KARL-AXEL HÄGLUND
Die Turnierreiter
Monsieur Richard, den man den Hasenherzigen nannte, schnallte sich eine Metallplatte auf die Taille, darunter auf den nackten Körper ein Stück Leinenzeug.
»Das schützt den Sack vortrefflich«, sagte er mit einem kalten Grinsen.
»Das blöde Brechmittel Johann von Bordeaux versucht mich immer mit der Lanze zu kastrieren, seitdem ich ihn bei der Tochter des Wirtes in den drei Zinnkrügen ausgestochen habe.«
»Die kleine Dunkle?« fragte Ronald von Thüringen.
»Nein, zum Teufel, die Helle. Die große, blonde, weiche Tochter mit Lenden wie eine Münchner Bierstute.«
»Ach so, die«, sagte Ronald. »Sie hat ja die Möse quer.«
»Quer?« sagte Ronald und starrte blöde in die Glut des Kamins. »Vielleicht, vielleicht.«
Da lachten alle Kämpen so, daß die Bierkannen sprangen. Im Ankleideraum gebrauchten sie kurz vor einem Turnier immer jenen derben Jargon. Sie ödeten sich auf jede Art an, in erster Linie, weil alle vor dem bevorstehenden Treffen ein bißchen nervös waren, während man Lederschutz und Panzer anlegte, Helme putzte und Morgensterne trimmte.
»Hast du schon Grabrost auf das Visier bekommen«, schrie Wilhelm von Wallonien, ein kleiner, dunkler Typ, der unter einer üppigen Mähne hervoräugte, zu Morgan von Bretagne hinüber, der in seiner Bankecke fleißig mit Spucke und Bimsstein arbeitete.
»Geht dich einen Scheißdreck an«, brummte jener abweisend über die Schulter.
Des Herzogs Hofpoet, der sich gerne im Ankleidungsraum der grün-schwarzen Partei aufhielt, lächelte amüsiert.
»Welche Sprache, meine Herren! Wenn die Damen auf der Ehrentribüne, wenn die jungfräuliche Lilienweiße Sie jetzt hören würde...«
»Hör... hör... hört Euch den an«, sagte der alte Ritter Marcus, von den Duellen und Kämpfen auf der Rennbahn durch viele Jahre etwas narbig und angeschlagen, »ich kau... kau... kau... kaufte ein Gedichtheft von... von... von... von dir in Magde... magde... magde... Magdeburg und, hol mich der Teufel, wenn das nicht das Saftigste war, das ich gelesen habe.«
»Gewiß doch«, sagte Ronald von Thüringen, »hieß das nicht Die Heilige Jungfrau oder so? Ich erinnere mich an ein Stück:
Du, die mit der Möse fein
Sieh auf mich, der noch so klein
Nimm mein Glied mit beiden Händen
Reib es dicht an deinen Lenden.»
Der Hofpoet des Herzogs errötete leicht.
»Den Gedichtband habe ich unter Pseudonym geschrieben«, sagte er sauer.
Wilhelm von Wallonien lachte roh, während er eine Metallschiene an der Wade festmachte.
»>Du, die mit der Möse fein<. Wo haben sie das alles bloß her, diese Poeten?«
Herzog Alfons von Oranien — im Volksmund Alf von Organien genannt, ein Spitzname, den er mit einem gewissen Entzücken zur Kenntnis genommen hatte — erhob sich vom Bett und ging zum Erker. Er sah auf den Burghof und zwirbelte seinen Bart.
»Pater Gunardo teilte mir gestern im Vertrauen mit, daß die Bauern mich Alf von Organien nennen«, sagte er mit glucksendem, selbstzufriedenem Lachen.
Seine Gemahlin, die die Daunendecke beiseite geworfen hatte und mit roten Wangen leicht verächtlich ihren Gatten betrachtete, schnaubte böse durch ihre wohlgeformten Nasenlöcher.
»Was glaubst du, welches Organ die damit meinen?« fragte sie gemessen.
»Gedenkst du, so den ganzen Vormittag zu liegen? Wenn die Sonne im Zenit steht, beginnt das Turnier, das die Feierlichkeiten zur Vorbereitung des Kreuzzuges zum Heiligen Land einleitet«, sagte der Herzog irritiert.
»Kommt ihr denn in diesem Jahr auf den Weg?«
»Was willst du damit gesagt haben?«
»Es ist ja jetzt das vierte Jahr, daß du einen Kreuzzug vorbereitest.«
»Na und? Kann ich was dafür, daß es immer so ein unchristliches Scheißwetter wird, wenn wir das Heer einschiffen wollen?«
»Es stürmt ja meist im Herbst.«
»Kein Mensch in der Alten Welt kann ein Heer in weniger als sechs Monaten auf stellen. Sobald der Schnee abgeschmolzen ist, beginne ich mit den ersten Vorbereitungen.«
»Ja, ja. Und wenn man dann gefeiert und Hurra geschrien und die Turniere hinter sich hat, mit den Wimpeln gewedelt und Wein getrunken und die Mägde geschwängert hat, dann kommt schlechtes Wetter und das Heer mustert wieder ab.«
»Kann ich etwas für das Wetter?«
»Oh, was für ein Heerführer!«
»Manchmal bereue ich beinahe, daß ich dich aus jener Klosterpension in der Schweiz befreite«, sagte der Herzog mit schlecht verborgenem Zorn. »Ich wußte damals nicht, daß du eigentlich nur ein liederliches Stück bist, das die Fleischeslust mit Blindheit schlägt. Ich glaubte, du hättest eine ideelle und aristokratische Weltanschauung. Wie täuschte ich mich doch.«
Er eilte durch den Raum und schlug die Tür hinter sich zu.
