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Die Ausarbeitung maßgeschneiderter Anlagekonzepte erfordert bei größerem Vermögen regelmäßig die Hilfe eines professionellen Financial Advisors. Dieser beginnt mit einer Bestandsaufnahme und erarbeitet auf dieser Basis unter Berücksichtigung der Ziele und Wünsche des steuersensitiven Geldanlegers ein individuelles Anlagekonzept.

Zu unterscheiden ist grundsätzlich zwischen der standardisierten und der diskretionären Vermögensverwaltung. Der schriftliche Vermögensverwaltungsvertrag muss bestimmte wesentliche Punkte regeln.

In diesem Teil finden sich Tipps zur Werterhaltung und bewährte Verhaltensregeln für börsennotierte Anlagewerte.

Ausarbeitung neuer Anlagekonzepte für steuersensitives Vermögen

Allgemeines

Geänderte Rahmenbedingungen für das steuersensitive Vermögen, hervorgerufen einerseits durch die stetige Intensivierung der steuerlichen Amts- und Rechtshilfe und andererseits durch die Verlagerung deutscher Besteuerungshoheit in benachbarte klassische Anlageländer (Beispiel Schweiz und geplant auch für Liechtenstein)92 erfordern im Regelfall eine Restrukturierung der sich auf Auslandskonten befindlichen Vermögen. Mit einer notwendigen Restrukturierung verbunden sind u. a.

  • Wechsel des Kreditinstitutes,
  • notwendig gewordener Wechsel des Anlagelandes,
  • Repatriierung des Auslandsvermögens nach Nachversteuerung (Schweiz und Liechtenstein) bzw. erfolgter Nacherklärung usw.

Mit den Änderungen wird im Regelfall die Ausarbeitung eines neuen Vermögensanlagekonzeptes erforderlich. Dies schon deshalb, weil sich die Renditeerwartungen steuersensitiver Geldanleger zukünftig auf eine Rendite „nach Steuern“ beziehen müssen. Die hierbei notwendigen Schritte werden nachfolgend – begleitet von zahlreichen Tipps – erörtert.

Bestandsaufnahme

Der steuersensitive Geldanleger beginnt am besten mit einer detaillierten Bestandsaufnahme. Dieser folgt eine Ausarbeitung seines aktuellen Vermögens- und Finanzstatus. Der Vermögensstatus zeigt sein gesamtes Vermögen und dessen Zusammensetzung auf. Professionelle Berater erstellen den Vermögensstatus im Regelfall in Form einer Vermögensbilanz. Diese kann der Geldanleger auch selbst erstellen, wobei er auf der Aktivseite Vermögenswerte, getrennt in liquide Mittel, Beteiligungen, Immobilien usw., auflistet und auf der Passivseite alle seine Darlehen und sonstigen Verbindlichkeiten aufführt. Die detaillierte Analyse des Vermögens verlangt vor allem eine genaue Bewertung des Vermögens und seiner Struktur zum gegenwärtigen Zeitpunkt.

Anlegerhinweis 56

Für die Bestimmung der Verwertbarkeit des im Vermögensstatus enthaltenen Vermögens empfiehlt sich folgende Aufteilung:

Geldwertanlagen (alle liquiden Mittel, die innerhalb kurzer Zeit flüssig gemacht werden können; hierzu zählen Bargelder, Sparbücher, Bausparguthaben, Renten und Rentenfonds) und

Sachwertanlagen (Immobilien, Aktien oder Edelmetalle)

Mit dem Finanzstatus erhält der Geldanleger einen Überblick über seine aktuelle freie Liquidität. Den Finanzstatus errechnet der Geldanleger aus der Saldierung sämtlicher Ein- und Auszahlungen. Darin erfasst er erstmals auch den Ertrag aus seinem Auslandsgeldvermögen, vermindert um die zu zahlenden Steuern, und rechnet anfallende und offene Steuernachzahlungen inklusive der Hinterziehungszinsen hinzu. Mit dem Finanzstatus lassen sich im Vorfeld eventuelle Unterdeckungen und Liquiditätsengpässe feststellen. Unterdeckungen und Liquiditätsengpässe gefährden auch die Straffreiheit von Steuernacherklärungen, da eine Voraussetzung für die strafbefreiende Wirkung einer Selbstanzeige ist, dass die Steuern zuzüglich Zinsen nachbezahlt werden können.

Unter Berücksichtigung der Vermögensbilanz sowie des aktuellen Finanzstatus kann nun mit der Ausarbeitung „neuer“ Anlageziele begonnen werden. Bei der Definition der Anlageziele berücksichtigt der steuersensitive Geldanleger seine persönlichen Bedürfnisse und Präferenzen, die er mit den aktuellen Gegebenheiten auf dem Kapitalmarkt abgleicht.

Anlegerhinweis 57

In die Vermögensanalyse einzubeziehen sind auch die Lebensumstände und das familiäre Umfeld. Die Erfassung und die Berücksichtigung bestimmter Daten, wie Familienstand, Anzahl der Kinder, Lebenshaltungskosten, genaue steuerliche Situation usw., ermöglicht es dem steuersensitiven Geldanleger, eine weitgehend realistische und langfristige Vermögensplanung zu erstellen.

Zielsetzung: Was soll mit dem deklarierten Vermögen erreicht werden?

Hier liegt der steuersensitive Geldanleger seine Ziele fest. Diese müssen primär in der Einkommenssicherung oder der Finanzierung der eigenen Immobilie bestehen. Der dauerhafte Erhalt des Vermögens ist künftig unter dem Aspekt der Minimierung der Steuerlast zu planen; Inflationserwartungen sind ebenfalls einzubeziehen. An zweiter Stelle kommt gegebenenfalls die Vorbereitung einer optimalen Vermögensübergabe durch eine Nachfolgeplanung dazu. Denn offizielles Vermögen lässt sich auch ganz offiziell vererben.

