Neue Wege in der Krebstherapie
Weil herkömmliche Therapien und Medikamente im Kampf gegen die Krankheit immer öfter versagen, suchen Wissenschaftler verstärkt nach natürlichen Anti-Krebs-Wirkstoffen.
IN VIELEN BEREICHEN DER MEDIZIN wurden in den letzten hundert Jahren große Fortschritte erzielt. So haben zum Beispiel die Entwicklung von Antibiotika und Impfstoffen, aber auch bedeutende Verbesserungen in der Chirurgie die Befindlichkeit zahlreicher Patienten enorm verbessert. Im Gegensatz zu derartigen medizinischen Meilensteinen sind die Erfolge im Kampf gegen Krebs sehr bescheiden. Daran änderte auch die 1971 verkündete offizielle Kriegserklärung (»war on cancer«) des damaligen amerikanischen Präsidenten Richard Nixon (1913–1994) nichts, der hoffnungsvoll forderte: Wenn es gelungen sei, binnen eines Jahrzehnts auf dem Mond zu landen, wie John F. Kennedy es zehn Jahre zuvor versprochen hatte, so sollte es auch gelingen, binnen einer Generation den Krebs zu besiegen.
Die Hoffnung erfüllte sich leider nicht. Und auch wenn die Presse regelmäßig berichtet, dass der Durchbruch im Kampf gegen Krebs endlich gelungen sei: Die aktuelle Situation ist ernüchternd und noch immer sterben Berichten der Weltgesundheitsorganisation (WHO) zufolge jährlich mehr als sieben Millionen Menschen an Krebs. Und obwohl Onkologen nach bestem Wissen und Gewissen alles tun, was in ihrer Macht steht, verlieren sie im Durchschnitt nach fünf Jahren die Hälfte ihrer Patienten. Haben sich bereits Metastasen gebildet, überleben sogar nur etwa 10 Prozent der Krebskranken die folgenden fünf Jahre.
ES IST ZEIT, UMZUDENKEN
Woran liegt es, dass über hundert Jahre Krebsforschung und -therapie keine entscheidenden Fortschritte brachten? Ein Grund könnte sein, dass man Krebszellen bisher als »böse« Zellen ansah, gegen die man radikal vorgehen müsse. Entsprechend war auch das Ziel einer Krebsbehandlung, ihr Wachstum zu stoppen, indem man die Zellteilung zu blockieren oder die Krebszellen mit extrem aggressiven Chemikalien abzutöten versuchte. Inzwischen wurde jedoch deutlich, dass gerade die aggressivsten Krebszellen (Krebsstammzellen) unempfindlich gegen diese Form von radikalen und ungerichteten Therapien sind; diese können somit das Leben der Patienten nicht verlängern. Denn Krebsstammzellen machen sich den TKTL1-Vergärungsstoffwechsel (siehe >) zunutze, um sich vor Radikalen und Apoptose zu schützen. Was die Natur vor Millionen von Jahren einst als cleveren Schutzmechanismus für die gesunden Stammzellen »erdachte« und was die Entwicklung des Menschen wesentlich bestimmt hat, kehrt sich so ins Gegenteil: Was den Körper befähigen soll, erfolgreich zu regenerieren sowie Mutationen in Samen- und Eizellen und damit verbundene Erbkrankheiten gering zu halten, macht ihn nun (sterbens-)krank.
INFO
Ernährung kann krank machen
Es scheint kein Land zu geben, in dem
Diabetes- und Herz-Kreislauf-Erkrankungen zunehmen, während die
Rate an Krebserkrankungen stabil bleibt oder gar abnimmt – und
umgekehrt. Die einzelnen Zivilisationskrankheiten treten scheinbar
immer in Kombination auf. Dies lässt den Schluss zu, dass es eine
oder mehrere gemeinsame Ursache(n) für sie geben muss: die
Ernährungsgewohnheiten. Während sich zum Beispiel die Menschen in
Indien und China bis vor wenigen Jahrzehnten noch deutlich
traditioneller ernährten, versorgen sie ihren Körper heute oft mit
zu viel Zucker, einer ungünstigen Fettsäurenzusammensetzung sowie
zu wenig Eiweiß, Ballaststoffen und sekundären Pflanzenstoffen. Die
gesundheitlichen Folgen ließen nicht auf sich warten: Während man
vor kurzem noch deutlich seltener (oder später) an
Zivilisationskrankheiten litt, gibt es inzwischen mehr Diabetiker
als im Westen – weil sich die Ernährungsgewohnheiten angepasst
haben. Gleichzeitig stieg auch die Häufigkeit, an Krebs zu
erkranken oder daran zu sterben.
