5 Eier
(Thomas M.
Disch)
Weh mir, dachte er (in solchen Worten dachte er tatsächlich), weh mir, Nyctimene ist von mir geflogen. Seit ihrem ersten Abend auf dem Hügel unter der großen Eiche hatte er gewußt, daß es so kommen könnte, aber er hatte sich mit eiserner Willenskraft gegen dieses Wissen gewehrt – und jetzt war er nur noch ein Häufchen Unglück. Nyctimene war fort und würde nie zurückkehren.
Sie war schöner gewesen, als er es je für möglich gehalten hatte: nicht von der exotischen Schönheit einer Möwe oder eines Flamingos, die ihrer Natur nach vergehen muß, keine vorübergehende Versuchung wie das Rascheln von Zweigen und das kurze Aufblitzen einer weißen Brust oder Flügelspitze durch das sommerliche Laub. Ihre Schönheit war ihm etwas völlig Neues gewesen. Wie ihr Gesicht über dem seinen schwebte, der grausame liebende Mund zu einem Lächeln geöffnet, das seiner eigenen Sterblichkeit spottete, ihre Augen. Hinter seiner Verzückung – hinter ihrer Verzückung – stand ihr gemeinsames Wissen, daß es nicht lange dauern würde.
Vor Nyctimene hatte er es nicht für möglich gehalten, daß er sich so mitreißen lassen könnte. Liebe, hatte sie ihn gelehrt, war Jupiter – ein Riesenschwan, ein Goldregen, eine Tobjagd. Reue? Nein, das war eine Annehmlichkeit gewesen – für später, wenn die Tobjagd vorüber sein würde. Jetzt war die Zeit für Reue gekommen.
Jetzt (oder in einer halben Stunde, um sieben Uhr) würde er vielleicht äußerst reumütig sein. Um sieben würden diejenigen Freunde kommen, die ihm noch geblieben waren, um ihm zu seiner Verlobung mit Nyctimene zu gratulieren. Wie sollte er ihnen sagen, daß sie fort war? Sollte er einfach verlegen tun, so als ob er sie zu einem Gartenfest eingeladen hätte, das wegen Regen ausfallen mußte? Konnte er denn überhaupt seinen Schmerz verbergen? Wahrscheinlich würde er sich betrinken. In seiner Lage war das noch der am wenigsten unerfreuliche Ausweg.
Am Morgen war er in die Stadt gefahren, um für die Party einzukaufen, und wie immer in der letzten Zeit hatte man ihn geschnitten und hinter seinem Rücken getuschelt (ein Großteil der Städter meinte, Respekt für die Institution der Ehe fordern zu müssen und sah sich deshalb genötigt, sein allzu offenkundiges Verhältnis mit Nyctimene zu mißbilligen), und als er zurückgekommen war, hatte er ihr Briefchen gefunden:
Liebster, wir wußten es, nicht wahr? Aber als ich davon sprechen wollte, als wir auf der Wiese lagen und zu den Sternen, den wundervollen Sternen, aufblickten, oder einmal, als wir uns küßten und Du von der Härte in der Mitte meiner Oberlippe sprachst und mit dem Finger den kleinen »Knochen« da berührtest, da wollte ich es Dir sagen. Aber Du wußtest es schon und ließest mich nicht zu Wort kommen.
Ich werde nie vergessen, daß Deine Augen blau waren, wie seltsam Du warst, Deine Worte (von denen ich viele nie verstanden habe), Deine Zärtlichkeiten. Ich habe Dich geliebt, aber jetzt muß ich fort.
Es hat nur zwei Monate gedauert! So kurz.
Ich habe nie an dieses Wort von Dir geglaubt – unvermeidlich. Jetzt verstehe ich endlich, was Du damit meintest. Du meintest, es sei für Dich unvermeidlich, daß ich gehen würde. Das ist ein komischer Gedanke, und ich muß darüber lächeln. Vielleicht glaubst Du, daß ich weine. Wußtest Du, daß es mir rein physisch unmöglich ist, zu weinen?
Die Eier, die ich in dem Korb zurücklasse, werden in dreißig von Deinen Tagen ausschlüpfen. Halte sie bei Zimmertemperatur – 21 Grad.
