NEUN

Nachdem die Spurensicherung angerückt war und damit begonnen hatte, Beatrice Manderscheids Wohnung auf den Kopf zu stellen, hatte sie es nicht mehr ausgehalten. Kaltenbach hatte, da sich noch niemand von der Kripo Koblenz eingefunden hatte, seine Handynummer bei den Kriminaltechnikern hinterlegt. „Wir halten uns bereit“, sagte er und deutete mit dem kantigen Kinn auf die völlig aufgelöste Frau. „Aber ihr fällt die Decke auf den Kopf.“

„Wir rufen an, sobald die Kollegen aus Koblenz da sind – sicher haben die ein paar Fragen.“

„Natürlich.“ Kaltenbach nickte und gab Beatrice Manderscheid ein Zeichen. Unten auf der Straße atmete sie tief durch. „Das hätte ich einfach nicht länger da drinnen ausgehalten“, entfuhr es ihr erleichtert.

„Wo können wir ungestört reden?“ Wie automatisch hatte Kaltenbach einen Arm um ihre Schulter gelegt. Sie ließ es geschehen.

„Am Stadtsee ist es ganz nett.“

„Zu Fuß?“

„Am besten.“

Sie nickte, und so gingen sie schweigend nebeneinander her. Ihr Weg führte sie durch eine ruhige Wohngegend, dann lag der Stadtsee, umgeben vom satten Grün der Bäume, vor ihnen. Kaltenbach breitete die Lederjacke, die er locker über den Arm getragen hatte, auf dem Rasen aus. Sie ließen sich am Ufer nieder, und Kaltenbach begann, flache Steine übers Wasser hüpfen zu lassen. Kinder spielten weiter oben auf dem Weg. Ihr unbeschwertes Lachen drang gedämpft an ihre Ohren. Ein Entenpaar erhob sich mit wütendem Schnattern in die Luft.

„Dann gibt es halt keinen Entenbraten“, grinste Kaltenbach. Dann wurde er ernst. „Schlimm?“

Sie blickte aufs Wasser und nickte. „Das ist ein Hammer. Vor allem, wenn ich mir vorstelle, dass Frau Georgi wegen einer Verwechslung sterben musste. Der Anschlag galt mir, und ich bin sicher …“ Sie brach ab, und als sie sich wie selbstverständlich an ihn schmiegte und zu Kaltenbach aufblickte, sah er, dass ihre Augen feucht schimmerten.

„Ich arbeite an einer Geschichte über den Umweltskandal am Hahn“, erinnerte er sie.

Beatrice lachte trocken auf. „Um welchen der vielen Umweltskandale geht es denn?“

„Das weiß ich offen gestanden selber noch nicht so genau. Ich habe nur erfahren, dass dein Mann umgebracht wurde. Er stand irgendwie als Umweltschützer mit den Betreibern des Flughafens auf Kriegsfuß.“

„Du meinst, Rudolf musste deshalb sterben?“

Kaltenbach zuckte die Schultern. „Fakt ist, dass in den letzten beiden Tagen zwei weitere Menschen starben – beide haben sich gegen den Hahn gewehrt.“ Er machte eine Pause, bevor er weitersprach. „Ich weiß, Beatrice, das ist jetzt nicht leicht. Und ich weiß, dass die Polizei dir diese Frage damals schon mal gestellt hat: Hast du eine Idee, wer für den Mord an deinem Mann verantwortlich sein könnte?“

„Man hat mich tatsächlich gefühlte hundert Mal gefragt“, nickte Beatrice und sah ihm zu, wie er einen weiteren Stein über die Wasseroberfläche hüpfen ließ. Das Glucksen des Wassers drang leise zu ihnen. „Und kurzzeitig habe sogar ich unter Mordverdacht gestanden. Unsere Ehe war nicht mehr das, was wir uns bei der Hochzeit davon versprochen hatten. Rudolf war zwölf Jahre älter als ich, und er hatte den Baustoffhandel. Freizeit kam da ständig zu kurz.“

„Du hast dir Abwechslung gewünscht.“

Nun lächelte sie säuerlich. „Ich habe sie mir geholt“, antwortete sie. „Das war nicht gut, aber ich … wie soll ich sagen? Ich hatte meine Bedürfnisse, und außerdem war mir von einer guten Freundin gesteckt worden, dass sich Rudolf mit einer Sachbearbeiterin vergnügte – das erklärte wohl auch die eine oder andere Überstunde.“

