5. KAPITEL
Zum Glück neige ich nicht zu exzessivem Trinken oder Wutanfällen, dachte Jessie und schluckte zwei Aspirin, eher gegen die durch Joshua verursachten Kopfschmerzen als gegen die Krämpfe. Sie blickte auf ihren Kalender.
Sie war nicht schwanger.
Ihr Zyklus war zwar eher unregelmäßig, aber trotzdem gab es keinen Zweifel. Die Enttäuschung war wie ein Faustschlag in den Magen. Ihr Hals war seit Stunden zugeschnürt, die Augen glänzten vor ungeweinten Tränen.
Die Treffen mit Joshua entwickelten sich immer mehr zu richtigen Dates. Und sie wollte mit diesem verfluchten Mann keine Dates haben. Es war, als ob das Schicksal ihr ein Schnippchen schlagen wollte, als ob die Götter forderten, dass sie ihn erst richtig kennenlernen müsse, bevor sie ihr ein Kind schenkten.
Jessie ging die Treppe hinunter zu ihrem Studio. Sie wusste alles, was sie über Joshua Falcon wissen musste. Er war ungeduldig, arrogant, gebieterisch und unhöflich. Außerdem war er ein großzügiger, rücksichtsvoller und wunderbarer Liebhaber. Sie stöhnte auf. Zwar behauptete sie ihren Freunden gegenüber, dass die Beziehung mit Joshua nichts Persönliches war, doch sie wurde von Tag zu Tag intensiver.
Das gefiel ihr überhaupt nicht. Er sollte in ihrem Leben nur einen einzigen Zweck erfüllen. Und das durfte sie niemals aus den Augen verlieren. Es nützte nichts, zu jammern und zu klagen. Wenn sie nicht schwanger war, dann war das nicht zu ändern. Noch nicht.
Sie musste einfach weitermachen, bis es geklappt hatte.
Sie trat einen Schritt zurück und betrachtete mit verschränkten Armen die Tapetenmuster auf dem dreihundert Jahre alten Esstisch, den sie für einen Spottpreis erstanden hatte, und stellte sich das Muster und die Struktur zusammen mit allen andern Möbeln im Wohnzimmer ihres Kunden vor.
Ihr eigenes Heim hatte sie in den Grund- und Sekundärfarben eingerichtet, die sie so liebte. Auf dem sonnengelben Leinensofa lagen blaue, rote und grüne Plüschkissen. Überall standen Tontöpfe mit Gräsern oder Ästen. In den großen Spucknapf aus Kupfer auf ihrem Zeichentisch hatte sie den Strauß aus Iris und Narzissen gestellt, den Joshua ihr vor ein paar Tagen geschickt hatte.
Ihr Kunde, ein ehemaliger Zahnarzt, bestand auf viktorianischen Möbeln und Laura Ashley. Langsam ging Jessie noch weiter zurück, formte mit ihren Händen einen Rahmen, durch den sie das Stillleben auf dem Tisch beäugte. „Perfectomundo!“ Sie knallte gegen einen harten Körper. „Joshua.“ Sie fiel in seine Arme.
Er hob ihr Gesicht und begann sie hungrig zu küssen. Jessie schlang die Arme um seinen Hals, zog ihn fest an sich und seufzte, als er mit den Händen unter ihre Flanelljacke rutschte und ihre nackte Haut berührte.
Einen Tag nach dem Unfall mit Billy hatte sie Joshua einen Schlüssel gegeben, den er heute zum ersten Mal benutzte.
Sie genoss das Gefühl, wie seine starken Hände ihren Rücken streichelten. „Was tust du hier?“
„Wenn das nicht ganz klar ist, lässt meine Technik offenbar zu wünschen übrig“, entgegnete er trocken. „Ich wollte dich zum Abendessen einladen. Wie wäre es heute mit japanisch?“
„Wunderbar.“ Jessie machte sich los. Es wurde langsam viel zu leicht, sich von ihm berühren zu lassen. Und es war viel zu herrlich, wenn er seine Lippen auf ihre drückte. Sie spazierte durchs Zimmer, ließ sich dann auf ihren Stuhl fallen und speicherte ihre Dateien auf dem Computer ab. „Ich liebe japanisch.“ Sie blickte zu ihm auf. „Ich hatte eigentlich erwartet, dass es kompliziert werden würde, mich deinem Lifestyle anzupassen, aber so schlimm ist es gar nicht.“
„Du würdest sämtliche Paparazzi der Welt in Kauf nehmen, wenn du nur was zu essen kriegst.“
„Die Reisen sind auch nicht übel.“ Sie wollte ihn anfassen, aber sie ließ ihre Hände auf der Tastatur.
„Sehr gut, denn wir werden heute Abend in Tokio japanisch essen.“
Sie hätte wissen müssen, dass mit Joshua nichts unkompliziert sein konnte.
„Nicht wir, Joshua.“ Jessie schloss das Buch mit den Tapetenmustern, wandte sich von ihrem Computer ab und legte den Arm auf die Stuhllehne. Joshua mit seinem dunklen Geschäftsanzug, der blaugrünen Krawatte und dem zurückgekämmten Haar wirkte kühl und geschäftsmäßig. Wie immer. Ihr war klar, dass sie selbst schrecklich aussehen musste, das Haar hatte sie irgendwie hochgedreht und mit ein paar Bleistiften festgesteckt. Sie war völlig ungeschminkt und trug eine ausgewaschene Jeans und ihr grünes Lieblings-T-Shirt, das ihr bis zu den Knien reichte. Sie hatte nicht mit ihm gerechnet. Morgens war er normalerweise in seinem Büro in der Stadt.
Sie hatte um drei Uhr seine Wohnung verlassen, und jetzt, sieben Stunden später, bestand er darauf, dass sie für einen Kurztrip nach Japan ihre Sachen packte. Darüber hatte er vergangene Nacht kein Wort verloren.
