3. Kapitel

Heißt das auf gut deutsch, dass Sie ... äh ... dass du uns zehn Verdächtige anreichst?«, fragte Rodenstock.

 »Na ja, das ist eben so.« Er strahlte, er hatte uns verwirrt, er war erfolgreich.

»Und wieso dieser Wesendonker? Dieser Steuereintreiber?«, fragte Emma.

»Na ja, weil er doch dauernd durch die Gegend zog, um Steuern einzutreiben.«

»Und der Arzt? Ist der nicht dauernd bei Hausbesuchen unterwegs?«, fragte ich.

»Ja klar«, nickte der alte Juppes. Sein Ledergesicht war so ausdruckslos wie das eines alten Indianers. »Wir haben doch nur überlegt damals. Mein Vater und seine Freunde haben auch überlegt, immer nur überlegt. Damals gab es noch keine Heftchen mit Kreuzworträtseln. Also, es ist doch so: Der Tutut übernachtete damals an der Weggabelung Gerolstein-Daun-Rockeskyll. Also da ist er ja auch erschlagen worden. Und nun sagten wir uns: Wer zog denn damals die Wege rauf und runter, ohne aufzufallen? Das war Wesendonker, das war der Arzt, das war damals aber auch der Apotheker. Denn der kümmerte sich ums Vieh. Einen Viehdoktor hatten wir damals nicht hier.«

»Und was ist mit Viehhändlern?«, fragte Emma scharf.

»Ja«, nickte Juppes. »Die gab es auch.«

»Moment mal«, sagte ich. Emmas Schärfe war zu verstehen. Der alte Juppes gab an wie ein Sack Seife, aber ob hinter seinen Worten eine wirkliche Geschichte steckte, war absolut unklar. Er hatte einen Heidenspaß daran, uns zu verblüffen und zu verwirren. Aber was taugte das alles? »Juppes, reiß dich mal am Riemen. Von mir aus gegen zwanzig Stumpen, einverstanden? Einverstanden, Juppes?«

Er strahlte, er nickte so heftig, dass es beinahe so wirkte wie ein Schüttelkrampf. »Na sicher. Dafür verkauf ich meine Großmutter.«

»Gut, dann konzentriere dich bitte. Es existiert ein altes Foto vom Eisenbahnbau in Pelm. Jahreszahl 1870. Dann wissen wir, dass Gerolstein im Jahre 1870 an die Eisenbahn angeschlossen war. Auf gut deutsch heißt das, dass ein Täter auch mit der Eisenbahn gekommen sein kann. Ist dir das klar? Habt ihr das damals auch überlegt? Und noch etwas: Die Züge fuhren im Bereich von Kurven und Steigstrecken so langsam, dass du unterwegs Blumen pflücken konntest. Habt ihr daran gedacht? Es muss nicht jemand aus Gerolstein gewesen sein, der den lieben Tutut ins Jenseits beförderte. Weshalb also dieser Steuereintreiber Wesendonker? Weshalb, Juppes? Wahrscheinlich doch deshalb, weil sie ihn alle gehasst haben, nicht wahr? Juppes, sag die Wahrheit!«

Nach einer Weile murmelte er: »Das stimmt, viele haben ihn gehasst. Aber viele haben auch gesagt, dass er ein besonders ... na ja, eben ein freundlicher Mensch war. Hat schon mal gemogelt, wenn einer nicht zahlen konnte, hat schon mal geschrieben: Ich habe den Schuldner nicht angetroffen. Also schlecht war er nicht, der Wesendonker.«

»Wo lebte denn dieser Wesendonker?«, fragte Esther ganz ruhig.

Wir sahen uns grinsend an.

»In Gerolstein«, sagte der alte Juppes fest. »Also, das ist aber wirklich wahr. Er lebte in Michel Schniggers Haus. Also, in dem Haus, das Michel Schnigger baute. Michel war Schneider, daher der Name. Das war oben unter der Burg. Er lebte da mit seinem Drachen.«

»Mit seinem Drachen?« Esther war entzückt.

»Ja, seine Frau war ein Drachen. So eine Zeterliese, sagten die Leute, deshalb war er auch dauernd unterwegs. Und wenn er nicht unterwegs war, saß er im Hotel Heck und trank seinen Schoppen. Da saßen die anderen ja auch. Also, der Richter, der Apotheker, der Arzt und so. Das war damals so Usus.«

»Usus?«, fragte Esther.

»So Brauch«, erklärte ich. »Es gibt also keinen wirklich triftigen Grund, weshalb dieser Steuereintreiber den Tutut umgebracht haben soll. Juppes, das hier ist kein Spaß mehr.«

»Es gibt eigentlich keinen Grund«, gab er zu. »Aber ihr müsst zugeben, dass es hätte passen können.« Dabei sah er uns der Reihe nach listig an.

Rodenstock begann tief und guttural zu lachen, Emma fiel ein, Esther kicherte im Falsett, und schließlich lachten wir alle. Juppes war ein echter Kauz, ein Urtyp, er rieb sich die Hände, und es klang, als reibe er Schmirgelpapier aneinander. Dann ließ er vernehmen: »Jetzt muss ich aber ein Stündchen schlafen.«

»Oh nein«, sagte Esther sehr bestimmt. »Sie haben doch gesagt, Sie wissen, wo dieses Grab ist. Wir packen Sie jetzt in ein Auto, und Sie zeigen es uns. Und dann fahren wir Sie wieder hierher und Sie dürfen ein Schläfchen machen.«

»Sehr, sehr gut!«, lobte Emma. »So machen wir das.«

So machten wir es, wenngleich Juppes im Urgroßvaterton mahnte: »Warum seid ihr jungen Leute denn immer so eilig? Das ist doch Stress ist das!«

Wir fuhren nach Gerolstein, dann auf Pelm zu, dann hoch zur Kasselburg und querab auf den alten Juddefriedhof, wie er genannt wurde.

»Wer wurde hier beerdigt?«, fragte ich.

»Na, also solche, die fremd waren. Also Zigeuner, durchreisende Streuner, wie sie genannt wurden. Das ist hier kein traditionell jüdischer Friedhof.« Er betrachtete das Feld, er bückte sich, ging in die Knie, betrachtete eine Baumgruppe. Er brauchte keine Brille. »Also, seht ihr da die Eiche? Die muss jetzt so hundert Jahre alt sein. Damals stand sie genau auf der Ecke des alten Friedhofs. Und genau zehn Schritte nach Ost muss es sein. Ich habe es selbst ausgemessen.«

Rodenstock ging an die Stelle, machte zehn normale Schritte. »Also hier?«

»Ja«, nickte Juppes. »Da war es, das hat mein Vater damals festgelegt. Und der wusste ganz genau Bescheid. Er hat es mir wohl gesagt, damit einer in der Familie das weiß. Genau da, zehn Schritte von der Eiche links von der Weide zu dem Erdhuckel hin.«

»Dann fahre ich dich jetzt zum Schlafen«, nickte Emma. »Steig mal ein.« Sie fuhr mit ihm davon.

»Du hast Bedenken, nicht wahr?«, fragte ich Rodenstock.

