«Können Sie unseren Zuhörern erklären, warum die derzeitige Entwicklung den Wissenschaftlern solche Sorgen bereitet?»
«Gewiss. Es ist für uns alle beunruhigend, dass ein Virus aufgetaucht ist, das den Sprung von der aviären zur humanen Form vollzogen zu haben scheint. Das kann natürlich ein kurzlebiges Phänomen sein. H5N1 verändert seine Erbinformationen ständig, und es kann sich also um eine kurzlebige Phase handeln. Es könnte sich erneut verändern und zu einem Virus werden, das dem Menschen nicht länger gefährlich ist.»
«Aber das halten Sie für unwahrscheinlich.»
«Ich halte es für wahrscheinlicher, dass das Virus sich so erfolgreich vermehrt, dass es für geraume Zeit diese lebensbedrohliche Struktur beibehält.»
«Mit der Folge, dass mehr Menschen daran sterben.»
«Leider ja. Dieses Virus ist weitaus gefährlicher als das von 1918, welches bei zwanzig Prozent der Erkrankungen zu einem tödlichen Ausgang führte. Im Augenblick erleben wir Sterblichkeitsraten von annähernd fünfzig Prozent.»
«Das ist schwer vorstellbar.»
«Stimmt. Aber es gibt einige Faktoren, die dazu beitragen. Erstens befällt H5 nicht nur die Bronchien, sondern dringt bis in die menschliche Lunge vor, wo es größeren Schaden anrichten kann.»
«Das erklärt also das vermehrte Auftreten von Lungenentzündungen.»
«Zum Teil. Außerdem spielt die Krankheitsdauer eine wichtige Rolle. Die Zeit zwischen der Ansteckung und den ersten Symptomen mag sich momentan zwar auf vierundzwanzig Stunden verringern, aber in einem menschlichen Wirt bleibt H5 durchschnittlich acht Tage am Leben. Diese Zeitspanne ist entscheidend. Je länger das Virus seinen Wirt am Leben hält, umso mehr Zeit hat es, sich zu vermehren und weitere Wirte zu infizieren. Hinzu kommt die Geschwindigkeit, mit der es sich ausbreitet. Alle Anzeichen sprechen dafür, dass H5 sich genauso rasant verbreitet wie das Virus von 1918.»
«Das binnen einiger Monate den gesamten Erdball befiel.»
«Genau. Obgleich ich in der heutigen Welt eher mit Wochen rechnen würde. Es ist eine Binsenweisheit, dass das Virus nicht länger braucht, um die USA zu erreichen, als ein Flugzeug, um den Atlantik zu überqueren.»
«Wir reden also von Stunden?»
«Richtig. Sechs Stunden. Das Virus könnte bereits hier sein.»
The Frank Sherman Hour
Radio WBBS, New York