13. Kapitel

 

 

Noch bevor sie sich auf die Suche machen konnten, fragte Cass den attraktiven Russen, ob sie bei ihrem Anwalt einen kurzen Stopp einlegen konnten. Er zuckte nur mit den Schultern, und als das Taxi schließlich vor der Kanzlei hielt, bat sie ihn, kurz zu warten. Das würde nicht lange dauern. Immerhin kannte William sie schon, seit sie ein kleines Baby war. Carla, ihre Mutter, kannte er sogar noch länger. Sie hatten gemeinsam studiert, bevor Derek sie fast umgebracht hatte.

Sie fühlte sich in den geborgten Sachen von Alexej etwas unwohl, als sie die elegante Kanzlei betrat. Normalerweise war sie besser gekleidet, wenn sie William besuchte. Aber das hier war ja auch kein einfacher Besuch. Sie wollte ihre Ehe annullieren lassen. Da war es wohl egal, wie man aussah. Als sie auf sein Büro zulief, meldete sie sich kurz bei Williams Sekretärin an, die Cass verwundert musterte.

»Sie können ruhig rein. Er hat erst in einer Stunde einen Termin.« Cass nickte der jungen Frau freundlich zu und klopfte dann an Williams Tür. Sie wartete auf sein »herein« und betrat dann das helle Büro. Er saß nur im Hemd in seinem Bürostuhl und hatte neugierig aufgesehen, als sich die Tür geöffnet hatte.

»Hey William. Wie geht‘s dir?« Er stand von seinem Drehstuhl auf und kam ihr freudestrahlend entgegen.

»Cassandra. Schön dich zu sehen. Ist dein Mann gar nicht mitgekommen?« Sie warf ihm einen Blick zu, der ihm bedeutete, dass sie nicht glücklich über diese Frage war und erwiderte: »Deswegen bin ich hier. Du musst für mich die Scheidung einreichen.« Er wurde mit einem Mal blass.

»Aber, ich dachte ihr zwei ...« Cass setzte sich auf einen der zwei Stühle, die vor seinem Schreibtisch standen, und wartete mit ihrem Einwurf nicht, bis er sich gesetzt hatte.

»Er ... Wie soll ich das sagen? Das Bett einer Anderen war wohl interessanter als meins.« William verstand sofort und legte seine Hand mitfühlend auf ihre.

»Es tut mir leid. So hätte ich ihn nicht eingeschätzt. Bei der Hochzeit konnte er seine Augen kaum von dir losreißen.« Er schüttelte den Kopf, als ob er Josh nicht verstehen konnte.

Carla, ihre Mutter, hatte ihr an einem Abend, an dem der Lavendellikör recht großzügig geflossen war, eröffnet, dass William beim Studium versucht hatte, Carla ins Bett zu bekommen. Aber Verbindungen zwischen Wölfen und Menschen waren nicht so gern gesehen. Deswegen hatte sie ihn freundlich abblitzen lassen, wobei ihre Freundschaft bis heute bestand hatte.

»Wo wohnst du jetzt?«

»Im Hotel. Ich bin etwas überstürzt ausgezogen, also brauch ich mein Geld.« Er nickte und öffnete eine Schublade. Dann füllte er einen Zettel aus und reichte ihn ihr, zusammen mit einem kleinen Schlüssel.

»Zeig das in der Bank dem Direktor und er wird dich zu deinem Bankschließfach bringen. Kann ich sonst noch was für dich tun?« Er wirkte regelrecht geknickt. Schuldbewusst. Obwohl er nun wirklich überhaupt nichts dafürkonnte.

»So schnell wie möglich diese verdammte Scheidung durchbringen. Damit wäre mir sehr geholfen.« Damit stand sie auf und umarmte ihn zum Abschied herzlich. »Danke«, murmelte sie leise und verließ sein Büro.

Nachdem Cass in der Bank etwas Geld geholt hatte und sich gleich mit einer Kreditkarte ausstatten ließ, war Alex mit ihr ins Shopping-Center gefahren. Sie hatte sich vielmals entschuldigt, dass die Suche dadurch weiter verzögert würde. Aber Gentleman, wie er war, hatte er nur abgewunken und gesagt, dass er durch ihre Hilfe eine riesige Zeiteinsparung haben würde. Immerhin hatte er in den Wochen, die er schon hier war, noch nichts von seiner Tochter gesehen. Cass kannte sich in Alexandria aus und würde auch den kleinsten und verstecktesten Unterschlupf finden.

 

Am späten Nachmittag saß Josh abwesend an seinem Schreibtisch und versuchte sich mit einigen unerledigten Unterlagen von der Situation abzulenken, als mit einem leisen Klopfen die Tür aufging. Er hatte den anderen gesagt, dass er keine Störung wünschte, aber er hatte es sich wahrscheinlich bei allen etwas verscherzt, nachdem rausgekommen war, was er Cass angetan hatte. Sogar das Kindermädchen sah ihn grimmig an, obwohl sie Cass nicht sonderlich gut leiden konnte.

Lydia hatte ihr Zimmer heute nicht ein einziges Mal verlassen und verkroch sich sogar vor ihm. Als er gestern versucht hatte mit ihr zu reden, hatte sie einfach nicht reagiert. Dabei hatte er sich entschuldigen wollen. Er hatte nicht nur Cass betrogen, sondern auch Lydia Hoffnungen gemacht, die er nie erfüllen konnte.

