12.

Neptun

Das Prinzip von Grenzüberschreitung und Auflösung des vordergründig Sichtbaren

 

Wenn die Pforten der Wahrnehmung rein wären, erschiene den Menschen alles, wie es ist: unendlich.

William Blake

Die senkrechte Themenkette

Um die Welt der Formen kümmert sich die Physik, der Rest ist Metaphysik und Neptun. Beim Neptunprinzip geht es um die Auflösung des Vordergrundes mit dem Ziel, den unsichtbaren Hintergrund erkennbar und erfahrbar zu machen. Der Glaube und alles, was die Grenzen der Wahrnehmung überschreitet, das Geheime, Unsichtbare, Transzendente, Mystische ist sein Anliegen. Hier erreicht das Seelenelement Wasser seine letzte Stufe, und der Entwicklungskreis findet seine Erfüllung. Nun kommt aller Anfang im Urwasser des Urmeeres zusammen mit allen Zielen von Befreiung und Erleuchtung, All-Einheit und Erlösung; hier geht es um Allverbundenheit und allumfassende Liebe. Der Traum von der Einheit allen Lebens ist lebendige Wirklichkeit. Das Ur-Chaos und das kollektive Unbewusste – das alle Muster und die Akasha-Chronik, die überhaupt alles Geistige enthält – sind auf dieser Ebene beheimatet.

Im Neptunprinzip kann die Welt der Maja, unsere sogenannte Realität, als Illusion und Traum durchschaut werden. Raum und Zeit, die beiden Täuscher, die die Scheinwelt ausmachen, lösen sich auf; der Schleier der Isis kann gelüftet und die dahinter wirkende Wirklichkeit durchschaut werden.

Das Ego wird dem Selbst geopfert, der Einheit aller fühlenden Wesen mit allem. Grenzen lösen sich auf, Strukturen verschwimmen und panta rhei: alles fließt. So kann sich aus der Verbundenheit mit allen fühlenden Wesen und der Zuwendung zu ihnen die Liebe zu Mensch und Tier zum bestimmenden Element entwickeln.

Alle Anhänglich- und Abhängigkeiten lösen sich auf, damit aber auch alle Sicherheiten und der feste Boden unter den Füßen, die als Flossen natürlich zum Fischezeichen und dem Neptunprinzip gehören. Wer in der Volkssprache sagt: »Nimm deine Flossen weg!«, ist dieser höchsten Ebene näher, als er wohl vermutet.

Das Prinzip der klassischen Homöopathie folgt diesem Weg und kann als Muster verstanden werden. Eine auf der materiellen Ebene möglicherweise giftige Substanz wie Arsen wird so lange potenziert und dynamisiert, das heißt, Schritt für Schritt verdünnt und bei jedem Schritt sein Muster auf die nächste Stufe übertragen, bis bei der Potenz D 23 gar keine materielle Substanz mehr vorhanden ist. Jetzt wird mit der reinen Idee, der puren Information, therapiert, weshalb es Nebenwirkungen im schulmedizinischen Sinne nicht geben kann. Wirkungen zeigen sich aber sehr wohl. Auch Worte sind immateriell und haben Auswirkungen und oft erstaunliche Macht. Wer die Wirkung der Homöopathie grundsätzlich ablehnt, müsste auch die der Information generell bestreiten.

Selbst zwischen den Zeilen und Worten wird bei Neptun noch nach Andeutungen und verborgenen, hintergründigen Sinnzusammenhängen geforscht. So ist das neptunische Lebensprinzip mit Ahnungen und tiefgründigem Gespür für den Hintergrund verbunden.

Der Buddha hat erkannt, dass alles Leid durch Anhaften und Anhänglichkeit entsteht, die es deshalb letztlich aufzugeben gilt. Die Sehnsucht nach der Erlösung vom Leid dieser Welt ist auch ein christlicher Gedanke, und hier spürt man die Nähe zwischen diesen beiden Richtungen, die häufig zu Verbindungen führte wie in Gestalt christlicher Zen-Meister wie Hugo Enomiya-Lassalle, Willigis Jäger, Niklaus Brantschen. Wer sich aber dem Leid gegenüber so offen erweist wie Buddhisten und Christen, wird leicht zum Helfer oder Opfer und erleidet das Leben. Die oft (mit-)leidende Grundstimmung unter dem Neptunprinzip hat hier eine ihrer Wurzeln, hinzu kommen romantische und gefühlvolle und vor allem sehnsuchtsvolle Stimmungen. Falls dies alles zusammenkäme, würden sich auch beim neptunischen Lebensprinzip Tendenzen zum Märtyrer ergeben wie beim Plutoprinzip.

Jenseits von Anhaften dehnt sich Mitgefühl aus, die Ebene der Bodhisattvas und Engel, die aus Liebe in einer Welt bleiben, die sie als Illusion durchschaut haben. Sie erkennen, wie aus Anhaftungen überall Leid entsteht, und helfen aus Liebe bei der letzten (Er-) Lösung, die wiederum in Liebe mündet. So wird die Liebe zum letzten höchsten Sinn oder wie Bruder David Steindl-Rast sagt: »Nur durch die Liebe finden wir Sinn. Wenn wir in Liebe aufgehen, werden wir Sinn.«

Eine Signatur von Neptun werden wir nicht so leicht finden, denn dieses Lebensprinzip befindet sich schon jenseits der Welt der Formen. Deshalb liegt hier auch die größtmögliche Freiheit, da Formen immer begrenzen.

Neptuns Umlaufzeit weist mit 130 Jahren schon weit über dieses eine Leben hinaus. Sein Symbol besteht aus zwei sich gegenüberstehenden Jupitersymbolen, und tatsächlich ist Jupiter als alter Herrscher im Fischezeichen auch immer noch mit von der Partie. Zugleich erinnert es aber auch an den Dreizack des Gottes Neptun-Poseidon.

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Wasser, das Element von Neptun, dessen dritte, labile Ebene es darstellt, ist nur zeitweilig in Formen oder Gefäßen einzufangen. Es passt sich zwar jeder Form sofort an, aber es behält von sich aus keine Form bei wie etwa das Erdelement. Wenig verwunderlich also, dass die höchste Entwicklungsstufe des Wassers in Gestalt des Neptunprinzips auch am meisten mit Auflösung und Zerfließen verbunden ist.

Im Koran heißt es, alles Leben komme aus dem Wasser, und die Wissenschaft bestätigt es heute. So gehört an erster Stelle das Zellwasser zu Neptun. Das Leben hat es vor Jahrmillionen in seiner kleinsten Ureinheit, der Zelle, mitgenommen. In allen Zellen ist es gleich und hat noch immer die Zusammensetzung des Urmeeres zur Zeit des Kambriums, als das Leben den Schritt an Land wagte.

Ein Halbedelstein, der zu Neptun passt, ist der Flussspat oder Fluorit, auch Feenstein genannt mit seinen zarten, pastellgetönten Farbnuancen, in denen der Legende zufolge die Farben des Regenbogens nach der Sintflut eingefangen wurden. Der Opal, der in jedem Moment und je nach Licht und Blickwinkel seine Erscheinung verändert, gehört ebenfalls zu Neptun. Als Stein, der überdurchschnittlich viel Wasser enthält, gilt er als Spiegelbild von Seelenstimmungen

Unter den Metallen ist Weichaluminium typisch für das Neptunprinzip, jenes noch junge Metall, das ungefähr zeitgleich mit dem Planeten Neptun Mitte des 19. Jahrhunderts entdeckt wurde und für den Schiffs- und Flugzeugbau verwendet wird. In reiner Form kommt es in der Natur gar nicht vor. Es ist leicht form- und veränderbar und ideal geeignet, um per Schiff oder Flugzeug festen Boden zu verlassen.

Das homöopathische Mittelbild von Alumina verrät noch einige neptunische Eigenschaften wie Schwierigkeiten mit dem Fluss der Zeit, die viel zu langsam vergeht, was zu Unruhe bis Panik besonders bei längerem Verweilen an einem Ort führt. Somit braucht man hier immer Fluchtwege, muss jederzeit verschwinden können und kann es oft keine Minute länger ertragen, zu bleiben. Darf man abtauchen und verschwinden, verschwinden auch die zahlreichen psychosomatischen Symptome wie gelegentliche Lähmungserscheinungen wieder, wie sie gekommen waren; sie lösen sich einfach auf. Knollengewächse wie Kartoffeln werden nicht vertragen, weil zu irdisch, und führen zu Gasbildung und entsprechenden Blähungen, die über die Technik der leisen Schleicher heimlich abgelassen werden. Niemand hört sie; jeder erkennt sofort den Geruch, aber niemand weiß, woher er kommt.

Beruf im üblichen Leistungssinn ist eigentlich kein Hauptthema von Neptun. Bei diesem Lebensprinzip besteht die Berufung von höchster Stelle darin, Grenzen zu überwinden, und nicht, im klar abgesteckten Feld eines Berufes zu bleiben. Der Traum ist, das künstlerisch-musische Talent würde – ohne dass man viel dafür tun müsste – aus einem herausfließen und die Welt bereichern. Da alles fließen soll, sind jene Bankiers hier gut aufgehoben, die das Prinzip des Geldes als ein Fluss-Mittel für Verbindung und Austausch verstanden haben. Mittels Intuition und Ahnungsvermögen können sie auch oft erfolgreich spekulieren.

Vor allem kommen unter dem Neptunprinzip alle mitfühlenden, helfenden Beschäftigungen in Frage, etwa im Bereich der Krankenpflege. Das Ideal der Florence Nightingale passt hier wundervoll: aufopferungsvolle Pflege Schwächerer und Bedürftiger. Alle Berufe aus dem Bereich von Fürsorge und Betreuung sowie die klassischen Helfer sind Neptun zuzuordnen: Ärzte, Seelsorger, Philosophen, Psychotherapeuten, Drogenberater, Pharmazeuten, Apotheker, Homöopathen und Schwingungstherapeuten.

Auch die Filmbranche als Scheinwelt kann hier faszinieren, genauso die Kunst von der Aquarellmalerei bis zur Lyrik und natürlich Berufe aus dem spirituellen Bereich wie Hellseher, Kartenleger, Heiler, Meditationslehrer und Zauberer der einen oder anderen Ebene.

Im Übrigen sind alle Fahrenden und Reisenden vom Zirkus und Schaubudenbereich bis zu Wander- und Gelegenheitsarbeitern mit dem neptunischen Lebensprinzip verbunden. Fischer und Seefahrer gehören natürlich hierher. Was Ärzten heute verboten ist, das Ausüben des Berufes im Herumziehen, haben große Ärzte wie Paracelsus und Nostradamus immer betrieben, und eigentlich ist der Hausbesuch davon der Beginn und passt damit wundervoll zu diesem helfenden Bereich. Es ist nur natürlich und neptunisch, dort hinzugehen, wo Hilfe und Beistand gebraucht werden.

Letztlich gehören auch alle, die Träume verkaufen, in Neptuns Reich wie Spirituosen- und Tabakhändler, Drogendealer und Betreiber fernöstlicher Opiumhöhlen.

Im Beziehungsleben sehnen sich neptunische Wesen nach der mystischen Vereinigung mit ihrer Dualseele, mit der dann alles wie von selbst ineinanderfließt und man sich Hand in Hand der chymischen Hochzeit nähert. Diese Liebe ist sehnsuchtsvoll umfassend und voller Träume, die oft auch notwendig sind, wenn der Traumpartner auf der konkreten Ebene unerreichbar ist, weil schon vergeben, durch einen Ozean getrennt oder aus einer ganz anderen Gesellschaftsschicht. Doch auch in der Fantasie lässt sich leben, besonders bei diesem Lebensprinzip. Die Auswahl an Partnern ist groß, denn neptunische Menschen kennen keine Grenzen und fühlen sich mit allen verbunden, wobei sie vorzugsweise zu armen und bedürftigen Künstlern, Outlaws und Underdogs, aber auch Gurus und Scheinheiligen, Gestrandeten und Fantasten tendieren.

Der Kleidung schenkt man unter dem Neptunprinzip wenig Beachtung, und so kann sie vom Nomadenlook bis zum elegant fließenden Abendkleid in dezenten Farben reichen oder von Hippieklamotten bis zu einem weiten, bequemen Outfit nach dem Motto: »Wir vom Film sind immer locker drauf.«

(Arche-)typische Adjektive sind mitfühlend und mitleidend, einfühlsam und sensibel, nachgiebig und weich, verletzlich bis wehrlos, gläubig und demütig, naiv und unbekümmert, vertrauensvoll bis vertrauensselig. Das Neptunprinzip zeigt sich auch romantisch, verträummusisch und fantasievoll, vielseitig und facettenreich, ambivalent und vieldeutig, künstlerisch begabt, außerdem fließend beweglich, veränderlich und schnell wechselnd.

Auf der Schattenseite finden sich Attribute wie ewig unverstanden, ungreifbar und flüchtend, hilflos, aber gut getarnt sowie ab-oder untergetaucht und ausweichend, was Hindernisse angeht. Der Hang zum Verschwinden meint auch unbekannt verzogen und anonym, unauffällig und konturlos. Und noch krasser finden wir beim Neptunprinzip Eigenschaften wie haltlos, ängstlich und neurotisch, schwach und strukturlos, saft- und kraftlos, schlapp und schlaff, unentschlossen und tatenlos, unorganisiert bis chaotisch, kritiklos und willensschwach, moralfrei und leicht verführbar. Letztlich heißt das auch abhängig bis süchtig, korrupt und unehrlich, sogar achtlos, verschlampt und heruntergekommen.

Stimmungen wie »Das Leben wird schon für mich sorgen« oder »Das Leben wird es schon richten« und so wunderbare Maximen wie »Dein Wille geschehe« – aus Ohnmacht oder tiefem Glauben entstanden – können das Leben moderieren oder leiten. Das Lebensmotto könnte dem Ausspruch Paul Gauguins nachempfunden sein: »Ich schließe meine Augen, um zu sehen.«

Mit Neptun schließt sich der Tierkreis, und bezogen auf den Jahreslauf endet mit ihm der Winter. Auf den Tageslauf bezogen ist die Zeit des Träumens und Einschlafens, wenn wir in Morpheus’ Arme sinken, neptunisch. Das Neptunprinzip bringt auch den Moment des Einbruchs anderer Wirklichkeiten wie des Jenseits. Wenn bei der Meditation ein Durchbruch im Sinne eines Satori, eines Erleuchtungsmomentes, ein Transzendieren der Ebene gelingt, ist es im Spiel.

Neptun steht also für den Endpunkt im Jahr, bevor mit dem Frühlingserwachen in der Natur und dem marsischen Neubeginn im Entwicklungskreis alles wieder von vorn anfängt. Das Neptunprinzip markiert gleichzeitig den Höhepunkt der Entwicklung und insofern auch das Ziel des Lebens, da alles Bisherige zusammenkommt und seinen krönenden Abschluss findet.