Ich habe so über dieses komische Stück, welches Du mir vorlasest, gelacht – nicht Titus Andronicus (obwohl das auch komisch war), sondern das andere – daß Du erstaunt sein wirst, daß ich eine Zeile daraus behalten habe:
Gute Nacht, gute Nacht!
Süß ist des Abschieds Leid.
So sag ich Gute Nacht, bis daß der Morgen mich befreit. In Liebe Nyctimene Ursa, die Haushälterin, die er mit dem Haus und dem umhegenden Land von seinen Eltern geerbt hatte, wußte schon, ohne den Brief gelesen zu haben, daß Nyctimene ihn verlassen hatte. Ursa hatte sein Verhältnis mit Nyctimene nie gebilligt, aber viel weniger noch seine Verlobung. Und jetzt verlor sie kein Wort über ihr Verschwinden. Mitleidslos bereitete sie das kalte Büfett für die Gäste dieses Abends und gebärdete sich mit ihren Salaten, Häppchen und kalten Braten wie die aufsichtführende Harpyie des Festes.
Er stand im Eßzimmer, wo zwischen dem Plunder aus der Kredenz seiner Mutter – goldumrandetes Porzellan, schweres Silber, Kristall – auf dem großen Mahagonitisch Appetithappen, Salate und Saucen aufgebaut waren und sah zu den Flügelfenstern hinaus auf die kahlen, mondbeschienenen herbstlichen Hügel, die jenseits seines wasserbesprengten Rasens lagen. Die benachbarten Farmer hatten sich beschwert, als er seine Felder brachliegen ließ und eine Vogelfreistätte daraus machte. Es war, als ob sie geahnt hätten, daß das sie zusammenbringen würde.
November. Der unbarmherzige Mechanismus der Sonne trieb den Wechsel der Jahreszeiten voran. Das Leben floh nach Süden oder schlief oder versenkte seine Samen und starb. Eine Generation folgte der anderen, er aber hatte immer außerhalb dieses Kreislaufs von Wiederkehr und Erneuerung gestanden. Und jetzt …?
Ein zweites Mal konnte er es nicht ertragen, diesen Korb mit den fünf kleinen kostbaren Eiern zu sehen. Ob die ausgeschlüpften Jungen ihr gleichen würden? Oder würden sie wie Puppen eines Schmetterlings sein? Könnte er die Raupe lieben, wenn sie mit der Zeit zu einer zweiten Nyctimene werden würde?
Nyctimene hatte gewußt oder darauf vertraut, daß er das könnte. Sie war aus der Abgeschiedenheit ihrer Beobachtungen heraus zu ihm gekommen (schon bekannt mit der Sprache, die er sprach, den Sitten seines Volkes und sogar den Büchern, die er gelesen hatte) und hatte sich ihm allein von allen Menschen der Welt anvertraut, so wie die Vögel sich der Dachrinne seines Hauses anvertrauten. Weil er auf diesen fremden Seitenwegen der Evolution zu Hause, nicht der übliche Typ eines trockenen Vogelbeobachters, weil er kein Ornithologe war.
Wenn die Wissenschaft einem Korallenriff von in Höhlen der Spezialisierung verkrochenen Kleingeistern glich, dann erschien er als ein das Riff erforschender Taucher, der betäubt und verwirrt in einer einzigen Höhle geblieben war. In diesen Tiefen, in der Grotte der Ornithologie, hatte er jeden Sinn für sich selbst, ja sogar für sein Menschsein, verloren. So daß in Wirklichkeit nicht sie zu ihm, sondern er zu ihr in die Grotte gekommen war.
Der erste Gast war Hochwürden Compson, der sich trotz des strengen Urteils der Stadt bereit erklärt hatte, seiner Verbindung mit Nyctimene einen nachträglichen Segen zu erteilen, natürlich nicht etwa um seinetwillen, sondern weil er mit seinen Eltern befreundet gewesen war.
»Und die glückliche kleine Dame?« fragte Compson, als er den Salon betrat. »Wo ist sie?«
»Verschwunden«, erklärte er und nippte an seinem zweiten Scotch. »Vielleicht nach Süden, es ist ja November.«
»Schade«, meinte der Geistliche, dem sonst kein rechter Trost einfallen wollte.
