26. Kapitel

Ein schöner BH in 75 A? Ein Riesenproblem. Wer so gebaut ist wie ich, weiß, wovon ich rede. Wobei die Bezeichnung Riesenproblem in diesem Zusammenhang schon lustig ist.

Die Verkäuferin von Lingerie Mademoiselle schaut ratlos zwischen den verschiedenen Modellen hin und her, die sie mir bereits in die Kabine gebracht hat. »Also, die gefallen Ihnen alle nicht?«

Natürlich gefallen die mir nicht: Sämtliche Cups sind bei diesen Modellen so stark gepolstert, dass ich automatisch auf 80 C springe. Aber wie soll ich Nils erklären, wohin mein Busen auf einmal verschwunden ist, sollten wir uns heute Nacht tatsächlich näherkommen?

»Haben Sie etwas, was nicht so stark ausgestopft aussieht? Ich will mich schließlich nicht verkleiden.«

»Also dann doch eher ein Sport-BH?«

Es ist zum Verzweifeln. Keiner versteht mich!

»Nein, eben kein Sport-BH! Es muss doch etwas zwischen diesen beiden Extremen geben! Verstehen Sie, was ich meine? Sexy, aber nicht übertrieben.«

Die Verkäuferin schaut genervt bis zickig. »Ich fürchte, da kann ich Ihnen nicht weiterhelfen. Vielleicht schauen Sie mal in einem Kaufhaus in der Kinderabteilung? Bei den Größen für junge Mädchen? Die haben doch bestimmt ganz reizende Sachen.«

Kinderabteilung? Was für eine Unverschämtheit! Der werde ich gleich erzählen, was ich von dem Vorschlag … Bevor ich noch zum verbalen Gegenschlag ausholen kann, klingelt irgendwo in den Untiefen meiner Handtasche das Handy. Gut, first things first: Zusammenstauchen kann ich die Alte immer noch, jetzt muss ich erst mal das Telefon finden, bevor die Mailbox anspringt. Ich wühle hektisch in der Tasche herum und bekomme es endlich zu fassen. »Hallo?«

»Hallo Nina? Hier ist Tom. Ich muss dich ganz dringend sprechen.«

Tom? Was will der denn? Noch mal genau erklären, warum er nicht auf mich steht? Er ist jedenfalls so ungefähr der letzte Mensch auf der Welt, mit dem ich halbnackt in einer Umkleidekabine stehend telefonieren möchte.

»Du, es ist gerade ganz schlecht. Ich ruf dich an, wenn ich wieder in Hamburg bin«, will ich ihn kurzerhand abwürgen.

»Nein, warte doch mal! Es ist wirklich wichtig!«

»Wie ich schon sagte: Es ist gerade ganz schlecht«, sage ich noch einmal nachdrücklich. »Falls es etwas Berufliches ist – mach einen Termin bei Frau Smit. Falls es etwas Privates ist – ich will es nicht wissen.«

»He, Nina, ich verstehe ja, dass du sauer auf mich bist. Aber ich würde dich nicht stören, wenn es nicht so wichtig wäre. Es geht um Dwaine.«

Ich seufze. Mann, ist der hartnäckig. »Also gut. Ich rufe dich gleich zurück.«

»Aber wirklich!«

»Ja, versprochen.«

Als ich aufgelegt habe, ziehe ich mich schnell an, drücke der Verkäuferin gefühlte 27 Büstenhalter in die Hand und verschwinde wort- und grußlos. Das sollte als Feedback reichen.


Auf der Straße schaue ich mich nach einem Ort um, an dem ich in Ruhe telefonieren kann, und entscheide mich für ein kleines Café neben dem Dessousgeschäft. Ich bestelle mir einen Latte macchiato, dann wähle ich Toms Nummer.