Seitdem Mitte des 19. Jahrhunderts der Planet Neptun entdeckt wurde, setzte sich die Dampfmaschine immer mehr durch, die Menschen die Arbeit abnahm. In der Medizin kamen Betäubungsmittel auf, und die Narkose erlaubte schmerzfreie Operationen. Spiritismus kam in Mode mit Seancen; Hypnosesitzungen waren in. Die Theosophie entwickelte sich und aus ihr die Anthroposophie. Die Nächstenliebe bekam eine neue Dimension; man fing an, sich der Armen und Bedürftigen anzunehmen und Heime und Hospitäler für Leidende und Kranke zu bauen. Helfen wurde zum Thema.

Neptun ist der körperlichen Ebene weit entrückt, was es schwer macht, ihm Körperorte zuzuweisen. Außer den Füßen, unseren Flossen, die uns in Neptuns Sinne an richtiges, tiefes Verstehen des letzten Zusammenhangs erinnern, ist noch an die Reflexzonen auf ihrer Unterseite zu denken. In ihnen bildet sich der ganze Mensch mit all seinen Organen ab – bis hin sogar zu den Chakras. Sonst bleibt nur so wenig Greifbares wie der Strahlungskörper, die Aura.

Auch der Medizin entzieht sich das Neptunprinzip somit weitgehend. An Krankheitsthemen gehören psychische und auch von der Schulmedizin als psychosomatisch erkannte Bilder hierher: Neurosen sowie – verglichen mit Pluto – milde Überschwemmungen mit Schatteninhalten im Sinne von Psychosen. Die Schwindsucht und schlaffe Lähmungen sind ebenso Neptun zuzuordnen wie das große Vergessen bei Morbus Alzheimer. Wegdämmern und langsames Abtauchen in andere Welten ist neptunisch.

Das Denken unter dem Neptunprinzip ist fantasievoll bis fantastisch, intuitiv und inspiriert, mystisch bis transzendental, lyrisch und tiefgehend. Es kann aber auch nebulös, verträumt, ängstlich und strukturlos sein und bis ins Ufer- und Standpunktlose, sogar Verworrene gehen. Jedenfalls hat es leicht etwas Unklares, Verwaschenes und Verschleierndes. Chaotisch und sich und andere täuschend, ist das Denken insgesamt nicht die Stärke dieses Lebensprinzips.

Beim Fühlen ist Neptun natürlich wieder mehr in seinem Element. Es ist sehnsüchtig, schmachtend und so hingebungs- wie seelenvoll, romantisch bis elegisch, allliebend, aber auch rasch betroffen und leicht beleidigt.

Das Handeln ist feinfühlig, sensibel und uneigennützig, aufopferungsvoll wie der gute Samariter, von Mitleid getragen, voller Mitgefühl und barmherzig.

Das Wappentier sind die Fische. Als weiche, wenig strukturierte, enorm bewegliche Wasserwesen mit ebenso weichen, biegsamen Gräten vertreten sie dieses Prinzip auf (arche-)typisch wenig spektakuläre Weise. Mit ihrer dünnen, schuppigen und sehr glatten Haut bieten sie nicht den geringsten Widerstand, haben aber ein ausgesprochen feines Sensorium, das sich bis heute unserem wissenschaftlichen Verständnis entzieht. Riesengroße Schwärme aus Millionen Einzelwesen, die sich offensichtlich so sicher und unerklärlich präzise verstehen, dass sie sich wie ein einziges großes Wesen bewegen können, überfordern unseren Verstand, wie das Neptunprinzip es ständig tut.

Das Fischesymbol ist aus zwei in entgegengesetzte Richtungen schwimmenden Fischen gebildet, was für die beiden Seiten des Zeichens steht. Es zeigt die Verbindung von tiefsten Tiefen der Seele mit den höchsten Höhen transzendenter Welten. Angedeutet sind aber auch die zwei Seiten, die in jedem Neptunier wohnen. Wie Neptun-Poseidon als Gott einerseits der Erdumarmer und damit Herr über alles Leben spendende Wasser ist, stellt er auch den Erderschütterer dar. Er sendet seine gewaltigen, zerstörerischen Erdbeben und daraus folgenden Tsunamis aus, wenn er missachtet wird, wie kürzlich in Fukushima.

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Die sieben Entwicklungsstufen

1. Auf der untersten Stufe kann Sucht statt Suche das Leben bestimmen und verhindern, auch wenn dieses Verhalten hier nicht so selbstzerstörerisch wie unter Pluto ist. Völlig haltloses Chaotentum kann sich bis zum Irrsinn verirren, mit weitgehender Dissoziation der Persönlichkeit, deren Grenzen zerfließen. Die Gefahr droht, dass sich das Ich zu früh und lange bevor es genug Substanz entwickelt hat, zersetzt, was bis zu völligem Identitätsverlust führen kann und der Erfahrung von Wahn statt Wirklichkeit.

Gefühle von Ausgestoßensein und Selbstmitleid, das Empfinden einer großen, das ganze Leben betreffenden Demütigung können bis zur Lebensverweigerung gehen. Man kann sich auf dieses Leben, dieses Angebot des Schicksals einfach nicht einlassen und hält sich folglich komplett heraus, was ins Dissoziale und Asoziale führt. Auch aktives Täuschen, Sich-durchs-Leben-Schwindeln und Lügen können hier herrschen, wobei unter Neptun Unehrlichkeit meist nicht nur die anderen, sondern auch einen selbst betrifft. Man belügt die Umgebung, aber ebenso sich selbst. Das mag manchmal geradezu amoralisch erscheinen.

 

2. Auf der zweiten Stufe sind weitere Tendenzen zu Mauschelei, vor allem aus Orientierungsschwäche, und ein Ignorieren der Schicksalsgesetze und Spielregeln des Lebens zu beobachten. Hier finden sich Tramps, Clochards, Tippelbrüder und Penner, aber auch Spät- und Ewig-Hippies sowie spirituelle Lebensverweigerer, denen die Welt in ihrer Härte und mit ihren Anforderungen nicht zusagt, die es nie mit ihr versucht haben oder rasch wieder daraus geflüchtet sind. Verdrängung, Kopf-in-den-Sand-Stecken, Selbstbetrug bis zu massiven Lebenslügen bilden die Basis, auf der ein solches Leben einfach dahinplätschert. Lebenszeit verrinnt. Genährt wird unehrliches Flüchten mit der immer wieder aufgeschobenen Verwirklichung von Träumen, die eher Illusionen bleiben. Die Unehrlichkeit betrifft wieder sowohl die anderen als auch einen selbst, wobei die anderen davon nun immer weniger betroffen sind, weil so ein Verhalten in die Einsamkeit führt und niemand außer Gleichgesinnten an diesem Widerwillen gegen das Leben teilhaben will.

Be- und Vernebelung liegen auf dieser Sprosse der Entwicklungsleiter nahe beieinander. Das Leben in Scheinwelten fördert Heimlichtuerei und Geheimniskrämerei. Chamäleonartige Scheinanpassung wird die Umgebung auf Dauer nicht täuschen, aber nachhaltig enttäuschen. Die Betroffenen flüchten weiterhin in Selbstmitleid und Resignation, bleiben verführbar und suchen oft geradezu nach Fremdbestimmung. Da sie in ihrer verschwommenen, konturlosen und undurchsichtigen Art nichts bestimmen, machen es irgendwann andere. Die Betroffenen fühlen sich dann schutz- und wehrlos ausgeliefert und leiden an Lähmungsgefühlen, die Körper, Seele und Geist betreffen können.

 

3. Auf der nächsten Stufe kann sich die bisherige Hilflosigkeit in ein Helfersyndrom wandeln, das die Nähe von Abhängigkeit und Co-Abhängigkeit deutlich macht. Hier finden sich auch unrealistische Träumer, deren mangelndes Selbstbewusstsein die Umsetzung ihrer unverwirklichten Sehn-Süchte eher behindert, was das Gefühl, ewig das arme Opfer zu sein, auf Dauer noch verstärkt. Aber hier beginnen auch schon Ahnungen von einem anderen Leben mit anderen Möglichkeiten.

Auch harmlose Mitläufer gehören hierher, die aufgrund ihrer Passivität abrutschen und nach dem Motto »Mitgehangen, mitgefangen« meist zuerst erwischt und wieder einmal zum Opfer werden, da sie viel weniger raffiniert als die Drahtzieher sind. Enttäuschungen können aber auf dieser Ebene Täuschungen beenden und ein langsames Erwachen fördern.

 

4. Die vierte Stufe bringt Feinfühligkeit ins Spiel und vertieft das Ahnungsvermögen zunehmend, so dass die Wirklichkeit hinter der sichtbaren Welt langsam spürbar wird. Die Fähigkeit zur Hingabe wächst – an andere Menschen, aber vor allem an das Leben –, und Altruismus und Nächstenliebe erwachen. Aber immer noch kann Phlegma im Weg stehen und den Aufbruch verhindern. Dann droht weiterhin mit Illusionen verbrämter Rückzug in die Einsamkeit. Zu schnelles Aufgeben bleibt auf dieser Entwicklungsstufe ein Problem. Zunehmender religiöser Glaube kann zu einer wert- und wundervollen Hilfe werden.

 

5. Auf der fünften Stufe führt die nun schon hohe Sensibilität zu einer immer besseren Intuition. Urvertrauen ermöglicht über das sich daraus entwickelnde Selbstvertrauen zum Beispiel der schöpferischen Fantasie entsprechenden künstlerischen Ausdruck. Mit dem Urgrund allen Seins verbundene Kreativität kann sich in viele Bereiche ergießen, auch zu echter Seelsorge führen, die von aufopferungsvollem Einsatz bis zu Barmherzigkeit bestimmt sein mag.

 

6. Auf der sechsten Stufe kann sich bereits echte Medialität entwickeln. Was als Glaube begann, vermag sich zu tiefer Spiritualität zu entwickeln – mit einer visionären Gesamtschau des eigenen und des Lebens an sich. Echte Demut hat die Demütigungen des Anfangs abgelöst; eigene Hilflosigkeit und Bedürftigkeit haben sich in Bedürfnislosigkeit und Selbstlosigkeit transformiert und beigetragen, das Ego zu transzendieren. Das »Glauben, Hoffen, Lieben« aus dem Korintherbrief wird immer mehr zum Grundgefühl des Lebens.

 

7. Die letzte Stufe beschenkt mit dem Erleben von Grenzenlosigkeit. Reines Sein jenseits vom Ego wird zur Erfahrung mit dem Empfinden von All-Liebe und All-eins-Sein – hier ist alles in einem.

Tierreich

Unstrukturierte ursprüngliche Lebensformen wie das Plankton des Meeres sind typisch für das Neptunprinzip. Diese Milliarden und Abermilliarden von Kleinstlebewesen können in ihrer Menge die größten Wesen dieser Erde, die Blauwale, ernähren. Hier wird das Wasser sozusagen wieder zum Fruchtwasser und ernährt aus sich heraus seine gewaltigsten Geschöpfe. Auch Einzeller und Amöben bilden letztlich ein unglaubliches Lebensnetz, das alle Bereiche der Erde überzieht und durchdringt. Einfachste Körperformen, die sich an jeder beliebigen Stelle ausstülpen und dadurch sogar ein wenig in diese Richtung wachsen können, sind überhaupt die Basis des Lebens.

Aber auch Wesen aus dem Zwischenreich, dem Übergang zwischen Tieren und Pflanzen wie Korallen und Seeanemonen, gehören zum neptunischen Prinzip. Sie sind ortsgebunden und dennoch an ihrem Platz in einem verblüffenden Ausmaß beweglich und schillern in allen Farben – eine Farbigkeit, die sie außerhalb des Wassers rasch verlieren. Dass unsere Lebens(un)art die schönsten Korallenriffe und buntesten Meeresparadiese über Klimaveränderungen und Verschmutzungen zunehmend zerstört, kann uns zeigen, wie es um das Neptunprinzip generell steht.

Quallen lassen sich als meist durchsichtige, wenig strukturierte Meeres-Wasser-Wesen einfach mit den jeweiligen Meeresströmungen treiben. Sie sind weich und fließend wie das Wasser und, da ohne eigene Möglichkeiten der Einflussnahme, den Strömungen sehr weitgehend ausgeliefert – was die in dieser Hinsicht sehr neptunischen Probleme bei im Zeichen Fische geborenen Menschen widerspiegelt.

Der Tintenfisch (Sepia) ist vom Körper ähnlich weich und anpassungsfähig, mit seinen vielen Armen scheint er mehr zu fließen als zu schwimmen; seine Rückstoß-Methode entspricht der mancher Quallen und erinnert an einen lebendigen Fallschirm. Sie ist wenig zielgerichtet, aber reicht ihm als Fluchttier zum Entkommen – im Verbund mit seiner Verschleierungstechnik mittels Vernebelung durch Tinte. Während er sich nämlich nach hinten abstößt, verströmt er nach vorn die dunklen Tintenwolken, so dass etwaige Verfolger desorientiert und verwirrt zurückbleiben, während er sich in dem dunklen Farbnebel davonstehlen kann.

Die hier erkennbare Flucht- und Vernebelungstendenz findet sich auch bei anderen Neptuniern, und tatsächlich lässt sich auch im Menschenreich mit Tinte so einiges vernebeln, und Papier ist bekanntlich geduldig.

Sepias sensibler, unglaublich flexibler Körper hat an den Fangarmen unzählige Saugnäpfe, die ihm in seiner an sich ausgeprägten Halt- und Strukturlosigkeit doch erlauben, sich festzusaugen. Seine Sexualität ist sehr neptunisch, kann das Männchen doch sein Geschlechtsteil abspalten und tatsächlich aussetzen und hat so mit dem ganzen Drumherum persönlich wenig zu tun. Das besorgt sein Geschlechtsteil ganz allein.

Tintenfische sind fast nicht umzubringen und scheinen an die tausend Leben zu haben. Wenn die Fischer die gefangenen Tintenfische mit aller Gewalt auf den Beton der Hafenmole knallen, überleben diese das schrecklich lange Zeit. Man kann deshalb davon ausgehen, dass sie in der Regel lebendig zubereitet werden, was das Leiden des Neptunprinzips auf einer besonders schauerlichen Ebene ins Spiel bringt. Die lustigen Calamares-Ringe, die viele gern verspeisen, sind also nachhaltig mit Leid und schon plutonischer Qual durchtränkt.

Weiterhin ist bei den neptunischen Tieren an den durchsichtigen und farblosen Grottenolm zu denken, der in Wasserhöhlen und damit quasi in der Ur-Situation lebt. Das Chamäleon, das sich jeder Umgebung anpassen kann, hat in diesem Tarnungsaspekt auch etwas Merkuriales und in seiner witzig wirkenden Möglichkeit, beide Augen getrennt voneinander zu bewegen, Uranisches. Sein schillerndes Farbkleid und die große Anpassungsfähigkeit machen es aber doch zu einem Neptunier. Geckos, als zum Teil sehr transparente Wesen, sind ebenfalls unheimlich beweglich und können ihre lange, noch beweglichere Zunge weit hinausschnellen lassen. Sie stürzen sich wie im Flug von hohen Palmen herab und tauchen in den Sand ein, als wäre er Wasser.

