3.
Zwillinge-Merkur
Das Prinzip von Kommunikation und Austausch
Die Befriedigung der eigenen Neugier
ist eine der größten Quellen von Glück im Leben.
Linus Pauling, zweifacher Nobelpreisträger
Die senkrechte Themenkette
Beim Zwillinge-Merkurprinzip geht es um Kontakt und Kommunikation, um Verbindungen ohne Verbindlichkeit, um lockeren Austausch und die Vermittlung von Information. Merkur ist viel unterwegs zwischen den Menschen und mythologisch als Götterbote auch zwischen Menschen und Göttern. Interesse und Lernen gehören zu seinem Wesen; Wissen ist sein Lebenselixier. Mit dem Zwillinge-Merkurprinzip beginnt analysierendes Denken und die Erkenntnis von der Gegensätzlichkeit der Welt und damit der Polarität. Mit seiner heiteren Geschäftigkeit, seinem vermittelnden Wesen und seiner neutralen, nicht wertenden Art ist Zwillinge-Merkur überall gern gesehen, und als Herr der Wege ist er auch gern überall – auf den geraden und den krummen Wegen.
An wenigen Lebensprinzipien lässt sich Neutralität so gut verdeutlichen. Das Merkurprinzip ist von seiner Natur aus zuständig für Händler und Diebe sowie für alle anderen, die für Austausch sorgen. Auch ein Dieb bringt in gewisser Weise Dinge von dem Ort, wo sie im Überfluss vorhanden sind, dorthin, wo sie fehlen, und sorgt so für Ausgleich und Kontakt. Und er tut es auf geschickte und oft trickreiche Art und mit leichter Hand.
Die schwebende Leichtigkeit des Seins ist diesem Lebensprinzip zu eigen. Als Luftwesen ist Merkur mythologisch mit einem geflügelten Helm und ebensolchen Sandalen ausgestattet, so dass er in Windeseile überall sein kann. Die Vielfalt seiner Interessen ist faszinierend, und die bunte Vielfalt ist ihm generell ein Anliegen. Er denkt gern und viel, leicht und trickreich, und der Intellekt steht für ihn an erster Stelle.
Hatte man beim Stier-Venusprinzip noch alles abgesichert und für sich haben wollen, kommen auf dieser stabilen Basis jetzt mit dem Zwillinge-Merkurprinzip wieder erfrischende Freiheit und Lebendigkeit ins Leben. Dieser Merkur ist alles andere als sesshaft und am liebsten ungebunden und auf freier Bahn, dabei neugierig und auf neue Erfahrungen aus. Wie ein Schmetterling von Blume zu Blume flatternd, ist er prinzipiell weit entfernt nicht nur von der Sesshaftigkeit der Stier-Venus, sondern auch von der Treue Steinbock-Saturns. Wo so viel Interesse die Szene beherrscht, landet man auch leicht zwischen allen Stühlen, heißt Inter-esse doch wörtlich Dazwischen-Sein.
Wo Widder-Mars einfach losstürmt und Stier-Venus das Erstürmte besitzen will, möchte Zwillinge-Merkur vor allem darüber nachdenken. Unvoreingenommen, wissbegierig und grundsätzlich neugierig, erobert man sich hier intellektuell den Raum, der bei diesem Lebensprinzip vor allem aus Gedankenwelten besteht. Während das Vorgängerprinzip Stier-Venus noch alles über die Sinne erfahren will, neigt Zwillinge-Merkur zum Analysieren und Verstehen und entwickelt Verstand und Sprache, um Verstandenes zu kommunizieren. Mittels Reflexion und daraus folgender Abstraktion kann er sich leicht in weiträumigen Gedankengebäuden zurechtfinden – und manchmal auch versteigen und vom Hundertsten zum Tausendsten kommen.
Die Verzweigung ist überhaupt die hier typische Signatur, wie wir sie in der Verästelung der Bäume antreffen, aber auch der inneren Bäume wie des Lungenbaumes, der Gefäßbäume und der Nervengeflechte. Als Transport- und Kommunikationswege gehören sie alle zum Merkurprinzip. Wir finden Zwillinge-Merkur in der Welt in Weggabelungen und Verzweigungen; die Gegensätze der polaren Welt sind hier etwas Vertrautes. Sein Zeichen, das der römischen Zwei entspricht, trägt dem Rechnung. Es soll den Eingangssäulen ursprünglicher Tempel nachempfunden sein und mit einer dunklen und hellen Säule darstellen, dass jeder Entwicklungsweg durch dieses Tor der Polarität führen muss. So ist dem Zwillinge-Merkurprinzip eine gewisse Gespaltenheit nicht fremd, es weiß um die beiden Seelen in der menschlichen Brust und die zwei Seiten der Welt.
Da ein Mensch unter dem Zwillinge-Merkurprinzip erkennt, dass zu jedem Für auch ein Wider gehört, lässt er sich nicht so gern ein, etwa in Beziehungen, sondern bleibt lieber frei und unabhängig, offen, wertfrei und neutral. Zwillinge-Merkur ist der Prototyp des freien Journalisten, eines heute Freelancer genannten freien Mitarbeiters, den alles interessiert und der, niemandem verpflichtet, auch über alles berichten kann. Wissbegierig durchstreift er die Welt, ohne sich zu verwickeln und zu tief einzulassen, da ihm Wissen Sicherheit gibt. Das Namenlose, Numinose des Neptunprinzips ist ihm dagegen verdächtig. Geschickt und taktisch klug verschafft er sich überall Zutritt, hat für den Notfall noch die von Pluto-Hades übernommene Tarnkappe, für Undercover-Reportagen sehr nützlich, und kann mit Tricks, geschicktem Taktieren und großer Flexibilität vieles erreichen. Er ist ein richtiger Tausendsassa, der auf vielen Hochzeiten tanzen kann, nur auf der eigenen nicht. Da hat er eher Angst vor all den Emotionen und Gefühlen, die damit verbunden sind oder gar heraufdrängen könnten.
Im Symbol des Merkurprinzips steht die Seelenschale über dem Geistsymbol des Kreises und dieses über dem Kreuz der Materie, das allerdings erst mit dem Erdzeichen Jungfrau-Merkur zu seinem Recht kommt. Somit sind alle drei Ebenen des Menschseins miteinander verbunden. Hier drückt sich auch das Ideal von Merkur aus, der als Seelenführer oder Psychopompus die Seelen der Verstorbenen in die Unterwelt führt, aber auch zwischen den Göttern und zwischen ihnen und den Menschen vermitteln kann und sogar Zugang zu Neptuns Reich des Meeres hat. So ist er überall und nirgends zu Hause.
Merkur ist wie schon das Zwillingezeichen zweigeteilt oder in sich gespalten und im Entwicklungskreis zuständig sowohl für das dritte oder Zwillingefeld als auch für das sechste oder Jungfraufeld. Zwillinge-Merkur steht für den Intellekt und Jungfrau-Merkur für die Vernunft, Zwillinge-Merkur für den Durchblick und Jungfrau-Merkur für die Kontrolle, Ersterer für freies, ungebundenes Denken und Letzterer für Ordnung. Zwillinge-Merkur baut Luftschlösser, Jungfrau-Merkur ist der Häuslebauer; Ersterer liebt die Fülle der Gedanken, Letzterer die Objektivität; Ersterer ist wertfrei und Letzterer wertend und auf strenge Auswahl gepolt. Zwillinge steht für Neutralität und Jungfrau für objektive Bewertung und Einordnung.
Zwillinge-Merkur ist am liebsten gut unterrichtet und weiß in vielen Bereichen Bescheid, so dass er fast überall mitreden kann, wenn ihm dann auch im Speziellen die Tiefe fehlt. Er ist der klassische Universaldilettant, der dem Spezialistentum von Jungfrau-Merkur, das von fast nichts alles weiß, nicht viel abgewinnen kann. Mit seiner Rede- und Überzeugungsgabe, seinen guten Einfällen und zur Not auch mit einer List erreicht er leichtfüßig und heiteren Gemütes, was er möchte. Schon als junger ertappter Dieb vermochte er dem Göttervater und auch seinem Vater Jupiter-Zeus (s)einen Platz im Olymp abzuluchsen.
Das Metall von Zwillinge-Merkur ist das Queck- oder Quicksilber, das dessen große Beweglichkeit wiedergibt. Es ist so quicklebendig, dass es kaum einzuschließen ist. In einem Lederbeutel gefangen, wird es durch die Poren des Leders dringen und auf den Boden tropfen, wo es sofort in Tausende von Kügelchen verspritzt, die sich in alle Windrichtungen davonmachen. Kehrt man sie vorsichtig mit einem Blatt Papier zusammen, vereinigen sie sich aber auch wieder und bilden einen Tropfen. Als Bestandteil von Thermometern vermittelt es Information. Unsere mit Quecksilber nachhaltig verseuchte Umwelt ist ein Spiegel für die Überbewertung dieses Prinzips in der modernen Welt. Interessanterweise löst Quecksilber Gold auf, was auf der übertragenen Ebene anzeigt, dass Denken und Intellekt den Herzbezug ruinieren können.
In der Homöopathie hat das Mittel Mercurius (Quecksilber) kein festes Persönlichkeitsbild, sondern ist das Mittel für Menschen ohne feste Grenzen mit der Neigung, auseinanderzufallen und wieder zusammenzufließen, und das ohne Verbindlichkeit. Es wirkt auf alles, was mit Zirkulation, Vermittlung und Nachrichtenüberbringung zu tun hat, also auf Blut und Hormone, Lungen sowie Nerven- und Reizleitungssystem (im Herzen), und bei Erkrankungen im inneren Mund- und Halsbereich.
Weitere Materialien des Zwillinge-Merkurprinzips sind Papier und früher Papyrus, Pergament und Wachs, also alles, worauf sich schreiben lässt und womit Information vermittelt werden können. Auch das Graphit der Bleistifte ist hier zu erwähnen. Sonst gehören alle Amalgame hierher, die Mischungen von Quecksilber mit anderen Metallen, wozu Quecksilber eine ausgeprägte Tendenz zeigt. Aber auch dann neigt es dazu – beispielsweise als berüchtigte Amalgamplombe im Zahnbereich –, sich schnell davonzumachen, den ganzen Zahn zu schwärzen und sich auch sonst im Körper auf seine giftige Art auszubreiten, etwa bis in die Follikel, jene Voreier im Eierstock, aus denen einmal Kinder werden wollen.
Die Farbe von Zwillinge-Merkur ist Postgelb, das die Geschäftigkeit dieses Prinzips verdeutlicht. »Ab geht die Post« ist auch eine gute Beschreibung der hier herrschenden Lebensstimmung.
Vor diesem Hintergrund ist bei Berufen der Postbeamte anzutreffen und besonders der Briefträger, wobei Beamte sonst eigentlich weniger vertreten sind, da sowohl eine Pensionsberechtigung als auch dermaßen geregelte Zukunftsaussichten auf Zwillinge-Merkurnaturen eher abschreckend wirken. Eher kommt der Journalistenberuf in Frage; am besten ein Job, bei dem man von Termin zu Termin eilt und zwischendurch blitzschnell Artikel schreibt. So finden wir hier rasende Reporter und Paparazzi, aber auch Redakteure und Berichterstatter, deren Welt die Recherche ist, sowie Verleger und Herausgeber, Autoren vornehmlich von Sachbüchern, Übersetzer und Dolmetscher. Weiterhin sind vertreten Moderatoren und Talkmaster, Conférenciers und Showmaster, Fotografen und Kabarettisten, Telefonist(inn)en und Verkäufer – per Telefon oder im direkten Kontakt. Alle Vertreter gehören generell zu diesem Lebensprinzip, vor allem auch sogenannte Drücker, die ihre Ware weg- beziehungsweise anderen hineindrücken und jemandem Dinge andrehen, die er weder will noch braucht, zu Preisen, die ihnen selbst am meisten bringen. Zu nennen sind auch Marktschreier sowie Börsen- und andere Händler, die mit dem Telefonhörer am Ohr noch anderen Anweisungen zubrüllen. Nicht zu vergessen sind Spediteure und Reiseveranstalter wie auch die Betreiber entsprechender Büros. Letztlich kommen alle Berufe in Frage, die weder an einen festen Platz noch an feste Zeiten gebunden sind, was von Zwillinge-Merkur geprägte Menschen einfach zu unfrei machen würde. Wichtig sind die mit dem Beruf einhergehende Mobilität wie etwa bei Handelsreisenden sowie viel Flexibilität und gern auch ein großes Maß an Improvisation und Überraschungen.
Beziehungen können unter dem Zwillinge-Merkurprinzip oberflächlich geraten, denn Tiefe bei Emotionen und Gefühlen verschreckt hier eher. Außerdem weiß man, dass zu jedem Vorteil ein Nachteil gehört und dem Licht der Schatten folgt. Zwillinge-Merkur ist das erste Prinzip, bei dem die Polarität und das daraus folgende Schattenprinzip entdeckt werden. Zudem ist das für Zwillinge-Merkur typische viele Nachdenken und Sinnieren nicht gerade gefühlsfreundlich und wirkt auch nicht besonders gefühlsecht. So bleibt oft zum Schluss eine Vernunftehe, eine Wohn- oder Zweckgemeinschaft übrig.
