Valentin

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Die Norm und die aus ihr geborene Normalität sind nicht mehr als ein gesellschaftliches Konstrukt. Für die meisten von euch ist diese unwiderlegbare Tatsache schwer zu verstehen. Wohl werdet ihr euch bis zu eurem Tode nicht damit befassen wollen. Und ihr bekämt nur dann einen Geschmack davon, wenn ihr Zeuge eines Phänomens würdet, das von der Norm abweicht. Schon eine anders geartete Begrüßung, das Tätscheln der rechten Wange etwa anstatt eines Händedrucks, würde euch befremden. Doch ohne dem nötigen Potential zur Reflexion werdet ihr diese Begebenheit als skurril abtun und euch weiter in den Alltag fügen. Letztendlich benötigt der Alltag aber das Abweichende, um Normalität bleiben zu können. Darum berichten Zeitungen so mannigfaltig über abweichendes Verhalten, ja, dadurch konstituieren sie eine Wahrheit, die eigentlich nicht existiert.

Nun, es mag doch eine Wahrheit geben, die nämlich, dass abweichendes Verhalten ein Hirngespinst ist. Hierbei handelt es sich lediglich um Zuschreibungen durch andere. Entscheidend ist, dass ihr im Laufe eures Lebens eine Wahl treffen müsst: euch anpassen oder euer Leben so leben, wie es euch beliebt, auf die Gefahr hin, von der Norm abzuweichen. Das mag nur marginal sein, in Ausdrucksweise, oder schriller, bei der Kleidung. Es mag aber auch zu einer Beeinflussung von anderen führen, im Guten wie im Schlechten. Trefft ihr die Wahl des Zweiten, wird aus der Devianz ein delinquentes, ja, ein kriminelles Verhalten. Und das wird, in einer Gesellschaft wie der unseren, bestraft. Als Delinquent tätet ihr gut daran, dies nun zu verheimlichen. Dafür braucht ihr nicht nur das Potential zur Reflexion, sondern auch und besonders ein hohes Maß an Selbstkontrolle und einen wachen Geist. Ihr müsst euch durch vernunftgeleitetes Handeln auszeichnen und dürft euch nicht dem Alb der Perversheit ausliefern. Wisset, niemals das zu tun, was ihr nicht tun solltet. 

So jemand bin ich.

Die Geschichte meines Lebens ist für das, von dem ich nun berichten möchte, unerheblich. Es sei nur gesagt, dass ich mich zu denen zähle, die sich nicht anpassen und sich selbst ein eigenes Leben schenken. Ich möchte gleich hinzu fügen, dass ich mich nicht allem erwehre, das von der Masse praktiziert und akzeptiert wird. Dann wäre ich lediglich ein opportunistischer Narr. Vielmehr wähle ich frei, was für mich und mein Leben Sinn macht. Befinden sich darunter anerkannte Konventionen, dann nähere ich mich eben in diesem Bereich einer Norm an. Wie das im Fall der gepflegten Erscheinung auf der Arbeit ist. Ja, ich genieße eine tägliche Körperpflege. Mehr noch, dass ich überhaupt einer geregelten Arbeit nachgehe, erscheint als weiteres Indiz, dass ich mich anpasse. Aber mitnichten!

Einer Arbeit als Angestellter komme ich nur nach, weil ich für meine Vorhaben eines Einkommens bedarf. Die regelmäßige Pflege meines Körpers ist nurmehr ein Vorbeugen nicht aufzufallen. Je mehr ich in der Masse eingehe, angepasst erscheine, desto weniger traut man mir dasjenige abweichende Verhalten zu, um das es mir heute geht.

Ich trage ein Allerwelts-Gesicht, an das man sich bei einer zweiten Gelegenheit kaum erinnern wird. Meine wahren Absichten bleiben somit gut getarnt. So ist mir möglich, mich trotz meiner Taten unauffällig unter euch zu bewegen. Es bedurfte weiß Gott einiges an Übung. Eigentlich ist meine Devianz nur eine zwangsläufige Folge meiner Profession. Ich kann behaupten, ohne sie würde ich gar nicht abweichen müssen. Ich schreibe Geschichten. Wann und warum ich damit begann, tut nichts zur Sache. Ich schreibe und damit muss alles gesagt sein.

Diese Profession an sich ist schon abweichendes Verhalten genug. Stundenlang sperrt man sich ein, um Worte auf leere Seiten zu schreiben. Tagsüber und unter Menschen ist man geistesabwesend, weil man mit dem Strukturieren und Verbessern seiner Ideen beschäftigt ist. Partiell wird man so zu einem unsozialen Wesen, eine wandelnde Paradoxie, weil der Mensch, so auch der Schreibende, in einem sozialen Gefüge doch lebt.