Sein Blick wurde kalt, distanziert. Es ärgerte ihn, dass sie ihn nicht begleiten wollte. Er presste die Lippen zusammen. „Teil unserer Abmachung ist, dass du mich auch auf Geschäftsreisen begleitest. Ich fliege in zwei Stunden. Du musst nicht viel packen. In Tokio wirst du zum Einkaufen ausreichend Zeit haben.“
„Sag mir bitte nicht, was ich zu tun habe, Joshua. Ich habe Nein gesagt, und dabei bleibt es.“ Joshua versuchte immer, sie mit Einkaufstrips zu ködern. Das war offensichtlich für seine früheren Frauen ein überzeugendes Argument gewesen. Vielleicht sollte sie froh darüber sein, dass ihm nicht auffiel, wie anders sie war.
Es hatte ihm nicht gefallen, als sie den BMW abgelehnt hatte, den er ihr vor ein paar Wochen hatte liefern lassen. Er konnte nicht begreifen, warum sie so an ihrer alten Celica hing.
„Ich habe jede Menge Kleider – darum geht es nicht. Du musst mich einfach rechtzeitig benachrichtigen. Ich habe Kunden, um die ich mich kümmern muss, und zwei Chefs, die sich auf mich verlassen.“
Mit bewegungslosem Gesicht vergrub Joshua die Hände in den Manteltaschen. Die helle Morgensonne schien in das Studio, und Jessie bemerkte, wie müde er aussah. Jedes einzelne Haar saß am richtigen Platz, und sein tadelloser Anzug und das weiße Hemd wiesen nicht eine einzige Falte auf. Doch auf seinem Gesicht war die Erschöpfung ganz deutlich zu erkennen. Dieser Mann arbeitete viel zu viel und zu lang.
Ihr Ton wurde weicher. „Ich bin wirklich gerne mit dir zusammen, das weißt du. Aber wir sind erst vor zehn Tagen aus Griechenland zurückgekommen …“
„Das hier ist rein geschäftlich. Das ist etwas ganz anderes als auf der Jacht.“
„Es wird immer das Gleiche sein“, entgegnete Jessie sarkastisch. Sie hatten sieben Tage auf seiner Jacht im ägäischen Meer verbracht. „Ich habe dich auch da immer erst nach Sonnenuntergang zu Gesicht bekommen.“
Während die Männer in dem luxuriösen Salon über Geschäfte gesprochen hatten, hatten sich die Frauen an Deck gebräunt. Es hatte jede Menge Kellner gegeben, die griechische Sonne hatte auch die letzten blauen Flecken von Jessies Haut verschwinden lassen, und sie hatte sich die ganze Zeit über die Ehefrauen oder Geliebten der anderen Männer amüsiert, die wie Trophäen zur Schau gestellt wurden. Allerdings betrachtete sie jede Zeit als verschwendet, solange sie sie nicht mit Joshua im Bett verbrachte. Es waren ihre fruchtbarsten Tage gewesen. Nur deshalb hatte Jessie eilig ihre Termine verschoben.
„So viel Spaß es mir auch bereiten würde, ich kann nicht einfach spontan eine Woche freinehmen. Ich muss diese Arbeit noch beenden und treffe Dr. Low dann am Freitag.“
„Soll Conrad doch hingehen.“
„Con ist Architekt, kein Raumausstatter. Davon abgesehen: Jenn ist mein Kunde, Joshua.“ Sie stand auf und legte ihm die Arme um den Hals. Obwohl er sich offensichtlich nicht umstimmen lassen wollte, senkte er doch den Kopf und ließ es zu, dass sie ihn küsste.
Es gab nur einen Ort, an dem sich Joshua Falcon nicht einhundert Prozent unter Kontrolle hatte, und das war das Schlafzimmer. Sie wollte, dass er zumindest in dieser Hinsicht Wachs in ihren Händen war, und das war er. Sie wollte nicht darüber nachdenken, warum ihr das so ungeheuer wichtig war, warum sie das Gefühl brauchte, Macht über ihn zu besitzen. Sie wollte, dass er in ihren Armen dahinschmolz. Sie spürte, wie sein Körper langsam weniger steif wurde. Seine Lippen waren warm und lebendig. Als ihre Zungen sich berührten, zuckte sie kurz zusammen. Sie spürte seine Erektion an ihren Jeans.
Joshua umarmte sie fester, hob sie auf die Zehenspitzen und vergrub eine Hand in ihrem Haar. Sie hörte, wie die Bleistifte auf ihren Zeichentisch fielen, als Joshua sie nach hinten bog und sanft an ihrer Unterlippe saugte.
Plötzlich packte er ihre Handgelenke, löste sich aus ihrer Umarmung und ging einen Schritt zurück. „Komm mit mir, Jessie.“
„Nein. Tut mir leid, dich enttäuschen zu müssen, Joshua. Aber ich habe auch ein Leben. Meine Arbeit ist mir wichtig, und wenn ich eine Verpflichtung mit einem Kunden eingehe, werde ich mich verdammt noch mal daran halten.“
„Du hast eine Verpflichtung …“ sagte er barsch und umfasste ihre Handgelenke noch fester. „Mir gegenüber. Und das ist viel wichtiger.“
Jessie entwand sich seinen Fingern. Sein Griff hatte nicht wehgetan, und er ließ sie auch umgehend los. An den Tisch gelehnt warf sie ihm einen kalten Blick zu. Trotz ihres wild schlagenden Herzens versuchte sie, ruhig zu atmen. Er war so kalt wie der Frühlingswind, der draußen durch die Bäume strich.
„Ich werde mit diesen Kunden auch nächstes Jahr zusammenarbeiten, vermutlich auch übernächstes.“
Sein Mund wurde zu einer schmalen Linie. Er verstand, was sie sagen wollte.
„Mit meinen Kunden werde ich lange zu tun haben, Joshua. Du hingegen wirst dich nächsten Januar nicht einmal mehr an meinen Namen erinnern. Ich werde Geliebte Nummer …“, sie wedelte mit der Hand, „… was auch immer sein.“ Sie kreuzte ihre Finger hinter dem Rücken, weil sie gelogen hatte. Weil sie behauptet hatte, sie würde im Januar noch immer bei ihm sein. Dabei wollte sie spätestens nächsten Monat aus seinem Leben verschwinden.
