EPILOG
17.45 Uhr am
Silvesterabend
Gold Rush Ski Lodge and Resort
Den ganzen Tag über war leichter Schnee gefallen, der direkt nach Sonnenuntergang in starkes Schneetreiben übergegangen war. Eine weiße Decke hatte sich über den Parkplatz und die Straßen gelegt. Der Portier überprüfte ein letztes Mal die Gästeliste, um sicherzugehen, dass alle da waren. Die Gäste würden die Nacht im Hotel verbringen, sodass das Räumen der Straßen noch warten konnte.
Im kleineren der beiden Ballsäle waren Stühle in ordentlichen Reihen aufgestellt. Ein Mittelgang teilte sie in eine Seite für Gäste der Bräute und eine für Gäste der Bräutigame. Einige Bekannte von Finn Andersson aus South Salmon, Alaska, unterhielten sich mit ehemaligen Patienten von Dr. Simon Bradley. Elliot Janack, Tuckers Vater, stellte sich Sasha und Stephen vor, Finns jüngeren Zwillingsbrüdern.
Max Thurman setzte sich auf die Brautseite. Er hatte Hannah, Dakotas Adoptivtochter, auf dem Arm. Max trug einen dunklen Anzug, das Baby ein zartrosa Kleid mit Schnürschuhen und einer Krone aus winzigen rosafarbenen Rosen im Haar.
Die Hendrix-Brüder – außer Ford, der nicht hatte kommen können – standen vorn bereit. Ethan saß neben seiner Frau Liz, daneben die drei Kinder. Kent und sein Sohn würden sich zu ihnen setzen, sobald sie Denise zu ihrem Platz gebracht hätten.
Die Bewohner der Stadt verteilten sich auf beiden Seiten des Ganges, damit die Reihen gleichmäßig gefüllt waren. So gaben sie den Männern, die die Hendrix-Drillinge zum Altar führten, das Gefühl, ein fester Bestandteil von Fool‘s Gold zu sein.
Die immer noch verfeindeten Gionni-Schwestern saßen auf verschiedenen Seiten. Eddie Carberry und Glady Smith nahmen nebeneinander Platz. Bürgermeisterin Marsha kam mit ihrer Enkelin Charity und deren Mann Josh Golden, der seine hübsche Tochter auf dem Arm trug.
Pia und Raoul Moreno hatten je einen ihrer Zwillinge auf dem Schoß. Morgan, der Mann, dem der Buchladen gehörte, saß neben ihnen und streckte die Hände nach einem der Mädchen aus. Er wartete immer noch darauf, dass seine Tochter ihm endlich ein Enkelkind schenkte. Die McCormick-Familie besetzte eine ganze Reihe. Janis und ihr Ehemann Mike schauten einander immer noch an, als wären sie in den Flitterwochen, obwohl sie schon seit dreißig Jahren verheiratet waren. Ihre Tochter Katie samt Ehemann Jackson erwarteten im Frühling ihr erstes Kind.
Jo und Will schlüpften durch eine Seitentür hinein.
„Sitzt mein Haar?“, fragte Jo nervös.
Will küsste sie. „Du siehst umwerfend aus.“
Sie lächelte ihn an und beugte sich näher zu ihm. „Danke, aber merkt man mir an, dass ich gerade Sex hatte? Ich glaube, das fänden die Leute etwas billig.“
„Nein, sie wären einfach nur neidisch.“
Als sie sich neben ihn setzte, funkelte der Diamantring an ihrer linken Hand im Licht. Keiner von ihnen wollte eine so große Hochzeit wie diese hier. Irgendwann in den nächsten paar Wochen würden sie nach Las Vegas fliegen und dort ganz allein heiraten.
Charlie, Annabelle und Heidi kamen zusammen herein.
„Nett“, sagte Charlie. „Für meinen Geschmack ein wenig zu formell, aber schön.“
„Wunderschön“, seufzte Annabelle. „Ich wünschte fast, ich wäre ein wenig romantischer veranlagt.“
Heidi nickte. „Ich habe den Männern zwar abgeschworen, aber bei so etwas könnte ich das glatt vergessen.“
Sie gingen den Gang hinunter und fanden freie Plätze hinter Bürgermeisterin Marsha, Charity und Josh.