Das Auftreten ist frech und forsch, vorpreschend und ungeduldig. Bei der Kleidung mag man es salopp, leger und improvisiert, Letzteres auch bei der Wohnung, denn der nächste Umzug kommt bestimmt viel schneller, als man denkt. Modisches Styling ist zweitrangig; die Kleidung sollte pflegeleicht und praktisch sein, also fällt die Wahl auf bügelfreie Hemden und Hosen aus Stoffen, die vieles ertragen und möglichst alles verzeihen. Man kauft von der Stange im Vorbeigehen und so, dass es überall tragbar und dabei auch erträglich ist. Wir haben es insgesamt mit einem sehr männlichen, intellektgesteuerten Lebensprinzip zu tun, und selbst eine Zwillingefrau würde »Washand-wear«-Klamotten bevorzugen, dazu anspruchslose, aber bequeme Schuhe ohne hohen Absatz, so dass längere Wanderungen oder Ausflüge jederzeit machbar wären.
Das Lieblingsmotto könnte lauten: »Hoppla, hier komm ich.« Oder: »Wisst ihr schon das Neueste?«
Adjektive, die das Prinzip von Zwillinge-Merkur beschreiben, sind: locker und beschwingt, leicht und entspannt, vielseitig bis verästelt, feingliedrig bis filigran, elastisch und biegsam, unbestimmt und unbekümmert, frei und ungebunden, ohne tiefere Absichten, unabhängig und unverbindlich wie ein von Blüte zu Blüte flatternder Schmetterling.
Da ein vom Zwillinge-Merkurprinzip geprägter Mensch körperlich und geistig beweglich und agil, flexibel und anpassungswillig, geschickt und veränderungsfähig, geistig wach und rege, rührig bis geschäftig ist, kennt er Gott und die Welt, aber Gott meist nicht wirklich. Schreib-, sprach- und redegewandt, wortmächtig, intellektuell und logisch, mitteilsam und gesprächig, kontaktfreudig und aufgeschlossen, offen und wendig, neu- und wissbegierig, interessiert und interessant, schlagfertig und unterhaltsam, geistreich und einfallsreich tricksend, ist er überall und nirgends zu Hause. Dank seiner Reiselust bleibt er lange wendig und lebendig. Doch da er ständig unterwegs, ungebunden und wurzellos ist, kann er sich zwischen seinen vielseitigen Interessen oft nicht entscheiden.
In seinem unerlösten Schatten ist dieser Mensch unstet, rastlos, immer auf dem Sprung, flatterhaft und flüchtig, nervös, unruhig, zerstreut und zappelig und lässt in der Tendenz an das alte Bild des Zappelphilipps denken, das heute als Krankheitsbild AD(H)S Seuchencharakter bei modernen Jungen annimmt. Unschlüssig und zwiespältig, geschwätzig und altklug, besserwisserisch, endlos theoretisierend, listig und sophistisch macht er es – auf dem unerlösten Pol – seiner Umgebung nicht leicht. Opportunistisch, standpunktlos und unzuverlässig tendiert er dann zu Figuren wie dem Wendehals oder dem sich geschmeidig Anpassenden, der sein Fähnchen in jeden Wind hängt. Ist er oberflächlich und ohne Tiefgang, bindungsunwillig bis bindungsunfähig, dann kann seine Angst vor Emotionen und Gefühlen zu innerer Einsamkeit bei äußerer Geschäftigkeit führen. Merkantile, das heißt geschäftstüchtige, berechnende, spekulative Eigenschaften sind diesem Merkurprinzip eigen, tendieren aber schon mehr zu dessen Jungfrauversion.
Die Zeit von Zwillinge-Merkur ist der reife Frühling und Übergang zum Sommer. Bezogen auf ein Menschenleben ist es die Phase, in der das Kleinkind krabbelnd seinen Aktionsradius erweitert, um dann aufzustehen und zu laufen. Alles Erreichbare wird neugierig untersucht, ohne sich jedoch darauf einzulassen oder tieferes Interesse zu entwickeln. Auch die ersten Laut- und Sprachversuche fallen in diese Zeit.
In der Woche ist Mittwoch (italienisch mercoledì, französisch mercredi) der Merkurtag, der zwischen Wochenanfang und -ende vermittelt und für die Übergangszeit steht. Früher war es auch der klassische Markttag, an dem Handelsinteressen im Vordergrund stehen.
Das Denken ist bei diesem Merkurprinzip schnell und gewandt, sehr beweglich und relativierend, verbindend, aber unverbindlich, interessiert, aber oft auch zerfahren, vielseitig und klug, logisch bis sogar sophistisch und manchmal listig. Es ist wertfrei und bleibt an der Oberfläche, während das von Jungfrau-Merkur auf dem Gegenpol verwertend ist, sehr vernünftig, rationalisierend und analytisch forschend in die Tiefe dringt.
Das Fühlen ist bei Zwillinge-Merkur oft eine eher theoretische Angelegenheit. »Lesen statt leben«, heißt dann die Devise. Adjektive wie verstandesorientiert, berechnend, rational, zweckorientiert bis opportunistisch sind dem Gefühlspol fremd, erscheinen aber hier angemessen. Nicht vorhandene Gefühle können dafür oft gekonnt kommuniziert und vermittelt werden – bei wirklichen Emotionseinbrüchen ist eine Zwillingenatur jedoch oft sprachlos oder geradezu stotternd.
Das Handeln ist anbahnend und vermittelnd, manchmal nervös bis rastlos, trickreich und sogar – im unerlösten Fall – betrügerisch.
Ein Wappentier im Sinne der anderen Prinzipien hat Merkur weder in der Zwillinge- noch in der Jungfrauvariante, wobei der Schmetterling auf seine flatterhafte Art, mit der er von Blüte zu Blüte tanzt und sich auf keine wirklich einlässt, dem schon recht nahe kommt. Überall steckt er seine Nase beziehungsweise seinen Rüssel hinein, nascht ein bisschen an jedem Blütenkelch, befruchtet und bestäubt nebenbei und unverbindlich und wird so zum Symbol unbeschwerter Leichtigkeit und lockeren Lebensstils.
Die überragende Bedeutung des Zwillinge-Merkurprinzips in der heutigen Zeit wird deutlich, wenn wir uns klarmachen, wie sehr dieses Prinzip moderne Regierungen bestimmt. Alle Minister, lateinisch für Diener, sind Merkur zuzuordnen. Während anderen Prinzipien kaum ein Ministerium entspricht, sind es hier viele. Der Verkehrsminister gehört dazu wie auch der Postminister, der Außenminister mit seinen vielen Reisen, der Entwicklungshilfeminister ebenso, aber auch der Wirtschaftsminister und der Kanzleramtsminister und letztlich in der deutschen Praxis auch der Forschungsminister. Verständlich, dass für die anderen Lebensprinzipien nicht mehr viel übrigbleibt und sie somit leer ausgehen. Zu erwarten sind von solch einer Regierung demnach oberflächliche, geschäftstüchtige und von der Absicht vernünftige und allen gerecht werden wollende, opportunistische Lösungen, denen jede Vision (Neptun), Tiefe (Pluto), Struktur (Saturn), Ausstrahlung (Sonne), Großzügigkeit (Jupiter), Fürsorge (Mond), Ausgewogenheit (Venus), Originalität oder Genialität (Uranus) und leider sogar Mut (Mars) fehlen.
Die sieben Entwicklungsstufen
1. Auf der untersten Stufe stoßen wir auf Betrug, Lügen und Verschlagenheit, sensationslüsterne Neugier und unreflektierte Projektionsleidenschaft. Das heißt, die anderen sind immer schuld an allem, man selbst trägt keine Verantwortung. Unwissenheit im Hinblick auf die Schicksalsgesetze paart sich mit innerer Zersplitterung und Zerrissenheit.
2. Auf der nächsten Stufe führen Schwatz- und Tratschsucht zur Verbreitung von leerem Geschwätz. Halbwissen in Verbindung mit auffälliger Standpunktlosigkeit ergibt unangenehmen Opportunismus. Man hängt sein Fähnchen in jeden Wind und gilt zu Recht als unbeständig. Hier können Nervosität und Unzuverlässigkeit hinzukommen.
3. Die dritte Stufe konfrontiert mit List und Bauernschläue, was bis zu Schwindeleien führen kann. Es mag sich eine reine Händlermentalität ergeben, bei der alles, einschließlich der sprichwörtlichen eigenen Großmutter, (ver)käuflich wird. Die Tendenz, alles zu bezweifeln, verbunden mit Flatterhaftigkeit, mag sich mit der grundsätzlich vorhandenen Neugier und Wissbegierde paaren und in oberkritischer Besserwisserei, Sprunghaftigkeit und Kritiksucht gipfeln.
4. Auf der vierten Stufe wird ein gut entwickelter Intellekt mit seinem logischen Denken und seiner Rationalität die grundsätzliche Oberflächlichkeit und Unbeständigkeit mildern. Raffinesse kann hinzukommen und zu Erfolgen und intellektuell ansprechenden Lösungen führen.
5. Die nächste Stufe bringt Neutralität ins Spiel, vor allem wenn sie praktisch ausgerichtet und frei von Nachteilen erscheint. Sprachbegabung, Flexibilität und Vielseitigkeit in Verbindung mit schneller Auffassungsgabe fördern die Tendenz zur Informationsvermittlung. Zunehmende Lernfähigkeit und die Gabe zur Vermittlung ergeben gute Chancen in einer auf Information und Wissenschaftshörigkeit aufbauenden Gesellschaft. Rhetorische Feinheiten und intellektuelle Begabung können zu beeindruckenden Präsentationen führen, die auf dieser Stufe über Selbstdarstellung hinausgehen und das Interesse vieler treffen.
6. Nun harmonieren beeindruckende Kommunikations- und Lernfähigkeit mit attraktiver Kontaktfreudigkeit. Vorurteilsfreies, schnelles Erkennen wichtiger Zusammenhänge, eine große Aufnahmefähigkeit und Auffassungsgabe im Verein mit umfassender Neutralität bei umwerfender geistiger Beweglichkeit münden in die Fähigkeit, andere auf den Weg zu bringen, sie ins rechte Licht zu stellen, sie zu führen und ihnen Wichtiges und Wesentliches bis hin zu den Spielregeln der Wirklichkeit und zu den Schicksalsgesetzen zu vermitteln. Es können anmachende Leichtigkeit und Heiterkeit des Gemütes hinzukommen. Ohne Absicht wird man zum Wegweiser, Helfer und Seelenführer in Anlehnung an die Gestalt des Psychopompus.
7. Die letzte Stufe bringt völlige Offenheit ins Spiel des Lebens. Erfüllt von heiterer Stimmung und in Verbindung mit Gott und der Welt, wird man zu einem Vorbild an Verbindung und Kommunikation zwischen allen Ebenen, menschlichen wie göttlichen.
Tierreich
Ein für Zwillinge-Merkur (arche-)typisches Tier ist die Fliege, die überall auf der Welt vorkommt und selbst noch in jeden Dreck ihren Rüssel steckt. Sie ist harmlos, aber lästig – ein Störenfried, von dem böse Zungen sagen, er übertrage auch noch Krankheitskeime. Wenn das der Fall wäre, geschähe es aber ohne (böse) Absicht durch die ständige Geschäftigkeit. Bei der Fliege kommt außerdem eine gewisse Distanzlosigkeit hinzu, denn sie nähert sich jedem Objekt ihres Interesses im Vertrauen auf ihre ausgezeichnete Reaktionsfähigkeit. Und in der Regel ist sie schneller wieder fort, als Tiere und Menschen zuschlagen können bei dem Versuch, sich des lästigen Störenfrieds zu erwehren.
Generell sind alle Insekten Zwillinge-Merkur zuzuordnen, wobei die fliegenden natürlich einen Bezug zu Uranus, dem Himmelsgott, haben, die stechenden zum Marsprinzip und die Malaria übertragenden Mücken zum Plutoprinzip.
Bei der Honigbiene mischen sich beide Merkuraspekte. Für eine Zuordnung zum Zwillinge-Merkurprinzip spricht ihre raffinierte Kommunikation durch Tänze, um anderen Bienen Informationen über die besten Honigplätze zu übermitteln. Außerdem ist die Biene ein klassisches Luftwesen. Sie fliegt, dem Schmetterling ähnlich, von Blüte zu Blüte, wenn auch zielstrebiger und eher emsig, um nicht zu sagen fleißig. Als fleißige Biene ist sie dafür sogar sprichwörtlich geworden, wobei dieser Aspekt wie auch ihre Emsigkeit schon zum Jungfrau-Merkurprinzip hinüberreichen.
Die Tatsache, dass Bienen einen Sozialbau bewohnen, erfordert natürlich auch soziale Eigenschaften. Die Stockgemeinschaft unterliegt strikter Organisation und benötigt entsprechende Hygienemaßnahmen, die das Herz von Jungfrau-Merkurnaturen höher schlagen lassen. Als Bienchen summ herum ist die Biene aber wieder ganz dem Zwillinge-Merkurprinzip verpflichtet und hat es bis in die Kinderherzen geschafft wie auch als Biene Maja.