„Ich werde zwei Wochen weg sein.“ Joshua betrachtete sie prüfend. Sie hatte keine Ahnung, worauf er wartete. Auf eine Kapitulation?
„Ich wünsche dir einen guten Flug.“
Eine lange Pause entstand. „Ich möchte, dass du das Ressort einrichtest, das ich in Tokio baue.“
Jessie schloss die Augen und seufzte innerlich. Das Multimillionenprojekt in Tokio war tatsächlich eine große Versuchung.
„Ich berate lieber private Kunden.“ Immer wieder hatte sie sich eingebildet zu wissen, was er dachte, und immer wieder musste sie feststellen, dass sie sich täuschte. Dieser Mann brauchte überhaupt nichts und niemanden. Wenn er sie in Tokio dabeihaben wollte, dann nur, weil es für ihn von Vorteil war.
Er hatte ihr mehrfach gesagt, was für eine wunderbare Gastgeberin sie war, wie gut sie sich mit seinen Geschäftspartnern und deren Frauen und Freundinnen verstand. Nun, dieses Mal musste er sich selbst um die Unterhaltung kümmern. Sie hatte anderes zu tun. Davon mal abgesehen war er schuld daran, dass sie unter PMS litt.
Sie lehnte sich über den Tisch und schlug den Kalender auf. „Lass uns diesen Trip rechtzeitig planen, dann kann ich mir Zeit nehmen …“
„Bis du so weit bist“, sagte Joshua mit einer Stimme, die scharf genug war, um Eis zu zerschneiden, „habe ich bereits Evelyn Van Roosmalen unter Vertrag genommen.“ Er knöpfte seinen dunkelblauen Kaschmirmantel zu und schlenderte zur Tür. „Ich bitte niemals eine Frau, Jessie.“ Er griff nach der Klinke. „Deine Antwort reicht. Ich werde dich nicht noch mal fragen.“
„Joshua …“ Er schloss die Tür leise hinter sich.
„Verdammt!“ Jessie warf sich auf den Stuhl. „Verflixt und zugenäht!“
Joshua schob den Papierkram zur Seite, auf den er sich seit drei Stunden zu konzentrieren versuchte. Diese verdammte Frau! Sie war seine Geliebte, Himmelherrgott noch mal! Was zur Hölle wollte sie eigentlich? Nie zuvor hatte er eine Frau gekannt, die ihm immerzu das Gefühl gab, durch brennende Reifen zu springen. Und sie schien das nicht einmal mit Absicht zu tun.
Sie beschwerte sich nie, war meist mit allem einverstanden und störte seinen Arbeitsalltag nicht im Geringsten. Er hatte sich daran gewöhnt, dass sie abends bei ihm zu Hause auf ihn wartete. Und daran, mit ihr gemeinsam das Abendessen zu kochen. Und es hatte ihm verdammt gut gefallen, sie nachts in seinem Bett zu haben.
Inzwischen fand er es sogar schon eher lästig, sie mitten in der Nacht wieder nach Hause zu schicken. Normalerweise war er derjenige, der nach dem Sex ging. Aber sie weigerte sich, ihn bei sich übernachten zu lassen.
Neben einer Frau aufzuwachen hatte ihm irgendwie immer das Gefühl von Nähe gegeben, die er keinesfalls wollte, eine Vertrautheit, die er nie wirklich empfunden hatte. Auf diese Weise war sein Sexleben einfach verlaufen – schnell, befriedigend und unpersönlich. Intimität war etwas anderes. Intimität bedeutete, verletzlich zu sein und die Kontrolle zu verlieren.
Vermutlich war es gut, dass die Affäre mit Jessie Adams vorbei war.
Joshua starrte auf die Wolken, die am Fenster des Flugzeugs vorbeizogen. In der Kabine war es kühl, so wie er es mochte. Nur dass er ganz schwach Jessies Parfüm in der Luft riechen konnte. Dabei war sie seit ihrer Reise nach Griechenland nicht mehr in seinem Flugzeug gewesen. Die Maschine war seitdem mehrfach gereinigt worden, und doch war ihr Duft noch präsent. Was ihn ärgerte. Joshua notierte schnell, dass die Crew das Flugzeug erneut schrubben sollte, und drückte dabei so fest auf den Stift, dass das Papier zerriss.
Schon früh war er dazu gezwungen gewesen, emotional unabhängig zu bleiben. Er hatte seine Lektion gelernt. Für ihn war es verdammt schwer, überhaupt jemandem zu vertrauen. Aber, verflucht, er wollte Jessie so gerne vertrauen. Und zwar so sehr, dass er manchmal alle Vorsicht fahren ließ, wie ein kriechender Hund, der um Streicheleinheiten bettelt.
Aus den Lautsprechern erklang ein verträumter Walzer von Brahms. Dazu hätte Jessie bestimmt gerne getanzt, hätte ihren schlanken Körper an ihn gepresst und ihm die Arme um den Hals gelegt. Ihr herrlich duftendes Haar hätte ihn am Kinn gekitzelt, während sie die Melodie ein wenig falsch mitgesummt hätte. Joshua ließ seinen Kopf gegen die Nackenstütze sinken und schloss die Augen. Schmerzen pochten in seinen Schläfen.
Wie konnte sie nur glauben, dass er angerannt kam, sobald sie mit den Fingern schnipste. Er brauchte sie nicht. Er brauchte überhaupt keine Frau, und am allerwenigsten sie. Sie war zu groß, und ihre Brüste waren verdammt noch mal viel zu klein …
Er wünschte, er hätte nicht an ihre Brüste gedacht, weil ihn das – wie alles an dieser Frau – erregte.
Hätte er sie doch nur nie kennengelernt. Niemals ihre weichen, vollen Lippen geküsst, sie niemals in den Armen gehalten oder ihre samtene Haut unter seinen Händen gespürt. Hätte sie doch niemals verschwitzt und keuchend unter ihm gelegen und seinen Namen gerufen, während ihr schmaler Körper immer und immer wieder erschauerte.