DER SCHLÜSSEL ZUR ERFOLGREICHEN KREBSTHERAPIE
Zu Beginn der Krebsforschung versuchten die Ärzte, das Leben ihrer Patienten mit allen Mitteln zu verlängern. Später wurde diese Anstrengung vielfach durch das neu formulierte Ziel »krankheitsfreies Überleben« abgelöst, die jene symptomfreie Phase definiert, bis sich erneut Zeichen der Krankheit zeigen. Nach wie vor sollte jedoch das oberste Ziel einer Krebstherapie sein, das Leben eines Patienten zu verlängern und dabei möglichst wenige Nebenwirkungen hervorzurufen. Und daher gibt es neben den Anhängern von radikalen und ungerichteten Therapien eine immer größer werdende Gruppe von Krebsforschern und Onkologen, die sehr nüchtern und pragmatisch an das Thema Krebstherapie herangehen und nach neuen Ansätzen der Therapie suchen.
Bisher sind die Fronten insbesondere in der Krebstherapie noch weitestgehend geklärt: Auf der einen Seite gibt es die Schulmedizin, die im Kampf gegen Krebs auf verschiedene physikalische Verfahren (beispielsweise energiereiche Strahlen wie Röntgen- und Protonenstrahlung) und unterschiedlichste Wirkstoffe pflanzlichen und synthetischen Ursprungs setzt. Auf der anderen Seite stehen die Verfechter der Komplementär- und Alternativmedizin. Die Komplementärmedizin versucht, durch ergänzende, also komplementierende Therapien wie Hyperthermie (Überwärmungsbehandlung) oder den Einsatz von Pflanzeninhaltsstoffen den Therapieerfolg der schulmedizinischen Behandlungen zu erhöhen.
Die wissenschaftlichen Studien der letzten Jahre zeigen ganz klar, dass ein Paradigmenwechsel kurz bevorsteht: Weil man heute weiß, wie die Energiefreisetzung in den Krebszellen funktioniert (siehe ab >) und dass Störungen in eben dieser Energiefreisetzung bei der Entstehung von Zivilisationskrankheiten eine entscheidende Rolle spielen, wird sich Krebs in Zukunft nicht nur wesentlich effektiver behandeln, sondern in vielen Fällen auch von vornherein verhindern lassen.
SCHUTZSTOFFE FÜR DIE GESUNDHEIT
Dank eines Bluttests (EDIM-Test) ist es heute möglich, schon vor Beginn einer Krebstherapie festzustellen, ob in einem Tumor resistente Krebszellen vorhanden sind. Der Arzt muss dazu nicht einmal mehr Gewebeproben entnehmen. Ein wichtiger Schritt in der Diagnostik, denn bei einer Biopsie können immer auch Tumorzellen aus dem Tumor freigesetzt werden. Sind bereits aggressive Krebszellen vorhanden, kann es dadurch zu einer Metastasierung kommen. Allerdings stellt sich mit dieser Entwicklung zu Recht die Frage, was zu tun ist, wenn der Test zum Nachweis der vergärenden und resistenten Krebszellen positiv ausfällt. Was können Patient und Arzt unternehmen, wenn die momentan verfügbaren Krebsmedikamente, Strahlen- und Chemotherapie nicht in der Lage sind, diese resistenten Krebszellen abzutöten? Die gute Nachricht lautet: Es gibt wirksame Naturstoffe, die diese gefährlichen Krebszellen erfolgreich bekämpfen können. Es gehört unumstritten zu den neueren und umwälzenden Erkenntnissen der Medizin, dass Sie mit einer gesunden Ernährung nicht nur einer Krebserkrankung vorbeugen können, sondern auch die Wirkung von Strahlen- und Chemotherapien erhöhen und Ihre gesunden Zellen schützen können. Und sogar Krebsstammzellen, gegen die es bislang noch kein wirksames Medikament gibt, lassen sich mithilfe der richtigen Ernährung sehr gut in Schach halten.