Draußen war der Mond vom Himmel verschluckt worden, und Wolken ballten sich, die Sterne verdunkelnd, zusammen. Sie hatte ihm nie gesagt, ob einer dieser Sterne, deren Rätsel ihm nun für immer verschlossen bleiben würden, ihre Heimat gewesen war und welcher, oder warum und wie sie fortgegangen war. Und er hatte solche Fragen nie gestellt.
An einem Abend wie diesem, an einem mondlosen Abend im September hatte er sie kennengelernt. Zwei Nächte war er auf der Suche nach der großen Ohreule, Bubo virginianus, unterwegs gewesen, aber er hatte nur die Überreste ihrer Beute, Fetzen eines Kaninchenfells, den halslosen Kopf eines Huhns, gefunden. Er stieg zu der riesigen Eiche oben auf dem Hügel hinauf, weil sie, als einzige unter den Bäumen, der Eule angemessene Ausmaße besaß. Dort hatte sie, Nyctimene, ihn erwartet. Sie gab sich in keiner Weise den Anschein, als sei ihre Begegnung zufällig und begrüßte ihn wie einen alten Bekannten, ja fast ein wenig ungeduldig – so als ob er sich verspätet hätte. Bubo virginianus bekamen sie in jener Nacht nicht mehr zu Gesicht, und Nyctimene ging mit ihm nach Hause.
Die nächsten, die kamen, waren Mrs. Shreve und ihr Gatte. Shreve war sein Verleger. Mrs. Shreve nahm die Nachricht von Nyctimenes Verschwinden höflich auf, so wie sie vielleicht auf die Nachricht vom Bankrott eines bei ihr zum Abendessen einladenen Freundes hin erklärt haben würde, solange der Freund noch einen anständigen Abendanzug und eine anständige Haltung besäße, bleibe es bei der Einladung. Mrs. Shreve hatte Fahnenabzüge seines letzten Buches mitgebracht, und sie sprachen über Geschäftliches und tranken. Nach und nach trafen die übrigen Gäste ein, und irgendwie begrüßte er sie alle und teilte ihnen seine Neuigkeit mit. Alle, außer Hochwürden Compson, der vor dem Essen ging, tranken zu viele Cocktails.
Das kalte Büfett war eine fade Angelegenheit. Die Gäste aßen lustlos, aus reiner Höflichkeit. Der Gastgeber aß, weil er der Gastgeber war. Er stocherte in einem Cäsarensalat und knabberte auf den verbrannten, mit Knoblauch gewürzten Croutons herum … und erinnerte sich …
Nyctimene, wie sie hemmungslos an ihrem Essen riß, lachend. Er hatte den Verdacht, daß sie ihre Steaks nur, um seine Gefühle nicht zu verletzen, ein paar Minuten unter dem Grill aufwärmen ließ. Oder vielleicht war es angewärmt mehr wie lebendes Fleisch.
Was hatte sie vor einigen Nächten zu ihm gesagt? Es war auf Lateinisch gewesen: Modicum et non videbitis me; et Herum modicum, et vos videbitis me. Noch eine Weile, und du wirst mich nicht sehen, und wieder eine Weile, und du wirst mich sehen. Sie sprach das Lateinische mit derselben Leichtigkeit und Anmut wie das Englische. Hatte sie schon früher, schon vor Jahrhunderten, Besuche gemacht? Bei Ovid vielleicht, den sie so gern zitierte und bei dem sie ihren Namen entlehnt hatte? Er fühlte sich benommen, berauscht, weniger vom Alkohol als von Erinnerung und Schmerz.