Ganz nebenbei und wirklich absichtslos sorgen Bienen für Bestäubung und sichern den Menschen damit Gewinne in Milliardenhöhe, wie sich jetzt herausstellt, da wir uns anschicken, unabsichtlich und nebenbei die Bienen auszurotten. Bei Umzügen des Schwarms, wenn das Volk auf der gemeinsamen Suche nach einer neuen Heimat für eine Saison ausschwärmt, ist das Luftelement vom Schwirren und Brausen unzähliger Flügel erfüllt. Den Imkern ist solche Schwärmerei ein Dorn im Auge, und sie versuchen auf Wanderschaft und Suche nach neuen Plätzen gehende Völker rasch wieder einzufangen. Trotzdem versuchen es die Bienen immer wieder, wenn es in der alten Heimat zu eng wird. Sie breiten ihre Flügel im Kleinen für ihre täglichen Ausflüge aus und immer wieder auch für weitere mit dem ganzen Schwarm.
Ameisen scheinen ständig unterwegs zu sein und unterstehen damit Zwillinge-Merkur. Auch als Meister des Straßenbaus sind sie zu diesem Lebensprinzip zu rechnen. Als Baumeister enormer Wohnanlagen, als Sozialstaatenbewohner mit großer Rücksichtnahme auf ihr Oberhaupt, die Königin, wie auch als geschäftige Ordnungskräfte gleichsam im Sinne der Müllabfuhr des Waldes haben sie auch wieder Anteile vom Jungfrau-Merkurprinzip. Die Unterart der Termiten verwirklicht gewaltige und statisch anspruchsvolle Bauten, die mit raffinierter Klebetechnik erdbebensicher enorme Höhen erreichen können.
Der gewöhnliche Spatz oder Sperling ist als Vogel und Luftwesen einerseits zu Wassermann-Uranus zu rechnen, andererseits in seiner Eigenart auch ein recht (arche-)typischer Vertreter von Zwillinge-Merkur, ist er doch fast überall verbreitet und hat sich den Menschen auf verblüffende Weise angepasst. Ziemlich frech, gelehrig und gar nicht feige nähert er sich in Gartenlokalen vorwitzig selbst vollbesetzten Tischen oder sucht heruntergefallene Brosamen zwischen den Füßen der Gäste. Seine ziemlich nachlässig, um nicht zu sagen schlampig gebauten Nester finden sich überall, wo Menschen leben.
Die Webervögel Afrikas leben zum Teil in freischwebenden Einzelappartements, die sie geschickt und geradezu kunstvoll an kleine Äste heften, die sie im Wind schwingen lassen. Mit dem Geschnabel und vom Wind gewiegt, ist das sozusagen die Zwillinge-Merkurfraktion. Die Jungfrau-Merkurabteilung wohnt dagegen in oft ausgedehnten, geräumigen Gemeindebauten, die von hohem Organisationsgrad zeugen und von ständigem Kommen und Gehen erfüllt sind.
Die diebische Elster, die alles mögliche Glitzernde davonträgt und letztlich zusammenstiehlt, drückt in dieser Eigenart eine unerlöste, geradezu menschlich anmutende Zwillinge-Merkurqualität aus. Sonst gehört sie wie alle Vögel grundsätzlich zum Uranusprinzip. Der andere Vögel geschickt nachahmende Eichelhäher, der sich obendrein als Wachposten und Polizei des Waldes aufspielt, ist hier ebenfalls zu erwähnen.
Affen gehören mit ihrer neugierigen, vorwitzigen und oft frechen Art ebenfalls zum Zwillinge-Merkurprinzip. Ständig den Mund offen wie vor Staunen, stecken sie auch fast alles hinein, um es auszuprobieren. Sie sind verspielt, äffen sprichwörtlich alles nach und sind Meister der Anpassung. Ihr ausgeprägtes Sozialverhalten tendiert schon wieder mehr zu Jungfrau-Merkur; ihr Springen und all die verrückten Streiche, die sie einander und den Menschen spielen, verweisen auf das Uranusprinzip.
Meister Reineke, der sprichwörtlich schlaue Fuchs, vertritt (arche-)typisch Zwillinge-Merkur. Listig wie er ist, haben seine unterirdischen Bauten viele Ausgänge, mit denen er Verfolger leicht zum Narren halten kann. In solche Sicherheitspolitik spielt aber auch wieder das Jungfrau-Merkurprinzip hinein.
Bei Walt Disneys Version von Robin Hood wird dieser von einem mutig frechen Fuchs dargestellt, der listig und raffiniert, schlau und hinterhältig den Archetyp des Tricksters wie kein anderer verwirklicht. Der »schnürende« Fuchs hinterlässt Spuren wie Perlenketten. Und nicht umsonst ist der Foxtrott der Allerweltstanz, mit dem man fast überall durchkommt.
Pflanzenreich
Unter dem Zwillinge-Merkurprinzip finden wir typischerweise verzweigte und verästelte, feingliedrige und filigrane Pflanzen wie etwa die Petersilie. Sie ragen in die Umwelt hinaus, nehmen Raum ein, setzen mehr auf Blattwerk als auf Blüten und sind überall anzutreffen wie die Allerweltswald- und -wiesenblumen. Vom Wind bewegte und bestäubte Gräser, die sich jedem Wetter anpassen, deren Namen, obwohl sie überall wachsen, niemand kennt, die allen möglichen Tieren als Nahrung dienen, sind hier (arche-)typisch. Zu nennen wären auch noch die unzähligen verschiedenen Stauden und Sträucher, die auf die eine oder andere Art überall vorkommen. Letztlich haben alle Pflanzen, da von Insekten oder dem Wind bestäubt, natürlich mit dem Zwillinge-Merkurprinzip zu tun.
Die verschiedenen Arten der Minze – von der Pfeffer- bis zur Wasserminze – gehören ebenfalls zum Zwillinge-Merkurprinzip. Sie breiten sich rasch aus und wirken erfrischend und belebend. In ihrem lateinischen Namen Menta steckt mens, der Geist. Römische Senatoren trugen gern Minzgebinde um den Kopf zur Anregung ihres Geistes.
Auch der Wegerich in seinen verschiedenen Arten gehört hierher, schon von seinem Wegbezug. Plantago major, der Breitwegerich, heißt »große Fußsohle«. Die Indianer sprachen vom »Fußtritt des weißen Mannes« und meinten den Wegerich, der tatsächlich gern getreten wird und so in der Nähe von Wegen oder als grüne Basis von Wiesenwegen vorkommt. Seine Verbreitung erfolgt über unabsichtlich und nebenbei mitgenommene Samen, die an Schuhen und Hosensaum haften bleiben. Der Breitwegerich ist von der Signatur her die weibliche, der Spitzwegerich die männliche Form.
Die Schlüsselblume passt ebenfalls schon vom Namen zu Merkur und ist ein willkommener Frühlingsbote. Genauso typisch ist das Schneeglöckchen, das das Ende des Winters und den Anfang des Frühlings einläutet und gleichsam zwischen den Jahreszeiten vermittelt.
Lungenkraut ist eine bemerkenswerte Zwillinge-Merkurpflanze. Ihre roten und blauen Blüten symbolisieren das arterielle und venöse Blut. Interessanterweise ist der Name älter als unsere wissenschaftliche Kenntnis der beiden polaren Blutkreisläufe mit ihrem entsprechend gefärbten Blut. Der Name reicht vor William Harveys Entdeckung des Blutkreislaufs zurück.
Unter den Bäumen ist an die Pappeln zu denken, die in ihrer schlanken Form Himmel und Erde auf schnellstem Weg verbinden und oft Wege und Straßen säumen. Ihr elegantes Erscheinungsbild prägt die Südsteiermark und hat dieser, in Verbindung mit den sanften Hügeln, den Namen steirische Toskana eingetragen.
Landschaften und Orte
An erster Stelle sind an die von Wind geprägten Gegenden wie Heidelandschaften, etwa die Lüneburger Heide, zu denken oder an Dünengebiete, deren Antlitz der Wind ständig verändert. Wanderdünen, die Sandkorn für Sandkorn auf Wanderschaft gehen, erfüllen die Kriterien von Zwillinge-Merkur in besonderem Maße und erinnern in ihrer Art ein wenig an Bienenschwärme und Ameisenhaufen, die ebenfalls aus unzähligen Einzelindividuen eine eindrucksvolle Gesamterscheinung bilden.
Sonst treffen wir hier auf Straßenlandschaften wie etwa die schon fast kunstvoll verschlungenen Autobahnzubringer. Sie bilden eindrucksvolle merkuriale Muster unendlicher Verzweigung. Wir kennen sie etwa aus Los Angeles, aber auch aus dem Autobahngewirr des Ruhrgebietes, wo es im wahrsten Sinne des Wortes drunter und drüber geht und die Gestaltung einzig der Logik des Verkehrsflusses folgt. Verkehrszonen und Ballungsräume gehören insgesamt zu Zwillinge-Merkur. Dort kommt auf verschiedenen Ebenen von tiefsten U-Bahn-Schächten bis zu Hochhäusern alles zusammen und sorgt für enormen Verkehr auf allen sich überlagernden und durchdringenden Ebenen. Insofern sind Verkehrsknotenpunkte hier besonders markant. Märkte, auf denen nicht nur Warenhandel stattfindet, sondern auch Neuigkeiten ausgetauscht werden, waren früher bedeutende Zwillinge-Merkurorte.
Die Benelux-Staaten sind gleichsam Durchgangsländer und zugleich die Kernregion der Europäischen Union, was sie zu einer typischen Region von Zwillinge-Merkur macht. Besonders zu erwähnen ist hier Belgien mit seiner und der EU-Hauptstadt Brüssel, wo sich verschiedene Bevölkerungsgruppen – und in der EU eine Vielzahl von Nationen – mischen, wo Lobbyisten und Politiker beeindruckende Geschäftigkeit an den Tag legen und sich ein Knotenpunkt von Handels- und Geschäftsverkehr und Informationsaustausch entwickelt hat.
Unter diesem Aspekt sind auch die Vereinigten Staaten von Amerika zu erwähnen, deren Name bereits (Merkur-)Programm ist. Ihre Vereinigung umfasst Menschen und Länder extrem großer Gegensätze. Religiöse Eiferer wie die Pilgrimfathers der Mayflower und ihre Nachfahren, begnadigte Sträflinge, denen man aus England Prostituierte als Frauen hinterherschickte, um die neue Welt für die Krone zu bevölkern, schwarze Sklaven und Indianer beziehungsweise was von ihnen übrig war und Wellen von Einwanderern aus der ganzen Welt fanden hier Aufnahme und Chancen – in einem Schmelztiegel. Man verhielt sich weder nachtragend noch wertend, sondern es zählte nur, was jemand konnte und zu leisten bereit war. Diese bunte Mischung findet in heißen Süd- und eiskalten Nordstaaten zusammen, in Religionsstaaten (wie Utah) und Industriestaaten, in reichen Ölregionen (wie Texas) und armen Agrargegenden (wie Oklahoma), in dicht bevölkerten und menschenleeren Landstrichen, in einfachst strukturierten Gegenden und Intellektuellen-Hochburgen, in extrem konservativen und sehr liberalen Bundesstaaten. Das Merkurprinzip steht für die Vielfältigkeit der Vereinigten Staaten, während die Vorliebe für Fülle und alles Gigantische dem Jupiterprinzip zuzuschreiben ist.
In Oberitalien erkennen wir ebenfalls viele Aspekte von Zwillinge-Merkur, verbindet sich hier doch eine moderne Geschäftswelt mit alter Kultur, funktionales Design mit klassischer Kunst, geschäftiges Gesellschaftsleben mit großem Fleiß und beschwingter, manchmal oberflächlich wirkender Lebensart. Man ist bewusst locker und gut informiert, redet mit Händen und Füßen und aller Art von Gesten und ist gern auch laut dabei und generell nicht zu überhören. Die Hupe ist und bleibt das Lieblingsspielzeug italienischer Autofahrer, die wegen ihrer Vielzahl ständig Staus verursachen, aber wendig und geschickt doch immer gut vom Fleck kommen. In der oberitalienischen Espresso-Bar ist Zwillinge-Merkur in seinem Element.
An Städten sind Intellektuellen-Hochburgen und Eierkopf-Schmieden wie Boston mit der Harvard University zu nennen, außerdem klassische Universitätsstädte wie Tübingen und Heidelberg oder Handelsstädte wie die der Hanse, etwa Hamburg, Bremen, Lübeck, wo sachlich und nordisch kühl Geschäfte abgewickelt werden.