»Hallo Tom. Was gibt es denn so Dringendes?«

»Wohnst du im Hotel Neumann?«

»Bitte?«

»Ob du im Neumann wohnst? Das Hotel, das ich für euch gebucht habe?«

»Nein, wir sind woanders. Das mit dem Neumann scheinst du grandios vermasselt zu haben, aber ich verstehe nicht ganz, was das …«

»Mein Gott, nicht im Neumann?« Seine Stimme überschlägt sich fast. »Ich muss dich sofort treffen!«

»Sag mal, bei dir ist doch wohl eine Schraube locker!«, fahre ich ihn ungehalten an. »Dass das mit dem Hotel schiefgegangen ist – geschenkt! Da hast du schon größere Böcke geschossen. Deswegen müssen wir uns garantiert nicht treffen.«

»Nein, darum geht es doch gar nicht! Ich muss dich warnen: Dwaine ist nicht der, der du glaubst.«

Oh-oh … Offensichtlich hat Tom herausgefunden, dass Dwaine Nils ist. Gut, das hat mich auch erst umgehauen. Aber der Alarm, den Tom hier verbreitet, ist arg übertrieben.

»Tom, das weiß ich längst. Kein Grund, panisch zu werden.«

»Doch! Es ist überhaupt nicht so, wie du denkst! Bitte, wir müssen uns treffen. Sofort.«

Komisch, Tom klingt wirklich ernsthaft beunruhigt. Vielleicht sollte ich mir doch anhören, was er zu erzählen hat.

»Okay, ich bin aber erst morgen Abend wieder in Hamburg. So lange wirst du dich gedulden müssen.«

»Nein, ich bin ja schon in Hannover. Wo steckst du gerade? Ich komme vorbei.«

»Moment mal – wieso bist du in Hannover? Was geht hier eigentlich vor?«

»Nina, bitte sag mir, wo du bist!«


Eine Viertelstunde später kommt Tom durch die Tür und steuert gleich auf mich zu. Angespannt sieht er aus und sehr gestresst. Ich stehe auf und gebe ihm die Hand. Bloß keine Vertraulichkeiten. Der soll nicht meinen, dass ich ihn vermisst habe.

Tom lässt sich neben mich auf die Bank fallen und kommt gleich zur Sache. Und zwar ohne Umschweife.

»Nina, hast du mit Dwaine geschlafen?«

»Wie bitte? Ich wüsste nicht, was dich das angeht.«

»Ja, ich verstehe, dass dich diese Frage erstaunt. Aber ich muss es wissen.«

»Du spinnst wohl! Du willst mir nicht erzählen, dass du mal eben spontan von Hamburg nach Hannover gefahren bist, um mich das zu fragen, oder? Denn wenn es so ist, kannst du dich gleich wieder in dein Auto setzen und zurückfahren. Du glaubst doch wohl nicht allen Ernstes, dass ich dir diese Frage beantworte.«

»Bitte, Nina, sei nicht böse.« Tom guckt mich eindringlich an. »Ich mache mir Sorgen um dich. Du bist in großer Gefahr!« Er greift nach meiner Hand, ich ziehe sie schnell zurück.

»Tom, spinnst du? Wir sind in Hannover, nicht in Kabul! Was ist eigentlich los?«

»Wie viel Zeit hast du?«

Ich gucke auf die Uhr. »Dwaine ist ungefähr noch eine Stunde im Funkhaus. Also, schieß los.«

Tom holt tief Luft. Dann dreht er sich zu seiner Tasche und zieht etwas daraus hervor, das wie ein Manuskript aussieht. Stirnrunzelnd lese ich das Deckblatt.

DAS SAHNEHÄUBCHEN
Wie ich die besten Frauen bekomme, auch wenn sie eigentlich nicht wollen

»Was ist das?«

»Das ist Dwaines neues Buch.«

»Ach stimmt. Er hat davon erzählt. Allerdings wird es wohl ein bisschen anders ausfallen, als alle denken.« Schließlich hat sich Nils ja entschlossen, die Wahrheit zu sagen. Gut, der Titel klingt jetzt nicht ganz danach, aber wahrscheinlich will er einen kleinen Etikettenschwindel betreiben – wäre ja nicht das erste Mal.