Er war schließlich nicht mehrfacher Millionär geworden, indem er sich von anderen hatte Vorschriften machen lassen. Er hatte das Sagen, und entweder die Leute gehorchten ihm, oder sie wurden eben aus seinem Leben gestrichen. Jeden Tag musste er Tausende von wichtigen Entscheidungen treffen. Und für Tausende Mitarbeiter waren seine Worte Gesetz. Jessie Adams war gefährlich. Sie erinnerte ihn an Dinge, die er nie gehabt hatte.
Erst vor fünf Stunden hatte er Jessie verlassen, und schon schrie sein Körper nach ihr. Er umklammerte die Armlehnen so fest, dass seine Knöchel weiß hervortraten. Er hatte sich schon viel zu sehr auf sie eingelassen. Selbstverständlich nicht emotional. Aber körperlich. Sein Körper brauchte sie wie eine Droge. Noch nie zuvor hatte es mit einer Frau sexuell dermaßen gut funktioniert, das war alles.
Jede andere Geliebte, die sich so verhalten hätte wie Jessie heute, hätte er sofort zum Teufel gejagt.
Verdammt, er hatte ja noch nicht mal Kontakt zu seiner Mutter, seit sie die Familie verlassen hatte, als er noch ein Kind war. Und heutzutage war er noch weit weniger versöhnlich als damals. Er hatte das Pech, dass zwei genusssüchtige, kaltschnäuzige Menschen zufällig seine Eltern waren. Seine Mutter war nur schwanger geworden, um Joshuas reichen und völlig unromantischen Vater an Land zu ziehen. Sie war bereits Ehefrau Nummer fünf gewesen, die Einzige, mit der er ein Kind hatte. Die Ehe dauerte drei Jahre. Joshua war immerzu Gegenstand ihrer Machtspielchen gewesen.
Niemand hatte ihn gewollt, obwohl beide um ihn gekämpft hatten. Ihnen war es dabei aber nur um Geld und Macht gegangen. Wenn er bei seinem Vater war, wollte seine Mutter ihn zurückhaben. Wenn er bei seiner Mutter war, schossen ihre Ausgaben in unglaubliche Dimensionen, gnadenlos quetschte sie seinen Vater aus. Bis sein Onkel Simon und der Familienanwalt darauf drangen, dass der kleine Joshua in ein Internat geschickt wurde, wo er gar nicht erst damit rechnen musste, dass sich jemand für ihn interessierte, und deshalb auch nicht enttäuscht werden konnte.
Seine Mutter hatte er also nie wiedergesehen. Sein Vater starb an einem Herzinfarkt, als Joshua siebzehn war.
Joshua richtete sich hastig auf und starrte wieder auf seine Unterlagen. Zum Teufel mit Jessie. Sie war diese Innenschau überhaupt nicht wert. Wenn er seine Geliebte aufforderte, zu springen, dann durfte sie höchstens fragen, wie hoch.
Er blickte auf sein Handy. Er könnte sie anrufen und ihr noch eine Chance geben. Er würde schon sicherstellen, dass es sich dabei nur um eine Gnadenfrist handelte. Schließlich war es verdammt lästig, sich eine neue Bettgefährtin zu suchen, wo er gerade so viel zu tun hatte.
Joshua schnappte sich sein Handy.
Jessie kämpfte gerade mit zwei großen Einkaufstüten, als das Telefon klingelte. Schnell stellte sie die Tüten in der Küche ab. Ihr Herz machte einen unverständlichen Satz. Joshua. Äpfel rollten aus der Tüte, und Eier zerschlugen auf den Fliesen. In der Sekunde, in der sie zum Hörer greifen wollte, hörte das Klingeln auf.
Jessie nahm trotzdem ab. Einen Augenblick lang stand sie nur da, betrachtete die Eier auf ihrem sauberen Küchenboden und drückte sich den Hörer an die Brust. Ihr Herz schlug viel heftiger, als ein kurzer Sprint durch die Küche rechtfertigte.
Langsam legte sie wieder auf.
* * *
Mai
Joshua hatte in den vergangenen drei Wochen, in denen er verreist war, nicht ein einziges Mal angerufen. Zwar hatten sich ungewöhnlich viele Leute bei ihr gemeldet, ohne auf den Anrufbeantworter zu sprechen, doch Jessie war sich sicher, dass Joshua irgendeinen markigen Spruch hinterlassen hätte. Reiner Zufall, dass das Band so oft angesprungen war, ohne dass jemand eine Nachricht hinterließ.
Seine Abwesenheit war unerträglich. Schon wieder waren ihre fruchtbaren Tage gekommen und gegangen. Dieser Idiot, zumindest hätte er mal anrufen können. Er war eine Woche länger weggeblieben, als er angekündigt hatte.
Die riesigen schwarzen Eisentore öffneten sich, der goldene Falke mit den weit ausgebreiteten Flügeln teilte sich in der Mitte. Sie fuhr mit ihrem fünf Jahre alten Toyota über das Kopfsteinpflaster zum Haus. Es war im Stil der englischen Tudor-Gotik auf sechs Morgen des besten Landes südlich von San Francisco erbaut.
Prachtvoller Rasen und große Blumenbeete mit herrlich bunten Frühlingsblumen begrenzten den langen Weg zu Joshuas privatem Anwesen.
Die vergangenen Wochen waren nur schleichend vorbeigegangen, obwohl sie sich jede Menge Arbeit aufgehalst hatte. Er hatte es nicht einmal für nötig befunden, sie an diesem Morgen persönlich anzurufen. Eine seiner Sekretärinnen hatte einen „Termin“ für Donnerstagabend um neunzehn Uhr vereinbart. Typisch Joshua. Er war noch immer beleidigt, weil sie nicht mit ihm geflogen war. Und sie würde ihm sicher nicht verraten, dass sie beinahe ein Ticket gebucht und ihn in Tokio überrascht hätte.
