10. Kapitel
Was?«, fragte Emily.
Sie riss schockiert die Augen auf, als Lachlan seinen Mund auf ihren presste. Wahrscheinlich wäre ihre Verblüffung sogar amüsant gewesen, wäre er nicht so aufgewühlt gewesen von ihren Beteuerungen, dass seine Küsse ihr gefallen hatten. Hatte sie wirklich gedacht, er würde sie danach nicht wieder küssen wollen?
Aber fast im selben Atemzug laut darüber nachzudenken, dass sie auf Talorcs Küsse vielleicht genauso reagieren würde, hatte das Tier in Lachlan hervorgebracht, sodass es mehr war als Verlangen, was sein Blut zum Rasen brachte. Er hätte dem anderen Laird die Kehle herausreißen können, wenn er nur daran dachte, dass Emily ihren Körper und ihre Leidenschaft mit einem anderen Mann teilen könnte.
Emily schnappte verblüfft nach Luft, und Lachlan nutzte den Moment, um den Kuss zu intensivieren und die Süße zu kosten, die ihn in der warmen Höhle ihres Mundes erwartete. Wie konnte sie glauben, dass es keine Freude für ihn war, sie so zu küssen? Er hatte sie gestern testen müssen, um festzustellen, ob sie wirklich so unschuldig war, wie sie behauptete, aber er hatte nie gesagt, dass er die Küsse nicht genossen hatte.
Sie versuchte nicht, ihn abzuwehren, doch sie hielt sich völlig regungslos und steif in seinen Armen, während er sie küsste und seinen wölfischen Sinnen ihren Geschmack und femininen Duft einprägte.
Beunruhigt unterbrach er den Kuss. »Es ist nichts, dessen du dich schämen müsstest, Emily. Ich will, dass du den Kuss erwiderst - ich verzehre mich danach.«
»Weil das ein weiterer Test ist?«, fragte sie mit einem unsicheren Blick in ihren veilchenfarbenen Augen.
»Nein.«
»Warum denn dann?«
»Weil ich es will. Weil ich dich will.«
»Oh. Aber ich will nicht wieder schamlos sein.«
»Das wirst du auch nicht sein«, versprach er ihr.
Wieder bedeckte er ihren Mund mit seinem, und ein wildes Triumphgefühl erfasste ihn, als sich Emily ein leiser Seufzer entrang und sie sich an ihn schmiegte.
Er war ein Narr, sie wieder zu küssen und das Tier in ihm genauso aufzureizen wie sein menschliches Verlangen.
Aber diese Frau hatte etwas so Perfektes, so Vollkommenes ... Sie war für seinen Rivalen bestimmt, doch sie roch richtig, fühlte sich richtig an und schmeckte wie Ambrosia. Der Wolf in ihm heulte vor Verlangen, sich ihr zu zeigen und sie zu nehmen. Lachlans Knochen schmerzten von dem Drang, die Verwandlung durchzuführen und ihr seine Macht zu zeigen. Es war verrückt, ein Wahnsinn, dem er nicht erliegen durfte, aber sein Körper zitterte vor Begierde, und ein leises Knurren, das ihr menschliches Ohr nicht hören konnte, grollte tief in seiner Brust.
Wenn er nicht ganz schnell etwas unternahm, würde er sie auf das Bett legen, ihr die Kleider vom Leib reißen und sie lieben, bis beide nicht mehr gehen konnten. Doch sie war nicht nur zu zart für eine solche Behandlung, sondern auch ein Mensch und außerdem noch Engländerin. Wenn er sie nahm, würde sie glauben, dass sie heiraten mussten. Verdammt ... sogar die Sinclair'schen Chrechten betrachteten die Sache so.
Deshalb stieß er sie etwas unsanft von sich weg, griff aber sofort wieder nach ihr, bevor sie fallen konnte. »Wir werden jetzt mit deiner ersten Schwimmstunde beginnen.«
Er hoffte nur, dass das kalte Wasser des Sees ihm etwas von seiner Selbstkontrolle wiedergeben würde.
