6.
Wir wurden von zwei kleinen Booten der Küstenwache bereits erwartet. Es handelte sich um schwerbewaffnete Tiefseeboote, deren schwarze Hechtkörper direkt vor der Einfahrt lagen.
Deutlich erschienen sie auf den Bildflächen unserer Radarbreitstrahltaster. Im Empfänger des Unterwassersprechfunkgerätes begann es zu knacken.
»CC-215, Commander Furles an U-2338, bitte melden.«
Ich ergriff das Mikrophon und meldete mich. Unser Richtstrahler war genau auf das anrufende Boot eingepeilt.
»Verstanden, Sir«, gab der Commander des Wachbootes zurück. »Anfrage im Auftrag von Admiral Porter: Sind Sie voll manövrierfähig? Können Sie ohne fremde Hilfe in die Schleuse einlaufen?«
Die offene Anfrage erschien mir etwas unvorsichtig, bis ich mich daran erinnerte, daß die Richtstrahlimpulse eines Unterwasserfunksprechgerätes sich so schnell ausbreiteten, daß sie schon einen Kilometer hinter dem angepeilten Boot nicht mehr abgehört werden konnten. Unterwassersprechgeräte eigneten sich nur zur unmittelbaren Bord-zu-Bord-Verbindung. Sollten größere Entfernungen auf dem Funkweg überbrückt werden, mußten die Boote notgedrungen auftauchen und die Antenne über die Wasseroberfläche bringen.
»Ich bin voll manövrierfähig«, lautete meine Antwort.
»Danke, Sir. Achten Sie auf die Echosender, die auf dem Grund der Einfahrt aufgestellt sind. Sie werden eingeschaltet, sobald Sie die Sperrgebietmarkierung überfahren. Hauptschleuse II ist für Sie geflutet worden. Wir bleiben hinter Ihnen. Ende.«
Auch ich schaltete ab. Dann achtete ich auf den vorderen Bildschirm, der zeigte, daß wir uns den unterseeischen Schluchten und Felsen der Aleuteninsel Tanaga näherten.
»Genau auf zweiundneunzig Meter Tiefe gehen«, gab ich an den L. I. durch. »Auf Leuchtboje achten.«
Mit langsam laufender Schraube schoben wir uns an die düsteren Felsmassen heran, die vor uns aus dem Grund emporwuchsen. Unter uns lag eine unwirklich anmutende Unterseelandschaft, die an dieser Stelle ausschließlich von erstarrten Lavamassen gebildet wurde. Hier mußte vor langen Zeiträumen die Hölle getobt haben.
Unsere beiden Haupttriebwerke waren längst abgeschaltet. Mit nur drei Seemeilen Fahrt näherten wir uns der Schlucht, die von zwei schwarzen Basaltwänden gebildet wurde. Das war die Einfahrt zur Hauptschleuse II.
Dicht vor uns zuckte das rote Licht der fest angebrachten Grundboje auf. Als wir darüber hinwegglitten, begannen die automatischen Peilsender auf Ultraschallbasis zu arbeiten. So kamen wir sicher voran. Immer tiefer ging es in die unterseeische Schlucht hinein, bis wir uns direkt vor steil aufragenden Felswänden befanden.
Ich war zum erstenmal hier. Mein Erstaunen über die hier vollbrachte Leistung war echt. Die Männer, die dieses Wunderwerk geschaffen hatten, mußten unter härtesten Bedingungen gearbeitet haben.
Ich betrachtete die fremde Umgebung. Vor mir taten sich die Wunder des Meeres auf. Es war alles düster und schwarz, nirgends bemerkte ich schillernde Korallenbänke oder unterseeische Gewächse. Es machte sich bemerkbar, daß wir uns bereits in der arktischen Meereszone befanden.
Ich hatte nichts mehr zu tun, da die Einweisung des Kreuzers vollautomatisch vorgenommen wurde.
Ich hörte, daß die Maschine für Augenblicke verstummte. Plötzlich öffnete sich vor dem Boot eine stählerne Wand, die so geschickt den übrigen Felsmassen angepaßt war, daß ich sie erst jetzt erkennen konnte.