»Die habe ich. Schändung nennt es das Gesetz, Friedhofsschändung.«

»Aber das ist kein Friedhof, keine geweihte Erde.«

»Heilige Scheiße!«, fluchte Esther. »Gebt mir einen Spaten. Ihr seid doch vollkommen meschugge. Wen interessiert dieser Quadratmeter Erde denn? Sieht nach nichts aus, und ich wage zu behaupten: Da liegt auch keiner. Also her mit dem Spaten.«

Ich fing an, dann löste Rodenstock mich ab, dann folgte Esther, die so schwer schnaufte, dass ich ihr das Gerät in reinem Mitleid wieder aus der Hand nahm. Emma kam herangerollt und beteiligte sich. Nach etwa dreißig Minuten waren wir dreißig Zentimeter tief, es war steinig, es war lehmig, es war schwer, die Erde wehrte sich. Nach einer Stunde waren wir in der Tiefe, in der wir etwas finden konnten. Wir gruben vorsichtiger.

»Ich bin doch kein Pfadfinder!«, fluchte Emma. »Ich sehe aus wie ein Mastschwein in der Suhle, ich schwitze, und wir haben keine Dusche hier. Ich finde das Leben gar nicht schön. Rodenstock, mach mein Leben schön.« Und bei jedem Satz fuhrwerkte sie mit dem Spaten herum. Bis das Eisen plötzlich anders klang, und sie erstickt sagte: »Da ist was!«

Der erste Knochen, der zum Vorschein kam, war hellgrau und sehr lang.

Rodenstock stand jetzt in der Grube. »Demnach war Tutut ein Mammut oder so was in der Art. Das ist kein Menschenknochen, der hat gute sechzig Zentimeter.«

»Vielleicht entdecken wir jetzt den sogenannten Eifel-riesen, nach dem man schon seit dreihundert Jahren sucht.« Emma grinste.

Rodenstock legte ein weiteres Fundstück auf den Rand der Grube. »Sieht aus wie das Schulterblatt eines Elefanten«, sagte er trocken. »Baumeister, mach mal weiter, du bist noch jung, du kannst dich noch weiter entwickeln.«

Ich ließ mich in die Grube hinab und nahm den Spaten. Mein Hemd war nach ein paar Minuten klatschnass vom Schweiß. Was ich dann zutage förderte, war eindeutig ein Schädel, und Rodenstock sagte erfreut: »Das ist ein Pferd, das ist einwandfrei ein Pferd.«

»Aber Tutut fehlt uns noch«, mahnte Esther. »Mach weiter, Baumeister, du bist so gut am Zug.«

Dann fand ich eine Hand, eindeutig eine Menschenhand. »Sie haben Tutut mit einem Pferd begraben. Also hatte er ein Pferd.«

»Falsch«, sagte Rodenstock, »ganz falsch. Das Pferd gehörte dem Mörder.«

»Aber warum, zum Teufel, haben sie den Gaul dann begraben?«, fragte ich.

»Weil er tot war«, antwortete Rodenstock einfach. »Ihr vergesst den Bären. Wenn es stimmt, dass dieser Graf von Manderscheid oder ein Verwandter von ihm das Tier schoss, dann bedeutet das, dass er frei durch die Wälder lief. Also hat er sich losgerissen. Er hat das Pferd angefallen, er hat das Pferd getötet. Sie mussten das Pferd wegschaffen, denn das Pferd war verräterisch. Nicht viele Leute hatten Pferde. Mach weiter, Baumeister, wir brauchen nur noch den Schädel. Wir brauchen Tututs Schädel.«

»Wieso denn?«, fragte Emma muffig. »Sieht man doch an den anderen Knochen, dass es ein Mensch ist.«

»Der Schädel wurde eingeschlagen«, sagte ich. »Ich verlange Ablösung, ich habe die Nase voll. Rodenstock, eine Frage: Du nimmst also an, dass der Mörder zu Pferd unterwegs war. Oder fuhr er mit einer Kutsche oder so was?«

»Ich nehme an, er ritt«, antwortete er.

»Dann musst du eine Doppelschicht schieben hier unten. Denn dann haben sie den Sattel auch vergraben, und zumindest die Metallteile müssen zu finden sein.«

»Alter schützt vor Torheit nicht«, murmelte er und kam in die Grube hinunter.

»Emma, Geliebte, sortier doch schon mal die Knochen.«

»Das kann nicht dein Ernst sein, das ist niedere Arbeit.«

»Dann diktier mir einfach!«, forderte Esther. »Wir machen zwei Häufchen. Links der Gaul, rechts der Mann. Das mag ich.«

Und sofort begann die Litanei: »Tutut, Gaul, Gaul, Tutut... «

Ich streckte mich nahe an einem Weidengebüsch aus, blinzelte ein wenig und drohte dann einzuschlafen. Ich hörte noch, wie Rodenstock sagte: »Baumeister hatte recht. Ich finde hier Schnallen. Und - seht mal - das hier ist ein altes Stück Leder. Ja, damals war das alles noch beste Handwerkerqualität. Jetzt müsst ihr drei Haufen machen: Tutut, Gaul, Sattel, Sattel, Tutut und so weiter.« Den Rest verstand ich nicht mehr. Und dann tauchte Nikolaus auf. Ich habe bei den Ureinwohnern noch nie jemanden getroffen, der den Namen führt, der in seinem Pass steht. Nikolaus, oder Klas genannt, war ein alter Bauer, der seinen Pflug längst an den Nagel gehängt hatte und jetzt nichts anderes tat, als Touristen hinterherzugehen, weil er der Ansicht war, Fremde gehören nicht in die Eifel. Man muss Fremde nicht gerade als Gegner bezeichnen, aber man darf sie auf keinen Fall aus den Augen verlieren.

Er kam schmal und scharfkantig gegen das grelle Sonnenlicht auf die Fläche, baute sich ungefähr fünfzehn Meter entfernt auf, stemmte die Fäuste in die Hüften und fragte krähend: »Wat soll das dann?« Er war nicht größer als ein Meter sechzig, trug eine dieser modischen Sportkappen mit dem E der Eifel drauf und sah so finster aus, wie sich Kleinkinder einen Waldschrat vorstellen.

Rodenstock tauchte aus der Grube auf, kletterte schwitzend ans Tageslicht und gab die präzise Auskunft: »Wir suchen was.«

Emma sagte hell tönend: »Oh, oh!« und wandte sich dann allerliebst an ihre Verwandte. »Wir sollten vielleicht diese Tessa und ihren Ingbert hinzuziehen. Schließlich haben die diesen Fall aus der Taufe gehoben.«

»Das sollten wir«, murmelte Esther. Irgendwie war sie aus der Fasson geraten, aus dem rechten Auge zog sich eine schwarze Strichzeichnung vom verlaufenen Mascara über ihre Wange. Ein wenig sah sie aus wie eine Freibeuterin, die nicht genau weiß, wie ihre Beute aussehen soll. Sie setzte hinzu: »Das hier gehört wohl zu Tutut.« Dann ließ sie einen mittelgroßen Knochen eines nicht näher bezeichneten menschlichen Bauteils mit einem zarten Kling auf Tututs Haufen fallen.

