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Belsey schaffte es in vierzig Minuten nach Kensington. Pierce Buckingham hatte eine Junggesellenbude in einer kleinen, sehr teuren Straße in der Nähe der Kensington Park Gardens. In dem kleinen Haus Nummer vier brannte Licht. Die Fenster waren beschlagen. Jemand musste gerade geduscht haben. Belsey klopfte an die Haustür, aber niemand machte auf. Durch die Fenster konnte er nicht hineinsehen. Als er gegen die Tür drückte, schwang sie auf. Dampf schlug ihm ins Gesicht.
Alles war feucht. Kondenswasser rann von den weißen Wänden des Flurs. Belsey ging langsam hinein. Vorsichtig betrat er ein Wohnzimmer, das völlig verwüstet war. Die Polster der Sessel waren aufgeschlitzt, der Teppich war zerschnitten, der Designerinhalt der Schränke auf einen großen Haufen gekippt. Die Einzelteile einer Jukebox, eines Wurlitzer-Nachbaus, lagen verstreut auf dem Boden herum. An der Wand hing eine in zwei Teile zerrissene Projektorleinwand. An einer abstrakten Eisenskulptur und einem an die Wand montierten Flachbildfernseher liefen Wassertropfen herunter.
Buckingham war anscheinend nicht zu Hause.
Belsey stieg über Berge von Klamotten und ging in das Dampfbad mit Sauna im hinteren Teil der Wohnung. Die Dusche lief, und die Saunatür stand offen. Die Fliesen waren von den Wänden geschlagen worden.
Er ging nach oben ins Schlafzimmer, das voller Glasscherben war. Es roch nach Amylnitrit. Das Bett war rund und riesig. Die schwarze Seidenbettwäsche lag auf dem Boden, die rundum aufgeschlitzte Matratze lehnte an der Wand. Am Kopfkissenbezug fand Belsey ein paar lange blonde Haare. Die Schubladen des Nachttischs und der Kommode lagen zusammen mit Verhütungsmitteln und Medizinfläschchen auf dem Boden. Neben dem Bett lag ein gebundenes Buch.
Geschichte des saudischen Königshauses. Belsey hob es auf. Der Umschlag war verschwenderisch mit Blattgoldintarsien verziert. Die Seiten waren welk vom Dampf und klebten aneinander. Auf dem Frontispiz stand eine handschriftliche Widmung: »Für unseren geschätzten Freund, mit den besten Wünschen für die Zukunft.« Etwa in der Mitte des Buches steckte ein Foto. Es zeigte einen Mann, der die Taillen zweier halbwüchsiger Mädchen umfasste. Sie saßen auf einer roten Polsterbank, vor ihnen stand ein Tisch voller Gläser und Flaschen. Es dauerte ein paar Sekunden, bis Belsey den grinsenden, glatt rasierten Buckingham erkannte. Irgendeine Krise hatte ihn in einen Stalker verwandelt, der in kugelsicherer Weste Belsey verfolgte. Das Mädchen, das rechts neben Buckingham saß, war Jessica Holden. Sie trug ein silbernes, schulterfreies Cocktailkleid. Das andere Mädchen war die blonde, weinende Freundin aus dem Fernsehen. Sie trug etwas enges Schwarzes, das gerade noch bis zu ihren Oberschenkeln reichte. Sie hatte eine Hand auf Buckinghams Schulter gelegt. Jessica lächelte mit geschlossenen Lippen. Das blonde Mädchen zeigte Zähne.
Dir wird Gerechtigkeit widerfahren hatte auf dem Blumengebinde am Tatort gestanden. Belsey hob ein schnurloses Telefon vom Schlafzimmerboden auf und rief Miranda Miller an.
»Hast du die Nummer von Jessicas Freundin, dieser Blondine?«
»Nein. Ja, doch, aber da bekommst du nur ihren Agenten dran.«
»Ihren Agenten?«
»Sie wollte mit uns einen fünfstelligen Deal aushandeln. Sie ist jetzt bei Sky.«
»Dann hat sie ihren Schock wohl überwunden.«
»Irgendwas stimmt mit der nicht, Nick. Die anderen Schüler wissen nichts davon, dass die beiden sich besonders nahegestanden hätten. Sie war in der Klasse über Jessica. Und jetzt ist sie von der Schule abgegangen. Ich glaube, die ist einfach auf Kohle aus.«