Tom schüttelt den Kopf. »Nein, ich denke, es wird anders ausfallen, als du denkst.« Und dann erzählt er mir die unglaublichste Geschichte, die ich je gehört habe. Wenn wir Aschenputtel mal außen vor lassen und uns auf Sachen konzentrieren, die im Hier und Jetzt passieren.


Als er fertig ist, schwanke ich zwischen Herzrasen und Ohrensausen. »Das darf doch nicht wahr sein«, flüstere ich. Ich spüre, wie mir Tränen in die Augen steigen. Tom streicht mir über die Haare.

»Doch, ich fürchte, das ist es.«

»Also Dwaine ist nicht Nils, sondern Dwaine. Und er hat mir das alles nur erzählt, um mich rumzukriegen. Diese ganze Ich-bin-ein-arbeitsloser-Schauspieler-und-habe-mir-das-alles-ausgedacht-weil-ich-Geld-brauche-Nummer ist von vorne bis hinten erstunken und erlogen?«

»Ja.« Tom nickt. »Das hat er dir nur erzählt, weil er wusste, dass du dich mit einem Typen wie Dwaine niemals einlassen würdest. Hier steht es.« Er blättert in dem Manuskript herum und liest dann laut vor:

Shelley heißt die neue Kollegin, und sie ist richtig heiß. Sexy Figur, Beine bis zum Hals und echt was in der Birne. Letzteres ist leider das Problem: Sie kennt mich und mein Buch. »Keine Chance«, teilt sie mir schon bei unserem ersten Treffen mit. Was soll ich tun? Aufgeben oder die Herausforderung annehmen?

Jungs – ihr wisst Bescheid: Ich gebe niemals auf. Ich will mit dieser Frau schlafen, also werde ich auch mit dieser Frau schlafen. Natürlich muss ich ganz tief in die Trickkiste greifen. Aber das ist für einen Profi wie mich kein Problem – und das muss es auch für euch nicht sein.

Ich erzähle dem Hasen also eine traurige Story: von dem armen arbeitslosen Schauspieler Henry, der sich die ganze Dwaine-Nummer nur ausgedacht hat. Und der natürlich ihre Hilfe braucht, um die ganze Geschichte jetzt durchziehen zu können. Weiberheld? Keine Spur! Henry ist ein ganz Lieber.

Was soll ich sagen: Das Unglaubliche geschieht. Shelley schluckt die Nummer. »Nicht möglich«, werdet ihr sagen. Doch. Ist es. Shelley glaubt es, weil sie es glauben will. Weil sie in Wirklichkeit auch scharf auf mich ist und nur ihr kleines, hübsches Köpfchen sie daran hindert, endlich mit mir ins Bett zu gehen. Jetzt habe ich ihr die perfekte Entschuldigung geliefert. Und ihr Körper wird es umso mehr zu schätzen wissen.

Ich spüre, dass ich feuerrot im Gesicht werde. Vor Scham … und aus Wut auf mich selbst. Wie konnte mir das nur passieren? Nein, das kann nicht wahr sein. Das darf nicht wahr sein!

»Vielleicht meint er gar nicht mich?«, versuche ich es noch einmal matt. Tom versucht es mit einem schiefen Lächeln.

»Tja, also ich glaube, ehrlich gesagt, schon. Hier, guck mal …« Er schiebt mir zwei weitere Seiten herüber.

Zuvor muss ich nur noch einen lästigen Nebenbuhler loswerden – denn leider hat Shelley ein Herz für unseren Lehrling Tim. Der Lehrling! Ausgerechnet! Mit Tim geht Shelley essen und macht lange, romantische Spaziergänge, selbst wenn es draußen saukalt ist. Ich muss mir also etwas überlegen.

