wären wir nicht im Krieg. Aber lasst mich zuvor noch den Tisch abräumen.«
»Das ist schon in Ordnung. Ich kümmere mich später darum ...«
Aber sie hatte sich schon erhoben. »Nein, Bail! Die erste Regel einer jeden Küche lautet: Der Koch muss nie das Geschirr wegräumen.«
»Ich werde Euch helfen«, sagte Obi-Wan und schob den Stuhl vom Tisch zurück.
Anakin neben ihm sprang geradezu in die Höhe. »Lasst nur!«, meinte er. »Ich kümmere mich darum. Seht es als Wiedergut-machung für meine Verspätung an.«
Wieder breitete sich Stille im Esszimmer aus, diesmal jedoch durchdrungen von Unbehagen. Obi-Wan blickte Anakin fragend an, woraufhin der junge Jedi sich wieder setzte. »Ich wusste gar nicht, dass du so auf Küchenarbeit versessen bist? Aber wenn du möchtest, nur zu!«, sagte Kenobi langsam.
»Begleitet mich in mein Arbeitszimmer«, forderte Bail den Jedi auf und tat so, als hätte er überhaupt nichts bemerkt. »Ich habe dort etwas vorbereitet.«
»Wir sind in einer Minute bei Euch«, erklärte Padmé, während sie begann, die Teller aufeinanderzustapeln. »Fangt aber nicht ohne uns an!«
Sobald Organa und Obi-Wan den Raum verlassen hatten, zog Anakin sie zu sich heran. Er umfasste ihr Gesicht mit seinen Händen, küsste sie voller Leidenschaft. Sie spürte eine Hitze in sich aufsteigen, die alle Barrieren und jede Vorsicht da- hinschmelzen ließ. Eine Sekunde lang gab sie sich ihm völlig hin, war sie erfüllt von einem Gefühl zuckersüßer Geborgenheit. Dann kehrte das kühle Prickeln der Gefahr zurück in ihren Körper.
Sie wich vor ihm zurück.
»Anakin, nicht!«, flüsterte sie. Ihr Herz schien ihr bis in die Kehle zu pochen. »Bist du verrückt? Wir können doch nicht... nicht, wenn Obi-Wan hier ist. Er wird es merken ... spüren ... Anakin...«
»Es ist mir egal«, wisperte er mit heiserer Stimme, während seine Hände über ihren Rücken strichen, ihren Körper entfachten, wo immer sie ihn berührten. »Ich habe dich so sehr vermisst, Padmé. Jede Nacht träume ich von dir. Es ist schon so lange her...«
Wieder küsste er sie. Seine Lippen auf ihren zu spüren war gleichzeitig Freude und Qual. »Ich weiß, ich weiß. Aber wenn du nicht darüber nachdenken willst, dann werde ich wohl für uns beide denken müssen.« Sie legte ihre Hände auf seine Brust und schob ihn von sich. »Anakin, hör auf! Nicht hier, nicht heute Nacht. Morgen. Du hast Urlaub, und mich ruft die Pflicht auch erst wieder in ein paar Tagen. Wir können uns irgendwohin davonschleichen. Wir werden alles nachholen. Bitte, Anakin, sei doch vernünftig!«
Sie wusste, wie schwer es ihm fiel, sich zusammenzureißen - weil es ihr selbst ebenso schwerfiel. Und sie wusste, dass er ihren Konflikt spürte. Eine Gänsehaut rann über ihren Körper, als sie sich auf die Zehenspitzen stellte und ihn ein letztes Mal küsste.
»Jetzt komm! Räumen wir den Tisch ab, so, wie es sich für gute Gäste gehört.«
Er trat zurück und strich sich mit der Hand über das Gesicht. »Ich kümmere mich um das Geschirr«, murmelte er dann. »Geh du schon vor! Du hast recht. Obi-Wan darf nichts davon wissen.«
Der Gedanke, dass ihr geheimes Verhältnis - ihre geheime Ehe - aufgedeckt werden könnte, ließ eine erneute Gänsehaut über ihren Rücken krabbeln. Sie ließ Anakin im Esszimmer allein und ging hinüber in das üppig eingerichtete Arbeitszimmer des Apartments. Der Senator hatte einen Tisch in der Mitte des Raumes aufgebaut und vier Stühle darum platziert. Er und Obi-Wan hatten bereits Platz genommen, aber nicht nebeneinander, was bedeutete, dass sie nicht neben Anakin sitzen würde. Während sie sich einen Stuhl zurechtrückte, fragte sie sich, ob diese Sitzordnung zufällig entstanden war oder ob Absicht dahintersteckte. Sie warf einen vorsichtigen Blick in Kenobis Richtung, aber sein Gesicht war unbewegt, ließ keinerlei Aufschluss über seine Gefühle zu. Er dreh te den Kopf in ihre Richtung, und so richtete sie ihre Augen schnell wieder auf den Holoprojektor in der Tischmitte.