„Damit war das Ende eurer Beziehung beschlossene Sache?“

„Das war es eigentlich schon viel früher. Mein Verhältnis zu dem Mann habe ich natürlich beendet, zumal er selber verheiratet war und eine kleine Softwareschmiede in Trier betrieb. Aber, um auf deine Frage zurückzukommen: Ja, wir hätten uns sicherlich bald scheiden lassen. Doch dazu ist es nicht mehr gekommen, weil Rudolf umgebracht wurde.“

„Wie war das, als du unter Mordverdacht gestanden hast?“

Beatrice lachte auf. „Schrecklich natürlich – was dachtest du denn? Ich wurde zur Kripo nach Wittlich eingeladen, man hat mich verhört und wie einen Verbrecher behandelt. Allerdings hatte ich ein ziemlich stichfestes Alibi und konnte wieder gehen, nachdem ich das Protokoll der Befragung unterschrieben hatte.“

„Und die Firma?“

„Ich bin kein Spezialist für Baustoffe, und von Lkw habe ich auch keine Ahnung. Was sollte ich also mit einer Baustoff-Spedition? So habe ich mich dazu entschlossen, die Firma zu verkaufen, die mich sowieso immer nur an meine gescheiterte Ehe mit Rudolf erinnert hätte.“

„Darf ich fragen, was du momentan beruflich treibst?“

„Hey“, rief sie in gespielter Empörung. „Verhörst du mich jetzt? Ich erinnere mich, dass du mich etwas wegen Rudolf fragen wolltest. So etwas hast du jedenfalls vorhin angedeutet.“

„Das ist richtig, ja.“ Kaltenbach nickte. Dann fiel ihm ein, dass man Beatrice den Computer gestohlen hatte. Wie sie bei einem Rundgang mit den Polizisten festgestellt hatte, fehlte ansonsten nichts. „Hast du sensible Daten auf deinem Rechner?“

Nun lachte Beatrice. „Du kannst quatschen wie ein Beamter.“

„Oh, Entschuldigung.“ Kaltenbach machte eine betroffene Miene und senkte den Blick, dann grinste er. „Also – was ist nun?“

„Ja, was verstehst du denn unter sensiblen Daten?“ Beatrice erhob sich und wanderte vor Kaltenbach auf und ab. Er betrachtete sie nachdenklich. Sie war eine sehr hübsche Frau, sie schien intelligent, schlagfertig und witzig zu sein. Rudolf Manderscheid war ein Idiot gewesen, diese Frau zu betrügen und zu vernachlässigen.

„Daten, die noch mit deiner Ehe zu tun haben, oder mit der Firma deines Mannes. Er war doch im Umweltschutz sehr aktiv. Ist es möglich, dass er irgendwelche Dateien auf deinem Rechner gespeichert hatte?“

Sie blieb stehen und überlegte. Da war sie wieder, die steile Falte auf ihrer Stirn, die ihm vorhin schon aufgefallen war. „Ich will es nicht ausschließen. Der Rechner ist drei Jahre alt, also wäre es durchaus möglich, dass Rudolf an ihm gearbeitet hat. Meinst du denn …“

Kaltenbach zuckte die Schultern. „Ich will nichts außer Acht lassen“, murmelte er und suchte sich einen neuen Stein, den er auf die Oberfläche des Stadtsees warf.

Wieder gluckste es, diesmal mischte sich das Klingeln von Kaltenbachs Handy darunter. Udo Reuschenbach unterbrach ihr Gespräch.

„Darf ich wissen, wo ihr euch rumtreibt?“, blaffte er ungehalten in den Hörer.

„Ich wüsste nicht, was dich das angeht, Alter“, entgegnete Kaltenbach unbeeindruckt.

„Pass mal auf, mein Guter – ich gebe dir fünf Minuten um hier zu sein.“

„Wo ist denn hier?“

„Wo wohl? In der Daniel-Meisner-Straße. Die Eigentümerin der Wohnung ist mit dir verschwunden, das haben mir die Kollegen gerade mitgeteilt. Sag mal, bumst du eigentlich alles, was nicht bei drei auf den Bäumen ist?“

„Mach mal langsam“, unterbrach Kaltenbach ihn. „Danke für das Kompliment, aber ich bin auch nicht mehr der Jüngste.“ Dann verstand er der Grund von Udos Anruf. „Moment“, sagte er. „Soll das bedeuten, dass du …“

„Ich erwarte euch hier in der Wohnung von Beatrice Manderscheid – wie gesagt: Fünf Minuten.“

Als Kaltenbach ein monotones Tuten vernahm, stierte er kopfschüttelnd auf sein Handy, drückte die rote Taste und stand auf. Er griff nach seiner Jacke und warf sie sich lässig über die Schulter.