»Okay, er meint mich. Das ist wohl eindeutig.« Ich schlucke und kämpfe mit den Tränen.

»Sieh mal das Positive – immerhin hat er deinen Namen verfremdet. Das würde Susanne nun für schlechte PR halten, aber …« Er versucht offensichtlich, mich damit aufzuheitern, aber ich schüttle den Kopf. Bevor ich sprechen kann, muss ich mich erst räuspern, ich habe einen riesigen Frosch im Hals, fast würgt es mich.

»Was heißt hier verfremdet? Du hast es immerhin gleich erkannt.«

»Aber nur, weil ich schon einen Verdacht hatte und mir Sorgen um dich gemacht habe. Ich glaube nicht, dass es jemand anders gleich erkennt.«

»Du hast recht, vermutlich nicht. Da war Dwaine vorsichtig genug. Eben ganz Anwalt. Der weiß, wie er sich absichern muss, damit ich ihn nicht verklagen kann.«

Tom zieht die Augenbrauen hoch. »Stimmt, das hatte ich schon ganz vergessen. Dwaine ist ja Anwalt.«

»Aber wieso hattest du eigentlich einen Verdacht?«, will ich wissen. »Und wo wir gerade dabei sind, woher hast du eigentlich das Manuskript? Hat dein Vater dir das gegeben?«

Tom seufzt tief. »Tja, das ist der zweite Teil der Geschichte. Und der ist auch nicht weniger verwickelt.« Er räuspert sich und rutscht nervös auf seinem Stuhl herum. »Es geht damit los, dass ich Fred Frauenversteher bin.«

»Du bist Fred Frauenversteher? Ich denke, Nils, oder vielmehr Dwaine, ist Fred.« Langsam verstehe ich gar nichts mehr.

»Ich hatte die Idee mit Facebook«, beginnt Tom zu erklären. »So ging eigentlich alles los. Wie besprochen, habe ich immer die Beiträge für Dwaine geschrieben und die Post der Fans beantwortet. Dass meine total platte Art bei den Leuten so gut ankam, hat mich irgendwann selbst genervt. Ich hatte Lust, das alles etwas gegen den Strich zu bürsten. Das habe ich dann auch gemacht. Zuerst nur ab und zu, dann regelmäßig. Es hat Spaß gemacht. Vor allem, weil ich gesehen habe, dass dir Fred gefallen hat und dass er dem Verlag so richtig auf den Zeiger gegangen ist. Es ist kindisch, aber das hat mich gefreut. Ist wahrscheinlich so eine Vater-Sohn-Geschichte.«

»Aha. Aber warum hat Dwaine mir dann erzählt, dass er Fred Frauenversteher ist? Und warum konnte er mir Sachen erzählen, die erst hinterher von Fred auf Facebook gepostet wurden? Das verstehe ich nicht.«

»Die Geschichte geht ja noch weiter. An einem dieser Abende nach einer Lesung saßen Dwaine und ich noch bei einem Bier zusammen. Du warst schon im Bett. Ich weiß nicht, warum – aber ich habe ihm damals erzählt, dass ich hinter Fred stecke. Immerhin hatte er mich doch verteidigt, als du dich so wegen des Kamerateams aufgeregt hast. Da dachte ich, er hätte vielleicht doch einen netten Kern.« Er seufzt. »Ich bin eben ein vertrauensseliger Idiot. Erst tat Dwaine ganz nett, so von wegen Dein Geheimnis ist bei mir gut aufgehoben, ist doch lustig. Aber schon kurz darauf kam er an und hat mir unverhohlen gedroht, dass er mich bei meinem Vater auffliegen lässt, wenn ich in Zukunft nicht das schreibe, was er will. Die entsprechenden Texte hat er mir gemailt oder auf einem USB-Stick gegeben, je nachdem, was gerade einfacher war. So wusste er natürlich immer genau, was Fred als Nächstes schreiben würde.«