Aber dem ist nicht genug. Es sind meine Geschichten, die mich zu weitaus enger definiertem, abweichendem Verhalten führen. Ich bewege mich dann im Bereich der Delinquenz. Nur meinen wahrhaftigen Gaben des Geistes ist es zu verdanken, dass ich nie einer Strafe gegenüber treten musste. Aber wie gestaltet sich das im Einzelnen, wenn ich für meine Geschichten die Grenzen der profanen Legalität überschreite? Dies zu erläutern, ist mein Anliegen, und mehr noch, mein bisheriges Meisterstück zu offenbaren, das beweisen wird, wie gesund ich geistig bin, obwohl ihr Anhänger der Norm ganz sicher das Gegenteil annehmen würdet.

Schreiben zu können, heißt nicht, alles zu wissen. Darum bedarf es Erfahrungen, um wissen zu können, worüber man schreibt. Diese einfache Tatsache mag noch jedem einleuchten, aber man muss sich auch damit auseinandersetzen, was dies für den Schreibenden bedeutet, möchte er nicht nur von Arbeit, Fernseher, Chats, kurz dem Alltag berichten. Der Schreibende ist aufgefordert, seinen Schreibplatz des öfteren zu verlassen, sich der Welt um ihn auszuliefern oder, wie in meinem Fall, die Welt ihm auszuliefern. Er muss sich Erfahrungen beschaffen, ganz gleich, um welchen Preis. Wenn er nicht den Mut dafür aufbringt, bleibt sein Schreiben zum Scheitern verurteilt.

Es ist kein Geheimnis, dass wahre Literatur von den Störungen der Gesellschaft handelt. Damit all diejenigen, die in der Norm festsitzen, einen faden Geschmack davon bekommen, welche Spielarten des Menschseins überhaupt existieren. Fade deshalb, weil sie nie voll schmecken werden, was sie da lesen. Es ist aus zweiter Hand. Darum ist meine Profession auch für niemandem als mich selbst. Trotzdem bin ich veröffentlicht und die Leser mag es faszinieren, welche Ausgeburten meines Gehirns ich auf das weiße Blatt verbanne. Keiner wird vermuten, wie all das auf Erfahrungen basiert.

Doch genug meiner Vorrede. Ihr wollt doch nur eines, dem abweichenden Verhalten beiwohnen, nicht einer abstrakten Abhandlung folgen. Nun, dann folgt mir in den Malstrom meines Wesens.

Bisher vollendete ich drei Romane und ein jeder behandelt eine besondere Art der Devianz. Ich nenne sie meine Trilogie der Grausamkeiten, mit einer Steigerung von Band zu Band. Dabei war es mir ein Anliegen, aus körperlichen Erfahrungen emotional verbalisierte Sinneinheiten zu formen, die sich von Absätzen über Kapitel zu einer vollständigen Geschichten entwickelten.

Für den ersten Roman näherte ich mich dafür der Tierquälerei an. Es sollten zwei sehr unterschiedliche Charaktere aufeinander treffen. Der eine schützt die Tiere, der andere quält und tötet sie zum Vergnügen. Zwischen ihnen entsteht eine Freundschaft. Ich wollte ergründen, ob und wie der Konflikt zwischen ihnen gelöst werden kann, sind sie schließlich über ihre Taten in Kenntnis gesetzt. Ich möchte hinzufügen, dass ich ein friedliebender Mensch bin und jegliches aggressives Potential vermissen lasse. Umso schwerer war es für mich, einer unschuldigen Kreatur Leid anzutun, zu Beginn meiner Nachbarskatze. Es war äußerst notwendig, zu erfahren, was einer spürt, der solch eine, ja, abscheuliche Tat begeht. Schon bei meinem zweiten Objekt, dem Hund einer Bekannten, begriff ich es mit all meinen Sinnen. Mein Sein erhöhte sich durch die ausgeübte Macht.

Nun wollte ich beide Charaktere genügend begreifen, also wurde ich Mitglied einer Tierschutzorganisation, nahm rege an Sitzungen teil und unterstützte ehrenamtlich einen Tierarzt auf dem Lande. Dort war es auch, wo ich meine nächsten Opfer fand. Das waren sie zweifellos, meine Opfer. Und ich war ein Täter, der anderen Opfern und Leidenden zur Genesung verhalf. In beiden Bereichen lernte ich schnell. Welche Hilfsmittel Qualen verursachten, ohne dass ein Tier zu schnell verstarb, und wie ich Verbände und Schienen an verletzte Stellen zu legen hatte. Als ich den inneren Ruf des Schreibens vernahm, löste ich jede Verbindung mit der Organisation, teilte mit, dass meine Arbeit mich zu sehr beanspruchte, und verschwand aus ihrem Leben ohne Beweise zu hinterlassen.

Kaum war ich froh, keiner Kreatur mehr Leid anzutun, bahnte sich all das Verdorbene an die Oberfläche, als ich zu schreiben begann. ,Schutzlos' heißt mein Werk und arbeitet detailliert die Gegensätze meiner Figuren heraus, Gegensätze, die körperlicher kaum sein können und als Grundprinzip des Menschen walten. Verletzen und Heilen, oder abstrakter doch treffender: Zerstören und Erschaffen.