Der Klas stand noch immer da, rührte sich nicht vom Fleck. »Also«, krähte er, »was ist das hier?«

Rodenstock reagierte gemütlich. Er reagiert immer gemütlich, wenn es brenzlig wird. »Dieser Mann hier ist ermordet worden. Vor einhundertelf Jahren. Er hieß Tutut und war ein Zigeuner. Und mit ihm zusammen hat man ein Pferd samt Sattel begraben.«

»Und woher weißte das?«

»Aus Akten«, sagte Rodenstock freundlich. »Und wer bist du?«

Die beiden Frauen machten sich davon, der Volvo rollte elegant auf den Feldweg zu. »Klas heiße ich. Ich pass hier auf.«

»Auf was passt du denn auf?« Der alte Gauner hatte den Spieß umgedreht, jetzt fragte er, und ich fragte mich, ob Klas das merken würde.

»Na ja, auf alles hier. Ich mähe hier auch. Die Fremden machen viel Durcheinander, schmeißen Dosen in den Wald und Butterbrotpapiere und leere Zigarettenschachteln. Wat grabt ihr da?«

»Das ist Tututs Grab«, sagte Rodenstock freundlich. »Er war ein Zigeuner, er wurde 1888 unten an der Straßenmündung nach Rockeskyll umgebracht. Sie haben ihn hier begraben. Wir haben ihn jetzt gefunden.«

»Dat war Juppes. Juppes hat euch das gezeigt, häh?«

Rodenstock nickte. »Das war Juppes.«

»Und ihr? Seid ihr von der Polizei?«

»Ich bin Kriminalbeamter gewesen, jetzt bin ich Rentner. Das ist Baumeister, mein Freund. Die beiden Frauen sind unsere Frauen. Was weißt du über Tutut? Hat dein Vater was erzählt oder dein Opa oder deine Frau?«

»Alle haben was erzählt, aber keiner hat irgendwas gewusst. Ich meine, keiner hat Genaues gewusst. Und ein Pferd? Ich sehe da einen Pferdeschädel.« Er hatte ein Problem, und das hing mit Gerolstein zusammen. Er war einer von denen, die Gerolstein bis aufs Blut verteidigten, die sich verantwortlich fühlten. Jetzt war Unruhe angesagt, jetzt geschah etwas, das niemand kontrollieren konnte.

»Sie haben ein Pferd mit Tutut begraben. Und einen Sattel.«

»Aber das Grab da ist nicht mehr der alte Juddefriedhof, das liegt schon außerhalb.«

»Ich weiß«, nickte Rodenstock. »Deshalb brauchten wir auch den alten Juppes. Der wusste, wo Tutut begraben wurde. Aber ich kann dich verstehen. Wenn du nicht weißt, was du tun sollst, kannst du die Polizei benachrichtigen. Wenn du hier aufpasst, musst du das ja tun.«

Klas kratzte sich die eisgrauen Bartstoppeln. »Da ist eine Frau. Sie sagen, eine junge Frau. Sie will diese Sache untersuchen und drüber schreiben. Ich kenne die ja nicht, aber es wird so gesagt.«

»Tessa Schmitz«, nickte Rodenstock. »Wir kennen sie. Sie ist gut, sie will eine Doktorarbeit drüber schreiben. Sie kommt gleich.«

»Darf die das?«

»Jeder darf das. Hast du auch gewusst, wo Tutut liegt?«

»Ungefähr«, nickte er. »Habt ihr was dagegen, wenn ich rauche?« Das klang merkwürdig.

»Nein«, sagte Rodenstock. »Ich zünde mir auch eine an. Das ist eine gute Idee. Pause machen. Baumeister komm, lass eine Pfeife qualmen.«

Also gesellte ich mich dazu und stopfte mir die Handmade von Winslow.

Klas war erstaunlich gelenkig. Er ließ sich in den Schneidersitz gleiten und benutzte dazu die Hände nicht. »Wat wollt ihr denn mit den Knochen? Kann man daraus was sehen?«

»Kann man«, nickte ich. »Sie sagen, irgendeiner hat Tutut den Schädel eingeschlagen, das kann man dann sehen und untersuchen. Aber das ist eigentlich unwichtig. Wichtig sind das Pferd und der Sattel. Was sagen denn die Leute, mit was ist er erschlagen worden?«

»Mit einem Eichenkloben. So ein Holzstück. Das wird jedenfalls gesagt.«

»Ist auch gesagt worden, wer es war?«, fragte ich weiter.

»Ach du lieber Gott.« Er grinste matt. »Da wurde viel geredet, aber ob was dran ist?«

»Ich habe ein Problem, Klas.« Rodenstock schlich sich gewissermaßen von hinten an das Problem heran, und wie immer machte er es sehr souverän.

»Stellen wir uns mal die Nacht vor, in der das mit Tutut passierte ... «

»Also, mein Vater sagte, es war nicht Nacht. Es war Abend, später Abend. Mein Vater sagt, so um neun, halb zehn.«

»Ach so. Na, gut. Tutut sitzt an seinem Feuer. Da steht der Esel mit dem Karren. Ich denke mal, der Esel grast oder so was. Da steht der Bär. Also, entweder ist der in einem Käfig auf dem Karren oder Tutut hat ihn aus dem Käfig genommen und irgendwo an einen Baum gebunden ...«

»Also, mein Vater sagte, das machte der immer so. Er nahm den Bären raus und band ihn an. Mein Vater sagte, er weiß genau, dass Tutut den Bären ... also, dass er den Bären als Wachhund benutzte. Er nahm den Maulkorb ab, denn der Bär hat immer einen Maulkorb tragen müssen, auch im Käfig. Nur nachts, wenn Tutut mit dem Bären allein war, hat er den Bären frei gemacht. Also, der war mit einer Kette an einem Baum, aber er hatte keinen Maulkorb an. Das Tier tat Tutut nie was. Dieser ... dieser Zigeuner konnte gut mit Tieren umgehen. Mein Vater hat gesagt, dass er in Stadtkyll im Winter bei einem Bauern war, der drei Stiere hatte. Für die Besamung.

Und dieser Zigeuner war der Einzige, der mit diesen Tieren parat kam. Sagte mein Vater.«

»Also«, sagte ich, »wir haben Tutut am Feuer. Geregnet hat es nicht, oder?«

»Hat nicht geregnet«, nickte Klas.

»Da ist der Karren, da ist der Esel, da ist der Bär an einem Baum, dann brennt das Feuer. Wahrscheinlich hat er was gegessen, der Tutut. Brot nehme ich an, oder vielleicht eine Suppe oder so was. Jedenfalls war es sehr friedlich. Und dann kommt irgendeiner. Und dieser eine saß auf einem Pferd. Ist das richtig soweit? Habt ihr das alle auch überlegt?«

»Das haben wir auch überlegt«, nickte Klas. ».Es muss sozusagen ein friedlicher Sommerabend gewesen sein.«

»Frage!«, sagte Rodenstock lebhaft. »Ist bekannt, woher Tutut kam? Ich meine, er kann genauso gut aus Daun gekommen sein oder aus Rockeskyll. Es muss doch bekannt sein, woher Tutut kam?!«