»Anakin kümmert sich um den Abwasch«, erklärte Padmé. Sie war sich Obi-Wans durchdringendem Blick bewusst und hoffte, dass die Röte mittlerweile aus ihren Wangen gewichen war. Aber die Nervosität blieb, und so griff sie hastig in die Tasche ihres Rockes und zog einen Datenkristall hervor. Je schneller sie Kenobis Aufmerksamkeit auf etwas anderes lenken konnte, desto besser. »Eure Einladung kam sehr kurzfristig, Bail, daher hatte ich nicht viel Zeit, die Datenbanken zu durchsuchen. Alles, was ich noch nicht über Lanteeb wusste, habe ich hier gespeichert.«
Organa nahm den Kristall aus ihrer Hand. »Das ist schon in Ordnung. Jedes Puzzlestück bringt uns weiter.«
»Ihr wusstet schon vorher von diesem Planeten?«, fragte Obi-Wan überrascht. »Ich hatte noch nie von ihm gehört - bis Bail mir davon erzählte. Anscheinend hat es sich unser alderaanischer Freund hier zum Hobby gemacht, mir die Grenzen meiner galaktischen Kenntnisse aufzuzeigen.«
»Wie könnt Ihr das sagen, Obi-Wan?«, stieß Bail in gespielter Empörung hervor. »Ich weiß, ich bin Politiker und als solcher ein hoffnungsloser Fall, aber...«
»Ihr habt wohl nichts übrig für Politiker?«, wandte Padmé sich an Kenobi. Ihre Lippen kribbelten, und jede Stelle ihres Körpers, die Anakin mit seinen Händen berührt hatte, glühte. »Unser Beruf ist ein alter und ehrwürdiger, Meister Jedi. Ohne Politiker würde unsere Gesellschaft in Chaos und Anarchie versinken.«
»Ich dachte, das wäre sie schon«, erwiderte Kenobi. »So sah es zumindest aus, als ich das letzte Mal einer Senatssitzung beiwohnte.«
»Ich will ja gar nicht behaupten, dass das System perfekt ist«, gestand sie ein. »Natürlich gibt es da noch Raum für Verbesserung, wenn...«
»Sehr viel Raum sogar. Genug Raum für ein Dutzend republika-nischer Schlachtschiffe, würde ich sagen.« Obi-Wan schmunzelte. »Vielleicht auch für zwei Dutzend oder für drei.«
»Nun übertreibt Ihr aber«, meinte Padmé. Seine augenscheinliche Missbilligung der Politik ärgerte sie. »Nennt mir eine gescheiterte politische Initiative, und ich nenne Euch zehn, die von Erfolg gekrönt waren und die Republik zu einem besseren Ort gemacht haben!«
»Habe ich etwas verpasst?«, fragte Anakin, als er sich neben Kenobi auf den letzten freien Stuhl setzte. Bail dämpfte das Licht, dann aktivierte er den Holoprojektor.
Eine dreidimensionale Karte der Galaxis blitzte über dem Tisch auf. Ein Planet war vergrößert und mit einem roten Rahmen umgeben.