Im Feuilleton wurde mein Werk gut besprochen, daher bat mich mein Verlag um ein Folgeprojekt. Und damit erarbeitete ich mir meinen nächsten Stoff, die häusliche Gewalt. Wie wohlwollend das Schicksal war, bin ich schon vor Jahren den Bund der Ehe eingegangen. Es fiel mir nun umso schwerer, wegen meines doch so liebenswerten Charakters, meiner armen Frau Gewalt anzutun. Dazu erforderte es mehr an Übung als für mein erstes Projekt. Und was mir für meine Taten fehlte, war ein Motiv, ein anderes als einen Roman schreiben zu wollen. Meine Frau war zu weit von jeglichen, unangenehmen Charaktereigenschaften entfernt, dass ich nichts in ihrem Verhalten fand, das in mir jene Aggression auszulösen vermochte, die ich für meine Recherchen benötigte. Ein einziges Mal war ich versucht, ihr mit der flachen Hand ins Gesicht zu schlagen. Sie hatte mir aus Versehen einen Teller aus der Hand geschlagen. Beim Umdrehen hatte sie mich nicht bemerkt. Ich erschrak so sehr, dass ich in einem Reflex ausholte. Aber ihr liebliches, ja, engelsgleiches Gesicht brachte mich sofort auf den Boden der Vernunft. So schnell war alles gegangen, dass sie meine Rage gar nicht bemerkt hatte. Wollte ich bei meinem Romanprojekt über die Theorie hinweg kommen, benötigte ich Hilfe. Da wandte ich mich dem einzigen Mittel zu, das mir als Vertrauter gewalttätiger Ehemänner bekannt war: dem Alkohol.

Ich war nie ein starker Trinker. Eher verabscheute ich den Geruch von Bier und Wein und war einem guten Tee zugetan. Die ersten zwei, drei Male in einer Kneipe waren mir nicht mehr als drei Gläser möglich. Danach war mir übel, das erste Mal übergab ich mich. Doch von meinem rebellierenden Körper wollte ich mich nicht entmutigen lassen und fand mich bald darauf täglich in derselben Spelunke ein, wo ich schnell Trink-Bruderschaften schloss, während meine Frau schon leichten Argwohn hegte. Jetzt konnte ich mit den ersten Aufzeichnungen beginnen, wie unser einst so friedliches Heim schleichend von Streitereien belästigt wurde. Den Schriftsteller in mir befriedigte dies ungemein, aber der Mensch, der litt. Welches Leiden lässt sich mit dem Alkohol vergleichen?

Es war zu einer Zeit, in der ich jede Nacht nun betrunken nach Hause kam, mich sogleich ungewaschen und mit alkoholgetränktem Atem in unser Ehebett kroch, und meine Frau, ganz gleich, ob sie ein Buch las oder schlief, mit meinem körperlichen Verlangen belästigte. Ich sage belästigen, weil ich so lange an ihr zerrte, bis sie sich mir hingab. Hier schon hatte ich eine erste Grenze überschritten. Eines nachts nun hatte sie genug, was ich ihr bei Gott nicht verdenken kann, und sie klatschte mir unversehens mit der flachen Hand in mein Gesicht, wie ich es mir wünschte, bei ihr schon längst getan zu haben. In meinem benebelten Geist war dies Vorwand genug, mit der Faust in ihren Bauch zu donnern.

Auf einen Moment der Macht folgte augenblickliche Reue, dann Tage der Entschuldigungen, die nun immer folgten, wenn ich mich an ihr vergangen hatte. Auch wenn es manches Mal länger brauchte, sie verzieh mir und wir beteuerten uns, und da war ich stets nüchtern, wie sehr wir uns liebten. Ich begriff den Kreislauf früh und füllte Seiten um Seiten von einem Mann, der nicht anders konnte als mit Schlägen seine Liebe zu erkaufen. Alsbald nahm sich meine Frau vor, mir beim Austreiben dieses Dämons zu helfen, ja, mich vor ihm zu erretten. Als wäre nur sie dazu fähig und ich eigentlich hilflos. Monate vergingen, und es mag gar eine neue Normalität entstanden sein. Wir lebten in einer misshandelnden Ehe und all die widersprüchlichen Gefühle in mir und ihr aufopferndes Verhalten verhalfen mir, den Roman zu beenden. Nun fast, es fehlte noch der Schluss.

Bei Romanen stieß ich bisher nur auf zwei Gattungen, die sicherlich auf die ursprüngliche Dualität des Theaters zurückzuführen sind, Komödien und Dramen. Während die Auflösung der ersteren stets eine Entwirrung der Widerstände mit sich brachte, endeten Dramen im Düsteren, das nicht selten mit dem Tod, bestimmt jedoch mit einer auswegslosen Situation gekennzeichnet war. Da mein Roman ein Drama war, benötigte ich eine letzte, bösartige Steigerung.