»Jau!«, sagte Klas zufrieden. »Das ist bekannt. Er kam aus Gerolstein, von Lissingen aus. Das ist bekannt, das ist sicher. Also, in Lissingen hat er immer Pferde beschlagen. Das konnte er auch, er konnte eben gut mit Tieren. Und er war billig, manchmal arbeitete er für eine Suppe oder einen Platz im Heu. Dann kam er von Lissingen rüber nach Gerolstein. Also, er hat ein paar Frauen aus der Hand gelesen, Messer und Scheren geschliffen, solche Sache eben. Und abends war er im Gasthaus. Damals hieß das Zur deutschen Eiche, aber das Haus gibt es heute nicht mehr, abgerissen.« Er wiegte den Kopf hin und her. »Sie haben viel zu viel abgerissen hier bei uns. Soviel gesagt wurde, blieb er drei, vier Tage. Dann zog er weiter. Und das ... mein Vater hat gesagt, dass das komisch war. Wieso zieht er gegen Abend von Gerolstein nach Daun, bleibt da an der Weggabelung nach Rockeskyll? Sonst ist doch normal, dass er morgens nach Daun zieht und abends in Daun ist oder in Betteldorf oder in Dockweiler. Also, das war so, dass Landfahrer ein kleines Lager hatten. Das war neben Dockweiler, da, wo heute der Sportplatz ist. Wieso ist er nicht dorthin gezogen? Wieso macht er halt im Marienwäldchen? Also, das Wäldchen, wo es passierte, hieß damals Marienwäldchen.«

»Vielleicht hatte er eine Verabredung im Marienwäldchen?«, wandte ich ein.

Klas nickte. »Das haben wir uns auch gedacht.«

»Ich habe trotzdem ein Problem«, sagte Rodenstock beharrlich. »Bleiben wir mal im Lager von Tutut im Marienwäldchen. Es ist ein Sommertag, es ist noch taghell. Er hat ein Feuer gemacht, isst was oder hat schon was gegessen. Der Esel ist aus dem Geschirr genommen und grast. Der Bär an einer Kette am Baum. Es ist friedlich. Dann kommt ein Reiter. Meinetwegen der Reiter, mit dem sich Tutut verabredet hat. Es kommt zum Streit. Warum, wissen wir nicht. Tutut wird erschlagen. Und jetzt kommt mein Problem: Wir finden hier Tututs Skelett, das Skelett eines Pferdes, den Sattel. Pass mal auf, Klas, vielleicht wird klar, was ich meine: Irgendjemand trägt also Tutut hierher, und irgendjemand fährt den Karren weg und führt den Esel weg. Irgendjemand schafft das Pferd hierher. Aber, und jetzt kommt die Frage: Wieso ist das Pferd tot? Hat der Bär es getötet? Und gleich die nächste Frage: Wer hat das Pferd hierhergeschafft? Und wie? Und wo blieben der Karren und der Esel? Wir haben es mit einem riesigen Tatort zu tun. Da ist ein totes Pferd, ein toter Mann, ein schwerer Karren, ein Esel. Das ist mein Problem. Kannst du das verstehen?«

»Ja«, nickte Klas. »Das kann ich verstehen.«

»Ist denn erzählt worden, der Bär hätte sich losgerissen oder so was?«, fragte ich.

»Ja, hat er wohl«, sagte Klas bedächtig. »Muss er ja schließlich auch, oder? Der ging ja ab in den Wald.«

»Wer hat ihn erschossen? Der Graf von Manderscheid?«

»Nein, der nicht. Dem gehörte die Jagd. Aber geschossen hat er nicht. Geschossen hat einer aus Berlin, der zur Inspektion hier war. Irgendein hoher Beamter. Haben die Leute gesagt. Damals hat sich kein Mensch mehr in die Wälder getraut. Weder tags noch nachts. Aber was den Karren betrifft, da weiß ich was. Mein Vater sagte, den Karren und den Esel hat ein Viehhändler übernommen, der damals im Hotel Heck wohnte. Der war von der Mosel, er hieß Mertes Willem.«

»Ein totes Pferd wiegt schwer. Wie haben die es hier auf diesen Platz gekriegt?«, fragte Rodenstock.

»Mit dem Karren vom Tutut sagen die Leute.«

»Aber wer hat das gemacht? Du brauchst mindestens vier Männer, du brauchst mindestens sechs Männer. Und die Grube muss riesig sein, sonst geht das Pferd nicht rein. Die müssen wie die Idioten gebuddelt haben. Und wer hat das alles geleitet? Da muss einer gut nachgedacht haben. Und ich denke, das kann nicht der Mann gewesen sein, der Tutut erschlug. Also, wer hat das Riesenloch gebuddelt, wer hat das Pferd hier hochgekarrt? Gibt es da Erinnerungen?«

»Wir wissen nur ... nä halt, wir wissen es nicht genau.« Er blies vor Verzweiflung die Backen auf. »Also, es muss so gewesen sein, dass da eine große Aufregung war. Jedenfalls riss der Bär sich los. Mein Vater hat gesagt, der Bär wollte diesen Zigeuner schützen. Das könnte man ja verstehen. Der Bär hat dann das Pferd gerissen. Für einen Bären ist das bestimmt eine Kleinigkeit. Dann ist das Tier weggelaufen. Mein Vater hat gesagt, dass die erst am Morgen diese Beerdigung hier erledigt haben. Also, die beiden Gendarmen, die preußische Beamte waren, die haben das alles gemacht. Und geholfen haben Leute aus Rockeskyll. Sechs Tagelöhner, hat man damals gesagt. Die sind gut bezahlt worden, die haben nie was drüber geredet, weil die anschließend dauernd Arbeit hatten. Gartenarbeit und solche Dinge hier bei den hohen Herren.«

»Das ist genau der Punkt«, sagte ich. »Von Anfang an hat niemand ein Interesse gehabt, diesen Mord aufzuklären. Wirklich niemand. Es existiert keine einzige Akte darüber. Das kann nur heißen, dass die hohen Herren in Gerolstein unter allen Umständen den Täter schützen wollten. Aber warum?«

»Weil er einer von ihnen war«, sagte Rodenstock. »Nur darum, das reicht. Vielleicht war er sogar besonders beliebt. Vielleicht war es kein Mord. Vielleicht Totschlag im Affekt, ein großer Erregungszustand. Und Tutut war ein Heimatloser, ein Streuner, und er war nicht wichtig. Klas, was ist gesagt worden, wer hat das getan?«

»Also, eigentlich sind alle durchgesprochen worden. Der Apotheker, der Steuereintreiber, der Richter, der Arzt, der Schulleiter, ein paar andere, die viel Geld verdienten damals. Über Castendyck, das ist der Gründer vom Sprudel, haben sie sogar auch geredet. Aber der war ja wohl ein ganz feiner Herr und hatte kein Interesse an so was.« Er warf die Arme in komischer Verzweiflung hoch. »Wirklich gewusst hat keiner was, sage ich euch. Aber dass ihr das jetzt ausgrabt!«

»Du irrst an einem Punkt, Baumeister«, murmelte Rodenstock. »Es ist falsch zu behaupten, dass niemand den Mord aufklären wollte. Ausschließlich die hohen Herren der Stadt wollten das nicht. Und das muss einen Grund haben. Und den suchen wir.« Dann stand er auf, trat an den Rand der Grube und murmelte: »Ich will seinen Schädel finden.« Dann ließ er sich hinunter.