»Das ist Lanteeb«, erklärte Bail im selben geschäftigen Tonfall, mit dem er sonst dem Senat oder dem Sicherheitsausschuss Bericht erstattete. »Der einzige für Menschen bewohnbare Planet im Malor-Siebenundsiebzig-System. Wie Ihr sehen könnt, liegt er ungefähr gleich weit von Rattatak und Bespin entfernt, direkt an der Grenze der Äußeren Randgebiete und weit von allen größeren Hyperraumrouten entfernt.«
»Mit anderen Worten«, meinte Anakin, »Lanteeb liegt mitten im Nirgendwo.«
»Ich hätte es vielleicht anders ausgedrückt, aber ja, so könnte man es sagen«, nickte Bail. »Jetzt zu den topografischen Daten: Es gibt drei Kontinente, von denen allerdings nur einer bewohnt ist. Es gibt einen einzigen Raumhafen in der Hauptstadt des Planeten, die diesen Namen allerdings nur verdient, weil alle anderen Siedlungen noch kleiner sind. Die meisten Lanteebaner leben in kleinen, weit verstreuten Dörfern. Sie sind Bauern und Bergarbeiter. Rein nominell ist Lanteeb Teil der Republik, aber seine Bewohner haben keine Vertretung im Senat. Sie wollten auch nie eine. Bis vor Kurzem waren sie eine demokratische, unabhängige Gemeinschaft ohne Relevanz für das galaktische Geschehen. Nur ein weiterer Felsbrocken im Niemandsland des Äußeren Randes.«
Anakin beugte sich vor, die Ellbogen auf die Knie gestützt. »Und jetzt?«
Bail schürzte die Lippen. »Jetzt ist Lanteeb besetzt - ein unfreiwilliges Mitglied der Konföderation Unabhängiger Systeme.«
»Wissen wir, warum Dooku dort eingefallen ist?«
»Nein, und genau deswegen hat diese Invasion mich auch so beunruhigt. Es gibt keinen vernünftigen Grund dafür.«
»Aber wenn der Planet so unbekannt, unbedeutend und obendrein so weit von jeder anderen, auch nur ansatzweise wichtigen Welt entfernt ist - wie habt Ihr dann überhaupt erfahren, dass er den Separatisten in die Hände gefallen ist?«, fragte Obi-Wan, während er mit den Fingern durch seinen Bart strich.
Bail schien nur auf diese Frage gewartet zu haben. »Durch puren Zufall«, erklärte er. »Ein Gastransporter, der gerade auf dem Weg nach Ryoone war, musste sich in diesem Sektor aus dem Hyperraum fallen lassen. Es gab einen Defekt an einer der Frachtluken. Nachdem sie den Schaden behoben hatten und wieder in den Hyperraum springen wollten, ging plötzlich das Warnsystem los.«
»Sie haben die Flotte der Separatisten entdeckt?«
»So ist es.«
»Aber woher will die Besatzung dieses Frachters denn wissen, dass die Seps es auf Lanteeb abgesehen hatten?«, fragte Anakin. »Und warum sollte es sie überhaupt kümmern?«
»Lasst mich raten!«, bat Obi-Wan, ehe Bail antworten konnte. Ein schmales Lächeln umspielte die Lippen des Jedi. »Es war nicht die Besatzung. Wir hatten einen Agenten an Bord.«
Organa grinste und nickte anerkennend. »Genau so war es. Seitdem Dookus Schiffe begonnen haben, die Gastransporte aus den Tibanna-Minen zu überfallen, schleusen wir auf sämtlichen Frachtern verdeckte Agenten ein. Es ist schließlich nur eine Frage der Zeit, bis die Separatisten wieder zuschlagen. Und wenn sie es tun ...«
»Dann haben wir sie«, nickte Kenobi. »Gar nicht so übel für einen Politiker.«
Anakin starrte seinen ehemaligen Lehrmeister an. »Warum wisst Ihr davon und ich nicht?«, fragte er.
Obi-Wan schenkte seinem ehemaligen Padawan einen ausdruckslosen Blick. »Du bist wohl zu spät zur letzten Lagebesprechung gekommen, Anakin.«
Der junge Jedi schnitt eine Grimasse, die Obi-Wan ein amüsiertes Lächeln entlockte. Padmé räusperte sich laut. »Diesem Agenten ist es also gelungen, den Kurs der Separatisten-Flotte zu verfolgen?«, wollte sie, an Bail gerichtet, wissen.
»So ist es. Obwohl er eigentlich eine Sie ist.« Organas Blick wanderte immer noch amüsiert von einem Jedi zum anderen. »Außerdem konnte sie den Funk der Separatisten abhören. Daher haben wir absolute Gewissheit über die Invasion von Lanteeb.«
»Und diese Invasion - wann fand sie statt?« Obi-Wans Gesicht war wieder ernst.