Einmal draußen im Korridor, der zu den Mädchenkammern führte, murmelte er vor sich hin: »Pfui Teufel, das ist ja hier das reine Mittelalter.«
Jetzt saßen die vier Mädchen aus Friesland auf der Schlafbank und erzählten sich lose Geschichten aus der Normandie. Dabei kämmten sie sich das Haar mit Knochenkämmen aus Flandern.
»Ich kenne einen Mönch«, sagte die kleine Apfelwangige, »der mußte sich immer fünfmal mit dem Dornenhemd kasteien, ehe er konnte.«
Die drei anderen Mädchen aus Friesland kicherten.
Aber die Jungmagd, die hatte Platz machen müssen und deshalb auf dem Ofen lag, erwachte spät und sah sich verwirrt um. Sie wußte nicht viel von der großartigen Organisation des Herzogs. Wenn die Vorbereitungen für den Kreuzzug begannen, wurden Menschen und Vieh in allen Räumen der Burg einquartiert. Die Jungmagd, eine runde und harmonische junge Frau, gähnte und streckte sich zur Decke hoch.
»Seht mal, die Sonne!« sagte sie und zeigte zum Rauchabzug.
Der Scharfrichter Rolf setzte alles auf einen feinen Rückzug. Er erhob sich auf die Knie und spürte, wie das Glied im Takt mit der rhythmischen Auslösung erschlaffte. Mit sicherer Hand steuerte er die Eichel aus der gefährlichen Zone und ließ es über den linken, weißen Schenkel regnen. Aber: Es sickerte nur aus ihr wie aus einem Brunnen während der Trockenzeit auf Sizilien.
Teufel, dachte der Scharfrichter, hier beim Herzog von Oranien verschrumpelt man vollständig. Seit mehreren Jahren nicht eine einzige, ordentliche Räderung. Bloß ein bißchen Hausbedarfskastrierung und Belustigungsfolter an Feiertagen.
Mit Sehnsucht erinnerte er sich an die Praktikantenzeit seiner Jugend beim Vicomte von Venedig. Das ganze Rhonetal lang gab es bei der männlichen Bevölkerung nicht einen einzigen heilen Nacken. Aus Halspulsadern strömte es rhythmisch und stoßweise. Inspirierend! Abends drang er tief und besinnungslos in das Kebsweib, und der Saft spritzte hoch an die Decke, traf wie ein launischer Strahl Strohdach und Fachwerk.
Heissa, das waren Zeiten gewesen!
Mit einem Seufzer klappte er den Hosenlatz hoch, warf dem Mädchen im Stroh ein paar klingende Dukaten zu, schulterte die Richteraxt und ging hinaus in die Sonne.
Der Troubadour Peter Cornelius erwachte mit Stroh im Bart und den ganzen Mund voller Scheunenstaub. Er kratzte sich am Kopf und starrte erstaunt in die Sonne, die sich durch Spalten zwischen den Wandbrettern einen Weg bahnte. Wo hielt er Hof? Wo war er?
Sein Schädel war leer wie eine provenzalische Taschenbuddel nach dem St. Michaels-Fest.
Teufel, dachte Cornelius, ich hatte einmal ein Pferd. Wie, zur Hölle, war er in diesem Schuppen gelandet?
Er erhob sich mühsam, bürstete das Stroh aus der Manchesterjacke und rülpste furchtbar. Und jetzt erinnerte er sich plötzlich.
Das Wirtshaus am Wege. Vielleicht ein Becher zuviel. Die Knechte hatten sein Pferd genommen, die junge Stute Veronica, weil er im Tal geradenwegs durch die Weingärten geritten war.
Er erinnerte sich, daß es ihm gelungen war, die Laute an sich zu reißen und in der Scheune zu verschwinden.
Die Laute? Ja.
Gewiß doch. Sie hing an einem Balken. Trocken im Halse wie ein Maurerpolier aus dem Süden, schlug er ein paar Akkorde und kletterte hinunter auf die Tenne.
»Wohin, zum Teufel, sind sie mit Veronica?« sagte er zu sich selbst und schlich vorsichtig durch ein Loch aus der Scheune.
»Die haben sich Stacheln an den Knieschienen angeschafft«, meldete der Schwertfeger Brink erregt. Er war drüben im anderen Ankleideraum gewesen, in dem sich die blau-weiße Partei mit den Vorbereitungen beschäftigte.
»Das ist gegen die Regeln«, sagte Ronald von Thüringen.
»Stacheln an den Knien!« schrie Morgan von Bretagne. »Wir müssen sofort Protest einlegen. So etwas kann der Herzog niemals akzeptieren. Wenn sich die Pferde bäumen und man bekommt so ein Dings zwischen die Augen!«
»Das wä... wä... wä... wäre ja le... le... lebensgefährlich«, sagte der alte Ritter Marcus, der Narbige.
Des Herzogs Gemahlin lag immer noch in ihrem Alkoven, lässig in die Kissen gelehnt. Sie seufzte und strich eine Locke aus der Stirn. Das Nachthemd war hochgeglitten. Sie beugte ein Bein und betrachtete ihr wohlgeformtes Knie. Durch das Fenster kam ein leichter Windhauch an die nackte Haut. Was kümmerte sich im Mittelalter der Wind um ein Verbot? Jetzt spielte er mit den Schamhaaren im Schoß der Herzogin, so daß ein lustvolles Gefühl in ihr aufkam. Sofort mußte ihre Hand dorthin. Ach, wieder geschwollen wie eine fleischfressende Pflanze! Mit einem Stöhnen streckte sie die Hand aus und umfaßte die Glockenschnur. Jetzt vor dem großen Turnier war vielleicht eine Beichte das einzige, was helfen konnte.