„Probleme?“, fragte Beatrice.

Kaltenbach schüttelte den Kopf. „Nein, nicht wirklich. Nur ein äußerst schlecht gelaunter Bulle, der in deiner Wohnung auf uns wartet.“

„Du klingst wie dein Trierer Kollege Caspari“, begrüßte Kaltenbach seinen Freund, der vor dem Haus in der Daniel-Meisner-Straße ruhelos wie ein Tiger auf und ab wanderte.

Nun rang sich Udo ein mattes Lächeln ab. „Nichts für ungut, aber der ständige Stress, du weißt schon. Außerdem bin ich heute Abend mit Larissa verabredet. In Linz hat ein neues Lokal geöffnet, und ich wollte sie dahin ausführen, ganz romantisch.“

„Ich sehe, ihr kennt euch?“, mischte sich Beatrice nun ein.

Kaltenbach nickte.

„Beatrice, ähm, Beatrice Manderscheid, das ist Kriminalhauptkommissar Udo Reuschenbach. Wir haben das zweifelhafte Vergnügen, uns schon seit unserer Kindheit zu kennen und auch noch im gleichen Dorf zu wohnen – da läuft man sich zwangsläufig immer wieder über den Weg.“

„Können wir dann bitte zum Dienstlichen kommen?“, drängte Udo und blickte demonstrativ auf seine Armbanduhr.

„Eigentlich müsstest du mir dankbar sein, weil ich dich von den Feuerteufeln weggeholt habe“, maulte Kaltenbach, doch Udo ging nicht auf seine Bemerkung ein. „Schieß los: Was hast du hier um alles in der Welt zu suchen?“

„Sag mal – leidest du neuerdings an Demenz? Ich habe es dir vorhin am Telefon haarklein erzählt, das werd ich jetzt bestimmt nicht noch mal tun, Alter.“ Kaltenbach deutete auf Beatrice. „Frag mal die Besitzerin der Wohnung. Ich könnte mir vorstellen, dass sie dir interessantere Dinge erzählen kann.“ Als er das verängstigte Gesicht von Beatrice Manderscheid sah, tat sie ihm fast schon wieder leid. Manchmal war selbst Udo Reuschenbach unmöglich. Kaltenbach beschloss, ihm das bei Gelegenheit zu sagen.

„Mich brauchst du doch hier nicht mehr“, legte er Udo nahe, bevor dieser seine Befragung begann.

„Du bist überflüssig, da hast du recht“, grinste Udo. „Hau schon ab – wenn ich noch Fragen habe, weiß ich ja, wo du wohnst.“

„Dann bequatschen wir das bei ’nem Bier“, nickte Bernd und machte Anstalten zu gehen.

„Bernd, warte!“, rief Beatrice.

Er verharrte in der Bewegung und zog fragend eine Augenbraue hoch.

„Kann ich dich anrufen?“ Beatrice war von dem Küchenstuhl, auf dem sie gesessen hatte, aufgesprungen und war auf Kaltenbach zugetreten.

„Natürlich.“

Sie holte einen kleinen Block und einen Kugelschreiber und notierte sich seine Handynummer, bedankte sich mit roten Wangen und widmete sich der Aufmerksamkeit von Udo Reuschenbach. Er grinste anzüglich, als Kaltenbach sich von ihm verabschiedete.

Mensch, dachte er unten auf der Straße, du kommst ja immer noch bei den hübschen Frauen an. Stolz machte er sich auf den Weg zur Ortsmitte, wo seine Honda auf ihn wartete.