So langsam verzweifelte sie. Vielleicht sollte sie ihre sexuellen Treffen nicht nur auf die fruchtbaren Tage beschränken. Vielleicht sollte sie einfach auf das hören, was ihr Körper ihr sagte, und so oft wie nur möglich mit ihm schlafen. Schließlich gab es doch das Gesetz der Serie.
Sie parkte neben einem Beet rosafarbener Tulpen. Eine steife Brise spielte mit ihrem Rocksaum, als sie aus dem Auto hüpfte. Vielleicht hätte sie sich etwas konservativer kleiden sollen. Sie trug einen langen, gekräuselten Rock, eine schulterfreie Bluse, und mit ihrem in wilden Locken über die Schultern fallenden Haar sah sie aus wie eine Zigeunerin. Nicht gerade die passende Kleidung für einen Tag im Mai, aber sie hatte sich dermaßen oft umgezogen und am Ende festgestellt, dass sie bunte Farben für ihr Selbstbewusstsein brauchte. Schnell rannte sie die flachen Stufen hinauf zu der schwarzen Eingangstür. Sie zitterte. Die Frühlingsluft kühlte ihre nackten Arme und ließ die goldenen Glöckchen an ihren Ohrringen klimpern.
Die Tür war nur angelehnt. Sie rieb sich die Arme und trat in die dunkle Eingangshalle aus schwarzem und grauem italienischen Marmor. So oft war sie inzwischen hier gewesen, dass sie sich auch blind zurechtgefunden hätte.
Wie gerne hätte sie diese unpersönlich eingerichtete Villa umgestaltet. Mutige Farben, dachte sie, als sie die Tür hinter sich schloss. Aquamarin und Ocker, Gold und königliches Rot. Sie würde die langweiligen Gardinen von den großen Fenstern reißen, damit das Sonnenlicht hineinströmen und sowohl dieses Haus als auch diesen Mann wärmen könnte.
Ihre Absätze klapperte auf dem Marmor, dann etwas gedämpfter auf dem polierten Parkett des Korridors, bis ihre Schritte von dem dicken burgunderfarbenen Teppich in dem förmlichen Wohnzimmer geschluckt wurden. Alle seine Häuser waren in denselben Farben eingerichtet wie auch sein Büro, seine Flugzeuge und seine Jachten.
Joshua stand vor der Terrassentür, die zum Rosengarten führte. Die Sprinkleranlage war angestellt, Wasser spritzte funkelnd über den frisch gemähten Rasen. Joshua reagierte in keiner Weise auf ihre Ankunft.
„Hier bin ich“, erklärte sie überflüssigerweise, warf ihre Handtasche auf das weiße Brokatsofa und stellte sich hinter ihn. Plötzlich schlug ihr Herz erwartungsvoll, ihr Mund wurde trocken. Offenbar hatte ihr Körper sich bereits entschieden.
Mehr Sex.
Er drehte sich nicht um, als sie die Arme um seine Taille legte. Sein Bauch zog sich zusammen, wurde unter ihren Fingern steinhart und fühlte sich warm und lebendig an. Jessie legte ihre Wange an seinen breiten Rücken. „Wie war die Reise?“
„Lukrativ.“
„Hast du dich zwischendurch etwas erholen können?“ Jessie spürte, wie erschöpft er war.
„Ich bin kein kleines Kind. Ich weiß, was ich mir zumuten kann.“
„Nein, weißt du nicht“, schimpfte Jessie leise. „Du gehst immer wieder an deine Grenzen. Irgendwann solltest du mal mit mir zusammen blau machen und den Duft der Rosen genießen.“
„Das hatte ich dir vorgeschlagen, aber du hast abgelehnt.“
„Japan?“ Sie versuchte, ihn umzudrehen, aber er rührte sich nicht von der Stelle. „Japan hätte nichts mit Blaumachen zu tun gehabt, Joshua. Vermutlich hast du achtzehn Stunden am Tag gearbeitet. Ich hätte mir die Sehenswürdigkeiten angeschaut und dann im Hotelzimmer auf dich gewartet. Komm jetzt mit rauf, ich werde dir dabei helfen, dich zu entspannen.“ Jessie streichelte über seinen flachen Bauch und verteilte kleine Küsse auf seinem Rücken.
„Kannst du eigentlich nur an Sex denken, Jessie?“
Jessie brach in ungläubiges Gelächter aus. „Wer im Glashaus sitzt, sollte nicht mit Steinen werfen.“ Dabei hatte er gar keine Ahnung, wie nahe er der Wahrheit gekommen war.
„Wir haben uns drei Wochen nicht gesehen, und dir fällt nichts Besseres ein, als miteinander ins Bett zu gehen.“
Das Lächeln auf Jessies Gesicht erstarb. „Guter Gott. Du meinst das ja ernst.“ Sie trat einen Schritt zurück. „Joshua, ich weiß, wie müde du bist. Ich wollte dir nur dabei helfen, dich zu entspannen. Das bedeutet nicht zwangsläufig, dass wir uns lieben müssen.“
„Du meinst miteinander schlafen.“
„Uns lieben, verdammt. Ich habe dich mehr vermisst, als du jemals wissen wirst. Und das hat nichts mit Sex zu tun.“ O Gott, wieso habe ich das gesagt?, fragte sich Jessie voller Panik.
„Ich will nicht, dass du mich liebst.“
„Ich weiß.“ Jessie schloss die Augen. Das versuche ich ja auch.
„Und ich werde dich niemals lieben. Meiner Ansicht nach ist Liebe sowieso nicht das, was immer behauptet wird. Es verpflichtet einen, nimmt einem den Stolz und gibt überhaupt nichts zurück.“
„Du hast da mehr Erfahrung, also will ich dir gerne glauben. Aber ich habe mich nach deiner Umarmung gesehnt. Dreh dich um. Küss mich. Bitte, Joshua.“ Ihre Stimme klang belegt. Ihr Herz begann dumpf zu schlagen, als er weiter aus dem Fenster schaute. Endlich drehte er sich langsam um, blickte sie an und fuhr mit einem Finger die Linien ihrer Wange nach. Seine Berührung war so unerträglich zart. Im Gegensatz zu dem eiskalten Blick in seinen blassen Augen.