Bei der Festlegung der Anlageziele ist zwingend auch eine realisierbare Ruhestandsplanung einzubeziehen. Ziel der Ruhestandsplanung ist es, die Entwicklungen der Ausgaben im Alter zu erfassen und den Einkommensbedarf festzustellen. Dabei wird der steuersensitive Geldanleger ganz schnell zu dem Ergebnis kommen, dass er die Zins- und Kapitalerträge aus seinem Auslandsdepot, das er gerade legalisiert hat, sehr wohl benötigt und in seine Vermögensplanung einbeziehen muss.

Anlegerhinweis 58

Im Rahmen der Ruhestandsplanung müssen folgende Aspekte in die Überlegungen einfließen:

Änderung der Ausgabenstruktur und der Ausgabengewohnheiten (Beispiel: der schuldenfreien Wohnung – und damit der Abnahme der Ausgaben für Zins und Tilgung – stehen höhere Ausgaben für die Gesundheit gegenüber)

Inflationsaspekte. Benötigte der steuersensitive Geldanleger bisher circa 50.000 Euro im Jahr, um seinen Ausgaben nachzukommen, und konnte er diese aus dem laufenden Einkommen und den Erträgen seines offiziellen Vermögens noch bestreiten, muss er bei einer Inflation von 3 Prozent in 15 Jahren, also wenn er z.B. 65 oder 70 Jahre alt ist, knappe 78.000 Euro an Einnahmen nach Steuern zur Verfügung haben; in 30 Jahren wären es gar über 120.000 Euro.

Die Planungsphase

In der Planungsphase arbeitet der steuersensitive Geldanleger – eventuell unter Hinzuziehung professioneller Vermögensberater – eine Strategie zur Vermögens- und Zukunftsplanung unter Einbezug des offiziell deklarierten Auslandsgeldvermögens aus. Auf Basis aller vorhandenen Informationen und Daten können unterschiedliche Szenarien zur Vermögensentwicklung simuliert und berechnet werden. Dies gibt Aufschluss über die langfristig optimale Vermögensstruktur und Vermögensstrukturanpassung.

Anlegerhinweis 59

Der steuersensitive Auslandsgeldanleger sollte hierbei einen professionellen Financial Advisor konsultieren. Dieser sollte in der Lage sein, Aussagen über die Entwicklung und zukünftige Zusammensetzung des Gesamtvermögens und der Schulden machen zu können. Daneben sollte der Financial Advisor die Liquiditätsherkunft prognostizieren und die Steuerentwicklung über den gesamten Planungshorizont darstellen können. Der steuersensitive Geldanleger sollte auch nach einer Simulation alternativer Liquiditätsverwendungen fragen.

Ergebnisse der Planung sind konkrete Aussagen über die als optimal erachtete Vermögensstruktur und wie diese durch Vermögensstrukturanpassungen erreicht werden kann.

Die Umsetzungsphase

Die Planungsergebnisse sind vom steuersensitiven Geldanleger im nächsten Schritt umzusetzen. Hierzu sind die geeigneten Anlageprodukte erforderlich; der Anleger informiert sich hier selbst oder über qualifizierte Berater und Vermögensverwalter.93 Die Vermögensverwalter sind dahingehend zu instruieren, die Empfehlungen und die optimale Struktur in der Vermögensanlage umzusetzen. Zentrale Aufgabe dieser Phase ist die Implementierung der Richtlinien und somit die Einführung einer Benchmark bei den bereits existierenden Verwaltern bzw. die Suche nach neuen qualifizierten Fachberatern.

Die Kontrollphase

Die Kontrollphase bildet den Abschluss des Planungsprozesses und ist gleichzeitig der Ausgangspunkt für einen Neustart. Laufendes Controlling und die konsolidierte Berichterstattung (Reporting) dienen der Erfolgskontrolle. Beides erfolgt unter Einbeziehung des legalisierten Auslandsvermögens. Altes und „neues“ offizielles Vermögen wird dadurch als Gesamtvermögen übersichtlich und transparent dargestellt. Das hilft dem steuersensitiven Geldanleger, Fehlentwicklungen rechtzeitig zu erkennen. Die Vermögensplanung mit dem offiziell deklarierten Vermögen wird dabei zum laufenden Prozess.

Professionelle Hilfe durch ein zielgerichtetes
Financial Advisory

Financial Advisory lässt sich am zutreffendsten mit „ganzheitliche Finanz- und Vermögensbetreuung“ umschreiben. Ganzheitlich bedeutet die Einbeziehung des gesamten Umfeldes des steuersensitiven Geldanlegers mit sämtlichen Einflussfaktoren wie Familienstatus, berufliches und gesellschaftliches Umfeld, Einkommen, steuerliche Belastungen, Alter, Zukunftspläne sowie Erbfolgeplanung.

Ein unabhängiger Financial Advisor94 unterstützt den Anleger in mehrfacher Weise:

  • durch die Ausarbeitung einer Vermögensanlagestrategie zusammen mit dem Anleger,
  • durch die Definition adäquater und umsetzbarer Anlageziele,
  • durch aktive Tätigkeit und Umsetzung der entsprechenden Vermögens- und Anlagestrategien zur Erreichung dieser Anlageziele.

Der Liquiditätsbedarf hat besondere Bedeutung für die Steuerung und Strukturierung des Vermögens. Es bestehen insoweit Zusammenhänge zwischen der Vermögenshöhe, der Vermögensstruktur und der verfügbaren Liquidität, die der Financial Advisor erkennt und optimal aufeinander abstimmen wird. Der Financial Advisor wird aber auch diverse Zielkonkurrenzen ausarbeiten müssen, die durch Ziele und Präferenzen des Anlegers hervorgerufen werden. So konkurriert das Ziel „Einkommenssicherung“ mit dem Ziel „Renditeoptimierung“ dahingehend, dass sich Letzteres nur durch die Beimischung von spekulativen Anlageformen verwirklichen lässt. Spekulative Anlageformen (z.B. Aktien) eignen sich aber nur bedingt zur Einkommenssicherung. Der Financial Advisor wird hier den „goldenen Mittelweg“ beschreiten.

