Vorwort

Falls es zu Beginn des zwanzigsten Jahrhunderts noch Zweifel gegeben hatte, so war die Sache zu Beginn des 21. ausgemacht: Wenn es darauf ankommt, das wahre Wesen der Wirklichkeit offenzulegen, führen uns unsere gewöhnlichen Erfahrungen häufig in die Irre. Denkt man genauer darüber nach, ist das eigentlich nicht verwunderlich. Als unsere Vorfahren in den Wäldern Essbares sammelten und in der Savanne auf die Jagd gingen, hätte ihnen die Fähigkeit, das Quantenverhalten der Elektronen zu berechnen oder die kosmologischen Konsequenzen der Existenz Schwarzer Löcher aufzuklären, kaum einen Überlebensvorteil eingebracht. Ein größeres Gehirn aber war mit Sicherheit von Nutzen, und mit der Erweiterung unserer geistigen Kapazität nahm auch die Fähigkeit zu, unsere Umgebung immer eingehender zu erforschen. Einige Angehörige unserer Spezies bauten Vorrichtungen, mit denen sich die Reichweite unserer Sinne vergrößerte; andere begannen, sich mit großem Erfolg eine systematische Methode zum Aufspüren und Ausdrücken von Mustern anzueignen: die Mathematik. Dank solcher Hilfsmittel konnten wir nach und nach einen Blick hinter die Alltagserscheinungen werfen.

Was wir dabei entdeckt haben, erfordert bereits für sich genommen radikale Veränderungen an unserem Bild vom Kosmos. Mit physikalischen Erkenntnissen und mathematischer Strenge, mit Experimenten und Beobachtungen als Leitfaden und Bestätigung konnten wir etwas Wichtiges nachweisen: Raum, Zeit, Materie und Energie verfügen über ein Verhaltensrepertoire, das weit über unsere Alltagserfahrung hinausgeht. Gründliche Analysen dieser und ähnlicher Entdeckungen führen uns heute wohl zur nächsten Umwälzung unseres Wissensstandes: Möglicherweise ist unser Universum nicht das einzige. Um dieses Thema geht es in Die verborgene Wirklichkeit.

In diesem Buch setze ich beim Leser keinerlei Fachkenntnisse in Physik oder Mathematik voraus. Stattdessen möchte ich wie in meinen früheren Büchern mithilfe von Metaphern, Analogien und eingestreuten historischen Episoden einige der seltsamsten und – sollten sie sich als richtig erweisen – aufschlussreichsten Erkenntnisse der modernen Physik allgemein verständlich darstellen. Viele der hier vorgestellten Konzepte setzen voraus, dass der Leser bequeme Denkweisen aufgibt und sich mit unerwarteten Bereichen der Realität auseinandersetzt. Die wissenschaftlichen Windungen und Wendungen, die dieser Weg genommen hat, machen ihn nur umso spannender und verständlicher. Ich habe daraus mit Bedacht ausgewählt und eine Landschaft der Ideen gezeichnet, die sich mit Gipfeln und Tälern vom Alltäglichen bis zum völlig Ungewohnten erstreckt.

Im Unterschied zum Aufbau meiner früheren Bücher habe ich dieses Mal keine Einleitungskapitel zur systematischen Darlegung von Grundwissen – beispielsweise über die Spezielle und Allgemeine Relativitätstheorie oder über Quantenmechanik – vorangestellt. Stattdessen führe ich Elemente aus diesen Themenbereichen jeweils nur »nach Bedarf« ein; wenn ich hier und da feststelle, dass eine etwas umfassendere Darstellung notwendig ist, damit das Buch aus sich heraus verständlich bleibt, weise ich Leser mit fortgeschrittenen Kenntnissen darauf hin, dass sie diesen oder jenen Absatz ohne Weiteres überspringen können.

In mehreren Kapiteln widme ich dagegen die letzten Seiten einer Darstellung des Materials, die manche Leser vielleicht schwierig finden werden. Zu Beginn dieser Abschnitte biete ich Lesern mit weniger Vorkenntnissen eine kurze Zusammenfassung an, und dann können sie zum nächsten Kapitel springen, ohne den Zusammenhang zu verlieren. Dennoch möchte ich ausdrücklich dazu ermutigen, diese Abschnitte so weit zu lesen, wie Interesse und Geduld es erlauben. Die Beschreibungen sind dort zwar komplizierter, der ganze Text ist aber für ein breites Lesepublikum bestimmt und setzt auch hier nichts anderes voraus als den Willen zum Durchhalten.

Die Anmerkungen sind in dieser Hinsicht etwas anderes. Leser, für die das Thema neu ist, können sie völlig außer Acht lassen; der kenntnisreichere Leser findet dort Klarstellungen oder Erweiterungen, die ich für wichtig halte, die aber im Haupttext des Buches zu weit geführt hätten. Viele Anmerkungen richten sich an Leser mit mathematischer oder physikalischer Bildung.

Während ich Die verborgene Wirklichkeit schrieb, erhielt ich viele nützliche, kritische Kommentare und Rückmeldungen von Freunden, Kollegen und Angehörigen, die einige oder alle Kapitel des Buches gelesen hatten. Mein besonderer Dank gilt David Albert, Tracy Day, Richard Easther, Rita Greene, Simon Judes, Daniel Kabat, David Kagan, Paul Kaiser, Raphael Kasper, Juan Maldacena, Katinka Matson, Maulik Parikh, Markus Pössel, Michael Popowits und Ken Vineberg. Die Arbeit mit Marty Asher, meinem Lektor bei Knopf, ist immer eine Freude, und ich danke auch Andrew Carlson, der das Buch in den letzten Herstellungsstadien fachmännisch betreute. Die großartigen Illustrationen von Jason Severs kommen der Qualität der Beschreibungen sehr zugute; ich danke ihm sowohl für seine Begabung als auch für seine Geduld. Mit besonderer Freude danke ich meinen Agenten Katinka Matson and John Brockman.

Als ich überlegte, wie ich den in diesem Buch behandelten Stoff darstellen soll, waren zahlreiche Gespräche mit einer großen Zahl von Kollegen äußerst nützlich. Neben den bereits erwähnten Personen danke ich insbesondere Raphael Bousso, Robert Brandenberger, Frederik Denef, Jacques Distler, Michael Douglas, Lam Hui, Lawrence Krauss, Janna Levin, Andrei Linde, Seth Lloyd, Barry Loewer, Saul Perlmutter, Jürgen Schmidhuber, Steve Shenker, Paul Steinhardt, Andrew Strominger, Leonard Susskind, Max Tegmark, Henry Tye, Curmrun Vafa, David Wallace, Erick Weinberg und Shing-Tung Yau.

Mit der Arbeit an Das elegante Universum, meinem ersten Buch für ein Laienpublikum, begann ich im Sommer 1996. In den 15 Jahren, die seither vergangen sind, genoss ich ein unerwartetes, fruchtbares Wechselspiel zwischen dem zentralen Thema meiner wissenschaftlichen Forschung und den Gebieten, über die ich in meinen Büchern berichte. Ich danke meinen Studierenden und Kollegen an der Columbia University für ein lebendiges Forschungsumfeld, dem Energieministerium für die Finanzierung meiner wissenschaftlichen Arbeit und dem mittlerweile verstorbenen Pentti Kouri für die großzügige Unterstützung meines Forschungszentrums an der Columbia University, dem Institute for Strings, Cosmology and Astroparticle Physics.

Und schließlich danke ich Tracy, Alec und Sophia, die dieses Universum zum besten aller möglichen Universen machen.