Schließlich ist beim Neptunprinzip der Pelikan als Symbol der Selbstaufopferung zu nennen. Die Sage erzählt, dass er sich die Brust aufreißt, um seine Jungen in schweren Zeiten mit seinem Blut zu nähren. Er ist ein guter Fischer und hat sein eigenes Netz stets am Schnabel hängend dabei. Mit seinen großen, breiten Schwimmfüßen, die an Flossen erinnern, ist er auch ein begnadeter Taucher. Obendrein kann er sehr ordentlich fliegen und ist also im Reich von drei Elementen und damit fast überall zu Hause.

Pflanzenreich

Alle Unterwassergeschöpfe, die sich vom Wasser und seinen Strömungen treiben und ohne Eigenkontrolle mitnehmen oder wiegen lassen, sind typisch Neptun. Das reicht von Plankton bis zu Algen. Diese sind als Urformen der Pflanzen überaus einfach und werden über weite Strecken von der Wasserströmung bewegt. Ihre verblüffende Einfachheit, Beweglichkeit und Weichheit wie auch ihr Mangel an jeglichem Widerstand ermöglicht es ihnen, sich ständig neuen Situationen hinzugeben. Ohne einen festen Standort sind sie immer völlig ausgeliefert. Ganz am Anfang der Nahrungskette stehend, sind sie von großer Wichtigkeit für das Leben und wären auch für Menschen ein wichtiger Nahrungsbestandteil.

Obwohl es sich allein bei den Algen um eine unvorstellbar große Menge handelt, ist doch nicht viel über sie zu sagen. Alles Neptunische entzieht sich leicht der Beschreibung, man müsste es eher erspüren oder kosten, also etwa in einem japanischen Restaurant einen Algensalat essen, dessen Algen vorzugsweise nicht aus Japan stammen.

Landschaften und Orte

Natürlich sind hier vorrangig alle Meereslandschaften und Meeresküsten zu erwähnen, außerdem Inseln im Stil der Malediven, die jetzt sogar noch im Meer versinken und schuldlos wie völlig ausgeliefert ein Opfer unserer verfehlten und verantwortungslosen Klimapolitik werden.

Auch religiöse Kultplätze und Opferstätten gehören zum Neptunprinzip, vor allem am Meer gelegene Tempel, die den entsprechenden Meeresgöttern geweiht sind.

Neptunisch sind andererseits auch die Slums und Favellas am Rand großer Städte von Rio über Manila bis Lima, die miserablen Hütten der Miserablen vom Fortschritt vergessenen Millionen.

Thailand mit seiner wässrigen Reisfelderlandschaft, wo jede Reisterrasse ein kleiner Teich ist, wo es Wassermärkte gibt und überall buddhistische Tempel grüßen, mit dem legendären Königspaar wie aus dem Märchen und einer für ein buddhistisches Land wirklich beeindruckend hohen Kriminalität. Ein Paradies auch für alle, die sexuelle Bedürfnisse frei ausleben wollen. Thailand ist traditionell völlig offen gegenüber Homoerotik und anderen Spielarten der Sexualität.

Sehr viel neptunische Lebensart ist auch in Portugal zu finden. Es ist das Land am Meer und am Ende (von Europa), nach dem nichts mehr kommt als der weite Ozean, von dem aus Seefahrer wie Vasco da Gama aufbrachen, der das Kap der Guten Hoffnung am Ende von Afrika entdeckte, das ebenfalls Neptun zuzuordnen ist, schon wegen der guten Hoffnung. Portugal ist die Heimat der Saudade, jener wehmütig traurigen, sehnsuchtsvollen Lebensstimmung, die Fernweh mit Melancholie mischt und in den getragenen Fado-Gesängen anklingt.

Reykjavík hat als an der Küste gelegene isländische Hauptstadt, in der es allen Ernstes Landkarten mit den eingezeichneten Wohnorten von Feen und Trollen zu kaufen gibt, viel Neptunisches an sich. Dort hat die alte Religion überlebt und Mythen sind im modernen Leben lebendig geblieben. Islands Banken gingen als erste in der Finanzkrise unter, und das anschließende Siechtum des Landes wurde von seinen Bewohnern mit Fug und Recht als ungerecht und unverschuldet empfunden. Die Schuldigen waren, wie fast alle Finanzhaie dieser Krise, längst abgetaucht und abgesichert. Die schuldlosen, aber naiven, gutgläubigen Opfer sind in Island (sitzen-) geblieben und haben auch noch Schuldgefühle, weil sie ihre Schulden unmöglich zurückzahlen können. Aber nach diesem Prinzip baden überall auf der Welt wenig begüterte Bürger und Arbeiter die von Politikern gedeckten Beutezüge der Banker, Finanzhaie und anderen Absahner aus.

Irland, Insel im Meer und ständig in Nebelstimmungen versinkend und wieder auftauchend, umgeben von vielen kleinen Felsen, die tatsächlich in jeder Flut versinken und von jeder Ebbe wieder gerettet werden, auf der fast täglich mehrfach Regenschauer niedergehen, für hohe Luftfeuchtigkeit sorgen und einen schauern lassen, ist ein weiteres (arche-)typisch neptunisches Land. Mit einer Flut von Pubs, in denen sich die Leute schon vormittags gern und reichlich volllaufen lassen und bierselig von alten Zeiten und Hoffnung auf bessere singen, ohne selbst allzu viel dafür zu tun. Aber man hat sich gern von der EU helfen lassen. Diese Insel, auf der man überall auf alte keltische Heiligtümer, Kultstätten wie Dolmen und Steinkreise, stößt, hat zwar die geringste Kriminalität von ganz Europa, aber sicher eines der höchsten Alkoholikeraufkommen.

Zu Neptun zählen wir auch Avalon, die Zauberinsel der großen Mutter-Göttin, die nur auf der anderen Ebene existiert und auf dieser Welt von der zerfallenen Abtei Glastonbury als Platz markiert wird. Der Tor von Glastonbury, das legendäre Gralsschloss Camelot, all diese Plätze, die fest im Mythos, aber kaum auf der Erde verankert sind, gehören hierher.

Findhorn als älteste spirituelle Gemeinschaft der westlichen Esoterikszene wurde einst vor drei Jahrzehnten als Wohnwagensiedlung einfach auf Sand in eine Meeresbucht nicht einmal gebaut, sondern nur gestellt. Seine Geschichte der Kommunikation mit den Pflanzen-Devas und dem wundervollen Ergebnis riesenhafter Gemüse, das enge Zusammenleben mit der Mutter Natur, aber auch so alten Naturgöttern wie Pan, die vielen Kultplätze in der Natur, all das bringt hier das Neptunprinzip auf vielen Ebenen ins Spiel. Zu erwähnen ist auch die mit Findhorn eng verbundene alte heilige Insel der Kelten Iona. Auf ihr sind bis heute spirituelle Sucher unterwegs und werden wahrscheinlich fündiger als in Stonehenge, dessen Berühmtheit dem Neptunprinzip nicht gerecht wird. Dieses will mehr im und aus dem Verborgenen wirken und lässt sich nicht unbeschadet ins grelle Licht des Massentourismus zerren.

Sausalito, das Hausboot-Dorf an der Bucht von San Francisco, von Alternativen bewohnt, die spirituelles mit naturbewusstem Lebensgefühl verbinden, kann seine neptunische Anlage keinen Moment verleugnen. Das indische Srinagar, schon wegen seiner Kloakensituation beim Plutoprinzip erwähnt, gehört als Stadt der Hausboote auf einem See auch zu Neptun.

Neptunisch ist natürlich die Wasserlandschaft der Florida Keys, eine Inselkette, mit einer langen Wasserstraße auf hohen Stelzen verbunden. Jährlich fällt sie den Hurrikans zum Opfer, die sie auch genauso regelmäßig übersteht. Das bereits erwähnte Venedig ist als Markusstadt mit dem Sonnenprinzip verbunden, aber als langsam in der Lagune untergehende Stadt, in der das Meerwasser immer höher steigt, ist sie auch ein neptunischer Ort.

Neptunische Mythen

Seinen Weg gehen

(Arche-)typisch neptunisch ist das Märchen vom Hans im Glück. Er will ausziehen und auf die Wanderschaft, sprich auf seinen Lebensweg, gehen. Dafür wandelt er sein Hab und Gut in einen Goldklumpen um, der ihm jedoch schwer auf der Schulter lastet. Nach äußerlichen Kriterien betrachtet, unternimmt er nun äußerst ungeschickte Tauschmanöver, die sein materielles Vermögen stets dramatisch verringern, aber dafür sein Vermögen, seinen Weg zu gehen, ebenso dramatisch verbessern. Als er den Goldklumpen in ein (Glücks-)Schwein umwandelt, macht er finanziell betrachtet ein denkbar schlechtes Geschäft. Da das Schwein aber nicht geschleppt werden muss, sondern selbst laufen kann, bedeutet es aus Perspektive des Weges einen guten Schritt nach vorn, der ihn weiterbringt und das Fortkommen erleichtert. So entlastet sich Hans im Glück von Tauschaktion zu Tauschaktion, bis er völlig frei und unbelastet seinem Weg folgen kann. Das macht ihn glücklich und lässt die Umwelt staunen. Die Welt betrachtet – bis heute und heute vielleicht mehr denn je – nur die materielle Ebene. Sehen wir aber den ganzen Weg und Menschen, verstehen wir, warum das Märchen Hans im Glück heißt.

Den Weg, dem wir in diesem Buch über zwölf Lebensprinzipien und sieben Entwicklungsstufen folgen, beschreibt das Tarotsystem über die zweiundzwanzig Stationen der großen Arkana, die in je drei Einzelwege à sieben Stufen untergliedert werden: erstens den archetypisch männlichen Weg des Osiris, zweitens einen archetypisch weiblichen der Isis und drittens den neutralen Horusweg. Dann bleibt noch eine Karte, der Narr. Nach allem, was ich über Tarot lernen durfte, stellt dieser Narr die zweiundzwanzigste und damit höchste Entwicklungsstufe dar, entsprechend dem Hans im Glück. Auch der Narr konnte sich von allem lösen und ist sorglos und frei unterwegs zu seinem letzten spirituellen Ziel. Allerdings kann die auf Materie fixierte Welt das nicht sehen. So gibt es viele Interpretationen, die den Narr als erste Stufe (miss-)verstehen wollen. Und natürlich kann er beides sein.

Die christliche Version dieses Mythos ist das Gleichnis vom verlorenen Sohn, der ebenfalls von zu Hause aufbricht und sein Erbteil auf seiner Lebensreise durchbringt oder, anders ausgedrückt, sich davon befreit und so seinen Weg erleichtert. Als er heimkehrt, gibt es für ihn ein Fest, während sein Bruder, der Nesthocker, der den Lebensweg nicht wagte, trotz Beschwerden beim Vater leer ausgeht. Dieses Gleichnis legt Christen nahe, die Lebensreise zu wagen. Nach äußeren Maßstäben zu scheitern, stellt dabei gar kein Problem dar. Der Stoiker Epiktet sagte von philosophischer Warte dazu: »Betrachte alles Verlorene und Gestohlene als zurückgegeben.«

Die zwölfte Station des Tarotweges zeigt den Gehängten, der mit strahlendem Lächeln kopfunter am Ast eines Baumes hängt und die Welt aus der umgekehrten Perspektive offenbar sehr zufrieden betrachtet. Mit den Füßen im Himmel verankert, gewinnt er eine völlig neue, entgegengesetzte Perspektive, bei der offensichtlich materielle und geistige Welt in einer ganz anderen Relation zueinander stehen. Gustav Meyrink, Autor spiritueller Romane, spricht in diesem Zusammenhang von der Umstellung der Lichter.

Ekstase

Unter die Protagonisten des Neptunprinzips gehört unbedingt Dionysos, Gott des Rausches und der Ekstase. Er wurde aus dem Oberschenkel von Zeus geboren, der selbst immer auch ein Auge auf das Reich von Neptun hatte und hier vor Dionysos Herrscher war. So wie Dionysos aus dem Oberschenkel von Zeus stammt, kommt Sucht aus der Religion. Drogen sind nur das Mittel, aber nie das Problem.

Dionysos jedenfalls machte mit seiner Orgien-Religion bald dem Vater Konkurrenz, denn vor allem die Frauen liefen ihm und seinen wilden Bacchantinnen in Scharen zu, wenn sie sich ekstatischen Trinkgelagen und Liebesfesten, Tanz- und (Fr)Essorgien ergaben. Die (Lebens-)Lust übermannte die Frauen auf vielen Ebenen und ließ sie so sehr außer sich geraten, dass sie Heim, Herd und Familie und vor allem ihre Männer im Stich ließen und mit Dionysos zogen. Das aber ließ die verlassenen und gehörnten Ehemänner auf anderer (marsischer) Ebene außer sich geraten, so dass sie Dionysos Rache schworen (Pluto). Zuletzt fand die ebenfalls männliche Obrigkeit in Gestalt von Zeus – trotz all seiner sonst geübten Toleranz – kein anderes Mittel, als die immer mehr um sich greifende religiöse Bewegung des Dionysos mit brutaler Staatsgewalt niederzuschlagen und den Kult zu verbieten. So kam die Ekstase mit unter die Räder, wo sie bis heute gerädert und geschändet bleibt.

Hier finden wir schon das Muster, das bis heute die Drogenszenen der westlichen Welt bestimmt: Wo immer westliche Menschen Ekstase erleben, verfallen sie ihr sehr leicht und besonders diejenigen, die dieses Lebensgefühl bislang nicht kannten. Sie geraten so außer sich, dass sie alles andere stehen und liegen lassen und ihr Leben diesem größeren Gefühl widmen. Und wieder geht die archetypisch männliche Obrigkeit mit aller Härte dazwischen und kriminalisiert Ekstase vermittelnde Drogen und diffamiert gegenüber Ekstase offene Gruppen als Sekten und Sündenpfuhle und bekämpft beide ebenso vehement wie erfolglos.

Nicht anders ist der irrationale Krieg gegen Ecstasy zu erklären, jenes Herz-Ekstase ermöglichende Amphetamin. Es entspricht chemisch Ritalin, dem Mittel gegen die Hyperaktivität der Jungen, so weit, dass Ritalin auf entsprechenden Partys Ecstasy allmählich verdrängt – ganz einfach deshalb, weil der Pharmakonzern Novartis Ritalin tonnenweise herstellt und gern und natürlich legal verkauft, während Ecstasy von Staats wegen in den Einflussbereich der Mafia verbannt wurde.

Die innere Wahrheit

Zu den Neptunmythen zählen noch die relativ wenig bekannten von Proteus und Nereus, jenen Meeresgöttern und zugleich Propheten, die nur schwer zu fassen sind und gezwungen werden müssen, die Wahrheit zu sagen. Zu diesem Zweck überrascht Menelaos, der König von Sparta, der auf seiner persönlichen Odyssee ebenfalls von Troja nicht heimfindet, Nereus. Der Meeresgott ruht sich gerade vom Hüten seiner Robbenherde aus. Menelaos kann Nereus packen, obwohl dieser sich unter seinem starken Griff in alle möglichen Tiere und schließlich sogar in Wasser verwandelt, um ihn zu täuschen. Aber der König hält (ihn) fest (im Griff), und so muss Nereus ihm den Heimweg offenbaren.