Anlegerhinweis 60

Ein unabhängiges und damit den Interessen des Anlegers gerecht werdendes Financial Advisory gibt es nicht zum Nulltarif. Zielgerichtet wird ein „kostenloser“ Vermögensberater einen Anleger auf Anlageprodukte verweisen, die den größtmöglichen Provisionserfolg versprechen. Daher sollte der steuersensitive Geldanleger einem Honorarberater den Vorzug geben.

Grundzüge der standardisierten und diskretionären Vermögensverwaltung

Leider gibt es sie nicht! Gemeint ist die optimale Geldanlagestrategie ohne Risiko, höchstem Ertrag und kurzer Anlagedauer. Es gilt vielmehr der Grundsatz oder die „Gesetzmäßigkeit“, dass ein hoher Ertrag nur mit entsprechendem Risiko erwirtschaftet werden kann.95 Die individuelle – vom Fondsgedanken losgelöste – Verwaltung größeren Vermögens stellt hohe Anforderungen an den Portfolio-Manager. Die allgemeine Finanz- oder Anlageplanung, eine Vorstufe zur Vermögensverwaltung, nimmt dem Anleger die definitive Anlageentscheidung selbst nicht ab. Mit Erteilung eines Vermögensverwaltungsmandates kann der Anleger die erforderlichen Anlageentscheidungen auf Experten seiner Auslandsbank delegieren.

Steuersensitive Geldanleger können ihrer Bank den Auftrag erteilen, das Wertpapierdepot

  • im Rahmen einer „diskretionären Vermögensverwaltung“ nach festgelegten Vorgaben (Anlagestrategien) und innerhalb eines definierten Anlagerahmens oder
  • im Rahmen einer standardisierten Vermögensverwaltung unter Zuhilfenahme eines dem Risikoprofil des Geldanlegers entsprechenden Musterportfolios

eigenmächtig zu verwalten.

Die diskretionäre oder standardisierte Vermögensverwaltung …

  • berücksichtigt individuelle Anlageziele,
  • entlastet den steuersensitiven Geldanleger von der zeitraubenden und kostspieligen Informationsbeschaffung,
  • entbindet den Geldanleger von der ständigen Beobachtung der internationalen Finanzmärkte,
  • gewährleistet eine dem stetig wechselnden Umfeld angepasste Verwaltung des Portfolios durch erfahrene Wertpapierexperten,
  • ermöglicht eine breite Risikostreuung und
  • gewährleistet die jederzeitige Verfügbarkeit des Kapitals.

Der steuersensitive Geldanleger kann alle Wertpapiere in allen Währungen kaufen lassen. Er kann auch Anlagen in ausländischen Devisen tätigen oder einen kleinen Schritt an den Terminmarkt wagen. Maßgeblich ist jeweils die mit der Bank getroffene Vereinbarung, die jederzeit abänderbar oder kündbar ist. Monatliche oder vierteljährliche Statements sorgen dafür, dass der Geldanleger über die Entwicklung seines Vermögens stets informiert ist.

Anlegerhinweis 61

Für standardisierte Vermögensverwaltungsaufträge sind Mindestanlagesummen von etwa 100.000 Euro bzw. in der Schweiz oder in Liechtenstein von circa 150.000 Schweizer Franken erforderlich. Für eine allumfassende diskretionäre Vermögensverwaltung gelten Mindesteinlagen zwischen 500.000 und einer Million Euro. Schweizer und liechtensteinische Banken offerieren die diskretionäre Vermögensverwaltung im Regelfall ab einer Million Schweizer Franken.

Die richtige Asset-Allokation für das
steuersensitive Vermögen

Allgemeines

Ein effizientes Vermögensmanagement steht und fällt mit der richtigen Auswahl der einzelnen Anlagetitel bzw. der Zusammensetzung des Wertpapierportfolios – der sogenannten Asset Allokation. Der Asset-Allokations-Prozess stellt für professionelle Vermögensverwalter akribische Kleinarbeit bis ins Detail dar. Da Anleger sehr unterschiedliche Anlagebedürfnisse und Investmentziele aufweisen, wie etwa die Sicherung einer bestimmten Mindestrendite oder die Abstimmung von Einlagen und Entnahmen, ist Asset-Allokation nichts von der Stange. Um heterogenen Anlegerzielen gerecht werden zu können, stützen sich professionelle Vermögensverwalter auf systematische Asset-Allokations-Prozesse mit geeigneten Instrumenten, um die investorspezifischen Bedürfnisse zu eruieren.

Bestimmungsfaktoren im Asset-Allokations-Prozess

Im Portfolio-Management zielen die Asset-Allokations-Entscheidungen im Kern auf die Strukturierung eines Anlegerportfolios nach Anlagekategorien, Märkten und Währungen ab. Darüber hinaus stellen Einflussfaktoren des Anlegers, wie Risikotoleranz, Renditeerwartungen, Anlagezeitraum, Liquidität, Restriktionen und steuerliche Aspekte, einen weiteren Bestimmungsfaktor im Asset-Allokations-Prozess dar.

Taktische Asset-Allokation und Titelselektion

Die strategische Asset Allokation, welche unter Einfluss der Bestimmungsfaktoren „Markt“ und „Anleger“ die Ausarbeitung einer langfristigen Vermögensstruktur mit optimalen Ertrags- und Risikoprofilen zur Aufgabe hat, mündet in zweiter Stufe in der taktischen Asset-Allokation. Ziel der taktischen Asset-Allokation ist es, die richtige Strategie des Markt-Timings zur Renditeoptimierung zu entwickeln. Schließlich erfolgt in dritter Stufe die eigentliche Titelselektion.