Er stellte seinen Teller mit Salat ab, entschuldigte sich bei seinen Gästen und stieg die Treppe zu ihrem Zimmer hinauf. Die Rolläden waren herabgelassen und die Vorhänge zugezogen und zusammengesteckt. Wie ihre Ovidsche Namensschwester, jene in eine Eule verwandelte Frau, haßte sie das Tageslicht. Die dumpfe Luft war noch immer von dem Moschusgeruch ihres Körpers erfüllt. Er stellte sich vor, wie sie im Dunkeln die Hand nach ihm ausstreckte, um ihn zu überraschen. Er setzte sich, türmte das Federbett um sich auf und ließ seiner Erinnerung freien Lauf. Er erinnerte sich …
Zuerst ihrer Hände: ihr weicher weißer Flaum, den seine Lippen kaum spürten, der nervöse Griff ihrer Finger um seinen Arm, die schmalen, spitz zulaufenden Fingernägel, die seine Haut mehr als einmal geritzt hatten. Dann des unmerklich fremdartigen Mundes, der großen braunen Scheiben ihrer weißlosen Augen, des Haares, das ihr in Botticellischen Strähnen bis zu den Brüsten hinabhing.
Er hatte nie daran gedacht, sie zu fragen, ob dies Mammalierbrüste seien. Denn in entscheidenden Punkten gehörte sie nicht zu den Säugetieren.
Die Eier. Womit sollte er die Jungen füttern, wenn sie erst einmal ausgeschlüpft sein würden? Würmer in Milch und zum Entwöhnen Jungmäuse? Zum Glück für die Kinder betrachtete er den Menschen nicht unbedingt als Mittelpunkt der Welt. Nicht, daß er das Andersartige um seiner selbst willen vorgezogen hätte. Vieles sprach für die Erde, wie selbst Nyctimene bereitwillig zugegeben hatte:
»Eure Wissenschaft mit ihren kleinen Geschichten ist sehr gut, und ihr habt all das so schnell geschafft – in ein, zwei Jahrhunderten, im Handumdrehen. Mit all euren Maschinen und Zahlen für die Tage, für die Menschen, für eure ständigen Einkäufe, seid ihr alle Wissenschaftler geworden. Ich kann nicht bis hundert zählen.«
Er hatte protestiert, die Wissenschaft bestehe nicht nur aus Maschinen und Zahlen. Aber sie wollte sich nicht überzeugen lassen.
»In einer Zeitung lese ich die höchstkomplizierte Beschreibung der Atombombe. Man bringt ein Stück davon mit einem anderen Stück zusammen« (sie küßte ihn, um dieses Prinzip zu demonstrieren), »und Materie wird zu Energie. Es war sehr genau durchdacht und, wie ihr sagt, kausal.« Sie lachte. »Wunderbar. Eines Tages werde ich Wissenschaft studieren.«
»Gibt es da … da, wo du herkommst, keine Wissenschaft?«
»Ich habe einen Wissenschaftler. Das reicht völlig.« Wenn er sie fragte, wich sie aus, dann wieder erzählte sie ihm, von sich aus, die außergewöhnlichsten Dinge und tat später so, als sei alles nur Scherz gewesen.
»In deinem Buch, in dem, das ich zu lesen versucht habe, behauptest du, daß Menschen und Tiere nicht mehr gekreuzt werden können, wenn sie sich weit auseinanderentwickelt haben.«
»Das ist wahr.«
»Was ist Wahrheit? Etwas, das immer dasselbe ist, überall und zu allen Zeiten?«
»So etwas Ähnliches ist Wahrheit.«
»Dann ist sie nicht wahr. Was, wenn die Dinge sich zusammenentwickeln, aufeinander zu?«
Damals hatte er gelacht und ihr gesagt, daß aus ihr nie eine Wissenschaftlerin werden würde. Die Dinge könnten sich nicht aufeinander zu entwickeln. Das sei unmöglich.
Aber jetzt, da der Korb mit Eiern seine einzige greifbare Verbindung zu Nyctimene darstellte, hoffte er, daß sie die Wahrheit gesagt hatte. Der Monat, den es dauern würde, bis sie ausschlüpften, würde eine Tortur für ihn sein. Dreißig Tage – das war die Hälfte der Ewigkeit, die er mit ihr verbracht hatte.
Mrs. Shreve fand ihn in Nyctimenes Zimmer und brachte ihn nach unten. Einige Gäste waren schon gegangen, die anderen hatten nur auf seine Rückkehr gewartet, um sich zu verabschieden. Mrs. Shreve war äußerst barsch und geschäftlich und bestand darauf, daß er die Fahnen eine Woche früher abliefern sollte, als es ihm überhaupt möglich war. Das war ihre Art von Freundlichkeit.