Ich vernahm ein dumpfes Poltern, als die Schleusentore aufglitten. Das also war einer der Eingänge zu dem geheimnisvollen Marinestützpunkt Tanaga.
Immer weiter öffnete sich die Schleuse. Nach einigen Augenblicken konnte ich eine riesige Felshalle erkennen, die sich tief in den Fels erstreckte. Sie mußte mehr als dreihundert Meter lang sein, so daß auch große Transporter einlaufen konnten. Der Eingang war quadratisch, doch die Halle schien rund zu sein.
Unser Kreuzer nahm wieder Fahrt auf. Langsam schob sich der Bug in die gewaltige Öffnung hinein. In der Schleusenhalle flammte das licht auf. Es brach sich in dem dunklen Wasser, mit dem die Schleuse gefüllt war. Sie war hundertprozentig geflutet worden.
Das halbe Vorschiff war hindurch. An dem kurzen Rucken und Zittern bemerkte ich, daß die magnetischen Greifer das Vorschiff erfaßt hatten. Unsere Maschine verstummte endgültig, da wir nun automatisch in die unterseeische Halle hineinbugsiert wurden.
Atemlos beobachtete ich die verschiedenartigen Manöver, bis wir plötzlich stillagen. Unter mir polterte und rumorte es, als der Bootskörper auf die Magnetschienen gezogen wurde.
Vor mir flammte rotes licht auf. Ich drückte den Schalter nach unten.
»Schleusenzentrale«, klang es auf. »Boot ist magnetisch verankert. Wir lenzen die Schleuse.«
Ich bestätigte den Empfang und wartete. Hinter uns dröhnte es erneut, als sich die Schleusentore schlossen. Anschließend begannen die Turbopumpen zu arbeiten. Fasziniert beobachtete ich den Vorgang, denn ich konnte mir vorstellen, welcher Kraftaufwand erforderlich war, die gewaltigen Wassermassen aus der großen Schleuse hinauszupumpen. Wir befanden uns immerhin in einer Tiefe von zweiundneunzig Metern.
Das Wasser umquirlte schaumig den Bootskörper, doch es dauerte nicht lange, bis der Wasserspiegel rapide sank. Sie mußten sehr starke Pumpen einsetzen, denn nach knapp fünf Minuten tauchte bereits unser Turm aus dem Wasser auf.
Ich erteilte einige kurze Befehle und betrat die Rolltreppe, die mich nach oben brachte. Nachdem das vordere Turmluk auf geglitten war, schwang ich mich hinaus. Der I. O. folgte mir. Plötzlich befanden wir uns in der hellerleuchteten Riesenhalle, in der der Wasserspiegel sehr rasch sank. Ich konnte das dumpfe Heulen schwerer Turbopumpen hören. Als das Geräusch verstummte, war der Kreuzer praktisch aufgetaucht.
Sie hatten die Halle nicht vollständig leergepumpt, aber das war auch nicht erforderlich. Es genügte, wenn der Turm und die Ladeluken frei waren. Das Boot wäre noch geschwommen, wenn unsere Tauchzellen nicht geflutet gewesen wären. Durch diese Oberbelastung lagen wir fest auf den Spezialschienen, mit denen wir zusätzlich magnetisch verankert waren.
»Feine Sache, nicht wahr, Sir«, meinte der I. O. Er blickte mich respektvoll an. Die Sache mit dem gewagten Torpedoschuß hatte offensichtlich auf die Leute einen starken Eindruck gemacht.
Ich nickte und sah zu dem Teil der hervorragend ausbetonierten Halle hinüber, wo sich soeben ein halbrundes Panzerschott öffnete. Die breiten Fahrbahnen auf beiden Seiten der Halle waren frei vom Wasser, so daß der kleine Wagen hereinfahren konnte.
Es war ein offener Militärwagen, vergleichbar mit einem alten Jeep. Ich erkannte einige uniformierte Männer, die auf den Ärmeln ihrer dunkelblauen Uniformjacken die weißen Armbinden des Marinesicherheitsdienstes trugen.