Ich stritt mit ihr am frühen Morgen, als mein Kopf vor Schmerzen noch zu keinem klaren Denken fähig war. Am Vorabend hatte ich mein tägliches Pensum an Bier und Wein mit Whiskey gehörig überschritten. Meine sonst so sanftmütige Frau schrie mich an und drohte mir das erste Mal, mich zu verlassen. Da begriff ich, wie es war, rot zu sehen. Wenn das Reflektieren aussetzte und der Dämon zu steuern begann. Ich erfuhr die Essenz meiner Hauptfigur. Diesmal beließ ich es nicht bei Faustschlägen in Magen und Unterleib. Hatte ich bisher auf ihr Gesicht Rücksicht genommen. Auch, damit keiner äußere Anzeichen unserer gewalttätigen Partnerschaft wahrzunehmen vermochte. Erst als sie auf dem Boden lag und meine Schuhe von ihrem Blut glänzten, wurde ich gewahr, dass jemand Fragen stellen würde, sollte meine Frau in ein Krankenhaus kommen. Ihr vor Schmerzen zuckender Körper und das wimmernde Pfeifen durch ihre aufgeplatzten Lippen waren Zeichen genug, dass wir aus diesem Streit nicht mehr so einfach treten konnten. Sie brauchte Hilfe. Doch ich behalf mir, indem ich den Toaster so lange auf ihren Kopf schlug, bis sie leblos da lag. Danach verwüstete ich unsere Wohnung, brach das Schloss der Tür heraus und verschwand zur Arbeit, nachdem ich mich und mein Äußeres gereinigt hatte.

Oh, wie ich litt an diesem Tag. Bis abends zu warten, auf dass ich sie fand und endlich die Polizei rief. So lange war sie schon tot, sagte ich unter Tränen, und ich wusste es nicht. Bis mich ein Sanitäter beruhigte, sie atmete noch, sie müsste sofort ins Krankenhaus. Wie gesagt, es erforderte viel an Übung, mich so unscheinbar unter euch zu bewegen, und damals wäre beinahe alles zu Ende gewesen, mit mir und meiner Profession. Mein Glück ist bis heute, dass meine Frau im Koma liegt und niemand sicher sagen kann, ob sie je wieder erwachen wird. Ich spielte meine Rolle des trauernden, Tod-unglücklichen Ehemannes so perfekt, dass kein Polizist auf die Idee kam, mich zu vernehmen. Um so authentisch wie möglich zu sein, besuche ich sie nun mindestens drei Mal die Woche, obwohl mir sogar nahe Freunde mittlerweile raten, wieder in die Welt hinaus zu gehen. So nennen sie die Brautschau. Doch das würde nur meine Fassade angreifen.

Zunächst zögerte ich, meinen zweiten Roman ,Das Feuer in mir' zu veröffentlichen. Niemand sollte auf die richtigen Gedanken kommen. Aber sobald er in den Buchhandlungen auslag, wurde gelobt, wie abartig nah die Darstellungen an der Realität waren. Wieder zum Glück brachte keiner zwei so offensichtliche Faktoren in seinem Gehirn zusammen.

Sich auf das Glück zu verlassen, mag verlockend sein, aber ich wusste, dass es mir nur in diesem Fall so hold gewesen war. Für meinen nächsten Roman wollte ich mich gänzlich auf meinen Geist verlassen. Nichts weiter mehr! Und er wurde mein Meisterwerk. Er ist der Grund, warum ich jetzt mein Schweigen breche. Valentin.

Mittlerweile war ich geübt im Erniedrigen und Misshandeln, in Quälerei und Morden, letzteres nur bei Tieren, und mir war es möglich, diesen Geisteszustand einer machtbesessenen, gewalttätigen Seele augenblicklich zu erreichen. Zum Schutz meiner friedliebenden Natur aber verbannte ich diesen Dämon in die hinterste Region meiner eigenen Unendlichkeit. Ich wurde gewahr, dass ich ihn nur dann wirklich verabschieden konnte, wenn ich seinen Schrecken in vollem Ausmaße wahrnahm. Bei jedem anderen, da bin ich gewiss, hätte jenes Experiment zu seiner Auslöschung geführt, in der der Dämon vollkommen die Kontrolle übernimmt. Aber ich kontrollierte ihn, denn ich hatte ihn erschaffen. In meinem Fall war Dr. Jekyll der Stärkere. Darum nur gelang mir das Meisterwerk.

Es muss jedem bewusst sein, wovon ich rede. Zur Vollendung meiner Trilogie über die grausame, menschliche Seele bedurfte es eines Mordes. Auf solch eine niederträchtige Weise, dass keiner meiner Leser annehmen konnte, dies hätte tatsächlich ein Mensch getan. In einem Zeitalter des filmisch absurd perversen Mordens stellte dies auch meine größte Herausforderung dar. Nicht gefasst zu werden, bis heute nicht, war dagegen kinderleicht. Aber der Reihe nach.

