18
»Du siehst wirklich glücklich aus.«
Layla sah auf. Irgendwie war es schon unglaublich, dass die Königin der Spezies es sich neben ihr auf dem Bett gemütlich gemacht hatte, abwechselnd US Weekly und People las und dabei fernsah. Andererseits war sie, abgesehen von dem riesigen blutroten Rubin der Nacht an ihrem Finger, so normal, wie man nur sein konnte.
»Das bin ich auch.« Layla legte den Artikel über die neueste Staffel von The Bachelor zur Seite und berührte ihren Bauch. »Ich kann mein Glück kaum fassen.«
Vor allem, weil Payne vorhin vorbeigeschaut hatte und schon wieder viel besser aussah. Layla hatte sich zwar nichts sehnlicher gewünscht als den Erhalt ihrer Schwangerschaft, doch dass ihr Glück auf Kosten einer anderen Frau gegangen war, hatte sie zutiefst betrübt.
»Wünschst du dir Kinder?« Layla musste einfach fragen, fügte dann jedoch hinzu: »Wenn ich dir mit dieser Frage nicht zu nahe trete …«
Beth winkte ab. »Du kannst mich alles fragen. Ja! Ich wünsche mir ganz schrecklich welche! Es ist schon komisch. Vor meinem Wandel hatte ich kein Interesse an Nachwuchs – überhaupt nicht. Kinder waren für mich nichts als laute Nervensägen, und ich konnte ehrlich nicht verstehen, warum Leute sich das antun. Aber dann habe ich Wrath getroffen.« Sie strich sich das dunkle Haar aus der Stirn und lachte. »Unnötig zu sagen, dass sich dadurch alles geändert hat.«
»Wie oft warst du schon in der Triebigkeit?«
»Ich warte. Bete. Zähle die Tage.«
Layla zog die Stirn kraus und fingerte an einer frischen Packung Cracker herum. Sie erinnerte sich nur vage an die verrückten Stunden mit Qhuinn – aber es war eine schwere Prüfung gewesen.
Doch das Wunder, das nun in ihrem Schoß heranwuchs, war alle Mühen wert.
Dennoch konnte sie nicht behaupten, jemals wieder ihre fruchtbare Phase durchleben zu wollen. Zumindest nicht ohne Medikamente.
»Nun, dann wünsche ich dir, dass deine Triebigkeit bald einsetzt.« Layla biss in einen Cracker und ließ ihn auf der Zunge zergehen. »Und ich kann gar nicht glauben, dass ich das sage.«
»Ist es wirklich so schlimm … ich meine, ich hatte nicht viel Gelegenheit, mit Wellsie vor ihrem Tod darüber zu reden, und Bella hat nie etwas über ihre Triebigkeit gesagt.« Beth blickte auf ihren Ring hinab, als bestaunte sie die Art, wie sich das Licht in den Facetten spiegelte. »Und Autumn kenne ich nicht gut genug – sie ist sehr nett, aber nach allem, was sie und Tohr gerade durchgemacht haben, kann ich einfach nicht damit ankommen.«
»Meine Erinnerung ist sehr verschwommen«, gestand Layla.