Mit kreischenden Bremsen stoppte der Wagen vor der langen Auslegerbrücke, die augenblicklich noch eingefahren war.
Als die Leute ausstiegen, begann es zu summen. Die Brücke aus einem leichten, aber stabilen Kunststoffmaterial senkte sich herab. Es dauerte nur wenige Augenblicke, bis sie auf der vorderen Laufbrücke aufschlug. Sie schob sich noch etwas auseinander, bis sie fest und sicher auflag.
»Das ist Tanaga, Sir«, sagte der I. O. beinahe ehrfurchtsvoll. Und in diesen Minuten konnte ich ihn gut verstehen.
Als ich dann aber den Mann sah, der mit seltsam hüpfenden Schritten über die Laufbrücke kam, mußte ich mich gewaltig zusammennehmen. Der Gnom hatte sich wirklich nicht verändert!
*
Hinter mir hüstelte jemand. Aus den Augenwinkeln heraus erkannte ich, daß Elis Teefer nach oben gekommen war. Die Beule an ihrer Stirn war durch die medizinischen Künste unseres Bordarztes fast verschwunden. Auch meine Stirnwunde würde spätestens morgen verheilt sein, da sie mit lebenden Gewebekulturen behandelt worden war.
Augenblicklich war die Wunde noch geklebt. Ich hatte deshalb die Gewißheit, daß keine störende Narbe zurückblieb.
Vor dem Turm öffneten sich die Luken. Die Leute strömten heraus. Sie sahen sich nicht besonders verwundert um, da sie schon oft in Tanaga gewesen waren.
Ich achtete kaum auf sie, da sich meine volle Aufmerksamkeit auf den Zwerg richtete, der über die Verbindungsbrücke getänzelt kam.
Die Leute, die sich unten vor dem Turm aufhielten, begannen unverhohlen zu grinsen. Ich konnte es ihnen nicht verübeln.
Agent MA-23 war schließlich erst seit sieben Tagen in Tanaga, so daß sie ihn vorher nicht kennengelernt haben konnten.
Ich blickte zu den Männern des Navy-Sicherheitsdienstes hinüber, die hinter ihrem Korvettenkapitän herschritten. Tatsächlich, der liebe Hannibal-Othello-Xerxes hatte drei mittelbreite Goldstreifen an den Ärmeln. Das verschlug mir fast die Sprache. Wenn das nur gutging! Wie war der Alte nur auf den Gedanken gekommen, ausgerechnet Hannibal als Korvettenkapitän in den Sicherheitsdienst von Tanaga einzuschleusen. Den nahm doch niemand ernst!
Seine Männer bemühten sich, ihre Heiterkeit nicht zu zeigen. Meine Leute husteten krampfhaft. Mein I. O. stieß so seltsame Laute aus, daß ich ihn ärgerlich zurechtwies.
»Ich bitte um Beherrschung, Mr. Sonth. Was gibt es hier zu feixen?«
Der I. O. gewann seine Selbstbeherrschung zurück. Ich begann jedoch allmählich zu schwitzen. Sie hätten meine Gefühle bestimmt geteilt, wenn Sie miterlebt hätten, wie Klein-Hannibal in der Uniform aussah! Seine dunkelblaue Schirmmütze war nach oben ausgebeult; verursacht wurde das durch seine eigenartige Kopfform. An dem Burschen schien überhaupt nichts normal zu sein.
Elis hustete in ihr Taschentuch, als Utan auf dem Boot ankam. Der Bootsmann, der unten stand, grüßte stramm, doch seine Augen glänzten verdächtig.
Utan machte seinem Namen alle Ehre, als er behende wie ein Affe die stählernen Sprossen zum Turm hinaufkletterte. Jemand lachte. Ich warf ihm einen drohenden Blick zu.
Hannibal tänzelte auf mich zu. Sein von Runzeln und Sommersprossen bedecktes Gesicht ließ eitel Freude erkennen. Beim Betrachten der Armeepistole an seiner Hüfte mußte man sich unwillkürlich fragen, ob der Kleine mit seinen Kinderhänden auch fähig war, die schwere Waffe zu bedienen.