Auch die Region der San Francisco Bay hat viel vom Zwillinge-Merkurprinzip. Auf zwei Ufern kommen so gegensätzliche Städte wie das biedere Oakland und das extravagante San Francisco zusammen, verbunden durch eine lange Brücke, die keine Berühmtheit erlangte, weil Oakland das nicht hergibt. Die Verbindung zu den Spät-Hippies von Sausalito dagegen in Gestalt der weltberühmten Golden Gate Bridge ist jedem ein Begriff. Mit einer antiquierten Tram beziehungsweise Cable Car und hochmodernen Wolkenkratzern als Symbolen verbindet sich hier der Charme eines Gegenentwurfs zum American Way of Life mit genau diesem. Unter dem Namen des heiligen Franz von Assisi kommen so divergierende menschliche Strömungen wie Schwule und Heteros, Durchschnittsamerikaner und Ewig-Hippies zusammen. Das Ergebnis war die zeitweilig weltumspannende und -bewegende Strömung der Blumenkinder, die mit dem Namen der Stadt verbunden ist wie mit dem Lied, das ihren Namen trägt. Mit Love-ins und Happenings machte es sie unsterblich und blieb rückblickend betrachtet doch eine eher oberflächliche Episode ohne Tiefenwirkung. »Make love not war« – ein schöner Traum, denn die Kriege gingen unvermindert weiter. Dass die Stadt einen Tag ganz den Schwulen gehört und die Schwulenparaden anlässlich des Christopher Street Day die Welt erobert haben, zeigt, wie sehr diese Stadt Trendsetter ist. Wahrscheinlich hätte es ohne dieses Vorbild die bekennend schwulen Bürgermeister deutscher Großstädte gar nicht gegeben.
London, das einen ebenso starken Mondbezug hat wie England, dessen Hauptstadt es ist, kann dennoch mit vielen Zwillinge-Merkuraspekten aufwarten. Als Handelsmetropole der Welt mit jahrhundertelanger Tradition hat es eine riesige, sich vielfältig verzweigende Ausdehnung, wobei diese durch die Aneinanderreihung endlos vieler kleiner Häuser zustande kommt. Ingesamt ähnelt London dadurch einem Ameisenhaufen riesigen Ausmaßes, zusammengesetzt aus winzigen, in diesem Fall kleinkarierten Einheiten. Als Börsen- und Finanzplatz ist London nach wie vor von weltbewegender Bedeutung. Als einstmals Hauptumschlagplatz des Welthandels verfügte die Stadt über ausgedehnte Hafenanlagen, die nun Geschäftsviertel sind. Als Hauptstadt des Empire hatte es ein riesiges Reich zu verwalten, als Hauptstadt des Commonwealth vermittelt es immer noch einem enormen Einflussbereich wichtige Impulse. In seinem Zentrum darf im Hyde Park jeder sein Minipodium aufbauen und Reden halten – viele tun dies auch, allerdings ohne die geringste Tiefenwirkung. In seinen Bobbys hat London die merkurialsten und freundlichsten Polizisten, wirkliche Helfer und Vermittler, echte Verkehrsregler und die längste Zeit über gänzlich unbewaffnet.
Merkurmythen im Zwillingezeichen
Hermes-Merkur ist das Genie des Kontaktes und der Kommunikation. In moderner Zeit dreht sich fast alles um beide Themen. Es zeigt, wie präsent dieses Lebensprinzip heute ist, vielleicht noch ergänzt durch das Infotainment, die Verbindung von Information und Unterhaltung. Für viele Jugendliche spielt sich das Leben längst in virtuellen Chatrooms, auf Facebook und Twitter ab. Selbst politische Entwicklungen wie die arabischen Revolutionen, die mit dem Jahreswechsel 2010/11 begannen, sind ohne Mobiltelefon und Internet kaum denkbar.
Handys, die gesundheitlich aller Wahrscheinlichkeit nach in eine immense Katastrophe führen, sind einfach nicht mehr aus dem täglichen Leben wegzudenken. Als es in Studienergebnissen, die sogar bis in Publikumszeitungen wie die Salzburger Nachrichten vordrangen, hieß, dass sich in nur fünf Jahren täglichen Mobiltelefonierens von dreißig Minuten die Hirntumorrate verdoppele, forderte die österreichische Ärztekammer postwendend, rechtzeitig mehr Neurochirurgen auszubilden. Auf Handys zu verzichten scheint jedenfalls in diesen merkurgeprägten Zeiten undenkbar zu sein, komme, was da wolle. Und alles spricht dafür, dass es schlimm kommen wird, aber darüber will niemand sprechen, weil fast alle so gern und so viel am Telefon miteinander sprechen. So zu kommunizieren ist im Rahmen des Zwillinge-Merkurprinzips ideal, denn man bleibt distanziert, wird nicht zu emotional oder gar gefühlvoll, sieht man den anderen beim mobilen Telefonieren doch gar nicht und hat damit viel Freiheit und wenig Verpflichtung. SMS und MMS setzen in Sachen Unverbindlichkeit noch eins drauf, denn hier hat der Empfänger die Freiheit zu entscheiden, wann er diese Nachrichten empfangen möchte und ob und wann er darauf reagiert, ähnlich wie beim guten alten Brief.
Diebstahl und Betrug, mit dem Hermes-Merkur sein Leben begann, als er Apollons Rinderherde stahl, feiert in modernen Zeiten im Internet erstaunliche Triumphe. Die Mischung aus skrupellosem Betrug einiger weniger und der Geldgier vieler ergibt eine Art Internetseuche. Mit dem Versprechen angeblich riesiger Geldgeschenke werden naive Gemüter angelockt und anschließend abgezockt. Das Schema ist immer gleich: Geködert mit dem Versprechen, Millionen zu erhalten, lassen sich gierige Naivlinge zu kleinen Zahlungen nötigen, die sich für die Betrüger in der Menge lohnen. Anschließend dürften sie sich bezüglich ihrer Naivität und Geldgier schämen und von der Strafverfolgung der kriminellen Betrüger absehen. Dass solche Betrügereien permanent und ganz offen im Internet herumgeschickt werden, zeigt, wie verbreitet auch die unerlösten Seiten von Hermes-Merkur heute sind. Man könnte sagen, dass da die Richtigen zusammenkommen, und genau das ist das Anliegen des Zwillinge-Merkurprinzips: Menschen zusammenbringen.
Hermes-Merkur war auch ein geschickter Handwerker, der zu Beginn seines bewegten Lebens aus einem gefundenen Schildkrötenpanzer die erste Leier fertigte. Mit dieser wird er gern abgebildet, obwohl er sie sofort an Apollon für dessen Rinderherde verhökerte. Anschließend schnitzte er ebenso geschickt die erste Flöte, die er sofort für Apollons goldenen Hirtenstab und die Fähigkeit der Weissagung verkaufte. Damit ist Hermes-Merkur auch der Ahnherr der Handwerker und Künstler, die ihr Talent verkaufen und selbst nicht genug daraus machen. Auch das ist ein bis heute das Showgeschäft bestimmender Mythos. Das Wesen von Castingshows scheint geradezu zu sein, dass sich dabei Menschen verkaufen und für blöd verkaufen lassen. Immer wieder hört man auch von unglücklichen Künstlern – von Joe Cocker über Roy Black bis zu Tom Fogerty von Creedence Clearwater Revival –, die sich an ihre Manager oder das Showbusiness verkauft hatten und sich anschließend entsprechend verkauft und verraten oder jedenfalls über den Tisch gezogen fühlten. Die Geschichte ist alt, haben doch bereits Rembrandt und van Gogh von ihrer Kunst kaum leben können, weil sie sich geschäftlichen Abzockern anvertrauten.
Heute ist die Welt von ganzen Horden solcher Leute bevölkert, die unter dem Vorwand, anderen helfen zu wollen, den Berater geben und sich selbst ungebührlich und trickreich bereichern. Sie vermarkten Talente und die Gelder von gutgläubigen Anlegern, verschieben als Headhunter Menschen zwischen Firmen und sind als Scouts überall unterwegs.
Handwerker, die um des finanziellen Vorteils willen in Fabriken darben und ihr Talent monotoner, aber besser bezahlter Routinearbeit opfern, gibt es in noch viel größerer Zahl als Künstler, die ihre eigentlichen künstlerischen Ambitionen dem schnellen Geld oder Ruhm opfern. Das wäre alles in Ordnung, wenn sie damit nicht so gespalten, zerrissen, verzweifelt und unglücklich endeten.
Hermes-Merkur ist als Psychopompus auch der gute Hirte. Den goldenen Hirtenstab hatte er ja Apollon abgehandelt. Er ist wie viele dieser Stäbe Symbol der Wirbelsäule, unserer Weltachse, um die sich das ganze Leben und an der Spitze die Hauptsache, unsere Weltkugel, dreht. Die entsprechenden Stäbe tragen dann auch an ihrer Spitze zumeist eine Kugel, die diesen Zusammenhang symbolisiert. Beim Hermesstab oder Caduceus schlängeln sich wie auch bei Merlins Stab zwei Schlangen um die Mitte. Sie entsprechen den die Polarität symbolisierenden Energiekanälen Ida und Pingala, während der Stab selbst für Sushumna, den mittleren Kanal, steht – so jedenfalls vermittelt es die hinduistische Energielehre. Aus dem Caduceus hat sich der Äskulapstab mit nur einer Schlange als Symbol der Ärzte entwickelt.
All diese Hirten, Heiler, Magier und Mediziner, die den Stab tragen, haben die Aufgabe, den Menschen den (Lebens-)Weg zu weisen. Doch sie sind heute oft auf eigenartige Ab- und Umwege geraten. Die Ärzte haben sich mehrheitlich zu Medizinern gemausert und nicht wenige zu Medizynikern, die heute selbst zur großen Gefahr für die Gesundheit werden. Immerhin stehen sie in den meisten Industriestaaten mit ihren sogenannten Kunstfehlern und den Nebenwirkungen der von ihnen verschriebenen Pharmaka an dritter Stelle der Todesstatistik. In Deutschland sterben an ihnen pro Jahr – nach vorsichtigen Schätzungen – weit über 40 000 Menschen.
Die anderen Stabträger und Hirten haben sich ebenfalls nicht nur mit Ruhm bekleckert. Der oberste Hirte der katholischen Kirche, Papst Benedikt XVI., ist jedenfalls mehr mit Schadensbegrenzung bezüglich verschiedener Missbrauchskandale als mit Seelsorge beschäftigt. Dabei ist es egal, ob man den Finanzskandal seines Vorgängers Johannes Paul II. betrachtet, der die Vatikanbank direkt mit der Mafia zusammenarbeiten ließ, um Schwarzgeld für den Kampf gegen den Kommunismus zu erwirtschaften, oder die heute auffliegenden ungezählten Missbrauchsfälle der Unterhirten. Ersteres lässt sich in dem Buch Vatikan AG nachlesen15, Letzteres stand monatelang in jeder Zeitung.
Aber auch die Stabträger in der Eso- und Psychoszene schnitten nicht so viel besser ab und hatten ihre liebe Not, den rechten mittleren Weg zu weisen und vorauszugehen. Ob man an Bhagwan-Osho denkt, der am Ende des Films Der Guru von seinen beiden nächsten Vertrauten als drogenabhängiger Manipulator überführt wird, oder Maharishi Mahesh Yogi, den der Film David wants to fly entsprechend entlarvt. Von den verschiedenen Sekten und ihren jeweiligen Aushängeschildern ganz zu schweigen.
Politik(er)
John F. Kennedy war ein typischer Vertreter von Zwillinge-Merkur. Als charismatischer Staatsmann mit tragisch kurzer Amtszeit blieb er durch wenige markante Sätze im Bewusstsein der Welt. Für Deutsche und insbesondere Berliner durch den Ausspruch »Ich bin ein Berliner«. Dieser erste Präsident irischer Abstammung und obendrein katholischen Glaubens löste eine enorme Aufbruchstimmung der Jugend aus, und viele junge US-Amerikaner machten sich mit dem Peace Corps auf, um dem armen lateinischen Teil Amerikas unter die Arme zu greifen. Fast alle holte die Polarität ein, und der Fehlschlag der Peace-Corps-Initiativen war so deprimierend wie ihr Anfang euphorisierend.
Kennedy war auch ein sogenannter Womanizer, ein Schürzenjäger, der viele Frauen schmetterlingshaft beglückte und damit sehr gut in der Presse wegkam. Selbst als ihm Marilyn Monroe ein mehr als peinliches öffentliches Geburtstagsständchen hauchte und bald darauf unter mysteriösen Umständen starb, tat es seinem guten Ruf wenig Abbruch. Sogar als aufflog, dass sie nicht nur seine, sondern zugleich auch die Geliebte seines Bruders Robert, des Justizministers, gewesen war und er zugleich noch eine andere Freundin hatte, blieb die Welt des Kennedy-Clans ungetrübt. Mit Charme und heiterer Gelassenheit ging John F. Kennedy über derlei hinweg, und seine Frau Jackie übersah alles geflissentlich.
Eine geradezu irritierende, sehr zwillingehafte Parallele verbindet ihn über hundert Jahre hinweg mit Abraham Lincoln16:
- Sowohl Lincoln als auch Kennedy waren die zweitgeborenen Kinder ihrer Eltern.
- Lincoln wurde 1846 in den Kongress gewählt, Kennedy 1946. Abraham Lincoln wurde 1860 zum Präsidenten gewählt, Kennedy 1960.
- Beide Präsidenten setzten sich für die Bürgerrechte ein.
- Die Ehefrauen beider Präsidenten verloren ihre Kinder, während sie im Weißen Haus lebten.
- Lincolns Sekretär hieß Kennedy, Kennedys Sekretärin hieß Evelyn Lincoln.
- Beide Präsidenten wurden in Gegenwart ihrer Frau an einem Freitag erschossen und jeweils von hinten in den Kopf getroffen.
- Beide wurden bei ihrer Ermordung von einem anderen Paar begleitet, wovon wiederum jeweils der Mann verletzt wurde.