Die Orakel des Meeres und damit Neptuns halten sich zurück; sie wollen sich entziehen und sich den Menschen ersparen. Wer aber mit einer dem Neptunprinzip fremden Beharrlichkeit an ihnen festhält, wird die Wahrheit erfahren, ob er sie ertragen kann oder nicht.

Die Geschichte der Orakel ist auch die der Versuche, sie anschließend zu umgehen und letztlich zu betrügen. Als Ödipus’ Eltern den Spruch der Pythia von Delphi, dem ebenfalls direkt am Meer gelegenen griechischen Staatsorakel, erhalten, sind sie entsetzt und wollen den Sohn ermorden lassen. Der damit beauftragte Hirte setzt ihn aber nur aus, nachdem er ihm die Füße durchstochen hat. Das Drama um Ödipus, was Schwellfuß heißt, und der prophezeite Schicksalsweg nehmen anschließend unerbittlich ihren Lauf. Aus alldem könnten wir lernen, dass wir das Orakel nicht befragen müssen, sondern dürfen. Wenn wir es aber tun, sollten wir dem offenbarten Wissen gewachsen sein.

Da ich der unter Medizinern üblichen (Un-) Sitte der barmherzigen Lügen nie folgen mochte, habe ich einen ähnlichen Weg gewählt und sage auf entsprechende Fragen sehr direkt: »Wenn Sie fragen, werde ich ehrlich antworten, warum sollte ich für andere lügen? Aber ich warne Sie, überhaupt zu fragen. Denn das müssen Sie nicht, und anschließend werden Sie meine Einschätzung oder Deutung nicht mehr los.«

Wir alle müssen Neptun, dem Grenzenauflöser, begegnen. Wir haben die Wahl, uns ihm zu verweigern oder uns ihm freiwillig zu stellen. Neptun wird immer nur seinem Wesen folgend die (Ich-) Grenzen auflösen. Im Fall unserer Verweigerung wird er die Schutzwälle des Ich für uns unkontrollierbar und u. U. zu früh schleifen. Dann drohen Irr-Fahrten der Seele – wie jene (arche-)typische, die Odysseus widerfährt – und der Irr- und Wahnsinn der Überschwemmung mit Schatteninhalten, bevor wir ihnen gewachsen sind. Sobald wir uns aber freiwillig auf die Auflösung unseres Ego einstellen und vorbereiten und das Neptunprinzip in unser Leben einladen, wird es zwar ebenfalls für uns unkontrollierbar die Ich-Grenzen auflösen, aber es erst tun, wenn wir reif sind, diesen Schritt ins Selbst zu erfahren und Befreiung und Erleuchtung zu erleben.

Das Neptunprinzip stellt einen wundervollen Weg bereit, uns mit seinen Aufgaben zu konfrontieren in Gestalt der Träume. »Träume sind Schäume«, sagen wir abwertend, aber wir könnten auch erkennen: Träume sind Neptuns Schäume. Und Neptuns (Meeres-) Schäume enthalten auf Dauer lebenswichtige Botschaften. Um glücklich und ganz zu werden, müssen wir diese Traum-und Entwicklungsbilder annehmen. Sie machen uns mit ihren Seelen-Bilder-Welten vollständig und heil und schenken uns – Frauen wie Männern – unsere Anima.

Maria, die Weltenmutter

Die große archetypische Animagestalt unseres christlichen Kulturkreises ist die heilige Maria. Auf mysteriöse Weise hat sie Jesus durch den Erzengel Gabriel von Gott empfangen und auch nach der Geburt ihre Jungfräulichkeit bewahrt. Sie wusste um den notwendigen Leidensweg ihres Sohnes und wurde so zur Repräsentantin der Mater dolorosa. In dieser Funktion wenden sich katholische Christen mit all ihren Leiden und Sorgen an sie und hoffen auf ihre Hilfe und Fürbitte bei Gott. So steht sie für die erlöste neptunische allumfassende Liebe, ist gleichsam die Weltenmutter.

Politik(er)

Der wichtigste Politiker unter dem Neptunprinzip ist sicher Michail Gorbatschow. Er hat mit Glasnost und Perestroika den Eisernen Vorhang zum Verschwinden gebracht, den Kalten Krieg fast allein beendet und seinen eigenen Machtbereich, die Sowjetunion, ohne jeden Widerstand und entgegen seiner eigenen Absicht aufgelöst und sich so den Friedensnobelpreis verdient. Visionär und seiner Zeit weit voraus blieb er letztlich unverstanden. Seine eigene Karriere und Macht opferte er und wurde von einem der beiden mächtigsten Männer der Welt zu einem weder verstandenen noch erhörten Bittsteller. Seine Kollegen aus der Weltpolitik halfen ihm aus Egoismus nicht, seine Landsleute konnten ihm geistig nicht folgen und ließen ihn – aus Sorge um gefüllte Bäuche – im Stich. Wenn die Gerüchte stimmen, dass er schließlich auch noch sein ganzes Vermögen verloren hat, zeichnet sich das Schicksal des Hans im Glück ab – während die Geschichte an ihm vorbeiging. Anders erlebte Gorbatschows politischer Ziehsohn Boris Jelzin Neptun. Er ließ seine eigenen Visionen vor aller Weltöffentlichkeit in Alkohol untergehen. Mit Putin aber bekamen die Russen wieder einen Zaren, wie sie ihn offenbar brauchen und verdienen.

Edward Kennedy, der dritte und letzte im Bunde der Kennedy-Brüder, folgte seinen älteren Geschwistern nicht, obwohl er von ihrem Image lebte. Offenbar alkoholisiert stürzte er mit seiner Sekretärin im Wagen von einer kleinen Brücke ins Wasser, konnte sich tauchend und schwimmend aus dem versinkenden Auto befreien, während sie ertrank. In diesem dunklen Wasser bei dieser nächtlichen Spritztour gingen auch seine höheren politischen Ambitionen unter. Von nun an wirkte er aus dem politischen Hintergrund und begnügte sich als schließlich einer der ältesten Senatoren Amerikas damit, einem Barack Obama zur Präsidentschaft zu verhelfen.

Aus deutscher Sicht war der Liberale Hans-Dietrich Genscher mit drei Planeten im Zeichen Fische ein (arche-)typischer Vertreter des Neptunprinzips. Als Außenminister zu einem Nomadenleben gezwungen und um Verbundenheit bemüht, setzte er wie Gorbatschow auf Annäherung durch Auflösung verhärteter Strukturen, half, die innerdeutsche Mauer zu beseitigen und Deutschland zu vereinigen. Als Ostdeutscher holte er sozusagen seine Landsleute wieder an Bord, kam ihnen entgegen, als sie zuhauf in die Prager Botschaft geflohen waren, und ebnete ihnen den Weg durch Bitten und Versprechungen. Die Wiedervereinigung Deutschlands sah er visionär in einem vereinten Europa, seinem anderen großen Traum, womit er wiederum den politischen Freunden die Angst vor einem erstarkenden wiedervereinigten Deutschland nahm. Auch er hatte Karrieretiefs zu durchleiden, von denen eines zu dem Spruch führte: »Gescheit – gescheiter – gescheitert – Genscher.« Rückwirkend gibt die Geschichte ihm und seinen Visionen recht, die beide lebendige Realität geworden sind.

George Washington, der den Traum von einem unabhängigen Amerika so nachhaltig und erfolgreich träumte und sogar als Soldat umsetzte, war ein im Zeichen Fische geborener Visionär.

Feuilleton

In der bildenden Kunst sind noch am ehesten die impressionistische Malerei, die wir schon dem Mondprinzip zugeordnet hatten, der Pointillismus und die Aquarellmalerei neptunischen Charakters – wie überhaupt alle Auflösung der Formen und Strukturen in der modernen Malerei. Der Kunstrichtungen des Symbolismus und der fantastische Realismus eines Ernst Fuchs sind ebenfalls typisch. Auguste Renoirs »Südfranzösische Landschaft« ist ein sehr neptunisches Gemälde eines im Zeichen Fische Geborenen.

Michelangelo Buonarotti befreite unter dem Zeichen der Fische wundervolle Gestalten und Figuren aus dem weißen Marmor von Carrara wie die Pietà, die ihren Sohn auf dem Schoß haltende trauernde Gottesmutter. Gefragt, wie er solche Figuren erschaffen könne, antwortete er auf neptunische Art, es sei ganz einfach, denn wenn er einen Löwen aus dem Stein befreien wolle, schlage er nur alles weg, was nicht nach Löwe aussehe.

In der Baukunst passt der orientalische Stil von Tausendundeiner Nacht zum neptunischen Lebensprinzip.

In der Musik finden sich religiöse Werke und die Sphärenklänge des Spirituellen, außerdem Tempel- und orientalische Schleiertänze. Frédéric Chopin komponierte und spielte unter dem Zeichen der Fische und ließ lange vor elektronischer Musik aus einem Konzertflügel wahre Klangwolken auferstehen. Maurice Ravel verdanken wir so spirituelle Klassik wie den »Bolero«, den er dem Dhikr, dem Gebetstanz der Derwische nachempfunden hat.

Unter den großen Geistern gehören sowohl Nikolaus Kopernikus als auch Galileo Galilei, Letzterer sogar mit drei Planeten im Zeichen Fische, in das neptunische Reich. Beide schwammen sich frei von der kirchlich dogmatischen Fehlsicht der Welt im Weltenraum. Visionär sahen und vertraten sie ein neues Weltbild, das die Erde – und mit ihr auch gleich die Kirche – aus dem Mittelpunkt holte und für sie eine angemessenere Position erahnte. Das alte Weltbild wurde durch sie unwiederbringlich aufgelöst.

Rudolf Steiner, der sich aus der Theosophie freischwamm, weil man dort sein Ego beleidigt hatte, schenkte der Welt die Anthroposophie und mit ihr jene neue Weltsicht, die eine Landwirtschaft im alten Stil der Demeter beinhaltet, eine Waldorfpädagogik, die – aus den blauen Dunstwolken des Zigarettenkonzerns Waldorf-Astoria gesponsert – Kindern eine ganzheitlichere Entwicklung erlaubt, eine Medizin, die bis heute auf Nebenwirkungen weitgehend verzichtet und dem Analogiedenken, dem Thema dieses Buches, verpflichtet ist, eine Pharmakologie, die Rhythmus nutzt, statt mit Giften herumzuspielen, eine Architektur, die auf organische Formen setzt und Gaudí und Hundertwasser erst möglich machte, und die Christengemeinde als einzige heute relevante spirituelle christliche Kirche. Steiner war jemand, der ausgehend von den Schicksalsgesetzen und den Lebensprinzipien zu praktisch allen Lebensbereichen wichtige Beiträge liefern konnte und sich nicht annähernd so versteinert (Saturn) zeigte wie viele seiner Anhänger. Er war durch und durch Fisch und schwamm vielen Entwicklungen weit voraus, war Mitglied in so gut wie allen damals wichtigen Orden bis hin zu sexualmagischen. Er baute mit der Anthroposophie eine weltumfassende Bewegung auf, die jene der Theosophie bald ziemlich in Vergessenheit geraten ließ.

Nostradamus, Arzt und vor allem Prophet, war zu seiner Zeit nur als Seuchenarzt bekannt. Berühmt machten ihn erst viel später seine Voraussagen in verschlüsselter und geheimnisumrankter Form zu Weltereignissen bis in unsere Zeit. So viel Sinn sie auch retrospektiv ergeben, sobald sie als Zukunftsdeutungen für moderne Bestseller und dergleichen instrumentalisiert werden, enttäuschen sie auf der ganzen Linie. Vielleicht hatte das ihr Schöpfer auch im Sinn. Hinzuweisen ist auch auf Edgar Cayce. Der »schlafende Prophet« machte in tiefer Trance Tausende von medialen Durchsagen und konnte damit ungezählten Menschen und Patienten substanziell helfen. Er bestimmte mit seinen allgemeinen Äußerungen die sich entwickelnde Esoterikszene sehr weitgehend mit.

Arthur Schopenhauer durchschaute und erahnte viele Fallstricke der modernen Welt, etwa wenn er formulierte: »Manche sind bereit, für Geld jeden Preis zu zahlen.« Im Übrigen lässt er in seinem Werk die pessimistische Weltsicht als eine Möglichkeit des Neptunischen durchscheinen.

Albert Einstein, der wiederum das Weltbild von Kopernikus, Galilei, Descartes und Newton, in dem alles seinen festen Platz hatte, relativierte und auflöste, ließ verlauten, keinesfalls habe ihn sein staubtrockener Verstand zur allgemeinen Relativitätstheorie geführt, sondern seine visionäre Schau. Das Relativierende passt gut zu Neptun und der Einstellung, nichts sei absolut, sondern alles relativ und die Wahrheit habe viele Gesichter. Obendrein lieh Einstein, ein begnadeter Geiger, dem Archetyp des zerstreuten Professors sein Konterfei. Auch darin war er sehr neptunisch, gehören hier doch gewisse Schwierigkeiten, mit den kleinen praktischen Dingen des Alltags fertigzuwerden, wie selbstverständlich dazu. Er wurde der erste und bisher einzige Popstar der Wissenschaft, trug schon damals die Haare bei weitem länger und zotteliger als die Beatles und blieb immer ein Hippie unter den Wissenschaftlern. Seine Karriere betrieb er von Anfang an außerhalb der Universität und erdachte seine patenten, die Welt relativierenden Ideen im eidgenössischen Patentamt zu Bern. Später fiel er auch dadurch auf, dass er in seiner Zerstreutheit gleich zwei Studenten ein Empfehlungsschreiben für dieselbe Stelle gab und zu wissenschaftlichen Vorträgen die Geigenpartitur mitbrachte statt des Manuskriptes und umgekehrt. So geordnet er denken und vor allem erahnen konnte, so wenig interessierte ihn die äußere Welt und eine gut organisierte Agenda. Dabei war er keinesfalls kritiklos bezüglich des waffentechnischen Unheils, das aus seiner Entdeckung folgte.

Unter dem Zeichen der Fische sammelte Wilhelm Grimm mit seinem älteren Bruder Jacob Märchen und erhielt sie uns bis heute als zeitlose Seelennahrung: Die Kinder- und Hausmärchen der Gebrüder Grimm.

Auch in Liz Taylor, Traumfrau einer ganzen Kino-Epoche, spiegelte sich dieses Prinzip auf vielen Ebenen, hatte sie doch einen sehr neptunischen Lebensstil entwickelt, sich rhythmisch bis an die Grabeskante getrunken, gedopt und gefuttert, von der sie sich dann nicht selten durch Hochzeiten rettete. Wahrscheinlich träumte sie immer vom Märchenprinzen und gab – nach eigenen Angaben – auch nach acht Ehen keineswegs die Hoffnung auf, den Richtigen zu finden. Sie heiratete einfach jeden Mann, den sie liebte. So betrachtet, waren es gar nicht so viele, wie die Klatschpresse meinte. Frei von jedem Standesdünkel konnte sich Liz Taylor auch in einfache Arbeiter unsterblich verlieben und in ihnen – zeitweilig – ihren Traum erkennen, bis der sich wieder als Albtraum entpuppte. Bei all dieser unverbesserlichen Offenheit und Suche war sie mit Richard Burton ihrem Traumpartner bereits sehr nahe gekommen und hatte wohl nur nicht mit dem Schatten gerechnet. Jedenfalls heiratete sie Burton sogar zweimal, um sich dann nach alles in Frage stellenden und zersetzenden Trinkgelagen und Schlammschlachten wieder von ihm zu scheiden und zu lösen, ähnlich wie sie es in dem Film Wer hat Angst vor Virginia Woolf ? vorgespielt hatten. Beide blieben zu Burtons Lebzeiten in mancher Hinsicht solide co-abhängig. Sie nahmen das Drehbuch gleich zur Lebensvorlage, frei nach dem Arzt und Psychiater Eric Berne und seinem Buch Spiele der Erwachsenen. Nebenbei besaß Liz Taylor einen Märchenschatz an Juwelen, den ihr Burton zusammentragen half.

