Agata la Gataza

»Greif zu, Kind.«

Die Katzenhexe deutete auf eine Schale mit frischem Obst, die vor einem orientalisch anmutenden Brunnen in der Mitte des Raums stand.

Catalina war Agata la Gataza in einen Raum gefolgt, dessen Boden über und über mit Teppichen bedeckt war. Wilde Rosenstöcke wuchsen an den Wänden empor und knirschten mit ihren Dornen, wenn sich ein Fenster öffnete und sie ihm weichen mussten.

Catalina nahm sich eine Frucht, die sie entfernt an eine Orange erinnerte, auch wenn ihre Schale leuchtend blau war. Vorsichtig löste sie die Schale ab, und als sie das Fruchtfleisch kostete, schmeckte es kühl und erfrischend. Plötzlich merkte Catalina, wie hungrig sie war.

Makris de los Santos kniete mit gefalteten Händen auf einem Kissen unter dem Fenster, das sich eben erst gebildet hatte. Hinter ihr stand die Sonne hoch am Himmel und nur vereinzelt zogen Wolken am Fenster vorbei.

Nach dem Zusammenstoß mit der Armada hatte Agata la Gataza den Rabenfedernsturm in größere Höhen gelenkt. Gleich darauf hatte sie das Mädchen in diesen Raum geführt.

»Wir müssen reden«, hatte sie gesagt.

Und das war es, was auch Catalina im Sinn hatte, ausschließlich sogar. Ihre Niedergeschlagenheit war abermals in schwelende Wut umgeschlagen, als sich die Herrin von Malfuria endlich gezeigt hatte. Denn sie war es, die dafür verantwortlich war, dass sich Jordi noch immer in Barcelona befand.

Agata la Gataza hockte auf einem Stuhl aus knorrigen Zweigen, gestützt auf ihren krummen Stock, dessen fetter Knauf die Gestalt eines Tigerkopfs hatte. Die Zweige wirkten lebendig und die alte Frau streichelte sie unentwegt, während sie das Mädchen vor sich begutachtete, als sei es eine seltene Pflanze.

»Du bist Sarita Soleados Tochter.«

War das eine Frage?

Catalina legte das letzte Stück der seltsamen Frucht beiseite und hockte sich im Schneidersitz auf den Boden vor die Frau, in deren Augen ein Feuer glomm, das noch so jung an Jahren war, wie La Gataza es selbst einmal gewesen sein mochte. Ein Gewand aus altem Leinen trug sie, schlicht und farblos. Die schmalen Katzenaugen waren mysteriös und wechselten die Farbe, sobald der Einfall des Lichts sich veränderte.

»Warum sind wir nicht nach Barcelona zurückgekehrt?« Catalina versuchte, diese Frage so ruhig wie möglich zu stellen. Wenn sie etwas bei Agata erreichen wollte, dann bestimmt nicht mit trotzigen Anklagen, so viel war sicher. »Jordi Marí ist noch immer dort. Er ist ein guter Freund.« Das, dachte sie sofort, ist leicht untertrieben. Ein guter Freund, mein Gott, wie das klang! »Er wollte mir helfen und jetzt ist er auf sich allein gestellt.«

Weil ihn außer mir niemand finden will, brannte es ihr auf den Lippen. Weil Malfuria mächtig feige ist.

»Wenn das Schicksal euch beiden wohlgesinnt ist«, sagte La Gataza, »dann wird ihm nichts geschehen.«

»Darauf möchte ich mich aber nicht verlassen. Er ist noch immer in der Stadt, ich weiß es.«

»Ich fürchte, du musst dich darauf verlassen.« Die Stimme La Gatazas wurde ungeduldig.

»Aber das ist nicht fair!« Plötzlich dachte Catalina nicht mehr daran, was klug war oder nicht. Ihr Ton gewann an Schärfe. »Wir könnten noch immer umkehren! Wenn Malfuria sich über den Wolken bewegen würde, dann könnte der Sturm unbemerkt vor der Armada in Barcelona sein.«

»Es ist zu gefährlich.«

»Jordi ist es wert, dass wir das für ihn tun!«

Die Katzenhexe fauchte wütend: »Ich kenne ihn nicht einmal, deinen Jordi Marí.«

Catalina zuckte zusammen, doch sie dachte nicht daran, sich einschüchtern zu lassen. Zornig starrte sie in die schmal zusammengezogenen Katzenaugen, die nun gar nicht mehr gütig und weise aussahen, sondern lauernd funkelten.