»Tja«, Klas kratzte sich an der Nase. »Da bin ich wirklich gespannt. Also, ich weiß ja nicht viel, aber ich glaube nicht, dass ihr das rausfindet. Nach so langer Zeit.« Er stand auf, klopfte sich den Staub vom Hintern. »Dann will ich mal wieder. Und noch was: Macht mir bloß die Grube wieder zu. So kann man das nicht lassen.« Dann spürte er unvermittelt Schwierigkeiten auf sich zukommen. Er sagte: »Ihr seid ja ehrlich, und dein Freund da unten ist ja wohl mal Beamter gewesen, aber das hier ist Naturschutzgebiet, damit die blöden Touristen nichts ausreißen, keinen Fingerhut und keinen Frauenschuh, und damit sie ihre verdammten Coladosen wieder im Auto mitnehmen. So ein Loch geht da nicht, und ich muss das melden.« Er ließ sich auf einem gefällten Kiefernstamm nieder, holte Tabak aus der Tasche und drehte sich eine Zigarette. »Es ist nämlich so. Hier wird geredet, hier wird immer geredet. Und sie suchen immer einen, der schuld ist. Egal an was. Und da ist jetzt diese Frau, die dadrüber schreiben will. Und ihr habt hier das Loch gemacht. Das kann ins Auge gehen, das kennt man doch. Dann schreibt der Trierische Volksfreund: Mord in Gerolstein, aber nicht, dass das so lange her ist. Journalisten, phhh, du bist doch auch einer, oder?«

»Ich bin auch einer, und ich sage dir, die Kolleginnen und Kollegen schreiben keinen Blödsinn. Das ist einfach eine spannende Geschichte, und niemand wird lügen.« Das klang hohl, das war hohl, ich kam mir hilflos vor. Aber irgendetwas zwang mich dazu, noch einen draufzusetzen. »Ich werde darauf achten.«

Er sah mich aus ganz schmalen Augen an. »Kannst du gar nicht, weil die anderen sowieso tun, was sie tun wollen. Ich gucke doch Fernsehen, ich weiß doch, was läuft. Das ist doch immer so hier in der Eifel. Irgendwas passiert, und irgendwer schreibt drüber, oder sie kommen mit Fernsehkameras. Und was rauskommt, ist auch immer dasselbe. Da hat neulich einer seine Familie umgebracht, Frau und zwei Kinder. Der Mann ist durchgedreht, der war doch krank, der gehörte ganz schnell zum Arzt. Und sie haben geschrieben und gefilmt, dass der Mann ein Schwein ist. Ich kannte den. Also nicht gut, aber ich wusste, der war kein Schwein. So was ist schlecht.«

»Das ist richtig«, sagte Rodenstock. Wir sahen nur seinen Kopf und die Schultern. »Mach dir das doch einfach, Klas. Du gehst runter aufs Amt und meldest das hier. Dann werden wir sehen, was passiert, und wir werden mit den Leuten reden.«

Klas überlegte eine Weile. »Das will ich auch nicht. Ihr seid ja soweit in Ordnung, ich will euch nicht verpfeifen.«

»Das ist schon in Ordnung«, sagte Rodenstock. »Übrigens, ich habe Tutut, ich meine, ich habe seinen Schädel.«

Damit war die Zwickmühle um Klasens Solidarität zunächst erledigt. Wir traten an die Grube, und Rodenstock deutete nach unten. Der Schädel war nur im Gesichtsbereich frei von Erde.

»Ich muss jetzt vorsichtig sein«, murmelte Rodenstock. »Er sieht wie alle aus, er grinst.«

»Ich kann dich ablösen«, sagte ich.

Klas murmelte: »So lange her, und jetzt soll er Antworten geben. Ich weiß nicht, ob unser Herrgott das will.«

»Hast du das Schweizer Armeemesser?«, fragte Rodenstock.

»Habe ich.«

»Dann mach es vorsichtig«, sagte er. »Kein Kratzer an den Knochen.« Er kletterte aus der Grube, und ich ließ mich hinab.

Dann kam Emmas Volvo in unser Blickfeld. Sie ließ die Scheinwerfer ein paarmal aufblinken.

»Tessa müssen wir wohl fesseln und an einen Baum binden«, sagte Rodenstock in stiller Heiterkeit. »Ingbert wird sagen: Fulminant, fulminant.«

Sie kamen heran, Emma energisch, Esther gut gelaunt und ein wenig tänzelnd, Tessa vollkommen durchgedreht in haushohem Stress stolpernd und mit hektischen Bewegungen, Ingbert sanft und gemächlich.

Tessa starrte zu mir in die Grube und bekam ein kantiges Gesicht. Dann hob sie sich auf ihre Zehen.

»Nicht springen!«, schrie ich. »Bist du verrückt?«

Ingbert stand ganz versunken und hauchte: »Fulminant, wirklich fulminant.«

Emma murmelte: »Sieh da, guten Tag, Tutut.«

Esther schwieg, wandte sich zu Klas und sagte hell: »Ich bin die Esther, ich gehöre zu diesem Verein hier.«

»Ich bin der Klas«, sagte Klas ein wenig verlegen. »Ich hab eigentlich nichts damit zu tun. Ich passe hier nur auf.«

»Wir wohnen im Hotel«, sagte Ingbert trocken. »Seit gestern Abend.«

Tessas Stimme war wie zerbrechendes Glas. »Mein Vater ist ein Arsch!«

»Die Leute würden sagen: Hier herrscht Zoff!«, erklärte Ingbert. Dann griff er nach Tessas Hand.

»Das regelt sich«, Emma zündete sich einen ihrer stinkenden Zigarillos an. »So was regelt sich immer. Also, ich erkläre euch mal, was bis jetzt passiert ist. Tessa, du hattest recht. Es ist ein Thema, es ist ein Mord oder Totschlag, und es wird zu schreiben geben. Aber ob es im wissenschaftlichen Sinn eine Doktorarbeit sein kann, muss du mit deinem Doktorvater abklären.«

»Nicht Vater«, sagte sie und starrte immer noch auf Tututs Schädel. »Mein Doktorvater ist eine Professorin. Doktormutter.«

Rodenstock sagte freundlich: »Ich habe mir ausgedacht, dass du Emma und Baumeister und mich als Team beschreiben könntest. Dann kann es streng genommen eine Doktorarbeit werden.«

»Ich lass das sein«, hauchte Tessa. »Ich mach das nicht. Ich will nur noch weg von hier.«

»Das legt sich«, sagte Esther.

»Das geht vorbei«, kommentierte Emma.

Eine Weile herrschte Schweigen, bis Emma wütend genug war. »Verdammte Hacke, du musst es deinem blöden Vater und der Stadt zeigen. Setz dich auf deinen Arsch und arbeite, Doktor Tessa!« Sie ließ die Hände wirbeln. »Also, hocken wir uns hin und bereden, was wir wissen.«

Klas murmelte: »Ich fahr dann mal.«

Ich verbrachte die nächste halbe Stunde damit, Tututs Schädel freizulegen, und weil ich ein romantischer Idiot bin, ertappte ich mich bei Sätzen wie diesen: Ich tu dir auch nicht weh! Hoffentlich hast du nicht allzusehr leiden müssen! Warum hat dir keiner geholfen? Sie sagen, sie haben dich gemocht, aber sie haben nichts dafür getan. Ich hoffe, der Bär hat deinem Mörder den halben Arsch weggerissen. Ich gebe dir deine Geschichte wieder, ich gebe dir deine Geschichte wieder. Sie haben dich würdelos behandelt, sie haben dich würdelos verscharrt.

