5. Die Verpflichtung

 

 

Ich lungerte gelangweilt im Refektorium herum, als die Männer von ihrer nächtlichen Jagd zurückkamen. Sie waren guter Dinge und besonders Orlando sprühte nur so vor Energie. Er setzte sich zu mir aufs Sofa und blickte mich von oben bis unten herausfordernd an. Dann pfiff er durch die Zähne:

"Du siehst aus, als ob du heute noch etwas vorhättest."

"Nein, nicht das Geringste", gab ich ihm möglichst gelangweilt zur Antwort. Auf meiner anderen Seite setzte sich zu meinem Erstaunen Lorenzo. Er ließ sich richtig fallen, dass es mich ein Stückchen hochhob. Dann blickte er mich an und entschuldigte sich.

Ich beugte mich etwas vor und sagte zu Orlando:

"Habt ihr erfolgreich gejagt? Er zog nur arrogant eine Augenbraue hoch und antwortete:

"Sieht man mir das nicht an?" In der Tat: er strotzte nur so vor Testosteron. Mir war nicht entgangen, dass er mit geschwellter Brust das Zimmer betreten und seine Haare mit elegantem Schwung aus dem Gesicht geworfen hat, als ob er ein Casting bei einer Modelagentur hätte. Seine weit ausgestreckten Beine sprachen die gleiche Sprache. Er roch nach Rauch, Whiskey und einem geheimnisvollen Parfüm, das mir sofort in die Nase gestiegen war, als er sich neben mich setzte. Ich saß noch immer in Kuschbockstellung neben ihm, was meinen Rücken seinen Blicken aussetzte. Er fuhr mit dem ausgestreckten Zeigefinger die Linie meines Rückrats entlang und flüsterte:

"Dieses blaue Kleid, das du trägst, erinnert mich an einen besonderen Abend!"

"Ich habe nicht gewusst, dass euer Fundus nur aus second hand Klamotten besteht", sagte ich gereizt und stand auf.

Sein Blick wanderte von meinen hohen Sandalen hinauf bis zu meinem Gesicht, abschätzend und doch mit einem Verlangen in seinen Augen, dass ich ihm nicht standhalten konnte. Ich wollte gar nicht wissen, wer die Frau war, die dieses Kleid vor mir getragen hatte. Und ich war nicht in der Stimmung, mich auf Spielchen mit ihm einzulassen, die dann irgendwann im Bett enden würden. Er hatte die arme 15 jährige Lucrezia zum Vampir gemacht und spielte sich als ihr Beschützer auf. So viel Verlogenheit war mir zuwider.

Lorenzo, der neben ihm saß hatte mich auch beobachtet, doch er hielt sich zurück. Er wirkte ziemlich frustriert in seinem dunklen Anzug, der an ihm schlotterte.

Was Lucrezia nur an ihm so faszinierend fand? Wahrscheinlich waren es seine Augen, die wie glühende Kohlen aus den tiefen Höhlen leuchteten. Lange, unglaublich üppige Wimpern verschatteten seinen Blick und gaben ihm einen geheimnisvollen touch. Darauf standen die meisten Frauen. Ich hatte nichts übrig für spindeldürre Männer, ich liebte einen kräftigen Bizeps, einen gut geformten Sixpack und natürlich einen knackigen Po. Davon schien Lorenzo nichts zu haben.

Inzwischen waren auch die anderen Vampire zurückgekehrt. Allen voran mein Vater, der auf mich zu kam und den Arm um mich legte.

"Liebe Tochter", sagte er, "dein Anblick erfreut immer wieder aufs Neue, ich kann es kaum fassen, dass du nun für immer bei uns sein wirst!" Ich sah ihn dankbar an. Es war schön, seine Zuneigung zu spüren. Das war auch der geeignete Augenblick, ihn wegen Nicholas zu fragen. Deshalb sagte ich zu ihm:

"Auch für mich ist es schön, wieder eine Familie zu haben. Doch ich muss dich gleich um einen Gefallen bitten." Mein Vater sah mich erwartungsvoll an.

"Ich habe dir doch von Nicholas erzählt, den ich vor einiger Zeit kennengelernt habe. Ich habe ihm versprochen, dass wir uns bald wiedersehen. Am besten natürlich in München, wo er lebt."

Ich spürte, wie mein Vater tief Luft holte und in die Ferne sah, bevor er mir antwortete:

"Ich weiß, dass ich dir das versprochen habe", sagte er mit seiner tiefen Stimme, dabei sah er mich bedeutungsvoll an.

"Doch es ist nicht ganz so einfach, wie du denkst. Du bist jetzt unsere Fürstin, die für den Clan das Wertvollste ist, was er besitzt. Wenn du eine Reise unternimmst, muss dich jemand begleiten, der für deine Sicherheit bürgt."