»Das ist mir egal, verdammt noch mal. Er wollte mich retten und ich bin es ihm schuldig, ihm zu helfen.«

»Du befindest dich in Malfuria.« Die Katzenhexe ließ ihren Stock auf den Fußboden aufstampfen. Es gab keinen erkennbaren Laut, doch der Kopf der Tigerin auf dem Stock erwachte zum Leben und spiegelte die Miene der Alten wider. »Dieser Ort ist das Herz der Hexenheit. Ich gebe ihn keiner Gefahr preis, damit ein kleines Mädchen einem Jungen hinterherläuft.«

»Ich laufe ihm nicht hinterher!« Catalina sprang auf. »Und ich bin kein kleines Mädchen mehr.«

Jetzt war sie es, die Agata anfunkelte, und diesmal hatte sie plötzlich das Gefühl, als würde die Alte für einen winzigen Moment nachgeben.

Oder war es etwas anderes? Auf jeden Fall hatte sich der Ausdruck in Agata la Gatazas Gesicht wieder verändert. Sie lächelte mit einem Mal und das Licht fiel auf ihre Augen und machte sie ganz warm. »Nein, ein kleines Mädchen bist du nicht«, sagte sie. »Aber du bist ungeduldig, so ungeduldig wie einst deine Mutter. Es wird lange dauern, dir das abzugewöhnen.«

»Ich bin nicht ungeduldig«, erwiderte Catalina schnell. Und mit ihrer Mutter wollte sie schon gar nicht verglichen werden. Jetzt am allerwenigsten. »Ich will ihn retten! Ich muss ihn doch retten!«

Miércoles lag an ihren nackten Füßen, zusammengerollt, und schnurrte leise.

»Hör mich an«, sagte La Gataza. »Du bist nach Malfuria gekommen, weil dich deine Linie hierhergeführt hat, hierher zu mir.« Sie hob ihre Hand und zeigte dem Mädchen die faltigen Innenflächen. Ein Gespinst aus feinen Linien bedeckte die Hand. »Vida, so nennen wir sie, denn sie sind das Leben.« Sie drehte die Hand und betrachtete sie selbst. »Dies hier«, raunte sie, »sind die unsteten Linien, die unsere Leben bestimmen. Manche von ihnen trennen sich an Punkten, die Orte oder Zeiten sein können. Andere aber finden wieder zusammen. Das ist das Leben, mein Kind.« Sie ballte die Hand zur Faust. »Deine Vida hat dich in die singende Stadt geführt. Sie hat dir die Schatten gezeigt und das, was deine Mutter getan hat.«

Catalina betrachtete ihre eigene Hand. Sie fühlte sich mit einem Mal unsicher und allein. Sie beobachtete Miércoles, der gähnte.

Makris de los Santos erhob sich, ging mit anmutigen Bewegungen zur gegenüberliegenden Wand und öffnete dort ein weiteres Fenster. Catalina fühlte den Windhauch auf ihrem Gesicht und wie schon die Male zuvor hatte es etwas Tröstendes.

Agata la Gataza sagte nur: »Sarita Soleado hat ihren Weg gewählt. Du musst jetzt deinen wählen.«

»Aber wer bin ich schon?«, begehrte Catalina auf.

»Du bist eine Kartenmacherin!« Die Stimme der alten Frau hallte von den Wänden wider, als stünden sie mit einem Mal in einer riesigen Halle. Wie deine Mutter zuvor. Und Nuria Niebla vor ihr.«

»Glaubt ihr, dass wir sie finden werden?«

Agata la Gataza schnaubte laut und es hörte sich an wie das Fauchen einer großen Katze. »Deine Großmutter ist listig und nicht zu unterschätzen. All die Jahre über dachte ich, sie sei gestorben. Aber ihre Lebenslinie war nicht zu Ende. Sie ist immer noch da. Still und leise lebt sie an einem Ort, der weit fort ist und versteckt.« Sie schaute aus dem Fenster, das Makris geöffnet hatte. »Irgendwo da draußen.« Sie seufzte tief und wendete sich wieder dem Mädchen zu. »Du musst mir alles erzählen! Nur dann, mein Kind, können wir Schlimmeres vermeiden.«

»Aber ihr wisst doch, was geschehen ist.«

»Ich weiß gar nichts«, antwortete die Katzenhexe. »Und ich muss alles wissen, um zu verstehen.«

So begann Catalina zu erzählen. Ihre Worte malten Bilder in die kühle Luft und La Gataza lauschte, ohne das Mädchen auch nur ein einziges Mal zu unterbrechen.

