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Im Fitnessraum des Ritz-Carlton gab’s keinen Sandsack. Und auch keinen Speedball. Also musste sich Daniel mit Liegestützen, Bauchpressen und Seilspringen begnügen. Beim Training machte er sich Gedanken über diesen PapaLegba, der anonym Kontakt mit ihm aufgenommen hatte.

Wahrscheinlich jemand, der wusste, dass Daniel aus New Orleans stammte, daher dieser Benutzername. Jemand mit den Mitteln, seinen Computer zu hacken und die Kontrolle über seinen Instant Messenger zu übernehmen. Aber wer? Und warum?

Vielleicht Conrad Winter, der ihm Knüppel zwischen die Beine werfen wollte.

Vielleicht auch nicht. Er hatte nicht genug Anhaltspunkte, um sicher sein zu können, dass er es war. Deshalb beschloss Daniel, nicht mehr daran zu denken und sich nicht irre machen zu lassen. Schließlich hatte er einen Auftrag zu erledigen.

Er ging kurz in die Sauna und dann wieder auf sein Zimmer, um zu duschen und zu frühstücken.

Als er gerade den letzten Schluck Kaffee nahm, bekam er eine E-Mail. Von Gerry, dem Toningenieur von der Emory University. Darauf hatte er gewartet.

Von: gerrymander@emory.edu

An: d-byrne@live.com

Betreff: Unsere Ergebnisse …

Padre,

Sie hatten mich nur gebeten, drei Sendungen zu untersuchen, aber ich konnte mich nicht bremsen … Ich habe es zu meiner persönlichen Aufgabe gemacht. Also habe ich mir alles vorgenommen (Niederschriften und Audio-Dateien). Schlechte Neuigkeiten. Ich habe die Audio-Dateien (UND die Videos) von Ihrem falschen Heiligen allen verfügbaren Tests unterzogen und konnte keine elektronische Manipulation feststellen. Es scheint alles echt zu sein, eine andere Erklärung habe ich nicht. So was ist mir noch nie untergekommen. Ganz schön gruselig.

Also wenn Sie sonst noch was brauchen, sagen Sie Bescheid.

Gerry

Also hatte sich Trinity einen Trick ausgedacht, den vor ihm noch nie jemand benutzt hatte. Na ja, warum nicht? Man konnte ihm einiges nachsagen: Er war kindisch, egozentrisch, unmoralisch, aber dumm war er ganz bestimmt nicht.

Daniel klickte zweimal eine der angehängten Dateien an und eine Niederschrift öffnete sich auf seinem Bildschirm. Noch ein Wetterbericht. Trinity warnte vor sintflutartigen Regenfällen in Charleston.

Sintflutartig. Daniel konnte sich nicht erinnern, dieses Wort in den Niederschriften gelesen zu haben, die Nick ihm gegeben hatte. Er öffnete die entsprechende Audio-Datei von Gerry und lauschte. Sintflutartig, kein Zweifel. Er prüfte den Sendetermin und nahm die entsprechende Niederschrift aus dem Aktenordner. In Giuseppes Niederschrift benutzte Trinity das Wort »sintflutartig« nicht … denn da kündigte er Sonnenschein an. Und dies sollte eine von den Vorhersagen sein, bei denen Trinity sich geirrt hatte.

Aber Trinity hatte nicht Sonnenschein prophezeit, sondern Regen.

Ein kalter Schauer lief durch Daniels Arm, als er die Akte durchblätterte und Trinitys nächste falsche Voraussage herausnahm.

Image

Zwei Stunden später versuchte Daniel immer noch, aus der Sache klug zu werden. Er überprüfte alles doppelt und dreifach, las, lauschte und lauschte immer wieder. Er suchte im Internet nach Wetterberichten, Sportergebnissen und was Trinity sonst noch vorhergesagt hatte.

Seine bisherigen Prophezeiungen hatten sich bewahrheitet.

Allesamt.

Vielleicht hatte Trinity ja einen Meteorologen vom Wetteramt auf seiner Gehaltsliste … aber wie waren die vorhergesagten Sportergebnisse zu erklären? Die Spiele konnten doch unmöglich alle manipuliert worden sein, oder? Und was war mit den Verkehrsunfällen? Daniel dachte lange darüber nach. Dann schrieb er eine Antwort an Gerry.

Von: d-byrne@live.com

An: gerrymander@emory.edu

Betreff: RE: Unsere Ergebnisse …

Gerry,

vielen Dank für Ihre Hilfe. Trinitys Sendungen unter der Woche sind Wiederholungen, aber jeden Sonntag wird eine neue ausgestrahlt. Könnten Sie die von morgen aufzeichnen und entschlüsseln? Die Niederschrift kann ich selbst erledigen. Wenn Sie mir einfach nur die Audio-Datei mit den umgekehrten Zungenreden schicken könnten, das würde mir schon sehr weiterhelfen.

Nochmals vielen Dank,

D.

Daniel klappte seinen Laptop zu und versuchte, sich einen Reim auf die Sache zu machen. Jedoch fielen ihm mehr Fragen als Antworten ein. Allem Anschein nach standen aber zwei Dinge fest:

Trinity sagte die Zukunft jedes Mal richtig voraus, auch wenn unklar war, wie er das anstellte.

Und die Niederschriften des Vatikans waren verändert worden, um genau diese Tatsache zu verschleiern.