Dicht vor mir bemühte er sich, eine angemessene Haltung anzunehmen. Er salutierte. Als seine Stimme ertönte, hätte ich mir am liebsten die Ohren zugehalten, um die Lautstärke etwas zu mildern. Hannibals Meldung konnte man überall in der Halle verstehen.
»Korvettenkapitän Ridgeman, Sir. Zweiter Sicherheitschef Tanagas, Sektion Schleusenkammern. Willkommen, Sir.«
Ich legte die Hand an die Mütze.
»Captain Liming. Freut mich, Sie kennenzulernen, Mr. Ridgeman.«
»Ganz meinerseits, ganz meinerseits, Sir«, schrie Hannibal begeistert. »Ist Ihr Boot tatsächlich noch voll manövrierfähig?«
»Wie Sie sehen, bin ich ohne fremde Hilfe eingelaufen.«
»Ausgezeichnet. Admiral Porter möchte Sie sofort sprechen. Ihre rapide Abwehr hat allerhand Staub aufgewirbelt. Dürfte ich Ihre Transportpapiere sehen?«
Seine breiten Lippen zuckten, aber seine Augen blickten ernst. In diesem Augenblick erkannte ich erneut, wie sehr man sich in Utan täuschen konnte. Seine äußere Erscheinung, sein Gebaren, der bewußt einfältige Ausdruck seines Gesichts …, alles war nur Maske. Eine vorzügliche Maske, wie ich zugeben mußte.
Ich bat ihn höflich nach unten. Er forderte Elis auf, ebenfalls zu folgen, da er auch ihre Papiere zu überprüfen habe.
Ich gab dem I. O. einige Anweisungen und glitt die Rolltreppe hinunter. Sorgfältig verschloß ich die Schiebetür. Als ich mich umwandte, war Hannibal wie verwandelt. Sein faltiges Gesicht hatte sich verhärtet. Er wirkte plötzlich gar nicht mehr lächerlich, Seine zuvor wässerigen Augen hatten sich ebenfalls verändert. In gedämpftem Ton sagte er:
»Sehr schön, Langer, daß du endlich hier bist. Hast du schon einmal den Begriff ›Kommandosache HC-9‹ gehört?«
Ich blickte ihn bei dieser Frage erstaunt an. HC-9 war meine Codenummer. Mein Auftrag lief unter der Tarnbezeichnung ›Kommandosache HC-9‹.
»Was soll das, Kleiner? Treibst du einen deiner seltsamen Scherze?«
»Mir ist nicht danach zumute«, entgegnete er mit dem Anflug eines Lächelns. »Ich habe nur danach gefragt, damit du dich rechtzeitig daran erinnerst, daß du nicht nach Tanaga gekommen bist, um mit der Tür ins Haus zu fallen.«
»Das betrifft wohl den Zwischenfall mit dem GAS-U-Boot, nicht wahr?«
»Natürlich. Kein Mensch macht dir einen Vorwurf, daß du den Kahn abgeschossen hast. Es war vermutlich die einzige Lösung. Wir haben inzwischen festgestellt, daß der verschwundene Transporter ebenfalls durch Beschuß aus einer sehr starken Ultraschallkanone angegriffen worden ist. Die Unterwasseraufnahmen kannst du dir später ansehen. Daraus geht hervor, daß das Schicksal deines Kreuzers an einem Fädchen gehangen hat. Du hast noch rechtzeitig geschaltet.«
»Schön, daß man das einsieht«, sagte ich ärgerlich. »Ich hatte schließlich vier C-Bomben an Bord.«
»Sicher, hattest du. Trotzdem bist du mit der Tür ins Haus gefallen, denn die andere Seite wird einen Kommandanten, der derart hart und schnell reagiert hat, vielleicht nicht für geeignet halten. Es ist doch wohl deine Hauptaufgabe, dich mit den Leuten in Verbindung zu setzen.«
Ich winkte ab.