Anlageentscheidungsprozess mit
Ergebniscontrolling

Unmittelbar an die Titelselektion schließt sich der Anlageentscheidungsprozess an. Im Rahmen des Anlageentscheidungsprozesses gilt es, auf der Grundlage des Ergebniscontrollings notwendige Änderungen an der angestrebten Anlagepolitik sowie deren Umsetzung vorzunehmen.

Die diskrete Vermögensverwaltung mit standardisierten Musterportfolios

Welche Anlagestrategie der Portfolio-Manager nun für das Depot eines steuersensitiven Geldanlegers zugrunde legt, hängt von den Zielen und der Einstellung zu Risiko und Ertrag ab, also dem Anlegerprofil, das im Rahmen der Kundenanalyse zu erarbeiten ist. Am Anfang eines Vermögensverwaltungsmandats steht stets das Kunden-Analysegespräch, in dem der Anlageberater gemeinsam mit dem Kunden unter Berücksichtigung und nach Analyse seiner persönlichen Verhältnisse und seiner Zielen das passende Anlegerprofil ermittelt. Dabei werden sämtliche relevante Aspekte wie Renditeerwartungen, Risikobereitschaft, Liquidität, familiäre Aspekte, Zeithorizont oder Referenzwährung (die Währung, in der der Anleger rechnet und denkt) des Kunden in die Überlegungen ein-
bezogen.

Wichtige Check-ups im Kundengespräch sind:

  • Kenntnis und Beurteilung der persönlichen Einkommens- und Vermögensverhältnisse,
  • Ermittlung der Risikobereitschaft und der Ertragserwartung des Anlegers,
  • Festlegung des Anlagehorizontes, der in enger Beziehung zur Risikobereitschaft und Ertragserwartung steht,
  • Definition des Liquiditätsbedarfs,
  • Bestimmung der Referenzwährung.

Insbesondere die Definition des Liquiditätsbedarfs ist für die Wahl der richtigen Anlagestrategie erforderlich, da die Gewichtung zwischen dem Wunsch nach regelmäßigen Einkünften und der Zielsetzung von Kapital- und Währungsgewinnen eine entscheidende Rolle spielt. Die Bestimmung der Referenzwährung, also jener Währung, in der der Anleger „denkt“ und investiert, ist besonders für die Zusammensetzung des Kundenportfolios maßgeblich. Professionelle Vermögensberater werden die erwarteten Erträge und das Risiko der Anlagen in Referenzwährung optimieren.

Ist der steuersensitive Geldanleger ein eher defensiver, nicht risikobereiter Anleger mit mittel- bis langfristigem Zeithorizont und überdurchschnittlichen Liquiditätsbedürfnissen und stehen bei ihm laufende Einnahmen im Vordergrund, gilt er als „konservativ“. Das Anlegerprofil lautet also „konservativ“. Ist der Geldanleger dagegen nur wenig risikobereit, plant er sein Geld, diskret mittel- bis langfristig anzulegen und steht bei ihm die Kapitalerhaltung und das laufende Einkommen im Vordergrund, wird ihn der Vermögensberater der Kategorie „ausgewogen“ zuordnen. Ist der Anleger ein eher risikobereiter Anleger mit längerfristigem Zeithorizont und geringen Liquiditätsbedürfnissen und steht in erster Linie der Kapitalzuwachs im Vordergrund (noch vor dem Einkommen), gilt der Anleger als „liberal“. „Dynamische“ steuersensitive Geldanleger sind schließlich risikobereit, fassen einen längerfristigen Zeithorizont ins Auge und haben nur geringe Liquiditätsbedürfnisse. Beim dynamischen Anleger steht allein der reale Kapitalzuwachs im Vordergrund. Er wird sein Anlageschwergewicht auf Aktien setzen.

Der Kundenanalyse folgt im Regelfall eine umfassende Marktanalyse. Hier beurteilt die Bank die Chancen und Risiken auf den Wertpapier- und Devisenmärkten, und zwar bezogen auf diejenigen Anlageinstrumente, die dem analysierten Profil gerecht werden. Entsprechend der Kundenanalyse und der Marktanalyse bestimmt der Berater das für den Anleger zugeschnittene Portfolio.

Grundsätzlich setzt sich jede Portfoliostrategie aus den Bestandteilen Aktien, Anleihen (Obligationen) und Geldmarktanlagen zusammen. Fallweise können auch Goldwerte gewählt werden. Diese einzelnen Elemente werden je nach gewählter Anlagestrategie und Anlageprioritäten unterschiedlich gewichtet, in verschiedene Währungen und auf einzelne Finanzmärkte oder Regionen verteilt. Die Gewichtungen werden der internationalen Wirtschaftsentwicklung entsprechend angepasst.

Je nach Höhe des Anlagebetrages stehen dem steuersensitiven Geldanleger im Rahmen der professionellen Vermögensverwaltung zwei Wege offen: Er kann sein Depot

  • nach eigenen Vorgaben individuell managen lassen (diskretionäre Vermögensverwaltung) oder
  • ein auf sein Anlegerprofil zugeschnittenes Musterportfolio wählen (standardisierte Vermögensverwaltung).

Mit einem Musterportfolio erwirbt der Anleger ein ganzes Leistungsbündel mit einem ausgewogenen Verhältnis zwischen Risiko, eingesetzten Mitteln und erwirtschafteten Erträgen, abgestimmt auf ein bestimmtes Anlegerprofil. Jede Bank, zu deren Kerngeschäft die professionelle Vermögensverwaltung zählt, wird über mehrere Musterportfolios verfügen, die dem Anleger als Entscheidungs- und Orientierungshilfe dienen.