- Beide wurden von Südstaatlern erschossen.
- John Wilkes Booth, Lincolns Mörder, wurde 1839 geboren. Lee Harvey Oswald, Kennedys Mörder, 1939.
- Lincoln wurde im Ford-Theater erschossen. Kennedy saß in einem Wagen der Marke Ford Lincoln.
- Booth floh aus dem Theater und wurde in einem Lagerhaus gefasst. Oswald floh aus dem Lagerhaus und wurde in einem (Film-)Theater gefasst.
- Beide Attentäter wurden vor ihrem Prozess ermordet.
- Die Nachnamen beider Präsidenten, Lincoln und Kennedy, enthalten je sieben Buchstaben – davon je dieselbe Anzahl an Vokalen, Konsonanten und »n«.
- Die Namen von John Wilkes Booth und Lee Harvey Oswald enthalten je 15 Buchstaben. Es sind außerdem in beiden Fällen drei Namen.
- Die Nachfolger von beiden waren Südstaatler mit Namen Johnson.
- Andrew Johnson, Lincolns Nachfolger, wurde 1808 geboren. Lyndon B. Johnson, Kennedys Nachfolger, 1908.
- Der Chauffeur von Kennedy, der den Wagen steuerte, in dem er erschossen wurde, hieß Lincoln.
- Lincoln war eine Woche vor seinem Tod in Monroe, Maryland; Kennedy war kurz vor seinem Tod mit Marilyn Monroe …
Henry Kissinger hat zusätzlich zu seiner Sonne gleich drei Planeten im Zeichen Zwillinge. Typischerweise war er dafür bekannt, viel und geschickt zu verhandeln, jeden zu kennen und seine Verbindungen gut zu nutzen. Nach langen Verhandlungen machte er als Außenminister Nixons schließlich Frieden in Vietnam. Außerdem nahm er wieder Verbindung zu China auf und beendete die Eiszeit mit dem Reich der Mitte. Für Ersteres bekam er den Friedensnobelpreis; für Letzteres dagegen nur wenig Anerkennung. An der Seite des schließlich wegen der Watergate-Affäre überführten Betrügers Nixon war er ein wortreicher Politiker, der etwas zu sagen hatte. Kissingers Memoiren erschienen als ein vielbändiges Werk, dessen Quellenverzeichnis allein ein eigenes dickes Buch füllt, was schon wieder sehr zum Jungfrau-Merkurprinzip tendiert.
Feuilleton
Das Feuilleton mit seiner unverbindlichen Sammlung unterschiedlichster Themen, von jedem etwas oder eben ein Blatt von einem weitverzweigten Baum, entspricht an sich schon Zwillinge-Merkur. Im für das Feuilleton zuständigen Journalismus ist außerdem je nach Niveau des Blattes und damit zu diesem merkurialen Lebensprinzip passend alles Mögliche zu finden – von der Boulevardpresse im Stil der Abendzeitung bis zu Magazinen wie Focus und Spiegel, aber natürlich auch so Anspruchsvolles wie Bild der Wissenschaft oder Populärwissenschaftliches wie PM.
Außerdem hat alles Lexikalische bei diesem Merkurprinzip seine Heimat, und die alten vielbändigen Konversationslexika sind hier in besonderem Maße angesiedelt, boten sie doch ein Wissen, das sich ideal für Konversationen eignete und gar keinen Anspruch an erschöpfende, alle Möglichkeiten ausschöpfende Tiefe hatte. Hier ist heutzutage auch Wikipedia zu finden, die Internet-Enzyklopädie, die oberflächlich, unzuverlässig und – vorsätzlich tendenziös im Bereich der Ganzheits-Medizin – Wertfreiheit nicht einmal anstrebt. Auch das Guinnessbuch der Rekorde ist zu erwähnen mit seiner riesigen Sammlung an sich unzusammenhängender Dinge, die hier unter dem Thema Weltrekord dennoch vereint werden.
Kunstschaffen unter dem Zwillinge-Merkurprinzip leidet natürlich am mangelnden Tiefgang, wobei viele Bereiche in Frage kommen und immer auch die Chance besteht, in das Muster des Psychopompus, des Seelenführers, aufzusteigen, wie es etwa Goethe gelungen ist, der aus dem alten Stoff der Faustsage ein zeitloses Einweihungsdrama geschaffen und zugleich das Muster des wissenschaftlichen Weges beschrieben hat. Sein immenses und obendrein weitverzweigtes Werk, das ihm den Ehrentitel Dichterfürst eintrug, reicht von wissenschaftlichen Arbeiten über die Metamorphose der Pflanzen und die Farbenlehre (und vor diesem Hintergrund wird er uns im Kapitel über Jungfrau-Merkur wieder begegnen) bis zu zeitlosen Dramen und Gedichten. So beschreibt sein Roman Die Leiden des jungen Werther Pubertätsqualen in bis heute passender Weise. Letztlich aber war Goethe vor allem ein großer Hermetiker und der eigentliche Vater der hermetischen Philosophie in Deutschland. Dieser für ihn selbst entscheidende Teil seines Werkes ist allerdings bis heute nicht wirklich anerkannt.
Die im Faust beschriebene Auseinandersetzung zwischen wissenschaftlichem und magischem Weltbild ist aktueller denn je, wenn wir die moderne Atomwissenschaft bedenken, deren Weg einerseits mit Nobelpreisen gepflastert ist, andererseits aber doch auf Teufel komm raus genau diesen hervorbrachte und direkt über Tschernobyl nach Fukushima führte. Goethes hermetisches Werk lebt lediglich in der Anthroposophie Rudolf Steiners weiter, der ihm im Goetheanum auch ein äußeres Denkmal geschaffen hat.
Fast ausschließlich der spirituellen Thematik widmete sich Alice Bailey, ihres Zeichens ebenfalls Zwillinge, die eine Wesenheit namens »Der Tibeter« channelte und damit eine Verbindung zum Jenseits herstellte, die für viele damalige Esoteriker verbindlich wurde. Sie steht am Anfang einer inzwischen langen Kette von Channel-Medien, die ganz nach Art und Weise von Zwillinge-Merkur das Blaue vom Himmel herabreden und -beten und sich bis heute regen Zuspruchs erfreuen. Das Niveau von Alice Baileys Durchsagen ist aber selten wieder erreicht worden.
Insgesamt ist alle Schriftstellerei unter Zwillinge-Merkur einzuordnen, im doppelten Sinn, wenn sie sich auf Essays und Kurzgeschichten verlegt. Darüber hinaus gehören grundsätzlich neben Novellen auch so umfassende Werke wie die Göttliche Komödie von Dante Alighieri, die den Entwicklungsweg von der Hölle zum Paradies thematisiert, zu diesem Merkurprinzip.
Im Bereich der Literatur ist Thomas Mann ein typisches Beispiel für dieses Merkurprinzip. Mit seinem detailgetreuen, genauen und sehr neutralen Stil war er enorm produktiv. Sein Roman Der Zauberberg ist eine sehr präzise beobachtete Krankheitsbilderbeschreibung der Schwindsucht, die eine Symptomdeutung im Sinne von Krankheit als Symbol mit einschließt und das seelische Muster hinter dieser damaligen Volksseuche ausgesprochen treffend darstellt. In den Buddenbrooks liefert er ein detailgetreues Sittengemälde der Zeit, in dem man lesend mitleben und in die Zeit mit ihren Problemen eintauchen kann. Die Erzählung Tod in Venedig konfrontiert mit dem Thema Homosexualität, das den Dichter zeitlebens umtrieb, das er aber aus seinem eigenen Alltag hermetisch ausschloss. So blieb er ein gespaltener und zerrissener Mensch, der eine andere Rolle – wenn auch erfolgreich – spielte, als ihm zugedacht war, was auch aus seinen zahlreichen Tagebüchern hervorgeht.
Unter dem Zeichen Zwillinge wurde auch Anne Frank geboren, die uns ebenfalls mit ihren Tagebüchern ein wichtiges menschliches Zeitzeugnis eines schweren und kurzen Lebens und Beispiels für den Nazi-Terror hinterlassen hat.
Interessant für das Verstehen des Zwillinge-Merkurprinzips ist weiterhin Arthur Conan Doyle, der geistige Vater von Sherlock Holmes. Seine verschlungenen, raffinierten Kriminalgeschichten leben vom Spannungsbogen zwischen den extremen Charakteren von Holmes und seinem Gehilfen Dr. Watson. Daneben war Conan Doyle einer der bedeutendsten Hermetiker Englands und hat offenbar den großen Bogen zum spirituellen Lebensziel geschafft mit starken Einschlägen von Jungfrau-Merkur.
Beim deutschen Literaturkritik-Papst Marcel Reich-Ranicki können wir viel von seiner Zwillinge-Merkurnatur erkennen. Als ausgewiesener Kenner und unbestrittene Autorität der deutschen Literatur ist er auch selbst ein hervorragender Schriftsteller und schaffte es auf hohem Niveau in die Bestsellerlisten. Seine Kritiken sind oft sehr scharf und meist treffend, sehr genau und manchmal vernichtend, was schon mehr zum Plutoprinzip neigt. Die Kritik an sich aber gehört zu Jungfrau-Merkur.
Unter den Stilrichtungen entsprechen die Fünfzigerjahre des letzten Jahrhunderts dem Zwillinge-Merkurprinzip. In der bildenden Kunst sind bei Zwillinge-Merkur Illustrationen, Zeichnungen, Collagen und Fotografien urprinzipiell beheimatet. Der Fotorealismus zum Beispiel eines Gottfried Helnwein ist hier (arche-)typisch.
Die große Kunst von Albrecht Dürer ist ein weiteres Beispiel. Wenn Dürer einen Hasen malte, garantierte sein merkurialer Zeichenstil, dass jedes einzelne Haar am richtigen Ort saß. Bei seiner berühmten Studie »Betende Hände« ist nicht nur das Sujet Zwillinge-Merkur, sondern auch die Art der Durchführung als Zeichnung, bei der das grafische Element weit vor Farbe rangiert und Letztere sogar überflüssig macht.
Unter den Malern ist Paul Gauguin zu erwähnen, der so beweglich und reiselustig war, dass er die Südsee Europa vorzog. Seine farbenfrohen Themen und sein Lebensstil sind aber eher seinem Löwe-Aszendenten geschuldet. Beim niederländischen Grafikkünstler Mauritz Escher, der mit einer Zwillinge-Sonne und einem Jungfrau-Aszendenten geboren ist, verbindet sich der irdisch schwere mit dem luftig leichten Merkuraspekt. Seine äußerst raffinierten Verwirrbilder spielen den Sinnen und der Logik gern Streiche und verführen zu kritischer und genauer Beobachtung.
In der Musik passen das Musical und natürlich alle Wanderlieder wie das klassische »Das Wandern ist des Müllers Lust« zu Zwillinge-Merkur. Überhaupt war die Wandervogel-Bewegung ein (arche-) typisches Zwillinge-Merkurphänomen. Die Love-Parade zeigte für die heutige Zeit zwar nicht vom Thema, aber von der anspruchslosen Art viele Zwillinge-Merkuraspekte: Man traf sich in riesigen Massen ohne tiefe Verbundenheit – jedenfalls keine, die über den Moment hinausging –, war in guter Stimmung mit viel Musik für einen Tag locker zusammen und verlor sich dann wieder in alle Himmelsrichtungen, um sich vielleicht in einem Jahr »zufällig« mal wieder zu begegnen. Hier wurde für einen einzigen Tag eine Art Schwarm gebildet, der thematisch und auch was seine Haltbarkeit anging keinerlei Anspruch hatte.
An Tänzen sind zum schon erwähnten Foxtrott noch so heitere Bewegungsvergnügen wie Cha-Cha-Cha oder Twist hinzuzufügen.
Ein weltbekannter Sänger und Songwriter unter dem Zwillinge-Merkurprinzip ist Bob Dylan, der mit seinen Protestsongs einer Generation von Hippies und politischen Friedensaktivisten seine markante und interessante Stimme lieh. Ein Leben lang »herumzigeunernd«, schrieb er so zeitlose Lieder wie »The Times They Are A-Changin’« oder »Like A Rolling Stone«, die zwillingehafte Bewegung ausdrücken und auch eine ganze Generation in Schwung brachten. Bob Dylan ist nicht nur als Dichter und Protestsänger von herausragender Bedeutung, er malt auch beeindruckende Aquarelle. Von Zwillinge-Merkur durchs Leben getragen, nimmt er es mit der Wahrheit nie so ganz ernst und modelt zum Beispiel seine deutsche Herkunft, die in seinem ursprünglichen Namen Robert Allen Zimmerman noch anklingt, schon mal in eine indianische Abstammung um, wenn das gerade besser ins angestrebte Bild passt oder einem guten Zweck dient.
Der deutsche Sänger Hannes Wader hat mit seinem Lied »Heute hier, morgen dort« dem Lebensgefühl von Zwillinge-Merkur ebenfalls ein musikalisch-dichterisches Denkmal gesetzt.
Unter den schauspielenden Berühmtheiten treffen wir bei diesem Lebensprinzip auf so witzige Typen wie Stan Laurel, die andere schmalere Hälfte von »Dick und Doof«. Gertenschlank und alles andere als doof, brachte er zusammen mit seinem korpulenten Gegenpart Oliver Hardy weltweit Millionen zum Lachen. Auch bei diesem Gespann war es die polare Spannung, die im Zwillingezeichen zum Ausdruck kommt, die einen großen Teil der Faszination ausmachte.