»Kein Grund zur Besorgnis. Die Leute werden sich fragen müssen, ob ich ausschließlich aus Vaterlandstreue gehandelt habe oder auf Grund einer anderen Überlegung. Ich war verantwortlich für die Ladung, also mußte ich unter allen Umständen handeln. Damit ist noch lange nicht gesagt, daß ich ein unbedingt verläßlicher Offizier bin. Meine Erfahrungen mit den führenden Köpfen des GAS-Geheimdienstes gehen dahin, daß man solche Punkte genau beachtet und testet. Das ist ein psychologisches Rechenexempel, sonst nichts.«
Er blickte mich zweifelnd an. Ruhig fügte ich hinzu:
»Laß das meine Angelegenheit sein, Kleiner. Ich werde schon dafür sorgen, daß man mich nicht für so unbedingt verläßlich hält, wie es augenblicklich noch den Anschein hat. Wie weit bist du mit deinen Nachforschungen? Vor allem, was macht dein Sender?«
»Aufgebaut und sicher untergebracht. Bisher konnte ich noch keine direkte Verbindung aufnehmen, da mir der Richtstrahler fehlte. Habt ihr ihn mitgebracht?«
»Dafür bin ich schließlich ins Hauptquartier gefahren«, warf Elis ein. »Die Antenne ist in meinem Gepäck, getarnt als persönlicher Bedarf. Sorgen Sie dafür, daß der Schrankkoffer gut an Land kommt.«
»Wird erledigt. An der Quelle sitzt der Knabe«, lachte er leise. »Wie ist es mit der Verbindungsmaschine? Mit den Sup-Ultrakurzen-Wellen komme ich nur dann bis nach Washington durch, wenn wir eine Relaisstation dazwischenschalten.«
»Der Atombomber wird in diesen Minuten starten«, entgegnete Elis. »Er wird so lange über Tanaga kreisen und als Relaisstation dienen, bis die Sache erledigt ist.«
»Ist die Besatzung zuverlässig?«
»Garantiert. Agent TS-19 ist an Bord. Wenn die Maschine nach vierundzwanzig Stunden durch einen anderen Atombomber abgelöst wird, wird sich ein weiterer Agent als Kommandant in der Maschine befinden. Die Direktverbindung ist damit gesichert.«
Hannibal nickte zufrieden, doch ich hatte Bedenken.
»Paß nur auf, daß der Spezialsender nicht durch einen dummen Zufall entdeckt wird«, warnte ich beunruhigt. »In dem Falle hättest du deine GWA-Marke zu zeigen, und das wäre gleichbedeutend mit einem Scheitern des Unternehmens.«
»Er wird nicht entdeckt werden. Abhörgefahr besteht nicht. Ich kann unbesorgt funken, da es in Tanaga kein einziges Gerät gibt, mit dem man die Sup-Ultra-Welle abhören kann. Sie ist immer noch ein sorgfältig gehütetes Geheimnis der GWA. Die Funkabwehr läuft zwar auf Hochtouren, aber das kann uns nichts schaden. Habt ihr eure Kleinsender, damit wir zu jeder Zeit miteinander in Verbindung treten können?«
Ich nickte. Elis bejahte ebenfalls.
Hannibal wollte einige Erklärungen abgeben, doch ich unterbrach ihn mit einer Handbewegung.
»Keine Zeit dafür. Wir werden uns später sehen. Suche mich in meinem Quartier auf und erstatte Bericht. Wir dürfen uns hier nicht zu lange aufhalten.«
»Okay«, meinte er. »Wie steht es mit deinen Leuten? Zuverlässig?«
Ich zuckte mit den Schultern, da ich trotz schärfster Aufmerksamkeit nichts hatte bemerken können.