»Das darf doch nicht wahr sein! Und ich dachte, Dwaine hätte tatsächlich diese sensible, nachdenkliche Seite. Eben wie Fred. Deswegen war ich auch überzeugt davon, dass Dwaine Nils sei. Es passte alles so gut zusammen.« Ich lasse den Kopf in meine Hände sinken. »O nein. Und ich bin auf das alles reingefallen! Aber warum hast du mir nie etwas davon erzählt? Ich … ich hatte den Eindruck, dass du mich magst.« Jetzt kommen wir nämlich zu dem Teil der Geschichte, den ich immer noch nicht verstehe – und der mir, wenn ich ehrlich bin, immer noch weh tut. »Und dann stehst du auf einmal nachts vor meiner Tür und erteilst mir die Abfuhr meines Lebens.« Ich merke, wie ich schon wieder rot anlaufe. Das ist alles so peinlich!

»Nina, ich kann dir gar nicht sagen, wie viel du mir bedeutest«, sagt Tom mit so einer Ernsthaftigkeit, dass sich mir für einen Moment der Hals zuschnürt, während sich die Härchen an meinem Unterarm aufstellen und in meinem Magen eine kleine Ameisenarmee loskribbelt. »Aber als Dwaine mitbekommen hat, dass ich mich sehr für dich interessiere, hat er mich noch mehr unter Druck gesetzt. Du hast ihm von unserem Elbspaziergang erzählt, richtig?«

Ich muss kurz nachdenken. Stimmt. Das habe ich gemacht. »Dwaine wollte wissen, warum ich so erkältet bin. Da habe ich ihm davon erzählt. Er hat aber nichts weiter dazu gesagt.«

»Zu dir nicht – zu mir schon. Er hat mich zu Hause besucht, und dann hat er mir klargemacht, dass er dafür sorgen könne, dass ihr den Auftrag für den Weidner-Verlag verliert. Er müsste nur erzählen, dass er total unzufrieden mit der Betreuung sei. Und dass die ganzen Presseideen in Wirklichkeit über ihn gekommen wären. Salchow würde eh nur auf einen Grund warten, um euch abzuschießen. Und dass mein Vater jetzt keinen Grund mehr hätte, schützend seine Hand über euch zu halten, weil ich ja gekündigt hatte. Sollte ich mich noch einmal mit dir treffen, würde er sofort zu Salchow gehen.«

Ich bin geschockt. Das hat Dwaine getan? Selbst als ich ihn noch nicht für Nils hielt, hätte ich ihm so etwas nicht zugetraut. Weil ich so etwas im Grunde genommen überhaupt niemandem zutrauen würde.

»Also deswegen dein Auftritt bei mir?«

»Er hat von mir verlangt, dass ich es genau so mache.« Tom nickt. »Und ich hatte Angst, dass du wegen mir deinen Job verlierst.«

»Aber eine Sache verstehe ich immer noch nicht. Wie bist du denn dann an das neue Buch gekommen? Ohne das Manuskript wüsstest du doch gar nicht, was Dwaine mir erzählt hat.«

»Es war auf dem Stick. Dem Stick, den Dwaine und ich ab und zu hin- und hergetauscht haben wegen der Texte für Fred Frauenversteher. Er hatte ihn auch bei besagtem Treffen dabei. Ein letzter Text von Fred sei noch drauf, ich solle ihn ins Netz stellen. Habe ich dann auch gemacht. Das war irgendwas darüber, wie man kranke Frauen pflegt oder so. Das war aber nicht das Einzige, was ich auf dem Stick gefunden habe. Es gab noch eine Datei namens Sahnehäubchen. Muss Dwaine aus Versehen gespeichert haben. Das kann ja mal passieren, wenn man nicht genau darauf achtet, mit welchem Laufwerk man gerade arbeitet. Tja, jedenfalls habe ich mir die mal runtergezogen, um sie mir bei Gelegenheit genauer anzusehen. Sie war ja ziemlich lang. Gestern habe ich mir das ganze Teil ausgedruckt und durchgelesen. Und da war mir klar, was für ein falsches Spiel Dwaine mit dir spielt.«