Ich fand auch das Schädelteilchen, das eingeschlagen war. Es war so groß wie zwei Fünfmarkstücke und passte lückenlos in das Hinterhaupt. Dann grub ich weiter, fand weitere Knochen, weitere verschimmelte Lederteile des Sattels, weitere Metallteile des Sattelbeschlags, weitere Knochen vom Pferd und zwei Hufeisen.

Rodenstock legte die Knochen aus, Tutut bekam eine Gestalt.

»Das Brustbein ist zerschmettert«, murmelte er. »Vier Rippen gebrochen. Der Täter muss gewütet haben wie ein Berserker.«

Ich stieß auf eine Lehmschicht und gab auf. »Ich bin todmüde. Ich will unter die Dusche und in mein Bett. Glaubst du, du findest einen Pathologen, der das untersucht?«

»Durchaus«, sagte er geistesabwesend. »Es muss einen Grund gegeben haben, wahrscheinlich einen ganz banalen Grund. Wahrscheinlich wird jemand von der Stadt kommen, wir sollten warten.«

Also warteten wir.

Die Frauen redeten mit Tessa und Ingbert, es war ein friedliches Bild. Dann kam jemand von der Stadt. Es war eine Frau, und sie sagte: »Dann wolln wir mal schaun, was wir hier haben.« Sie war um die fünfzig, dunkelhaarig, schmal und elegant gekleidet.

»Wir haben ein Loch«, sagte ich.

»Das wäre allerdings nicht sonderlich schlimm«, grinste sie. »Wenn es nur das wäre. Klas hat gemeint, es ist alles in Ordnung und nicht weiter geeignet, sich aufzuregen. Aber wir wollen eben wissen, wir müssen wissen, um was es geht.«

»Sicher«, nickte Rodenstock. Dann berichtete er kurz und knapp.

»Und wir könnten das im Rahmen unseres Archivs auswerten?«, fragte sie.

»Natürlich«, Rodenstock war erfreut. »Selbstverständlich. Wenn wir dafür Unterlagen aus jener Zeit kriegen. Alles, was anliegt, wirklich alles.«

»Sie hätten vorher fragen können«, mahnte sie.

»Das ist richtig«, sagte ich. »Aber Sie wissen, wie das ist. Wir hatten Stress, wir wollten wissen, ob Tutut hier liegt.«

Sie nickte. »Man könnte in einem Protokoll vermerken, dass Sie zu Beginn der Grabung angefragt haben.«

»Das ist aber eine schöne Mogelei«, strahlte Emma.

»So wird es gemacht«, nickte sie knapp. »Und wegen des Archivmaterials rufen Sie mich an. Ich muss heim, ich pflege meine Mutter.« Dann ging sie davon, drehte sich noch einmal um und sagte: »Viel Glück!«

»Und was machen wir jetzt mit Tutut?«, fragte Esther.

»Wir nehmen ihn mit«, entschied Emma. »Neue Freunde muss man pflegen, ihr wisst schon.«

Also verpackten wir Tutut in den Kofferraum und fuhren davon, dreckig, verschwitzt, aber restlos glücklich. Tessa und Ingbert hatten versprochen, über ihre Probleme zu reden, darüber eine Nacht zu schlafen und dann in meinem Haus aufzutauchen.

Im Wagen murmelte Esther ein wenig verlegen: »Also, ich finde es spannend, mit einem Skelett im Auto durch die Gegend zu rollen. Es ist übrigens schön hier.«

Emma konnte sich es nicht verkneifen: »Wir sind dir ungeheuer dankbar, dass du aus der großen, bunten Welt hierhergekommen bist, um uns das mitzuteilen.«

»Vertragt euch, Mädchen«, sagte Rodenstock.

Ich sah Esthers Gesicht aus meiner Position im Außenspiegel. Ich sah, wie sie ganz still zu weinen begann, und ich sah auch, wie Emma ihr ganz sanft die Hand auf die Schulter legte und dazu »Ts,ts,ts« machte.

Auf meinem Anrufbeantworter war Michael Wild zu hören, etwas aufgeregt und fahrig: »Ich habe jemanden, der bei der Beerdigung mitgegangen ist. Rufen Sie mich an?« Dann noch jemand von der Bank: »Sie sollten, sich mal um Ihr Konto kümmern. Ciao!« Dann noch eine Frau, die sich mit den Worten vorstellte: »Ich bin Berta, ich schreibe über das Sterben der Wälder. Sie sollten mich zurückrufen.« Dann Nummer, Adresse. Die Stimme eines offensichtlich jungen, alerten Managers, der versprach: »Wenn Sie, sehr verehrter Herr Baumeister, versicherungsmäßig bei uns einsteigen, werden Sie sich wesentlich besser fühlen.« Dann eine Männerstimme: »Ja, mein Name ist Schmitz. Ich bin der Vater von Tessa Schmitz. Ich will Ihnen sagen, dass ich das Vorhaben meiner Tochter nicht unterstützen kann, weil es unter allen Umständen viel Unruhe in die Stadt Gerolstein tragen wird. Trotzdem wäre ich froh, wenn Sie mich einmal kontaktieren könnten. Herzlichen Dank.«

Ich konnte nicht duschen, weil Emma und Rodenstock das Badezimmer im Erdgeschoss belegt hatten und Esther unter der Dusche im ersten Stock irgendein israelisches Lied grölte, was sich ziemlich unzüchtig anhörte. Aber ich spreche nicht hebräisch.

Es war wie immer: Ich freute mich von Herzen über alle meine Freunde in meinem großen, schönen Haus. Aber zuweilen war es verdammt gut, eine Lokusschüssel für sich allein zu haben. Und ich konnte schlecht in meinen Gartenteich pinkeln, möglicherweise würde das zum Tod fernöstlicher, bunter Karpfen führen. Ich hockte mich also in meinen Garten und sah meiner Kröte zu, die sich an den im Wasser liegenden Baumstamm herangepirscht hatte und von Zeit zu Zeit träge, aber immer erfolgreich, nach Eintagsfliegen schnappte.

Emma kam mit einem Tablett heraus und sagte: »Es gibt ordinäre Kirmesbratwürste mit viel scharfem Ketchup.«

»Und Fritten?«

»Keine Fritten. Du hast schon eine Wampe, du solltest bescheidener speisen.«

»Du bist so zartfühlend.«

»Zartfühlende Weiber sind out. Tee oder Kaffee oder sonstwas?«

»Tee wäre gut. Und vielleicht ein Bett.«

»Du kriegst beides.«

Es war immer noch sehr warm, von Westen her kam ein sanfter Wind und bewegte den Wilden Reis im Teich. Wir aßen schweigend, wir waren viel zu müde, uns irgendwelche Wortgefechte zu liefern oder tiefsinnige Überlegungen anzustellen, weshalb Tutut wohl erschlagen worden war. Dann stellte ich mich unter die Dusche und ging sofort ins Bett. Nur Rodenstock und Emma hockten draußen im Garten zusammen und sprachen leise miteinander. Es war ein Bild des Friedens.

