10.

 

Das Fest fand im Tem­pel­pa­last des Sag­ho­mon statt. Es han­del­te sich um ei­ne ei­för­mi­ge, zwei­hun­dert Me­ter ho­he und an der run­den Grund­flä­che acht­zig Me­ter durch­mes­sen­de Kup­pel aus MA-Me­tall, die ein­deu­tig von mar­sia­ni­schen In­ge­nieu­ren er­baut wor­den war.

Ob­wohl die Aus­stat­tung der ein­zel­nen Stock­wer­ke lu­xu­ri­ös war, konn­ten die aut­ar­ken Ener­gie­an­la­gen, die An­ti­gra­vi­ta­ti­ons­lif­te und die ein­ge­bau­ten Waf­fen nicht dar­über hin­weg­täu­schen, daß die­se Kup­pel ehe­mals als kom­for­ta­ble Fes­tung für einen mar­sia­ni­schen Kom­man­deur ge­dacht wor­den war.

Au­ßer die­sem »Kraftei«, wie wir da­zu sag­ten, gab es noch hun­dert­und­zwei an­de­re Kon­struk­tio­nen die­ser Art; grö­ße­re und klei­ne­re, je nach dem Rang ih­rer ur­sprüng­li­chen Be­woh­ner.

Hier hat­te man sich ge­gen re­vol­tie­ren­de Ein­ge­bo­re­ne und ge­gen An­grei­fer aus dem Wel­ten­raum ver­tei­di­gen kön­nen.

Al­le Ge­bäu­de zu­sam­men bil­de­ten et­wa im Mit­tel­punkt der Haupt­stadt den so­ge­nann­ten Tem­pel­be­zirk, der nach dem Aus­ster­ben der Mar­sia­ner zum heid­ni­schen Hei­lig­tum er­ho­ben wor­den war.

Künst­li­che Atom­son­nen, in An­ti­gra­vi­ta­ti­ons­fel­dern schwe­bend, über­schwemm­ten die pracht­vol­len und weit­läu­fi­gen Park­an­la­gen mit ih­ren Licht­flu­ten. Ich ver­an­stal­te­te das Fest der Su­per­la­ti­ve.

Die ers­te Hür­de hat­ten wir be­reits ge­nom­men. Der Kom­man­deur der or­gh­schen Raum­pa­trouil­le und der Kom­man­dant des zwei­ten Schif­fes wa­ren pro­gramm­ge­mäß er­schie­nen, dies­mal je­doch nicht auf Be­fehl, son­dern auf Grund ei­ner groß­zü­gig ge­währ­ten Gna­de Sei­ner Ver­klärt­heit, Tu­ma­dschin Khan.

In­fol­ge un­se­rer te­le­pa­thi­schen Spio­na­ge hat­ten wir her­aus­ge­fun­den, daß die Ges­te großen Ein­druck hin­ter­las­sen hat­te. Die Un­ru­he­stif­ter un­ter den Hyp­nos, die einen Ge­walt­start mit gleich­zei­tig statt­fin­den­dem Feu­er­über­fall ver­langt hat­ten, wa­ren von dem Kom­man­deur zum Schwei­gen ge­bracht wor­den. Er ver­sprach sich von der Ein­la­dung per­sön­li­che Vor­tei­le und woll­te mir bei die­ser Ge­le­gen­heit ei­ni­ge Ge­heim­nis­se ent­lo­cken.

So woll­te er mich da­zu ver­füh­ren, ihm preis­zu­ge­ben, von wem und in wel­cher Art ich die ga­lak­ti­schen Po­si­ti­ons­da­ten über sein Hei­mat­sys­tem er­hal­ten hat­te. Er konn­te sich nicht vor­stel­len, daß dies sei­tens sei­ner Re­gie­rung frei­wil­lig ge­sche­hen sei. Noch nie­mals hat­ten Frem­de er­fah­ren, wo die Hyp­nos ei­gent­lich zu Hau­se wa­ren und von wo aus sie ih­re Über­fäl­le auf ah­nungs­lo­se Völ­ker un­se­rer rie­si­gen Milch­stra­ßen­ga­la­xis star­te­ten.

Wir hat­ten fer­ner ent­deckt, daß man an Bord der or­gh­schen Schif­fe sich nicht hat­te ent­schlie­ßen kön­nen, die ge­spei­cher­ten Da­ten über die ga­lak­ti­sche Po­si­ti­on vor­sichts­hal­ber zu lö­schen.

Es hät­te wo­chen­lan­ger Be­rech­nun­gen be­durft, um sie er­neut zu er­mit­teln. Da­vor scheu­te man sich, zu­mal ich al­les schon zu wis­sen schi­en.

Or­gh I und Or­gh II, wie ich die bei­den Kom­man­dan­ten der Ein­fach­heit hal­ber nann­te, wa­ren pünkt­lich er­schie­nen. Han­ni­bal und Ki­ny hat­ten so­fort ge­warnt! Die In­tel­li­gen­zen wa­ren ent­schlos­sen, bei ei­ner güns­ti­gen Ge­le­gen­heit Ye­do­ce­ko­ner blocks­ug­ge­s­tiv, so­zu­sa­gen auf »Ab­ruf« zu be­ein­flus­sen. Ein ein­zi­ger Aus­lö­seim­puls hät­te in die­sem Fall ge­nügt, um die der­art Be­han­del­ten zu Amok­läu­fern wer­den zu las­sen. Ich soll­te ihr Op­fer sein.

Al­li­son, so grob sei­ne Wor­te ent­ge­gen sei­nem sons­ti­gen Ver­hal­ten ge­klun­gen hat­ten, war völ­lig im Recht ge­we­sen. Die­se Krea­tu­ren ver­di­en­ten we­der To­le­ranz noch Mit­leid. Sie wa­ren eis­kal­te Pla­ner, de­nen der Zweck je­des denk­ba­re Mit­tel hei­lig­te.