(Arche-)typische Problemkette
Merkurs Produktüberschwemmung
Während die Zahl der Fernsehprogramme lawinenartig zunimmt, immer mehr neue Illustrierte und Magazine Leser suchen, Internetanschlusszahlen dramatisch steigen wie auch die Programme, die im Netz um Aufmerksamkeit und Kunden buhlen, bleibt die Bildung auf der Strecke. Die Inflation von Internet-News, Talkshows und bedrucktem Papier ist unübersehbar, die Quantität explodiert, die Qualität nimmt ab. Quote rangiert inzwischen weit vor Qualität. Das ist ein (arche-)typisches Problem von Zwillinge-Merkur, der an der Oberfläche gern für Verbreitung sorgt und die Tiefe, die ihm als Hermes-Merkur ebenfalls Aufgabe wäre, häufig außer Acht lässt.
Als gelegentlicher Teilnehmer an Talkshows kann ich feststellen, dass in ihnen viel beredet und nichts gelöst wird. Es geht um die Show, wie der ehrliche Name verrät, und deshalb ist die Quote vorrangig. Selbst öffentlich-rechtliche Sender mit Bildungsauftrag opfern diesen immer mehr der Quote.
Auch eine Flut von Handys, iPhones, iPads mit der Vielfalt von Anwendungsmöglichkeiten bricht über uns herein. Telefonieren ist dabei inzwischen fast nebensächlich, dafür sind Bilder, Musik, Google-Earth, Nachrichtenticker selbstverständlich mit verfügbar.
Zeit der Lügenbarone
Wenn wir so sehr auf Zwillinge-Merkur setzen, dass wie erwähnt die Regierungsressorts hauptsächlich dieses Lebensprinzip widerspiegeln, könnte man darin eine Gegenregulation gegen die vom Saturnprinzip geprägte Beamtenschwemme sehen, die sich in den Parlamenten breitmacht. Solch eine Massierung birgt natürlich die Gefahr in sich, auf eine unerlöste Ebene abzurutschen.
Hermes-Merkur ist mit seiner von Pluto-Hades übernommenen Tarnkappe auch ein heimlicher und oft unsichtbarer Manipulierer. Das macht ihn zwar noch nicht zum Lügenbaron, aber immerhin war sein bereits erwähnter Einstand in der Götterwelt doch ein ziemliches Lügenspektakel, als er den Diebstahl von Apollons Herde erst bestritt und dann darauf hinwies, dass er doch noch ein unschuldiges Kind sei. Das stimmte zwar, aber er war ein recht frühreifes, altkluges und obendrein ziemlich verlogenes Kind. Des unehrlichen Einstands in die Götterwelt des Olymps überführt, musste er versprechen, in Zukunft nicht mehr zu lügen. Das tat er, aber hinfort immer die ganze Wahrheit zu sagen, dazu konnte er sich doch nicht durchringen. Auf diesem Stand blieb er ein Trickser, der mit Teilen der Wahrheit spekuliert und Teilwahrheiten verkündet, der einiges gern weglässt und anderes gern übertreibt, der manipuliert und die Dinge so dreht, bis sie für ihn stimmen, und dabei so manches Ding dreht.
Wie steht es mit der Wahrheit oder ihrem Schatten, der Lüge, in der von Zwillinge-Merkur bestimmten Gesellschaft? Der deutsche Lügenforscher Klaus Fiedler geht davon aus, dass etwas mehr als die Hälfte aller Alltagsäußerungen unwahr sind. Eine Studie zeigte, dass auch die ehrlichsten Teilnehmer bei Gesprächen spätestens alle acht Minuten eine Unwahrheit erzählten. Das rief das Meinungsforschungsinstitut Emnid auf den Plan. Man wollte herausfinden, wann am meisten gelogen wird, und kam zu folgendem interessanten Ergebnis: 55 Prozent aller Lügen zielen darauf, Freunden und Familienangehörigen aus der Patsche zu helfen – immerhin ein sehr sympathischer Grund an erster Stelle. Hatte nicht auch der deutsche Exkanzler Kohl die Wahrheit verschwiegen, weil er sich Freunden verpflichtet fühlte? 35 Prozent aller Lügen geschehen anlässlich von Komplimenten – ein zumindest gutgemeinter Grund. Knapp dahinter an dritter Stelle folgen mit 34 Prozent Lügen, um die Beziehung oder Ehe zu retten – also schon wieder durchaus ehrenwert. Das Finanzamt betreffende Lügen, um Steuern zu sparen, rangieren mit 19 Prozent abgeschlagen.
Die Deutschen lügen demnach ziemlich viel, aber wie Hermes-Merkur nur aus edelsten Motiven, um Freunden aus der Klemme zu helfen, anderen mit Komplimenten das Leben zu versüßen, Beziehungen zu retten, Partner zu schonen und um zu sparen. Der Schatten in Gestalt von Feigheit und Gier lässt natürlich grüßen, bleibt aber bei solchen Erhebungen im Dunklen. Wir stehen so im Bann von Hermes-Merkur, dass wir in seiner urprinzipiellen Gefolgschaft die Wahrheit in oft raffinierter Weise relativieren. So lassen wir uns sponsern statt bestechen, sparen an der Gemeinschaft und manipulieren uns die Welt zurecht und unsere Sicht von ihr. Auch wir rücken die Wahrheit nur häppchenweise heraus, wie es Politiker ständig in aller Öffentlichkeit vormachen. Mir klingen noch die Lügen und Halbwahrheiten des deutschen CSU-Innenministers Friedrich Zimmermann in den Ohren, der nach Tschernobyl tagelang jede Gefahr dementierte. Er glich darin aufs Haar den heutigen Figuren in Japan und bei der WHO. Lügen und Halbwahrheiten scheinen bei Politikern und Funktionären die halbe Miete zu sein – genau wie bei uns Bürgern. Und darum reagieren wir darauf auch so angewidert.
Sich aus der Verantwortung herauszuwinden oder sich davonzustehlen kann als der ständige Versuch von Politikern betrachtet werden, ungeschoren davonzukommen. Wir haben sie gewählt, und sie spiegeln uns wider – als Ergebnis des Resonanzgesetzes. Genau das aber stört uns so an ihnen. Wenn die Lügenforschung recht hat, muss uns das nicht wundern. Statt sich an die eigene Nase zu fassen, deuten die meisten lieber auf andere, die das Thema ebenfalls haben, um so von sich selbst abzulenken. Diesen Vorgang nennt man Projektion, und diese stellt den häufigsten Umgang mit dem Schatten dar. Sie ist eine Art Volkssport geworden, der Entwicklung und Fortschritt gleichermaßen behindert. Wüssten wir besser über die hermetischen Gesetze Bescheid, könnten wir mit Hilfe der Spielregeln an Lila, dem kosmischen Spiel, mit ungleich mehr Freude teilnehmen, hätten mehr Erfolg dabei und würden glücklicher.
Wie Hermes-Merkur versuchen wohl die meisten Politiker und Ärzte, nicht zu lügen. Aber sie können sich nicht dazu durchringen, die ganze Wahrheit zu sagen – angeblich zum Besten der Belogenen. Das Paradebeispiel ist der Freiherr von und zu Guttenberg und seine Doktorarbeit. Jeder, der einen Doktortitel an einer deutschen philosophischen Fakultät erworben hat, kennt das Spiel. Wenn man aus einem Buch abschreibt, nennt man es ein Zitat, wenn man aus zwei Büchern abschreibt, einen Essay, wenn man aus vielen Büchern abschreibt, eine Dissertation. Und das ist auch erwünscht: je mehr man abschreibt, desto besser. Je mehr Zitate, desto besser die Note. Alle eigenen, also von mir selbst stammenden Ideen, musste ich im Laufe ermüdender Überarbeitungen aus meiner Arbeit wieder streichen, gefragt waren nur abgeschriebene Zitate. Solches Abschreiben wird Quellenarbeit genannt.
Aber wehe, man sagt das offen, dann schreien alle laut auf, besonders diejenigen, die das Spiel kennen. Denn sie wollen keinesfalls, dass so etwas allgemein bekannt wird, dann würde doch der letzte Respekt vor solchen Titeln wegbrechen. Nun hatte der Freiherr beim legitimen und sogar geforderten Abschreiben nicht zitiert, und das ist (s)ein ernstes Vergehen, was natürlich ein Verfahren nach sich zog. Er hatte sich also gegen die Regeln vergangen und war in einer verfahrenen Situation gelandet.
Aber stimmte das so in seinem Fall überhaupt? Als er im Moment der Entdeckung im Brustton der Überzeugung von einem Irrtum sprach, der sich aufklären werde, hatte ich das in dreißig Jahren Psychotherapie trainierte Gefühl, er lüge gar nicht. Bis dato war er auch dafür bekannt, in erfrischender Weise die Dinge beim Namen zu nennen. Einen Krieg nannte er Krieg, und alle, die an die Halb- und Unwahrheiten seines mindestens so peinlichen Vorgängers gewöhnt waren, zeigten sich erleichtert.
Tatsächlich drängt sich mir eine ganz andere Erklärung auf: Der Freiherr hatte vielleicht weder die Öffentlichkeit belogen noch abgeschrieben, sondern jemand ganz anderes hatte ihn belogen und für ihn abgeschrieben, den er gewonnen hatte, seine Dissertation oder Teile davon an seiner Stelle zu schreiben. Dann hätte der Freiherr »nur« seine Fakultät betrogen und wäre bei diesem Schwindel einem Schwindler aufgesessen, der, statt selbst zu schreiben, abgeschrieben hätte. Auch das wäre ein leider nicht ganz seltenes Vor-und Vergehen und würde einiges erklären. Dann hätte er nicht öffentlich gelogen, sondern nur nicht damit gerechnet, selbst so frech betrogen worden zu sein. Das Resonanzgesetz lässt grüßen. Beim Thema Hermes-Merkur stoßen wir natürlich ständig auf die beiden zentralen hermetischen Gesetze, das der Polarität und das der Resonanz.
Der Schwindel mit Titeln läuft auf vielen Ebenen und gedeiht in einer Zwillinge-Merkurzeit auf wahrhaft hohem Niveau, und er verrät dabei zugleich ein bedenklich niedriges Niveau. In einer so wissenschaftsgläubigen, fast wissenschaftshörigen Zeit, in der die meisten Menschen nach dem Verlust ihrer Religion nun umso mehr an die Wissenschaft glauben, hat diese viel zu verlieren und möchte die Wahrheit hinter ihren Kulissen gern hermetisch vor der Öffentlichkeit verschließen. Das erklärt, warum Wissenschaftler sofort so hart und erregt gegen den Freiherrn zu Felde zogen. Bei den außerordentlich aggressiven Politikern kam hinzu, dass sich der eigene Schatten in der Projektion noch immer am genussvollsten bekämpfen lässt. Ein Heer von Unehrlichen hat sich über einen der Unehrlichkeit in einem Fall Überführten hergemacht, um – unbewusst – von sich selbst und eigenen Unehrlichkeiten abzulenken. Immerhin halten fast alle Spitzenpolitiker Reden, die ihnen andere geschrieben haben, ohne das jemals einzugestehen.
In der Wissenschaftsgemeinde gibt es – wie in der Polarität nicht anders zu erwarten – auch das Gegenteil, und das ist nicht weniger peinlich: Scheinbar honorige Professoren schließen sich zu sogenannten Zitierkartellen zusammen und zitieren sich ständig gegenseitig in ihren angeblich objektiven Artikeln und Studien und erhöhen so ihr »Ranking«. Dahinter steckt die an sich lächerliche, aber (arche-)typisch merkuriale Idee – gemischt mit sonnenhaften Ego-Ansprüchen –, die Wichtigkeit und Bedeutung eines Wissenschaftlers daran zu messen, wie oft er zitiert wird.
Quantität vor Qualität zu stellen ist eines der Grundübel unserer vom Zwillinge-Merkurprinzip geprägten Zeit, das nicht nur die Wissenschaftsszene verunziert, sondern auch den Lebensmittelbereich betrifft. Von entsprechender Werbung motiviert, verspeist die Bevölkerung quantitativ erhebliche Berge von gefährlichem Industrieunrat und leidet qualitativ erschreckenden Mangel.
Und es gibt genug andere Peinlichkeiten im Merkurbereich der Wissenschaft, wie etwa die Tatsache, dass zehn Prozent aller Studien gefälscht sind, um an Forschungsgelder heranzukommen, wie ein deutsches Fernsehmagazin nach gerichtlicher Klärung behaupten darf. Darüber hinaus haben Halbwahrheiten und Abschreiben auf vielen Ebenen Hochkonjunktur. In der Esoterikszene etwa ist Abschreiben ein fast schon normales Vorgehen, um nicht zu sagen die Regel. Ich erlebe immer wieder, wie ganze Vorträge aufgenommen, Folien komplett abfotografiert werden, um sie später als eigenes Repertoire auszugeben. Und natürlich habe auch ich einen Großteil meines Wissens »übernommen« – im Wesentlichen von den großen Weisheitslehrern, die ich für die beste Quelle halte und zu meiner Entlastung auch gern zitiere.