Es bedurfte für die Ausführung meiner Recherchen einer peniblen Struktur, in der jeder Schritt logisch durchdacht und perfekt geplant sein musste. Ich stieß dabei auf eine Trinität der Handlungsanweisungen, die jedem angehenden Mörder als Anleitung dienen könnte, sofern er sich vor seiner Tat überhaupt Gedanken macht. Mithilfe der vorhin erwähnten drei Tugenden ist auch der reibungslose Ablauf meiner entdeckten Struktur möglich: dem Treffen jedweder, dem Fall angepassten und notwendigen Vorbereitungen; der präzisen Durchführung der gewählten Mordmethode; und dem gänzlichen Beseitigen aller Beweise.

Ist nach diesem Prinzip erst ein ausgefeilter Plan entworfen worden, ist es äußerst wichtig, nicht mehr von ihm abzuweichen. Es sei denn, man wird äußeren Einflüssen ausgesetzt, an die vorher noch kein Gedanke verschwendet wurde. Einen guten Plan zeichnet aber aus, sowohl externe als auch interne Faktoren berücksichtigt zu haben. Mein Plan war von solch einer Brillianz, dass ich ihn nur mit meinen Handlungen zu füllen brauchte und ohne weiteres Nachdenken mich ganz den Erfahrungen hingeben konnte.

Wie für eine Kurzgeschichte aber musste ich das Ende kennen. Damit meine ich nicht, wie ich Beweise loswerden sollte, nein, sondern das Wie des Mordens. Ich legte mir detailliert zurecht, wie ich mein Opfer ermorden wollte, auch um meinen Roman planen zu können, aber noch mehr, weil sich aus dieser Entscheidung alle weiteren Schritte ergaben.

Ein Beispiel? Wollte ich ihn (oder sie) erschießen, benötigte ich eine Waffe (woher? Und später, wohin damit?). Ich müsste auch berücksichtigen, dass ein Schuss (oder mehrere) sehr gut von anderen wahrgenommen werden konnte (also wo durchführen?). Sind alle Probleme und Fragen zufriedenstellend gelöst und beantwortet, konnte man mit der Durchführung beginnen.

Für meinen Roman erdachte ich mir einen Protagonisten, der nah am Opfer sein wollte, wenn es starb. Ich hatte vor, die Essenz von Leben und Tod einzufangen und nur so schien es mir möglich. Also nah sein, ganz nah. Nicht nur sehen, wie der Mensch vor mir stirbt, sondern es erleben, für einen Moment vielleicht selber das Opfer sein. Ich wollte ihn (oder sie) erstechen. In Blut werden wir geboren, in Blut sollen wir wieder gehen. Dadurch ergaben sich die Fragen, ohne dass ich überlegen musste:

Mit welchem Gegenstand sollte dies geschehen? In welche Regionen des Körpers sollte ich stechen, wenn ich wollte, dass mein Opfer nicht zu früh verstarb? Mit welchen Materialien hatte ich den Boden auszulegen, um das Blut aufzufangen? Was sollte ich dafür an Kleidung tragen? Wo sollte es stattfinden?

Ich fand auf diese und viele andere die passenden Antworten. Ich fertigte Skizzen an und hielt alles in einem Notizheft fest, das ich später vernichten wollte. Ein Mensch, der so präzise und gewissenhaft zu planen vermag, kann nicht verrückt sein, oder? Und verrückt, die Bezeichnung allein ist nur ein Wort der Hüter der Norm. Ohne echtem Gehalt.

Ich erwähnte, wie normal ich mich unter euresgleichen zu bewegen vermag. So war ich einer von vielen, die im Baumarkt einkauften. Ich wählte dafür einen Sonnabend und nahm mir Zeit, durch die Flure zu schlendern, auch in Regale zu schauen, deren angebotene Waren mich nicht interessierten. Ganz nebenbei fanden meine Utensilien ihren Weg in den Einkaufswagen. Plastikplane und Klebeband, eine Säge, Schutzbrille sowie Handschuhe. Ich wusste nicht, ob die Säge auch Knochen durchtrennte, so kaufte ich eine, die für Eisen geeignet war. Als einer von vielen Kunden verließ ich den Markt wieder. Nie werdet ihr wissen, wie viele von uns dort unterwegs sind.

Der Einkauf war leicht. Ebenso der Erwerb eines Fleischermessers in irgendeinem wahllos gewählten Kaufhaus. Schwieriger war, den Ort des Geschehens zu bestimmen. Wo fand ich ausreichend Zeit und Muße, alles vorzubereiten? An einem Ort, der nur selten besucht wurde. Die Wohnung meines Opfers schien praktisch, aber war mit zu vielen unabwägbaren Faktoren verbunden: Nachbarn; Bekannte, die einen Zweitschlüssel besaßen; gar Ehepartner oder Kinder. Auch wenn es mir missfiel, die einzige Möglichkeit bildete ein Wochenendhaus, das meine Frau von ihren Eltern geerbt hatte. Dort konnte ich ungestört zu Werke gehen. Doch es gehörte zu mir. Am liebsten war mir ein fremder Ort, den ich nach meiner Tat nie wieder aufsuchte. Pläne schmieden hieß auch, sich dem anzupassen, was vorhanden war.