Richard Burton, der Liz Taylor auch »mein Ozean« nannte, entkam dem Elend seines Lebens lange vor ihr, und bevor er in ihr ertrinken konnte, ertränkte er sich im Alkohol. Seitdem folgte Liz ihm, immer mehr oder weniger mit einem Fuß in der Entziehungsanstalt. Ihr Idealismus hat sie dabei jedoch nie verlassen. So schlecht konnte es ihr selbst nicht gehen, dass sie sich nicht noch für die Aidshilfe starkmachte.

Ein typischer Vertreter des Neptunprinzips ist auch Karlheinz Böhm. Als Sohn des berühmten Dirigenten wird er Schauspieler und gibt die Rolle seines Lebens in der Sissi-Trilogie als Märchenkaiser Franz Joseph. Die Filme haben zwar mit der realen Geschichte wenig gemein, aber immer noch inspirieren sie Fantasie und Träume vieler Menschen. Bei Weltschmerz-Stimmung sind sie sogar heute noch Labsal für die Seele unglücklich verliebter Mädchen und Frauen. Aus dem Traumkaiser Böhm wurde dann eher zufällig der Helfer und Retter der Armen in Äthiopien, denen er seinen Starruhm opferte beziehungsweise für die er ihn einsetzt.

Auf neptunische Weise verzaubert André Heller, ein inszenierender Magier, die Welt unaufhörlich neu – speziell die inneren Kinder mit dem Circus Roncalli, die größeren mit seinen fantasievollen Varietéaufführungen und Shows. Er verzückte mit »begnadete Körper« die Ästheten und faszinierte mehr als eine ganze Stadt mit seinem Feuerwerk, das weit über Lissabon hinaus leuchtete, dem konkreten wie dem an Ideen.

Neptunische Phänomene

Der längst verstorbene deutsche Wundarzt Dr. Fritz hat offensichtlich diese Ebene der Welt nicht so bald losgelassen. Lange Jahre meldete er sich aus dem Jenseits bei einem einfachen brasilianischen Bauern, der sich später Zé Arigó nannte, auf medialem Weg. Er animierte ihn, mit einem rostigen Messer und einer Rasierklinge Operationen an Hilfesuchenden durchzuführen. Trotz krasser Hygienemissstände führten diese Eingriffe nie zu Problemen wie Infektionen und bewirkten meist verblüffende, geheimnis- und wundervolle Heilungen.

Als Zé Arigó nach Jahrzehnten mit dieser Aufgabe starb, gab Dr. Fritz nicht auf, sondern meldete sich in dem jungen brasilianischen Chirurgen Edson Queiroz. Dieser lieh Dr. Fritz daraufhin an einem Nachmittag der Woche seinen Körper, um ihn operieren zu lassen. Immer unentgeltlich und selbstlos halfen die beiden unzähligen Patienten mit Operationen ohne Betäubung und Infektion viel sicherer, als Queiroz es an den anderen Tagen als regulärer schulmedizinischer Chirurg vermochte.

Der brasilianische Psychotherapeut Luiz Antonio Gasparetto kann sämtliche Meister der Malerei im wahrsten Sinne des Wortes blind imitieren, so dass man sie eindeutig erkennt. Selbst im Stockdunklen vermag er mit links und rechts zugleich und einem Pinsel noch am Fuß im Stil von Monet, Manet, van Gogh oder Cézanne zu malen. Das englische Medium Rosmarie Brown verfügte über eine entsprechende Fähigkeit bezüglich der großen Meister der klassischen Musik – bis auf Mozart. Deren Musikstile konnte sie komponierend täuschend echt nachempfinden.

Für solche gut dokumentierten neptunischen Phänomene haben wir keine die rationale Logik befriedigenden Erklärungen. Wir wissen nicht, ob Kunstschaffende oder Chirurgen aus der Anderwelt bestimmten Menschen die Hände führen oder ob solche medial Begabten sich in das jeweils erhalten gebliebene Feld dieser Meister ihres Faches einklinken. Es hat jedoch keinen Sinn, solche Phänomene zu leugnen. Wer das tut, bringt sich um die Chance, das Neptunprinzip und den letzten Aspekt unserer Wirklichkeit zu erfassen.

(Arche-)typische Problemkette

Sucht und Suche

Mit Dionysos war das Suchtproblem bezüglich Ekstase schon angesprochen. Wo immer die spirituelle Suche nach dem Sinn des Lebens, nach letzter Erfüllung (Jupiter) und Erlösung (Neptun) aus den Augen verloren wird, sinkt sie in den Schatten und verkommt zur Sucht. Somit hat die bürgerliche Wohlstandsgesellschaft mit ihrer Oberflächlichkeit das höchste vorstellbare Suchtpotenzial.

Sucht und Suche sind die zwei Seiten einer Medaille, und wir haben lediglich die Seitenwahl. Falls wir die Suche vergessen, können wir über das Kriminalisieren der Ersatzbefriedigung in Gestalt von Drogen das Problem nicht lösen. In der Antike taten sich die Menschen leichter, da mit Zeus als männliche Obrigkeit und den anderen Vertretern des Götterhimmels eine funktionierende Religion zur Verfügung stand, die sich in der Kultstätte Eleusis auch einer Droge wie dem LSD-ähnlichen Mutterkorn bediente. Heute dagegen ist das ganze Unterfangen der Bekriegung und Kriminalisierung der Drogenszenen schon deshalb so hoffnungslos, weil die bürgerliche Gesellschaft überhaupt keine Alternative anzubieten hat.

Bei der lächerlichen Diskriminierung der Ekstase machen junge, noch lebendige Leute natürlich schon inhaltlich nicht mit. Im gängigen deutschen medizinischen Wörterbuch liest man staunend unter dem Stichwort Ekstase: »Zustand im Rahmen der Schizophrenie und bei religiösen Wahnvorstellungen«. Das kommt dabei heraus, wenn eine Gesellschaft alten männlichen Psychiatern, die natürlich nicht wissen, wovon sie reden und schreiben, erlaubt, Ekstase allgemeingültig zu definieren. Zwar treffen sie dann noch das neptunische Prinzip, aber natürlich auf der unerlösten Ebene, so wie das den weiblichen Prinzipien von dieser Seite generell und für die patriarchalische Gesellschaft grundlegend widerfährt.

Als Lösung bleibt also nur – abgesehen von der illegalen Drogennutzung, dem Weg der jungen Aufrührer –, der Ekstase andere Räume zu öffnen, wie sie uns Dionysos in seinem Kult andeutet. Das bedeutet, tanzen, meditieren, musizieren bis zur Ekstase und vor allem sinnliche Liebesfeste, die in Ekstase münden. Wege über erotische Liebe im Sinne von Tantra und Karezza, den alten Wegen der Liebeskunst, sind viel naheliegender und ergiebiger, als sich bürgerliche Menschen meist träumen lassen.

Vor allem junge Menschen haben ein natürliches und (arche-)typisches Bedürfnis, die neptunischen Räume des Kontrollverlustes und der totalen Hingabe zu erkunden und zu spüren. Sie »wollen es wissen«, und sie sagen es sogar, wir müssten nur hinhören. Wenn wir ihnen keine im neptunischen Sinn erlösten Möglichkeiten anbieten, werden sie bei illegalen Drogen bleiben oder eben zum Koma-Saufen tendieren. Solche schrecklichen Phänomene lassen sich nur auf der Ebene des Neptunprinzips erklären und lösen. Koma, Saufen, Alkohol – das ist dreifach neptunisch, und hiermit dürfte das Thema klar sein. Saufen ist viel einfacher, als über lange Exerzitien der Meditation die Grenzen der normalen Wahrnehmung zu transzendieren. Solche Wege müsste man aber rechtzeitig anbieten, und mit rechtzeitig ist hier eindeutig frühzeitig gemeint.

Statt froh zu sein, wenn junge Leute ekstatisch bis in die Morgenstunden sich die Seele aus dem Leib tanzen, beordern wir sie um Mitternacht nach Hause. Doch die Seele will aus dem Leib, so wie die Jungen aus dem Haus wollen. Alte resignierte Menschen (Saturn) bleiben zu Hause hocken – und ein paar erlöste, die alles in sich gefunden haben.

Suchtkliniken, gleichgültig ob dort Alkohol- oder Drogenmissbrauch therapiert wird, müssten folglich bewusst aus dem Archetyp des Neptun schöpfen, wenn sie Erfolg haben wollen.

In einer liberalen Suchtklinik meiner frühen Arztzeit, wo man sich für die »Klienten« wirklich viel Zeit nahm und ihnen in jeder vorstellbaren Weise entgegenkam, waren trotzdem Dinge wie Sphärenmusik, Räucherstäbchen, wallende Hippiegewänder und Meditation verboten. Auf meine Frage erklärte der Oberarzt, all das gehöre zum Umfeld der Sucht, das man radikal austrocknen müsse. Heute kann ich mir rückwirkend die schlechten Ergebnisse trotz des enormen Einsatzes erklären. Die Klinikleitung hatte unbewusst das Neptunprinzip als mit der Drogensucht verbunden erkannt und wollte es nun – typisch allopathisch – als Ganzes unterbinden und verbieten. Natürlich musste sie scheitern wie fast die ganze psychiatrische Drogentherapie.

Auf dem Boden der Lebensprinzipien-Lehre würde ich raten, eine Drogenklinik direkt an die Meeresküste oder besser noch auf eine Insel zu bauen. Die Räume wären in den Pastelltönen des Neptunprinzips gehalten, und Meditationsmusik, wie wir die Sphärenmusik heute nennen, wäre überall zu hören und zu haben. Abends würden neptunische Filme gezeigt und Seelenreisen in sein Revier angeleitet. Düfte von Räucherstäbchen und Weihrauch würden die Luft erfüllen, und Symbole und Bilder von den Zielen der geglückten Lebensreise wären in jedem Raum zu finden – egal ob in Gestalt von Christus-, Buddha- oder Krishna-Skulpturen. Und natürlich würde ich den zeitweilig gescheiterten Suchern jede Form von Einweihung in Meditation und Religion nahelegen und ermöglichen. Priester und Meditationslehrer, Gurus und Psychotherapeuten, aber auch Aura- und Fußleser, Heiler, Fußreflexologen und Podologen wären gern gesehen, eingeladen und angestellt. Ich würde die Patienten nach ihrer entsprechenden Wahl in der Ausübung von Meditationen, Gebeten und Exerzitien bestärken und ihnen Mut machen, in schwierigen Phasen dranzubleiben, was schon genug saturnine Fähigkeiten erfordert, die für Neptunier anspruchsvoll und oft schwierig sind. Natürlich würde die gescheiterte Suche auch psychotherapeutisch aufgearbeitet, aber genauso wichtig wäre die Zukunft und der künftige Weg zur Erlösung des Neptunprinzips und damit des Sucht- und Suche-Problems.

Religionsersatz

Das Vakuum, das durch den Ausfall von Suche und religiösem Angebot entsteht, sorgt für weiteren unerlösten Ersatz. Überall tauchen Sekten auf. Lateinamerika fällt inzwischen im breiten Stil vom Katholizismus ab und zurück an alte Kulte wie Santo Daime mit der bis nach Europa ausstrahlenden Wirkung von Ayahuasca-Ritualen und kultischen Gesängen. Andererseits hat inzwischen auch die offensive Evangelisation reformierter US-Sekten dort Erfolg. Die Gründe, warum es in dieser Generation dazu kam, können uns den Mechanismus auch für unsere europäische Situation klarmachen.

Nachdem Papst Johannes Paul II. (Karol Wojtyla) mit seinem Feldzug gegen alles gesellschaftlich Linke, das ihm mit seiner verständlichen polnischen Kommunismusphobie ein Dorn im Auge war, auch die breit und tief verwurzelte und von großen katholischen Geistern wie Bischof Dom Hélder Câmara mitgetragene Befreiungstheologie in Bausch und Bogen und für einen Papst unangemessen einseitig verdammt hatte, war die Vertrauensbasis erschüttert. Als er den zum Kuss seines Ringes in Managua, Nicaraguas Hauptstadt, demütig niederknienden Ernesto Cardenal, Priester und Poet der Befreiungstheologie, mit einer herrischen Geste verjagte, verließen Hunderttausende von Gläubigen enttäuscht den Platz, auf dem sie dem Heiligen Vater begegnen wollten. Sie hatten dort weder einen Heiligen noch einen Vater gesehen. Einige solcher Gesten und Aktionen mehr, und ein ganzer Kontinent ging dahin und schaute sich kaum noch um nach der Kirche der alten autoritären Männer (Saturn). Was blieb, war ein Glaubens- und damit neptunisches Vakuum, in dem alles möglich ist, wie es uns die Atomphysiker auch für ihr Vakuum oder Nullpunktfeld erklären.

Heute reicht es in der westlichen Welt schon, ein wenig väterliche Autorität zu zeigen, ein bisschen auf Erleuchtung zu machen oder sie im Schnellverfahren anzubieten, schon hat man seinen Sektentempel voll, der manchmal auch nur eine Bude ist. Wenn man dann noch (neptunische) Opfer verlangt wie das Abliefern allen auf dem Weg nur hinderlichen Besitzes und Geldes, schon ist man auf dem Sektenmarkt gefragt. Und natürlich wird hier mit Symbolen und Mustern hantiert, die Wirkung haben. Wir hatten ja beim Märchen vom Hans im Glück gesehen, wie hinderlich Geld auf dem Weg sein kann – und hatte nicht Christus selbst davon gesprochen, eher komme ein Kamel durch ein Nadelöhr denn ein Reicher in den Himmel?

Wer ein bisschen mit diesen Mustern aus Neptuns Reich spielt, kann sich schon eine erkleckliche Herde von Lämmern zusammenfangen und sich dabei obendrein noch auf Jesus berufen, der seine Jünger ausdrücklich zu Menschenfischern berief. Beim Sonnen- und Jupiterprinzip hatten wir die Szene aus der Perspektive der Verführer, der Sektengründer und Darshan-Geber, beleuchtet; noch wichtiger ist die Sicht der Verführten und daher also das Neptunprinzip.

