15
„Langsam geht mir das gehörig auf die Nerven.“ Ich starrte auf das kleine Backsteingebäude. Schon wieder war das Büro – das von Kricekwesz – in der Quincoa geschlossen, dabei war es diesmal gerade erst drei Uhr nachmittags. „Hat dieser komische Arzt eigentlich überhaupt so was wie eine Sprechstunde?“
Saul steckte sich eine Charvil an. „Willst du reingehen und dich ein bisschen umsehen?“
Mein Magen machte einen kleinen Hüpfer. Ich begutachtete die Front des Hauses: keine Fenster, um möglichen Geschossen vorzubeugen. Klinik für Familienplanung stand in goldener Schrift an der Tür, in der ein Guckloch und eine Sprechanlage prangten. Auf einem Schild darunter stand Geschlossen, und auf die weiß getünchten Steine hatte jemand Keine Paketannahme! geschrieben. Hier draußen gab es keine Protestmärsche, und ich nahm an, dass das gut so war. Ein Arzt, der Abtreibungen durchführte, musste auf der Hut sein. Wenn vor seinem Haus noch keine Horde Jesusfreaks herumlungerte, bedeutete das, dass er es sich mit den religiösen Fanatikern noch nicht verschissen hatte.
Noch nicht.
In aller Ruhe nahm ich das Dach ins Visier, die Überwachungskameras, die Eisentür. „Ricky hat nichts davon gesagt, dass man einen Termin ausmachen muss.“
„Irgendwie komisch, dass der Doc nicht da ist.“
„Und Nachtdienst scheint er auch nicht zu schieben“, seufzte ich. Trotz des Zimtdrops, den Saul mir gegeben hatte, hatte ich noch immer einen sauren Geschmack im Mund. Meine Hände hatten aufgehört zu zittern, aber ich fühlte mich noch immer … ein wenig wacklig auf den Beinen.
Ich konnte nicht fassen, dass mir etwas so Herzloses über die Lippen gekommen war. Zum Teufel mit toten Huren. Ich werde mir eine Sorrow schießen.
Eine Höllenbrut würde so etwas sagen. Oder ein Anhänger des Mittleren Pfades, einer dieser egoistischen Drecksäcke. Ich konnte nicht glauben, was ich getan hatte.
„Himmel.“ Ich atmete scharf aus. „Wenn ich irgendwo unerlaubt einsteige, dann nur für einen guten Zweck. Wir versuchend morgen noch mal. Der Doc wird uns ohnehin nur bestätigen können, dass Baby Jewel ein Hindernis für ihre Karriere loswerden wollte.“ Sobald die Worte aus meinem Mund waren, schämte ich mich schon dafür. „Großer Gott, Saul. Warum sage ich so was?“
Sauls Hand legte sich auf meinen Nacken, warm und fest. Er lehnte sich gegen die Mauer entlang der kleinen Straße, die wir uns für die Observierung ausgesucht hatten, und zog mich an sich. „Entspann dich, Kätzchen.“ Er pustete Rauch über meinen Kopf hinweg. „Atme einfach mal tief durch.“
Ich schloss die Augen, ließ mich in seine Arme sinken und schmiegte den Kopf in die Kuhle zwischen Schlüsselbein und Schulter. Meine Wange ruhte auf seinem T-Shirt, als ich seinen Mantel ein Stück zur Seite schob und seinen Geruch einatmete.
Mit dem Daumen massierte er die verspannten Muskeln in meinen Schultern. Noch einmal inhalierte er kräftig und stieß den Rauch wieder aus. „Sie macht dir echt zu schaffen, hm?“
„Ich weiß gar nicht mehr, wo mir der Kopfsteht.“ Ich atmete noch mehr Saul ein. Herrgott, was hob ich nur so lange ohne dich gemacht? Ich kannte die Antwort: Ich hatte mich bis zur absoluten Erschöpfung abgearbeitet und Stück für Stück zu Tode geschuftet. Genau wie alle anderen Jäger. „Würde mich nicht wundern, wenn diese Sorrow-Fieslinge über mich eine meilendicke Akte angelegt hätten.“ Und es ist auch keine Hilfe, wieder in die Lucado zu müssen. Ich hasse Zuhälter. Gott steh mir hei, aber ich hasse sie aus tiefster Seele. Ich fegte den Gedanken beiseite, und tatsächlich verzog er sich, ohne zu murren. Er war schon daran gewöhnt, unter den Teppich gekehrt zu werden. Inzwischen war ich nicht mehr verletzlich, ich war eine erwachsene und verdammt gute Jägerin, und das würde ich nicht vergessen!