"Das heißt, ich kann allein nirgendwo mehr hingehen?" Mein Herz rutschte eine Etage tiefer. Was würde das bedeuten für meine Zukunft? Ich erwartete mit Anspannung auf die Antwort meines Vaters.

"Wir werden eine Lösung finden", sagte er ausweichend.

"Du kannst dich darauf verlassen, dass wir deine Wünsche ernst nehmen und alles tun, damit du dich bei uns wohlfühlst." Doch darum ging es gar nicht. Ich fühlte mich ja wohl – einigermaßen jedenfalls. Aber ich wollte meine Unabhängigkeit doch nicht mit einer Rolle als Fürstin, die im Glashaus sitzt, eintauschen. Und die keinen Schritt mehr unbewacht machen kann. Ich konnte mich mit dieser Auskunft nicht zufrieden geben, deshalb sagte ich:

"Wenn es unbedingt sein muss, kannst du mir ja eine Begleitung mitgeben, aber ich möchte mich in München, da, wo ich zwanzig Jahre zu Hause war, genau so frei bewegen und meine Freunde sehen, wie vorher." Es folgte eine kühle Stille. Vielleicht war mein Ton etwas zu trotzig ausgefallen, und anscheinend war ich auch etwas laut geworden, denn im ganzen Raum blickten alle auf uns. Mein Vater nahm mich am Arm und führte mich zur Türe.

"Komm mit in mein Arbeitszimmer, damit wir die Angelegenheit unter vier Augen klären." Ich folgte ihm widerwillig. Was gab es denn da zu klären? Wollte er mich von der Welt wegsperren, nur weil ich jetzt ein Vampir war?

"Wir wollen keine Affäre aus einer Sache machen, die wir jetzt grundsätzlich klären sollten.", sagte er.

"Ja, ich weiß, ich bin die Fürstin, ich bin wichtig für den Clan, aber ich brauche auch noch etwas Zeit, bis ich mich an diese Situation gewöhnt habe", fiel ich im ins Wort.

Mein Vater nickte unwillig mit dem Kopf.

"Bitte Lucia, lass es mich so sagen: Der Clan ist leider zerrüttet, viele Clanmitglieder sind inzwischen auf eigene Faust unterwegs und versuchen, unseren Machtanspruch für Gradara zu hintertreiben. Sie wissen alle, dass du zu uns zurückgekehrt bist." Sein Blick versteinerte.

"Es wäre ein Leichtes, dich zu entführen und uns unter Druck zu setzen. Und das darf nicht geschehen! Wir müssen im Gegenteil versuchen, alle wieder zu vereinen."

"Heißt das, dass ich ab sofort eine Gefangene bin?" Ich fühlte, wie sich meine Augen mir Tränen füllten. Darauf war ich wirklich nicht vorbereitet gewesen. Ich war sozusagen das Faustpfand, das sie sich gesichert hatten. Ärger stieg in mich hoch. Warum hatte man mir nur die halbe Wahrheit gesagt? Ich konnte meinen Zorn und meine Enttäuschung kaum verbergen, als ich zu meinem Vater sagte:

"Ich bin freiwillig zu Euch zurückgekehrt. Dafür soll ich jetzt bestraft werden?"

"Nein, Lucia, wir sind deine Familie und lass mich mit den anderen dieses Problem besprechen. Du kannst diesen Nicholas schon bald wiedersehen, darauf gebe ich dir mein Wort."

Ich war verzweifelt. Man würde sicher eine Ausrede erfinden, die meinen Wunsch nach München zu fahren in weite Ferne rücken würde. Die Diskussion mit meinem Vater führte zu Nichts, das sah ich ein. Ich stand auf und ging zurück ins Refektorium Mein Vater blieb in seinem Arbeitszimmer.

Orlando war während des Gesprächs mit meinem Vater mit den anderen zusammen gestanden, doch er hatte mitbekommen, dass ich sehr aufgewühlt war. Er kam zu mir und beugte sich zu meinem Ohr herab:

"Lucy-Ferry", sagte er leise

"ich möchte dir etwas zeigen!" So hatte er mich noch nie genannt, hier in meiner neuen Familie war ich Lucia-Ferite oder einfach nur Lucia. Seine Stimme war lockend, verführerisch und ich brauchte dringend jemanden, der mich verstand. Zu viele unangenehme Dinge waren in den letzten Stunden auf mich eingestürmt. Vielleicht hatte Orlando eine Lösung für mein Problem.

