Das Buch
Ein serbokroatischer Beitrag zur Science-Fiction-Literatur. Mit präzisem Sarkasmus, so, als wäre nichts Ungewöhnliches daran, erzählt Erich Kosch vollkommen ruhig und realistisch, wie über das Jugoslawien unserer Tage eine Eiszeit hereinbricht. Eine Eiszeit mit allem, was dazugehört: angefangen von Sommertemperaturen unter Null bis hin zu der gespenstischen Schlußaktion, in der Mitglieder der Regierung die ihrer Meinung nach überflüssige Bevölkerung – teils mit List, teils mit Gewalt – in den kollektiven Freitod treiben, um selber zu überleben. Spätestens an diesem Punkt wird deutlich, daß es dem Autor nicht nur um die Anatomie eines denkbaren Naturereignisses geht, sondern um die Anatomie einer Gesellschaft. Als eine der schärfsten Gesellschaftssatiren aus einem sozialistischen Land zeigt »Eis«, welche erschreckende Wandlung des menschlichen Verhaltens aus einer radikalen Veränderung der Umweltbedingungen resultieren kann. Alles, was unter normalen Verhältnissen leicht zu kaschieren war, Heuchelei, Strebertum, Egoismus, Gewalt, tritt jetzt unverhüllt ans Licht, bis der Gestalter des Dramas den Spuk ebenso überraschend wie er kam, aus Menschenfreundlichkeit wieder verfliegen läßt. Doch die Warnung bleibt: Im Perfektionismus der Institution kann der humane Bereich nicht gefahrlos beliebig tief unterkühlt werden.