der Wüste ist ein ausgezeichneter Name, und er paßt so gut zu Choo-choo. «

Sie musterte ihn aufmerksam, aber sie konnte nicht ergründen, ob er ernst war oder sich über sie lustig machte. Sie beendete ihren Bericht, indem sie Josh vor Augen führte, wie groß der wirtschaftliche Aufschwung in Eternity war, seit sie ihren Modesalon eröffnet hatte, und daß die ganze Stadt davon profitierte.

Zum Schluß bedachte sie Josh mit einem triumphierenden Blick und erwartete ein Lob, aber er sah sie nur düster an.

»Was ist jetzt schon wieder verkehrt? Habe ich damit nicht bewiesen, daß ich nicht nutzlos bin? «

»Du kannst sogar Geld verdienen«, murmelte er niedergeschlagen. »Was wird dein Bruder dazu sagen, daß dir dein Mann kein standesgemäßes Leben bieten kann? Daß du einen Mann geheiratet hast, der nicht einmal für deinen Lebensunterhalt aufkommen kann? «

»Mein Bruder würde nie auf die Idee kommen, daß ich jemanden seines Geldes wegen heiraten sollte. Seine eigene Frau hatte auch nicht gerade eine Glückssträhne, als er sie kennenlernte, warum also sollte dann mein Mann reich sein? « fragte Carrie ungehalten. Manchmal war es wirklich ermüdend, mit Josh zu diskutieren.

»Du verstehst das nicht, aber ich vermute, dein Bruder wird alles ganz genau verstehen. Machst du dir nicht deshalb so große Sorgen über seinen Besuch? «

»Nein. Ring hat mit mir bestimmt ein Hühnchen zu rupfen, wegen meiner..., na ja, wegen der Sache mit der Unterschrift meines Vaters. Es könnte sein, daß unsere Eheschließung nicht rechtsgültig ist, weil mein Vater nicht wußte, was er unterzeichnet hat und ich noch nicht einundzwanzig bin. Ring wird sich sehr aufregen, wenn er herausfindet, daß ich mit dir ein paar Tage zusammengelebt habe, wenn wir nicht wirklich verheiratet sein sollten. Und es gefällt ihm sicher auch nicht, daß ich allein und ohne Schutz in der Stadt gewohnt habe, während mein Mann auf seiner Farm geblieben ist. Ring ist ein altmodischer Mann, der glaubt, daß ein verheiratetes Paar zusammenbleiben sollte. «

Josh lächelte. Er konnte ihr nicht begreiflich machen, was es hieß, wenn ein Mann seine Frau nicht unterhalten konnte. Aber er wußte auch, daß er sie auf die Probe stellte. In drei Jahren konnte er die Farm verlassen, und dann war er wieder in der Lage, den Lebensunterhalt für seine Familie zu verdienen.

Er zog Carrie wieder auf seinen Schoß. »Wenn dein Bruder Bedenken hat, daß wir nicht richtig verheiratet sein könnten, werden wir uns einfach noch einmal trauen lassen. Es tut mir ohnehin schon leid, daß ich das erste Mal versäumt habe, aber diesmal wird es wenigstens eine Hochzeitsnacht geben. « Nach einem Kuß murmelte er: »Ich glaube allmählich selbst, daß du mich wirklich liebst. Und wenn du mich so lieben kannst, wie ich jetzt bin, dann kannst du es vielleicht auch später. «

»Was soll das heißen? « Nach einem Blick in sein verschlossenes Gesicht, wandte sie sich empört ab. »O ja«, schnaubte sie, »Geheimnisse! Wann wirst du mir endlich genügend Liebe entgegenbringen, um mir alles über dich zu erzählen? «

»Tatsächlich habe ich dir schon alles anvertraut«, sagte Josh, während er den Brief, den er in der letzten Nacht geschrieben hatte, aus der Jackentasche zog. Dabei fiel ihm der Umschlag, den er heute mit der Post bekommen hatte, auf den Boden, und Carrie hob ihn auf. »Ich hab’ die ganze Nacht gebraucht, bis ich meine Beichte abgelegt hatte«, fuhr Josh unbeirrt fort. »Ich wollte den Brief nach Maine schicken. «

Carrie streckte die Hand aus, um ihn an sich zu nehmen, aber Josh zog ihn zurück.