Als gegen zehn Uhr die Nacht hereinfiel, war es totenstill im Haus. Irgendwo schrie ein Bussard, irgendwo bellte ein Hund. Ich war müde und zufrieden und las noch ein paar Seiten, wie ich es jeden Abend tue, klappte das Buch zu und schlief augenblicklich ein. Ich träumte irgendetwas mit einem Bär in einem sehr dichten Wald. Aber der Bär war höchst friedlich, griff mich nicht an, sondern tänzelte grotesk albern vor mir her, verbarg sich hinter dicken Baumstämmen und wedelte mir dann mit einer Tatze freundlich zu. Dann hielt er plötzlich ein Plakat hoch, auf dem zu lesen stand: »Nix Schießen'.« Und weil ich lachen musste, wurde ich wach. Wer träumt schon in Comics? Es war sechs Uhr, draußen schien die Sonne, neben mir räkelte sich Esther. Ich hatte sie nicht einmal kommen hören. Sie wirkte wie ein schutzloses Kind, und deshalb beschloss ich, kein Wort darüber zu verlieren.

Ich rasierte mich nicht, putzte mir nicht die Zähne, warf keinen Blick auf meine Schönheit im Spiegel, zog nur Jeans an und ein T-Shirt und setzte mich an den Teich. Die Holztaube kam. Sie kam die Straße zwischen Lattens und der Kirche hoch, und sie schlug die Flügel nicht, sondern glitt in einem Aufwind heran. Sie schoss über den Efeu an der Hecke und zwischen den Fliederbäumchen hindurch. Sie schwang sich nur zwei Meter entfernt an mir vorbei, und ich kann mir nicht vorstellen, dass sie mich nicht sah. Sie landete am jenseitigen Ufer und benutzte den flachen Stein, den ich dort hingelegt hatte. Dann badete sie geräuschvoll und mit offensichtlichem Genuss. Dann wanderte sie kopfruckend ein paarmal hin und her, badete wieder, trank in kleinen Schlucken. In ihren Grau- und Blautönen sah sie prächtig aus. Vielleicht machte sie sich für ihren Lover schön. Sie betrachtete mich nachdenklich und startete dann gemächlich, um denselben Weg zurückzunehmen. Ich war zufrieden, jetzt auch für die Taubenhygiene zuständig zu sein.

Rodenstock kam mit zwei Bechern und einer Kanne Kaffee.

»Guten Morgen, junger Herr. Soll das jetzt so bleiben, dass die Esther bei dir schläft?«

»Sie schlief dort, aber es war nichts. Höre ich da die Trompeten der Eifersucht?«

»Nicht doch«, grinste er. »Ich habe so selten mit dir geschlafen. Aber ich würde sagen, sie ist ein Problem, weil sie eine endlose Latte von Problemen mit sich herumträgt. Und das wünsche ich dir nicht.«

»Das ist richtig, und das weiß ich. Lass es gut ein, Rodenstock, sie wird kein Abenteuer.«

»Da bin ich erleichtert.«

»Der Vater von Tessa ist auf dem Anrufbeantworter. Er möchte mit uns reden. Tun wir das?«

»Aber ja«, sagte er. »Und wie verfahren wir weiter?«

»Wir müssen warten, was die im Archiv haben. Viel wird es nicht sein. Das Meiste wurde beim großen Bombenangriff am Heiligen Abend 1944 zerstört. Dann wurde ein anderer Teil mit dem Ergebnis ausgelagert, dass er dort vernichtet wurde. Was Geschichte betrifft, so ist Gerolstein fast geschichtslos.«

»Aber warten ist langweilig«, sagte er. »Darf ich mal deine Wale füttern?«

»Aber sicher doch.«

Also fütterte er die Fische im Teich und sah ihnen zu, wie sie brav angeschwommen kamen, um entgegenzunehmen, was ihnen geboten wurde.

»Hier sitzt eine dicke Kröte im Schlamm.«

»Du kannst sie Aloysia nennen. Sie macht Männchen und kann bis zehn zählen. Außerdem hat sie drauf, dir einen LBS-Vertrag anzudrehen, ach ja, und sie kann täuschend ähnlich eine Nachtigall nachpfeifen. Nur so hoch fliegen kann sie noch nicht. Aber das wird noch. Eigentlich wollte ich fragen, wie es mit deinem Tumor so geht.«

»Schlecht, er kommt nicht voran. Im Ernst, er ist verschwunden, kein Mensch weiß wohin, und das ist gut so.« Er lachte.

»Dann wollte ich noch etwas fragen. Wie geht es eigentlich deiner Tochter?«

Er spitzte die Lippen, dann machte er sie breit. »Ich weiß es nicht. Und ich weiß auch nicht, ob ich das überhaupt wissen will. Ihr Mann hat sich gemeldet, aber das hatte keine Weiterungen.«

»Was ist denn das für ein merkwürdiges Deutsch? Keine Weiterungen? Was heißt das?«

»Er hat versucht, mich anzupumpen.«

»Dann ist der Ausdruck richtig. Hast du ihm in den Arsch getreten?«

»Ein bisschen. Nicht allzu sehr. Ich weiß ja, dass meine Tochter ihn vorgeschickt hat. Und das Blöde ist, dass ich ihnen selbstverständlich Geld pumpen könnte, ich habe ja genug. Aber ihnen nur ins Blickfeld zu geraten, wenn sie Zaster brauchen, ist ein beschissenes Gefühl. Emma sagt, sie könnte ihnen wortlos Geld anreichen, ich dürfte das aber nicht.«

»Was soll das?«

»Meine Tochter hat Emma noch nie gesehen, hat sich nicht vorgestellt, hat uns nicht besucht. Emma sagt: Wenn Geld ein Grund ist, bei Emma vorbeizuschauen, wird sie ihnen das Geld schenken und sie zum Tempel hinausjagen. Emma hat schließlich noch mehr von dem Zeug, viel mehr sogar. Und eigentlich wissen wir nicht, was wir mit der Erbschaft machen sollen.«

»Du könntest mich adoptieren«, schlug ich vor.

»Das geht nicht. Deine Erziehung ist total versaut worden, da ist nichts mehr zu machen. Ich mache uns mal Eier mit Speck.« Er stand auf und ging ins Haus.

Ich wusste, er war getroffen, ich wusste genau, er hatte Kummer mit dieser Tochter und würde immer Kummer mit ihr haben. Irgendetwas war in einem anderen Leben total schiefgelaufen, und er konnte es nicht reparieren. Ich wusste auch, dass er sie aus der Klinik angerufen hatte, als der Krebs entdeckt worden war. Sie hatte sich verweigert, sie war nicht gekommen. Das hatte ihn schwerer getroffen als die Krankheit.

Er hatte eine Riesenpfanne gemacht, er schleppte sie auf den Tisch. »Es sind sechs Eier und ein knappes ... na ja, ein bisschen mehr als ein Viertelpfund magerer Speck. Ich denke, das muntert uns auf, das hilft uns auf die Gäule, das treibt uns voran. Und Kaffee habe ich auch.«

Wir futterten nach Leibeskräften, schafften die Pfanne aber nicht. Dann schrillte mein Handy, und jemand sagte: »Ich weiß, es ist unanständig früh, aber jetzt hätte ich Zeit. Und, verstehen Sie bitte, es ist sehr wichtig für mich.«

»Dann kommen Sie jetzt her«, sagte ich munter und unterbrach die Verbindung. »Tessas Vater kommt.«

»Das ist gut«, freute sich Rodenstock. »Auf den alten Bock bin ich gespannt. Ich werde ihn schlachten.«

Dann, wenig später, rollte ein Siebener BMW auf den Hof, und ich sagte laut: »Hier im Garten spielt die Musik.«

Er war ein sehr adretter Mittfünfziger, und im Grunde war bei seinem Anblick klar, weshalb Tessa so hübsch geraten war. Er trug einen beigefarbenen Anzug aus Seide, und seine Krawatte war ein schreiend blauer Strich. Dazu natürlich handgenähte, dunkelbraune Slipper.