„Was, meinst du, wird hier gespielt?“
„Es gibt eine verschwindend geringe Wahrscheinlichkeit, dass Belisa weiß, was vor sich geht.“ Ich sprach in sein Hemd, und meine Stimme klang gedämpft. Er fühlte sich warm an, so warm wie ein Wer, dessen schnellerer Stoffwechsel Energie verströmte. „Leider kenne ich nichts Chaldäisches, das zu dem fähig wäre, was wir gesehen haben. Diese Art Dämonen nehmen Menschen gerne in Besitz, sie fressen sie aber nicht. Und die Sorrow geben sich nicht mit Körperteilen zufrieden, für ihre Zwecke brauchen sie ganze Menschen, die noch bluten und schreien können. Nachdem sie ihnen völlig den Kopf verdreht und sie in kleine Stücke zerrissen und ihnen die Scheißkehlen durchgeschnitten haben und …“
„Jill.“
„Was?“
„Halt die Klappe.“
Und das tat ich.
„Du musst dich beruhigen, Baby. Entspann dich. Du bist drauf und dran, endgültig die Kontrolle über dich zu verlieren, deine Pheromone spielen völlig verrückt, und das macht mich wirklich unglücklich. Okay?“
Ich nickte in sein T-Shirt hinein. Er roch nach Gewürzen, dem Rauch von Lagerfeuer, Charvil-Kirschtabak und vertrautem Moschus. Ich will nicht, dass Saul meinetwegen unglücklich ist. Das ist das Letzte, was ich will.
„Weil du mir lieb und entspannt viel besser gefällst, Kätzchen.“ Seine Stimme grollte in seiner Brust, und nicht nur die Worte, sondern auch dieser Klang beruhigten mich. „Ich mag es, wenn du gelassen schnurrst. Ich will nicht, dass irgendeine beschissene Sorrow in deinem Kopf rumpfuscht, und wir werden das alles so schnell wie irgend möglich in Ordnung bringen. Aber jetzt und hier, Baby, Süße, Kätzchen, Jilly-Schatz, musst du dich verflucht noch mal beruhigen, bevor ich dir eine Dosis Entspannung verpassen muss. Okay?“
„Okay.“ Ich lauschte seinem gleichmäßigen, ruhigen Herzschlag. Die Sache lief zunehmend aus dem Ruder. „Ich bin ruhig.“
„Nein, bist du nicht“, schmunzelte er. „Aber immerhin nah dran.“
„Trotzdem könnte ich eine Dosis vertragen.“ Wenigstens wenn wir im Bett sind, kann ich sicher sein, dass du nicht verschwindest.
Auch diese Sorge verpuffte wie Gas in einer Mine. Diesen speziellen Gedankengang konnte ich mir im Moment nicht leisten.
„Darauf könnte ich wetten. Geht mir genauso.“ Er trat einen kleinen Schritt vor und stieß mit mir zusammen, ich lehnte mich an ihn. „Erst die Arbeit, dann das Vergnügen, Kleines“, grollte er mir mit tiefer Stimme ins Ohr.
„Wer hat denn diese Regel aufgestellt?“ Hey, ich schlage mich echt gut. Alle Umstände in Betracht gezogen.
„Du warst das. Willst du sie brechen?“
Scheiße. „Wir sollten uns zu Hutch aufmachen. Ich muss noch einige Bücher wälzen, bevor ich liebliche Stunden mit einer Höllenbrut verbringen darf.“
„Willst du was zu Abend essen?“ Himmel, klang Saul etwa besorgt? Warum denn? Ich würde schon nicht zusammenklappen. Immerhin habe ich schon Schlimmeres durchgemacht. Ich konnte es nur nicht leiden, wenn mich Feinde überraschten. Wenn ich erst mal wusste, dass sie in meiner Stadt waren, gab es eine einfache Lösung: aufstöbern und vernichten.
Wissen ist der beste Freund des Jägers, hatte Michail immer gesagt.
Obwohl es wehtat, an ihn zu, denken. Es schmerzte tief drinnen, an einem Ort, den ich vom Rest meines Lebens abschottete, an dem Platz, dem ich nur dann Raum gab, wenn ich nachts alleine wach lag, der Wind um das Warenlager pfiff und sein leises Klagelied von dunklen Straßenecken und Einsamkeit sang. Ich war nicht allzu oft dort gewesen, seit Saul in mein Leben spaziert war – zunächst mochte er mich regelmäßig zur Weißglut getrieben haben, aber dann war es ihm gelungen, den Wall, den ich um mich errichtet hatte, zu durchbrechen, nur um letztendlich mein Herz zu erobern. Inzwischen war er so tief darin verwurzelt, dass ich schon nicht mehr wusste, wo er aufhörte und ich anfing.
Das Problem mit der Liebe ist nur, dass man so scheißverletzlich wird. Eine echte Schwachstelle. Aber ohne diesen Schwachpunkt – wofür zum Teufel sollte ein Jäger dann noch kämpfen?