Ich hat­te die bei­den Hyp­nos her­ab­las­send, aber nicht un­freund­lich emp­fan­gen und auch nicht ver­säumt, sie in ein Trans­la­tor­ge­spräch zu ver­wi­ckeln. Ich woll­te ein ge­wis­ses Ver­trau­en ge­win­nen und noch stär­ker her­aus­stel­len, daß be­son­ders die Ver­mitt­lung des Ex­pe­di­ti­ons­kom­man­deurs für ihn nur vor­teil­haft sein könn­te.

Na­tür­lich wa­ren wir vor­sich­tig. Et­was an­de­res hat­ten die­se In­tel­li­genz­we­sen auch nicht er­war­tet. Bo­ris Pe­tron­ko und zwölf ge­pan­zer­te Zy­klo­pen hiel­ten sich stän­dig in ih­rer Nä­he auf.

Al­le Zy­klo­pen tru­gen Tarn­ge­rä­te, in de­nen die Hyp­nos Or­tungs­in­stru­men­te für ih­re men­ta­len Pa­ra­kräf­te ver­mu­te­ten. In­fol­ge­des­sen hat­ten sie auf die Aus­füh­rung ih­res Pla­nes ver­zich­tet. Nie­mand war von ih­nen über­nom­men wor­den.

Ich schau­te auf die Uhr. Der rie­si­ge Platz vor dem Tem­pel­bau des Sag­ho­mon glich ei­nem Heer­la­ger. Die Vor­nehms­ten des Pla­ne­ten hat­ten sich ein­ge­fun­den. Ich er­füll­te mei­ne Pflich­ten als Gast­ge­ber. Phi­lip Bot­cher, der ei­ne phan­tas­tisch ge­ar­bei­te­te To­ga nach rö­mi­schem Vor­bild trug, mach­te als mein Ze­re­mo­ni­en­meis­ter die in­ter­nen Hon­neurs.

»Noch fünf­zehn Mi­nu­ten, Sir«, raun­te er mir zu. »Plät­ze ein­neh­men!«

Der Sag­ho­mon, ein äl­te­rer, ge­beugt ge­hen­der Ye­do­ce­ko­ner von be­ste­chen­der Höf­lich­keit und herz­lich zu nen­nen­den Um­fangs­for­men, lud in die­sem Au­gen­blick zu den an­ge­kün­dig­ten Was­ser­spie­len ein. Sie wä­ren ein­ma­lig, hat­te man be­haup­tet.

Ich glaub­te es, denn hier kam mar­sia­ni­sche Tech­nik zum Ein­satz.

Tan­ca­noc und ei­ni­ge sei­ner in­for­mier­ten Of­fi­zie­re scho­ben sich un­auf­fäl­lig in mei­ne Nä­he. Die als »Op­fer« aus­ge­such­ten Per­so­nen, ho­he Per­sön­lich­kei­ten des Staa­tes, fie­ber­ten vor Un­ge­duld. Ich hat­te die Män­ner und Frau­en über ih­re Rol­le un­ter­rich­tet und um ih­re Hil­fe ge­be­ten. Wie­der hat­te ich einen Be­geis­te­rungs­sturm ge­ern­tet.

Ki­ny hat­te mir ent­setzt be­rich­tet, daß min­des­tens zwei­tau­send der an­we­sen­den Gäs­te un­ter dem Sie­gel der Ver­schwie­gen­heit ein­ge­weiht wor­den sei­en. Mei­ne Mit­ak­teu­re hat­ten nicht den Mund hal­ten kön­nen.

Nie­mand dach­te je­doch dar­an, den Hyp­nos einen Wink zu ge­ben. Eher hät­ten sich die­se Ye­do­ce­ko­ner er­schos­sen.

So be­gan­nen die Was­ser­spie­le im Vor­zei­chen ei­ner stän­dig stei­gen­den Span­nung. Weit jen­seits des Parks be­gann es zu rau­schen. Ei­ne Was­ser­ku­gel, min­des­tens tau­send Me­ter durch­mes­send, von An­ti­gra­vi­ta­ti­ons­fel­dern ge­hal­ten und von Fes­sel­fel­dern in die­se Form ge­preßt, er­hob sich hoch in die Luft. Das Licht der Schein­wer­fer wur­de tau­send­fäl­tig re­flek­tiert.

Kurz dar­auf teil­te sich der Gi­gant­trop­fen in zahl­rei­che Was­ser­säu­len auf, die sich schließ­lich zu ro­tie­ren­den Spi­ra­len ver­wan­del­ten und stän­dig neue For­men an­nah­men. Ei­ne un­wirk­li­che Mu­sik, ein­hei­mi­sche Kom­po­si­tio­nen, hall­te vom Nacht­him­mel her­ab. Es war ein­ma­lig schön und be­ein­dru­ckend. Un­se­re Tech­ni­ker staun­ten.

Die fünf­zehn Mi­nu­ten wa­ren vor­über. Als Bot­cher das ver­ein­bar­te Zei­chen gab, stand ich auf und klatsch­te nach ir­di­scher Sit­te de­mons­tra­tiv Bei­fall.

»Wun­der­voll, wun­der­voll!« rief ich. Das wa­ren die bei­den Stich­wor­te.

Die Mu­sik wur­de lei­ser. Man hielt es für un­höf­lich, Aus­ru­fe des Tu­ma­dschin Khan da­durch zu über­la­gern.

»Ich be­glück­wün­sche Sie, Sag­ho­mon. Sel­ten sah ich Schö­ne­res.«

Scheu­ning, eben­falls präch­tig und phan­ta­sie­voll nach his­to­ri­schen Vor­bil­dern der Mensch­heit ge­klei­det, gab mir ein Zei­chen.

