VORWORT
Österreich, sagt man, sei insofern ein glückliches Land, als die Leute hier Deutsch sprechen und trotzdem keine Preußen sind. Ersteres wird uns aber gerne abgesprochen, klingt doch, was wir hier von uns geben, schlampig hingenuschelt im Gegensatz zur gehobenen Rede, die unsere Nachbarn führen. Wir warten vergeblich auf Austauschschüler, denn die sollen ja ordentliches Deutsch lernen, nicht irgendeinen urigen Dialekt, und die Redakteure spitzen den Rotstift über den Werken „öst’rreichischer“ Autoren und ersetzen gewissenhaft jeden „Sessel“ durch einen „Stuhl“ und jeden „Kasten“ durch einen „Schrank“.
Der deutsche Mensch lächelt gnädig, wenn ihm in gelöster Urlaubsstimmung aus dem Mund eines trachtenbehüteten Originals Schwerverständliches entgegentönt, aber in der Sprache der Literatur fallen ihm jene au-striakischen Kuriositäten, die vom Lektorat aus mangelnder Aufmerksamkeit oder patriotischem Eigensinn nicht bereinigt wurden, mitunter recht unangenehm auf. Da wird dann doch eine allgemeinverbindlichere Tonart erwartet; denn woher soll der deutsche Mensch zum Beispiel wissen, daß das, was spätestens eine Woche nach dem letzten Staubsaugen durch die Wohnung läuft, keine seltene Amphibienart ist, sondern, wie Duden sagt, „zusammengeballter, mit Fasern durchsetzter Staub (österr. ugs.: Lurch)“?
Es gilt also, dem nicht ganz so Kundigen auf die Sprünge zu helfen, indem man ihm ein Wörterbuch in die Hand gibt, das er immer bei sich führen kann, wenn er mit den Eingeborenen dieses Landes zusammentrifft – entweder um sich in einer unassimilierten Gaststätte die Speisekarte auszudeutschen oder um in den Dschungel des literarischen Wildwuchses vorzudringen –, ein Beitrag zur Völkerverständigung im „Westentaschlfor-mat“ sozusagen; den anderen aber, die, ohne mit der Wimper zu zucken, das Wort „Powidl-datschgerl“ herausbuchstabieren und angesichts der Aufforderung, sich brausen zu gehen, gar nicht erst auf den Gedanken kom men, es könnte eine Dusche angesagt sein, sei bei der Lektüre der gefladerten (zusammengeklauten) und selbsterfundenen Übersetzungen viel Vergnügen gewünscht.
Auch mancher Österreicher wird auf Töne stoßen, die ihm nicht recht vertraut klingen, zumal es die Gerechtigkeit gegenüber unseren Vorarlberger Landsleuten verlangte, den einen oder anderen alemannischen Ausdruck aufzunehmen.
Darüber hinaus ist solch ein Wörterbuch auch ein Psychogramm: denn die Seele eines Landes offenbart sich ja nicht zuletzt darin, wofür man Worte findet und worüber man sie verliert. Hier zeichnen sich drei entscheidende Themenkreise ab, die den Österreicher scheinbar mehr bewegen als alles andere: die unterschiedlichsten Grade der Alkoholisierung, die diversen Formen geistiger Demenz und die vielfältigen Aspekte weiblicher Widerwärtigkeit. Tu felix Austria!