Die Namen für solche Musterportfolios und Anlagestrategien sind so vielfältig wie die Anlagephilosophie jeder einzelnen Bank. So kann ein Portfolio, das die Erhaltung des Kapitals und die Erwirtschaftung eines regelmäßigen Einkommens zum Ziel hat, ein „Ertragsmodell“, ein „Einkommensportfolio“ oder – dem hierfür passenden Anlegerprofil entsprechend – ein konservatives Portfolio sein. Die Portfoliozusammenstellung (Asset Allocation) gleicht sich aber weitgehend; angelegt wird überwiegend in kurzfristige Anlagen wie Geldmarktpapiere und Anleihen; bankspezifisch kann gegebenenfalls auch ein geringer Anteil in Aktien investiert werden. Mit der Anlagestrategie „Einkommen“ oder „Ertrag“ wird der Anleger zwar nicht reich, er trägt dafür aber nur ein geringes bzw. bei ausschließlicher Investition in Anleihen und Geldmarktpapieren so gut wie kein Risiko

Anleger mit einem Vermögen bis zu 250.000 Euro wählen die Anlagestrategie „Ausgewogen“. Diese Anlagestrategie strebt sowohl ein regelmäßiges Einkommen als auch einen Wertzuwachs über Kursgewinne an. Mit der Begrenzung der Anteile der Anlagen in Aktien und Obligationen nach unten und nach oben wird ein ausgewogenes Rendite-/Risikoverhältnis sichergestellt. Zwischen 30 und 50 Prozent des Anlagevolumens werden in Aktien angelegt. Der Anleger hält außerdem maximal 20 Prozent des Portfolios in liquiden Anlagen, um kurzfristig auf Marktchancen reagieren zu können. Der Anleger nimmt hier kurzfristige Schwankungen bewusst in Kauf, um einen höheren langfristigen Vermögenszuwachs zu realisieren.

Die Anlagestrategie „Zuwachs“, auch „Wachstum“ genannt, setzt mit einer Übergewichtung an Aktien (Anteil bis zu 50 Prozent) unter Inkaufnahme erheblicher Kursrisiken auf Kapitalbildung. Zur Erwirtschaftung eines regelmäßigen Einkommens wird zwar ein Anteil an Anleihen von etwa einem Drittel und ein Anteil an Geldmarktpapieren von fünf bis
20 Prozent ins Depot genommen; die Einkommenserzielung tritt aber
im Vergleich zur Vermögensmehrung in den Hintergrund. Die Strategie „Zuwachs“ oder „Wachstum“ setzt beim Kapitalanleger einen langfris-tigen Zeithorizont voraus. Das geeignete Anlegerprofil lautet hier „dynamisch“.

Die Anlagestrategie „Kapitalgewinn“, oder auch zutreffend „Aktien“ genannt, ist dem „dynamischen Anleger“ mit einem Vermögen ab einer Million Euro vorbehalten. Bei dieser Anlagestrategie bestückt der Portfolio-Manager das Depot – abgesehen von einem geringen Prozentsatz an liquiden Mitteln oder alternativen Investments – ausschließlich mit Aktien und verfolgt rein das Ziel der Kapitalvermehrung. Weil die Aktienmärkte zeitweilig größeren Volatilitäten unterworfen sein können, muss kurz- bis mittelfristig allerdings mit größeren Wertschwankungen gerechnet werden. Um ein Teil dieses Risikos aus dem Gesamtportfolio zu nehmen, sollte der Anleger in einer Bandbreite von bis zu 30 Prozent des Gesamtanlagevolumens in Anleihen investieren. Alternative Investments wie Commodities (das sind börsengehandelte Produkte, die als „Massenware“ gelten und sich hauptsächlich in ihrem Preis von anderen Produkten unterscheiden, wie Erdöl, Getreide usw.) oder Immobilien machen einen Anteil von maximal 10 Prozent aus; Hedgefonds können bis zu 15 Prozent beigemischt werden. Bei Letzteren lässt sich das Risiko bei nahezu gleichen Gewinnchancen durch den Kauf von „Dach-Hedgefonds“ reduzieren.

Anlegerhinweis 62

Letztlich liegt es in der Entscheidung des Geldanlegers selbst, wie er sein Geld anlegt. Somit kann nur er seine persönliche Anlagestrategie definieren, er muss sich im Labyrinth der zahlreichen Musterportfolio-Bezeichnungen, welche gerade beispielhaft vorgestellt worden sind, zurechtfinden. Aber ganz egal, wie die einzelne Bank ihre Musterportfolios auch nennt, sie laufen alle entweder auf regelmäßigen moderaten Ertrag bei geringem Risiko oder einem langfristigen Vermögenszuwachs bei höherem Risiko, dafür aber mit überdurchschnittlichen Renditechancen hinaus.

Der Vermögensverwaltungsvertrag

Mindestinhalt – das muss geregelt sein!

Der Verband Schweizerischer Vermögensverwalter hat im Anhang seiner Standesregeln eine Auflistung aller in einem schriftlichen Vermögensverwaltungsvertrag zu regelnden Punkte veröffentlicht.96 Nach der Verbandsempfehlung müssen mindestens folgende Punkte geregelt sein:

1. Exakte Bezeichnung der Parteien

2. Betroffene Bankbeziehung(en) (immer bei bankmäßig verwahrten Vermögenswerten)

3. Beauftragung und Ermächtigung zur Verwaltung der Vermögenswerte (einschließlich der Einräumung der Kompetenz zur Delegation von Aufgaben)

3.1 Anlageziel(e) des Kunden, welche auch in einem Besprechungsprotokoll festgehalten werden können;

3.2 Referenzwährung;

3.3 Umfang der Verwaltung nach eigenem Ermessen, nach spezifischen Richtlinien bzw. besonderen Instruktionen, wobei spezifische Richtlinien auch in einem Besprechungsprotokoll festgehalten werden können.