»Apropos Pest«, sagte Pater Gunardo und kratzte sich an der Tonsur, »ich habe gehört, daß sie Frankfurt am Main heimsucht, wo die Gottlosen wie die Fliegen sterben. Das bedeutet Arbeit für den heiligen Stand. Sollte ein solches Unglück des Herrn Oranien heimsuchen, so müßte man vorbereitet sein. Wir könnten jetzt zum Fest vielleicht den Ablaßpreis erhöhen.«
Herzog Alfons nickte nachdenklich und leerte ein Glas Klosterlikör. Er blickte auf, als die kleine Silberglocke über dem Pergamentregal bimmelte.
»Das ist die Herzogin«, sagte er mit einem Seufzer.
»Sie verlangt nach der Vormittagsbeichte«, sagte der Pater.
»Also, die nannten mich Herzog Alf von Organien?«
»Ja, das taten sie.«
Der Herzog gluckste vor Lachen. Pater Gunardo zog seine Kapuze über und steckte eine Flasche Likör zusammen mit seinem Brevier in eine kleine Ledertasche. Er hob die Hand zum Gruß.
»Die Pflicht ruft«, sagte er verbissen.
»Selbstverständlich«, meinte der Herzog und erhob sich. »Auch ich muß Mädchenkammern, Vorräte und Burgwächter inspizieren.«
Die Burg war auf einen Felsen gebaut worden. Zu ihren Füßen am Hang lag unter ihrem Schutz die Stadt. Eine typisch mittelalterliche Stadt mit Gängen und Winkeln, Wirtshäusern und Klöstern, Höfen und Bürgern, Handwerkern und Gesellen. Mehrere Tage hindurch hatten die Herolde des Herzogs bekanntgegeben, daß der große Kriegszug gegen das Heilige Land auch in diesem Jahr beginnen sollte. Das Volk sah den Vorbereitungen mit Freude entgegen. Es gab nur eine kleine Zahl von Freidenkern und allgemeinen Rabulisten, die sarkastische Bemerkungen über das Vorhaben machten. Das Volk brachte seinem Herrscher Vertrauen entgegen. Jetzt würde es vor allen Dingen Feste und allgemeine Fröhlichkeit in den nächsten Monaten geben. Jetzt kamen frohe Zeiten, und man flüsterte schmunzelnd über das menschliche Wesen des Herzogs und über seine skabrösen Abenteuer in der Stadt. Man sagte, daß er nachts heimlich die Burg zu verlassen pflegte und als gewöhnlicher Bürger (Volkspartei) in die Stadt kam, wo er sich, bis zur Unerkennlichkeit maskiert, am Wirtshaustisch zum Zechen niederzulassen pflegte. Kühn leerte er dann Becher auf Becher mit Malz- und Hopfengebräu, um dann so allmählich mit der einen oder anderen der Wirtshausnymphen die Treppe hoch zum Boden zu verschwinden. Speziell entzückt war der Herzog von jungen Frauen. Und man sagte im Vertrauen, daß der Wirt des Gasthauses Schwarze Katze den besonderen Auftrag hatte, in jedem Jahr, wenn die Kreuzzugsfeierlichkeiten begannen, dem Herzog eine unschuldige Jungmagd zu verschaffen. Der Wirt dort hieß Mandelbaum, und wenn es um besonders festliche Arrangements ging, wurde er Hofkellermeister genannt. Er war der Ansicht, daß die Vorbereitungen zu einem Kreuzzug anregend und gewinnbringend wären. Die kämpfenden Ritter feierten an den Abenden oft im Wirtshaus, sie waren Fremdlinge, die von Reich zu Reich fuhren, um mit ihren Rüstungen den Alltag zu vergolden. Alle bekamen hohe Honorare für ihre Leistungen und spendierten in ihrer Freizeit viel Geld. Nach einem Tag auf der Rennbahn wollten sie Wein und Frauen haben.
Die vier Weiber aus Friesland waren im Bad dabei, sich zu waschen. Sie lachten, lärmten und bespritzten sich mit Wasser, während sie sorgfältig Glieder, Haar und Schoß wuschen. Die Jungmagd, die nie vorher innerhalb der Mauern der Burg gewesen war, starrte voller mit Schreck gemischter Bewunderung auf die ausgewachsenen Hetären und lauschte erstaunt auf deren offenherzige Konversation.
»Den Mann mit dem Silberschlips nenne ich immer Ronald von Thüringen«, sagte eine rothaarige Hirtin und lächelte.
»In Reims im vorigen Jahr wirkte das Ding aber immer rostig«, sagte eine andere.
»Da muß er schon tief ins Glas geguckt haben.«
»Ronald ist selten nüchtern«, warf eine dritte ein. »Einmal im Neckartal roch er schon von weitem nach Fusel, und sein Silberschwanz war so schlaff, daß er beinahe auf den Händen stehen mußte, um ihn einzufädeln.«
»Hihi« und »hoho« und »haha« lachten die freimütigen, gebadeten Kebsweiber. Und die Jungmagd Angelica sah sie mit ihren großen, erstaunten Augen an.
Ohne über die Schwelle zu stolpern, stieg jetzt Pater Gunardo in das Gemach der Herzogin. Er bekreuzigte sich und lächelte freundlich, als er sah, daß die Situation altbekannt war.
»Lieber Vater«, sagte die Herzogin, »ich leide unter einer so schweren Angst.«
»Ich verstehe wohl«, sagte der Pater und notierte, daß die Frau im Alkoven nur notdürftig ihre weiblichen Reize verborgen hatte. Es war ihr gerade gelungen, aus dem Orient ein daunendünnes Seidennegligé zu ergattern, das nicht mehr als das Allernotwendigste verbarg.