Emily schwankte in seinem Griff und blinzelte ihn an, ihre veilchenblauen Augen ganz dunkel und verhangen vor Leidenschaft. »Ich bin wirklich eine Dirne, Lachlan.«
»Meine Küsse zu mögen, macht dich nicht zu einer Hure«, erwiderte er mit einem ärgerlichen Blick.
»Wenn ich mit einem anderen verlobt bin, schon.«
»Nein, das tut es nicht«, beharrte er.
»Es gibt so manche in der Kirche, die die Frau als verdorben bezeichnen, als Verführerin. Und ich fühle mich jetzt auch wie eine Verführerin.« Mit halb geöffneten Lippen blickte sie zu ihm auf, ihre Brüste hoben und senkten sich unter ihren schnellen Atemzügen, und ihre harten kleinen Spitzen drängten sich gegen ihr Mieder. »Ich will, dass du mich wieder küsst. Das kann doch nur bedeuten, dass ich verdorben bin.«
»Es bedeutet höchstens, dass ich deine Leidenschaft erweckt habe. Das ist gut zu wissen.« Lachlan legte eine Fingerspitze an den wild pochenden Puls an ihrer Kehle. Ihr Blut raste für ihn und keinen anderen. Das machte sie nicht verdorben, sondern höchstens reizvoller als jede andere Frau, die er gekannt hatte. »Ich fühle mich sehr verlockt von deiner süßen Unschuld, aber das macht dich nicht zu einer Verführerin. Ich habe dich geküsst, Emily, nicht umgekehrt.«
»Das ist wahr. Dann bist du also der Verführer?«
»Du bist noch nicht verführt worden.«
»Nein?«
»Liege ich etwa zwischen deinen Schenkeln?«
Sie schnappte schockiert nach Luft. »Nein!«
»Dann bist du auch noch nicht verführt worden.«
»Oh ...« Sie biss sich auf die Lippe.
»Zu einem anderen Mann würdest du dich nicht so leicht hingezogen fühlen.«
»Bist du sicher?«
»Ja.«
»Du bist sehr anmaßend«, erwiderte sie nachdenklich. »Vielleicht ist es nur diese Arroganz, die aus dir spricht.«
Sie hatte ja keine Ahnung, was der Gedanke, sie könnte sich für einen anderen Mann interessieren, bei ihm bewirkte und wie wütend er ihn machte. Aber ihrem Ton und ihrer ganzen Art war anzumerken, dass sie nicht versuchte, ihn eifersüchtig zu machen, sondern nur ernsthaft um ihre Moral besorgt war.
Was vielleicht auch ganz amüsant gewesen wäre, wenn sie nicht so verstört aussähe.
»Hast du je einen der Soldaten deines Vaters küssen wollen?«, fragte er, überzeugt, dass die Antwort nur ein Nein sein konnte, so unschuldig, wie Emily noch war.
»Nein.« Sie lächelte bei der Erinnerung. »Und sie waren längst nicht alle hässlich. Einige waren sogar ganz gut aussehend, aber ich habe nie etwas von dem verspürt, was ich bei dir empfinde.« Dann nahm ihr Gesicht wieder einen sorgenvollen Ausdruck an. »Natürlich habe ich auch nicht viel Zeit mit ihnen verbracht. Das wäre unschicklich gewesen.«
»Du bist mit Angus auf seinem Pferd geritten. Hatte seine Nähe die gleiche Wirkung auf dich wie die meine? Du hast ihn angelächelt«, erinnerte er sie. Es ärgerte ihn noch immer, dieses Lächeln, weil sie seine Männer am Vorabend mit vielen solcher Blicke bedacht hatte, während sie ihn vollkommen übersehen hatte.
»Das Lächeln sollte Angus nur verwirren. Und ich ... ich wollte ihm nicht näher sein, wie ich es mir gewünscht hatte, als ich bei dir mitritt.«
Alles, was sie tat, verwirrte Lachlan, aber er hatte natürlich nicht die Absicht, ihr diese jämmerliche Wahrheit zu gestehen. Die Frau war ihm ein Rätsel, allerdings ein äußerst reizvolles. »Bist du sicher, dass du nicht den Wunsch hattest, von Ulf oder einem meiner anderen Soldaten geküsst zu werden?«, neckte er sie, weil er sich der Antwort auf diese Frage schon ganz sicher war.