Werden spezifische Richtlinien oder besondere Instruktionen erteilt, so sind diese im Vermögensverwaltungsvertrag oder in einem entsprechenden Besprechungsprotokoll grundsätzlich nach folgenden Kriterien zu gliedern:

a) Depotstruktur (Depotanteil Beteiligungspapiere, festverzinsliche Anlagen, Edelmetalle usw.);

b) Länder/Währungen/Branchen, die bei der Anlage berücksichtigt werden oder von der Anlage ausgeschlossen werden sollen;

c) Maximalengagements pro Land/Währung/Branche;

d) Mindestanforderungen an Qualität und Handelbarkeit der zu tätigenden Anlagen;

e) Zulässigkeit und Umfang dauernder Kreditbenutzung;

f) Zulässigkeit und Umfang von Termin- und Derivatgeschäften bzw. Anlagen in hybride und strukturierte Finanzprodukte.

3.4 Stimmrechtsausübung (Sofern der Vermögensverwalter die Stimmrechte ausüben soll.)

4. Verschwiegenheitspflicht des Vermögensverwalters (einschließlich Datenweitergabe an Hilfspersonen und Beauftragte)

5. Berichterstattung und Rechnungslegung durch den Vermögensverwalter

– Eigene Performance-Auswertungen oder Rechenschaftsablage auf Grundlage der Bankunterlagen;

– Periodizität;

– Aufbewahrung durch Vermögensverwalter oder Zustellung an den Kunden.

6. Art der Instruktionserteilung durch den Kunden

– Schriftlich, per Telefax, telefonisch, E-Mail;

– Risikotragung für Kommunikationsfehler.

7. Honorierung des Vermögensverwalters

– Berechnungsweise;

– Fälligkeit;

– Allfällige Berechtigung des Vermögensverwalters zur direkten Honorarbelastung;

– Behandlung von finanziellen Zuwendungen von dritter Seite einschließlich Rechenschaftsablage.

8. Vertragsauflösung (Empfehlung)

Zu beachten ist, dass nach schweizerischem Recht geschlossene Vermögensverwalterverträge zwingend jederzeit und ohne Beachtung von Kündigungsfristen beendet werden können.

9. Rechtswahl und Gerichtsstand (Empfehlung)

Zum Schutz des Kunden wird die Wahl schweizerischen Rechts und die Vereinbarung des schweizerischen Gerichtsstandes am Sitz des Vermögensverwalters empfohlen.

Umfang, Anlageinstrumente

Vermögensverwaltungsaufträge sind im Regelfall auf die „banküblichen Anlageinstrumente“ beschränkt. Hierunter fallen insbesondere Festgeld- und Treuhandanlagen, Edelmetalle sowie Geld- und Kapitalmarktanlagen in Form von Wertpapieren wie Anleihen, Geldmarktpapiere, Aktien oder Investmentfonds, sofern der Fonds seinerseits in bankübliche Anlagen investiert.97 Anteilsscheine an von der Bank kontrollierten oder errichteten Gesellschaften gelten nur dann als banküblich, wenn es sich hierbei um börsenkotierte „übliche Publikumsinstrumente“ handelt. Die Bank sorgt im Rahmen der Vertragsbeziehungen für eine angemessene Risikoverteilung und vermindert dadurch titelspezifische Risiken.98

Sofern der Anleger keine anderslautenden Weisungen erteilt, kann die Bank auch von Aktien, Anleihen usw. abgeleitete Instrumente wie Derivate bzw. Termingeschäfte zur Absicherung bestehender Positionen – aber nur hierzu – einsetzen. Wichtig ist, dass der Vermögensverwaltungsvertrag die Termingeschäfte betreffende Einschränkung enthält, dass solche von der Bank nur im Rahmen diverser bankaufsichtlicher (z.B. „Richtlinien der Schweizerischen Bankiervereinigung für Vermögensverwaltungsaufträge 2010“) oder gemäß standesrechtlicher Richtlinien, wie beispielsweise den „Standesregeln des Verbands Schweizerischer Vermögensverwalter für die Ausübung der unabhängigen Vermögensverwaltung“, getätigt werden dürfen. Nach den Richtlinien der Schweizerischen Bankiervereinigung für Vermögensverwaltungsaufträge 2010 darf beispielsweise eine Bank in der Schweiz oder in Liechtenstein sogenannte „standardisierte Optionsgeschäfte“ (das sind solche Optionsgeschäfte, die über vereinheitlichte Produkte lauten, die auf einem organisierten Markt gehandelt und über eine anerkannte Clearingstelle, die für die Erfüllung der Optionskontrakte Sicherheit bietet, abgewickelt werden) nur dann ausüben, wenn diese auf das Gesamtportfolio des Anlegers keine Hebelwirkung haben und die Geschäfte im Rahmen der Anlagepolitik der Bank liegen.99 Die Standesregeln des Verbands Schweizerischer Vermögensverwalter lassen Anlagen in Termin- und Derivatgeschäfte bzw. Anlagen in hybride und strukturierte Finanzprodukte nach individueller Ermächtigung des Anlegers zu.

Keine Hebelwirkung übt das Termingeschäft dann auf das Gesamtportfolio aus, wenn das Depot beispielsweise beim Verkauf einer Kaufoption und dem Kauf einer Verkaufsoption eine dem Basiswert der Optionen entsprechende Position aufweist. Mit anderen Worten: Das Depot muss über genügend Substanz oder Liquidität verfügen, um die eingegangenen Kontrakte jederzeit erfüllen zu können. Dies gilt im besonderen Maße bei sogenannten „Stillhaltergeschäften“, sofern die Bank für den Kunden solche durchführt. Des Weiteren muss den Richtlinien der Bankiervereinigung gemäß beim Kauf von Financial Futures die notwendige Liquidität bereits beim Kaufabschluss vollumfänglich vorhanden sein.100 Beim Verkauf von Financial Futures muss eine entsprechende Position in Basiswerten gegeben sein. Handelt es sich um Aktienindex-, Devisen- oder um Zinssatz-Futures, so genügt es, wenn das Depot den Basiswert ausreichend repräsentiert.