»Ach, hätten wir nur einen Körper allein«, sagte Pater Gunardo und stellte dabei seinen kleinen Schrein mit dem Brevier auf den Nachttisch, »so wären die Probleme gering, aber die Seele, die Seele!«
»Der Körper muß das Seinige haben«, sagte die Herzogin, »das ist am schlimmsten, aber die Seele dürstet selbstverständlich auch. Wenn ich nur nicht solche Schmerzen hätte... «
»Wo sind denn die Schmerzen am schlimmsten?«
»Es spannt so sehr über der Brust.«
»Hier? «
»Nein. Hier!«
»Vielleicht sollte man lieber den Feldscher rufen?«
»Ach, das glaube ich nicht. Wenn man nur diese Spange aus Goldmetall lockern könnte, die mein Gemahl mir als aus echtem Gold gefertigt geschenkt hat. Nein, nicht da! Hier auf dem Rücken.«
»So?«
»Ja, so. Das ist schon besser.«
»Euer Gnaden sollten nicht so dicht anliegende Dinge um den Körper haben.«
»Aber Vater, die Anständigkeit verlangt es!«
»Natürlich.«
»Wie hier unten um die Hüften. Dieser Gürtel aus Perlmutter unter meinem Négligé.«
»Sitzt auch der zu eng?«
»Etwas zu fest. Nein, nicht so, mit dem Daumen! Wenn ich nur nicht solche Atemnot hätte.«
»Dagegen habe ich ein Elixier.«
»Pater, Sie sind wirklich vorsorgend.«
»In dieses kleine Glas aus böhmischem Kristall gieße ich jetzt einige Zentiliter eines Kräutergebräus, das ich selbst mit spiritus concentratus verschnitten habe. Das ist übrigens Latein und heißt konzentrierter Alkohol.«
»Ist das vielleicht stark?«
»Das ist möglich, aber es verringert die Verkrampfung.«
»Und wenn ich nur die Lippen damit anfeuchte?«
»Sie müssen feucht sein und so bleiben.«
»Aber nur ein wenig, Vater.«
»Man muß dem ganzen Gaumen zukommen lassen, was ihm zusteht.«
»Aaahhh, das kann vielleicht helfen. Stark war es, aber es wärmt schön den Körper.«
»Das möchte ich glauben.«
»Setzen Sie sich, Pater.«
»Danke, und wenn ich nicht die Daunendecke zerstöre. Ich könnte ein paar Verse aus der Heiligen Schrift lesen.«
»Ach, nicht jetzt. Vielleicht später. Ich habe zu große Angst einer anderen Art.«
»Könnte das vielleicht nach unten zur Taille hin sein?«
»Es drückt und spannt.«
»Wenn ich nun meine Hand auflege.«
»Ah, das ist schön.«
»Ihr habt eine sehr weiche, aber dabei doch feste und runde Struktur auf Eurem Bauch.«
»Oh, das war schön. Ich muß meine Lenden ein wenig anheben. So, jetzt ist leichter heranzukommen.«
»Wenn Euer Gnaden ein wenig die Beine öffnen wollten, ja genau so.«
»Meine Hand möchte auf Eurem Knie ruhen, Vater.«
»Gerne. Stützen Sie sich nur, wenn die Schmerzen schwer sind.«
»Es kommt in Wogen.«
»So ja. Jetzt habe ich es sicher gefunden...«
»Ich merke es.«
»Da muß es wohl sein.«
»Ohhhh...«
»Euer Gnaden fließen tüchtig.«
»Ich muß versuchen, mich auf Euren Pfeiler zu stützen, Vater. Ist es dort?«
»Nein, kommt mit Eurer Hand! Hier!«
»Oh, er ist schon wie eine Mörserkeule.«
»Das ist er meist zu dieser Tageszeit.«
»Wohin ging mein Gemahl?«
»Zur Mägdekammer und den Speichern.«
»Tut es weh, wenn ich die Haut zurückziehe?«
»Nicht weh, aber es steigert meine Unruhe.«
»Laß sie sich steigern, Vater.«
»Darf ich mich hinunterbeugen?«
»Kommt her!«
»Eure Brüste sind gereift, aber doch von gleicher Festigkeit wie bei den Novizen in einem Kloster.«
»Ihr schmeichelt.«
»Nein. Die Walderdbeeren, die ich auf Eurem Busen sehe, möchte ich mit meinen Lippen pflücken.«
»Ach, der Bart kitzelt, Vater!«
»Da ist nicht zu helfen.«
»Und eure Tonsur. Der kahle Scheitel mit seinem Haarkranz macht mich verrückt. Er ist wie...«
»Wie was denn?«
»Wie die Spitze eines Organs, mit dem ich täglichen Verkehr wünsche.«
»Sie haben einen intrikaten Humor. Ich bin wohl kein wandernder Stab.«
»Man kann nie wissen.«
»Ach, ich bin ein zurückgezogen lebender Mann.«
»Es fühlt sich nicht so an.«
»Wartet. Ich muß nur Platz bereiten.«
» So. «
»Das war besser. Der ist ja auf der Spitze voller Schaum.«