Sie verzog den Mund, und der Abscheu, den der bloße Gedanke in ihr weckte, stand ihr nur allzu deutlich ins Gesicht geschrieben. »Natürlich nicht!«
»Wie kannst du dich dann für eine Frau mit zweifelhaften Moralvorstellungen halten?«
»Es sind nicht meine Moralvorstellungen, die mir Sorgen bereiten, sondern meine ... Instinkte. Du, Lachlan«, sagte sie aus vollster Überzeugung. »Ich muss mich von dir fernhalten. Du förderst das Schlimmste in mir zutage.«
Das fand er ganz und gar nicht. »Ich fördere die Frau in dir zutage.«
»Ich müsste eine Dame sein, doch du flößt mir unanständige Gedanken ein. Das ist nicht gut.«
Er zog sie an sich und ließ sie den Beweis seiner Begierde spüren, der das Ergebnis seiner eigenen ›unanständigen‹ Gedanken war. »Nicht gut? Es ist heiß.«
»Heiß?«, fragte sie mit geradezu beschämend schriller Stimme.
»Sehr heiß.« Er rieb sich an ihr und stöhnte auf. »Und wenn du nicht willst, dass ich diese unanständigen Gedanken in die Tat umsetze, sollten wir uns jetzt schleunigst abkühlen.«
»Wie könntest du meine unanständigen Gedanken in die Tat umsetzen? Du weißt doch gar nicht, was ich denke.«
»Bist du sicher?«
»Soll das heißen, dass du die gleichen Gedanken wie ich hast?«
Da musste er lächeln. »Du bist zu unschuldig, um die gleichen Gedanken wie ich zu haben.«
»Aber du hast gesagt ...«
»Dass es Zeit ist, dir das Schwimmen beizubringen.«
»Ich lege meine Tunika nicht ab! Das wäre unerhört.« Emily konnte nicht glauben, dass Lachlan ihr so etwas vorgeschlagen hatte.
»Du kannst darin nicht schwimmen lernen.«
»Mein Unterkleid wird so gut wie ruiniert sein, wenn es nass wird.«
»Dann zieh es eben auch aus.« Auch diesen ungeheuerlichen Vorschlag machte er, ohne mit der Wimper zu zucken.
»Das kann ich nicht!«
»Warum nicht?«
»Das fragst du doch wohl nicht im Ernst?«
»Dann erklär mir mal, warum du so dagegen bist, dich auszuziehen.«
»Ich habe nichts dagegen, mich auszuziehen.« Aber das Wort nur auszusprechen, ließ sie schon erröten. »Nicht in der Ungestörtheit meines Zimmers, wenn ich allein bin«, betonte sie. »Doch vor dir werde ich es bestimmt nicht tun.«
»Ich gebe zu, dass das auch nicht die abkühlende Wirkung auf mich hätte, die ich wollte, aber nackt schwimmt man am besten.«
Emily wusste, dass die Highlander viele Dinge anders sahen. Das jedoch war ungeheuerlich. »Du willst doch wohl nicht sagen, dass Männer und Frauen hier nackt zusammen schwimmen!«
Lachlan zuckte die Schultern. »Wir vom Clan der Balmorals lernen schon als Kinder schwimmen. Das ist der Brauch hier.«
»Ich bin kein Kind.«
»Nein, das bist du wirklich nicht.«
»Du hast gesagt, ohne Kleider könnte man am besten schwimmen.« Sie machte eine Pause, weil es ihr schwerfiel, die Frage zu stellen, die dieser Kommentar verlangte. »Wolltest du damit sagen, dass du die Absicht hast, dich auszuziehen?«
Seine Antwort war ein freches Grinsen, das erkennen ließ, wie sehr er ihr Unbehagen genoss. »Aye.«
»Du bist verrückt, Lachlan. Deine Küsse sind schlimm genug, da kannst du wirklich nicht von mir erwarten, dass ich mich auch noch ausziehe.«
»Ich habe dir doch schon gesagt, dass verrückt eine äußerst unhöfliche Bezeichnung für einen Laird ist.«
»Noch viel unhöflicher ist, dass du von mir verlangst, mich auszuziehen.«