Wollten die Kirchen dem grassierenden Sekten(un)wesen von Scientology bis zum katholischen Engelwerk entgegenwirken, müssten sie aufwachen für die religiösen Bedürfnisse heutiger Menschen. Das ist schwierig für sie, sind sie doch so mit der unbewältigten Vergangenheit beschäftigt, und für alte Männer ist es auch angemessen, mit dem Vergangenen endlich fertigzuwerden.

Die Probleme der Esoterikszene gehören ebenfalls zum Neptunprinzip. Unzählige Male ab- und totgesagt, wächst diese Szene auch aus oben genannten Gründen des inneren Zerfalls der großen Kirchen unaufhörlich weiter, ist dabei allerdings (arche-)typisch neptunisch schlecht bis gar nicht organisiert, hat keine einzige übergreifende Zeitung, keinen Fernsehsender und nicht einmal eine Sendung, landet folglich überall im Randbereich, am Ende und fällt hinten hinunter. Netzwerke gibt es unzählige, aber jeder hat sein eigenes, und so kommt kein wirklich wirksames Feld zustande.

Inhaltlich versucht ein Teil der Esoterikszene auf dem raschen Weg über Wunschbücher und Schnellschussverfahren, das Schicksal zu zwingen nach dem Modell »Mein Wille geschehe, und zwar sofort«. Sie bauen ihr Ego auf und wundern sich – obwohl sie das Resonanzgesetz ständig aufsagen und ihren »Weg« mit Affirmationen und positiven Sinnsprüchen pflastern –, dass der Gegenpol sie immer wieder in Gestalt des Polaritätsgesetzes und des Schattenprinzips einholt. Wenn sie sich auch in Bezug auf das Ziel aller Spiritualität in einer Sackgasse befinden und die Ich-Auflösung, die Neptun verlangt, noch weit vor ihnen in der Zukunft liegt, entwickeln diese Positivdenker immerhin ein robustes Ego.

Auf der anderen Seite wird diese Ego-Auflösung einer Gruppe, die sich bemüht, auf dem Weg zur Erleuchtung möglichst ichlos voranzukommen, zur Falle. Die neptunische Halt- und Orientierungslosigkeit kann diesen Menschen zum Fallstrick werden, denn sobald die Verteufelung der materiellen Welt so weit geht, dass sie am besten ganz gemieden wird, fesselt sie nur umso stärker. Wirkliche (Los-)Lösung von der Welt führt durch diese und ihre Bewältigung. Ein Ego, dessen Grenzen zu früh aufgelöst oder manchmal auch zertrümmert werden, läuft Gefahr, im psychiatrischen Sinne Schaden zu nehmen und in eine Randexistenz voller Ängste und psychotischen Erlebens zu versinken.

Die Lösung liegt in der Erkenntnis des in diesem Buch dargestellten Entwicklungsweges, der sich den halben Kreis lang – von Widder-Mars bis Jungfrau-Merkur – nur mit dem Aufbau einer persönlichen, individuellen Identität beschäftigt. Die ersten drei Stationen sind dabei dem Körper gewidmet von Widder-Mars bis Zwillinge-Merkur, die nächsten drei von Krebs-Mond bis Jungfrau-Merkur der seelischen Identität. Im dritten Quadranten der Begegnung geht es von Waage-Venus bis Schütze-Jupiter um das Du, um schließlich im vierten und letzten Quadranten von Steinbock-Saturn bis Fische-Neptun dem Eingebundensein in das Kollektiv gerecht zu werden. Also erst ganz am Ende, nachdem elf Stufen und vier Elemente bewältigt sind, könnte es um die letzte Los-Lösung unter dem Symbol von Fische-Neptun gehen. Um auf dem Weg das Ich als Letztes opfern zu können, muss es aber zuvor erst einmal im beschriebenen Sinne entwickelt werden. Das übersehen die neptunischen Lebensverweigerer, die den spirituellen Anspruch als Schild für ihre Inkarnationsverweigerung wählen und insgesamt nur peinlich sind, während ihnen die eigene Lebenszeit zwischen den Fingern zerrinnt.

Medizin

Neptunische Orte im Körperland

Dem körperlich wenig greifbaren Neptunreich sind wie gesagt die Aura und die Füße zugeordnet. Darüber hinaus ist nur noch an die Zirbeldrüse (Epiphyse) zu denken, die unser Zeitgefühl und unseren Wach-Schlaf-Rhythmus regelt. Über sie wissen wir recht wenig, wie es für neptunische Orte auch außerhalb des menschlichen Körpers typisch ist. Was wissen wir schon über den Tor von Glastonbury, über Avalon oder Stonehenge, die Scharrbilder von Nasca oder die Kornkreise in England? Selbst über deren Entstehung gibt es nur sehr okkulte Theorien, über ihre Funktion überhaupt nur Spekulation. So ähnlich ist es auch in Bezug auf die Zirbeldrüse. Wenn ihr in manchen spirituellen Kreisen höchste Bedeutung beigemessen wird, liegt das immerhin im Bereich neptunischer Qualität, und die kleine Drüse mitten in der Mitte des Kopfes ist symbolisch keinesfalls ein unbedeutender Ort.

Für das neptunische Körperland könnten wir noch all die Bereiche anführen, wo Diffusion, das langsame, passive Einsickern von Körperwasser, geschieht, und all die Grenzflächen, an denen Osmose stattfindet. Damit hätten wir jedoch so gut wie den ganzen Körper zu betrachten. Das Neptunprinzip ist also wirklich schwer im Körper zu lokalisieren, aber dafür rasch fast überall anzutreffen.

Krankheitsbilder

Bei den Krankheitsbildern sind mit den schlaffen Lähmungen und den Fußproblemen schon die körperlichsten genannt. Beim Hallux valgus, einer zunehmenden Verdrehung des Großzehs, der sich querlegt, handelt es sich im wahrsten Sinne des Wortes um eine richtungsweisende Erkrankung. Wenn Menschen auf ihrem Weg sind, zeigt der Großzeh gerade nach vorn. Sollen sie vorausgehen, steht er über die Phalanx der Zehen hinaus. Falls sie sich zurücknehmen sollen, weicht er hinter den zweiten zurück. Steht er in einer Reihe mit den anderen im Sinne eines ebenmäßigen, harmonischen Harfenbogens, handelt es sich um einen Menschen, der sich gut und gern einordnet. Der große Zeh ist also ein Symbol für den ganzen Menschen. Entsprechende Überlegungen zur Lebensrichtung, in Kombination mit Yoga-Übungen und dem Verzicht auf Stöckelschuhe können ihn wieder auf Linie bringen.43 Ähnliches würden beim Gehen nach außen abweichende Füße verraten, die zu watschelnden Menschen gehören. So können die Füße allein über ihre Form beinahe vieles über ihre Besitzer verraten, von der körperlichen bis zur Ebene der Chakras.

Infektionen (Mars) sind beim Neptunprinzip in Bezug auf ihr hohes Fieber einzuordnen – in dem Sinne, dass die Betroffenen der Lösung entgegenfiebern. Im Fieberwahn taucht das Neptunprinzip vollends auf. Bei Vergiftungen ist es oft im Spiel; bei Süchten sogar im Vordergrund, aber auch nicht in dem zerstörerischen Sinn, wie es uns bei Pluto begegnet ist.

Unter den grundsätzlich zu Mars gehörenden Entzündungen wäre speziell die Schwindsucht bei Neptun zu erwähnen. Einst führte sie dazu, Betroffene erst aus dem gesellschaftlichen Leben in ein Sanatorium verschwinden zu lassen und dort dann langsam und über Jahre aus dem Leben. Wer diesen neptunischen Weg einfühlsam und ausführlich mit den seelischen Mustern, die dabei eine Rolle spielen, nachlesen will, ist gut beraten mit Thomas Manns Roman Der Zauberberg.

Morbus Alzheimer ist als das große Vergessen und das langsame, aber so schrecklich sichere Verdämmern auch ein neptunisches Thema. Die Betroffenen verschwinden immer mehr aus dem Leben, weil sie sich an immer weniger erinnern. Allmählich entschwindet mit der Vergangenheit das Leben, und sie finden sich auf schreckliche Art im Hier und Jetzt wieder. Die Erlösung liegt natürlich darin, dies freiwillig und rechtzeitig zu üben und zu verwirklichen, damit das Schicksal solchen Zwang nicht nötig hat. Bei Alzheimer kennen wir bisher keine Therapie, also liegt der ganze Schwerpunkt auf Vorbeugung.

Auffälligerweise wird das Krankheitsbild zunehmend zum Problem in modernen Wohlstandsgesellschaften, in denen Menschen mit ihrem inneren Kind nicht zurechtkommen und auch mit dem Alter(n) auf Kriegsfuß stehen. Eine Krankheit, die auf das langsame Verlieren des Verstandes hinausläuft, wird natürlich denjenigen zur maximalen Provokation, denen der Verstand alles bedeutet. Es ist also vorbeugend, ihn rechtzeitig in seine Schranken zu weisen und den emotionalen und Gefühlskräften mehr Raum zu geben.

Die Blockierung zwischen Großhirn und limbischem System im Mittelhirn, der Heimat der Gefühle, läuft auf eine Hervorhebung des archetypisch weiblichen Pols und eine Zurückstufung des entsprechenden männlichen hinaus. Vorbeugung heißt hier, dies freiwillig und ohne Krankheitszwang in die Wege zu leiten. Das Kurzzeitgedächtnis verabschiedet sich rasch; das Langzeitgedächtnis bleibt länger erhalten. Also geht es darum, das Naheliegende, Alltägliche freiwillig zurückzustellen hinter dem Großen und Ganzen, dem Überblick über das Leben, der Perspektive und Vision.

Unter den Symptomen verweisen die Trippelschritte darauf, an Ort und Stelle und im Moment zu bleiben. Die Getriebenheit zeigt, wie viel noch zu tun wäre; die Depressionen bringen die Auseinandersetzung mit dem Tod ins Spiel. Wenn die Betroffenen sich trippelnd im Kreis drehen, zeigt das, wie sehr ihnen der Kreis des Lebens, der Uroborus, Aufgabe ist. Am Ende des Lebens ist bei Alzheimer kein Ziel erreicht, sondern der Weg verloren. Dieser Gefahr gilt es ab der Lebensmitte ins Auge zu sehen. Wenn Betroffene beim Sprechen den Faden verlieren, wird das noch deutlicher; ihre sprachliche Dysphasie zeigt, wie wenig sie in Resonanz mit sich selbst sind und wie auch Resonanz eine frühere Aufgabe gewesen wäre. Die Agnosie als Unfähigkeit, Sinneseindrücke im Gehirn zu verarbeiten, verrät die Unmöglichkeit des Erkennens, die Apraxie (Bewegungsunfähigkeit) die des Handelns. Es ginge um Sein und Stillwerden. Rechtzeitig ist zu lernen, die Dinge ruhen zu lassen, ins Schweigen einzutauchen, den inneren Monolog anzuhalten. Die zwischenzeitlich auftretende Euphorie kann einen Ausblick auf die Stimmung der Befreiung schenken. Die gähnende Leere, unter der Alzheimerpatienten leiden, ist rechtzeitig in Gestalt der großen Leere des Nirwana ins Auge zu fassen und anzustreben. Vor diesem Hintergrund ist es gut, im Schlafzimmer von Alzheimerpatienten wie bei kleinen Kindern nachts ein Licht brennen zu lassen, in der Hoffnung, dass ihnen ein Licht aufgeht.

Der Angehörige so enorm belastende Mangel an Vor- und Rücksicht könnte rechtzeitig andeuten, wie sehr es nun um die Betroffenen selbst geht. Sie erwachen nachts, ohne zu wissen, wo und wer sie sind. Wir denken an Odysseus und die Aufgabe, sich frühzeitig damit auszusöhnen, ein Niemand zu sein auf dieser Erde, was immer das Ego dem auch entgegenhalten mag. Angesichts der Tatsache, dass Alzheimerpatienten davonlaufen, um ihr Elternhaus zu suchen, wäre es gut, rechtzeitig in die Gänge zu kommen und – etwa mittels Familienaufstellung oder Psychotherapie – seine Verbindungen zu Herkunft und Ursprung zu erspüren und zu klären.

Die dem Neptunprinzip zugeordneten Vergiftungen können alle Ebenen betreffen, wie es bei der modernen »Ökochondrie« der Fall ist. Hier führt einerseits die erbärmliche Situation unserer Umwelt einen Menschen mit hoher Sensitivität und auch rascher seelischer Beeindruckbarkeit in eine Fluchtsituation. Anderseits wähnen sich immer mehr Menschen entgegen aller Logik aufgrund von dunklen, bedrohlichen Gefühlen und Ahnungen von Giften und Strahlen umgeben, die zwar so nicht vorhanden sind, aber das Leben trotzdem weitgehend verhindern. Ob man tatsächlich körperlich vergiftet ist, sich durch seelische Grausamkeit vergiftet fühlt oder sich von unmessbaren Giften umlagert wähnt, das Ergebnis wird ähnlich furchtbar sein.

Mit Psychosen ist ein Drittel der Menschen, mit Neurosen aber sind sicher mehr als drei Viertel, wenn nicht fast alle angesprochen. Bei der Psychose kommt es zu einer Überschwemmung des Ich mit Schatteninhalten, die, lange gestaut, zu mächtig werden und von einem wenig robusten Ich nicht mehr kontrolliert und auf Distanz gehalten werden können. Wenig kostet so viel Kraft, wie mitten im Seelen-Wasser-Bereich ständig etwas Hochdrängendes unten zu halten. Man kann es sich bildlich an dem Versuch klarmachen, einen Wasserball längere Zeit unter die Oberfläche zu drücken. Die Überschwemmung mit Inhalten des kollektiven Unbewussten führt zu einem Träumen mit offenen Augen, man sieht die Anderwelt.

Psychosen werden durch alles, was ein Ich überfordern kann, ausgelöst und damit buchstäblich durch alles. Je schwächer das Ich, desto weniger Schattendruck ist notwendig, um seine Grenzen zu überschwemmen. Je stärker das Ich, desto mehr Schattendruck ist notwendig, um starke Grenzbefestigungen zu überspülen. Wir können uns das Ich wie eine Festung, eine Wasserburg, vorstellen, in deren Gräben der Wasserspiegel steigt. Sind die Mauern stark, werden ihnen von außen nur starke Wellen gefährlich. Sind sie schwach, reicht schon ein wenig Wasserdruck. So kann sehr Unterschiedliches zum Auslöser werden: eine überhöhte Rechnung, eine heftige Auseinandersetzung, eine große Enttäuschung oder unerwiderte Liebe, aber auch nur das rote Blitzlicht der Radaranlage bei zu hohem Tempo, ein kleiner Joint, ein Beziehungsbetrug, eine schlimme Bilanz bei einem Lebensübergang, eine aussichtslose Situation, aber auch eine zu tiefe Gotteserfahrung, eine Überforderung mit Licht.

Wenn in dieser Welt nichts mehr hält und nichts mehr lockt, kann die Flucht in die innere Bilderwelt der Psychose, in die Anderwelt, als bessere, verlockende Alternative erscheinen. Edward Podvoll, der buddhistische Psychiater aus den USA, nannte sein wundervolles Psychiatriebuch bei dem ehrlichen Namen Verlockungen des Wahnsinns und spricht darin von »Inseln der Klarheit« inmitten psychotischer Überschwemmungen. Der deutsche Verlag taufte das Buch aus spekulativen Gründen um auf Berichte aus entrückten Welten.