„Nein.“ Widerstrebend verließ ich seine behütende Wärme. „Lieber nicht. In Perrys Gegenwart dreht sich mir gerne der Magen um.“ Seufzend ließ ich meine verspannten Schultern rotieren und atmete lange aus. „Aber deshalb brauchst du ja nicht drauf zu verzichten. Während ich bei Hutch bin, kannst du dir einen Burrito oder so vom Imbiss holen.“
„Meinst du im Ernst, dass ich dich im Buchladen alleine mit Hutch zurücklasse?“ Er hob die Augenbrauen, und urplötzlich sah die Welt wieder normal aus. „Ich weiß doch, wie heiß er dich findet.“
Der Abstecher zu Hutch stellte sich als Flop heraus. Er war noch nicht weitergekommen, als alle möglichen Quellen, die er für nützlich hielt, herauszukramen und nach übersetzbaren Stellen zu suchen. Der Ausdruck Chutsharak schien allerdings überhaupt nichts zu bedeuten. Hutch selbst wurde kreidebleich, als er mich sah, führte uns ins Hinterzimmer, schloss den Laden ab und machte sich aus dem Staub. Das bedeutete, dass wir den Großteil des Tages bis in die Nacht hinein schimmlige Bücher durchblätterten und am Ende nicht viel mehr über die Sorrow herausfanden, als ich ohnehin schon wusste.
Auch Hutchs Nachforschungen über den Heiligen Antonius waren ohne Ergebnis geblieben. Entweder also hatte Hutch stark nachgelassen – oder Rourke hatte mich angelogen.
Ratet mal, worauf ich mein Geld verwettet hätte.
Als es an der Zeit war, setzte Saul sich hinters Steuer – meine Hände waren ein wenig zittrig. Zuerst machten wir einen Zwischenstopp bei der Kirche der Heiligen Jungfrau, wo ich zwanzig Minuten mit geschlossenen Augen auf einer der hinteren Bänke verbrachte und den eigenartigen Geruch einer Kirche einatmete. Weihrauch, liturgische Roben, Messwein, Hoffnungsflackern, Glaube, Furcht, Flehen – ein vertrautes Gemisch, Trost und Ansporn zugleich.
Während ich dasaß und leicht vor- und zurückschwankte, glitten die Perlen des Rosenkranzes aus Tigerauge durch meine Finger. Wie von selbst sagte sich das Gebet in meinem Kopf auf.
Du, der Du mich auserkoren hast, das Böse zu bekämpfen, beschütze mich und halte Deine schützende Hand über mich. Gewähre mir Kraft im Kampf, ein ehrenhaftes Leben und einen sauberen schnellen Tod, wenn meine Zeit gekommen ist. Halte Deinen Schild über mich. Mein Schwert möge Deine Kinder beschützen und Deine Gerechtigkeit auf Erden durchsetzen.
Lass mich die Schwachen verteidigen und die Unschuldigen beschützen.
Lass mich Unrecht bekämpfen und Gutes tun.
Gott, mein Herr, ich bitte dich› steh mir bei, wenn ich den Legionen der Hölle gegenübertrete.
In Deinem Namen und mit Deinem Segen ziehe ich aus, die Nacht zu reinigen.
Es ist das Gebet der Jäger, von dem mehrere verschiedene Versionen überliefert sind: Michail sagte es immer in Gossen-Russisch auf und sang die Worte mit fremdartiger Anmut. Ich habe schon Varianten in Spanisch mit Flamenco-Akzent und feierlichem Latein gehört, auch in ratterndem und schnellem Deutsch zitiert. Sogar auf Schwedisch gesungen und auf Griechisch gegurrt, in volltönendem Koreanisch und lustlos dahin-gefluchtem Französisch, alles ist mir schon untergekommen. Einmal, das weiß ich noch genau, habe ich einem mexikanischen Vaduienne gelauscht, der es auf Nahuatl regelrecht ausspuckte, während die Luft voller Schießpulver und dem Fauchen von Höllenbrut war. Ich, ich spreche es auf Englisch und gebe jedem einzelnen Wort sein eigenes Gewicht. Es tröstet mich.
Vielleicht nur ein schwacher Trost, dass Jäger auf der ganzen Welt dieses Gebet zu jeder denkbaren Zeit aufsagten. Es war ein schwacher Trost, dass ich Teil einer Kette war, die sich zurück bis zu den ersten Jägern seit Menschengedenken erstreckte, zu den heiligen Huren von Inanna, die vom ältesten aller Zauber Gebrauch gemacht hatten, um die Nachtschatten aus den Städten zu vertreiben: von der Magie des Körpers vereint mit der von Stahl. Die Priesterinnen damals stammten von den nackten Schamaninnen der Altsteinzeit ab, die Menstruationsblut, Kräuter, Bronze und die Macht ihres Glaubens einsetzten, um ihre Lager und Siedlungen mit Schutzwällen zu umgeben. Auf diese Art erfassten und festigten sie auch die Theorien von Anziehung und Abneigung, welche die Basis jedes großen Zaubers der Jägermagie bilden. Diese Frauen waren die Ersten gewesen, die im taugetränkten Gras Ley-Linien nachverfolgten und aus der Erde selbst Energie schöpften, um die Hölle in ihre Schranken zu verweisen und die Welt für Normalsterbliche sicher zu machen.