»Das habe ich nicht verlangt, sondern nur vorgeschlagen.«
»Also kann ich meine Sachen anbehalten?«
»Nicht, wenn du nicht bis auf den Grund des Sees gezogen werden willst.«
Es überlief sie eisig kalt bei dem Gedanken, und sie konnte spüren, wie sie die Farbe wechselte. »Das mit dem Schwimmen ist keine gute Idee, finde ich. Wir werden einfach akzeptieren müssen, dass ich es nicht kann, und es dabei belassen.«
Er schüttelte den Kopf. »Du nimmst das alles viel zu wichtig. Ich sage ja nicht, dass du dich vor meinen Soldaten ausziehen sollst.«
»Aber vor dir.«
»Ich werde dich so oder so nackt sehen, Emily. Du magst meine Küsse, das hast du selbst gesagt ... sie machen dich heiß, und dir nahe genug zu sein, um dich berühren zu können, macht mich noch heißer als die Hölle in der Sommerzeit. Ich werde versuchen, dir deine Unschuld zu bewahren, doch du kannst dich darauf verlassen, dass ich dich nackt sehen und dich streicheln und deine intimsten Geheimnisse erkunden werde.«
Emilys ganzer Körper lief rot an bei seinen Worten, und nicht aus Scham. Lachlan machte sie tatsächlich heiß, wie er es nannte, aber das änderte nichts daran, dass sie ihm nicht nachgeben durfte. »Nein.«
»Doch.«
»Ich bin mit Talorc verlobt.«
»Daran solltest du mich besser nicht zu oft erinnern. Es bringt das Tier in mir dazu, dich für mich beanspruchen zu wollen.«
Dachte er wirklich, sein Geschlechtstrieb sei so etwas wie ein separates Tier in ihm? Womöglich war er das ja. Sie selbst verspürte jedenfalls Bedürfnisse, die von keinem ihr bekannten Ort in ihr herkamen. Es war, als gäbe es noch eine andere Emily, wenn sie in Lachlans Nähe war ... Eine Frau, die Dinge begehrte, an die eine Dame nicht mal denken sollte.
»Weil er dein Feind ist?«
»Weil du nicht zu ihm gehörst.«
»Bist du dir da so sicher?«
»Wenn du auf ihn genauso reagiert hättest wie auf mich, wäre die Entführung keine willkommene Verzögerung für dich.«
»Ich muss ihn heiraten. Ich habe keine andere Wahl.«
»Du könntest bei den Balmorals bleiben.«
»Du würdest mir Zuflucht gewähren?«
»Ja.«
Aber er sagte nicht, dass er sie für sich selbst behalten würde. So sehr er sie auch begehren mochte, hatte er doch stets darauf geachtet, ihr keinerlei Versprechungen zu machen, was die Zukunft anging. Lachlan suchte keine Frau zum Heiraten, sondern eine, die das Verlangen stillen würde, das in ihm tobte wie ein Tier. Sie müsste gekränkt, beschämt und noch vieles andere sein, was ihre Stiefmutter ihr unterstellen würde, doch das Einzige, was Emily empfand, war Sehnsucht.
Trotzdem seufzte sie und sagte: »Ich kann nicht bleiben.«
»Dann verrate mir, warum nicht.«
Und so erzählte sie ihm von Abigail und ihrer Befürchtung, dass ihre Schwester an ihrer Stelle zu Talorc geschickt werden würde.
Lachlan sagte nichts, aber er war sichtlich nachdenklich geworden. »Du wolltest also deine Schwester zu dir in die Highlands holen.«
»Ja.«
»Talorc wird sie nicht hier haben wollen.«
»Ich hatte gehofft, ihn umstimmen zu können.«
»Indem du sagtest, du wärst lieber mit einem Ziegenbock als ihm verheiratet?«
Emily errötete bei der Erinnerung daran. »Ich habe mich dafür entschuldigt.«
»Tatsächlich?«
»Ja.«
»Und was ist mit meiner Entschuldigung?«
»Du willst dich bei mir entschuldigen?«, scherzte sie.