So­wohl die Nar­ko­se­ge­schüt­ze der BA­PU­RA als auch die der TECH­NO-Pan­zer­fes­tun­gen wa­ren feu­er­klar und auf die bei­den Zie­le ein­ge­rich­tet.

Ich hat­te die Ab­schal­tung der Schutz­schir­me ver­langt. Der Kom­man­deur war zö­gernd dar­auf ein­ge­gan­gen, hat­te aber dann, beim ge­lun­ge­nen und of­fen­bar harm­lo­sen Ver­lauf des Fes­tes, sei­nen ur­sprüng­li­chen Ge­dan­ken auf­ge­ge­ben, die Schir­me nach ei­ni­ger Zeit wie­der auf­bau­en zu las­sen. Das war die zwei­te Hür­de ge­we­sen!

Nar­ko­se­strah­ler mar­sia­ni­scher Bau­art konn­ten auch die or­gh­schen Hoch­ener­gie­schir­me nicht durch­drin­gen.

Ich brei­te­te die Ar­me aus. Je­der­mann schwieg. Das war der Mo­ment, in dem Pe­tron­kos Laut­spre­cher­ge­brüll ein­deu­tig über­all zu hö­ren und auch zu ver­ste­hen war.

»Pa­ra­über­fall aus den Hyp­no­schif­fen!« heul­te er, »Vor­sicht, Er­ha­ben­heit. Pa­ra­über­fall.«

Et­wa zwan­zig Ye­do­ce­ko­ner ris­sen gleich­zei­tig bis­lang ver­bor­ge­ne Waf­fen aus ih­ren Klei­dungs­stücken und woll­ten auf mich an­le­gen.

Ich ging blitz­ar­tig in De­ckung und zog gleich­zei­tig mei­ne Ther­mo­rak, doch ich brauch­te nicht mehr zu schie­ßen. Ge­nau nach Plan über­nah­men die Zy­klo­pen die­se Auf­ga­be. Wich­tig war nur, daß die bei­den völ­lig über­rasch­ten Schiffs­be­fehls­ha­ber je­des Wort ver­stan­den und auch tat­säch­lich an­nah­men, ei­ni­ge Mit­glie­der ih­rer Be­sat­zung hät­ten sich wie­der­um ver­ges­sen.

Aus den schwe­ren Ener­gie­strah­lern der Zy­klo­pen bra­chen to­sen­de Feu­er­flu­ten her­vor. Un­se­re ye­do­ce­ko­ni­schen Ak­teu­re, selbst­ver­ständ­lich durch erst­klas­si­ge Ener­gie­schir­me ge­schützt, wur­den voll ge­trof­fen. Gleich­zei­tig zün­de­ten sie ih­re grel­leuch­ten­den, aber un­ge­fähr­li­chen Feu­er­werks­kör­per.

Ei­ne drei­di­men­sio­na­le Bild­wer­fer­über­blen­dung vol­len­de­te das schein­ba­re Dra­ma. Min­des­tens vier­zig Per­so­nen, mehr als wir vor­ge­se­hen hat­ten, flamm­ten vor den Rie­sen­au­gen der Or­ghs auf und ver­kohl­ten. Hilfs­rei­che Hän­de zo­gen die Dar­stel­ler aus dem Ge­fah­ren­be­reich. Gleich­zei­tig wur­den aschen­för­mi­ge Über­res­te un­auf­fäl­lig von Spe­zia­lis­ten der ye­do­ce­ko­ni­schen Ar­mee an je­nen Stel­len ver­streut, wo die »hyp­no­sug­ge­s­tiv Be­ein­fluß­ten« zu­sam­men­ge­bro­chen wa­ren.

Ich be­droh­te die fas­sungs­lo­sen Or­ghs mit der Waf­fe. Vier Zy­klo­pen er­grif­fen sie und hiel­ten die sich in auf­kom­men­der Pa­nik win­den­den Le­be­we­sen fest.

Ich brauch­te kein Wort zu sa­gen, kei­ne Dro­hung aus­zu­spre­chen, denn et­wa acht­zig Ki­lo­me­ter ent­fernt be­gann es dumpf zu don­nern.

Das heißt – es hat­te längst zu ru­mo­ren be­gon­nen, aber die Schall­wel­len ka­men jetzt erst bei uns an.

Die Or­ghs schri­en in hel­len Tö­nen. Sie be­fürch­te­ten die Ver­nich­tung ih­rer Schif­fe. Zwei ye­do­ce­ko­ni­sche Ärz­te wa­ren hin­ter sie ge­tre­ten. Ei­ne mir un­be­kann­te Dro­ge zisch­te aus Hoch­druck­dü­sen in die blau­häu­ti­gen, von der Klei­dung un­be­deck­ten Kör­per­par­ti­en.

Da­mit be­gann der ge­fähr­lichs­te Au­gen­blick. Wie wür­den die­se men­tal Be­gab­ten dar­auf rea­gie­ren? Tan­ca­noc hat­te mir ver­si­chert, die al­ten Mar­sia­ner hät­ten da­mit sol­che ge­fan­gen­ge­nom­me­nen De­ne­ber ver­hört, die eben­falls pa­ra­men­ta­le Fä­hig­kei­ten be­ses­sen hat­ten.

Nach mei­nen Er­fah­run­gen mit den De­ne­bern hat­te es un­ter ih­nen tat­säch­lich Te­le­pa­then, Te­le­ki­ne­ten und auch Sug­ge­sto­ren ge­ge­ben. Ent­we­der wa­ren sie durch ein lang­fris­ti­ges Gen­pro­gramm da­hin­ge­hend ge­züch­tet wor­den, oder es hat­te sich um sel­te­ne, mu­tier­te Aus­nah­men ge­han­delt. Je­den­falls soll­te die wil­lens­zer­stö­ren­de Dro­ge ein­wand­frei ge­wirkt ha­ben.