Ich brauchte einen Wagen, um zum Haus zu gelangen. Es sollte der meines Opfers sein. Mein eigener war mir dafür zu unsicher. Und ich brauchte ein Sedativum, mit dem ich es über Stunden in Schlaf versetzen konnte. Dies war umso schwieriger zu besorgen, da ich von Medikamenten wenig wusste. Im Krankenhaus aber, dort, wo meine Frau noch liegt, hörte ich mich um, ohne dass die Menschen bemerkten, wie ich ihre Gespräche belauschte. Es war mir möglich, mich mit einer Frau bekannt zu machen, deren Freund durch seine Verbrennungen starke, intravenöse Schmerzmittel benötigte und bei Anfällen auch Beruhigungsmittel. Morphium, glaube ich, zumindest ein Opiat. In einem unbeobachteten Moment entwendete ich eine Ampulle. In einer Apotheke dann erwarb ich Spritzen.

Das Einzige, was mir fehlte, war mein Opfer. Und es musste abgesehen vom Wagen noch zwei weitere Kriterien erfüllen. Es durfte nicht schwer sein. Ich müsste es öfters tragen können. Noch Entscheidender aber war, mein Opfer musste eine mir unbekannte Person sein. Mehr noch, ich durfte mich bei der Wahl von keinerlei Präferenzen leiten lassen. Ein absolut wahlloses Auswählen. Wo war dies besser auszuführen als in einer geschäftigen Straße in der Stadt? Dort fiel es nicht auf, wenn ich einer Person aus der Masse folgte.

Oh, wie ich mein unangepasstes Verhalten genieße, wenn es unter euch so angepasst erscheint. Die Menschen sind zu sehr mit und in ihrem Alltag beschäftigt, dass ihnen die Dämonen der Gesellschaft gar nicht auffallen, wenn sie unter ihnen wandeln. Dabei sehen sie sie jeden Tag, Schläger, Pädophile, Mörder aber auch Selbstmörder, Todkranke, kurz innerlich Entstellte. Eine Masse von Abnormen bildet so eine andere Wirklichkeit, und sie nutzt die Normalen schamlos aus. Da spreche ich aus Erfahrung.

Einem Flaneur gleich fuhr ich gegen Mittag in die Stadt. Bei mildem Wetter waren hunderte unterwegs und ich folgte mal dieser, mal jener Gestalt, in Kaufhäuser und Bekleidungsgeschäfte, und wieder hinaus. Ich ließ mich treiben von den mir dargebotenen, lebenden Waren.

Ich hatte Zeit. Zwei Wochen, so dachte ich, durften genügen, und so lange hatte ich mir Urlaub genommen. Am dritten Tag war ich geübt im Verfolgen. Wie ich unauffällig wie ein Kunde hinter jemandem her schleichen konnte, und ich entschied, dass es an der Zeit war, ein konkretes Opfer auszusuchen. Dafür setzte ich mich in ein Café. Dutzende gab es dort. So wahllos, wie ich verfolgt hatte, suchte ich mir einen Platz. Ich beobachtete, während ich lesend tat.

Eine Gruppe von fünf Männern trat ein. Jeder von ihnen in einen Anzug gekleidet. Unter ihnen auch der, den ich Valentin taufte. Valentin, mein ungezähmter Valentin. Er brauchte doch einen Namen. So nah wie wir uns bald sein würden. Und ich interessierte mich nicht, wie er wirklich hieß. Schlaksige Figur; in etwa Mitte zwanzig; nussbraune, kurze Haare; ein schmales, rasiertes Gesicht; matt glänzende, verträumte Augen, die bestimmt ein Weib in ihren Bann zu ziehen vermochten. Augenblicklich hieß er Valentin. Als war dieser Name für diesen Jüngling erdacht worden, und nur für ihn. So gern ich mich festgelegt hätte, musste Valentin noch ein entscheidendes Kriterium erfüllen. Einen Wagen seinen Besitz nennen.

Um dies zu ergründen, folgte ich der Gruppe von Anzugträgern, als sie aufbrachen. Ich vermutete ihren Arbeitsplatz in der Nähe, in einem der vielen Büros, die in halbhohen Altbau-Häusern das Bild der Stadt säumten, stets vier bis fünf Stockwerke umfassend. Und wahrlich, ich brauchte ihnen nur wenige Minuten folgen, bis sie in einem dieser Häuser verschwanden, schwatzend und ahnungslos. Dem Haus gegenüber gleich drei Cafés, von denen ich das aussuchte, von dem ich alles im Blick hatte. Dort verbrachte ich den Nachmittag.