Ein verflucht schwacher Trost, ja. Aber mir war er recht. Jede Frau in dieser Kette hatte ihren Beitrag geleistet, jeder Mann, der sein Leben geopfert hatte, um die Unschuldigen zu retten, hatte etwas beigetragen, und alle hatten eine Form dieses Gebetes gesprochen. Gott, steh mir bei, denn ich ziehe hinaus in die Dunkelheit, um zu kämpfen. Sei meine Stärke, denn ich werde tun, was ich kann.
Als ich fertig war, beugte ich das Knie. Auf dem Altar schimmerten Kerzen, eine alte Frau beäugte mich neugierig, als ich beide Hände ins Weihwasser tauchte. Sie sah einigermaßen schockiert aus, als ich mir das Wasser übers Haar und die Schultern meines zerfetzten Mantels träufelte. Außerdem malte ich mit dem kühlen, geweihten Nass zwei Streifen auf meine Wangen, ähnlich der Kriegsbemalung von Saul. Ein letztes Mal noch fiel ich vor dem Altar aufs Knie, zwinkerte der alten Frau zu und traf Saul im Vorraum, wo er darin vertieft war, das Buntglasfenster über der Tür mit dem Motiv der Magdalena anzustarren, die reuige Sünder mit offenen Armen empfing. Zwischen seinen zartfühligen Fingern ließ er abwesend die Pfeilspitze aus Obsidian an ihrem Lederzopf baumeln. Immer wieder drehte er ihn um und streichelte über die eingeflochtenen Haarsträhnen und Federn.
Schweigend fuhr er mit der erlaubten Höchstgeschwindigkeit bis zu dem bekannten zertrümmerten Gehsteig draußen im Industriegebiet, wo das Monde Nuit inmitten seines Schlicktümpels von sphärischer Leblosigkeit kauerte.
Er parkte in der Feuerwehrzufahrt, nahm meine Hand und drückte meine Finger, kräftig. Dann ließ er Zentimeter für Zentimeter los. Noch eins unserer Rituale.
Wenn er könnte, würde er mich ins Monde begleiten. Aber ein Werwesen in einer Höllenbrut-Bar würde nur Ärger heraufbeschwören, und ich hatte die leise Vermutung, dass Perry Saul nur zu gerne in seinem eigenen Revier hätte.
Das ist genau das, was du in einem Moment wie diesem auf keinen Fall denken solltest, Jill. Ich starrte durch die Windschutzscheibe. Vor mir sah ich die niedrige Vorderseite des Monde, die mit ihrem geschwungenen Eingang, beschienen von einladendem, goldenem Licht, lockte. Eine höllisch gute Mausefalle.
„Bleib hier, bis ich dich holen komme, Kätzchen. Ja?“ Wenn ihm diese Worte schwerfielen, ließ er es sich jedenfalls nicht anmerken.
Ich nickte. Die Narbe an meinem Handgelenk war hart, heiß und schmerzte – eine Erinnerung daran, dass Perry mich bereits erwartete. Eine Erinnerung, auf die ich nachdrücklich verzichten konnte. Die silbernen Amulette in meinem Haar fingen unruhig an zu klimpern.
„Du bist nicht sein Eigentum.“ Jetzt klang Sauls Stimme belegt. „Nie und nimmer.“
„Ich weiß.“ Beinahe konnte ich mein eigenes Flüstern selbst nicht hören. „Ich bin nicht sein Eigentum. Ich gehöre dir.“ Du bist der einzige Mann, dem ich neben Michail jemals gehört habe, Saul. Weißt du das etwa nicht?
„Himmel, Jill …“
Aber ich hatte bereits die Tür geöffnet und stieg aus, wo mich die Kühle einer Winternacht umfing. Auf meinem Weg zum Eingang klapperten die Absätze meiner Stiefel deutlich über den Asphalt, wie üblich hatte sich bereits eine Schlange gebildet. Dämonen und andere starrten mich an und tuschelten. Die Türsteher beäugten mich, es waren dieselben Zwillings-Kraftprotze wie neulich. Diesmal waren ihre Augen normal, abgesehen von den roten Funken, die in ihren Pupillen glitzerten.
Bitte, betete ich. Lass heute eine der Nächte sein, an denen er mich langweilig findet. Lass ihn Wichtigeres zu tun haben.
Genau, die Chancen dafür stehen grandios hoch. Vergangene Nacht hatte er das Monde Nuit sogar verlassen und sich ernsthaft meinetwegen ins Zeug gelegt. Heute Nacht würde ich wahrscheinlich dafür zahlen dürfen.
Wahrscheinlich? Klar. Genauso wahrscheinlich, wie ich gerade atmete.