Die auf­ge­reg­ten Gäs­te wur­den von auf­tau­chen­den Kom­man­do­trup­pen der ye­do­ce­ko­ni­schen Ar­mee zu­rück­ge­drängt und gleich­zei­tig be­ru­higt. Ki­ny be­rich­te­te, von Bord der bei­den Hyp­no­raum­schif­fe käme kein ein­zi­ger Wa­chim­puls mehr. Die Hyp­nos wa­ren dem­nach durch un­ser auf die Se­kun­de ge­nau ein­set­zen­des Nar­ko­se­feu­er plan­mä­ßig be­täubt wor­den.

Jetzt kam es nur noch auf das Ver­hal­ten der bei­den Kom­man­dan­ten an.

Ich son­dier­te ih­ren Be­wußt­seins­in­halt. Das kla­re Ge­dan­ken­gut ließ mehr und mehr nach, um schließ­lich ei­ner le­thar­gi­schen Dumpf­heit zu wei­chen. Sie wa­ren völ­lig un­ge­fähr­lich ge­wor­den.

»Vol­le Wir­kung!« be­haup­te­te Han­ni­bal er­regt. »Das Zeug taugt wirk­lich et­was. Al­so, wor­auf war­ten wir noch? In et­wa drei Stun­den muß al­les er­le­digt sein.«

Drei Mi­nu­ten spä­ter sa­ßen wir be­reits in blitz­schnell ge­lan­de­ten Luft­glei­tern der Ye­do­ce­ko­ner und ras­ten zum Raum­ha­fen hin­über. Er war weit ent­fernt von der Haupt­stadt an­ge­legt wor­den, oder star­ten­de Groß­raum­schif­fe hät­ten sie durch ih­re Trieb­werks­druck­wel­len zer­stört.

 

Der kri­tischs­te Au­gen­blick des Un­ter­neh­mens war ge­kom­men! Die selbst­ver­ständ­lich für Ge­fah­ren­fäl­le al­ler Art vor­pro­gram­mier­ten Au­to­ma­ti­ken der bei­den Hyp­no­schif­fe hat­ten nicht nur die Zu­gangs­schleu­sen ge­schlos­sen, son­dern über­dies die Schutz­schir­me auf­ge­baut.

Ich sprach die wie Schlaf­wand­ler zwi­schen uns ste­hen­den Or­ghs in ei­nem schar­fen Be­fehl­ston an.

»Tu­ma­dschin Khan spricht. Fein­de Ih­res und mei­nes Vol­kes sind durch die Un­acht­sam­keit Ih­rer Be­sat­zun­gen in Ih­re Raum­schif­fe ein­ge­drun­gen. Wir müs­sen sie fin­den und tö­ten, oder das Ster­nen­reich der Or­ghs und mei­ne Groß­macht­stel­lung wer­den ver­nich­tet. Öff­nen Sie die Schutz­schir­me. Ich hel­fe Ih­nen, die At­ten­tä­ter zu fin­den. Öff­nen Sie mit Ih­rem Kom­man­do­ge­rät, Or­gh I! Sie tra­gen es un­ter Ih­rer Gür­tel­schnal­le. Schutz­schir­me ab­schal­ten! So­fort! Ab­schal­ten …!«

Es dau­er­te für uns qual­vol­le fünf Mi­nu­ten, bis er end­lich auf die Zwangs­dro­ge rea­gier­te. So her­vor­ra­gend wie ver­spro­chen war das Mit­tel nun auch wie­der nicht.

Er drück­te auf ei­ne Er­hö­hung der run­den, ziem­lich großen Gür­tel­schnal­le. Ein De­ckel klapp­te auf. Dar­un­ter er­kann­ten wir ein of­fen­bar in­te­grier­tes Mus­ter von Mi­kro­schal­tun­gen, die si­cher­lich nur von den spitz zu­lau­fen­den Fin­gern ei­nes Hyp­nos be­dient wer­den konn­ten.

Lang­sam, viel zu lang­sam, tipp­te er ei­ne Ko­de­be­zeich­nung in die Sen­de­au­to­ma­tik. Au­gen­bli­cke spä­ter er­lo­schen die Schutz­schir­me bei­der Schif­fe. Die klei­nen Mann­lu­ken in der un­te­ren Drit­tel­run­dung der Ku­gel­kör­per glit­ten auf.

»Ih­re Ab­wehr­po­sitro­nik be­nach­rich­ti­gen, daß Sie frem­de nichtor­gh­sche Gäs­te mit­brin­gen. Dies ist im In­ter­es­se des Rei­ches nö­tig. Ver­hand­lun­gen müs­sen ge­führt wer­den. Han­deln Sie, Or­gh I! Ich brin­ge gu­te Nach­rich­ten.«

Dies­mal wirk­te die Dro­ge bes­ser. Trotz­dem stell­te Ki­ny fest, daß sich im tiefs­ten In­nern der or­gh­schen Sin­ne Wi­der­stän­de reg­ten. Die un­be­wuß­ten Ab­wehr­kräf­te wa­ren nicht so leicht nie­der­zu­rin­gen.