»Ist vielleicht auch besser so, oder?«
Layla wand sich. »Ich wünschte, ich könnte dir etwas anderes sagen – aber ja, ich glaube, es ist das Beste.«
»Aber es muss es wert sein.«
»Ganz ohne Zweifel – das Gleiche habe ich gerade auch gedacht.« Layla lächelte. »Du weißt, was man über schwangere Vampirinnen sagt, oder?«
»Was denn?«
»Wenn du dich viel in ihrer Nähe aufhältst, kann das deine eigene Triebigkeit auslösen.«
»Ach ja, wirklich?« Die Königin grinste. »Dann schickt dich vielleicht der Himmel.«
»Na ja, ich bin mir nicht sicher, ob es stimmt. Auf der Anderen Seite sind wir immer fruchtbar. Die Hormonschwankungen gibt es nur hier auf der Erde – aber von diesem Effekt habe ich in der Bibliothek gelesen.«
»Dann sollten wir unser eigenes Experiment starten, was meinst du?« Damit streckte sie Layla die Hand entgegen. »Außerdem bin ich gerne hier. Du bist ein Quell der Inspiration.«
Mit zweifelndem Blick schlug Layla ein. »Inspira… oh, nein. Das sehe ich überhaupt nicht so.«
»Denk doch mal nach, was du alles durchgemacht hast.«
»Aber das mit der Schwangerschaft hat sich von selbst gelöst …«
»Nicht nur das. Du bist die Überlebende eines Kults.« Als Layla sie verständnislos ansah, fragte die Königin: »Hast du noch nie davon gehört?«
»Ich kenne das Wort. Aber ich bin mir nicht sicher, ob es auf mich zutrifft.«
Die Königin sah zur Seite, als wollte sie keinen Unmut stiften. »Hey, ich könnte mich irren, und du weißt es sicher besser als ich – außerdem bist du jetzt glücklich, und das allein zählt.«
Layla blickte auf den Fernseher. Soweit sie wusste, war ein Kult nichts Gutes, und Überlebende nannte man gewöhnlich Leute, die etwas Schreckliches durchlitten hatten.
Das Heiligtum war so freundlich und lau wie ein Frühlingstag auf Erden gewesen, und die Vampirinnen an diesem heiligen Ort waren ruhige, friedliche Geschöpfe, die ihren wichtigen Pflichten für die Mutter der Spezies nachgingen.
Kein Zwang. Keine Zwietracht.
Aus irgendeinem Grund kamen ihr Paynes Worte in den Sinn.
Die Tyrannei meiner Mutter macht uns zu Schwestern, wir beide sind Opfer ihrer Vorstellung vom großen Weltgefüge. Sie hat uns auf unterschiedliche Weise eingekerkert, dich als Auserwählte, mich als leibliche Tochter.
»Es tut mir leid«, sagte die Königin und berührte Layla am Arm. »Ich wollte dich nicht verärgern. Ich weiß ehrlich nicht, was ich da rede.«
Layla kam wieder zur Besinnung. »Oh, bitte, mach dir keine Sorgen.« Sie umfasste die Hand der Königin. »Ich bin kein bisschen verärgert. Aber lass uns von angenehmen Dingen reden – deinem Hellren zum Beispiel. Er wartet sicher genauso ungeduldig wie du, dass deine Zeit kommt.«
Beth lachte verhalten. »Er sieht die Sache etwas anders.«
»Aber sehnt er sich nicht genauso nach einem Erben?«
»Ich denke, er wird mir einen schenken. Aber nur, weil ich mir so sehr ein Kind wünsche.«
»Oh.«
»›Oh‹ ist der richtige Ausdruck.« Beth drückte Laylas Hand. »Er macht sich einfach zu viele Sorgen. Ich bin stark und gesund und zu allem bereit. Wenn ich jetzt nur noch meinen Körper überreden könnte – hoffentlich nimmt er sich an dir ein Beispiel.«
Layla lächelte und rieb sich den noch flachen Bauch. »Hast du das gehört, mein Kleines? Du musst deiner Königin helfen. Die Königsfamilie braucht ein Kind, das ist wichtig.«
»Aber es geht mir nicht um den Thron«, unterbrach Beth. »Nicht von meiner Seite aus. Ich will einfach nur Mama sein, und ich will ein Kind von meinem Mann. So einfach ist das.«
Layla verstummte. Sie war so froh, dass sie Qhuinn an ihrer Seite hatte – aber es wäre wundervoll gewesen, einen richtigen Gefährten zu haben. Einen, der tagsüber neben ihr lag und sie beschützte, der sie liebte und in die Arme schloss und ihr sagte, dass sie etwas bedeutete, nicht aufgrund des Wunders, das ihr Körper vollbrachte, sondern weil sie sein Herz erfüllte.
Das Bild von Xcors harschem Gesicht blitzte vor ihrem geistigen Auge auf.