Die Bilder zeichneten das, was wichtig gewesen war in der Vergangenheit. Alle Linien im Leben des Mädchens schlängelten sich in ihren Worten und knüpften wiederum neue Bilder, weiter und weiter und immer nur weiter. Da waren Barcelona und ihre Lehre beim alten Kartenmacher Márquez, die Harlekins, der Lichterjunge Jordi, die Mutter mit dem falschen Lächeln. Das Haus der Nadeln und liebe Menschen, deren Güte und Wärme die Schatten ins Gegenteil verkehrt hatten.

Schließlich schwieg sie. Alles, was sie erlebt hatte, war gesagt.

»Was habt ihr mit mir vor?«, fragte sie endlich, als Agata sich nicht rührte.

La Gataza blinzelte ins Sonnenlicht. »Wie meinst du das?«

»Ihr habt es selbst gesagt. Ich kann Karten zeichnen. Deswegen bin ich hier, oder?«

Die alte Katzenhexe rieb sich die Hände. »Ja, Catalina Soleado, wir brauchen dich, wenn wir die Schatten ein zweites Mal besiegen wollen. Wir brauchen dich und das, was nur du tun kannst.«

»Was soll ich machen?«

»Nichts, vorerst.«

Das Mädchen stutzte. »Nichts?«

»Du hast erfahren, was geschieht, wenn du deine Fähigkeit einsetzt, nicht wahr?«

»Ja«, erwiderte sie nur und musste an das denken, was Ramon Rocas ihr gesagt hatte. Zögerlich berührte sie den Stein, den sie bei sich trug.

Agata la Gataza seufzte lang und tief, sodass es sich wie ein Schnurren anhörte. »Schon immer gab es Frauen, die Magie zu nutzen wussten. Aber jede Magie, mein Kind, hat ihren Preis. Sie ist unsere Gefährtin, nicht unsere Sklavin. Sie nimmt sich, was sie will, und gibt uns, was wir erbitten. Nur wenige Menschen erkennen die Dinge so, wie sie sind.« Die alten Augen schauten in das Licht vergangener Tage.

»Was hat die Magie mir genommen?« Catalinas Stimme wurde drängend. »Was habe ich getan?«

»Du hast die Lebenslinien getrennt. Das ist es, was du tun kannst. Es ist nicht nur die Welt, die dein Zeichenstift verändert, mein Kind. Der Junge, den du so magst…«

»Jordi Marí –«

La Gataza nickte traurig. »Seine Lebenslinie und deine Lebenslinie sind einander begegnet.« Sie beugte sich vor und sah dem Mädchen direkt in die Augen. »Vielleicht, mein Kind, wären sie gemeinsam als eine einzige Linie weitergelaufen, vielleicht aber auch nicht. Du, Catalina, hast eine neue Linie in seine Hand gezeichnet. Es ist einfach so passiert. Der Junge muss jetzt einen anderen Weg als du beschreiten. Du hast auf der Karte die Welt verändert und mit der Welt hast du gleichzeitig auch Leben verändert.« Die alte Frau schnaubte. »Für dich waren es nur einige Striche mit dem Stift auf Pergament.«

Ein Holztisch, schoss es Catalina durch den Kopf. Es war ein Holztisch. Benommen starrte sie die Muster in den Teppichen an und dachte daran, wie gerne sie sich in ihnen verlaufen würde. Heiße Tränen traten ihr in die Augen und sie ballte die Fäuste. Nein, sie wollte jetzt nicht weinen. Sie wollte nicht schwach sein.

»Du darfst nicht mehr zeichnen«, sagte Agata la Gataza. »Das ist es, was ich von dir verlange. Du darfst nicht mehr zeichnen, solange du in Malfuria bist. Zu gefährlich wäre das, was du heraufbeschwören könntest. Unser aller Lebenslinien könntest du verändern.«

Catalina schluckte. Das alles hörte sich an, als sei sie ein Monster. Jemand, der die grässlichsten Dinge zu tun in der Lage war.