Ein Ver­dacht plag­te mich. Wenn zu vie­le Frem­de in das Kom­man­do­schiff ein­dran­gen, konn­ten un­ter Um­stän­den Si­cher­heits­au­to­ma­ti­ken an­spre­chen, die auch von dem Kom­man­deur nicht zu be­ein­flus­sen wa­ren. Des­halb er­klär­te ich has­tig:

»Ein­satz wird ge­än­dert. Ma­jor Utan und ich ge­hen als Nach­rich­ten­über­mitt­ler an Bord. Von dort aus darf kei­ne ein­zi­ge Fun­knach­richt ge­ge­ben wer­den. Das könn­te ei­ne Spio­na­ge- und Funk­ab­wehr ak­ti­vie­ren. Ki­ny, au­ßer­halb des Schif­fes blei­ben. Un­se­re Mit­tei­lun­gen wei­ter­ge­ben. Als Be­glei­ter kom­men Tan­ca­noc und Dr. Al­li­son mit, sonst nie­mand. Nein, Scheu­ning, Sie blei­ben drau­ßen! Nie­mand be­rührt ir­gend­ei­nen Knopf oder Schal­ter. Al­les völ­lig un­ver­än­dert las­sen. Wenn die be­täub­ten Hyp­nos auf­wa­chen, müs­sen sie je­den noch so win­zi­gen Schal­ter in der rich­ti­gen Stel­lung vor­fin­den. En­de, kei­ne Dis­kus­sio­nen.«

Man schwieg. Man hielt mich nach dem ge­lun­ge­nen Schach­zug für über­vor­sich­tig. Es war mir gleich­gül­tig.

»Or­gh I, tei­len Sie den Ab­wehr­au­to­ma­ten mit, daß fünf Ro­bo­ter mei­ner per­sön­li­chen Leib­gar­de eben­falls das Schiff be­tre­ten wer­den. Die Ma­schi­nen sind harm­los, so­lan­ge sie nicht an­ge­grif­fen wer­den. Die­se Tat­sa­che in den Lo­gik­sek­tor Ih­rer Groß­rech­ner ein­spei­sen.«

Die Dro­ge schi­en den höchs­ten Grad ih­rer Wir­kung zu er­rei­chen. Dies­mal ge­horch­te der Kom­man­deur oh­ne den ge­rings­ten un­be­wuß­ten Wi­der­stand.

Dann schrit­ten wir die spi­ral­för­mi­ge Zu­gangs- und Fahr­stra­ße hin­auf. Als wir vor dem äu­ße­ren Pan­zer­schott der Schleu­se an­ka­men, be­merk­te ich die dar­in ein­ge­bau­ten Ab­wehr­waf­fen. Die Or­ghs wa­ren nicht we­ni­ger vor­sich­tig, als es die Mar­sia­ner ge­we­sen wa­ren.

»Ab­schal­ten«, be­fahl ich. »Ab­schal­ten, wir sind Freun­de. Wir hel­fen. Wir bie­ten vor­teil­haf­te Bünd­nis­se an. Die Ab­wehr stil­legen, Or­gh I.«

Er ge­horch­te auch dies­mal. Han­ni­bal lief der Schweiß von der Stirn. Selbst Tan­ca­noc glich ei­nem Ner­ven­bün­del.

Wir durch­schrit­ten die Schleu­se, über­stie­gen die Druck­schwel­le des in­ne­ren Tors und be­tra­ten da­mit end­gül­tig das frem­de Schiff.

Es war ein Alp­traum! Die für uns und die men­schen­ähn­lich ge­we­se­nen Mar­sia­ner gül­ti­gen Richt­li­ni­en für Kon­struk­ti­ons­ele­men­te al­ler Art wa­ren für vier­ar­mi­ge Hyp­nos be­deu­tungs­los.

Ich ver­stand nichts; ab­so­lut nichts. Hil­fe­fle­hend sah ich mich nach den fünf Spe­zi­al­ro­bo­tern vom Typ AS­GAM­MON um. Wenn sie jetzt ver­sag­ten, wenn TECH­NO mit die­ser letz­ten, mo­d­erns­ten und an­geb­lich vol­len­dets­ten Spio­na­ge­kon­struk­ti­on der Mar­sia­ner zu­viel ver­spro­chen hat­te, wa­ren wir am En­de. In die­sem Fal­le war ich über­zeugt, daß wir die­ses Schiff nicht mehr le­bend ver­las­sen konn­ten. Et­was muß­te dann pas­sie­ren! Es brauch­te nur ei­ner der be­täub­ten Hyp­nos vor­zei­tig zu er­wa­chen.

Die völ­lig un­kon­ven­tio­nell auf ener­ge­ti­schen Prall­kis­sen lau­fen­den AS­GAM­MON-Ro­bo­ter küm­mer­ten sich nicht um un­se­re Ängs­te.

Aus zwei die­ser Spe­zi­al­ma­schi­nen husch­ten plötz­lich meh­re­re Dut­zend Flug­ro­bo­ter von der Grö­ße ei­ner ir­di­schen Am­sel. Die drei an­de­ren Da­ten­spü­rer schleus­ten rat­ten­große und ähn­lich aus­se­hen­de Ge­bil­de aus. Sie wa­ren eben­falls flug­fä­hig und mit Peil­an­ten­nen ge­spickt.

Kein noch so fä­hi­ges Wis­sen­schaft­ler­team hät­te die Haupt­po­sitro­nik ei­nes der­art frem­den Schif­fes über­haupt fin­den kön­nen. Viel­leicht nach Wo­chen; aber da­mit hät­te man noch lan­ge nicht ge­wußt, in wel­chem der zahl­lo­sen Spei­cher­sek­to­ren je­ne Da­ten ein­ge­speist wa­ren, die uns al­lein in­ter­es­sier­ten.

Plötz­lich mar­schier­ten die fünf Groß­ro­bo­ter los. Sie schie­nen Pei­lim­pul­se von ih­ren aus­ge­schleus­ten Peil­spio­nen zu er­hal­ten.

»Wir kom­men als Freund!« sag­te ich be­schwö­rend zu Or­gh I. »Schal­ten Sie die au­to­ma­ti­schen Ab­wehr­waf­fen und Ge­fah­ren­lö­scher in­ner­halb der Re­chen­ge­hir­ne ab. Sie kön­nen es. Ge­ben Sie die Be­fehl­sim­pul­se! Sie wol­len Ih­ren Freun­den die Da­ten über Ihr Hei­mat­sys­tem aus­hän­di­gen.«

Da­mit hat­te ich einen Feh­ler be­gan­gen! Han­ni­bal stöhn­te und um­krampf­te mei­nen Arm.