„Hast du mich wirklich vermisst, Jessie?“
„Ja. Sogar sehr.“ Sie wollte, dass er sie in die Arme nahm, sie fest an seine breite Brust drückte. Jedes Mal, wenn sie getrennt waren, kam es Jessie so vor, als ob sie wieder ganz von vorne beginnen müssten.
Er ließ seine Hand fallen und holte eine schimmernde schwarze Papiertüte mit goldenen Kordeln aus der Jackentasche. „Hier.“
Sie betrachtete die Tüte. Sie wollte keinen Schmuck von ihm. „Ich habe dir doch gesagt, dass du mir nicht immer Geschenke machen sollst, Joshua. Zwing mich nicht dazu, mich billig zu fühlen.“
Er streichelte ihr Gesicht und starrte sie forschend an. „Nein, billig bist du wirklich nicht, oder, Jessie?“
„Ich werde so lange bleiben, wie es für uns beide gut ist, aber ich lasse mich nicht kaufen.“ Als er seine Hand sinken ließ, fühlte sich ihre Wange sofort wieder kalt an.
„Mach dieses verdammte Ding einfach auf. Es ist nichts Großartiges.“
Jessie interessierte sich nicht für das Geschenk. Warum hatte er sie nicht geküsst? Wollte er sie dafür bestrafen, dass sie ihn nicht auf seiner Geschäftsreise begleitet hatte? Gedankenverloren nahm sie die Papiertüte und zog eine zierliche Schatulle aus Rosenquarz heraus. Bunte Perlen waren auf dem Deckel so ausgerichtet, dass sie aussahen wie rosa Diamanten und ineinander verwobene goldene Blätter. Es war ein hübsches, kostbares Geschenk, so ganz anders, als alles, was er ihr früher mitgebracht hatte.
„Das ist wunderschön.“ Jessie sah zu ihm auf. Bitte, hör auf, mich mit diesem verhassten kalten Blick zu betrachten. „Danke …“
„Mach’s auf.“
Jessie ließ den Deckel aufspringen. Auf einem rosa Samtkissen lagen zwei blassgrüne Kugeln. Ohrringe. Sie nahm einen heraus, ließ ihn durch die Hände gleiten. Das waren keine Ohrringe.
„Marmor?“, fragte sie verdutzt. Die kleine Kugel rollte über ihre Handfläche.
„Ben-Wa-Kugeln“, erklärte Joshua.
Jessie blickte ihn irritiert an. „Ben-Wa-Kugeln?“
„Man führt sie in die Vagina ein“, sagte Joshua und beobachtete sie. „Dann hast du konstante Orgasmen, während wir getrennt sind.“
Jessie schnitt eine Grimasse. „Klingt anstrengend. Ich glaube, da muss ich passen.“
„Diese speziellen Ben-Wa-Kugeln sind vor über tausend Jahren handgeschnitzt worden.“ Er nahm die beiden Kugeln aus der Schatulle. „Gib mir deine Hand. Siehst du, wie sie rollen? Das liegt daran, dass sie sehr genau gewichtet worden sind, damit sie sich ständig in dir bewegen. Sie sind aus weißer Burmajade gemacht. Diese spezielle Jade nennt sich Moos im Schnee – siehst du die kleinen dunkelgrünen Flecken? Sie sollen magische Kräfte haben.“
„Nun, davon gehe ich aus, wenn man damit ohne menschlichen Kontakt multiple Orgasmen bekommt“, sagte Jessie mit einem schiefen Lächeln. „Aber wenn diese Dinger über eintausend Jahre alt sind, möchte ich gar nicht darüber nachdenken, wie viele Frauen sie bereits … benutzt haben. Danke für das Geschenk, aber ich passe auf jeden Fall!“
Joshua nahm ihr die Schatulle ab, legte die Jadekugeln hinein, schloss den Deckel und stopfte alles wieder in seine Jackentasche. „Sie sind natürlich sterilisiert worden. Glaubst du, ich würde dir etwas geben, das dir Schaden zufügt?“
„Nein. Aber ich hätte etwas so Intimes doch gerne noch in der Originalverpackung, am besten vakuumverpackt.“
„Geh schon mal hoch und warte auf mich“, entgegnete er kühl. „Ich muss noch einige Anrufe erledigen.“
Jessie kniff die Augen zusammen, machte dann auf dem Absatz kehrt und verließ das Zimmer. Sie hinterließ eine Ahnung von Glück und Enttäuschung wie ein unsichtbarer Geist.
Er hätte ihr mehr Diamanten schenken sollen, schließlich hatten ihr die Ohrringe zum Valentinstag gefallen. Die Ben-Wa-Kugeln waren wohl zu intim gewesen, zu persönlich. Dabei hatte er nur an ihren Genuss gedacht. Diese Antiquität hatte ein kleines Vermögen gekostet, und sie hatte das Geschenk abgelehnt wie ein billiges Spielzeug. Er hatte die Enttäuschung in ihren Augen gesehen, als sie die verdammte Schatulle öffnete. Natürlich hatte sie ein Schmuckstück erwartet. Etwas, was sie tragen und vorzeigen konnte. Verflucht. Er rieb sich die schmerzende Stirn.
Einmal, als Zwölfjähriger, hatte er seiner Mutter einen roten Ledermantel geschenkt. Er hatte viele Stunden damit verbracht, den Mantel auszusuchen, der ihr gefallen würde, und sein ganzes Taschengeld dafür hingeblättert. Noch heute zuckte er zusammen, wenn er an ihr Gelächter dachte. Die Farbe hatte natürlich überhaupt nicht zu ihrem Teint gepasst, und warum um Himmels willen hatte er nicht gewusst, dass sie sich einen Fuchspelz wünschte?