Ich stolzierte provozierend an Zerberus eins und zwei vorbei, in der Hoffnung, dass sie aufmotzten. Wenn sie mich wegschicken würden, könnte ich zurück zum Auto gehen und Perrys beschissener Sicherheitsmannschaft die Schuld dafür geben. Aber natürlich machten sie keinen Finger krumm. Nein, einer von den beiden schenkte mir sogar ein Grinsen. Im nächsten Moment flutete das ohrenbetäubende Wummern der Musik von drinnen nach draußen, zerrte mich hinein in die mutterleibgleiche Finsternis, die nur von vereinzelten Lichtern, dem Gestank nach Höllenbrut und der drängelnden Menge Nachtschatten durchbrochen wurde, die aus ihren Löchern gekrochen waren, um sich ein bisschen Spaß zu gönnen. Der Rubin an meiner Kehle wurde warm, und Sauls Knutschfleck pulsierte.
Sollte ich mich schämen, weil ich hoffte, dass Perry ihn nicht bemerken würde?
Mit erhobenem Haupt und schwingenden Hüften schritt ich selbstbewusst auf die Bar zu. Mal wieder war es Riversons Schicht, und seine blinden Augen weiteten sich. Sofort griff er nach dem Wodka.
Kein gutes Zeichen.
Als ich an die Theke trat, schenkte er mir bereits ein Glas voll und stellte es mir mit Wucht vor die Nase. „Du sollst gleich raufgehen“, schrie er über den Lärm hinweg. „Erwartet schon.“
Innerlich zuckte ich zusammen, doch äußerlich lächelte ich Riverson an, griff nach dem Schnapsglas und leerte es. Es brannte. „Du bist doch sonst nicht so spendabel, blinder Mann. Aber ich schätze, ich hab noch was gut.“
Angesäuert zog er die Mundwinkel nach unten. Seine trüben Augen blickten an mir vorbei und musterten die Tanzfläche. Es gab kaum etwas, das ihm entging. Früher einmal war ich immer nur bei Tag ins Monde gekommen, um Riverson einen Besuch abzustatten und von ihm den neuesten Tratsch zu erfahren -damals, als ich noch Michails Lehrling und Rückendeckung gewesen war. Er hatte es gehasst hierherzukommen, selbst wenn es draußen hell war. Es war immer der letzte Ausweg gewesen, und zwar einer, den er möglichst nicht benutzte.
Als ich Michail das erste Mal in dieses Dreckloch begleitet hatte, war Perry auf mich aufmerksam geworden. Um ein Haar hätte Michail ihn weggepustet, als er neben mir an der Bar aufgetaucht war und offenkundig ein Auge auf mich warf.
Vergiss Michail, Jill. Du musst dich auf ganz andere Sachen konzentrieren.
Natürlich war das ein Kampf, den ich nur verlieren konnte. Es verging kein Tag, an dem ich nicht an ihn dachte. Schließlich hatte er mich gerettet, oder etwa nicht? Er war die beste Vaterfigur, die ich je gehabt hatte.
Er hatte ein bibberndes, dürres Mädchen aus der Kälte geholt und sie trainiert und stark gemacht. Michail hatte das Äußerste aus mir herausgeholt, mich in Form gebracht, geformt – und das andere Ende der Silberkordel gehalten, an der meine Seele gehangen hatte, während ich in die Hölle hinabstieg, um meine Ausbildung zu vollenden.
Manchmal frage ich mich, was in ihm vorgegangen war, während er meinen leblosen Körper auf dem Altar betrachtete, den pochenden und blutenden Rubin in den Händen, mit dem er das Silberband verankert hatte. Den Rubin, den ich nun um den Hals trug. Hatte er sich gefragt, ob ich zurückkommen würde? Hatte er sich den Kopf darüber zerbrochen, ob ich die Reise hinab an den Ort überleben würde, den die Abkommen der Hölle ihr Zuhause nennen?
Oder nicht? War er sich bewusst, dass er mich so gut er nur konnte trainiert und mir jede nur erdenkliche Waffe gegen die Schattenseite gegeben hatte? Und wäre ihm das tatsächlich ein Trost gewesen?
„Verflucht, du solltest dich von hier fernhalten“, schüttelte Riverson den Kopf, während sein verschleierter Blick etwas hinter mir fokussierte. „Du stinkst nach Wer.“
„Und du stinkst nach Hölle, Riverson. Behalte deinen weisen Rat für dich.“ Ich knallte das Glas wieder auf den Tresen, drehte mich um und machte mich auf den Weg zum Backstage-Bereich, als wäre es das Selbstverständlichste der Welt. Mein zerlumpter Mantel schwang hin und her wie die Fransen einer Bikerjacke.
Also, Füße, lasst mich jetzt bloß nicht im Stich.
Weiter hinten waren die Tische voll besetzt mit Höllenbrut – sie spielten Karten, genehmigten sich in aller Ruhe ihre Drinks und unterhielten sich in Helletöng, das die dröhnende Musik durchzog. Die abgestandene Luft im Raum vibrierte. Glänzende Dämonenaugen folgten mir, als ich an ihnen vorbei und auf die schmale schwarze Eisentür ganz hinten zuschritt, die mit einer purpurnen Kordel aus Samt abgesperrt war.
