kranker Mensch, ja nichts mehr! Trotzdem, gerade deshalb habe ich nicht das Recht, diese Mütze aufzusetzen. Ich habe kein Recht auf diese Mütze! Und ich dachte: Was tun mit der Mütze? Fortwährend dachte ich das. Behalte ich sie, ist das Diebstahl, lasse ich sie liegen, ist das gemein, ich darf sie also nicht aufsetzen und auf meinem Kopf tragen! Ich muß den, der sie verloren hat, ausfindig machen, sagte ich mir, ich werde nach Parschallen hineingehen und jeden Mann fragen, ob er diese Mütze verloren hat. Zuerst werde ich, sagte ich mir, bei den Fleischhauern vorsprechen. Dann bei den Holzfällern. Zuletzt bei den Bauern. Ich stelle mir vor, wie entsetzlich das ist, alle Parschallener Männer konsultieren zu müssen, und gehe nach Parschallen hinein. Es sind viele Lichter, denn in den Schlachtkammern ist das Getriebe jetzt auf dem Höhepunkt, in den Schlachtkammern und in den Schlachthöfen und in den Ställen. Mit der Mütze in der Hand gehe ich in die Ortschaft hinein und klopfe an die erste Fleischhauerhaustür. Die Leute sind, niemand öffnet, in der Schlachtkammer, das höre ich. Ich klopfe ein zweitesmal, ein drittesmal, ein viertesmal. Ich höre nichts. Schließlich höre ich Schritte, ein Mann macht die Tür auf und fragt, was ich will. Ich sage, ich hätte die Mütze, die ich in der Hand habe, gefunden, ob er nicht diese Mütze verloren habe, frage ich. »Diese Mütze«, sage ich, »ich habe sie am Ortsausgang gefunden. Diese Mütze«, wiederhole ich. Jetzt sehe ich, daß die Mütze grau ist, und ich sehe in diesem Augenblick, daß der Mann, den ich frage, ob er die Mütze, die ich in der Hand habe, verloren hat, genau die gleiche Mütze auf dem Kopf hat. »Also«, sage ich, »natürlich, Sie haben Ihre Mütze nicht verloren, denn Sie haben sie ja auf dem Kopf.« Und ich entschuldige mich. Der Mann hat mich sicher für einen Halunken gehalten, denn er hat mir die Tür vor der Nase zugeschlagen. Mit meiner Kinnwunde muß ich ihm auch verdächtig gewesen sein, die Nähe der Strafanstalt tat das ihrige. Aber sicher hat sie einer der Fleischhauer verloren, denke ich und klopfe bei dem nächsten Fleischhauer an. Wieder macht mir ein Mann auf, auch der hat eine solche Mütze auf dem Kopf, auch eine graue. Er habe ja, sagt er sofort, als ich sage, ob er vielleicht seine Mütze verloren habe, seine Mütze, wie ich sehen könne, auf dem Kopf, also »eine überflüssige Frage«, sagte er. Mir kam vor, der Mann dachte, meine Frage, ob er seine Mütze verloren habe, sei ein Trick von mir. Die Verbrecher auf dem Land lassen sich unter irgendeinem Vorwand die Haustür öffnen, und es genügt, wie man weiß, ein Blick in das Vorhaus, um sich für spätere Einbrüche usf. zu orientieren. Meine halb städtische, halb ländliche Aussprache erweckte den allergrößten Verdacht. Der Mann, der mir viel zu mager für seinen Beruf erschien (ein Irrtum, denn die besten, also die rücksichtslosesten Fleischhauer sind mager), drängte mich mit der flachen Hand, die er auf meine Brust legte, in die Finsternis zurück. Er verabscheue Leute, die jung, kräftig, noch dazu intelligent aber arbeitsscheu seien, sagte der Mann, und er versicherte mich seiner Verachtung auf die wortloseste Fleischhauerweise, indem er die Mütze lüftete und vor seine Stiefel spuckte. Beim dritten Fleischhauer spielte sich meine Vorsprache wie bei dem ersten, bei dem vierten fast genauso wie bei dem zweiten ab. Muß ich sagen, daß sämtliche Parschallener Fleischhauer die gleiche graue, derbe, dicke Mütze, Schildmütze, auf dem Kopf hatten; keiner hatte seine Mütze verloren. Ich wollte aber nicht aufgeben und mich der gefundenen Mütze nicht auf die erbärmlichste Weise entledigen (einfach durch Wegwerfen der Mütze), und so ging ich daran, auch bei den Holzfällern vorzusprechen. Aber keiner der Holzfäller hatte seine Mütze verloren, alle hatten sie, wie sie in der Türe erschienen, um mir aufzumachen (in der Finsternis werden auf dem Land die Männer von ihren Frauen an die Haustür vorgeschoben), eine solche Schildmütze auf, wie ich sie gefunden hatte. Schließlich hatte ich auch bei allen Parschallener Bauern vorgesprochen, aber auch keiner der Bauern hatte seine Mütze verloren. Als letzter macht mir ein alter Mann auf, der die gleiche Mütze aufhat und mich fragt, was ich will, und als ich es ihm gesagt habe, zwingt er mich förmlich, mehr durch sein Schweigen als durch seine entsetzlichen Wörter, nach Burgau zu gehen und bei den Burgauer Fleischhauern zu fragen, ob einer von ihnen diese Mütze verloren habe. Vor einer Stunde, meinte er, seien sieben Fleischhauer aus Burgau in Parschallen gewesen, die alle schlachtreifen Ferkel