Für die Menschen um mich war ich ein Mann mittleren Alters, der in Ruhe ein Buch las. Dabei stets den Eingang im Blick, bis am frühen Abend endlich mein Valentin erschien. Ich folgte ihm, die Hände in den Taschen, schlendernd, bis in eine Seitenstraße. Dort blieb er stehen, kurz nur pochte mein Herz schneller, weil ich annahm, er hatte mich bemerkt. Aber nein, er war an seinem Ziel. Seinem Wagen, den er heute Morgen dort geparkt hatte. Während er ohne jeden Verdacht einstieg und schließlich davon fuhr, merkte ich mir Marke, Modell, die Farbe und das Kennzeichen.

Am folgenden Tag kam ich früher in die Stadt. Es war ein Leichtes, Valentins Parkplatz zu finden. Dieselbe Straße, ungefähr dreißig Meter von der gestrigen Stelle entfernt. Der Mensch liebt doch seine Gewohnheiten. Ich parkte nicht weit von ihm entfernt, sobald ein Platz frei geworden war. Fast auf die Minute kehrte Valentin am Abend zurück. Ich hatte den Tag abwechselnd in Cafés und meinem Wagen zugebracht, auf dass Valentins nicht plötzlich verschwand. Dieses Mal folgte ich ihm, so unauffällig wie zu Fuß, bis in die Straße, in der er wohnte. Ich wartete, in welches Haus er ging, und verschwand.

Nach kurzem Schlaf beschloss ich, es gleich am frühen Morgen zu tun. Sollte irgendjemand in der Nähe sein, der dann schon unterwegs war, würde ich mein Unterfangen abbrechen. Das Verlangen in mir, endlich mit meiner Arbeit zu beginnen, endlich zu erfahren, wie es war, ein Leben zu nehmen, war so stark, dass ich keine Zeit mehr verschwenden wollte. Jeder von euch ist wohl mit diesem Biss der poetischen Vision vertraut. Außerdem nahte das Wochenende und somit konnten neue Faktoren hinzu kommen. Ein anderer Alltag, der den der Woche kurzzeitig unterbrechen würde. Es musste heute sein.

In einer großen Reisetasche fand alles seinen Platz, damit ich sie sogleich in Valentins Wagen legen konnte, war erst alles vorbereitet für unsere kleine Reise. Sodann fuhr ich quer durch meine Stadt, hinein in seine Straße, parkte unweit von seinem Platz. Sollte ich durch andere bei meinem Vorhaben gestört werden, würde es mir spielerisch gelingen, die Kontrolle zu bewahren und mich dem weiteren Beschatten zu fügen. Ich war es und bin es noch, der den Dämon nach Belieben ein und aus zu schalten vermag. Doch das war nicht nötig. Inmitten der verschlafenen Straße, es dämmerte erst, trat Valentin als Einziger hinaus, weit und breit kein Mensch. Wenige Lichter nur durch Fenster, hinter denen noch weniger mit ihrer Morgentoilette und Frühstück beschäftigt waren.

Die Spritze in der rechten Hand schlich ich geduckt um Wagen herum, so leise, dass er nichts vernahm. Ich wartete hinter seinem Kofferraum, als er die Tür aufschloss und im Begriff war einzusteigen. Einige kurze Bewegungen von ihm, das rechte Bein hinein, da schnellte ich hervor und jagte ihm die Nadel ins Gesäß, drückte zweihundert Milligramm in seine Blutlaufbahn. Augenblicklich fiel er leblos hinein, blieb ungelenk liegen, mit dem Kopf auf dem Beifahrersitz. Ich schob sein linkes Bein nach, entwendete seiner rechten Hand die Wagenschlüssel und schloss die Tür. Dann wartete ich.

Eine Sekunde, zwei Sekunden, eine halbe Minute verstrich.

Die Überwältigung dauerte nur kurz, aber möglich war, das sich dadurch in dieser Straße etwas geändert hatte. Ich ging zurück zu meinem Wagen und lauschte. Stille. Keine Schritte, keine Stimmen, nur das entfernte Dröhnen einer Bahn. Alles wie zuvor. Ich holte meine Tasche, schloss ab und ging zurück zu Valentin. Ich war berauscht von meiner rationalen Vorgehensweise. Alles war mir möglich. Ich weiß, dass es so war, sonst wäre ich heute nicht hier.

Valentins Körper war so gefallen, dass man ihn von außen nicht wahrnahm. Für andere nur ein weiteres, leeres Vehikel in einer Seitenstraße. Ich lud die Tasche in den Kofferraum, schob Valentin hinüber und nahm auf dem Fahrersitz Platz. Dann fuhr ich los. Von Valentin konnte man meinen, er schliefe nur. Ich hatte seinen Kopf zur Seite gelehnt, zwischen Fenster und Lehne. Auf der Autobahn waren wir wie zwei Freunde, gemeinsam auf einer Reise. Ich fühlte mich so sicher, dass ich an einer Tankstelle hielt, um zu tanken und Essen zu kaufen, und ihn alleine im Wagen ließ. Valentin schlief noch, als ich ihn an unserem Ziel aus dem Sitz hob. So leicht war er, wie ich geplant hatte. Erst zu meinen Vorbereitungen erwachte er wieder und ich betäubte ihn noch einmal. Es war schon später Abend, als er ein zweites Mal auf dem Esstisch erwachte. Ich hatte ihn an die Platte geschnürt, mit Klebeband Hände und Füße fixiert, ihm einen Knebel in den Mund gesteckt.