Trotz des Lärms hörte ich, wie ein Stuhl verrückt wurde. Als einer der Typen Anstalten machte aufzustehen und unter seinen flaschengrünen Samtmantel griff, zögerte ich keine Sekunde. Ehe er sichs versah, hatte ich die Kanone in der Hand und zielte auf ihn. Gebadet in warmes gelbes elektrisches Licht, erschien sein schneidend schönes Gesicht mit den feinen Zügen wie das eines leichenblassen Adonis. Zigarettenrauch wirbelte in der Luft umher. In gelben Augen funkelte die übernatürliche Wut einer Höllenbrut, und einer mächtigen obendrein.
Hallo, schöner Unbekannter. Was haben wir denn für ein verfluchtes Problem, bist du plötzlich lebensmüde? Ich hielt die Waffe weiter auf ihn gerichtet. An meinem Handgelenk pulsierte die Narbe, hart und heiß.
Na komm schon, liefere mir einen Grund. Nur einen kleinen Grund. Och, bitte.
Mein Finger am Abzug machte sich bereit. Ich sah, wie sich die Sphärenenergie zusammenballte, wie schwarze, höllische Wolken der Verdammnis, die um ihn wirbelten. Ich konnte mein Glück kaum fassen. Wenn er mich angreifen würde, hätte ich jedes Recht, ihn auf der Stelle zu erschießen und einfach zu gehen.
Doch plötzlich und wie aus dem Nichts schloss sich Perrys Hand um meinen Arm. Unter dem Leder wurde die Narbe so heiß, dass ich schon damit rechnete, es würde jeden Moment anfangen zu kokeln.
Perry schwieg, sein Griff war sanft. Seine langweilige Visage wandte sich interessiert dem Dämon zu, der mitten in seiner Bewegung erstarrt innehielt, was reichlich komisch aussah. Er war auf den Beinen, aber nur zur Hälfte, und seine Hand steckte noch immer unter seiner Jacke.
Ohne Vorwarnung wurden Perrys Finger an meinem Gelenk zu Stahl. Er drückte so fest zu, dass die Knochen knirschten, dann nahm er mir gelassen mit der freien Hand die Pistole ab. Er legte an, spannte den Hahn und drückte ab.
Ein lauter Schuss zerschnitt die donnernde Musik, und es spritzte schwarzes Blut. Der Kopf der Höllenbrut löste sich regelrecht auf. Wenn man einen Dämon töten will, ist der Kopf immer eins der sichereren Ziele – zumindest solange sie nicht auf dich zuspringen, die Scheißer sind nämlich ungeheuer schnell. Außerdem ist meine Munition mit Silber verkleidet. Was die Ballistik angeht, sind Silberkugeln eine Katastrophe, aber zum Glück braucht man nicht sehr viel von dem Mondmetall, um die Hülle einer Höllenbrut durchstoßen zu können. Denn dann sind sie verwundbar. Und es wirkt wie ein Gift auf sie, man schlägt also zwei Fliegen mit einer Klappe.
Perry legte die Waffe zurück in meine Finger. Dann führte er meine Hand hinunter zum Gurt, um die Pistole wegzustecken, wobei sein Griff keine Sekunde von dem Lederband über dem Mal rutschte, das prickelnd und schmerzend anschwoll, um ihm näher zu sein.
Die Echos des Schusses wurden von der Musik geschluckt. Keiner bewegte sich. Die Leiche des Dämons fiel wie ein Klumpen zu Boden und die klebrigen Überreste des Kopfes trieften auf den Laminatboden, mitten im Herzen des Monde Nuit.
Verfluchte Scheiße.
Ich wusste nicht, wer der Dämon war oder welches Problem er mit mir gehabt hatte – zur Hölle, ich war offensichtlich eine Jägerin, und es war gut möglich, dass er wegen irgendwas gesucht wurde. Aber trotzdem. Wenn Perry hatte klarmachen wollen, aus welchem Grund ich hier war, hätte er es kaum deutlicher ausdrücken können, auch nicht mit einem riesigen blinkenden Neonschild. Ich war geschäftlich hier und stand unter seinem Schutz.
Mit anderen Worten: Perry hatte das getan, was Höllenbrütler nun mal so tun, während Werwesen zum Beispiel große, dicke Knutschflecke hinterlassen. Als ob irgendeiner der Anwesenden noch nicht Bescheid gewusst hätte.
Abgesehen von dem toten Dämon im flaschengrünen Samtanzug.
Perry deutete zur Tür und ließ mich los. Ich schluckte und schritt dann entschlossen darauf zu. Mein Rücken kribbelte vor Anspannung. Er ist hinter mir. Hinter mir. Guter Gott, ich hab ihn im Rücken.
Die Tür schwang auf und blaues Licht fiel hindurch. Ich trat hinter die Purpurkordel und betrachtete die Treppe, die nach oben führte. Eis schien mich einzuhüllen.