Bernd Kaltenbach wollte noch auf einen Sprung in Enkirch vorbeischauen. Vielleicht gab es schon neue Erkenntnisse zum Anschlag auf das Labor. Es war später Nachmittag, als er die Maschine in einem eleganten Bogen von der Hunsrückhöhenstraße lenkte und zum zweiten Mal an diesem Tag am Hahn vorbeifuhr. Das mächtige Areal war von einem hohen Zaun umgeben und erinnerte auch heute noch an seine ehemalige Nutzung als Air Base der US-Streitkräfte. Früher waren hier drei fliegende Staffeln des Kampfjets F 16 beheimatet, die nach ihrem Einsatz im Irakkrieg gleich zurück in die Staaten gebracht worden waren. Kaltenbach erinnerte sich daran, dass hier Ende der 1980er-Jahre sogar die legendären und oft kritisierten Cruise Missile-Raketen stationiert waren. Bei Kastellaun hatte es die Raketenbasis Pydna gegeben, die jedoch nie termingerecht fertiggestellt worden war. Weil man auf der Hahn Air Base eine Möglichkeit zur Lagerung atomarer Sprengköpfe vorgefunden hatte, waren die Raketen einfach hiergeblieben. Eine bewegte Geschichte prägte den Hahn, und Kaltenbach stellte fest, dass man sich schon immer kaum um die Umwelt gekümmert hatte. Vielleicht waren die krebserregenden Stoffe, die man im Trinkwasser gefunden hatte, sogar auf irgendwelche Altlasten zurückzuführen.

Rostige Einzelteile von verwitterten Blechbaracken und von üppigem Grün bewachsene Betonröhren waren die letzten Relikte aus der alten Zeit.

Kaltenbach drosselte das Tempo der Maschine und steuerte die Honda an den Straßenrand. Vielleicht, so überlegte er, wäre es gut, ein paar Fotos zu machen.

Nachdem er den Motor abgeschaltet hatte, umschloss ihn eine friedliche Stille. Die Gipfel der hohen Bäume rauschten, als Wind aufkam und durch die Blätter strich. Die Abendsonne tauchte die Umgebung in ein warmes Licht, und die Landebahn des Hahn gleich hinter dem Zaun wirkte da völlig deplatziert in der Idylle des Hunsrück. Nachdem Kaltenbach die Nikon aus dem Koffer geholt hatte, schoss er ein paar Aufnahmen vom Flughafengelände, das sich wie ein Fremdkörper in die eigentlich intakte Landschaft oberhalb des Moseltals bettete. Knapp hundert Meter entfernt gab es ein großes Tor im Zaun, wahrscheinlich eine Zufahrt für die Fahrzeuge von Lieferanten und der Security.

Während der Auslöser klickte, entdeckte Kaltenbach weitere Gebäude, die noch aus der Militärzeit des Hahn stammen mussten. Er fotografierte mit dem 300er-Teleobjektiv riesige halbrunde Rohre, die auf dem Grund zu ruhen schienen, Betonröhren mit verrosteten Eisentoren, die schon seit vielen Jahren nicht mehr geöffnet worden sind, auf dem Buckel der überdimensionalen Rohre üppiger Grünwuchs. Immer wieder erkannte er Betonplatten, die einst Fahrwege für die schweren Fahrzeuge gebildet hatten. Schon seit vielen Jahren waren die alten Truppenmitglieder wieder in den Staaten oder an irgendeinem Ort in der Welt stationiert. Oder im wohl verdienten Ruhestand. Der Zahn der Zeit nagte an den Überresten der ehemaligen Hahn Air Base, und Kaltenbach sah, dass die Natur längst begonnen hatte, den Grund zurückzuerobern. Etwas Mystisches ging von diesen fast vergessenen Teilen des Flughafens aus, und er spürte den morbiden Charme, den die verlassenen Militärgebäude jetzt ausstrahlten.

Verlassen und vergessen, der Kalte Krieg hatte Platz gemacht für eine friedliche, für eine zivile Nutzung.

Kaltenbach setzte die Kamera ab und betrachtete die skurrile Szenerie, die Mischung aus einem Militärflughafen, der längst in Vergessenheit geraten war und dem weltoffenen Flughafen, als der er sich in der Gegenwart präsentierte. Der Reporter des Rhein Wied Express hielt einen Augenblick lang inne und atmete tief durch. Obwohl es jenseits des hohen Zaunes eigentlich nach Öl, Kerosin und verbranntem Gummi riechen musste, war die Luft eigenartig frisch hier oben auf dem Hunsrück-Kamm.