Eine neptunische Therapie der Psychose würde darin bestehen abzuwarten, bis die Fluten sich wieder verziehen, und gar nicht erst gegen sie anzukämpfen. Was nach der Psychose noch da ist, darauf ist Verlass, darauf lässt sich neu aufbauen. Solche passiven »Therapien« des Abwartens, Erfahrens und Erlebens entsprachen den Träumen großer Psychiater wie Edward Podvoll, aber auch Ronald D. Laing, dem in Kingsley Hall solch ein Asyl für die entsprechenden Durchgangszustände vorschwebte.

Neurosen würden Stoff für ein eigenes Buch geben. In Das Schattenprinzip habe ich dargestellt, wie sie uns im Laufe des Lebens zuwachsen und sich langsam einschleichen. Hier handelt es sich nicht um solche erschreckenden Schatteninhalte wie bei den tiefen Schatten, die zu den Überschwemmungen der Psychosen führen, sondern um frühe Anpassungen: Dinge, die längst ihren Sinn verloren haben, aber weiterbestehen, weil sie einmal eingedrungen sind, aber auch symbolische Integrationen und Verarbeitungen von Ängsten, wie es sich bei Schlangen- und Spinnenängsten (Pluto) zeigt.

Süchte

Suchtverhalten gehört generell zum Neptunprinzip. Im engeren neptunischen Sinn typisch ist das ständige Wegdriften bei Cannabisgebrauch wie durch Marihuana-Rauchen. Sprüche wie: »Ein Joint am Morgen gegen Kummer und Sorgen« oder »Am Morgen ein Joint, und der Tag ist dein Freund« zeigen die Tendenz. Schon zu Tagesbeginn wird der Kopf zugenebelt, vollgedröhnt und weitestgehend abgeschaltet. Auch das Untertauchen in Alkohol, um sich diese harte Welt zu ersparen oder wenigstens weicher zu trinken, ist neptunisch, getreu dem bayerischen Motto: »Es gibt keine hässlichen Menschen, nur zu wenig Bier.« Daraus folgt die menschenfreundliche Sitte des »Schönsaufens«.

Zu den Süchten ließe sich ebenfalls ein eigenes Buch schreiben. Da wir uns nun im Neptunland befinden, sollen die Süchte im Folgenden aufgrund ihrer besonderen Eigenart, sozusagen ihrer Obertöne, zu allen zwölf Prinzipien zugeteilt werden.

  1. Unter Widder-Mars fallen Aktivitäts-, Streit- und Tobsucht, aber auch Abenteuer- und Geschwindigkeitssucht wie auch Jagdfieber.
  2. Bei Stier-Venus findet sich Sammellust bis zu Konsum-, Besitz-und Habsucht sowie Genuss-, Ess- und Naschsucht, dazu Vorrats- und Sicherheitssucht.
  3. Unter Zwillinge-Merkur fallen Lese-, Info-, Fernseh-, Kritik-, Diskussions- und Kommunikationssucht, Tratschsucht und chronische Telefonitis.
  4. Krebs-Mond ist bei Alkohol gefährdet, außerdem kann Mondsucht sich in Geborgenheits- und Heile-Welt-Sucht sowie Sehnsucht oder Heimweh zeigen. Medizinisch ist an Wassersucht (Ödemneigung) zu denken.
  5. Bei Löwe-Sonne ist an Spiel- und Ruhmsucht, an Vergnügungs-, Erotik- und Sex- wie auch Abenteuersucht zu denken, außerdem an Erfolgs-, Rekord-, Anerkennungs-, Geltungs-, Selbst- und Herrschsucht.
  6. Jungfrau-Merkur ist anfällig für Arbeits-, Analyse-, Leistungs-und Kontrollsucht, Pedanterie, aber auch Lauf- und Trainingssucht.
  7. Waage-Venus neigt zu Gefall-, Harmonie-, Beziehungs-, Partnerschafts-, aber auch Sexsucht bis zu Nymphomanie. Süßigkeiten- und Gerechtigkeitssucht kommen hinzu.
  8. Skorpion-Pluto leidet an Intensitäts- und Gefahrensucht, an Sex- und Pornosucht, Eifer- und Rachsucht, medizinisch an Kotz-Fress-Sucht oder Bulimie.
  9. Schütze-Jupiter neigt zur Sucht nach immer mehr, zu Reise-und Großmannssucht wie auch Verschwendungs- und Prunksucht, zu Eso- und Esssucht im Sinne von Völlerei. Außerdem gehört medizinisch Gelbsucht hierher.
  10. Steinbock-Saturn tendiert zu Arbeits- und Habsucht, zu Ordnungs- und Putzsucht wie auch zu (Ehr-)Geiz. Medizinisch gehören Bleichsucht (Anämie) und Magersucht hierher.
  11. Wassermann-Uranus hat einen Hang zu Computer- und Hightech-Sucht, aber auch zu Sensationsgier und Sucht nach Abwechslung und Neuem sowie Erfindungssucht. Medizinisch gehört die Fallsucht (Epilepsie) hierher.
  12. Fische-Neptun ist generell suchtgefährdet mit einer besonderen Tendenz zu Alkohol-, Nikotin- und Drogen-, aber auch Schlaf- und Tagtraumsucht. Medizinisch ist wie schon erwähnt die Schwindsucht hier ein typisches Leiden.

Neptunische Energie im Namen

Beim Neptunprinzip finden sich natürlich alle Namen, die das Meer anklingen lassen wie Marina, Marinus und Maristella (Meeresstern), oder ein Name wie Delphine, der an das spirituelle Lieblingstier erinnert, das aber im Schatten doch ein ziemliches Raubtier ist. Undine bringt das typisch neptunische Märchen von der kleinen Seejungfrau ins Spiel, das von Sehnsucht und Liebesleid handelt.

Auch alle Fantasienamen, wenn sie etwa den werdenden Eltern bei der Namenssuche auch noch im Traum oder Meditation zugefallen sind, werden hier zugeordnet. Außerdem die mystischen Namen, die manche Gurus ihren Jüngern verleihen. Gleiches findet sich im Katholizismus, wenn sich der Firmling seinen neuen spirituellen Namen wählen darf.

Bearbeitung und Einlösung von Neptunthemen

Offensichtlich kommt bei diesem Lebensprinzip der religiösen und spirituellen Dimension schon bei der Bearbeitung, aber erst recht bei der Ein- und Erlösung große Bedeutung zu. Damit haben hier das Gebet und die Meditation anfangs therapeutische und später weit darüber hinausgehende Funktion. Der Glaube, der Berge versetzen kann, deutet es schon an. Das Helfen wird beim Neptunprinzip zum Mittel der Therapie. Helfer helfen immer auch sich selbst, doch bei Neptun wird dies besonders deutlich und wichtig. Natürlich hilft der Sterbehelfer dem Sterbenden, aber der hilft seinem Helfer mindestens ebenso, wenn er an seiner Seite mit ihm dahingeht und ihm ermöglicht, an der Erfahrung der letzten großen Verwandlung teilzuhaben.

 

1. Auf der untersten Stufe ist es denkbar, aus der Sucht wieder zurück zur Suche zu finden. Haltloses Chaotentum mit seinen Verirrungen bis zum Irrsinn kann an den Narr erinnern, der, äußerlich unabhängig, seinem inneren Weg frei und ungebunden folgt. Die Dissoziation der Persönlichkeit mit zerfließenden Ich-Grenzen zeugt frühzeitig von der Forderung, das Ego zu opfern. Der Identitätsverlust erinnert an die Entwicklungsstufe, auf der Odysseus dem mordgierigen Polyphem auf die Frage, wer er sei, antworten kann: Niemand. Hier ist jedoch stets mitzubedenken, dass ein Ego erst Stabilität in sicheren Grenzen braucht, bevor es diese aus einem Gefühl der Stärke wieder aufgeben kann.

Im Wahn ist die andere Wirklichkeit zu erkennen und seine Symbolik auf die Lebensaufgabe hin zu durchschauen. Das Gefühl des Ausgestoßenseins kann daran erinnern, dass letztlich jeder für sich allein steht und die Aufgabe schlussendlich lautet, alles in einem zu werden. Aus Selbstmitleid kann sich Mitgefühl mit allen fühlenden Wesen entwickeln. Aus Demütigungen will Demut wachsen. Lebensverweigerung kann in ein Sich-Zurücknehmen im Sinne der Tarotkarte Der Eremit gewandelt werden.

Aus Täuschung anderer, Betrug und Unehrlichkeit mag die Erkenntnis entstehen, sich letztlich immer nur selbst zu täuschen und mit Ent-Täuschungen Täuschungen beenden zu können. Amoralisches Verhalten deutet die Aufgabe an, auch über Moral hinauszuwachsen, um letztlich ganz ungebunden und frei zu werden.

 

2. Auf der zweiten Stufe wollen Mauscheleien erkannt und Orientierungsschwächen in die Chance gewandelt werden, sich überall zu Hause zu fühlen. Der Mangel an Verständnis der Schicksalsgesetze und Spielregeln des Lebens ist am einfachsten durch deren Erlernen zu beheben44. Tramps, Clochards, Tippelbrüder und Penner, Spät- und Ewig-Hippies wie auch spirituelle Lebensverweigerer könnten sich aufgerufen fühlen, ihre Pseudofreiheit in echte Freiheit zu verwandeln. Wer wirklich und letztlich aussteigen will, muss sich vorher richtig eingelassen haben.

Verdrängung, Vermeidung, Selbstbetrug und Lebenslügen sind als solche zu durchschauen. Die Lebenszeit ist als Chance zu sehen und das eigene Leben als Geschenk im buddhistischen Sinn anzunehmen. Illusionen wollen in Visionen gewandelt werden. Die Vernebelung mag andeuten, wie die Nebel sich zur rechten Zeit lichten werden und Geheimnisvolles auftauchen lassen – und mit ihm ein neues Leben in einem anderen schöneren Land des Geistes. Das Leben in Scheinwelten kann an den Schleier der Maja oder Isis erinnern, der im Laufe des Lebens immer mehr zu lüften ist. Heimlichtuerei und Geheimniskrämerei erinnern an das große Geheimnis, von dem Einstein sagte: »Das Schönste, was wir erleben können, ist das Geheimnisvolle.«

Scheinanpassung kann echte Anpassung und Flexibilität zu einem Entwicklungsthema machen. Resignation mag an die Notwendigkeit erinnern, seine Unterschrift, sein Signum, unter manchen Abmachungen und Verträgen, zurückzuziehen. Fremdbestimmung trägt in sich einerseits die Möglichkeit zu Selbstbestimmung (wie Falschgeld das Versprechen von richtigem Geld), andererseits auch die Chance, das Ziel im »Dein Wille geschehe« zu erkennen. Schutz- und Wehrlosigkeit, das Gefühl, ausgeliefert zu sein, sind als Wirklichkeit anzunehmen, denn wir sind immer in Seiner Hand, und das ist letztlich in jedem Fall anzuerkennen. Wenn wir »Dein Wille geschehe« beten, üben wir dieses Thema.

 

3. Auf der nächsten Ebene gilt es, Hilflosigkeit über das Stadium des Helfersyndroms in selbstlose Hilfe zu wandeln. Abhängigkeit und Co-Abhängigkeit verraten, wie wir alle an allem Anteil haben. Unrealistische Träumer könnten anfangen, ihre Träume zu leben und an der Wirklichkeit zu messen. Mangelndes Selbstbewusstsein wandelt sich in jeder Einheitserfahrung in das noch tiefere Urvertrauen, aus dem alles Vertrauen kommt. Unverwirklichte Sehn-Süchte könnten in die Suche und das Sehnen nach Erlösung transformiert werden. Opfersein kann zu bewusstem Aufopfern des Lebens für das große Werk der Befreiung führen. Ahnungen wollen zu Intuition werden und sich zu Visionen entwickeln. Mitläufer müssen sich nur die richtige Gruppe oder Person aussuchen. Auch die christlichen Apostel waren im wahrsten Sinne des Wortes Mitläufer, genau wie die ersten Schüler des Buddha.

 

4. Auf der vierten Stufe zeigen wachsende Feinfühligkeit und zunehmendes Ahnungsvermögen, wie sehr man reif ist, die Schleier der sichtbaren Welt zu lüften, um das Unsichtbare zu finden und zu (er)leben. Hingabefähigkeit und Altruismus münden in Nächstenliebe. Phlegma mag die große Stille im Innern, die Ruhe der Mitte, betonen. Illusionen erinnern an Maja und die Aufgabe, sie zu durchschauen. Rückzüge in Einsamkeit lassen sich im Sinne von Retreats zur Vertiefung nutzen. Schnelles Aufgeben gemahnt daran, das Ego aufzugeben statt sich und sein Selbst. Wachsender religiöser Glaube will Berge versetzen und Grenzen überwinden.

 

5. Auf der fünften Stufe verfeinert hohe Sensibilität die wachsende Intuition. Urvertrauen ermöglicht, über sich selbst hinausweisendes Selbstvertrauen. Schöpferische Fantasie findet künstlerischen Ausdruck. Echte, selbstlose Seelsorge, aufopferungsvoller Einsatz und Barmherzigkeit bestimmen das Leben.

 

6. Auf der sechsten Stufe wird Medialität für andere heilbringend wirksam. Glaube geht in tiefe Spiritualität über, und die Vision vom eigenen Leben und seiner Aufgabe wird klar. Demut, Bedürfnis-und Selbstlosigkeit transformieren das Leben und helfen, das Ego zu transzendieren. Glaube, Hoffnung, Liebe durchdringen das Leben.

 

7. Die siebte Stufe beschenkt mit der Erfahrung grenzenlosen reinen Seins und verbindet sich mit All-Liebe und All(es)-(in) ein(em)-Sein.

Therapien, Meditationen

Auf der körperlichen Ebene sind ansteigende Fußbäder, Fußreflexzonentherapie und Fußpflege zu empfehlen. Ebenso wirksam sind hier viele Kneippübungen wie Tau- und Schneetreten, Güsse, Barfußgehen auf Kies und anspruchsvollen Untergründen. Auch die Kinesiologie, die aus Muskeltests auf Inneres und auf alles schließt, ist typisch für Neptun.

Die klassische Homöopathie mit ihren Hochpotenzen ist hier anzutreffen, so auch Bachblüten- und Aura-Soma-Therapie, Aromatherapien sowie der therapeutische und rituelle Einsatz von Räucherungen. Musiktherapien entsprechen wie Geistheilung und Aura-Behandlungen dem Neptunischen.

Vertrauensübungen des Sich-fallen-Lassens und die spirituelle Suche als Aufgabe und Weg gehören hierher. Hinzu kommen Übungen der Einfühlsamkeit und Durchlässigkeit. Das Helfen wird unter dem Neptunprinzip zum Weg der Selbstverwirklichung.

Natürlich sind auch alle stillen Meditationen bei Neptun zu Hause, und unter den geführten Meditationen noch jene, die sich mit den Grenzen des Ego und mit der Transzendenz beschäftigen.