Sein gereizter Blick besagte, dass er ihre Bemerkung alles andere als lustig fand. »Du wirst mir sagen, dass du deine beleidigenden Worte gegen mich und meinen Clan bedauerst. Ich habe lange genug darauf gewartet, Emily.«
»Und wenn ich es tue, wirst du dann diese verrückte Idee aufgeben, mir das Schwimmen beibringen zu wollen?«
»Nein.«
»Dann wüsste ich nicht, warum ich mich entschuldigen sollte.«
»Weil du im Unrecht warst.«
»Vielleicht ...« Sie schwieg kurz und meinte dann: »Oder vielleicht auch nicht.«
Er schüttelte den Kopf. »Hoffst du, mich so zu verärgern, dass ich deinen Unterricht vergesse?«
Er war viel zu scharfsinnig. Bei ihrer Stiefmutter und ihrem Vater hatte dieser kleine Trick sehr oft gewirkt. »Vielleicht«, gestand sie. »Aber Scherz beiseite, Lachlan. Du kannst doch nicht von mir erwarten, dass ich mich vor dir entkleide. Ganz zu schweigen von der Möglichkeit, dass noch andere vorbeikommen könnten.«
»Ich würde sie kommen hören, bevor sie nahe genug wären, um dich zu sehen.«
Er hatte eine ganz schön übertriebene Vorstellung von seinen Fähigkeiten. »Das glaube ich nicht.«
»Komm her, Engländerin.«
»Warum?« Wollte er sie etwa selbst entkleiden? Sie musste wirklich etwas Frivoles an sich haben, weil der Gedanke mindestens genauso prickelnd wie schockierend für sie war.
»Ich möchte dich küssen.«
»Oh.« Bisher hatten ihr seine Küsse gefallen. Sehr sogar. Mehr, als sie es sollten. »Aber ich finde nicht, dass du mich weiter küssen solltest. Ich bin mit Talorc verlobt.«
Ein Muskel zuckte an Lachlans Kinn. »Das ist das letzte Mal, dass wir das diskutieren. Ich will seinen Namen nicht mehr von dir hören, verstehst du?«
»Aber ...«
»Der Sinclair hat vor Zeugen erklärt, dass er dich nicht heiraten wird«, unterbrach Lachlan sie grob.
»Und?«
»Bis er diese Erklärung widerruft, bist du nicht mit ihm verlobt.«
»Aber unsere Könige ...«
»Ich habe dir doch gesagt, dass wir Highland-Lairds unsere eigenen Gesetze machen. Wir kooperieren mit dem schottischen König, wenn es uns passt. Und nur dann.«
»Du meinst, ihr seid alle so?«
»Aye. Selbst die Lairds, die nur Menschen sind, sind immer noch Kelten, die sich nie der unumschränkten Herrschaft anderer unterwerfen werden.«
»Du denkst, du wärst mehr als nur ein Mensch?«, fragte Emily, amüsiert über seine Arroganz und insgeheim sogar erleichtert über seine Interpretation der Lage.
Denn wenn sie nicht zu Talorc gehörte, war auch ihre Ehre nicht gefährdet von den Gefühlen, die Lachlan in ihrem Körper und auch in ihrem Herzen weckte.
»Komm her und lass dich küssen, dann kannst du mir deine Ansicht zu der Sache sagen.«
Die erotische Verheißung in seiner Stimme ließ sie bis ins Innerste erschauern. »Ich glaube, du hast mehr vor, als mich nur zu küssen.«
Er wollte sie nackt sehen. Sie berühren. Und möge der Himmel ihr beistehen, aber sie sehnte sich nach dieser Berührung mehr, als sie sich nach der Anerkennung ihrer eigenen Familie gesehnt hatte.
»Vielleicht ja ... oder vielleicht auch nicht«, zog er sie mit ihren eigenen Worten auf.
»Und vielleicht lasse ich es ja sogar zu«, erwiderte sie mit mehr Mut als Verstand.