»Während Dookus letzter Offensive im Äußeren Rand. Daher fiel es bislang vermutlich niemandem auf. Vier weitere Systeme sind den Separatisten damals in die Hände gefallen - Systeme von strategischem Wert. Lanteeb ging dazwischen unter, und genau das war vermutlich Dookus Absicht.«
Anakin richtete sich wieder auf, die Stirn gerunzelt. »Das macht doch alles keinen Sinn. Wenn der Rat recht hat und die Separatisten versuchen, ihren Einfluss in den Randgebieten der Republik zu verstärken, warum erobern sie dann ausgerechnet Lanteeb? Dass sie einen so abgelegenen, unbedeutenden Planeten übernehmen, hat keinerlei Einfluss auf das Gleichgewicht der Mächte.«
»Ganz genau«, sagte Bail. »Darum habe ich Euch heute ja hierhergebeten. Wir müssen herausfinden, was Dooku mit Lanteeb vorhat, ehe er seinen Plan in die Tat umsetzen kann und unsere ohnehin schon prekäre Situation sich noch weiter verschlechtert.«
»Da stimme ich Euch zu«, meinte Obi-Wan, den Blick fest auf das Hologramm gerichtet. »Hm, gibt es auf Lanteeb irgendetwas, das man als wertvoll bezeichnen könnte? Wie sieht es mit den landwirtschaftlichen Erzeugnissen aus?«
»Irrelevant. Auf dem Planeten wächst gerade genug, um die Bewohner zu ernähren.«
»Ihr erwähntet vorhin Bergarbeit. Was wird dort abgebaut?«
»Damotit. Soweit ich in Erfahrung bringen konnte, befindet sich dort das letzte bekannte Vorkommen in der Galaxis.«
»Aber Damotit ist nur sehr begrenzt verwendbar«, beeilte Anakin sich einzuwerfen, als er das hoffnungsvolle Aufblitzen in Obi-Wans Augen sah. »Man benutzt es für eine Handvoll Fertigungsprozesse und für Lösungsmittel - das war's dann aber auch schon. Selbst in dieser Verwendung wurde es bereits größtenteils durch andere Substanzen abgelöst. Kaum jemand braucht heute noch Damotit.«
Obi-Wan nickte ihm zu. Er widersprach ihm nicht, schien dem Urteil seines Freundes vollauf zu vertrauen. »Dann hat das Damotit also auch keinen besonderen Wert.«
Padmé schüttelte den Kopf. »Jedenfalls keinen offensichtlichen. Vor ein paar Jahren vielleicht, aber heute nicht mehr. Wie Anakin schon sagte, gibt es mittlerweile zahlreiche Ersatzstoffe, und in der Regel werden diese auch bevorzugt. Auf Naboo benutzen wir Damotit zwar in unseren Plasmaraffinerien, aber wir gehören zu den Letzten, die das noch tun. Auf den meisten Welten wurde es durch Trenomit abgelöst, und sobald wir unsere Infrastruktur angepasst haben, werden auch wir auf andere Mittel umsteigen.«
»Warum?«, fragte Anakin plötzlich neugierig. »Warum auf ein anderes Material umsteigen, wenn ihr bereits so lange mit Damotit arbeitet?«
»Rein wirtschaftliche Erwägungen«, erklärte Padmé. »Es stimmt zwar, dass Damotit von höherer Qualität ist als Trenomit, aber es ist auch seltener und daher teurer. Außerdem ist Trenomit stabiler. Vermutlich werden auch die letzten Welten, die noch Damotit benutzen, in ein paar Jahren auf diese Alternative umgestiegen sein. Dann wird diese Substanz völlig überflüssig.«
Wieder strich Obi-Wan sich über den Bart. »Die letzten Damotit-Vorkommen bergen also keinerlei strategischen Vorteil.«
»Nicht den geringsten«, bekräftigte Bail.
»Und wenn die Nachfrage nach Damotit völlig verebbt, wird Lanteeb noch mehr seiner ohnehin fast schon nichtexistenten Bedeutung verlieren?«
»Davon ist auszugehen.«
»Großartig«, brummte Anakin. »Wir sind also wieder da, wo wir angefangen haben. Wir wissen immer noch nicht, warum Dooku Interesse an einer solch abgelegenen Welt haben könnte.«
»Habt Ihr denn im Jedi-Archiv nichts Wissenswertes herausgefunden?«, fragte Bail, dem die Enttäuschung bereits deutlich anzusehen war.
»Nein«, erklärte Obi-Wan.
»He!« Anakin setzte sich ruckartig auf. »Könnte es sein, dass...«
Aber Kenobi schüttelte den Kopf. »Nein. Es war auch das Erste, woran ich gedacht habe, aber Lanteeb hat bisher noch nicht einmal auch nur einen einzigen potenziellen Jedi hervorgebracht.«
Skywalkers Schultern sanken wieder herab. »Natürlich nicht. Das wäre ja auch viel zu einfach, und wann waren wir schon einmal mit einem Problem konfrontiert, das einfach zu lösen war?«
»Also gibt es keinerlei Verbindung zwischen den Jedi und Lanteeb?«, hakte Padmé nach, wobei sie von Anakin zu Obi-Wan blickte. »Wurde nie ein Jedi dorthin entsandt, um einen Streit zu schlichten? Fand dort vielleicht jemals eine Schlacht statt, an der Mitglieder des Ordens beteiligt waren?«