Himmel. Ich wünschte, Saul wäre hier.
Nein, nein, stimmt nicht. Ich bin froh, dass er nicht mal in der Nähe ist. Denn dann ist er wenigstens sicher.
Hinter mir erfüllten Perrys tonlose Schritte die Luft, während die Eisentür wieder ins Schloss fiel. „Heute sind wir wohl ein bisschen empfindlich, was, liebe Kiss?“ Er klang gelassen, mitfühlend, ruhig. „Ich frage mich, warum.“
Lasst die Spiele beginnen! Ich schluckte. „In letzter Zeit versuchen ’ne Menge Leute, mich um die Ecke zu bringen.“
„Nicht in meinem Haus.“ Ausnahmsweise klang er nicht amüsiert.
„Man weiß eben nie, wann ein Höllenfreak auf dumme Gedanken kommt.“ Ich ging absichtlich langsam. Was ich jetzt an Zeit totschlug, konnte ich von den zwei Stunden abziehen. Jede Sekunde, die ich mich im Monde aufhielt, zählte.
Lieber Gott, hilf mir, das durchzustehen.
„Nein, das weiß man nie.“ Dieser sanfte, nachdenkliche Tonfall war neu, und sofort bekam ich eine Gänsehaut. Zum Glück hatte ich meinen Mantel an. „Willst du wissen, was ich mir für heute Nacht überlegt habe?“
„Lieber nicht. Es kann nur was Unangenehmes sein.“ Nun war ich am oberen Ende der Treppe angekommen und drückte die Holztür dahinter auf. Die Scharniere quietschten – ich vermutete, dass Perry sie ganz bewusst nicht ölen ließ.
„Wenn du dich nur ein wenig entspannen würdest, dann hättest du sogar deinen Spaß daran.“ Ein leises Lachen ertönte, das Stein und Bein gefrieren ließ. „Aber heute wirst du dich einfach nur zu mir setzen und mit mir trinken.“
Nicht gut. „Was gibt es denn zu trinken?“
„Was immer du möchtest. Und du wirst mir deine ganze Aufmerksamkeit schenken, Kiss. So lange schon habe ich das vermisst.“
Nicht lange genug. Ich betrat das Zimmer und sank in den weißen Plüschteppich.
Es war ein großer Raum, schwach hörte man von unten Musik durch den Boden wummern. Am anderen Ende stand hinter einer kugelsicheren, getönten Glasscheibe das Bett -makellos, blütenweiß und überhäuft mit Kissen. Die Bar zu meiner Linken bestand aus blankem Chrom und Spiegeln. Kunstvolle Spots beleuchteten den Brueghel an der Wand neben den Monitoren, die verschiedene Innenansichten des Monde und mehrere über Satelliten eingespielte Nachrichtenprogramme zeigten. Sämtliche Wände waren weiß gestrichen, und die Luft war dick vom Geruch nach Höllenbrut.
Auf dem ausladenden weißen Teppich standen zwei Stühle: Lehnsessel aus weißem Leder. Womit ich nun die Wahl hatte: Wollte ich mit dem Rücken zur Tür sitzen, damit ich so tun konnte, als würde ich die Programme über Tod, Zerstörung und tanzende Höllenbrut schauen? Oder bevorzugte ich es, mich vor die kugelsichere Glasscheibe zu setzen, womit ich mein Augenmerk auf nichts anderes als Perry richten konnte?
Das Leben steckt voll schwerer Entscheidungen.
„Setz dich und nimm es ab. Was kann ich dir anbieten?“ Er schlenderte zur Bar hinüber, und ich musste abermals schlucken. Er war eindeutig zu höflich.
Ob ich es mal mit einer neuen Strategie versuche? Soll er doch mal alle Entscheidungen treffen. Einen Versuch war es wert. „Wo soll ich sitzen?“
„Wo immer du möchtest, liebe Kiss. Aber leg endlich dieses bescheuerte Armband ab. Ich lausche so gern deinem Herzschlag.“
Ich löste die Lederriemen und nahm es langsam ab. Dann steckte ich es in die Tasche. Luft streifte meine Haut. Verzückt zog sich die Narbe fester zusammen, und ich kämpfte gegen aufwallende Panik an. Was würde er wohl diesmal von mir verlangen? Würde er die Peitsche wollen oder doch lieber die Flechets?
Und würde ich es genießen können? Er liebte den Schmerz. Und manchmal, Gott steh mir bei, genoss ich es, ihn bluten zu lassen.
Falls es für Jäger so etwas wie ein finsteres Tal gab, dann war es dies hier. Man kann nicht lange mit all der Gewalt, dem Blut und den Schreien leben, ohne auf den Geschmack von Rache zu kommen. Jedes Mal, wenn ich Perry bluten ließ, fühlte es sich verdächtig nach Genugtuung an. Ein gutes Gefühl.