»Stei­gen­der Wi­der­stand«, stieß er her­vor. »Das geht zu weit. – Tan­ca­noc!«

Wir brauch­ten den Ye­do­ce­ko­ner nicht er­neut auf­zu­for­dern. Ei­ne zwei­te In­jek­ti­on zisch­te in den selt­sa­men Blut­kreis­lauf der frem­den Kör­per. Der er­wach­te Wi­der­stand hör­te auf.

Un­ge­fähr ei­ne Drei­vier­tel­stun­de spä­ter stan­den wir end­lich in ei­ner re­la­tiv klei­nen Re­chen­zen­tra­le. Or­gh I hat­te selbst Schwie­rig­kei­ten ge­habt, die da­vor­lie­gen­den Ener­gie­sper­ren zu öff­nen. Un­se­re AS­GAM­MON-Ro­bo­ter schrit­ten ziel­stre­big auf ein lang­ge­streck­tes Ge­rät zu.

Dann stan­den sie ei­ne Vier­tel­stun­de lang völ­lig reg­los da, bis plötz­lich ei­ner sag­te:

»Auf­ga­be er­füllt, Da­ten sind über­spielt.«

»Zu­ver­läs­sig­keits­grad?« frag­te ich has­tig.

»Hun­dert­pro­zen­tig. Über­set­zung liegt vor. Das Or­gh-Sys­tem be­sitzt eben­falls ei­ne blaue Rie­sen­son­ne mit sieb­zehn Pla­ne­ten. Welt Num­mer sie­ben ist der Hei­mat­pla­net. Nach mei­nem Trans­la­tor­text ›Ghost­ly-Cast­le‹ ge­nannt. Das ent­spricht dem or­gh­schen Be­griff. Kos­mi­sche Ent­fer­nung vom MV-AL­PHA-Sys­tem zir­ka sie­ben­tau­send­drei­hun­dert Licht­jah­re, ge­naue Da­ten müs­sen noch er­mit­telt wer­den.«

Wir zo­gen uns so schnell wie mög­lich zu­rück. Wie­der durch­schrit­ten wir skur­ril an­mu­ten­de Rä­um­lich­kei­ten, stie­gen über be­sin­nungs­lo­se Or­ghs hin­weg und er­reich­ten schließ­lich die Aus­gangs­schleu­se.

Als wir end­gül­tig in Si­cher­heit wa­ren, ak­ti­vier­te Or­gh I auf mei­ne An­wei­sung hin wie­der die Ener­gie­schir­me.

»Un­glaub­lich, un­mög­lich!« sag­te Pro­fes­sor Aich flüs­ternd. »Sind Sie si­cher, daß die­se Ro­bo­ter ein­wand­frei ge­ar­bei­tet ha­ben?«

Ich lach­te mit tro­cke­ner Keh­le.

»Das wer­den wir be­mer­ken, wenn wir den GWA-Be­fehl mit der Ko­de­be­zeich­nung ›Ge­hei­mor­der Rie­sen­au­ge‹ aus­ge­führt ha­ben. Wir wer­den näm­lich mit Voll­dampf zu je­nem Son­nen­sys­tem flie­gen, des­sen ex­ak­te Po­si­ti­on TECH­NO auf Grund der er­mit­tel­ten Da­ten be­rech­nen wird. Wie­viel Zeit ist ver­gan­gen?«

Phi­lip Bot­cher mel­de­te sich.

»Seit Be­ginn des vor­ge­täusch­ten Pa­ra­über­fal­les ge­nau drei Stun­den, zwei­und­zwan­zig Mi­nu­ten und elf Se­kun­den, Sir. Wir woll­ten zur Auf­recht­er­hal­tung der Täu­schung so­fort wie­der die Tem­pel­stadt auf­su­chen und den wei­te­ren Ver­lauf des Fes­tes ab­war­ten. Mit ei­nem bal­di­gen Er­wa­chen der pa­ra­ly­sier­ten Schiffs­be­sat­zun­gen ist zu rech­nen. Ei­ne mar­sia­ni­sche Be­täu­bung die­ser Art dau­ert nor­ma­ler­wei­se fünf Stun­den, Sir. Bei den Hyp­nos kann das an­ders sein. Es wä­re vor­teil­haft, wenn sie uns und ih­re Kom­man­dan­ten bei der si­cher­lich so­fort be­gin­nen­den Fern­bild­be­ob­ach­tung bei­ein­an­der se­hen.«

Wir ras­ten mit den Flug­glei­tern zum Tem­pel­be­zirk zu­rück. Mehr als wir ge­tan hat­ten, konn­te nie­mand tun. Hof­fent­lich ging al­les glatt!

Ich dach­te mit stei­gen­der Ner­vo­si­tät an das Wie­der­er­wa­chen der bei­den un­ter Dro­gen­ein­fluß ste­hen­den Kom­man­do­of­fi­zie­re. Wie wür­den sie sich ver­hal­ten?

 

Nach­dem ich nun mei­ne in­ne­re Ru­he wie­der­ge­won­nen hat­te, er­schi­en mir das Ein­drin­gen in ein frem­des Schiff nur noch aben­teu­er­lich, aber nicht mehr als ein Un­ter­neh­men auf Le­ben und Tod.

Wenn der un­ter ei­nem so har­ten Dro­gen­ein­fluß ste­hen­de Kom­man­dant nur einen un­ge­woll­ten Schalt­feh­ler be­gan­gen hät­te, wä­ren wir nicht mit hei­ler Haut da­von­ge­kom­men.