Seine Mutter hatte den Mantel zurückgebracht und das Geld behalten. Jessies Gesichtsausdruck hatte ihn bis aufs Mark vereist, so wie es vor all diesen Jahren schon einmal gewesen war. Dieses Gefühl wollte er keinesfalls zulassen.
Er hatte sie durch den kleinen Barockspiegel beobachtet, wie sie ins Zimmer gestürmt kam, und die Augen geschlossen, um ihren Duft einzuatmen, der näher und näher kam. Mein Gott, er war nicht in der Lage gewesen, sich umzudrehen, ohne sich vollkommen zum Idioten zu machen.
Denn am liebsten hätte er sie gepackt und festgehalten. Er hätte seine Nase in ihr Haar gedrückt, hätte ihre samtweichen Wangen geküsst. Er hatte sie so schmerzlich vermisst.
Das war äußerst besorgniserregend. Grundgütiger. Was zum Teufel war mit ihm los? Hier ging es um mehr als um Sex. Zwar war er süchtig danach, Jessie zu berühren und zu schmecken. Süchtig danach, von ihr gestreichelt zu werden. Aber es war ihm egal, wo sie ihn berührte. Es war ihm egal, ob es erotisch war oder nicht. Er musste einfach ihre Hände spüren.
Erst seit er sie kannte war ihm aufgefallen, dass er bisher immer nur berührt worden war, wenn es einen Grund dafür gab. Sex. Oder aus Zufall. Wer hätte gedacht, dass Berührungen einen so abhängig machen konnten? In Jessies Gegenwart fühlte er sich so unsicher wie der kleine Junge, der versucht hatte, seine Mutter zu umarmen.
Für Joshua war es leicht, sich über Sex auszudrücken. Sex war körperlich, unmittelbar, die Bedeutung unmissverständlich. Seine unstillbare Sehnsucht nach Jessie hingegen war ein deutlicher Hinweis darauf, dass er … Joshua knirschte mit den Zähnen. Was? Körperliche Lust jedenfalls beschrieb nicht, was er für diese ärgerliche Frau da oben empfand.
Er begriff diesen gigantischen Umbruch einfach nicht, den er durchlebte, seit er Jessie kannte. Sein Instinkt warnte ihn davor, dass ihm das alles über den Kopf steigen würde und er auf dem besten Weg war unterzugehen.
Er blickte auf seine Uhr. Inzwischen waren elf Minuten vergangen. Er ging zur Treppe, absichtlich langsam, um nicht zu eifrig zu wirken. Diese Frau brachte ihn um den Verstand, aber sie musste davon ja nichts erfahren.
Joshua zuckte zusammen, als er daran dachte, wie er sie gefragt hatte, ob sie an nichts anders als an Sex denken könne. Himmel. Er war doch derjenige, der an nichts anderes dachte. Er lief die Treppe hinauf, die Schritte so schwer wie der Stein in seinem Herzen.
Nur ein kleines Licht auf dem Nachttisch erhellte die Dunkelheit. Der Raum war leer. Er konnte hören, dass im Badezimmer Wasser lief. Er zog sein Jackett aus und lockerte die Krawatte. Noch nie hatten er und Jessie gemeinsam ein Bad genommen. Joshua bemerkte, dass er trotz seiner Müdigkeit erregt war.
Er stellte sich vor, wie Jessie bis zu den rosa Brustwarzen mit Schaum bedeckt war, einen Arm nach ihm ausstreckte und ihn anlächelte. Sie wäre nass von Wasser und Begehren. Er schlüpfte in das luxuriös ausgestattete Bad.
Sie war noch angezogen. Sie saß auf der obersten Treppe vor der Badewanne und prüfte mit einem Finger die Temperatur des Wassers.
„Du bist ja gar nicht nackt.“ Er klang barscher als beabsichtigt. Der Dampf hatte ihr Haar noch lockiger gemacht, auf ihrem Gesicht und Hals lag ein Perlmuttschimmer.
„Noch nicht.“ Sie stand auf, wischte ihre Hände an einem Handtuch ab, das sie auf den beheizten Halter gehängt hatte. Dann kam sie auf ihn zu. Ihre geschmeidige, katzenhafte Anmut sorgte dafür, dass sein Mund wässrig wurde und sein Penis sich umgehend aufrichtete. Sie zog ihm die Krawatte aus und warf sie hinter ihm auf den Boden.
Dann folgte sein Hemd. Ihre Hände fühlten sich kühl auf seinem Bauch an, als sie seine Hose aufknöpfte und sie mitsamt den Boxershorts herunterzog.
„Was soll …“
Jessie unterbrach ihn. „Joshua?“ Sie legte ihm eine Hand an die Wange.
„Was!“
„Du benimmst dich wie ein Trottel.“ Sie stellte sich auf die Zehenspitzen und gab ihm einen leichten Kuss. „Ich weiß, dass du müde bist. Sag einfach eine Zeit lang nichts, okay?“
Er ließ seine Stirn auf ihren Kopf sinken und umfasste ihre schlanke Taille. „Mein Gott, Jessie“, stöhnte er. „Was machst du nur mit mir?“
„Lass mich heute Abend deine Freundin sein, auch wenn du dich wie ein Vollidiot benimmst. Je näher wir uns kommen, umso mehr versuchst du, mich wegzustoßen. Manchmal ist das zu viel, dann tut es weh. Also, heute Abend werden wir einfach nur Freunde sein.“
Joshua umfasste ihr Gesicht mit beiden Händen, schloss die Augen, als ob er Schmerzen hätte, und sah sie dann wieder mit einem schiefen Lächeln an. „Und was wirst du als ‘Freund’ tun, wenn du erst mal siehst, wie erregt ich bin?“, fragte er ein wenig verstimmt.
Jessie grinste. „Oh, mit diesem Teil von dir bin ich auch befreundet. Keine Sorge, ich kann meine niederen Instinkte unterdrücken.“
„Was ist mit den Schuhen?“, fragte er amüsiert. „Die sollte man vor der Hose ausziehen, Darling.“ Joshua vergrub die Finger in ihrem Haar, als sie sich vor ihn kniete. Ungeduldig, weil sie so methodisch vorging, sagte er: „Steh auf, Jessie.“
Sie erhob sich langsam und zog sich die verrutschte Bluse wieder über die Schulter. Sie senkte die Lider über ihre dunklen Augen, als er ihren Hals streichelte und den Träger ihres BHs nach unten schob.