in Parschallen aufgekauft hätten. Die Burgauer Fleischhauer zahlten in Parschallen bessere Preise als die Parschallener Fleischhauer, umgekehrt zahlten die Parschallener Fleischhauer in Burgau bessere Ferkelpreise als die Burgauer Fleischhauer, und so verkauften die Parschallener Ferkelmäster von jeher ihre Ferkel an die Burgauer Fleischhauer, umgekehrt die Burgauer Ferkelmäster von jeher ihre Ferkel an die Parschallener Fleischhauer. Sicher habe einer von den Burgauer Fleischhauern beim Aufbruch aus Parschallen, in dem Ferkelgetümmel, seine Mütze verloren, sagte der Alte und schlug die Tür zu. Dieses alte Gesicht, schwarzgefleckt, schmutzig, beschäftigte mich die ganze Zeit auf dem Weg nach Burgau. Immer wieder sah ich das schmutzige Gesicht und die schwarzen Flecken darauf, Totenflecken, dachte ich: der Mann lebt noch und hat schon Totenflecken im Gesicht. Und ich dachte, da der Mann weiß, daß ich die Mütze habe, muß ich nach Burgau. Ob ich will oder nicht, ich muß nach Burgau. Der Alte wird mich verraten. Und ich hörte, während ich lief, immer das Wort MÜTZENDIEB, immer wieder das Wort MÜTZENDIEB, MÜTZENDIEB. Völlig erschöpft kam ich in Burgau an. Die Fleischhauerhäuser in Burgau stehen dicht nebeneinander. Als aber der erste Fleischhauermeister auf mein Klopfen hin in der Tür erschien und die gleiche Mütze wie die Parschallener auf dem Kopf hatte, erschrak ich. Ich machte augenblicklich kehrt und lief zum nächsten. Bei diesem spielte sich aber das gleiche ab, nur hatte der seine Mütze nicht auf, sondern wie ich in der Hand, also fragte ich auch ihn nicht, ob er vielleicht seine Mütze verloren habe ... Was aber sage ich, warum ich geklopft habe? dachte ich. Ich fragte, wie spät es sei, und der Fleischhauer nannte mich, nachdem er »acht Uhr« gesagt hatte, einen Idioten und ließ mich stehen. Schließlich habe ich alle Fleischhauer in Burgau gefragt, ob sie ihre Mütze verloren hätten, aber keiner hatte sie verloren. Ich beschloß, auch noch bei den Holzfällern vorzusprechen, obwohl meine Lage schon die qualvollste war, die man sich vorstellen kann. Aber die Holzfäller erschienen auch alle mit der gleichen Mütze auf dem Kopf in der Tür, und der letzte drohte mir sogar, weil ich, erschrocken, wie sich denken läßt, auf seine Aufforderung, sofort zu verschwinden, nicht gleich verschwunden war, und er schlug mir seine Mütze auf den Kopf und stieß mich zu Boden. Jeder hat die gleiche Mütze auf, sagte ich mir, als ich den Heimweg nach Unterach antrat, »alle dieselbe Mütze, alle«, sagte ich. Plötzlich lief ich, und ich fühlte gar nicht mehr, daß ich lief, nach Unterach hinein, und ich hörte von allen Seiten: »Du mußt die Mütze zurückgeben! Du mußt die Mütze zurückgeben!« Hunderte Male hörte ich diesen Satz: »Du mußt sie ihrem Besitzer zurückgeben!« Aber ich war zu erschöpft, um auch nur noch einen einzigen Menschen zu fragen, ob er vielleicht die von mir gefundene Mütze verloren habe. Ich hatte keine Kraft mehr. Ich hätte ja noch zu Dutzenden von Fleischhauern und Holzfällern und Bauern gehen müssen. Auch habe ich, wie mir einfiel, als ich bei mir zu Hause eintrat, schon Schlosser und Maurer mit einer solchen Mütze gesehen. Und wer weiß, ob sie nicht einer aus einer ganz anderen als der oberösterreichischen Provinz verloren hat? Ich hätte noch Hunderte, Tausende, ich hätte noch Hunderttausende von Männern fragen müssen. Niemals, glaube ich, war ich so erschöpft wie in dem Augenblick, in welchem ich mich entschlossen hatte, die Mütze zu behalten. Alle haben sie eine solche Mütze auf, dachte ich, alle, als ich mich im Vorhaus gänzlich meiner gefährlichen Mühseligkeit überließ. Wieder hatte ich das Gefühl, am Ende zu sein, mit mir zuende zu sein. Ich fürchtete mich vor dem leeren Haus und vor den leeren kalten Zimmern. Ich fürchtete mich vor mir selber, und nur um mich nicht mehr in dieser tödlichen Weise, wie sie die meinige ist, zutode fürchten zu müssen, habe ich mich hingesetzt und diese paar Seiten geschrieben ... Während ich mich wieder einmal, wenn auch sehr geschickt, so doch entsetzlich meiner Krankheit und Krankhaftigkeit auslieferte, dachte ich, was ich jetzt mit mir anfangen werde, und ich setzte mich hin und fing an zu schreiben. Und ich dachte, während ich schrieb, die ganze Zeit immer nur, daß ich mir, wenn ich damit fertig bin, etwas kochen werde, etwas essen, dachte ich, endlich wieder einmal etwas Warmes essen, und ich setzte, weil mir während des Schreibens so kalt geworden war, auf einmal die Mütze auf. Alle haben sie eine solche Mütze auf, dachte ich, alle, während ich schrieb und schrieb und schrieb ...