Was pfeift denn da?
Ach so. Der Wasserkessel. Was nehm' ich denn? Schwarzen oder Pfefferminz? So zwei davon … und in die Kanne. Das dauert. Ich hab es mir hier wirklich schön eingerichtet. Total den Seventies-Look getroffen. Die Hose hab ich schon lange nicht mehr ange..
»Hallo Nero!«
Nanu, wer ist denn da an der Tür? Klang wie …
»Julia?«
»Jaaa, wer denn sonst! Ich komm gleich zu dir in die Küche, aber ich hab noch etwas vergessen einzukaufen.«
Sie geht noch was einkaufen. Ach, da unten beim Gemüseladen.
»Vier Tomaten. Und darf es noch was sein? Ein Brot. Bitte sehr. Schönen Tag noch – und grüssen Sie mir den Nero!«
Sie benutzt den Schlüssel den ich ihr gegeben habe. Toll.
»Hallo, da bin ich wieder. Ich habe auch noch Brot gekauft. Das ist ganz schön teuer geworden. Wirklich teuer. Sag mal Nero, wenn Du nichts dagegen tust, dass das Brot immer teurer wird, das sag ich dir, dann werde ich dich verlassen. Ich werde einen anderen Mann heiraten.«
»Aber was soll ich denn gegen das teure Brot machen?«
»Was Du gegen das teure Brot machen sollst? Was soll ich denn gegen das teure Brot machen! Was soll ich denn gegen das teure Brot machen!«
Sie macht sich lustig über mich.
»Ja, ich mache mich lustig über Dich. Du interessierst dich überhaupt nicht für die Vorlesungen. Der Professor hat gesagt, das fing alles damit an, dass wir in die Häuser gezogen sind. Nero, Du kannst mir nicht erzählen, dass Du überhaupt nicht zugehört hast.«
»Doch, habe ich. Aber das ist alles so weit weg. Ja, wir sassen in der Vorlesung und er hat gesagt, das fing alles damit an, dass wir in die Häuser gezogen sind und die Reichen würden ausbeuten. Aber … «
»… was soll ich denn machen? Tja Nero, Sie besuchen meine Vorlesung jetzt schon fast drei Semester. Ich habe Ihnen von Sokrates erzählt, ich habe Ihnen von Kant erzählt und heute sage ich Ihnen, es ist Zeit aufzustehen. Fragen Sie Julia!«
»Ich finde er hat recht. Und ich werde jemand anderen heiraten, wenn Du nichts tust.«
»Moment mal. Ist es nicht so, dass du sowieso jemand anderes heiratest.«
Ich bin mir ganz sicher. Das ist ja wie früher in meiner Studienzeit. Aber das ist doch meine Wohnung in der ich, … damals? gewohnt habe?
»Sag mal Julia, bist Du nicht schon längst verheiratet?«
»Ja genau Nero. und Du träumst das alles nur. In Wirklichkeit bin ich ein alter Freund von Dir, der einen Gedankenverstärker erfunden hat. Wenn Du das jetzt glaubst, wird es interessant.«
»Aber Julia?«
»Ich bin nicht deine Julia, und im übrigen hast Du richtig erkannt, dass sie Dich für jemand anderen sitzen lässt. Nero! Du hast jetzt die Chance, wach zu träumen! Pass auf: Du liegst in einem Labor deines alten Studienfreundes, der gerade Deine Gedanken kontrolliert.«
»Aber das ist doch meine Wohnung!«
»Nein, Du denkst nur, dass sei deine Wohnung. Und weisst Du warum Du darauf bestehst? Weil das die schönste Zeit in deinem Leben war. Und ich habe dich ein bisschen davon träumen lassen.«
»Aber Julia? Wie kannst du denn die Zeit zurückholen?«
»Ich bin nicht Julia. Und man kann die Zeit nicht zurückholen. Dafür kann ich meine Gedanken so sehr verstärken, dass ich mir ausdenken kann, was Du träumst. Erinnerst Du dich noch an dieses Pfeifen vorhin (Unser Wissenschaftler lässt es noch einmal pfeifen). Woran erinnert Dich das?«
»An einen Wasserkessel.«
»Richtig! Also: ich liess es Pfeifen, und Du hast Dir dazu Deinen Wasserkessel in deiner Wohnung vorgestellt. Ich dachte an Tee – Du dachtest an Tee. Wie ich Dich dazu brachte an Julia zu denken erzähle ich dir besser nicht. Es könnte unsere Freundschaft belasten .. So, ich werde Dich jetzt aufwecken. Das reicht wirklich für heute.«
Man trifft sich am nächsten Tag wieder im Labor. Nero hat etwas auf dem Herzen:
»Ich habe von dem Professor geträumt. Er hat mir irgendwie Einzelunterricht gegeben. So viel Schwachsinn habe ich noch nie geträumt. Irgendwas von der Ungerechtigkeit in Häusern leben zu müssen. Und, dass der Zeitpunkt gekommen ist etwas dagegen zu tun, hat er erzählt.«
»Das, lieber Nero, war ganz normale Traumarbeit. Du hast letzte Nacht verarbeitet, woran ich Dich gestern hier Labor denken liess. Ich hatte wirklich den Eindruck, Du hast dich überhaupt nicht dafür interessiert. Aber wie man sieht, hast Du nicht nur Julia gesehen.«
»Ich glaube ich muss wirklich etwas tun.«