Er entsann sich an die Zeit, die er selber beim Militär verbracht hatte. Ein Jahr lang Grundwehrdienst, den er in einer Kleinstadt bei Bremen verbracht hatte. Achim. Das musste 1990 gewesen sein, und wahrscheinlich stand von der guten alten Steuben-Kaserne, die er damals so gehasst hatte, kein Stein mehr auf dem anderen. Plötzlich hatte er wieder alles in der Erinnerung präsent: Die Übungen unter schweren Bedingungen, die Nachtwachen, die unendlich trockenen Technischen Dienste, die er in der InSt, der Instandhaltung geschoben hatte, die Panzer-Schießübung an der Ostsee – all das war plötzlich wieder Bestandteil seines Lebens. Er hatte nie etwas für die Bundeswehr übriggehabt, und den Grundwehrdienst hatte er nur absolviert, weil er den Führerschein der Klasse 2 haben wollte. Und, um nicht als Zivildienstler von seinen Freunden in die Kategorie Warmduscher geschoben zu werden. Gut, dass die zu Anfang seiner Soldaten-Karriere aufgerufenen 15 Monate kurz nach seiner Grundausbildung auf zwölf erträgliche Monate verkürzt worden sind. Dann hatte er den Scheiß eben schneller hinter sich, so hatte er damals gedacht. Rückblickend hatte ihm die Bundeswehrzeit nicht geschadet.

Mein Gott, dachte Kaltenbach, ist das lange her.

Kaltenbach war sich plötzlich darüber im Klaren, dass er alt wurde. Vielleicht würde er mal übers Wochenende nach Achim fahren, einfach mal so, der alten Zeiten wegen. Und einfach mal, um mal wieder einen Fuß auf das alte Kasernengelände zu setzen. Ganz ohne Truppenausweis, ganz zwanglos.

Und jetzt stand er am Zaun eines ehemaligen Militärflugplatzes, der lange nach dem Kalten Krieg für Unfrieden in der Bevölkerung sorgte. Stand es in seiner Macht als Journalist, das alles zu beenden? Zweifel kamen in ihm auf – vielleicht war der Hahn einfach eine Nummer zu groß für ihn, den kleinen Lokalreporter, der sonst über Schützenvereine und Karnevalsfeiern berichtete. Aber womöglich war eben das die Herausforderung für ihn.

Das Dröhnen eines hubraumstarken Dieselmotors ließ Kaltenbach aufhorchen. Unweit der Landebahn hinter dem Zaun erkannte er einen knallgelben Lkw. Kaltenbach wandte den Kopf und erkannte eine Mercedes-Sattelzugmaschine, die offenbar mit Allradantrieb ausgestattet war und einen Sattelauflieger mit einer Kippermulde.

Drüben wurde ein Tor im Zaun geöffnet. Der Arbeiter, wahrscheinlich ein Angestellter des Flughafens, grüßte den Fahrer des Kippers. Das schwere Fahrzeug rumpelte vom Gelände auf die Straße und beschleunigte recht flott. Der Mann am Zaun salutierte wie ein Soldat, dann verschloss er das hohe Tor eilig, stieg in einen Jeep und rumpelte davon.

Kaltenbach riss die Kamera hoch und schoss eine kleine Fotoserie, dann verstaute er die Nikon in seinem Koffer, sprang auf die Maschine und betätigte den Starter. Als er den Ständer eingeklappt hatte und sich in den Verkehr einordnen wollte, wurde die Honda von dem schnell vorbeifahrenden Lastzug gebeutelt. Um ein Haar hätte Kaltenbach das Gleichgewicht verloren und wäre mit der Honda umgekippt. Im Augenwinkel sah er die Aufschrift auf dem Sattelzug.

Manderscheid Baustoffe – wir fahren für Sie!, stand dort in großen Buchstaben. Der Lkw musste zu der Firma gehören, die Beatrice nach dem unaufgeklärten Mord an ihrem Mann verkauft hatte, um in Kastellaun ein neues Leben zu beginnen. Und Rudolf Manderscheid war Gegner des Hahn gewesen – jetzt fuhren seine Lastwagen offenbar für die Flughafengesellschaft. Kaltenbachs Neugier war erwacht. Er legte einen Gang ein und riss den Gashahn der Honda CBX auf. Die Maschine vollführte einen Satz nach vorn. Kaltenbach heftete sich an das Heck des Sattelzuges. Dabei fuhr er so, dass der Fahrer ihn in den Rückspiegeln nicht bemerken konnte. Der Kerl war viel schneller als mit den sechzig erlaubten Stundenkilometern unterwegs. Moderne Lkw hatten um die sechshundert PS, und so wunderte sich Kaltenbach auch nicht über die knapp hundert Stundenkilometer, mit denen der Bolide trotz seiner tonnenschweren Fracht unterwegs war.