„Ich weiß, dass ich nicht immer angemessen reagiere“, sagte er sanft. Sie warf ihm einen vorsichtigen Blick zu. Diese Frau brachte ihn völlig durcheinander. „Aber könnten wir vielleicht später ‘Freunde’ sein? Sosehr ich es manchmal langsam und zart mag, jetzt brauche ich dich schnell und hart. Es ist zu verdammt lange her.“
Er zog sie aus, während er sprach. Trotz des stürmischen Wetters hatte sie nicht viel angehabt. Vor allem keine Unterwäsche. Joshua stöhnte, kickte die Schuhe von den Füßen und stürzte sich hungrig auf ihre Lippen.
Jessie zog seinen Kopf näher heran, und aus seinem Kuss wurde eine ausgedehnte, wortlose Entschuldigung.
Sie sanken auf die mit Teppich belegten Stufen der großen Whirlpool-Wanne. Entschieden drückte Jessie Joshuas Oberkörper zurück und kniete sich mit weit gespreizten Beinen über seinen Schoß. Sein erigiertes Glied war nur Zentimeter von ihrer heißen, feuchten Mitte entfernt. Aber sie wollte ihn noch ein wenig quälen. „Dieses Mal hast du nicht das Sagen. Dieses Mal bin ich bin dran“, flüsterte sie ihm ins Ohr. „Tu einfach, was ich dir sage, und lass mich machen. Als Erstes breitest du deine Arme weit aus, damit ich sie sehen kann. Denn du darfst mich jetzt nicht berühren.“
Joshua ließ seinen Blick über ihr wildes Haar und ihren samtigen Körper wandern. Sie hob die Arme, schüttelte das Haar zurück und zeigte ihm ihren langen Hals und die kleinen Brüste. Schon wollte er die Hand danach ausstrecken, doch sie wehrte ihn ab. „Nein. Sag mir, was du möchtest. Ich werde es dir geben.“
Er lehnte sich wieder zurück. „Ich möchte deine Nippel schmecken.“
Sie wölbte sich ihm entgegen, stützte sich mit den Händen auf den Treppenstufen ab und drückte erst die eine, dann die andere harte, aufgerichtete Brustwarze an seine Lippen.
Gott, sie war so sinnlich. Joshua umschloss die Brust mit den Zähnen und umkreiste sie dann mit der Zunge. Sie stöhnte leise, ihr Körper zuckte. Er vergrub sein Gesicht zwischen ihren süßen Brüsten, atmete den berauschenden Duft ihrer Erregung ein.
„Nimm ihn in den Mund, Jessie“, flehte er, die Worte waren fast unverständlich.
„Küss mich zuerst“, sagte sie. „Küss mich, als ob du verdursten würdest und ich Wasser wäre.“ Sie fuhr mit halb geöffneten Lippen über seinen Mund. Begierig darauf, sie zu schmecken, überließ er Jessie die Initiative. Mit der Zunge teilte sie seine Lippen. Sie schmeckte so schmerzhaft vertraut. Einen Augenblick lang konnte er sich nicht rühren.
„Ich verdurste, Jessie. Gib mir mehr.“
Ihr heiseres Lachen kitzelte seine Lippen. Sie griff in sein Haar und zog ihn fester an sich. Joshua vergrub die Finger in dem dicken Teppich und widerstand dem überwältigenden Bedürfnis, ihre zarte Haut zu berühren.
Sie küsste ihn heftiger, fast schon aggressiv. Ihre Zunge umkreiste seine, bis sein Penis zuckte und pochte.
Beide atmeten schwer, als sie den Kopf hob. Ihre Blicke trafen sich für einen Moment, dann rutschte Jessie, ohne ihn aus den Augen zu lassen, geschmeidig und begierig an seinem Körper hinunter.
Joshua ließ seinen Kopf nach hinten sinken, während ihr Haar wie ein Sommerregen über seine Brust strömte. Seinen Bauch. Seine Leiste. Oh, Himmel … Sie kniete zwischen seinen Beinen, nackt und wunderschön, ihr blasser Körper ein leuchtender Kontrast zu dem schwarzen Teppich.
Jessie.
Mit einer kühlen Hand umfasste sie seine Hoden, während sie mit der anderen die Spitze seines Penis an ihre feuchten, glühenden Lippen zog. Die ganze Zeit über betrachteten ihre großen, braunen, schönen Augen sein Gesicht.
Sanft wie eine Katze leckte sie den Tropfen von der Spitze. Dann strich sie mit einer herausfordernden, eleganten Bewegung der Zunge die ganze Länge seines Schafts entlang, um ihn schließlich mit ihren Fingern fest zu umschließen. Joshua biss die Zähne zusammen, um nicht hier und jetzt die Kontrolle über sich zu verlieren. Ein Stöhnen unterdrückend klammerte er sich am Teppich fest.
Jessie.
Langsam senkte sie erneut den Kopf und umschloss sein Glied mit ihren feuchten Lippen. Mit geschlossenen Augen gab sie sich völlig ihrer Aufgabe hin, ihm Genuss zu bereiten. Mit flinken kleinen Zungenschlägen umkreiste sie die Spitze, dann schloss sie ihren Mund fester um ihn und begann zu saugen.
Laut keuchend bäumte Joshua sich auf. Er konnte sich nicht mehr zurückhalten und packte Jessies schmale Schultern, um sie zu sich heraufzuziehen.
„War das nicht gut?“, fragte sie.
„Viel zu gut.“ Seine Erektion verlangte nach Erleichterung.
„Wieso sollte ich dann aufhören?“ Mit einem aufreizenden Lächeln ließ Jessie sich wieder nach unten gleiten und führte seinen steifen Schwanz ganz langsam an ihren Mund.