Zufrieden seufzend beobachtete Denise, wie sich die Gäste einfanden. Trotz der Kürze der Zeit, in der alles arrangiert worden war, lief bis jetzt alles perfekt.
Der Duft von Rosen und Lilien vermischte sich mit dem Geruch der großen, konisch zulaufenden Kerzen. Von dem kleinen Orchester in der Ecke wehte romantische Musik herüber. Sie gab zu, dass das eine ziemliche Extravaganz war, aber schließlich kam es nicht jeden Tag vor, dass ihre drei Töchter heirateten.
Sie eilte über einen Nebenflur, um einen Blick in den großen Ballsaal zu werfen, in dem das Essen und die eigentliche Feier stattfinden würden.
Hier herrschte das kontrollierte Chaos. Die Konditorin arrangierte die letzten Cupcakes. Anstelle von drei Hochzeitstorten hatten die Mädchen sich für unterschiedliche Cupcakes entschieden. Die Farben des Zuckergusses reichten von blassem Pink bis zu tiefem Rot. Die Geschmacksrichtungen Schokolade, Gewürze, Kokosnuss und Vanille fanden sich in der Verzierung der Leckereien wieder.
In jeder Ecke war eine kleine Bar aufgebaut. Da niemand später am Abend noch fahren musste, würde der Champagner reichlich fließen. Denise schaute zu, wie Eis geliefert und Gläser ausgepackt wurden.
Während der ersten Stunden würden Appetithappen gereicht, dann folgte ein gesetztes Essen mit schokoladenüberzogenen Erdbeeren zum Dessert. Das Orchester würde zum Tanz spielen, und um Mitternacht würden die bunten Ballons aus dem unter der Decke hängenden Netz auf die Gäste herabfallen.
Denise legte sich eine Hand auf den Bauch und sagte sich, dass es keinen Grund gab, nervös zu sein. Alles würde perfekt laufen. Sie lächelte und kehrte in den kleineren Ballsaal zurück. Sobald die Mädchen bereit wären, würde sie sich neben Max setzen – an den Platz, an dem sie am liebsten war.
„Ich trage eine Tiara“, sagte Nevada und musterte sich im Spiegel. „Ich glaube es nicht. Ich arbeite auf Baustellen. Wie konnte das nur passieren?“
Dakota beugte sich vor und richtete ihr den Kopfschmuck. „Sie gehörte Tuckers Großmutter, und er wollte, dass du sie trägst. Hättest du da etwa Nein sagen können?“
„Offensichtlich nicht.“
„Ich finde, du siehst wunderschön aus“, schwärmte Montana.
„Wir sehen alle wunderschön aus“, entgegnete Nevada. Und das stimmte. Irgendwie hatten sie es geschafft, eine Drillingshochzeit auf die Beine zu stellen, die jeder ihrer Persönlichkeiten gerecht wurde.
Nevadas Kleid war sehr schlicht, bestehend aus Korsage und schmal geschnittenem Rock. Die einzige romantische Spielerei, die sie sich erlaubte, war die Schleife im Rücken, die in eine elegante Schleppe überging.
Dakota hatte sich für mit Perlen besticktes Chiffon entschieden – der Empireschnitt mit dem tiefen V-Ausschnitt brachte ihr inzwischen eindrucksvolles Dekolleté zu Geltung und verbarg gleichzeitig ihren Babybauch. Montanas Kleid war sehr weiblich mit mehreren Lagen Seide und Spitze.
Nevada trug die Tiara von Tuckers Großmutter, Dakota hatte sich für einen schlichten Schleier entschieden, und Montana hatte ihre Haare zu einer lockeren Hochsteckfrisur zusammengefasst, die mit winzigen Blüten geschmückt war.
Die Tür zum Brautzimmer öffnete sich, und Denise trat ein. „Seid ihr bereit?“, fragte sie, bevor sie sich die Hand vor den Mund schlug. „Oh mein Gott, ihr seid so wunderschön. Meine Töchter.“
Die drei Mädchen eilten auf sie zu und umarmten sie fest.
„Ich liebe dich.“
„Ich liebe dich auch.“
„Nicht weinen, dann verschmiert unser Make-up.“
„Ich kann nicht glauben, dass wir das hier wirklich tun!“
Sie posierten für ein paar letzte Fotos, dann überreichte Denise ihnen allen ihren Brautstrauß.