Wir verließen das Refektorium und gingen ein Stockwerk höher, um dann durch eine schmale Tür erneut in ein Treppenhaus zu kommen. Hier war es total dunkel. Orlando nahm mich bei der Hand und sagte, folge mir einfach die Stufen hinauf. Dann schloss er mit einem großen mittelalterlichen Schlüssel eine schwere Holztüre auf. Wir mussten uns bücken, um hindurch zu treten.

Wir waren in der Burg, im Obergeschoss, das ich mit meinen Freunden besichtigt hatte. Wir gingen wieder durch einen Gang, der links und rechts mit Holzbalken eingefasst war, dann kamen wir durch ein Zimmer mit Kachelofen, das ich auch schon kannte. Nach ein paar weiteren Räumen standen wir vor dem großen Doppelbett Draculas. Orlando drehte sich zu mir um:

"Das ist es, was ich dir zeigen wollte!"

"Ich kenne dieses Bett schon", sagte ich, denn ich habe die Burg vor ein paar Tagen mit meinen Freunden besichtigt.

"Hier sind wir absolut ungestört!", sagte Orlando und setzte sich auf die Bettkante.

"Was willst du damit sagen?", fragte ich und ging einen Schritt zurück. Das Licht in diesem Raum kam von einem kleinen Fenster, durch das der Mond fahle Lichtstrahlen schickte. Die Ecken des Zimmers lagen in völliger Dunkelheit. Orlando erhob sich wieder und kam auf mich zu. Seine Augen glühten. Er berührte zärtlich mein Gesicht und sagte:

"Vergiss für ein paar Stunden deinen menschlichen Freund. Ich kann dir das geben was du brauchst und ich verspreche dir, dich zu ihm zu begleiten, wenn der Clan es erlaubt. Ich werde mich bei unserem Vater für dich einsetzen. Und er hört auf mich!"

"Ist das der Preis, den du einforderst, damit ich Nicholas wiedersehen kann?", fragte ich empört.

Orlando antwortete:

"Wenn du glaubst, dass du ohne mich unseren Vater umstimmen kannst, dann irrst du dich. Er wird eher Nicholas töten lassen, als dir zu erlauben, ohne Begleitung nach München zu gehen. Ich allein kann dir genug Schutz geben, denn wir sind von einem Blut. Er stand so dicht vor mir, dass mich sein Hemd berührte. Seine Hände wanderten über meinen Rücken hinunter und drückten mich gegen seine Brust. Ich fühlte seinen Atem an meinem Ohr.

"Außerdem empfindest du so wie ich, das weiß ich genau. Du hast die gleichen Wünsche in dir, die gleiche Leidenschaft, denn wir sind uns ebenbürtig."

Er begann mit seinen Lippen meinen Hals zu liebkosen. Auch seine Zunge setzte er mit viel Gefühl ein. Ich bemerkte, wie sich mein Körper ihm entgegendrängte. Völlig unerwartet hatte sich in mir ein Feuer entzündet, das dieser Kreatur zugetan war. Ich war ein Vampir! Mein Kopf hatte sich noch nicht darauf eingestellt, aber mein Körper war von diesem Blut erfüllt und mit dem Verlangen, sich mit Orlando zu vereinigen. Orlando schob mein Kleid hoch. Seine Hände streichelten meinen Po und mit einem Finger schob er den String beiseite. Ich spürte, wie sich meine Fänge in seinen Rücken gruben. Sie durchdrangen sein schwarzes Seidenhemd und Orlando stöhnte auf. In meinen Ohren rauschte es und Orlando begann mit seinem Mund meine Lippen intensiv zu erkunden. Er hielt mich noch immer fest an sich gedrückt und ging mit mir zusammen rückwärts bis zu dem Himmelbett Draculas. Dort setzte er sich langsam nieder und zog mich rittlings auf sich. Ich spürte seine starke Erregung und er begann mir mein Kleid über den Kopf zu ziehen. Die Corsage, die ich trug, hatte vorne kleine Häckchen. Orlandos geschickte Hände öffneten sie, ohne dass er seine Lippen von mir gelöst hätte. Seine Zunge erkundete weiter meinen Mund und dann senkte er seinen Kopf auf meine Brust, um an meinen Brustwarzen zu saugen. Ich empfand ein starkes Verlangen, ihn in mir zu spüren, meine Finger hatten seine Hose geöffnet, ohne dass ich so recht wusste, was ich tat. Ich folgte allein meinem Instinkt und es war wieder so wie früher, dass ich ungeduldig wurde und fürchtete zum Höhepunkt zu kommen, bevor Orlando überhaupt meine Vagina berührt hatte.