»Eure Hände, Euer Gnaden, machen mich verrückt.«
»Aber dann kommt doch!«
»Was für eine saftige Frucht Ihr alle Tage mit Euch herumtragt, meine Frau.«
»Die bereitet mir große Unruhe und Angst.«
»Nicht jetzt.«
»Ohh, nein. Ach nein. Tiefer hinein, Vater.«
»Langsam, langsam.«
»Schneller!«
»Wenn Ihr die Knie beugen würdet, sozusagen.«
»So?«
»Ja, so.«
»Oh, jetzt ist er richtig tief drin.«
»Dann können wir schneller machen.«
»So schnell Ihr wollt, aber laßt ihn drinnen. Oh, mein Vater.«
»Laßt mich meine Hände unter Eurem weichen Steiß wölben.«
»So.«
»Ja, so.«
»Au, ihr tut mir weh.«
»Das war nicht beabsichtigt.«
»Ihr füllt mich ganz aus. Vater, was für eine Mörtelkeule. Ihr beißt mir ins Ohr.«
»Es sollte nicht passieren.«
»Das macht nichts.«
»Ich muß tiefer hinein.«
»Das geht nicht.«
»Doch so.«
»Ohhh. Jetzt könnt Ihr nicht mehr tiefer hinein.«
»Dort ist es am schönsten, tief drinnen in Eurer bezaubernden Grotte.«
»Vater, Ihr nagelt mich im Bett fest.«
»Bei den Aposteln der Hölle!«
»Was meint Ihr?«
»Wir vergaßen,die Tür zu verriegeln.«
»Welch Unglück!«
»Kommt!«
»Aber Vater, steigt nicht ab!«
»Um nichts in der Welt. Faltet Eure Hände wie zum Gebet in meinem Genick.«
»So? «
»Genau so. Jetzt erhebe ich mich, und Ihr bleibt sitzen.«
»Oh, wie spannend.«
»Ihr reitet fein auf meinem standhaften Glied.«
»Oh, was für ein Schwung. Was für ein Glied besitzt Ihr doch.«
»Haltet Euch nur fest.«
»Ich glaube, ich platze in der Mitte.«
»Niemals bei dem Saft. Jetzt gehe ich breitbeinig zur Tür.«
»Ach, lieber Vater, das ist, als wenn ich rittlings auf einer kitzelnden Zauntür säße.«
»Beugt Euch nun über meine Schulter vor und verriegelt die Tür.«
»Wenn ich mich so vorbeuge wie jetzt, so spüre ich Euer Haupt an meinem Rückgrat.«
»Ist die Tür abgeschlossen?«
»Noch nicht. Wartet ein wenig. So!«
»Es gelang Euch?«
»Es ging.«
»Ich spüre es.«
»Habt Ihr die Kraft, mich zurückzutragen?«
»Gewiß kann ich, aber die Sache ist dringlich.«
»Beeilt Euch!«
»Umfaßt fest meinen Hals.«
»Ich lehne meine Wange an Eure Tonsur.«
»Es sind nur ein paar Schritte.«
»Legt Euch auf den Rücken, Vater, damit ich auf dem Pferdchen reiten kann.«
»Wie schön, meine Frau, es doch ist, sich so in die Kissen des Alkovens lehnen zu dürfen.«
»Liegt nur still.«
»Ich kann nicht. Ich kann nicht stilliegen.«
»Ihr schiebt mich in den Betthimmel hoch.«
»Wir möchten wohl alle mit der Zeit in den Himmel.«
»Es ist, als wenn man einen Hengst in wilder Karriere reitet.«
»Oh, jetzt.«
»Was denn?«
»Jetzt... jetzt kommt es!«
»Ich hebe mich ab.«
»Noch nicht. Es war blinder Alarm.«
»Entspannt Euch, Vater. Laßt es kommen!«
»Ach nein. Ihr seid schöner als die acht zwölfjährigen Novizen im Kloster zu Bordeaux.«
»Laßt es kommen. Laßt es kommen!«
»Bleibt sitzen. Bleibt sitzen!«
»Liegt still. Liegt still!«
»Steigt nicht ab!«
»Ich muß.«
»Nein, bleibt.«
»Oh...«
»Ah...«
»Oh...«
»Ummm...«
»Oh...«
»Ah...«
»Oh...«
»Au...«
»Oje...«
»Ummmm... ummmm... ummmm...«
Auf der Schwelle zur Mägdekammer traf Herzog Alfons von Oranien die Jungmagd Angelica. Verblüfft blieb er stehen. Was war das für eine Erscheinung? Kam sie direkt aus der Provinz, aufgezogen mit frisch gekernter Butter, Ziegenkäse, Stutenmilch und Sahne? Was für glänzendes Haar, welche flaumigen Arme, eine Haut wie eben vom Weihwasser benetzt, nackte, kleine Füße mit erdbeerroten Zehen. Unter dem Rock aus hausgesponnener Wolle bemerkte er ein rundes Knie von selten sinnlicher Schönheit.
Die Taille verführte zu lieblichen Assoziationen, und der Busen, ah, der Speichel stand blasig in den Mundwinkeln des Herzogs, als seine Blicke auf den Busen fielen, der sich unter einem Leinenzeug hob, das so lieblich war, als wäre es aus der Schwermut und Sehnsucht einer Sommernacht gewebt. Was war dies für eine Erscheinung?