Kopfschüttelnd verjagte sie es und verbat sich jeden Gedanken an ihn. Sie durfte sich nicht aufregen oder verkrampfen, denn der Stress übertrug sich vermutlich auf das Kind in ihrem Schoß. Außerdem hatte sie schon großen Segen empfangen, und wenn sie das Kind nun austrug und die Geburt überlebte?
Dann war ihr ein echtes Wunder zuteil geworden.
»Ich bin mir sicher, mit dem König wird es sich fügen«, sagte sie. »Das Schicksal teilt uns zu, was wir brauchen.«
»Das hoffe ich, Schwester, das hoffe ich sehr.«
Sola bog auf die Zufahrt zu diesem Glasbau am Fluss und parkte ihren Audi direkt vor der verdammten Hintertür.
Sie stieg aus, stellte sich breitbeinig in den Schnee, umfasste den Griff ihrer Waffe in ihrem Parka und knallte die Wagentür mit der Hüfte zu. Dann stapfte sie auf den Hintereingang zu und sah dabei mit festem Blick in Richtung Dachtraufe.
Da oben musste es Überwachungskameras geben.
Sie sparte sich die Mühe zu klingeln. Er würde schon merken, dass sie da war. Und wenn er nicht zu Hause war, würde sie ihm eben eine Nachricht hinterlassen.
Vielleicht einen ausgelösten Alarm? Ein offenes Fenster, einen offenen Schrank?
Oder vielleicht würde auch etwas daraus fehlen …
Die Tür ging auf, und da stand er, leibhaftig – er sah genauso aus wie in der letzten Nacht, und doch, wie immer, irgendwie größer, gefährlicher und noch verführerischer als in ihrer Erinnerung.
»Ist das nicht ein wenig zu offensichtlich für Ihre Verhältnisse?«, fragte er gedehnt.
Er trug einen schwarzen Anzug, ein Designerstück, maßgeschneidert, so perfekt, wie er saß.
»Ich bin hier, um etwas klarzustellen«, erklärte sie.
»Und allem Anschein nach wollen Sie über die Bedingungen bestimmen.« Als wäre das so abwegig. »Sonst noch etwas? Haben Sie vielleicht einen Happen zu essen mitgebracht? Ich habe Hunger.«
»Lassen Sie mich nun rein, oder sollen wir die Sache hier draußen besprechen?«
»Halten Sie zufällig eine Waffe in der Hand?«
»Selbstverständlich.«
»Wenn das so ist, treten Sie ein.«
Er ging voraus, und sie verdrehte die Augen. Warum dieser Mann sie hereinbat, obwohl sie ihn jederzeit erschießen konnte, war ihr ein Rätsel …
Sola kam in eine moderne Küche und erstarrte. Dort standen zwei Männer, Schulter an Schulter, sie glichen einander bis aufs Haar. Außerdem waren sie genauso groß wie der Mann, dem ihr Besuch galt, und sahen genauso gefährlich aus – außerdem hielten sie Pistolen in den Händen.
Das mussten die beiden sein, die sie schon unter der Brücke mit ihm zusammen gesehen hatte.
Als die Tür sich schloss, feuerten ihre Adrenalindrüsen einen Warnschuss ab, doch diese Reaktion behielt sie für sich.
Der geheimnisvolle Hausbesitzer strich lächelnd an ihr vorbei. »Das sind meine Mitarbeiter.«
»Ich möchte mit Ihnen alleine sprechen.«
Der Mann lehnte sich an einen Küchentresen aus Granit, steckte sich eine Zigarre zwischen die Zähne und zündete sie an. Dann ließ er sein goldenes Feuerzeug zuschnappen, stieß ein blaues Rauchwölkchen aus und musterte Sola. »Gentlemen, wenn ihr uns einen Moment lang entschuldigt?«
Die zwei munteren Gesellen wirkten nicht gerade erfreut über den Platzverweis. Aber wahrscheinlich konnte man ihnen auch Gewinnerlose aushändigen, und sie würden einem dennoch die Hand abbeißen. Nur aus Prinzip.
Trotzdem entfernten sie sich und bewegten sich dabei auf höchst beklemmende Art völlig synchron.