„Alle sind da“, sagte sie. „Das Essen wird zauberhaft. Ich bin einfach so glücklich.“ Sie atmete tief ein. „Ich wünschte, euer Vater könnte euch jetzt sehen.“
„Das tut er“, sagte Montana.
Denise wischte eine Träne fort. „Ja, vermutlich hast du recht.“
Sie gingen auf den Flur hinaus. Denise wurde zu ihrem Platz neben Max und Hannah geleitet, und die drei Schwestern warteten gemeinsam.
Sie hatten schon entschieden, in welcher Reihenfolge sie den Gang hinuntergehen würden. Dakota hatte sich als Erste verlobt, also würde sie auch als Erste gehen. Danach käme Montana und zum Schluss Nevada.
Das Orchester spielte den Hochzeitsmarsch. Die Gäste erhoben sich.
Dakota ging so langsam, wie sie es geübt hatten. Alle, die sie kannte und liebte, hatten sich an diesem Abend hier versammelt. Sie fing Finns Blick auf und lächelte. Er lächelte zurück.
Aus dem Augenwinkel nahm sie ein Winken wahr. Ihre Tochter grinste sie an. Die kleine Hannah. Das Leben hat mich wirklich reich beschenkt, dachte Dakota dankbar.
Montana kam als Nächste. Ihr gefiel, wie ihr Kleid bei jedem Schritt raschelte. Als wäre sie eine Märchenprinzessin in einem Schloss, auf die schon der gut aussehende Prinz wartete. Simon schaute sie an, seine Miene so ernst wie immer. Seine Liebe reichte über die paar Meter, die sie noch voneinander trennten, und zog Montana immer weiter zu ihm.
Später in dieser Nacht, wenn sie allein in ihrer Suite wären, würde sie ihm sagen, was sie am Morgen erfahren hatte, nachdem sie heimlich auf ein Stäbchen gepinkelt hatte. Bis dahin würde sie so tun, als tränke sie Champagner und nicht nur Apfelsaftschorle.
Ein Baby, dachte sie glücklich. Vielleicht würden es sogar Zwillinge!
Nevada wartete, bis Montana das Ende des Ganges erreicht hatte, bevor sie losging. Tucker und sie schauten sich unablässig in die Augen.
Cat hatte ihre Teilnahme mit Bedauern abgesagt, worüber Nevada insgeheim erleichtert war. Wer wusste schon, was die schöne, aber temperamentvolle Künstlerin auf einer Feier wie dieser angestellt hätte? Sie hatte ein Geschenk geschickt, irgendetwas Selbstgemachtes von ihr. Es wartete oben, immer noch verpackt. Nevada und Tucker hatten entschieden, dass sie eine ganze Menge Champagner bräuchten, um den Mut aufzubringen, das Geschenk zu öffnen.
Noch immer war Nevada mehrere Meter von ihren Schwestern entfernt, als Tucker aus der Reihe ausbrach. Er kam auf sie zu, was einige Gäste unterdrückt kichern ließ. Lächelnd nahm er ihre Hand und geleitete sie den Rest des Weges.
„Nur damit du dich nicht doch noch anders entscheidest“, flüsterte er.
„Das würde ich nie tun.“
Er schaute sich um und lächelte. „Ich schätze, dann wären wir jetzt zu sechst.“
Als alle drei Bräute und Bräutigame ihre Plätze eingenommen hatten, fing der Pastor an: „Liebe Liebenden …“
„Ich muss gleich weinen“, flüsterte Heidi.
„Ich auch“, gestand Annabelle leise.
„Davon halte ich nichts“, erklärte Charlie schniefend. „Das ist das Schlimmste. Ich fühle mich auf einmal so weich und romantisch.“
„Ich weiß“, seufzte Annabelle. „Ich will auch jemanden finden.“
„Oh ja.“ Heidi atmete tief ein. „Ich auch. Aber ich schätze, die ganzen Guten sind schon weg.“
Die vor ihnen sitzende Bürgermeisterin drehte sich um und lächelte die drei Frauen an.
„Nächstes Jahr, Ladies. Ich habe da so ein Gefühl. Wartet nur ab.“
– ENDE –