Religion als Therapie ist schlussendlich noch zu erwähnen, und im Fischezeichen am besten die christliche, die mit ihrer Betonung der (Nächsten-)Liebe auf Helfen, Verzeihen und Gnade hinausläuft. Im Geheimen entstanden, brutal verfolgt, mit ihren humanistischen Idealen, dem großen Selbstopfer ihres Begründers, der am Kreuz das Leid der Welt auf sich nahm und dem Ziel der Erlösung ist sie neptunisch wie keine andere. Darüber hinaus sagt Christus, der seine Jünger als Menschenfischer aussendet, sein Reich sei nicht von dieser Welt.

Rituale

Alle Einweihungs- und Heilungsrituale aller Kulturen und Traditionen gehören zu Neptun. Für uns, die wir unsere eigenen weitgehend verloren und aufgegeben haben, sind diese jedoch meist fremd und weit entfernt.

Heilung ist immer mit Neptun im Bunde, geschieht von einer anderen Ebene aus und lässt sich mit Ritualen zumindest genauso gut wie mit schulmedizinischen Überlegungen (er)klären. Jede Spontanremission ist natürlich ein Wunder, das Wunder einer Heilung, und das geschieht in Neptuns Reich oder eben nicht. Wahrscheinlich bieten hier Neptun und das Ritual sogar noch die besten Erklärungsschlüssel.45

Wer mit Neptun im Bunde ist – etwa Heiler wie Zé Arigó oder Edson Queiroz –, hat jedenfalls die viel größeren Möglichkeiten. Professor Walter M. Gallmeier vom Universitätsklinikum Nürnberg war der erste deutsche Schulmediziner, der sich systematisch mit Spontanremissionen beschäftigte. Er sagte: »Ein Arzt, der nicht an Wunder glaubt, ist kein Realist.«

Der Abstieg ins Meer im Rahmen einer geführten Meditation ist ideal für ein Neptunritual. Was sich in unseren italienischen Seminaren als Delphinschwimmen entwickelt hat, ist letztlich ein Neptunritual, bei dem wir uns bewusst von Händen und Füßen verabschieden, auf Flossen umstellen und miteinander, aneinander ins Reich des sanften neptunischen Schwimmens und in die Freundlichkeit und liebevolle Aufmerksamkeit des Delphinreiches eintauchen.

Musik

Zum Neptunprinzip gehört so gut wie jede sanfte Hintergrundmusik und natürlich die Symphonie der Sphären. Harmonische Klangfolgen wie in der Meditationsmusik sind typisch, wobei Worte nur mit weicher, melodischer Stimme mehr gehaucht als vorgetragen werden. Zu erwähnen sind hier auch die mystischen Songs der irischen Sängerin Enya, die dahinfließen und zum Meditieren einladen, sowie sanfte religiöse Musik, besonders wenn sie zum Beten und Meditieren einlädt wie oft Harfen- und Tamburaklänge. »Buddhist Peace Music« ist ein Beispiel für gesungene Meditationsmusik, aber auch einige CDs von Lex van Someren wie »Music for Meditation«.

Songs wie »Sailing« von Rod Stewart oder »Morgen« von der Gruppe Erste Allgemeine Verunsicherung übermitteln sowohl von ihrem Inhalt als auch von ihrer Art neptunische Stimmung. Weitere Beispiele sind »I Am An Island« von Simon and Garfunkel und ganz besonders »Atlantis« von Donovan.

Bewegung und Sport

Unter dem Neptunprinzip sind schweißtreibende, anstrengende Bewegungsarten und folglich Sport nicht beliebt. So kommen – wie schon beim Mondprinzip – Schwimmen, Wasserball oder Wassergymnastik in Frage, solange sie spielerisch wie das erwähnte Delphinschwimmen bleiben und weder Leistungsanspruch noch Rekordjagd meinen. Das hat sich schon bei Mond nicht gut angefühlt und muss bei Neptun endgültig ins Wasser fallen.

Hobbys

An erster Stelle ist bei diesem Lebensprinzip an Meditieren, die Beschäftigung mit okkulten Themen und Mystik zu denken. Auch Filme können zum Hobby werden, vor allem Märchen-, Musik- und auch Stummfilme.

Glücksspiele und Schatzsuche, das Suchen mit Metalldetektoren nach verborgenen Kostbarkeiten, das Forschen nach versunkenen Welten oder sich als Taucher auf die Spurensuche von Atlantis zu begeben, all dies ist unter Neptun ein passendes Freizeitvergnügen.

Auch die unentdeckte Lyrikerin, die ihre Gedichte vor der Welt versteckt und doch von ihrer Entdeckung träumt, ohne etwas dafür zu tun, passt hierher. Auf anderen Ebenen finden wir Hobbyzauberer oder besser noch Illusionisten, Mentalmagier und schließlich Sportfischer.

Am neptunischsten und befriedigendsten aber ist sicher Helfen als Hobby. Wir finden hier die kleine Mutter Teresa mit großer Sehnsucht.

Sinnlichkeit, Erotik und Sex

Unter dem Neptunprinzip kann das sinnliche, erotische, sexuelle Leben voller Fantasien sein, die gar nicht ausgelebt werden wollen, sondern sich selbst genügen. Hier könnte es sowohl platonisch körperlos als auch völlig zügellos zugehen, bis hin zu anonymem Sex wie der Fantasie, im Zug von einem völlig Fremden von hinten genommen zu werden.

Im Wesentlichen wird aber passive zärtliche Hingabe oder aufopferungsvolle Verwöhnung im Vordergrund stehen. Auch geheimnisvoll darf es sein, und dabei klingt das Wortspiel an »Geh voll heim«. Tatsächlich ist ja auch der umfassende Orgasmus ein großes Heimkommen.

Filme

Um ein Gefühl für dieses so schwer fassbare Lebensprinzip zu bekommen, eignet sich besonders die (Schein-)Wirklichkeit der Filme. So vielgestaltig wie das Prinzip selbst sind hier auch die Filmthemen. Doch immer steht die andere, nicht sichtbare Welt im Vordergrund.

Wenn Träume fliegen lernen erzählt die Geschichte des Schriftstellers J. M. Barrie. Trotz seiner fantasievollen Ideen ist er immer noch erfolglos. Wie durch ein Wunder begegnet er der bezaubernden Witwe Sylvia und ihren vier Kindern. Inspiriert durch deren Fantasiewelt erschafft Barrie das Traumreich »Nimmerland«. Und es entsteht eines der berühmtesten Werke der Weltliteratur, Peter Pan, das bis heute nicht nur die Fantasie von Kindern, sondern auch die Träume Erwachsener bewegt.

Fast noch deutlicher findet sich das Neptunprinzip in dem Film Big Fish – Der Zauber, der ein Leben zur Legende macht. Als sein Vater im Sterben liegt, unternimmt sein Sohn einen letzten Versuch, sich mit ihm zu versöhnen und endlich herauszufinden, wer sein Vater wirklich war. Denn zeitlebens hat der immer nur die fantastischsten und unglaubwürdigsten Lügengeschichten über sich erzählt: Mit einem Riesen will er seine Heimat verlassen haben, in einem magischen Wald kämpfte er angeblich mit furchterregenden Fabelwesen, in einem Zirkus soll er zusammen mit einem Werwolf gelebt haben, eine ganze Nacht habe er am Grunde eines Sees verbracht und den Zweiten Weltkrieg quasi im Alleingang gewonnen … Will, der Sohn, geht all diesen bizarren und surrealen Märchengeschichten nach und sucht nach den Spuren von Realität in all den Lügenkonstrukten. Am Ende muss er feststellen, dass die Wirklichkeit seines Vaters eine ganz andere, aber durchaus auch eine reale war.

Filme, die sich mit der jenseitigen, für uns nicht wahrnehmbaren Welt befassen, gehören zum neptunischen Prinzip. Allen voran und in dieser Thematik unübertroffen ist der Film Hinter dem Horizont. Nach seinem tragischen Unfalltod erwacht der Arzt Chris irgendwo hinter dem Horizont in einem Jenseits, in dem seine früheren inneren Bilder, Träume und Fantasien seine neue Wirklichkeit bilden. Langsam lernt er, sich in dieser Welt, in der ganz andere Regeln gelten, zu bewegen. Als seine trauernde Frau sich das Leben nimmt und nun aber in der Anderwelt im Kreise ihrer inneren Höllenbilder leben muss, begibt Chris sich mit einem mysteriösen Spurenleser auf die Reise in diese schreckliche Bilderwelt seiner Frau, um sie zu retten. Der Film zeigt in überwältigenden Bildern eine wahrhaft neptunische Reise durch seelische Himmel und Höllen.

Der Film Fünf Menschen, die dir im Himmel begegnen erzählt die wundervolle Geschichte von dem vorgegebenen Muster, das einem Leben zugrunde liegt. Das größte göttliche Geschenk besteht darin, erkennen zu dürfen, warum jedes einzelne Leben genau so und kein bisschen anders ist und diesen einen Verlauf nehmen muss. Dieses große Geschenk wird Eddie, der an seinem dreiundachtzigsten Geburtstag an seinem Arbeitsplatz in einem Vergnügungspark stirbt, zuteil. Er erwacht im Himmel und begegnet dort fünf Menschen, die in seinem irdischen Leben eine entscheidende Rolle gespielt haben. Sie offenbaren Eddie die schicksalhaften Zusammenhänge seines Lebens, die ihm bisher verborgen waren, und zeigen ihm damit den wahren Sinn seines nur scheinbar bedeutungslosen Daseins.

Zu Neptun gehören auch unerwartete seelische Erlebnisse, die eine völlig andere Wahrnehmung der Wirklichkeit erschaffen. In Wen die Geister lieben, einer Komödie mit ernstem Hintergrund, macht der misanthropische Zahnarzt Pincus nach einer harmlosen Narkose eine Nahtod-Erfahrung. Damit nicht genug, kann er von nun an die Geister der Verstorbenen sehen, die ihn geradezu verfolgen, weil sie so dringend seine Hilfe benötigen, um ihre noch unerledigten Dinge zu Ende zu bringen und endlich Erlösung zu finden. Die erste Reaktion von Dr. Pincus ist Flucht, doch bald gibt er sich geschlagen, und durch das erzwungene Helfen beginnt er langsam wieder, Empathie und Mitgefühl zu entwickeln.

Eine ganz andere Geschichte, die das erlöste Neptunprinzip zeigt, wird in dem Film Lars und die Frauen erzählt. Bei der Geburt von Lars starb seine Mutter, und seit er denken kann, plagen ihn deshalb Schuldgefühle, die ihn zu einem schüchternen und scheuen Außenseiter machten. Seine Sehnsucht nach Liebe und Heilung erlöst er auf ungewöhnliche Weise: Er bestellt sich im Internet eine Liebespuppe und stattet sie mit einer fantasievollen Lebensgeschichte aus, die für ihn zur Realität wird. Auf diese Weise verleiht er seiner Bianca Leben. Er stellt die Puppe allen Menschen seines Dorfes als seine Verlobte vor, die als Missionarin in Brasilien gelebt habe und durch eine mysteriöse Erkrankung nicht mehr laufen könne und deshalb nun im Rollstuhl sitzt. Erwartungsgemäß reagieren die Normalbürger zuerst verunsichert und ratlos auf diese irreale Situation. Auf Anraten der wundervollen Ärztin Dr. Bermann lassen sie sich aber alle auf die andere Wirklichkeit von Lars ein, und bald behandelt der ganze Ort Bianca wie eine echte Lady und ein Mitglied ihrer Gemeinschaft in der Hoffnung, Lars so von seinem Wahn zu befreien. Da Bianca bald immer beliebter und sogar jobmäßig gefragter wird, kommt es zu Beziehungsproblemen zwischen Lars und ihr. Langsam beginnt Lars, sich von ihr zu lösen, sich zu erlösen. An der Seite von Lars begleiten alle Dorfbewohner Bianca voll Liebe auf ihrem letzten Weg. Lars ist geheilt, und alle anderen durften die Erfahrung einer alles umfassenden Liebe machen.

Witz und Weisheit

Klagt der Patient beim Psychiater: »Ich werde immer übersehen.« Ruft dieser: »Der Nächste bitte.«

 

Kommt der christliche Missionar an einem Freitag zum Stammeshäuptling Lumumbu, der einen fetten Hammel verspeist. Sagt der Missionar: »So geht das nicht, du heißt ab jetzt Jakobus, und am Freitag darfst du kein Fleisch mehr essen, nur noch Fisch.« Im darauffolgenden Jahr kommt der Missionar wieder bei dem Stamm vorbei, und zufällig ist wieder Freitag. Der Stammeshäuptling verspeist eine fette Hammelkeule. »Habe ich dir, Jakobus, nicht verboten, am Freitag Fleisch zu essen?«, herrscht der Missionar ihn an. »Nix Problem«, entgegnet der Gescholtene, »ich sagen vorher zu diesem Hammel: Du nix mehr Hammel, du jetzt Fisch.«

 

Nach den Idealmaßen des Mannes befragt, weiß Eva sofort die Antwort: 90-60-41. Um Erklärung gebeten, fährt sie fort: 90 Jahre sollte er sein, 60 Millionen haben und 41 Grad Fieber.

 

Warum die Wahrheit mühsam im Kaffeesatz suchen, wo sie doch im Wein so viel angenehmer zu finden ist. (Jacques Brel)

 

Man sieht nur mit dem Herzen gut, das Wesentliche ist für das Auge unsichtbar. (Antoine de Saint-Exupéry)

 

Ich habe drei Schätze, die ich hege: Liebe, Genügsamkeit und Demut. (Laotse)

 

Das eine Selbst ist alle Dinge, und alle Dinge sind eins. (Meister Sosan)

 

Die Speichen bilden das Rad, / Wo sie nicht sind, liegt ihre Bedeutung. / Der Ton formt den Krug, / wo er nicht ist, liegt seine Bedeutung. / Die Wände formen den Raum, / wo sie nicht sind, liegt ihre Bedeutung. / Das Leben ist die Form, / wo sie nicht ist, liegt seine Bedeutung. (Laotse)

 

Wenn einer träumt, ist es ein Traum. Wenn viele träumen, ist es der Anfang einer Wirklichkeit. (Afrikanisches Sprichwort)

 

Der Tropfen mag bisweilen schon wissen, dass er im Meer ist, aber selten wohl weiß er, dass das Meer auch in ihm ist. (Ananda May)

 

An manche Dinge muss man glauben, um sie sehen zu können. (Ralph Hodgson)

 

Wenn du ein Schiff bauen willst, dann trommle nicht deine Männer zusammen, um Holz zu beschaffen und die Arbeit zu verteilen, sondern lehre sie die Sehnsucht nach dem weiten, endlosen Meer. (Antoine de Saint-Exupery)

 

Die wahre Lebenskunst besteht darin, im Alltäglichen das Wunderbare zu sehen. (Pearl S. Buck)

 

So ist es nun einmal: Die Welle lebt das Leben einer Welle und zugleich auch das Leben des Wassers. Wenn du atmest, atmest du für uns alle. (Thich Nhat Hanh)