„Setz dich“, hauchte er mir ins Ohr, sein heißer und zu feuchter Atem strich über meine Haut und bildete kleine Kondenstropfen. Ich zuckte heftig zusammen, wirbelte von ihm weg und legte die Hand auf meine rechte Pistole. Nur mit großer Anstrengung gelang es mir, die Finger wieder zu lösen, als Perry den Kopf schräg legte. Licht spielte auf seinem Blondschopf. Er hielt zwei Cognacgläser in der Hand, in jedem ein Fingerbreit schimmernder Flüssigkeit. „Jetzt komm schon, Kiss. Diese Spielchen sind heute Nacht nicht angebracht. Entspann dich endlich, wir könnten so gute Freunde sein.“
„Du bist kein Freund.“ Meine Hände ballten sich zu Fäusten. „Du bist eine Höllenbrut. Eine Ausgeburt der Hölle. Nur einen Schritt von einem gottverfluchten Arkeus entfernt, das ist alles. Nur eine andere Art von Ungeziefer.“
Er zuckte mit den Schultern und hielt mir dann eins der Gläser hin. „Und trotzdem kommst du immer wieder.“
„Wir haben eine Abmachung. Eine, die mir erlaubt, eine bessere Jägerin zu sein.“ Ich vermied es, seine Finger zu berühren, als ich das Getränk entgegennahm. Der silberne Ring an meiner Linken spuckte einen einzelnen weißen Funken, und der geschliffene Rubin an meinem Hals flammte einmal auf und verströmte tröstende reine Hitze – beides Reaktionen auf Perrys Nähe.
Wie üblich schien es ihn nicht zu stören. „Michail hat dich vor mir gewarnt“, stellte er fest.
Er wies auf die Stühle. „Setz dich.“ Verblüffenderweise entschied er sich für den Sessel vor der Glaswand, machte es sich gemütlich und hielt sich das Glas unter die Nase. Mit halb geschlossenen Augen atmete er tief ein.
Er schnurrte beinahe vor Vergnügen und sah unglaublich selbstzufrieden aus.
Warum zum Teufel redet auf einmal jeder über Michail? Der Ring an meiner linken Hand wurde warm, und meine Brust zog sich zusammen. „Allerdings“, bestätigte ich.
„Was hat er denn gesagt?“
Mit aller Macht verdrängte ich die Erinnerung und machte mich bereit, ihm eine Lüge aufzutischen. Er hat mir erzählt, dass du deine eigenen Pläne mit mir hast und dass ich das nie vergessen solle. Und dass eine Frau in solchen Situationen immer im Vorteil ist. Ich habe ihm geglaubt. Ich habe ihm immer geglaubt. „Dass du mir nichts bieten kannst, was es wert wäre, den letztendlichen Preis dafür zu zahlen.“ Behutsam setzte ich mich in den anderen Stuhl. Mein Herzschlag war ganz leise. Und ich glaube ihm noch immer.
„Aber du hast nicht auf ihn gehört.“
„Ich habe einen Nutzen-Kosten-Vergleich angestellt.“ Immerhin bin ich noch immer am Leben, oder etwa nicht? Und spiele noch immer Backe, backe Kuchen mit dir. Noch bin ich dir um Haaresbreite überlegen, würde ich meinen.
Und wie breit das Haar genau ist, darüber wollen wir nicht näher nachdenken.
„Genau wie ein Trader“, bemerkte er amüsiert. Das Spiel dieser Nacht war noch jung, er konnte es sich leisten.
„Ich bin kein Trader. Ich bin Jägerin. Und eines Tages, Perikles …“
„Erspar mir das.“ Seine blauen Augen verdunkelten sich grüblerisch. Allmählich fühlte ich mich äußerst unwohl. Das war kein Besuch, wie ich ihn kannte. Normalerweise hätte er längst von mir verlangt, ihm die Handschellen anzulegen und ihn auf die Streckbank zu schnallen. „Ich stelle fest, dass es mir immer weniger Vergnügen bereitet, wenn du mich bedrohst, Kiss.“
„Gewöhn dich dran.“ Silber brannte auf meinem Hals. Es war die Kette, an der mein Rubin hing, genauso wie mein Ring, der meinen Arm hinaufloderte. Auch meine Ohrringe wurden warm, das Silber und der Stahl meiner eigenen Schmuckstücke wendeten sich gegen mich, während ich so mit offengelegter Narbe im Büro der Höllenbrut saß.
Perrys Lächeln war verschwunden. Stattdessen studierte er mich das erste Mal seit unserem allerersten Treffen mit ernstem Interesse. Zum Glück saß ich bereits, denn meine Knie wurden weich.
Und ich fing an zu schwitzen.
Er schwenkte kurz sein Glas, ließ mich jedoch nicht aus den Augen. „Oh, ich bin daran gewöhnt. Ich tröste mich selbst mit dem Gedanken, dass du mich letztendlich doch anflehen wirst. Es ist nur eine Frage der Zeit.“