1. Kapitel
14. April
Carmen Gómez lag in ihrem Bett und starrte in die Dunkelheit. Durch die Jalousien drang kaum Licht ins Zimmer. Trotzdem musste es Tag sein, sonst wäre es stockfinster gewesen. Sie konzentrierte sich. Wie lange lag sie schon hier? Es musste der zweite Tag sein, an dem man sie in ihrem eigenen Schlafzimmer gefangen hielt. Was auch immer man ihr einflößte, es machte sie schrecklich müde.
Vom langen Liegen schmerzte ihr jeder Knochen im Leib. Sie versuchte, sich auf die Seite zu drehen. Aus der Ferne vernahm sie Geräusche. Sie lauschte in die Finsternis und erkannte die vertraute Stimme ihrer Freundin Célia Crespo.
»Célia, hilf mir!« Sie hatte schreien wollen. Doch es war kaum mehr als ein Flüstern über ihre Lippen gedrungen. Entschlossen krallte sie ihre Finger in die Laken, zog sich daran hoch und setzte sich aufrecht ins Bett. Sie kauerte auf der Bettkante und sammelte Kraft für ihren nächsten Schritt. Aufstehen. Du musst aufstehen. Sie mobilisierte all ihre Kräfte und schaffte es, sich auf die Beine zu stellen. Ihr wurde schwindelig, ihre Knie zitterten und sie verharrte einen Augenblick. Konzentrier dich, ein Schritt nach dem anderen.
Die kurze Strecke vom Bett zur Zimmertür überstieg beinahe ihre Kräfte. Die Stimmen entfernten sich. Célia, geh nicht, lass mich nicht allein, du musst mir helfen! Mit einer letzten Anstrengung erreichte sie die Tür, legte die Hand auf die Klinke und drückte sie hinunter. Abgeschlossen. Ihre Hoffnung schwand. Bevor sie nochmals rufen konnte, hörte sie, wie die Haustür leise ins Schloss fiel. Célia war gegangen und mit ihr Carmens letzte Hoffnung auf Rettung. Tränen liefen ihre Wangen hinab.
Carmen lehnte sich an die Tür. Ihre Beine waren zu schwach, um ihr Gewicht noch länger tragen zu können. Sie rutschte am Türblatt zu Boden und kauerte sich zusammen. Ihr Kampfgeist war gebrochen; ihre einzige Chance vertan.
Die Kälte der Fliesen kroch in ihren Körper, doch es störte sie nicht. Nichts störte sie mehr. Sie ergab sich ihrem Schicksal.