ES GIBT EINE NAHRUNG GEGEN KREBS
Zur neuen Klasse der natürlichen Anti-Krebs-Stoffe zählen vor allem bestimmte sekundäre Pflanzenstoffe (SPS) und Vitamine. Einer der wirksamsten unter ihnen ist Gamma-Tocotrienol, eine besondere Form des Vitamin E (siehe ab >). Studien des Deutschen Krebsforschungszentrums von 2009 und 2010 belegen, dass auch andere Naturstoffe wie Quercetin, ein sekundärer Pflanzenstoff aus der Gruppe der Polyphenole, oder Sulforaphan, ein sekundärer Pflanzenstoff aus der Gruppe der Isothiocyanate, erfolgreich gegen Krebsstammzellen wirken (siehe >). Noch weiß man zwar nicht, wie all diese Stoffe wirken. Und genau das verhinderte ihren Einsatz in der Schulmedizin, die stets nach einem klaren Wirkmechanismus sucht. Eins ist aber unbestritten: Sie sind in der Lage, die aggressiven Zellen abzutöten beziehungsweise daran zu hindern, sich weiter im Körper auszubreiten. Sie beeinflussen zum einen die Energiefreisetzung in den Mitochondrien und unterdrücken die unerwünschte Vergärung. Zum anderen weisen viele SPS eine hemmende Wirkung auf die Neubildung von Blutgefäßen auf (Anti-Angiogenese). Das erschwert es dem Tumor, Zugang zum Blutgefäßsystem zu erlangen. In Kombination mit einer Kohlenhydratreduktion kann damit der Tumor erfolgreich gehemmt oder gar abgetötet werden. Trotzdem sind viele Onkologen sich nicht bewusst, dass eine falsche Ernährung nachweislich noch vor dem Rauchen zu den wichtigsten vermeidbaren Risikofaktoren für Krebs zählt. Mehr noch: Die neuen Studien zur Resistenzbildung in Tumorzellen und die Rolle der Krebsstammzellen zeigen, dass die Ernährung – insbesondere der Verzehr krebshemmender oder -bekämpfender Naturstoffe – zur Zeit die einzige Möglichkeit darstellt, diese gefährlichen Krebszellen zu bekämpfen.
INFO
Bessere Chancen für neue Behandlungsmethoden
In den letzten Jahrzehnten setzte die Medizin bei der Behandlung von Krebspatienten vorwiegend auf Strahlen- und Chemotherapien. Beide unterscheiden als ungerichtete Therapien nicht zwischen gesunden Zellen und Krebszellen. Weil damit schwere Nebenwirkungen verbunden sind, wurden neue Therapieansätze entwickelt, die ganz gezielt auf Krebszellen ausgerichtet sind und so gesunde Zellen schützen sollen. Zu diesen neuen, gerichteten Therapien zählt die Anti-Angiogenese, deren Ziel es ist, die Gefäßneubildung in Tumoren zu verhindern oder zu unterbrechen und so den Tumor »auszuhungern«, weil er von der Sauerstoff- und Nährstoffversorgung abgeschnitten wird. Leider erfüllten sich die Hoffnungen, die man auf die Anti-Angiogenese setzte, nicht.
Zwar wird das Tumorwachstum anfänglich tatsächlich gehemmt oder der Tumor schrumpft sogar. In der Folge entstehen jedoch invasive Tumore, die Metastasen bilden. Einige Forscher bezeichneten Anti-Angiogenese-Therapien deshalb sogar als Treibstoff für die Metastasierung. Der Grund: Auch wenn einige Bereiche des Tumors tatsächlich aufgrund der Mangelversorgung absterben, sind andere zwar von der Sauerstoffversorgung abgeschnitten, nicht aber von der Glukoseversorgung. Denn Sauerstoff kann Gewebe im Gegensatz zu Glukose nur sehr schlecht durchdringen. Und was macht die bis dato verbrennende Tumorzelle, wenn ihr der Sauerstoff vorenthalten, sie gleichzeitig aber noch mit Glukose genährt wird? Sie schaltet auf Vergärung um, wächst ab dann invasiv und streut.
Werden Anti-Angiogenese-Medikamente als Monotherapie eingesetzt, zwingt man den Tumor förmlich, sich in Krebs zu verwandeln. Das bedeutet aber keinesfalls das Ende der Anti-Angiogenese-Therapien. Entscheidend für ihren Erfolg ist, dass man gleichzeitig durch eine Kohlenhydratreduktion die Vergärung hemmt. Gelingt dies, werden bereits resistente Tumoren wieder empfindlich für die Therapie.
Auch sekundäre Pflanzenstoffe mit
Anti-Agiogenese-Wirkung können ihre Kraft nur entfalten, wenn die
Ernährung gleichzeitig sehr arm an Kohlenhydraten ist. Während dies
bei den Jägern und Sammlern sozusagen automatisch der Fall war,
müssen wir heute sehr bewusst darauf achten, welche
Kohlenhydratmenge und Nährstoffe wir unserem Körper zuführen.