»Wo haben Sie die denn aufgetrieben?«, fragte Sola trocken. »Im Internet?«
»Es ist erstaunlich, was man bei E-Bay alles findet.«
Doch dann hatte sie genug vom Scherzen: »Ich möchte, dass Sie aufhören, mir zu folgen.«
Der Mann zog an seiner Zigarre, und das dicke Ende glühte hellorange auf. »Tatsächlich?«
»Sie haben keinen Grund dazu. Ich komme nicht mehr auf Ihr Grundstück – in welcher Funktion auch immer.«
»Tatsächlich?«
»Sie haben mein Wort.«
Nichts hasste Sola mehr, als sich eine Niederlage einzugestehen – und die Beobachtung dieses Grundstücks und seiner Bewohner einzustellen, fühlte sich wie eine an. Doch seit der Begegnung von letzter Nacht – auch noch während eines Dates mit einem unschuldigen Außenstehenden – war ihr klar, dass die Sache aus dem Ruder lief. Sie war durchaus in der Lage, Katz und Maus zu spielen, schließlich war es Teil ihres Berufs, doch bei diesem Mann gab es nichts zu gewinnen, keine Bezahlung am Ende, auch nicht die Absicht, ihn auszurauben.
Und der Spieleinsatz stieg in schwindelerregende Höhen.
Erst recht, wenn sie sich jemals wieder küssen sollten – denn sie bezweifelte, dass sie es unterbinden würde. Und es wäre unsäglich bescheuert, mit jemandem wie ihm zu schlafen.
»Ihr Wort?«, wiederholte er. »Wie viel ist es wert?«
»Mehr habe ich nicht zu bieten.«
Seine Augen, diese Laserstrahler, schwenkten auf ihren Mund. »Da bin ich mir nicht so sicher.«
Sein Akzent und diese herrlich tiefe Stimme verwandelten die Silben in eine Liebkosung – die sie förmlich auf der Haut spüren konnte.
Eben deshalb war sie hier. »Sie haben keinen Grund mehr, mir zu folgen. Mit sofortiger Wirkung.«
»Vielleicht gefällt mir aber, was ich sehe.« Als sein Blick an ihr hinabwanderte, durchzuckte es sie ein zweites Mal. Doch diesmal nicht auf die nervöse Art. »Ja, das tut es. Sagen Sie mir eines: Hatten Sie gestern einen schönen Abend? War das Essen nach Ihrem Geschmack? Die Begleitung … nach Ihrem Geschmack?«
»Ich beende diese Sache hier und jetzt. Sie sehen mich nie wieder.«
Nachdem alles gesagt war, wandte sie sich zum Gehen.
»Glauben Sie ernsthaft, dass es so zwischen uns endet?«
In seinem wohlklingenden Bass lag eine unheilvolle Drohung.
Sola blickte über die Schulter. »Sie haben mich gebeten, nicht mehr auf dieses Grundstück zu kommen oder Sie zu beschatten – das werde ich nicht.«
»Und ich frage Sie noch einmal, glauben Sie ernsthaft, dass es so endet?«
»Sie haben bekommen, was Sie wollten.«
»Nicht einmal annähernd«, knurrte er.
Einen Moment lang erwachte der Funke zum Leben, der bei ihrem drängenden Kuss durch das Autofenster übergesprungen war und sie elektrisiert hatte.
»Es ist zu spät für einen Rückzug.« Er paffte an seiner Zigarre. »Sie hatten die Chance … und haben sie verstreichen lassen.«
Sie blickte ihm ins Gesicht. »Ganz ehrlich: Das ist Blödsinn. Ich habe keine Angst vor Ihnen oder sonst irgendwem. Greifen Sie mich doch an. Aber ich warne Sie, ich werde Ihnen wehtun, um mich zu verteidigen …«
Ein unerwartetes Geräusch hing zitternd in der Luft.
Ein Schnurren? Sollte dieser Mann tatsächlich schnurren …
Er trat einen Schritt auf sie zu. Dann noch einen. Und wie ein Gentleman hielt er seine Zigarre zur Seite, um sie vor Brandflecken oder Rauch zu schützen.