Diebstahl von Dingen und Ideen
Bei Diebstahl denkt man zuerst mehr an konkretere Beute als an Ideen und Formulierungen, Texte und Konzepte. So werden jedes Jahr Tausende von Autos gestohlen. Das wäre leicht, billig und sehr weitgehend zu verhindern, wenn in jedes größere Autoteil die Seriennummer gestanzt würde. So blieben alle Autos jederzeit identifizierbar. Aber die Firmen haben gar kein Interesse daran, denn die Diebe nehmen ihnen – indirekt und merkurial gedacht – ähnlich wie legale Händler auch viele Autos ab. Diese verschwinden in der Regel aus dem jeweiligen Markt, besetzen also nicht einmal Gebrauchtwagenplätze. Sie müssen sofort ersetzt werden, wofür meist Versicherungen zahlen, und die Firmen liefern natürlich gern Neuwagen nach. Auf den ersten kurzsichtigen Blick ein gutes Geschäft ohne Verlierer, auf den zweiten ein unehrliches Spiel auf dem Rücken von Versicherungen, die ihre Kosten an die Kunden weitergeben, die so einmal mehr zu den eigentlichen Verlierern werden: Zwillinge-Merkur unerlöst.
Beim Thema Diebstahl ist heute aber vor allem an die elektronischen Medien zu denken, die zu einer riesigen Flut von illegalen Kopien führen. Hier hat inzwischen das Bewusstsein für diese Art von Stehlen schon so gelitten, dass illegales Überspielen von Musik und Programmen fast selbstverständlich ist und bestenfalls noch als Kavaliersdelikt gilt. Sogar im spirituellen Bereich wird über solche »gestohlenen« Meditationsprogramme Heilung gesucht. In Bali sind wie in vielen asiatischen Ländern überhaupt kaum noch legale DVDs und CDs zu bekommen.
Medizin
Zwillinge-Merkur-Orte im Körperland
Die Lunge, die den Gasaustausch garantiert und mit deren Hilfe wir auch kommunizieren, repräsentiert Zwillinge-Merkur im Körperland. Sprache ist schließlich nichts anderes als die Modulation des Ausatemstromes. Mit ihren beiden Flügeln ist die Lunge das Organ, das uns Energie vermittelt und uns so erst leben lässt und uns obendrein eine gewisse Leichtigkeit beschert.
Die Schilddrüse, die in der Form eines Schmetterlings vor dem Kehlkopf und entsprechenden Chakra der Kommunikation liegt, ist unter dem Aspekt ihrer Signatur ebenfalls hier zu nennen wie auch schon beim Stier-Venusprinzip in ihrer Funktion als Schild. Der Kehlkopf gehört mitsamt aller Sprachstörungen und -probleme vom Lispeln bis zum Stottern als Region der Sprachbildung genauso zu diesem Merkurprinzip. Es sind vor allem die Stimmbänder, die als Sprachwerkzeuge zu Zwillinge-Merkur zu rechnen sind, als Gesangsorgane gehören sie zu Stier-Venus.
Nerven- und das Hormonsystem sind beide für Informationsvermittlung zuständig und damit Zwillinge-Merkur zuzurechnen. Ob Signale elektrisch wie in den Nerven oder über konkrete Botenstoffe wie Hormone über das Blut versandt werden – in jedem Fall geht es um Informationsaustausch zwischen Organen und ihren Steuerungsinstanzen.
Das Großhirn, für die Analyse und Assimilation der immateriellen Eindrücke zuständig, gehört zu Zwillinge-Merkur, während der von der Signatur mit seinen vielen Schlingen und Windungen optisch sehr ähnliche Dünndarm, der Vergleichbares auf der stofflichmateriellen Ebene zur Aufgabe hat, Jungfrau-Merkur zuzuordnen ist.
Die Hände entsprechen als unsere ersten Handwerkszeuge dem Zwillinge-Merkurprinzip. Mit ihnen können wir greifen, um die dingliche Welt in den Griff zu bekommen. Sie verraten bereits, wie Be-greifen funktioniert, denn wir müssen im konkreten Fall den Daumen in Opposition zu den vier Fingern bringen, so wie wir im übertragenen Sinn auch nur über den Gegenpol begreifen können. »Groß« bliebe uns ohne »klein« verschlossen; »arm« ist ohne »reich« und »gut« ohne »böse« nicht zu verstehen. Die Hände sind natürlich auch unsere Organe der Begrüßung, und sie stellen den ersten Kontakt her.
Krankheitsbilder
Zunächst sind alle Erkrankungen der Lunge zu nennen – von der Bronchitis über die Lungenentzündung bis zum Asthma. Bei der Bronchitis sind die Bronchien als zuleitende Luftwege entzündet, bei der Pneumonie die Lungenbläschen selbst, in denen der Gasaustausch mit dem Blut stattfindet. Im Fall der Bronchitis, aber auch des Asthmas, bei dem ebenfalls die Bronchien Ort des Krankheitsgeschehens sind, steht folglich ein Konflikt im Bereich Vermittlung von Austausch im Vordergrund, bei der Lungenentzündung ein Konflikt des direkten Austausches.
Pneumonien sind bedrohliche Kommunikationskonflikte, die beim Befall beider Lungenflügel zur völligen Einstellung der Kommunikation und damit zum Tod führen können, wie es der ehemalige österreichische Bundespräsident erleiden musste. Thomas Klestil hatte in seinem Wahlkampf betont auf das Thema »heile Familie« gesetzt. Als später aufflog, wie hohl, um nicht zu sagen unehrlich genau dieses Thema bei ihm selbst ablief, entstand ein Kommunikationskonflikt. Unter falschen Voraussetzungen gewählt, flog damit eine besondere Art von Wahlbetrug auf. Doch statt nun dieses Thema offen und ehrlich anzugehen und sein Problem zu bekennen, ignorierte er es. So musste sein Körper für die Darstellung einspringen und zur Bühne des Kommunikationskonfliktes in Gestalt der Lungenentzündung werden. Diese traurige und natürlich auch gefährliche Ebenenverschiebung kostete ihn letztlich nach einigen Pneumonien und trotz der besten Antibiotika das Leben. Anders ausgedrückt, er ging lieber ganz, als sich seinem Thema zu stellen und den Konflikt auf der öffentlichen Bühne auszutragen. Hierin dürfte er vielen von uns gleichen. In seinem Fall waren Projektionsleidenschaft und Anteilnahme aber natürlich besonders groß.
Bei asthmoider Bronchitis und Bronchialasthma kommt noch eine allergische Komponente hinzu und damit eine doppelte Betonung der Aggressionsproblematik.17
Letztlich sind auch alle Nerven- und Gefäßkrankheiten anzuführen, denn in beiden Fällen geht es um Transport und Weiterleitung von Nervenimpulsen, Botenstoffen, Material – oder auch Wellen wie bei der Aorta und ihrer Windkesselfunktion, die dafür sorgt, dass der Blutdruck nicht in der Pause der Diastole auf null fällt und in der Anspannung der Systole auf Extremwerte hochschnellt. Die Aorta fängt die Wellenenergie des Blutes auf und gibt sie durch ihre Elastizität in der Ruhephase des Herzens weiter, so dass ein annähernd stetiger Blutstrom weitergeleitet wird. Hier wirkt natürlich Verkalkung katastrophal, wobei diese immer hemmenden saturninen Einfluss auf den Bluttransport hat.
Alle Arteriosklerosephänomene (Saturnprinzip) betreffen die Zwillinge-Merkur unterstehenden Transportsysteme der Gefäße. Deshalb sind die unter Zwillinge-Merkur stehenden Krankheitsbilder auch gesellschaftsbestimmend; als Koronarsklerose und hohen Blutdruck verantwortende Faktoren leisten sie der unangefochtenen Nummer eins unter den Krankheitsbildern Vorschub.
Erkrankungen der Hände wie beispielsweise die Dupuytren-Kontraktur, die tendenziell das Öffnen der Hand verhindert und sie zwanghaft zur Faust krümmt, gehören typischerweise auch zum Zwillinge-Merkurprinzip. Die Themen Ehrlichkeit im Hinblick auf die offene Hand und Aggression wegen der geballten Faust melden sich hier von der Körperbühne, weil sie keine andere bekamen.
Zwillinge-Merkur-Energie im Namen
Thomas wird schon in der Bibel als der Zwilling und Zweifler bezeichnet. Er ist der einzige Jünger, der Christus die Hand in die Wunde legen darf, weil er sonst nicht an die Auferstehung glauben kann.
Anton oder Antonia verweisen auf die etruskische Entsprechung des Janus, des Beschützers der Stadttore, und bedeuten »doppelt« und »Zwilling«.
Auch Christoph gehört zu diesem Merkurprinzip, ist doch sein Namenspatron, der heilige Christophorus, der Beschützer auf allen Straßen und so in vielen katholischen Autos präsent.
Ebenso gehören Namen hierher, die auf Landeszugehörigkeiten hinweisen wie Sabine, Fleming, Glenn, Lukas, Lydia. Auch alle Kurzformen von Namen entsprechen dem Zwillinge-Merkurprinzip wie etwa Nelly, Sissi, Tony.
Bearbeitung und Einlösung von Zwillinge-Merkur-Themen
Generell ist das Thema von Zwillinge-Merkur mit Hilfe von geistiger Beweglichkeit und Vielseitigkeit gut zu bearbeiten. Eine wundervolle zusätzliche Möglichkeit, das Niveau zu heben, besteht darin, alles aufgenommene Wissen durch verschiedene Filter zu schicken, die folgende Fragen klären: Ist es wirklich wahr? Fördert es die Wahrhaftigkeit? Tut es den Empfängern gut, und ist es wirklich wichtig für sie?
Wenn nicht alle dieser Fragen mit einem Ja beantwortet werden können, sollte die entsprechende Information oder Idee im Filter hängen bleiben und keine Verbreitung finden. Die buddhistische Idee der Wächter an den Sinnenstoren ist hier noch weiterführend.
1. Der Betrug und die Lügen der untersten Stufe lassen sich im besten Fall durchschauen und einstellen im Wissen um die Schicksalsgesetze 18. Verschlagenheit kann in Raffinesse gewandelt werden, die in sich als Grundidee die Verfeinerung trägt. Sensationslüsterne Neugier kann mit dem Filtersystem aus dem Spiel genommen werden, und unreflektierte Projektionsleidenschaft wird dank eines bewussten Umgangs mit dem Schattenprinzip19 enden. Statt anderen Schuld zu geben, geht es darum, selbst in die Verantwortung einzutreten; innere Zersplitterung und Zerrissenheit können in sinnvolle Aktivität und Beweglichkeit verwandelt werden.
2. Mittels des Filtersystems können auch leeres Geschwätz und Halbwissen zum Verschwinden gebracht werden. Standpunktlosigkeit und Opportunismus, Nervosität und Unzuverlässigkeit lassen sich durch diese Bewusstwerdung gut bearbeiten. Wer in die Verantwortung für seine eigenen Äußerungen eintritt, wird auch für andere verlässlicher.
3. List und Bauernschläue, sogar Schwindeleien der dritten Stufe dürfen sich in Geschicklichkeit und Raffinesse verwandeln; ausgeklügelte, raffinierte Lösungen und Abkürzungen bieten sich an. Die Händlermentalität wird in fairem Austausch ihre Erlösung finden. Die Tendenz, alles zu bezweifeln, kann zu gesunder Kritikfähigkeit weiterentwickelt werden. Flatter- und Sprunghaftigkeit führen in der Verbindung mit gesunder Neugier und Wissbegierde zu einem bewegten, wachen und offenen Leben.
4. Auf der vierten Stufe besteht die Chance, dass der gut entwickelte, logisch denkende Intellekt ganz rational die bei Zwillinge-Merkur immer drohende Oberflächlichkeit und Unbeständigkeit überwindet. Dies führt zur Vertiefung der Themen und damit des Lebens.
5. Die Neutralität der nächsten Stufe ermöglicht ein ausgeglichenes, von Wertungen zunehmend befreites, unabhängiges Denken und Einschätzen, was im Verein mit verbaler Begabung und sprachlicher Geschicklichkeit die Flexibilität und Vielseitigkeit in der Kommunikation noch verbessert. Rasches Begreifen und schnelle Auffassung unterstützen das Talent zur Wissens- und Informationsvermittlung.
6. Auf der vorletzten Stufe führen Kommunikations- und Lernfähigkeit, Kontaktfreude sowie die rasche Erfassung zentraler Zusammenhänge zu einer beeindruckenden Harmonie mit der Umgebung. Die Begabung, anderen den Weg zu weisen, auch ihre Fähigkeiten ins rechte Licht zu rücken, führt zu letzter Erkenntnis und höchstem Wissen mit der Tendenz zu Weisheit. Die Spielregeln der Wirklichkeit auf der Basis der Schicksalsgesetze werden zur natürlichen Lebensbasis bei heiterer Gelassenheit, beschwingter Leichtigkeit und gewinnendem Humor. Als Helfer und Seelenführer kann sich die Lebensaufgabe erfüllen.