»Es ist so, wie la Gataza es sagt.« Es war das erste Mal, dass sich Makris de los Santos in ihre Unterhaltung einmischte. Die dunklen Augen, die das Mondlicht bewahrten, ruhten auf dem Gesicht der Kartenmacherin. »Jene, die du liebst, zahlen den Preis.«

»Dann ist es nicht richtig, was Magie bewirkt.«

»Sie ist, was sie ist.«

»Und Jordi ist etwas zugestoßen, weil ich sie gewirkt habe.« Es war eine bittere Feststellung, eine, die Catalina nicht zum ersten Mal machte. An diesem seltsamen Ort, in diesem lebendigen Raum, erschienen ihr all die Dinge, die geschehen waren, wie Bilder aus einem bösen Traum. »Aber ich habe das nicht gewollt.«

La Gataza stieß den Stock auf den Boden. »So viele Menschen haben Gutes tun wollen und am Ende ist abgrundtief Böses dabei herausgekommen.« Ihre Stimme wurde zu einem Fauchen. »Jene, die Hexen gejagt und verbrannt haben, wollten der Welt Gutes tun, weil sie sich im Recht gefühlt haben. Sie glaubten fest daran, böse Dämonen zu töten. Kriege wurden angezettelt, weil jeder überzeugt war, auf der richtigen Seite zu stehen.« Die Katzenaugen fixierten Catalina. »Du wusstest es nicht besser, im Haus der Nadeln. Aber nun kennst du deine Bestimmung. Du trägst die Verantwortung für dein Tun.«

Makris de los Santos versuchte ein zuversichtliches Lächeln, das ihr misslang. »Du kannst die Welt in ihren Grundfesten erschüttern, Catalina. Das ist etwas, das einem ganz schön Angst macht.«

»Du fürchtest dich vor mir?« Catalina konnte nicht glauben, was sie da gehört hatte.

»Na ja, nicht wirklich.« Makris de los Santos grinste jetzt, aber es waren Furcht und Unsicherheit, die sie zu verbergen suchte.

Agata la Gataza sah von einer zur anderen. Dann sagte sie noch einmal: »Du darfst nicht zeichnen. Es ist zu gefährlich.«

Catalina nickte. »Ja« war alles, was sie erwiderte. Und sie meinte es so.

Draußen vor dem Fenster zogen zwei Raben vorbei, doch ihr Flügelschlag war ruhig und besonnen. Die Befehlshaber der Armada schienen Respekt vor der überragenden Macht von Malfuria bekommen zu haben und Catalina war froh darum.

Die Katzenhexe ließ sie nicht aus den Augen und plötzlich hatte Catalina das Gefühl, dass die Katzenhexe noch etwas vor ihr verbarg.

»Was ist der Grund?«, fragte sie. »Es muss doch einen Grund geben, warum das alles geschehen ist! Was steckt hinter alldem?«

Agata la Gataza setzte sich in dem Sessel auf und ihre zusammengekniffene Miene wurde zu einem Lächeln. »Du bist klug, Mädchen«, sagte sie anerkennend. »Und du hast Mut.«

Sie strich sich nachdenklich über die runzelige, alte Stirn. »Es gibt da eine Geschichte, die längst in Vergessenheit geraten ist und die nur wenige noch kennen.« Sie schnippte und eine Dattel flog ihr in die Hand. »Wie alle vergessenen Geschichten ist auch diese hier des Rätsels verborgene Lösung.« Sie kratzte sich an der Nasenspitze und Catalina musste sich zwingen, nicht zu ungeduldig zu werden.

»Es gibt eine Prophezeiung, mein Kind. Eines Tages, so sagt es uns die uralte Geschichte, wird eine von uns den Rabenfedernsturm zerstören. Es wird eine Hexe sein, die das Herz der Hexenheit zerstören will.«

Die nächste Frage stellte Catalina atemlos, obwohl sie die Antwort schon ahnte. »Wer ist diese Hexe?«

»Man nennt sie die Mephistia.«

Makris de los Santos klimperte mit ihren Ringen, als sie sich zu Wort meldete. »Schon lange versuchen wir herauszufinden, wer es sein könnte.«

Agata la Gataza schnurrte leise und nachdenklich. »Ich muss zugeben, dass ich Nuria Niebla in Verdacht hatte. Immer schon hatte sie eine andere Meinung. Sie war eine Außenseiterin, seit je.«

Makris de los Santos sagte: »Aber sie ist es nicht.«

Schweigen.

Dann Worte, die wie Steine in die Stille fielen. »Ihr glaubt, dass es meine Mutter ist.«

Makris stand auf und ging zu einem der Fenster. »Sarita Soleado hat alles getan, um nach Malfuria zu kommen. Sie ist ein Bündnis mit den Schatten und dem Hause Karfax eingegangen. Sogar ihre eigene Tochter hat sie verraten und benutzt.«

»Deshalb habt ihr nicht früher eingegriffen.« Jetzt begann alles einen Sinn zu ergeben.

Die Augen der Katzenhexe blieben kalt.