»Die Gauner sitzen in unserem Stützpunkt, aber es muß auch Verbindungsleute in Washington oder in Frisco geben«, teilte er mit. »Von dem Transport der vier C-Bomben war hier nichts bekannt, das weiß ich bestimmt. Nicht einmal Porter war darüber informiert, demnach muß in den Staaten jemand sitzen, der über den Transport orientiert war und der die Nachricht sofort weitergegeben hat. Was hältst du von Vizeadmiral Songal?«
»Undurchsichtig, aber zweifellos ein tüchtiger Offizier. Der Alte nimmt ihn und seinen näheren Stab zur Zeit unter die Lupe. Vielleicht finden wir etwas. Im Navy-Department sitzt Chef-Admiral Sethler. Er hat die Einschleusung von zwei Agenten ermöglicht. Wir werden infolgedessen sofort feststellen können, ob einer verdächtig ist. Rückendeckung ist also vorhanden. Was macht die Sache mit dem Transporter? Ist Professor Morrow gefunden worden?«
Ich hatte bereits den Daumen auf dem Öffnungskontakt der Schiebetür, als er entgegnete:
»Vor zwei Stunden. Tot! Es ist niemand mehr aus dem Transporter herausgekommen. Morrows Leiche wurde hier einwandfrei identifiziert. Die Unterlagen wurden mitsamt seiner Mappe gefunden.«
Wir wechselten einige nachdenkliche Blicke, während ich die Tür aufgleiten ließ. Hannibal nahm die Transportpapiere an sich, und wir gingen zur Kabine hinüber. Er stellte das Gepäck zusammen und ließ es von den Männern des Sicherheitsdienstes nach oben bringen.
Der ermordete Wissenschaftler tat mir leid; trotzdem fühlte ich mich erleichtert. Plötzlich glaubte ich zu wissen, warum ein verwegener U-Boot-Kommandant den Versuch unternommen hatte, meinen schwerbewaffneten Kreuzer anzugreifen.
Er mußte gewußt haben, daß ich vier C-Bomben an Bord hatte, die für die asiatische Wissenschaft eine unschätzbare Beute dargestellt hätten. Bei dem Angriff auf den Transporter mußte ein Fehler unterlaufen sein, der zur vorzeitigen Vernichtung des Bootes geführt hatte. Vielleicht hatte der Kommandant sich auch im letzten Augenblick entschlossen, das Boot zu opfern. Das konnte wohl kaum noch festgestellt werden, es sei denn, die gefundenen Bänder der Sprechverbindung waren noch in Ordnung. Vielleicht hatte er einige kurze Hinweise auf ein Band gesprochen.
Ich folgte meinen beiden Mitarbeitern nach oben und rief den I. O. an.
»Mr. Sonth, ich melde mich bei Admiral Porter. Sorgen Sie dafür, daß die Ladung ordentlich gelöscht wird. Sobald das geschehen ist, haben alle Mann das Boot zu verlassen, da es von den Technikern des Stützpunktes untersucht wird. L. I. …«
Der Chefingenieur kam näher.
»Beantragen Sie sofort die Frischaufladung des Reaktors. Das Boot kommt ohnehin in die Werft, da kann das gleich erledigt werden.«
»Aye, aye, Sir.«
»Sie finden mich in meinem Quartier. Ich werde Bescheid geben, über welche Leitung Sie mich erreichen können.«
Ich tippte flüchtig an die Mütze und begab mich nach unten. Während ich Hannibal über die Verbindungsbrücke folgte, stellte ich zufrieden fest, daß die Männer des Sicherheitsdienstes mein Gepäck auf einen zweiten Wagen verluden.
Auf den Gepäckstücken leuchteten die Siegelfolien des Sicherheitsdienstes. Nach menschlichem Ermessen konnte niemand mehr auf den Gedanken kommen, daß der Inhalt nicht vollkommen harmlos war. Es wäre äußerst peinlich gewesen, wenn ein Unbefugter meine Spezialausrüstung gesehen hätte.
Ich setzte mich neben Hannibal in den Wagen. Er spielte wieder den etwas leichtfertigen Burschen, was zu seiner Rolle als Zweiter Sicherheitschef, Sektion Schleusen, eigentlich gar nicht paßte. Ich blickte ihn warnend an.
»Keine Sorge, die sind schon an mich gewöhnt«, flüsterte er. »Ich komme in zwei Stunden zu dir. Dein Quartier habe ich ausgesucht, liegt günstig und etwas abseits. Ich habe noch einige Neuigkeiten. Vorsicht, wenn du vor dem Admiral stehst. Ein verflucht scharfer Bursche.«