"Orlando", sagte ich

ich werde verrückt, wenn du mich nicht endlich nimmst." Er schob mich einen Moment von sich zurück, dann drehte er sich gemeinsam mit mir und lag plötzlich auf mir. Doch anstatt sich in mich zu schieben, begann er, mit seinen Fingern Kreise um meine erregteste Stelle zu beschreiben. Meine Muskulatur begann zu zucken und ein heißes Verlangen, wie ich es noch nie gekannt hatte, übermannte mich. Doch Orlando ließ mich weiter warten, er genoss es sichtlich, dass ich mir vor Aufruhr meine Haare raufte und wild um mich schlug. Mein Körper war ein Vulkan, der gerade seinen Ausbruch vorbereitete, doch Orlando spielte mit mir, er erlöste mich noch nicht. Eine Hitzewelle durchströmte mich mit nicht enden wollenden Wellen und ertränkte meine Gefühle in lautem Stöhnen. Erst jetzt begann Orlando sich langsam in mich zu schieben. Immer tiefer und mit viel Gefühl, doch ohne sich zu bewegen. Die Erlösung war so nahe, und nur ich selbst konnte sie mir verschaffen. Das war es, was Orlando mir als unsere gemeinsame Leidenschaft beschrieben hatte. Unsere Körper verschmolzen miteinander.

Meine Bewegungen wurden langsamer und wenn ich geglaubt hatte, dass das das Ende unserer Vereinigung war, hatte ich mich getäuscht. Sein Körper hatte so viel mehr zu bieten, als ein menschlicher Mann mir je beschert hatte. Er ließ erst wieder von mir ab, als ich nur noch ein zuckendes Bündel mit unkontrollierten Bewegungen war, das halb besinnungslos unter ihm lag. Ich fühlte, wie er sich neben mich legte und seine Hand auf meinen Bauch schob. Er stützte sich auf und sagte zu mir:

"Ich habe heute auf den Biss verzichtet, denn das wäre zuviel für dich gewesen." Ich konnte ihm nicht antworten, denn die Reize, die meinen Körper überflutet hatten, hatten mich high gemacht und ich war noch so in Aufruhr und musste mich erst beruhigen. Das Bett Draculas hatte unter uns gebebt und laut gekracht, doch jetzt herrschte wieder absolute Stille in dem dunklen gespenstischen Raum.

Als ich meine Stabilität und meine Stimme wieder gefunden hatte, sagte ich:

"Vampire beißen sich gegenseitig auch?" Orlando lachte mit einem tiefen kehligen Ton und antwortete:

"Das ist es, was uns erst die wirkliche Erlösung beschert. Aber das wirst du auch noch kennenlernen."

Ich war überwältigt von Gefühlen, wie ich sie vorher noch nicht gekannt hatte. Trotzdem wanderten meine Gedanken zu Nicholas. Er war derjenige, den ich wollte und Orlando konnte mir zwar perfekten Sex bieten, aber meine Sehnsucht würde nur Nicholas stillen. Wenn Orlando die Lösung war, um mich zu meinem Geliebten zu bringen, würde ich alles tun, um ihn zufrieden zu stellen. Orlando riss mich aus meinen Gedanken, als er sagte:

"Wir sollten jetzt zurückgehen. Der Himmel wird schon hell und ich muss in meinen Sarkophag zu den anderen. Du kannst zurück in deinen Salon. So lange du noch nicht mit uns zur Jagd gehst, darfst du dort schlafen."

Ich war froh, dass ich allein sein konnte, denn ich war nicht nur zerzaust, auch meine Gefühle waren noch sehr durcheinander. Ich schämte mich auch etwas für mein Benehmen und meine Gier nach Sex. Es war sicher besser, wenn mich die anderen vorerst nicht zu Gesicht bekamen.

Nachdem drei Frauen mit ihren Kindern hier im Clan friedlich nebeneinander mit dem gleichen Mann schliefen, nämlich mit meinem Vater, ahnte ich, dass es nichts Besonderes war, seine sexuellen Bedürfnisse mit demjenigen zu befriedigen, der am nächsten war. Vampire besaßen keine menschliche Moral. Wer tötet ohne Reue, nimmt sich auch den Partner, der ihm gefällt, ohne Rücksicht auf andere Gefühle. Mein Vater hatte sicher bemerkt, dass Orlando sich mehr als gewöhnlich um mich kümmerte, aber das schien ihn nicht zu stören, obwohl er mein Halbbruder war. Er hatte ihn ja extra an meine Seite gestellt, damit ich mich schneller im Clan eingewöhnen würde. An diese seltsamen Bräuche musste ich mich noch anpassen.

Ich hoffte, dass mein Vater schon bald grünes Licht für München geben würde, damit ich Nicholas wiedersehen konnte. Mit ihm verband mich mehr als Sex und ich hoffte, dass mein Leben als Vampir diese Tatsache nicht ändern würde.