»Ich kann dir genauso gut alles erzählen, was drinsteht — gleich jetzt. «

»Ich würde ihn gern lesen. Erklärst du mir in dem Brief deine unsterbliche Liebe? «

»Ja«, bekannte er zärtlich. »Was ist das? «

Carrie betrachtete den Umschlag, den sie vom Boden aufgehoben hatte, und sah, daß kein Absender darauf stand. »Er ist an dich adressiert. «

Um sie zu necken, legte Josh den dicken Brief an Carrie außerhalb ihrer Reichweite auf den Tisch. »Ich sollte wohl besser erst mal meine Post lesen. Vielleicht hat mir eine Verehrerin geschrieben. « Er roch lächelnd an dem Umschlag.

Josh hatte Carrie damit nur ein wenig reizen wollen, aber als er den Duft, der dem Brief entströmte, wahrnahm, wich alles Blut aus seinem Gesicht.

»Josh, was ist los mit dir? «

Er wurde noch bleicher, und Carrie stand schnell auf und goß ihm einen Brandy ein. Wenn es so weiterging, waren bald beide betrunken.

Josh trank das Glas in einem Zug leer und hielt es Carrie hin, damit sie nachfüllen konnte. Auch das zweite Glas trank er auf einen Zug, dann öffnete er mit zitternden Fingern den Umschlag.

Er brauchte nur ein paar Sekunden, um den Brief zu lesen. Carrie hatte noch nie zuvor miterlebt, wie ein Mann ohnmächtig wurde, aber jetzt war sie sicher, daß Josh das Bewußtsein verlieren würde. Sie hob seinen Arm, legte ihn sich um die Schulter und stützte ihn, bis sie das Sofa erreicht hatten. »Josh! « schrie sie und schüttelte ihn heftig. Sie entdeckte das Riechsalzfläschchen auf dem Tisch und hielt es ihm unter die Nase.

Er drehte den Kopf zur Seite.

»Josh, was ist geschehen? « Er gab keine Antwort, und starrte an die Lehne des Sofas, als wäre sein Leben zu Ende.

Carrie hob den Brief auf, der ihm aus den Händen geglitten war, und las:

Mein Liebling Joshua,

Du mußt nur noch ein Dokument unterschreiben, dann bist Du frei. Ich bringe es am dreizehnten Oktober nach Eternity. Wie geht es unseren lieben, lieben Kindern?

In Liebe Nora

PS: Möchtest Du es Dir nicht noch einmal überlegen, oder gefällt Dir das Leben als Farmer?

Nachdem Carrie den Brief dreimal gelesen hatte, zitterte sie ebenso wie Josh. »Wer... « Sie räusperte sich. »Wer ist Nora? «

Ganz langsam drehte sich Josh ihr zu und setzte sich auf. »Es scheint, als wäre sie noch immer meine Frau«, flüsterte er.

Carrie erstarrte zur Salzsäule. Ihre Familie und ihre Freunde hatten so oft gesagt, daß das Leben schwer war, aber sie hatte ihnen nie geglaubt. Wann immer jemand behauptet hatte, daß das Leben hart sei, hatte Carrie erwidert, jeder sei seines eigenen Glückes Schmied. Sie war der Meinung, daß die Menschen selbst entschieden, ob sie glücklich oder traurig sein wollten, und immer hatte sie passende Beispiele, die ihre These untermauerten, parat. Eines Tages, Carrie war etwa sechzehn Jahre alt gewesen, hatte ihre Mutter, nachdem Carrie ihre Weisheit verkündete hatte, erwidert, daß glückliche Menschen nie in ihrem Leben wirklich geliebt hätten. Liebe, so meinte Carries Mutter, bestünde zu zwei Dritteln aus Freude und zu einem Drittel aus dem qualvollsten Schmerz, den man sich vorstellen könne und der einen bis ans Ende seiner Tage verfolge. Damals war Carrie überzeugt gewesen, daß ihre Mutter nicht ganz bei Verstand war, aber jetzt verstand sie nur zu gut, was sie gemeint hatte.

Carrie richtete sich auf. »Das trifft sich ja wirklich günstig für mich. Morgen kommt mein Bruder hier an, und er kann mich gleich nach Warbrooke zurückbringen. «

Josh sprang mit einem Satz auf und umklammerte ihre Schultern. »Ich dachte, daß die Scheidung rechtsgültig ist, und zwar seit einem Jahr. Gott weiß, daß ich genug bezahlt habe, um sie loszuwerden. «

Carrie sah ihn mit kalten Augen an. »Ich war der Meinung, daß du Witwer bist. Selbstverständlich hast du es nie für nötig befunden, mich eines Besseren zu belehren. Würdest du mir jetzt bitte den Weg frei machen? Ich muß in meinen Laden zurück. « Sie musterte ihn von oben bis unten. »Wir sind nicht alle Versager bei unseren Geschäften, weißt du? «

Josh nahm sprachlos die Hände von ihren Schultern, trat einen Schritt zurück und ließ sie vorbei.