Die Was­ser­spie­le wa­ren auf mei­ne Bit­te hin fort­ge­setzt wor­den. Die an­geb­lich von mei­nen Zy­klo­pen »er­schos­se­nen« Mit­spie­ler wa­ren auch wie­der un­auf­fäl­lig er­schie­nen. Tan­ca­noc hat­te mir mehr­mals ver­si­chert, daß es kei­nem sei­ner Lands­leu­te ein­fal­len wür­de, nur ein Wort des Ver­ra­tes aus­zu­spre­chen.

Ki­ny Ed­wards hat­te das Fest ver­las­sen. Sie be­fand sich na­he der bei­den or­gh­schen Raum­schif­fe, in de­nen so­eben die ers­ten Be­sat­zungs­mit­glie­der er­wach­ten.

Das war ei­ne Si­tua­ti­on, die wir nicht hat­ten vor­aus­be­rech­nen kön­nen. Wer kann­te schon die Ver­hal­tens- und Re­ak­ti­ons­wei­se von Le­be­we­sen die­ser ge­fähr­li­chen Gat­tung?

Or­gh I und Or­gh II hat­ten ih­ren Dro­gen­rausch mitt­ler­wei­le über­wun­den. Sie wa­ren voll auf­nah­me­fä­hig, ver­hiel­ten sich zu­rück­hal­tend und klag­ten nicht ein­mal über Übel­keit.

Nur – ein Phä­no­men war ein­ge­tre­ten!

Es ge­lang mir trotz al­ler Be­mü­hun­gen nicht mehr, ih­ren Be­wußt­seins­in­halt zu er­fas­sen.

Ich hat­te Han­ni­bal an­ge­ru­fen und ihn um Un­ter­stüt­zung er­sucht. Als wir zu­sam­men einen Pa­ra­block bil­de­ten und mit al­ler Ge­walt in die Ge­hir­ne ein­zu­drin­gen ver­such­ten, hat­ten wir ge­mein­schaft­lich ver­sagt.

»Se­kun­där­blo­cka­de«, hat­te mir der Klei­ne be­un­ru­higt zu­ge­flüs­tert. »Auf­pas­sen! Das hat die Dro­ge her­vor­ge­ru­fen. Wer will nun sa­gen, ob sie al­les ver­ges­sen ha­ben, oder ob sie sich an je­de Ein­zel­heit er­in­nern! Zum Teu­fel mit die­sem Zeug. Was sagt Dr. Besch­ter?«

»Das glei­che. Er meint aber, der von uns ge­wünsch­te Ef­fekt sei ge­ra­de we­gen die­ses Phä­no­mens ein­ge­tre­ten. Ein to­ta­les Ver­ges­sen der Er­eig­nis­se wäh­rend des Rausch­zu­stan­des wä­re iden­tisch mit un­se­rer Dia­gno­se.«

»Hof­fent­lich! Okay, ich stel­le mich auf Ki­ny ein.«

Dr. Al­li­son hielt sich stän­dig in mei­ner Nä­he auf. Das Fest er­reich­te sei­nen Hö­he­punkt mit dem Zer­plat­zen der rie­si­gen Was­ser­ku­gel. Sie zer­fiel in Mil­li­ar­den Trop­fen, die ziel­stre­big ge­steu­ert als Rie­sen­kas­ka­de in das Park­ge­län­de nie­der­rausch­ten.

Ge­nau in die­sem Au­gen­blick grif­fen die bei­den Or­ghs an!

Bo­ris Pe­tron­ko brüll­te ei­ne War­nung, die dies­mal aber ernst­ge­meint war. Aus­ge­rech­net Tan­ca­noc und vier sei­ner be­waff­ne­ten Of­fi­zie­re wa­ren den bei­den Hyp­nos zum Op­fer ge­fal­len.

We­gen des noch nicht ab­ge­schlos­se­nen Ein­sat­zes und we­gen der Ge­fahr, die un­ter Um­stän­den von den wie­der­er­wa­chen­den Schiffs­be­sat­zun­gen aus­ge­hen konn­te, tru­gen die fünf Ye­do­ce­ko­ner ih­re MA-Strahl­pan­zer. Die Schutz­schir­me wa­ren voll ak­ti­viert.

Sie grif­fen fast gleich­zei­tig, zu mei­nem Glück aber re­la­tiv zö­gernd, zu ih­ren Waf­fen.

Sie wa­ren von den Or­ghs über­nom­men wor­den, ob­wohl sich die Ener­gie­pan­zer als wirk­sam ge­gen hyp­no­sug­ge­s­ti­ve Ge­wal­ten er­wie­sen hat­ten. Ir­gend et­was in den Ge­hir­n­en der bei­den Or­ghs schi­en sich durch die Dro­gen­ein­wir­kung ver­än­dert zu ha­ben.

Ent­we­der wa­ren sie gren­zen­los stär­ker ge­wor­den, oder sie ver­schick­ten ih­re pa­ra­men­ta­len Flut­wel­len plötz­lich auf ei­ner leicht ver­än­der­ten 5-D-Fre­quenz, die in der La­ge war, die Ener­gie­pan­zer zu durch­drin­gen.

»Vor­sicht, De­ckung!« brüll­te Pe­tron­ko. Gleich­zei­tig er­öff­ne­te er aus sei­nem schwe­ren Pa­ra­ly­se­strah­ler das Feu­er auf die fünf ye­do­ce­ko­ni­schen Of­fi­zie­re.

Die Be­täu­bungs­strah­len prall­ten wir­kungs­los an den Ener­gie­pan­zern ab. Sie konn­ten nur mit Ther­mo­rak­ge­schos­sen durch­schla­gen wer­den, aber die­se Pro­jek­ti­le brach­ten un­wei­ger­lich den Tod.