»Wollen Sie Eier mit Speck?«, fragte Rodenstock und stellte uns vor.

»Ein Happen wäre nicht schlecht«, nickte er. Er war sehr sicher und gelassen. Er aß mit großem Vergnügen, trank sehr schnell zwei Tassen Kaffee und sagte lächelnd: »So lässt es sich leben.« Er hatte ein hageres, sonnengebräuntes Gesicht, seine Augen waren von einem irritierend strahlenden Blau. Das Erste, was ich dachte, war: Tennisspieler.

»Vielleicht darf ich kurz vortragen, was ich will und meine?« Er war sachlich, er verzettelte sich nicht, er war einer der Männer, mit denen Zusammenarbeit aus reinem Professionalismus gut sein würde.

»Einverstanden«, sagte Rodenstock und setzte ihn sofort unter Druck. »Darf ich Sie bitten, sich kurz zu fassen? Wir haben sehr viel zu tun.«

»Natürlich, natürlich.« Er räusperte sich, er war vorbereitet. »Also, meine Tochter Tessa, die Sie ja wohl schon kennengelernt haben, will ihre Doktorarbeit ausgerechnet über einen Totschlagsfall schreiben, der sich in Gerolstein im Jahre 1888 abgespielt hat. Tessa ist Historikerin. Ob das überhaupt ein Thema ist, weiß ich nicht. Aber sie hat es sich in den Kopf gesetzt, und wie ich sie kenne, wird sie das durchziehen. Sie hat irgendwelche Akten ausgegraben, preußische, soweit ich weiß. Ob es in Gerolstein dazu Material gibt, weiß ich nicht. Aber meine Vermutung geht dahin, dass sie viel Staub aufwirbeln wird, genauer gesagt, Dreck. Ich bin leitender Angestellter der Gerolsteiner Brunnen GmbH und Co., ich bin jemand, der aus Gerolstein ist, ich habe mich hochgearbeitet, ich genieße - in Maßen natürlich - Ansehen. Wenn meine Tochter diesen Fall beschreibt oder darüber schreibt, wird zwangsläufig nahezu die gesamte Elite der Stadt von damals unter die Lupe genommen, denn offensichtlich war diese Elite irgendwie beteiligt. Nun bin ich von höchster Seite der Stadt gebeten worden, meine Tochter dahingehend zu beeinflussen, dass sie diesen Plan fallen lässt. Sie würde garantiert führende Familien verschrecken, sie würde einen Riesenwirbel erzeugen.« Er wedelte mit seinen Händen. »Ich hatte gestern Streit mit Tessa.« Er lächelte schmal. »Das ist nichts Neues, sie war schon immer ein eigenwilliges Kind. Aber diesmal war es geradezu böse. Das tut mir leid. Sie wird Sie, meine Herren, ja um Hilfe gebeten haben, und ich möchte Sie bitten, mich zu verstehen. Das kann existenzgefährdend für mich werden, zumindest wird es meinen guten Ruf zerstören. Das kann ich nicht hinnehmen.«

»Also«, begann Rodenstock, »zum Ersten halte ich Ihre Meinung für begreifbar, aber total falsch. Zum Zweiten haben wir gestern die Leiche des Ermordeten gefunden, ich meine das Skelett. Denn wir helfen Ihrer Tochter bereits. Ich bin alter Kriminalist mit Morderfahrung, Siggi Baumeister hier ist Journalist. Der Fall ist ein gefundenes Fressen für ein gutes Buch. Meine Frau ist niederländische Kriminalistin. Kurzum, der Fall interessiert uns maßlos - natürlich zunächst aus fachlichen Gründen, aber auch wegen des Einblicks in uralte Strukturen. Ich denke, Sie können mich nicht stoppen, ich denke, Sie können niemanden von uns stoppen, ich denke, Sie sollten Tessa nicht stoppen. Helfen Sie ihr, sie ist es wert. Der Fall ist zu weit gediehen, um ihn wieder zu den Akten zu legen.«

»Meine Meinung ist die«, sagte ich. Ich verstand ihn, ich verstand ihn nur allzu gut. »Sie können den Fall nicht mehr aufhalten, weil er bereits zu weit fortgeschritten ist. Was immer Sie tun, jemand wird sich darum kümmern. Selbst wenn Tessa jetzt verbittert abreist, wird jemand vom Trierischen Volksfreund kommen und darüber schreiben. Das ist Fakt. Ich habe selbst Geschichte zu recherchieren versucht. Ich gebe Ihnen mal ein Beispiel, wie so etwas aussieht. Da hat die Stadt Gerolstein im Jahre des Herrn 1933 einem gewissen österreichischen Gefreiten namens Adolf Hitler die Ehrenbürgerschaft verliehen. Und gleichzeitig versuchen mir ehrenhafte Bürger der Stadt unablässig klarzumachen, dass Gerolstein schon immer gegen den Nationalsozialismus gewesen ist. Das ist Geschichtsverfälschung.

Selbstverständlich werden alle Leute, die sich um historische Wahrheiten bemühen, als Nestbeschmutzer eingestuft, aber aufhalten kann sie das letztlich nicht. Es gibt ja auch gute Gegenbeispiele für ehrenhafte Dickköpfigkeit. 1913 zum Beispiel wollten hochangesehene Bürger dem Kaiser Wilhelm II. bei seinem Besuch zur Einweihung der Erlöserkirche die gesamten Felsen über Gerolstein schenken. Munterley, Auberg, das ganze Areal. Sie wollten es Kaiser-Wilhelm-Felsen nennen. Da haben sich ehrenhafte Ratsherren quergestellt. Sie sagten: Das war immer unser Felsen, der soll es bleiben. Und wir wollen nicht, dass unsere Kinder zehn Pfennig Eintritt bezahlen müssen, nur um am Kaiser-Wilhelm-Felsen spielen zu dürfen!

Ich halte das, was Ihre Tochter macht, für höchst ehrenwert. Außerdem halte ich es für notwendig. Wir müssen Geschichte anschauen und als einen Teil des eigenen Lebens begreifen. Ich weiß, das klingt wie das Wort zum Sonntag, aber so ist es nun einmal. Helfen Sie also Ihrer Tochter, Sie haben Verbindungen, die sie nicht hat.«

Er war zehn Zentimeter kleiner geworden. Er sagte: »Ich habe mir das so gedacht. Darf ich das eine Weile überlegen?«

»Sie sollten die Weile nicht ausdehnen«, sagte Rodenstock.

Schmitz stand auf, umrundete den Teich und hockte sich unter eine Birke. Er hatte ohne Zweifel eine schwere Entscheidung zu treffen.