Vertraglich ausgeschlossen sein sollte in allen Fällen die Befugnis, Guthaben oder Wertpapiere zurückzuziehen oder für Rechnung des Kunden zu verpfänden oder Vergütungen, soweit sie nicht für Anlagezwecke erforderlich sind, vorzunehmen. Auch die Aufnahme von Krediten soll ausgeschlossen sein.

Nach schweizerischem Recht abgeschlossene Vermögensverwaltungsverträge unterliegen keiner Kündigungsfrist und können jederzeit von beiden Parteien mit sofortiger Wirkung aufgelöst werden; er erlischt allerdings nicht automatisch beim Tod oder bei allfällig eintretender Handlungsunfähigkeit des Depotinhabers.

Vermögensverwaltungsverträge mit österreichischen Banken werden mit Unterzeichnung wirksam und auf bestimmte Dauer abgeschlossen und können vom steuersensitiven Geldanleger jederzeit unter Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden.

Werterhaltungsgrundsätze und Verhaltensregeln für eine sichere Anlage an der
Börse

Vorbemerkung

Wertpapierbörsen sind keine Einbahnstraßen. Dies konnte jeder Anleger seit Ausbruch der Banken- und Finanzkrise erfahren. Die meisten Anleger erinnern sich zu spät an jene in Hausse-Zeiten vernachlässigten Tugenden, die man in jedem Lehrbuch zur Börse findet: Das konsequente Einhalten von Stopp-Marken oder die nähere Beschäftigung mit Fundamentaldaten. Leicht in Vergessenheit gerät auch, dass entscheidend für die Performance eines Wertpapierdepots die richtige Asset-Allokation und nicht das Stock-Picking oder das Timing beim Kauf von Einzelaktien ist. Ein gutes Stock-Picking gewinnt andererseits besonders in der aktuellen Baisse-Zeit große Bedeutung und ist für ein erfolgreiches Börseninvestment essenziell. Der Börsenlaie tut sich mit einem gekonnten Stock-Picking aber oftmals schwer und wird im Zweifelsfall bestehenden Trends folgen.

Wichtige Verhaltensregeln

Die Hypo Landesbank Vorarlberg im Kleinwalsertal101 hat die nachfolgenden wichtigsten Verhaltensregeln entwickelt, auf die Aktien- und Rentenanleger an der Börse achten sollten. Im nachfolgenden Abschnitt erfahren steuersensitive Geldanleger auch, welche Werterhaltungsgrundsätze die Profis verfolgen und warum es zweckmäßig ist, die Vermögensverwaltung in die Hände von Experten zu geben.

1. Gewinne laufen lassen, Verluste begrenzen

Dies gehört zu den grundlegendsten Prinzipien für die erfolgreiche Börsenspekulation und es wird auch in jedem einschlägigen Lehrbuch über Geldanlagen an zentraler Stelle aufgeführt. Gleichwohl hat die Masse der Anleger mit der konsequenten Einhaltung dieser einleuchtenden Regel Schwierigkeiten – das hat mit dazu beigetragen, dass sich auch die Psychologie mit dem Anlegerverhalten befasst. Die entsprechende Fachrichtung wird „Behavioural Finance“ genannt. Der Durchschnittsanleger neigt dazu, Gewinne zu früh mitzunehmen und hält oft zu lange an verlustträchtigen Anlagen fest. Natürlich sind auch Profis vor der Tendenz, kleine Gewinne mitzunehmen und Verluste laufen zu lassen, nicht ganz gefeit. Jedoch sind professionelle Vermögensverwalter für turbulente Börsenzeiten besser „gewappnet“; sie arbeiten überwiegend mit Systemen.

2. Der Value-Ansatz

Anleger, die lieber auf diskretionäre (= von Menschen getroffene) Anlageentscheidungen bauen, schwören oft auf die gesunde Value-Analyse mit gesundem Menschenverstand. Die Börsenprofis entwickeln ihre Value-Strategien meist mit Hilfe makroökonomischer Faktoren. Der Durchschnittsanleger wird an solche fachlichen Informationen im Regelfall gar nicht herankommen und auf – mehr oder weniger gefilterte – Medienberichte angewiesen sein.

3. Selbstüberschätzung und Herdenverhalten

Glaubt man den Akademikern unter den Börsianern, folgt der Durchschnittsanleger bestimmten Emotionen. Dabei überwiegen allzu oft die nicht rationalen Motive. Experten nennen hier: Selbstüberschätzung und Herdenverhalten sowie das Festhalten an rückläufigen Positionen.

4. Falsches relatives Denken

Falsches relatives Denken führt zu verfrühten Gewinnmitnahmen. Interne Studien der Hypo Vorarlberg zeigen, dass Anleger ihre Rendite durch zu verfrühte Gewinnmitnahmen schmälern oder sogar zerstören. Erwiesen ist, dass besonders aktive Börsianer nach Verrechnung der Transaktionskosten beinahe immer deutlich schlechter abschneiden als etwa ein Aktienindex. Denn eine große Zahl von Aktivitäten im Depot verursacht hohe Spesen.

5. Zu langes Festhalten an Verlusten

Die Bestürzung über Verluste ist meistens in der Anfangsphase am größten. Anleger halten hier dennoch am Engagement fest, da die Hoffnung dominiert, die Verluste würden sich in geraumer Zeit in Gewinne wandeln. Wissenschaftler haben nachgewiesen, dass die Befriedigung über eine Verlustposition, die der Anleger noch in den grünen Bereich retten konnte, sehr oft jene über einen von Anfang an erzielten Gewinn um das Zweifache übertrifft. Ein sich ausweitender Verlust erhält hingegen immer weniger Beachtung mit der Folge, dass Minuspositionen zu lange gehalten werden – und zwar so lange, bis sie auf einem kaum mehr unterbietbaren Niveau angekommen sind. Die Chance auf eine Gewinnrealisierung läuft in diesem Stadium gegen null.