7. Auf der letzten Entwicklungsstufe verbinden sich völlige Offenheit gegenüber der Wirklichkeit bei heiterer Stimmung mit umfassender Kommunikationsfähigkeit zu allen Ebenen von den menschlichen bis zur höchsten.
Therapien und Meditationen
Beim Zwillinge-Merkurprinzip ist der Verbundene Atem zu Hause, wie wir ihn seit dreißig Jahren anwenden, um weite Reisen im Sinne des Psychopompus zu ermöglichen. Ähnlich wie das verwandte Holotrope Atmen nach Stan Grof oder Varianten des Rebirthing geht es darum, den Organismus durch forciertes Atmen mit Luft beziehungsweise Sauerstoff und eigentlich mit der Lebenskraft Prana zu überschwemmen. Die Atempausen fallen aus, wenn das Ein- und Ausatmen ineinanderfließen, und so kommt mehr Energie als gewohnt herein und macht erstaunliche Erfahrungen möglich.
Was die Schulmedizin Hyperventilation nennt und als Krankheitsbild behandelt, ist in Wahrheit eine Art Selbstbehandlung, die der Organismus sich schenkt, um mit Engpässen in seiner Entwicklung und seinem Energiesystem, die ihm in den Knochen steckengeblieben sind, fertigzuwerden. Darüber hinaus ermöglicht der Verbundene Atem vor allem rascher und leichter als jede andere mir bekannte Technik Erfahrungen reinen Seins. Während der Sitzung erleben die verbunden Atmenden die Lösung sowohl innerer An- und Verspannungen als auch über lange Zeiten konservierter Krämpfe, um am Ende des Weges nach etwa neunzig Minuten in Zustände tiefster Entspannung einzutauchen, die oft zu Meilensteinen auf dem Weg zu sich selbst werden.20
Selbstverständlich gehören auch alle Pranayama-Übungen aus dem hinduistischen Yoga-System zu diesem Merkurprinzip wie auch Elemente-Meditationen, die ins Luftreich führen.
Alle geführten und damit gesprochenen Meditationen sind unter Zwillinge-Merkur einzuordnen. Es gibt sie allein von mir zu mehr als fünfzig Themen, die um die Seele und deren Entwicklungsweg und Gesundheit im Allgemeinen kreisen (siehe Literaturverzeichnis). Auf dieser Seelen-Bilder-Ebene lassen sich beliebige Heil-Meditationen zusammenstellen und auch ganze Heilungs-, Einweihungs- und Entwicklungswege kreieren.
Musik
Insgesamt ist die sogenannte leichte Musik Zwillinge-Merkur angemessen. (Arche-)typische Musikformen dieses Merkurprinzips wie Operetten- und Musicalmelodien sowie die Wanderlieder oder zur Gitarre vorgetragene Lieder, Songs und Chansons und auch Geschichten erzählende Balladen – wie viele Lieder von Bob Dylan, Donovan, Reinhard Mey und Hannes Wader – wurden schon erwähnt.
Im Bereich der Meditationsmusik sind an die von Querflöten getragenen Musikmeditationen von »A Calmer Panorama« zu denken oder – ganz frei von Synthesizern – die CD »Seelenhauch«. Auch die Sprechgesänge von Lama Gyurme sind hier passend.
Bewegung und Sport
Von diesem Merkurprinzip geprägte Menschen sind zwar gern und häufig in Bewegung, aber nicht ausgesprochen sportlich oder gar sportbegeistert. Sie bevorzugen, wenn überhaupt, weniger anstrengende Sportarten oder Dinge wie Gymnastik, das schon erwähnte Wandern, aber eher ohne rekordverdächtigen Ehrgeiz und ohne große Herausforderungen. Fahrradfahren ja, aber lieber keine Radrennen, die wären zu anstrengend. Handball kommt wegen dem Handbezug in Frage, wird jedoch nicht übertrieben ehrgeizig gespielt. Im Übrigen ist an Turnen zu denken, doch wiederum mehr im Sinne von Turnvater Jahn als im Hinblick auf modernen Hochleistungssport. Auch Tennis gehört zu Zwillinge-Merkur, was sich in den Erfolgen von Steffi Graf, im Zeichen Zwillinge geboren, zeigte.
Hobbys
An erster Stelle sind bei Zwillinge-Merkur sicher Lesen und Fernsehen zu nennen. Die von diesem Lebensprinzip Geprägten sind sehr gern gut informiert, und nicht selten nimmt Lesen und Studieren von Zeitungen deshalb den Charakter eines Hobbys an. TV-Sendungen wie das Verbrauchermagazin »Plusminus« oder für Hobbydetektive auch »Aktenzeichen XY … ungelöst« stillen diese Bedürfnisse.
Natürlich sind alle Arten von Wandern ein Freizeitvergnügen für Menschen, die vom Zwillinge-Merkurprinzip geprägt sind – vom Bergwandern bis zu Flusswanderungen, Wüstenwanderungen, Fastenwandern und Dschungeltouren auf Schusters Rappen. Sogar eine Pfadfinderkarriere bis ins Erwachsenenalter kann sich hier finden. Außerdem sind Radtouren beliebt, idealerweise auf dem Tandem und an Flussufern entlang, gleichsam die alten Wasserstraßen begleitend.
Fotografieren zählt ebenfalls zu den typischen Steckenpferden, früher auch das Entwickeln der Bilder, heute eher das Versenden mittels Internet oder die Präsentation in Facebook.
Bienenzucht und eine kleine Imkerei kommen ebenfalls als Hobby in Frage, und selbstverständlich wissen solche Bienenhalter alles über ihre emsigen Freunde.
Sinnlichkeit, Erotik und Sex
Die Sachlichkeit des Zwillinge-Merkurprinzips ist für sinnlich-hinreißende Erotik nicht gerade förderlich. Liebe ergibt sich hier vor allem aus Kommunikationssituationen wie Gesprächen, aus Diskussionen, auf Bildungsreisen und folglich von der Kopfebene aus an Orten wie Kneipe oder Bar, in der Universität oder anlässlich sonstiger Weiterbildung.
Wie alles, was Nachteile hat, ergeben sich auch Vorteile aus dieser Herangehensweise. Was nie so leidenschaftlich und tief war, kann auch nicht so viel Leiden schaffen und tief verletzen. Falls es mit einem Partner nicht so klappt, bleiben noch viele andere nach dem Motto »Andere Mütter haben auch schöne Töchter«.
Wo der Kopf geradezu überlegt begonnen hat, kann er auch für ein vernünftiges Ende sorgen. Er ist es auch, der die Qualität des Sex bewertet und durchaus auch Verbalerotik genießen und dem Telefonsex etwas abgewinnen kann. Sexplausch im Chatroom kann ebenso angesagt sein.
Filme
Generell entspricht diesem Merkurprinzip das gesamte Fernsehprogramm, besonders mit seinen Werbeeinschaltungen. Speziell finden sich bei Zwillinge-Merkur alle Dokumentarfilme, Informations- und Nachrichtensendungen, Talkshows und Quizsendungen.
Ein geradezu genial passender Spielfilm ist Catch Me If You Can von Steven Spielberg mit Tom Hanks und Leonardo DiCaprio in den Hauptrollen. Die wahre Lebensgeschichte des Scheckbetrügers und Hochstaplers Frank Abagnale demonstriert auf das Anschaulichste das Zwillinge-Merkurprinzip. Ein engagierter FBI-Agent und Spezialist für Scheckbetrug, der ganz für seine Arbeit lebt, und ein durch entsprechende Familienverhältnisse nachfühlbar auf die schiefe Bahn abgerutschter Frank Abagnale liefern sich eine anregende, typisch merkuriale Verfolgungsjagd über ein halbes Leben und einen ganzen Film, die eine überraschende und sehr zwillingehafte Wendung nimmt, als Frank schlussendlich erwischt wird. Nachdem er den zum Vertrauten gewordenen Feind und Verbrecher vor dem Tod gerettet hat, um sich den Triumph vor Gericht zu gönnen, holt Tom Hanks als FBI-Mann den Verurteilten tagsüber aus dem Gefängnis in sein Büro, denn er will dessen geniale Einfälle nicht missen und seinem eigenen Leben den Inhalt bewahren. Am Ende landet der ehemalige Verbrecher auf der Seite des Rechts als hochgeachteter und steinreicher Experte für Prävention von Scheckbetrug. Obwohl er die Seite wechselt, bleibt er doch immer dem Prinzip Zwillinge-Merkur treu.
Der Film The Social Network erzählt die Entstehungsgeschichte von Facebook, das wohl zu den für Merkur typischsten Ergebnissen unserer Zeit gehört. Ursprünglich als Studentennetzwerk geplant, erobert es durch die gefühlsarme Genialität von Mark Zuckerberg als Website, auf der viel geschrieben, aber wenig gesagt wird, die Welt. Beeindruckend zeigt der Film die Macht von Zwillinge-Merkur in unserer Zeit.
Ein liebenswerter, cleverer Zwillinge-Merkurfilm ist Der Mann, der Gott verklagte. Das Fischerboot von Steve wird vom Blitz zerstört. Die Versicherung des Exanwaltes will jedoch für den Schaden nicht aufkommen, da es höhere Gewalt gewesen sei. Im Kleingedruckten des Versicherungsvertrages heißt es nämlich, dass »Akte Gottes« aus dem Vertrag ausgeschlossen seien. So entschließt Steve sich, die Kirche und alle Weltreligionen zu verklagen. Die Geistlichen kommen damit in arge Bedrängnis, denn sie müssten nun beweisen, dass Gott nicht existiert.
Wunder-voll ist auch der Film Der Scheinheilige. Echte Wunder zu vernünftigen Preisen. Der Wanderprediger Jonas Nightengale ist ein charismatischer, aber aalglatter Schwindler, der gegen entsprechende Bezahlung Seelenheil verspricht. Brillant beherrscht Jonas die Manipulation von Menschen und verkauft so seine angeblichen Wunder. Um dann aber die bezaubernde Zweiflerin Marva zu überzeugen, braucht er nun tatsächlich ein Wunder.
Dass man den Tricks und kleinen Betrügereien von Hermes-Merkur nicht wirklich böse sein kann, zeigt der charmante Film Lang lebe Ned Devine! In dieser spitzbübischen Komödie geht es um die Lottogemeinschaft eines kleinen Fischerdorfes, dessen Bewohner wieder einmal leer ausgehen. Trotzdem soll der Gewinner des Jackpots aus Tullymore kommen. Wer von ihnen ist wohl der geheime Glückspilz? Bei der trickreichen Suche nach ihm stellt sich bald heraus, dass es Ned Devine ist, den aber vor lauter Freude über den Gewinn der Schlag getroffen hat. Die Dorfbewohner beschließen – ganz im Sinne von Hermes-Merkur –, dafür zu sorgen, dass das Geld nicht wieder zurück in den Jackpot wandert.
Witz und Weisheit
Ein Franziskaner und ein Jesuit fahren im selben Zug zu einem Konvent nach Rom und lesen Brevier. Nach einiger Zeit zieht der Jesuit ein elegantes Zigarettenetui heraus und steckt sich eine an. »Aber Bruder«, entrüstet sich der Franziskaner, »das ist verboten.« Entgegnet der Jesuit: »Keineswegs, ich habe die Erlaubnis vom Büro des Heiligen Stuhls.« Der Franziskaner ist erstaunt und nimmt sich vor, dem nachzugehen. Wie es der Zufall will, treffen sich die beiden ein Jahr später wieder im Zug, und der Franziskaner raunzt den Jesuiten sogleich an: »Bruder, du hast mich letztes Mal belogen !« Der Jesuit entgegnet: »Das ist unmöglich, denn ich lüge grundsätzlich nicht.« Darauf der Franziskaner: »Doch, du hast mir gesagt, du hättest die Erlaubnis, beim Brevierlesen zu rauchen. Ich habe selbst nachgefragt, und es ist verboten.« Darauf antwortet der Jesuit: »Oh, entschuldige, ich hatte vergessen, dass du Franziskaner bist, und wahrscheinlich hast du gefragt, ob du beim Brevierlesen rauchen darfst.« – »Selbstverständlich!«, entfährt es dem Franziskaner. Voller Mitgefühl sagt der Jesuit: »Du musst natürlich fragen, ob du beim Rauchen Brevier lesen darfst.«
Schlechte Argumente bekämpft man am besten, indem man ihre Darstellung nicht stört. (Sir Alec Guinness)
Schweigen ist eines der am schwierigsten zu widerlegenden Argumente. (Ambrose Bierce)
Die Sprache ist äußeres Denken, das Denken innere Sprache. (Antoine Rivarol)
Es ist nicht genug zu wissen, man muss es auch anwenden. (Johann Wolfgang von Goethe)
Alle Menschen sind schlau, die einen vorher, die anderen nachher. (Anonym)
Lebensklugheit bedeutet: Alle Dinge möglichst wichtig, aber keines völlig ernst zu nehmen. (Arthur Schnitzler)
Ein Raum ohne Bücher ist ein Körper ohne Seele. (Cicero)
Gedanken, die uns kommen, sind besser als solche, die wir uns machen. (Joseph Joubert)
Ein Buch ist wie ein Garten, den man in der Tasche trägt. (Arabisches Sprichwort)
Die Sprache ist ein sicheres Versteck für alle Geheimnisse. (Anonym)