»Meine Tochter«, sagte der Herzog, »meine liebe Tochter, wie ist dein Name? Sage mir deinen Namen und aus welchem Ort meiner Provinz du stammst. Nicht früher habe ich dich hier auf meiner Burg gesehen. Ich bin Herzog Alfons von Oranien. Man nennt mich... ja, übrigens, das ist unwichtig.«
Der Scharfrichter, der Rolf hieß, bestellte im Krug zur Schwarzen Katze einen neuen Humpen, als Peter Cornelius in das Lokal trat. Es war nicht viel Volk im Wirtshaus. Cornelius blieb auf der Schwelle stehen und sah sich um. Der Scharfrichter, der redselig war, winkte dem Fremden herzlich zu. »Tritt ein und setz dich, mein Freund.«
»Danke.«
»Endlich ein Mensch, mit dem man reden kann.«
»Hier ist nicht viel Volk.«
»Die meisten sind jetzt zur Burg unterwegs. Um die Mittagszeit soll Turnier sein, weil man die Festlichkeiten aus Anlaß des Kreuzzuges eröffnet. Mandelbaum! Einen Becher für meinen Gast!«
»Ich danke!«
»Sie sind Troubadour?«
»Ja, aus Burgund.«
»Ich sehe es an der Laute. Ich mag Leute, die eine Ballade spielen und singen können. Es sind im allgemeinen Menschen mit fröhlichen Herzen. Mit gefallen einfache, unkomplizierte Menschen.«
»Prosit!«
»Aber Sie sehen bekümmert aus.«
»Ja.«
»Warum?«
»Ich habe Veronica verloren.«
»Verlierst du eine, bekommst du tausend andere«, sagte der Scharfrichter und strich sich den Schaum aus dem Bart. »Sagt, kennt Ihr die Weise von dem Mönch, der zur Quelle ging? Das Lied spielte man immer beim Vicomte von Venedig. Das war ein Tausendsassa von einem Kerl. Sonst ist das hier ein Alfons. Übrigens, war sie schön? Jung?«
»Zwei Jahre.«
»Zwei Jahre? Eure Tochter also.«
»Nein, zum Teufel, mein Pferd.«
»Au verflucht. Das ist schlimmer. Wo, wann und wie verschwand es?«
»Gestern. Ich ritt eine Idee zu betrunken durch die Felder. Ein paar Knechte holten mich ein. Sie wollten mich ins Stadtgefängnis mitnehmen und behaupteten, daß ich durch die Weinberge geritten wäre. Ich floh, aber das Pferd blieb zurück.«
»Aha«, sagte der Henker, der Rolf hieß, »Ihr seid also sozusagen Sattelsäufer. Prosit!«
Er lächelte geheimnisvoll. Hier könnte sich vielleicht die Möglichkeit zu einer kleinen Sabbatsfolter im Stadtgefängnis bieten. Aber Troubadoure, die er so gern mochte? Er verwarf den Gedanken.
»Spielt auf, Troubadour!« sagte er und bestellte eine neue Runde. »Nur hervor mit der Laute. Die Musik wird den Kummer verscheuchen.«
»Macht los!«
»Macht weiter!«
»Steigt nicht ab!«
»Mein lieber Vater, es ist die dritte Runde, die Ihr mir gebt.«
»Der Körper muß das Seinige haben.«
»Jetzt hör ich schon die Herolde auf dem Burghof.«
»Es hilft nichts.«
»Ihr müßt die Kämpen mit Weihwasser einsegnen, wenn das Turnier beginnt.«
»Ihr sollt auf der Ehrentribüne sitzen, wenn das Turnier beginnt.«
»Die können warten.«
»Die müssen warten.«
Mit einem leisen Lachen öffnete Herzog Alfons die Tür zu seinem Arbeitsraum.
»Sieh«, sagte er zu der Jungmagd, die er behutsam an der Hand führte. »Hier ist das Allerheiligste. Hier plane ich den ganzen Kreuzzug.«
»Oh«, sagte die Jungmagd und sah sich verwundert um. »Kreuzzug, was ist das?«
Der Herzog lachte.
»Mein Kind, man muß die Heiden aus dem Heiligen Land vertreiben. Jerusalem soll befreit werden. Die heiligen Plätze müssen für das Christentum gerettet werden, das im Nahen Osten eine wenig populäre Religion ist. Warum gehst du immer mit nackten Beinen?«
»So ist die Sitte in den Bergen, Euer Gnaden.«
»Eine wirklich schöne Sitte.«
»Wieso?«
»Oh, nichts Besonderes, mein Kind. Sieh, hier ist mein großer Arbeitstisch, von Dokumenten überladen. Ich habe eine verantwortungsvolle Arbeit. Es gibt nur selten eine Gelegenheit, vollständig auszuspannen. Darum war ich so entzückt, als ich auf meiner täglichen Inspektion in der
Mädchenkammer und den Speichern dich sah, mein Kind. Warum trägst du so einen kurzen Rock?«
»So ist unsere Sitte in den Bergen, Vater.«
»Eine wirklich schöne Sitte.«
»Wieso?«
»Oh, nichts Besonderes, mein Kind. Man lebt hier hinter den Mauern der Burg und ist beschäftigt mit harter Planungsarbeit bis in alle Details des Kreuzzuges, und da werden einem Sitte und Brauch draußen in den Provinzen vielleicht ein wenig fremd.«
»Mögen Sie den Krieg so sehr?«
»Was?«
»Widmen Sie Ihr ganzes Leben dem Beginn eines Krieges dahinten in Jerusalem?«
»Verflucht, nein. Ich habe den Kreuzzug von meinem Vater geerbt. Hector hieß er und war wirklich rein verrückt, ich meine, er war wirklich ein richtiger Krieger. In Wirklichkeit mag ich Gewalt und so etwas nicht, im Gegenteil also. Wir bereiten nur einen Kreuzzug vor, ich möchte, daß Ihr das wißt. Ihr seid so jung und anmutig und, darf man sagen, unschuldig?«