Was ich ihm alles antat, und wie lange; wie er litt und was er wimmerte; wie er blutete und versuchte sich vergeblich zu befreien; welche Körperteile er verlor und wie er dann aussah; wie sein Fleisch schmeckte; und wie ich aussah, als ich mit ihm fertig war; und vor allem, was ich fühlte. Welchem Wechselbad ich dort unterworfen war, jede Sekunde der dreiunddreißig Stunden, die Valentins Martyrium dauerte. All das könnt ihr in meinem Roman ,Agonie des Täters' nachlesen. Ich löste mich auf und setzte mich neu zusammen. Ich ging als einer und kehrte als ein anderer zurück. Valentin wurde in mir geboren, als ich ihn tötete. Jetzt wird er für immer leben, in meinem Roman und euren Köpfen, und den Köpfen der nachfolgenden Generationen.

Sind euch die Rezensionen bekannt? Von was für einem Meisterwerk gesprochen wird? Von welch gesellschaftlicher Relevanz, und Brisanz? Wie sie mich loben? Ach, ihr kennt das? Dann bleibt mir noch, das Finale zu berichten.

Es gibt keine Beweise. Kein Mensch könnte berichten, dass ich Valentin je getroffen habe. Sein Wagen wurde vor seiner Wohnung gefunden. Ich hatte ihn gründlich gereinigt und seine Wagenschlüssel in eine der vielen Mülltonnen in meiner Stadt entsorgt. Dasselbe tat ich mit seinem Körper. Die Säge war scharf und robust genug, dass er nach, zugegeben stundenlanger, Arbeit in handliche Stücke geschnitten war. Ich verschnürte sie in dreiundzwanzig Müllsäcke, einen vierundzwanzigsten Sack brauchte ich für seine Gedärme. Ihr glaubt nicht, wie widerspenstig sie sind für unsere Hände. Wieder und wieder entglitten sie mir beim Einpacken.

Bis zum Morgengrauen fuhr ich in meiner Stadt von Mülltonne zu Mülltonne und verteilte Valentin über einen Dutzend Bezirke. Wie gut ich arbeitete, bemerke ich daran, dass nicht ein Leichenteil gefunden wurde. Nie gab es darüber einen Bericht. Denn die Zeitungen hätten sich wollüstig auf solch einen Fund gestürzt. Zeugte er doch von einem sehr interessanten, abweichenden Verhalten, nicht wahr?

Meine Materialien entsorgte ich auf dieselbe Weise. Nur das Messer, das in Valentins Fleisch gedrungen war, um sein Lebenslicht zu erlöschen, das wusch ich gründlich und benutze es noch heute in meiner Küche. Nennt es ein Andenken, wenn ihr wollt.

Mein Notizheft verbrannte ich, als ich die erste Fassung meines Buches geschrieben hatte. Ich konnte mich nicht der Wonne erwehren, mit der ich Satz um Satz verfasste. Ich berichtete von einem perfekten Mord und bannte zugleich meinen Dämon hinein.

Jetzt kann ich behaupten, meine Werke seien so real wie das Leben. Keiner von euch wird das bezweifeln. Jetzt, da ihr mein Geheimnis kennt. Aber wisst ihr, warum ich nicht im Gefängnis landen werde, obwohl ich heute so geständig bin? Weil keiner von euch mir Glauben schenkt und auf die Idee käme, meine Geschichte zu überprüfen. Ob ich im Tierschutzverein war und ob meine Frau im Koma liegt und wo ihr Wochenendhaus steht. Was ich soeben berichtete, ist für euch nicht einmal das Tätscheln der Wange zur Begrüßung. Es mag irritierend gewesen sein, ja, aber es diente euch doch nur zur Unterhaltung. Wir sind hier schließlich in einem Seminar mit dem Thema ,Reales in der Literatur'.

Anhand eurer Gesichter, ja, ihr da, in der ersten Reihe, die dämlichen Grinser, weiß ich, dass ihr alles für eine Illusion haltet. Ich möchte doch nur, dass ihr meine Bücher kauft. Denkt doch, was ihr wollt. Ich legte nur meine Methode dar. Erfahrung kommt vor dem Schreiben. Vergesst das nicht.

Ich danke für eure Aufmerksamkeit. Es war mir eine Ehre, für Professor P. als Gastdozent vor euch zu sprechen. Auf Wiedersehen.