Nervöse Anleger verkaufen in dieser Phase – und realisieren einen unter Umständen hohen Verlust, der sie dann dazu bewegt, sich für immer vom Börsengeschehen zu verabschieden. Börsenpsychologen erklären sich das damit, dass in diesem finalen Stadium die relative Bewertung vom sogenannten Kontrollmotiv abgelöst wird. Im Klartext: Der Anleger meint, die Situation nicht mehr in den Griff zu bekommen und reagiert panikartig. Die Folgen sind unüberlegte Zukäufe nach einem Kurssturz oder Verkäufe zum schlechtesten Zeitpunkt.

6. Nachkauf zu vermeintlichen Tiefstkursen

Ein weiterer fataler Fehler, den Kleinanleger begehen, ist das wilde Nachkaufen zu vermeintlichen Tiefstkursen. Für beide Verhaltensweisen sehen Wissenschaftler Parallelen aus dem Tierreich: Hunde kennen nur die beiden Alternativen „Flucht“ oder „volles Risiko“.

7. Missachtung des Preis-Leistungs-Verhältnisses

Unerfahrene Spekulanten strömen nicht selten bei Höchstkursen in den Markt. Sie begehen dabei den fatalen Fehler, den bisherigen Trend irrational in die Zukunft extrapolieren zu wollen, und vergessen hierbei meist sehr schnell den gesunden Menschenverstand, sprich, das „Preis-Leistungs-Verhältnis“. Börsenexperten betrachten diese Situation eher nüchtern. Übersteigen die Marktkapitalisierungen einzelner Titel das Bruttosozialprodukt der jeweiligen Volkswirtschaft, heißt es schlicht und einfach: „Finger weg“.

8. Mathematische Systeme (Quant-Ansätze)

In der professionellen Vermögensverwaltung wird überwiegend mit quantitativen Ansätzen (Quants) gearbeitet. Diese mathematischen Systeme sind meist prozyklisch und trendfolgend ausgelegt. Man spricht auch von Momentumstrategien. Ziel ist es, dem Anleger eine Partizipation an steigenden Marktbewegungen zu erlauben und dennoch gleichzeitig sein Verlustrisiko im Falle sinkender Märkte zu begrenzen. Damit basieren diese dynamischen Konzepte auf dem Gedanken einer asymmetrischen Renditeverteilung, denn eine negative Rendite des Investments bei unerwünschter Marktentwicklung soll vermieden oder zumindest beschränkt werden. Auf der anderen Seite soll der Anleger so weit wie möglich an positiven Wertentwicklungen teilhaben.

Der große Vorteil dieser regelbasierten Ansätze liegt im systematischen Investmentprozess, der die Asset-Allokations-Entscheidung von den subjektiven Erwartungen und Stimmungen des Portfolio-Managements abkoppelt. Zudem ist der Ansatz sehr transparent, von Marktmeinungen unabhängig und in der Verfeinerung sehr flexibel. Empirische Erfahrungen zeigen, dass Quant-Ansätze in fallenden Märkten Anlageergebnisse liefern, die deutlich oberhalb der Marktperformance liegen. Umgekehrt verfügen sie in einem längerfristig positiven Marktumfeld über ein wesentliches Wertsteigerungspotenzial, das über dem Marktdurchschnitt zu liegen kommt. Dies trifft auch für den Quant-Ansatz der Hypo Vorarlberg
zu.

Anlegerhinweis 63

Das System „Decelerate Invariant Portfolio Protection“, das in der Strategie „Hypo Dynamik mit Wertsicherung“ eingesetzt wird, hat sich nach fünf Jahren außerordentlicher Performance auch in der vergangenen Finanzkrise bewährt.

9. Drei-Stufen-Konzept

Die griechischen Philosophen lehrten drei Grundsätze:

  • Sei du selbst.
  • Wähle immer die Mitte.
  • Erkenne dich selbst.

Diese Grundsätze gelten auch für die Geldanlage und lauten übertragen:

  • Wähle eine Finanzstrategie, die zu dir passt, und befolge sie. Kopiere keine Tipps, die du irgendwo aufsammelst, die aus dem Zusammenhang gerissen wurden und für Dritte gedacht waren.
  • Meide extreme Formen der Geldanlage, egal, ob zu konservativ oder zu spekulativ. Vermeide extreme Prognosen der Wirtschaftslage. Weder der Optimist noch der Pessimist sehen die Realität richtig. Schlage einen Mittelweg ein.
  • Erkenne deine finanzielle Situation. Was könnte passieren? Gegen welche Eventualitäten solltest du dich schützen? Spiele nicht den großzügigen Aktieninvestor, der noch Lombardkredit nimmt und beim ersten Kursrückgang alles verkaufen muss, weil er seine finanzielle Kraft nur aus der Sicht guter Tage kennt. Sei aber auch kein Tiefstapler, wenn es um die Einschätzung deiner persönlichen Situation geht.

10. Schließlich: Das richtige Timing zählt – sowohl bei Aktien als auch bei Festzinsanlagen!

Wer beispielsweise in den letzten zehn Jahren die insgesamt zehn besten Tage verpasste, erzielte im DAX lediglich eine halb so hohe Rendite wie Anleger, die über den gesamten Zeitraum durchgängig investiert hatten. Natürlich kann niemand die besten oder schlechtesten Börsentage vorhersagen – denn es gibt nun einmal kein voraussehbares richtiges Timing. Große Kurssprünge, die den überwiegenden Teil der Kursentwicklung ausmachen, finden lediglich an wenigen Tagen im Jahr statt. Deshalb sind die Anleger klar im Vorteil, die ihre Strategie möglichst langfristig und vor allem kontinuierlich ausrichten. Wenn es auch gegenwärtig nicht so aussehen mag, so gilt dennoch: Auf lange Sicht gesehen sind Aktien eine rentable und in Bezug auf Inflationsrisiken zudem sichere Anlageform.