Sie fand wahre Freude in seinen Armen, ein schier unbeschreibliches Vergnügen, und hatte sie Balmoral erst einmal verlassen, würde sie beides nie wieder erleben. Und als ihr das so richtig zu Bewusstsein kam, beschloss sie, alles, was Lachlan ihr geben wollte, in vollen Zügen zu genießen.
Er hatte versprochen, ihr nicht ihre Jungfräulichkeit zu nehmen, und sie würde darauf vertrauen, dass er das Versprechen hielt. Sie war nicht so naiv zu glauben, dass Frauen sich außerhalb der Ehe nicht auf diese Art von Zärtlichkeiten einließen, von denen er sprach. Jolenta hatte Emily und Abigail Geschichten über die Vorgänge bei Hof erzählt. Diese Erzählungen hatten Emily schockiert und sie manchmal sogar angewidert, aber ihr wurde gar nicht übel bei der Aussicht, irgendwelche oder sogar all dieser Dinge, von denen Jolenta gesprochen hatte, mit Lachlan zu tun.
Wenn das sie zu einer wollüstigen Person machte, na schön, dann würde sie eben eine sein. Denn tief im Innersten wusste sie, dass sie nur bei diesem einen Mann so sein würde - einem Mann, der allen Ernstes glaubte, mehr als nur ein Mensch zu sein. Und wenn sie ihn ansah, mit seinen Wolfsaugen und der Aura der Macht, die ihn wie eine spürbare Präsenz umgab, war sie fast geneigt, ihm zuzustimmen.
Nachdem sie den Entschluss gefasst hatte, wollte sie nicht darauf warten, dass er handelte, sondern musste selbst den ersten Schritt tun. Und so ging sie zu ihm, legte ihre Hände sanft um sein Gesicht und stellte sich auf die Zehenspitzen, um ihn zu küssen.
Mit einem rauen Aufstöhnen senkte er den Kopf und ergriff Besitz von ihrem Mund. Er küsste sie hungrig, als wollte er sie mit sinnlichen, berauschenden Küssen verschlingen, biss sie leicht in die Lippen und vereinte seine Zunge zu einem aufregenden erotischen Spiel mit ihrer.
Emilys Knie zitterten. Schwankend lehnte sie sich an ihn, überzeugt, dass er sie halten und sie in seinen Armen sicher sein würde. Und dann spürte sie, wie sich seine großen Hände um ihre Taille legten und sie hochhoben.
Mit einem erstickten kleinen Seufzer schlang sie ihre Arme um seinen Nacken und erwiderte seinen Kuss mit der ganzen Leidenschaft, die sie bis jetzt so angestrengt zu unterdrücken versucht hatte. Lachlan wechselte die Haltung, schlang einen Arm um ihren Rücken und strich durch den Stoff ihrer Tunika und ihres Unterkleides hindurch über die Seite ihrer festen Brust. Seine andere Hand legte sich derweil um ihren wohlgeformten Po und knetete ihn mit einer so aufreizenden Sanftheit, dass ihre intimste Stelle zu pochen begann von dem Verlangen, ihm ganz nahe zu sein, und sie sogar schon eine exquisite Feuchtigkeit zwischen ihren Schenkeln spüren konnte.
Das war es, wie Männer Frauen berührten, mit denen sie zusammen sein wollten. Es war unglaublich intim und trotzdem nicht genug. Emily wollte mehr, aber ihr fehlte die Erfahrung, um zu wissen, was dieses »Mehr« sein könnte. Die Empfindungen, die er in ihr hervorrief, waren so einzigartig, dass ihr ganz schwindlig wurde von all den neuen, wundervollen Eindrücken. Und es war gut, dass er sie so fest in seinen Armen hielt, weil sie sich nicht mehr aufrecht halten, ja, nicht einmal mehr an ihn lehnen könnte.
Ihre Umgebung hörte auf zu existieren, und sie nahm nichts anderes mehr wahr als den Geschmack und das Gefühl seiner Lippen und seiner Hände auf ihrem Körper. Nichts anderes war mehr wichtig. Weder ihre Zukunft noch ihre Vergangenheit, ja nicht einmal die Gegenwart, nur dieser Mann, der sie so zärtlich in den Armen hielt.