»Ihr wolltet sehen, wie ich mich verhalte.« Die Wut, die kurze Zeit geschlummert hatte, kehrte zurück.

»Ich wollte herausfinden, was Sarita Soleado im Schilde führt.« Die Stimme der Katzenhexe nahm eine kalte Farbe an. »Ich wollte herausfinden, ob Nuria Niebla noch lebt.«

»Ihr wolltet herausfinden, ob ich wie meine Mutter bin«, stieß Catalina die Worte hervor. »Ihr habt auch mir misstraut!« Sie konnte es nicht fassen. »Deswegen seid ihr erst so spät in Barcelona aufgetaucht. Ihr wolltet abwarten, bis einer von uns die Maske fallen lässt!« Sie keuchte. Wenn der Rabenfedernsturm früh genug aufgetaucht wäre, hätten sie Jordi mit sich nehmen können!

Agata la Gataza blinzelte wie eine lauernde Katze. »Deine Mutter hat es bis zum letzten Moment hinausgezögert, das muss ich zugeben. Aber schließlich hat sie ihr wahres Gesicht gezeigt.«

Catalina holte tief Atem und versuchte das Gehörte zu verarbeiten. Vor ihr im Boden tauchte eine Kerze auf, die warmes Licht verbreitete.

»Sarita Soleado«, sagte Agata la Gataza, »ist die Mephistia.«

Makris de los Santos kam durch den Raum auf das Mädchen zu und bei jedem Schritt klimperten die Ketten an ihren Fußgelenken. Sie kniete sich neben Catalina und legte den Arm um sie. »Es tut mir leid«, sagte sie leise.

»Ist schon gut.«

Miércoles hob den Kopf.

Catalina dachte an die Lieder, die Sarita ihr vorgesungen, als sie klein gewesen war. Sie hatte sie vor dem Einschlafen geküsst und sie in die Arme genommen, wenn sie sich wehgetan hatte. Wie hell und friedlich die Welt damals gewesen war. Aber dann hatte Sarita in der Sagrada Família ihrer Tochter aufgelauert, um ihre Macht zu vereinen und gemeinsam mit Catalina nach Malfuria zu gelangen.

Es passte alles zusammen.

Mit dem einzigen Unterschied, dass Soleados Plan nicht aufgegangen war.

Catalina betrachtete den Raum mit den Teppichen. Sie begegnete den Blicken der Katzenhexe und den Blicken der Zigeunerhexe, die nicht einmal eine richtige Hexe war.

»Es tut mir so leid«, flüsterte Makris de los Santos wieder.

Catalina schaute zu Boden. »Ich weiß nicht einmal, was mit ihr geschehen ist.«

»Sarita lebt«, sagte Agata la Gataza. »Und die Armada ist auf dem Weg nach Barcelona. Es hängt alles zusammen, das tut es immer. Vida. Die dünnen Linien auf unseren Händen verlaufen zeitweise getrennt und werden einander doch wieder begegnen, irgendwann, irgendwo.« Sie hielt dem Mädchen ihre Handflächen entgegen. »Das Schicksal lässt sich nicht betrügen.«

»Was ist mit Nuria?«, fragte Catalina.

»Auf ihr wie auf dir ruht unsere Hoffnung«, antwortete Makris de los Santos. »Sie ist eine mächtige Kartenmacherin.«

»Was werdet ihr tun, wenn wir sie finden?«

Die Katzenhexe lächelte und das Licht zauberte seltsame Gestalten in ihre jetzt güldenen Augen. »Wir werden sie bitten, uns beizustehen«, sagte La Gataza. Eine schwere, dunkle Farbe schwamm in ihrer Stimme. »Wir werden sie darum bitten, an unserer Seite gegen ihre eigene Tochter zu kämpfen.«

Catalina schluckte und erhob sich. Sie hatte genug erfahren. Müde blinzelte sie durch das schmale Fenster ins Sonnenlicht.

Wie gerne sie jetzt woanders gewesen wäre. Irgendwo, weit fort von hier. Das, was Agata vorhin gesagt hatte, stimmte doch: Sie war nur ein Mädchen. Eines, das verliebt war und traurig, wütend und allein. Sie vermisste Jordi und die Sorge, dass ihm etwas zugestoßen sein könnte, machte sie nahezu wahnsinnig vor Angst.

Aber während er in Barcelona zurückgeblieben war, näherte sich Malfuria der Insel Eivissa, wo Nuria Niebla gelebt hatte. Und Catalina brauchte nicht erst zu fragen, was man dort von ihr erwartete. Sie kannte die Antwort bereits.