»Und dann bist du sofort ins Auto gesprungen? Warum hast du mich nicht einfach angerufen?«

»Am Telefon hättest du mir die ganze Geschichte wahrscheinlich nicht geglaubt. Außerdem wollte ich dich nicht eine Sekunde mit dem Typen allein lassen«, sagt er mit Nachdruck. »Weißt du, ich war mir zu neunzig Prozent sicher, dass es in dem Buch wirklich um dich geht und sich Dwaine das nicht alles nur ausgedacht hat. Aber den letzten Beweis habe ich dann bekommen, als du gesagt hast, dass du nicht im Hotel Neumann eingecheckt hast. Guck mal hier.« Er blättert noch einmal in dem Stapel Papier, dann schiebt er mir ein Blatt rüber.

Aber wie bereite ich sie perfekt vor, die Nacht der Nächte? Ein Zufall kommt mir zur Hilfe – eine gemeinsame Dienstreise nach Chicago steht an, zur Messezeit, also sind alle Hotels so gut wie ausgebucht. Ich besorge uns eine romantische Suite mit allem Drum und Dran in einem Luxushotel, dann storniere ich unsere Einzelzimmer in der Klitsche, in der wir normalerweise abgestiegen wären. Als Shelley einchecken will, stellt sie fest, dass unsere Buchung verlorengegangen ist. Wie furchtbar! Und wie gut, dass ich als Retter in der Not sofort für Ersatz sorgen kann. Mein Lohn ist mir sicher …

»Dieses miese Schwein! Dieses miese, miese Schwein!« Ich merke, wie mir Tränen in die Augen steigen. Tom schaut mich mitfühlend an.

»Das ist jetzt bestimmt ziemlich schlimm für dich. Aber wenn du jemanden brauchst, der Dwaine gleich richtig auf die Schnauze haut – ich bin dein Mann!«

Durch meine Tränen hindurch muss ich lächeln. »Danke, das ist ganz reizend von dir. Aber wenn ich so recht darüber nachdenke, dann möchte ich die Rache selbst in die Hand nehmen. Ich weiß zwar noch nicht, wie, aber da fällt mir schon was ein.«

»Verstehe ich. Selbst ist die Frau.« Er grinst mich an. »Finde ich gut. Obwohl ich auch sehr gerne mitmachen würde. Bist du sicher, dass du gar keine Hilfe brauchst?«

Ich nicke.

»Oder vielleicht verklagst du ihn? In Amerika, auf mehrere Millionen Dollar Schmerzensgeld?«

»Auch ein charmanter Gedanke. Aber ich glaube, es ist so, wie du schon sagtest – mich erkennen nur Eingeweihte. Da ist der liebe Ex-Anwalt kein Risiko eingegangen.«

»Ja, fast schade. Also doch einen auf die Schnauze?« Tom schiebt ebenso eifrig wie spielerisch seine Ärmel hoch, und obwohl mir wirklich zum Heulen zumute ist, muss ich lachen.

»Nein danke. Mir fällt schon etwas anderes ein.«

»Aber dann brauchst du vielleicht wenigstens einen Beschützer?« Ich schüttele den Kopf. »Keinen Beschützer.«

»Schade. Dann fahre ich wieder.«

»Gut. Wobei«, ich zögere einen Moment, »vielleicht brauche ich einen Assistenten.«

»Einen Assistenten? Zu Ihrer Verfügung, Frau Seefeld!«

»Sehr gut, Herr Weidner. Genau so liebe ich meine Volontäre!«

Sahnehäubchen: Roman
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