Han­ni­bal und die an­de­ren Zy­klo­pen mei­ner Leib­wa­che schos­sen eben­falls mit pa­ra­ly­sie­ren­den Waf­fen. Tan­ca­noc und sei­ne vier Freun­de rea­gier­ten nicht dar­auf. Ge­wis­ser­ma­ßen im Zeit­lu­pen­tem­po zo­gen sie ih­re Waf­fen aus den Gür­tel­ta­schen.

Tan­ca­noc rich­te­te die Mün­dung je­ner Ther­mo­rak auf mich, die ich ihm als Ge­schenk über­reicht hat­te.

Na­tür­lich lag ich längst in der De­ckung ei­nes schö­nen, glatt­ge­schlif­fe­nen Na­tur­stei­nes. Was konn­te es mir aber nüt­zen, wenn Tan­ca­noc mit ei­ner Ther­mo­ni­tal­sal­ve auf mich schoß! Die an­de­ren Of­fi­zie­re tru­gen oh­ne­hin mar­sia­ni­sche Hoch­ener­gie­strah­ler.

»Großer …!« ver­nahm ich Han­ni­bals Ver­zweif­lungs­schrei. »Großer, paß auf!«

Ich sprang auf. Nur knapp drei­ßig Me­ter ent­fernt sa­ßen die bei­den Hyp­nos wie stein­ge­wor­de­ne Sta­tu­en in ih­ren prunk­vol­len Ses­seln. Sie rühr­ten sich nicht. Sie dach­ten und be­fah­len nur. Sie ran­gen Tan­ca­noc und des­sen Leu­te nie­der.

Nie­mand kam auf die rich­ti­ge Idee – nicht ein­mal Dr. Al­li­son, der to­tal ver­krampft rechts von mir stand und mit sei­ner GWA-Ein­satz­pis­to­le auf die fünf Ye­do­ce­ko­ner ziel­te. Da­mit hät­te er sie tö­ten kön­nen – oder tö­ten müs­sen! Er hat­te – wie an­ge­ord­net – Ex­plo­siv­ge­schos­se ge­la­den.

Noch zö­ger­te er. Auch Han­ni­bal, gleich­ar­tig be­waff­net, schoß nicht. Wir konn­ten doch nicht fünf un­schul­di­ge Freun­de tö­ten! Das war aus­ge­schlos­sen.

Ich han­del­te wahr­schein­lich in­stink­tiv oder lan­ger Er­fah­rung ent­spre­chend. Krank­hei­ten je­der Art kann man nur hei­len, wenn man das Übel an der Wur­zel packt.

Ich zog so blitz­schnell, wie ich es in Tau­sen­den von Übungs­stun­den auf der GWA-Aka­de­mie er­lernt hat­te. Mei­ne Ther­mo­rak flog hoch. Ich zog durch, noch ehe ich im Ziel war. Ich »warf« die bei­den Schüs­se hin­ein und traf mit der un­schlag­ba­ren Si­cher­heit ei­nes ak­ti­ven GWA-Schat­tens.

Mei­ne Ge­schos­se ex­plo­dier­ten in den Ober­kör­pern der Or­ghs. Sie wur­den aus ih­ren Sit­zen ge­ris­sen und fie­len zu Bo­den. Der Tod war schon ein­ge­tre­ten, ehe sie den Bo­den be­rühr­ten.

Dann schrie ich nur noch Tan­ca­nocs Na­men.

Er senk­te sei­ne Waf­fe, schau­te mich fas­sungs­los an und ver­stand!

Wenn ich noch ei­ne hal­be Se­kun­de ge­zö­gert hät­te, die Quel­le des Un­heils zu be­sei­ti­gen, hät­te er ent­we­der mich er­schos­sen oder wir hät­ten ihn und sei­ne Be­glei­ter tö­ten müs­sen.

»Traue nie ei­nem Hyp­no«, sag­te Han­ni­bal er­schöpft. »Nie, ver­stehst du! Okay, ich wer­de den Schiffs­be­sat­zun­gen jetzt klar­ma­chen, daß wir ih­re Kom­man­dan­ten er­schos­sen ha­ben, weil sie dich er­mor­den woll­ten. Das er­klärt auch un­se­ren Feu­er­über­fall auf die bei­den Schif­fe. Es war halt ei­ne Be­stra­fungs­ak­ti­on. Mit der Hin­rich­tung der bei­den Übel­tä­ter hat­te Tu­ma­dschin Khan, sei­ner be­son­de­ren Vor­lie­be ent­spre­chend, so lan­ge ge­war­tet, bis sämt­li­che Or­ghs zu­se­hen konn­ten. Ich hal­te das für ei­ne gu­te und lo­gisch fun­dier­te Er­klä­rung. Ein­ver­stan­den?«

Ich nick­te nur. Ja, ich war ein­ver­stan­den. Jetzt hat­te ich al­so Al­li­sons For­de­rung doch er­füllt!

Tan­ca­noc um­arm­te mich.

»Freund«, flüs­ter­te er rauh. »Freund, bei­na­he hät­te ich Sie er­schos­sen. Ich konn­te nichts da­für.«

Wir gin­gen. Das Fest war zu En­de. Der Ein­satz »Mars­ver­sor­ger AL­PHA-VI« eben­falls.

Wir hat­ten die Freund­schaft ei­nes großen und uns tech­nisch weit über­le­ge­nen Vol­kes er­run­gen. Das war sehr viel wert.

Ich nahm mir vor, al­les zu tun, um die­sen eben erst ge­knüpf­ten Kon­takt so zu ver­tie­fen, daß es zwi­schen Ye­do­ce­ko­nern und Men­schen auf kei­nen Fall je­mals zu Miß­ver­ständ­nis­sen kom­men konn­te.

Vor­erst gab es für uns nur ein Ziel: die Be­sei­ti­gung der von den Hyp­nos aus­ge­hen­den Ge­fahr.

 

 

EN­DE