»Das darf man wohl sagen. Ich finde, Kriegszüge in fremde Länder sind häßlich.«
»Wer findet das nicht? Wer findet das nicht? Aber setz dich hier auf meine einfache Pritsche, auf welcher ich in knappen Stunden zu meditieren pflege.«
»Danke.«
»Vielleicht ein Glas Mönchslikör?«
»Was ist das?«
»Das kann man nicht erklären. Das muß man spüren. Warum geht Ihr mit so nackten Armen, meine Tochter?«
»Es ist Sitte in der Provinz, Euer Gnaden.«
»Eine schöne Sitte.«
»Wer bläst da ins Horn?«
»Teufel! Bloß die Herolde unten auf dem Burghof. Die sind immer früh zugange.«
»Wie lustig das klingt.«
»Findest du? Probier ein Glas. Es ist echtes böhmisches Kristall.«
»Wie schön sie sind.«
»Probier!«
»Es schmeckt stark. Genau wie der Pfefferminzbranntwein, den meine Mutter in den Bergen uns immer im Herbst anbot.«
»Teufel.«
»Aber es war gut. Man wird bis unten in den Magen warm.«
»Haha, im kleinen entzückenden Magen. Vielleicht noch bis weiter nach unten?«
»Jetzt tuten sie wieder.«
»Hölle nochmal! Ich werde die Fensterluken zum Burghof schließen. So!«
»Wie dunkel es geworden ist.«
»Nur deine schönen Augen leuchten, mein Kind.«
»Was sagt Ihr, Euer Gnaden?«
»Ich meine es auch, meine Tochter! Darf ich meinen Kopf hier in deinen Schoß legen? Ein alter, hart arbeitender Mann muß sich bei der Jugend Erquickung holen.«
»Ihr seid wie ein Vater, so lieb.«
»Ah, das war schön. Was für schlanke Schenkel Ihr habt. Und welchen dünnen Rock.«
»Er ist nach einem Muster gewebt, das die Herzogin an die Hausmütter in der Provinz hat verteilen lassen.«
»Da sieht man! Da sieht man!«
»Aber warum tut Ihr das?«
»Muuummmm!«
»Nein!«
»Mums for men, wie es im Keltischen heißt.«
»Jetzt blasen sie wieder in die Luren.«
»Da pfeifen wir drauf.«
»Aber die warten wohl auf Euer Gnaden. Die vier Mädchen aus Friesland...«
»...scheiß ich drauf. Deine Schenkel, dein Schoß...!«
»Nein, nicht so. Das ist so komisch.«
»Das ist nur ungewohnt. Hier Tochter, komm mit deiner Hand!«
»Was denn?«
»So! Hier!«
»Wie komisch!«
»Das ist nicht komisch. Das ist natürlich.«
»Warum ist der so weich?«
»Gedulde dich ein bißchen, meine Tochter!«
»Meine Brüder, oben in den Bergen, haben viel härtere, außer wenn sie pinkeln.«
»Wart ein bißchen.«
»Was für ein kleines Dings Euer Gnaden haben.«
»Teufel, warte bloß.«
»Wie lustig das ist.«
»Hölle, wie wenig lustig.«
»Müssen Sie pinkeln?«
»Nein, zum Teufel. Das ist aber merkwürdig.«
»Jetzt blasen sie in die Luren. Nein aber, was ist das?«
»Es klingt, als wenn ein Pferd wiehert. Warte! Bleib! Was willst du im Erker? Bleib hier!«
»Ich muß auf die Wiese sehen.«
»Mein liebes Kind, bleib bei mir. Ich brauche nur ein wenig Zeit, um deine anmutige Erscheinung zu genießen, deinen weichen Nacken, deinen runden, festen Busen, deinen jungen, frischen Schoß.«
»Unten auf der Wiese steht ein weißes Pferd.«
»Laß es stehen!«
»Jetzt wiehert es wieder und sieht zu mir hoch. Armes Pferd, es ist ganz allein. Es hat sich losgerissen und verlaufen.«
»Wir scheißen auf Pferde.«
»Sie sind wirklich brutal.«
»Ach, wenn dem nur so wäre.«
»Aber ordnet Eure Kleidung. Liegt nicht da mit der ganzen Sache draußen. Jetzt blasen sie wieder in die Hörner.«
»Diese verfluchten Herolde.«
»Ich muß mich um das Pferd kümmern. Es sieht so traurig aus.«
»Wer sieht wohl nicht traurig aus?«
»Armer Herzog! Aber ich kann hier nicht untätig stehen, und Sie müssen bald den Krieg beginnen. Zieht Eure Hosen an und denkt an alle Menschen, die auf Euch warten.«
»Ich scheiß auf die Menschen. Meine Tochter, ich will nur dich haben.«
»Seid nicht traurig.«
»Was zum Teufel soll man denn sonst sein?«
»Nein, nein, nicht weinen!«
»Ich weine nicht. Ich bin nur enttäuscht.«
»So. Jetzt schließen wir die Öse hier und den Riemen da. Wie stilvoll Sie in Ihrer prachtvollen Uniform aussehen.«
»Findest du?«
»Ja. Das ist die prachtvollste Uniform, die ich je gesehen habe.«
»Wenn ich es selbst sagen soll, sie sitzt recht gut. Man ist ja nicht mehr so jung.«
»Sie sind der schönste Herzog, den ich kenne! Sie sollen eine richtige Umarmung bekommen.«
»Oh, meine Tochter!«
»So.«
»Mein Kind!«
»Und einen Kuß auch.«
»Ummmm... ummmmm.«
»Warum nennt man Sie eigentlich Herzog Alf von Organien?«
»Der Teufel mag es wissen, meine Tochter! Der Teufel!«
»Wollen wir vier-zwei-vier reiten?« fragte Morgan aus der Bretagne. »Das werden wohl die Blauweißen tun.«
Er schloß mit einem Knall das Visier.