Er hob seinen Kopf und sah zur Tür, wo William geduldig wartete. Mit ihm hatte er am wenigsten gerechnet. Obwohl er ab und zu vorbei kam, um Cass zu besuchen. Er war einer der wenigen eingeweihten Menschen, die von den Wölfen wussten. Und er hatte bis jetzt noch kein Sterbenswörtchen darüber verloren. Etwas, was ihn in Joshs Augen im Ansehen hatte stark steigen lassen. Josh zwang sich zu einem Lächeln und stand auf, um ihn zu begrüßen.

»Hallo William. Kommen sie doch herein. Möchten sie etwas trinken?« William schüttelte den Kopf.

»Ich bin leider nicht in erfreulichen Absichten hier.« Er kramte in seiner Aktentasche und holte einen kleinen Stapel Papiere heraus. Nachdem er sie Josh in die Hand gedrückt und dieser sie kurz überflogen hatte, wurde Josh kreidebleich.

»Sie hat die Scheidung eingereicht?« Wie ein Wassersack ließ er sich auf seinen Stuhl fallen und schmiss die Papiere auf den Tisch. William stand immer noch vor ihm und sah ihn mit einer Mischung von Verständnis und Ernüchterung an. Cass musste wirklich schwer von Josh enttäuscht sein, wenn sie sofort die Scheidung eingereicht hatte.

»Heute Morgen. Es tut mir leid, dass ich der Überbringer der schlechten Nachricht sein muss.« Josh schüttelte resigniert den Kopf. Er war selbst daran schuld. Dieser Moment der Schwäche hätte ihn nie so überfallen dürfen. Seine Lust hatte ihn schwachgemacht, so wie sie seinen Vater auch immer wieder schwachgemacht hatte.

Aber sein Vater musste sich nicht zurückhalten, weil seine Frau keine Kinder mehr bekommen durfte. Er hatte eine liebende Frau, die alles für ihn tun würde. Das hatte Josh zwar auch, aber er musste aufpassen, weil er sonst das wichtigste in seinem Leben verlieren könnte. Und das wollte er nicht.

»Sie sind ja nicht daran schuld. Ich hab die Sache verbockt.« Und er würde sie wieder in Ordnung bringen. Schon früher hatte er Cass immer wieder herum bekommen können. Und wenn er sie dazu verführen musste, dann würde er es tun. Es gab ja auch noch andere Möglichkeiten, außer Sex, um eine Frau an sich zu binden.

Und Cass hatte seine oralen Fähigkeiten schon immer geliebt.

 


Woelfe der Macht
titlepage.xhtml
CR!1G7KZFSAY17QK04A6Z6FBC188S6R_split_000.html
CR!1G7KZFSAY17QK04A6Z6FBC188S6R_split_001.html
CR!1G7KZFSAY17QK04A6Z6FBC188S6R_split_002.html
CR!1G7KZFSAY17QK04A6Z6FBC188S6R_split_003.html
CR!1G7KZFSAY17QK04A6Z6FBC188S6R_split_004.html
CR!1G7KZFSAY17QK04A6Z6FBC188S6R_split_005.html
CR!1G7KZFSAY17QK04A6Z6FBC188S6R_split_006.html
CR!1G7KZFSAY17QK04A6Z6FBC188S6R_split_007.html
CR!1G7KZFSAY17QK04A6Z6FBC188S6R_split_008.html
CR!1G7KZFSAY17QK04A6Z6FBC188S6R_split_009.html
CR!1G7KZFSAY17QK04A6Z6FBC188S6R_split_010.html
CR!1G7KZFSAY17QK04A6Z6FBC188S6R_split_011.html
CR!1G7KZFSAY17QK04A6Z6FBC188S6R_split_012.html
CR!1G7KZFSAY17QK04A6Z6FBC188S6R_split_013.html
CR!1G7KZFSAY17QK04A6Z6FBC188S6R_split_014.html
CR!1G7KZFSAY17QK04A6Z6FBC188S6R_split_015.html
CR!1G7KZFSAY17QK04A6Z6FBC188S6R_split_016.html
CR!1G7KZFSAY17QK04A6Z6FBC188S6R_split_017.html
CR!1G7KZFSAY17QK04A6Z6FBC188S6R_split_018.html
CR!1G7KZFSAY17QK04A6Z6FBC188S6R_split_019.html
CR!1G7KZFSAY17QK04A6Z6FBC188S6R_split_020.html
CR!1G7KZFSAY17QK04A6Z6FBC188S6R_split_021.html
CR!1G7KZFSAY17QK04A6Z6FBC188S6R_split_022.html
CR!1G7KZFSAY17QK04A6Z6FBC188S6R_split_023.html
CR!1G7KZFSAY17QK04A6Z6FBC188S6R_split_024.html
CR!1G7KZFSAY17QK04A6Z6FBC188S6R_split_025.html
CR!1G7KZFSAY17QK04A6Z6FBC188S6R_split_026.html
CR!1G7KZFSAY17QK04A6Z6FBC188S6R_split_027.html
CR!1G7KZFSAY17QK04A6Z6FBC188S6R_split_028.html
CR!1G7KZFSAY17QK04A6Z6FBC188S6R_split_029.html
CR!1G7KZFSAY17QK04A6Z6FBC188S6R_split_030.html
CR!1G7KZFSAY17QK04A6Z6FBC188S6R_split_031.html
CR!1G7KZFSAY17QK04A6Z6FBC188S6R_split_032.html
CR!1G7KZFSAY17QK04A6Z6FBC188S6R_split_033.html
CR!1G7KZFSAY17QK04A6Z6FBC188S6R_split_034.html