Sie wusste nicht, wie es geschah, aber nach einer höchstens sekundenlangen Unterbrechung des Kusses merkte sie, dass sie so nackt war, wie Lachlan es ihr vorausgesagt hatte. Und es erfüllte sie weder mit Verlegenheit noch mit Scham, sich von ihm ansehen und berühren zu lassen, sich ihm so zu zeigen, wie noch kein anderer Mann sie je zuvor gesehen hatte.
Sie gehörte ihm in diesem einzigartigen Moment und weigerte sich, an irgendetwas anderes zu denken.
Die Sommersonne wärmte ihre Haut, aber nicht annähernd so sehr wie die Hitze seines Blicks. Seine gold geränderten braunen Augen versengten sie mit einem elementaren Feuer, während ihr eigener Blick nicht von der Körperstelle zwischen seinen Schenkeln wich, die ihn als Mann auswies. Lachlan hatte sein Plaid abgelegt und stand stolz in seiner ganzen männlich schönen Nacktheit vor ihr. Sein Glied war hart und erigiert, und offenbar schien es ihm nicht das Geringste auszumachen, dass sie deutlich sehen konnte, wie sehr er sie begehrte.
Ach, du liebe Güte. »Ich hätte nie gedacht, dass es so groß sein könnte«, flüsterte sie.
»Es?«, entgegnete Lachlan mit einem erstickten Lachen.
Sie zeigte auf sein Glied. »Das.«
»Das?«
»Dein Glied«, erwiderte sie trotzig.
Aber er lächelte nur. Sie mochte sein Lächeln. Es erwärmte sie auf eine Art und Weise, wie es nicht einmal seine Berührung vermochte.
»Hast du viel Zeit damit verbracht, darüber nachzudenken?«, fragte er.
»Nur in den letzten Tagen.«
Seine Augen glühten vor männlicher Befriedigung. »Seit du mir begegnet warst?«
»Mag sein«, antwortete sie ausweichend.
»Ein Mann ist groß, und eine Frau ist klein. Trotzdem passen sie perfekt zusammen.«
Aber wie er selbst gesagt hatte, war dieses »perfekte Zusammenpassen« ein Vergnügen, das sie bei ihm nicht kennenlernen würde. Sie sagte jedoch nichts davon, sondern starrte ihn nur an und versuchte, das Bedürfnis zu unterdrücken, die Hand nach ihm auszustrecken und seine intimste Körperstelle zu berühren. Emily hätte nie erwartet, einmal diesen Wunsch zu verspüren, aber sie konnte sich fast nicht beherrschen, diesem Verlangen nachzugeben.
»Möchtest du es anfassen?«, fragte er, als erriete er, was sie dachte.
»Ja.«
»Dann tu es.«
Sie sah ihn prüfend an, konnte jedoch kein Anzeichen von Spott in seinen Augen sehen. Er meinte es also ernst. Er stellte sich ihr zur Verfügung, und ihre Leidenschaft und Neugierde verlangten, dass sie seiner Aufforderung nachkam.
Emily trat noch näher und strich vorsichtig mit einer Fingerspitze über sein hartes Glied. Als er zuckte, zog sie blitzschnell ihre Hand zurück.
Lachlan lachte. »Schon gut, Emily, du brauchst nicht zu erschrecken.«
»Aber ...«
»Ich mag es, wenn du mich dort berührst.«
Sie schaute ihm in die Augen und sah in ihren Tiefen das gleiche glühende Verlangen, das auch sie von innen heraus zu verschlingen drohte. Emily hätte lachen können vor Freude über die Entdeckung. Sie hatte keine Erfahrung mit Männern, war nicht einmal die Lieblingstochter im Hause ihres Vaters, aber sie konnte den mächtigen Laird der Balmorals so in Versuchung führen, dass sein ganzer Körper vor Verlangen nach ihr zitterte!
Erstaunlich.