»Es ist schon eine verdammte Menschenmenge auf den Tribünen«, sagte Wilhelm von Wallonien, der in der Tür des Ankleideraumes stand und spähte. »Und seht! Da kommen die vier Mädchen aus Friesland.«
Alle grün-schwarzen Kämpen drängten zur Tür.
»Ja, verflucht«, sagte Monsieur Richard.
»Pa... pa... pa... pax der Rothaarigen«, sagte der alte Marcus und zwirnte seinen Bart.
»Verflucht, aber was macht man denn mit den Köpfen?« fragte der Troubadour und lehnte sich in der Bank zurück, während er einen Fidibus an die Pfeife führte.
»Das ist es ja eben. Das ist das Interessante«, sagte der Henker, der Rolf hieß. »Das kommt darauf an. Einige Prinzipale wollen sie zur allgemeinen Abschreckung auf Zaunpfosten aufgesetzt wissen, ein Teil will sie ein paar Tage auf dem Galgenhügel haben, bis die Krähen sie abgefressen haben. In Städten mit einer Universität oder höheren Schulen gibt es immer einen Professor der Anatomie, der sie für den Unterricht gebrauchen kann. Es ist, wie gesagt, sehr verschieden. Prosit!«
»Prosit«, sagte der Troubadour und erhob seinen Humpen.
So wie er saß, konnte er in die Gasse hinaussehen, die jetzt bis auf ein paar spielende Kinder leer war. Die Sonne stand hoch über den Strohdächern, und der Frühlingswind war mild. Eine Fliege summte verschlafen unter der Balkendecke, und der Troubadour Peter Cornelius gähnte.
Aber plötzlich leuchtete sein Gesicht auf! Ja.
Ja, doch, es war ein Pferd! Zu, zum Teufel: Was an sein Ohr drang, war das Trippeln einer edlen Stute auf den Katzenköpfen des Pflasters. Er erhob sich von der Bank und ging zur Fensterluke. Weit hinten in der Gasse, unter dem Schild des Zinngießers, sah er sein weißes Pferd mit der allerniedlichsten Nymphe im Sattel. Er griff nach seiner Laute und lief aus dem Wirtshaus hinaus.
»Was, bei allen Kebsweibern«, sagte der Henker. »Wohin, zum Teufel, willst du?«
»Veronica!« schrie Peter Cornelius und lief dem Pferd entgegen, das wild wiehernd an zu traben fing, als es seinen Herrn sah.
»Veronica, Veronica!« sagte der Troubadour und klopfte den Widerrist des Pferdes, ja, umarmte es beinahe ganz, betäubt vor Freude. Dann sah er zu dem Mädchen im Sattel hoch. Eine anmutigere Jungfrau hatte Oranien selten geschaut.
»Ihr habt Veronica gefunden, teure Jungfrau«, sagte er. »Das ist eine phantastische Tat. Wie soll ich Euch dafür danken können? Sagt mir Euren Namen, und ich werde Euch zu Ehren eine Ballade dichten.«
»Ich heiße Angelica«, sagte die Jungmagd und lächelte ihr allerlieblichstes Lächeln. Peter Cornelius schwang sich hinter ihr in den Sattel. Er spürte den süßen Duft der jungen Frau, und mit einem fröhlichen Lachen setzte er dem Pferd die Sporen in die Weichen.
»Jetzt fliegen wir weg über die Wiesen«, sagte er.
»Gern«, sagte die Jungmagd. »Die Stadt hier wirkt so komisch, so liederlich in gewisser Weise.«
Die Kämpen ritten hinaus auf den Burghof zum großen Mannschaftsturnier. Trompeten erschallten, Wimpel flatterten, die Federbüsche auf den Helmen wippten, die Lanzen blitzten, die Pferde schnaubten, das Riemenzeug glänzte, auf den Tribünen prangten Girlanden, und auf den Ehrenplätzen nahm gerade, begleitet von Pater Gunardo, die Herzogin Platz.
Die Menschen erhoben sich und schrien Hurra. Nach einer Weile kam der Herzog aus dem großen Portal, und als er sich in seiner neuen, schönen Uniform zeigte, wurde er mit Trommelwirbeln von den Wällen begrüßt. Er nahm neben der Herzogin Platz, küßte ihr keusch die Stirn, während Gunardo ekstatisch Weihwasser über sie spritzte.
Der Jubel des Volkes wollte kein Ende nehmen. Das war ein großer Tag in Oranien. Der Herzog sah eine Idee desorientiert aus, aber dann entdeckte er die vier Kebsweiber aus Friesland, die sich umarmten und ihn anlächelten. Sie hatten sich ordentlich aufgedonnert, und bei ihrem Anblick spürte er, wie sich eine schöne Wärme von den Weichen in die Schenkel ausbreitete. Bald spannten seine Hosen richtig annehmbar, und der Herzog seufzte erleichtert. Seine Gemahlin lächelte ihn aufmunternd an.
Monsieur Richard, den sie den Hasenherzigen nannten, prüfte die Gegner genau. Und da! Da war er: Johann von Bordeaux. Er hatte das Visier unter seinem blau-weißen Federbusch hochgeklappt und grinste bösartig zu Monsieur Richard hinüber.
Ach ja, komm du man, dachte dieser, jetzt hat man meinen Sack gepanzert, das kannst du glauben.
Und er drückte die Brust heraus, daß es in der Rüstung knackte und holte tief Luft, als die Herolde des Herzogs die Trompeten erschallen ließen zum Zeichen, daß die Spiele ihren Anfang nehmen konnten.
»Die Möse quer«, murmelte er zwischen zusammengebissenen Zähnen, als er der Stute die Sporen gab, »vielleicht, vielleicht!«