Nyctimene war nie freundlich zu ihm gewesen. Oft war sie wie eine Göttin, wie ein Tier, bewußt grausam gewesen, hatte ihn in den heikelsten Augenblicken gefoppt oder ihn mit ihren krallenbewehrten Fingern gekniffen, wenn sie ihn unaufmerksam glaubte. Er war jedoch sehr selten unaufmerksam gewesen. Grausamkeit? Manchmal hatte er an den Würger gedacht, ein Weibchen, das das Männchen mit seinem wollüstigen Schnabel aufspießt, aber wenn Nyctimene auch eine Räuberin sein mochte, eine Mörderin war sie nicht.
Wieder allein, begann er, das Wohnzimmer aufzuräumen und die schmutzigen Teller, die verschmierten Gläser, die Aschenbecher hinauszutragen. Wieder allein, dachte er …
Ohne Nyctimene. Sie hatte den größeren Teil seiner Einsamkeit ausgefüllt. Sie hatte ihn gelehrt, was es heißt, satt zu sein. Als junger Mann hatte er durchaus Frauenbekanntschaften gehabt, aber er hatte nie geliebt, und soviel er wußte, war er auch nie geliebt worden. Jetzt, da er wieder in seine Einsamkeit zurückgeworfen worden war, fragte er sich, ob er wieder zu seiner alten Zuflucht, zu seinen Studien, zurückkehren konnte. Vielleicht hatte die Grotte ihren Zauber verloren.
Aber die Aussichten waren ja weder so trübe, noch der Bruch so endgültig. Die Jahre oder die Entfernung würden ihr Bild nicht verwischen, davon war er überzeugt. Und da waren ja noch … ihre Kinder. Liebevoll und fast gelöst griff er nach dem kleinen Korb, den sie zurückgelassen hatte.
Der Korb war leer.
Er handelte durchaus vernünftig. Er sah erst an allen wahrscheinlichen Stellen nach, ehe er die unwahrscheinlichen absuchte. Im Kühlschrank, in den Schränken, in den Lebensmitteltüten waren keine Eier.
Er fand die Schalen im Abfall.
Ursa war wie jeden Donnerstagabend zu ihrer Mutter gegangen. Aber er brauchte sie sowieso nicht zu fragen. Das Rezept lag deutlich sichtbar auf dem Küchentisch. Es war mit der Hand auf ein 3x5 Kärtchen geschrieben:
CÄSARENSALAT Lattich Essig 5 Knoblauchzehen 5 Eier 10 Sardellen Salz, Pfeffer 12 Teelöffel Parmesankäse Croutons, in Butter braun geröstet Olivenöl Hölzerne Salatschüssel mit Knoblauch ausreiben. Sardellen zu einer Paste zerdrücken, Käse dazugeben. Eier gut durchgeschlagen unterrühren. Öl dazugeben und weiterschlagen. Mit Salz, Pfeffer und Essig würzen. Lattich in der Soße wälzen. Mit Croutons servieren. Essen.
Er hätte eigentlich ziemlich aufgebracht sein müssen. Statt dessen senkte sich Verzweiflung auf ihn herab wie Schnee die Blätter zudeckt, die im Frühling Humus sein werden. Hatte sie darum gewußt? fragte er sich.
Über Ursa machte er sich keine Gedanken. Ursas Bosheit war direkter und weniger ausgeklügelt. Außerdem wußte sie gar nicht, was das für Eier waren.
Er fragte sich, ob dies nicht die letzte und raffinierteste von Nyctimenes Grausamkeiten war. Er bezweifelte (weil er es nicht glauben wollte), daß sie seine Kinder, daß sie irgend etwas anderes als ganz gewöhnliche Eier gewesen waren. Aber er erinnerte sich an Nyctimenes wilde Heiterkeit, als er ihr jene scheußliche Szene aus Titus Andronicus vorlas, in der Titus der Königin ein aus ihren eigenen Söhnen zubereitetes Fleischgericht vorsetzte. Und er erkannte die Handschrift auf dem Kärtchen: es war ihre.