»Sagen Sie mir Ihren Namen«, bat er. Oder besser gesagt, er befahl es.
»Ich kann mir kaum vorstellen, dass Sie ihn nicht bereits kennen.«
»Ich kenne ihn nicht.« Er klang fast beleidigt, als wäre das Ausspionieren von Informationen unter seiner Würde. »Sagen Sie mir Ihren Namen, und ich lasse Sie jetzt gehen.«
Himmel … seine Augen … sie waren wie Mondlicht und Schatten miteinander verwoben, eine unbeschreibliche Farbe irgendwo zwischen Silber, Violett und Hellblau.
»Nachdem sich unsere Pfade nicht mehr kreuzen werden, ist er nicht von Bedeutung …«
»Nur, damit Sie es wissen … Sie werden sich mir hingeben …«
»Entschuldigung …«
»Aber Sie werden erst darum betteln.«
Sola sprang ihn fast an, ihre Wut fegte jegliche Vernunft beiseite. »Nur über meine Leiche.«
»Tut mir leid, nicht mein Geschmack.« Er senkte das Kinn und sah sie unter halbgeöffneten Lidern an. »Ich bevorzuge Sie heiß … und feucht.«
»Vergessen Sie es.« Sie wirbelte herum und ging zur Tür. »Wir sind fertig miteinander.«
Als sie in den angrenzenden Raum trat, blieb ihr Blick an etwas hängen, das auf einer Bank an der rückwärtigen Wand lag.
Sie riss den Kopf herum und wäre um ein Haar gestolpert. Es war ein Messer, ein sehr langes Messer, fast schon ein Schwert.
Und die Klinge war mit leuchtend rotem Blut verschmiert.
»Wollen Sie vielleicht doch noch bleiben?«, ertönte seine dunkle Stimme direkt hinter ihr.
»Nein.« Sie stakste zur Tür und riss sie auf. »Bin schon weg.«
Dann schlug sie die Tür hinter sich zu und wäre am liebsten zum Auto gerannt. Mühsam unterdrückte sie die aufkeimende Panik, obwohl sie davon ausging, dass er ihr nachlaufen würde.
Doch er blieb im Haus, wo er sich hinter der Scheibe der Tür abzeichnete. Seelenruhig sah er zu, wie sie einstieg, den Motor anließ und den Gang einlegte.
Ihr Herz raste, als sie rückwärts in die Auffahrt stieß … Umso mehr, als ihr ein entsetzlicher Gedanke kam.
Hastig kramte sie ihr Handy aus der Handtasche, suchte einen Kontakt heraus und rief an. Dann presste sie sich das Handy ans Ohr, obwohl sie eine Freisprechanlage hatte – und es in New York State verboten war, am Steuer zu telefonieren.
Tut.
Tut.
Tut …
»Hallo! Ich hatte gehofft, du würdest dich melden.«
Sola sank in den Fahrersitz zurück und ließ den Kopf gegen die Nackenstütze fallen. »Hallo, Mark.«
Was für eine Erleichterung, seine Stimme zu hören.
»Geht es dir gut?«, fragte ihr Trainer.
Sie dachte an die blutige Klinge. »Ja. Danke. Kommst du gerade von der Arbeit?«
Und während sich eine kleine Unterhaltung entspann, brauste sie mit Bleifuß davon, und die Landschaft flog an ihr vorüber: weißer Schnee. Schmutzige, gesalzene Straße. Skeletthafte Bäume. Ein kleines, altmodisches Jagdhäuschen, in dem ein Licht brannte. Der Fluss zur Linken, gesäumt von einem breiten, kahlen Streifen.
Jedes Mal, wenn sie blinzelte, sah sie seinen Umriss in der Scheibe der Tür. Mit seinem Blick. Mit seinem Plan. Mit seiner Gier …
Auf sie.
Und verflixt noch mal, ihr Körper verzehrte sich danach, sich von ihm einfangen zu lassen.