Lachlan sah das Bewusstsein ihrer weiblichen Macht in ihrem Blick erwachen und musste dem Bedürfnis widerstehen, sich auf der Stelle mit ihr hinzulegen und sich in der seidigen feuchten Hitze zu verlieren, die ihn zwischen ihren Beinen erwartete. Da war keine Berechnung in ihrem Gesichtsausdruck, nur reines, ungetrübtes Glück. Es gefiel ihr, ihn so zu erregen. Es war eine echte, glaubwürdige Reaktion, die einer Werwölfin würdig wäre, auch wenn Emily nur menschlich war.
Was er übrigens nicht vergessen durfte, egal, wie sehr sie ihn bezauberte. Er würde sie nicht vollständig in Besitz nehmen und seinen Samen in ihr verströmen. Er hatte ihr versprochen, ihre Jungfräulichkeit intakt zu lassen, und dieses Versprechen würde er halten. Genauso wichtig war die Tatsache, dass eine Frau entjungfern die Bereitschaft eines Mannes signalisierte, sich fürs ganze Leben zu binden, und Lachlan hatte keineswegs die Absicht, das zu tun.
So sehr er diese menschliche Frau auch begehrte, würde er doch nie den Weg beschreiten, den sein Vater eingeschlagen hatte, weil er viel zu gefahrvoll war für seine Spezies.
Emily legte ihre Finger um sein Glied, als hätte sie das schon tausend Mal getan, und begann, ihre Hand langsam auf und ab zu bewegen. »Du bist so weich.«
»Weich?«, fragte er mit einem erstickten Lachen. »Das glaube ich nicht.«
»Deine Haut«, berichtigte sie sich mit ernster Miene. »Weißt du, wie sich Seide anfühlt?«
»Nein.«
»Wir haben Wandteppiche aus Seide in unserem großen Saal - auf Sybils Wunsch natürlich. Sie fühlen sich leicht wie Luft an deiner Haut an, so fein und glatt sind sie.«
»Soll das heißen, dass ich nicht substanzieller bin als Luft?«
»O nein. Du bist mehr als substanziell, mein Laird - aber auch sehr zart und glatt über der Härte.« Wieder umfasste sie sein erigiertes Glied und spürte die Hitze, die von ihm ausging, als sie sich diesmal doppelt so lange Zeit ließ, es in seiner ganzen Länge zu liebkosen.
Wenn er nicht etwas tat, riskierte er, die Kontrolle zu verlieren, und sein Stolz ließ nicht zu, dass das geschah, ohne auch sie vorher beglückt zu haben. Das Problem war nur, dass er sich im Augenblick nicht darauf verlassen konnte, ihr nur Vergnügen zu bereiten, ohne sie zu nehmen. Lachlan war noch nie so unbeherrscht gewesen; nicht einmal sein Stolz konnte ihn darüber hinwegtäuschen, dass im Moment nicht sein Verstand seinen Körper regierte.
Lachlan hob Emily auf und küsste sie, um jedem möglichen Protest zuvorzukommen. Sie begann jedoch sofort, seine Küsse mit einer Leidenschaftlichkeit zu erwidern, die ihn schier um den Verstand zu bringen drohte.
Mit dem letzten Rest von Selbstbeherrschung, der ihm geblieben war, zwang er sich, auf den See zuzugehen und nicht eher innezuhalten, bis er bis zur Taille in dem kalten Wasser stand. Doch nicht einmal die jähe Kälte konnte seine Erregung dämpfen, und er zitterte von der Anstrengung, sich zu beherrschen und seinem Verlangen nach Emily nicht einfach nachzugeben. Langsam ging er mit ihr auf tieferes Wasser zu, und erst als es ihm bis zur Brust reichte und Emilys ganzer Körper praktisch unter Wasser war, beendete er den Kuss.
»Bist du bereit für deine erste Schwimmstunde?« Seine Stimme klang stark genug, doch sein Körper war immer noch ganz schwach vor sinnlicher Begierde.
Sie blickte zu ihm auf, als verstünde sie nicht, was er sagte, aber dann riss sie die Augen auf, und ein kleiner Schrei entrang sich ihren Lippen. »Huh! Ich bin im Wasser! Und es ist kalt!« Das letzte Wort klang schrill wie ein Heulen.
Lachlan schüttelte den Kopf. »Nicht kalt genug.« Nicht einmal annähernd kalt genug.