Wollte der Mann hinter dem Steuer nach der letzten Fuhre schnell Feierabend machen, oder liefen dort falsche Geschäfte ab, in die der Trucker involviert war?

Kaltenbach verrenkte sich den Hals und konnte am oberen Rand der Kippmulde erkennen, dass der Lkw offenbar mit Bauschutt beladen war. Was waren das für falsche Geschäfte, die man mit Bauschutt machte? Er wusste es nicht und nahm sich vor, das Geheimnis zu lösen.

Das Dröhnen des Motors und das Surren der grobstolligen Reifen drangen bis unter das Visier von Kaltenbachs Helm. Jetzt fuhr der Fahrer des Sattelzuges Schlangenlinien. Offenbar hatte er bemerkt, dass er verfolgt wurde. Natürlich, wahrscheinlich hatte er auch schon gesehen, wie Kaltenbach ihn fotografierte, als er das Flughafengelände verlassen hatte.

Bernd Kaltenbach vergrößerte den Abstand ein wenig, blieb aber so dicht am Heck des Aufliegers, dass er sich im toten Winkel des Lkw bewegte. Als der Abzweig nach Raversbeuren in Sicht kam, verzögerte der Fahrer seinen Sattelzug nur kurz und zog ihn nahezu ungebremst in einem riskanten Manöver von der B 193 auf die Landstraße, die in den kleinen Ort oberhalb der Mosel führte. Die Reifen radierten über den Asphalt, und Kaltenbach fürchtete sekundenlang, dass der Lkw gleich umkippte. Kurz hinter dem Abzweig gab der Trucker wieder Gas. Dichter Wald wechselte sich mit Feldern ab, die sich wie ein überdimensioniertes Schachbrett in die Landschaft betteten. Im Augenwinkel sah Kaltenbach ein Reh über die Felder laufen, doch im nächsten Moment hatte er die vermeintliche Idylle wieder vergessen. Es war nicht der richtige Zeitpunkt, für die Schönheiten der Landschaft ein offenes Auge zu haben. Kaltenbach erschrak, als ein lautes Quietschen an seine Ohren drang. Die verschmutzten Bremsleuchten glühten gleich vor ihm auf, und im nächsten Moment schien Kaltenbach auf eine riesige Wand zuzufliegen. Dann hatte er begriffen, dass der Fahrer des Sattelzuges eine Vollbremsung hingelegt hatte und einen Auffahrunfall in Kauf nahm, nur um seinen Verfolger loszuwerden.

Bernd umklammerte den Lenker und merkte, dass die Honda ins Schlingern geriet. Zum Bremsen war es zu spät, denn der Lkw verzögerte trotz seines Eigengewichts mit brachialer Gewalt. Augenblicklich stank es nach verbranntem Gummi; Rauchschwaden stiegen von den Reifen auf, und Bernd schaltete einen Gang herunter. Der Motor der Honda brüllte auf wie ein getretenes Tier. Ein ungeübter Fahrer wäre wohl in diesem Augenblick gestürzt und unter den Aufbau des Kippers gerutscht. Doch Bernd tat genau das Gegenteil vom Bremsen: Er riss den Gashahn wieder auf und lenkte gegen, dann steuerte er nach links. Er sandte ein Stoßgebet zum Himmel, dass ihm kein Fahrzeug entgegenkam und versuchte, links am Auflieger vorbeizublicken. Sein Schutzengel ließ ihn nicht im Stich – die Gegenfahrbahn lag verlassen vor ihm.

Kaltenbach nahm das Gas zurück und versuchte, einen Blick in die hochbeinige Fahrerkabine zu werfen. Hinter dem Steuer erkannte er einen Hünen mit Schildmütze und verspiegelter Sonnenbrille, der stur nach vorn blickte. Jetzt schien er Kaltenbach im Augenwinkel wahrgenommen zu haben. Ohne sich zu ihm umzudrehen, riss er das Lenkrad des Lkw nach links und versuchte, Kaltenbach von der Straße abzudrängen. Doch der Reporter hatte damit gerechnet und beschleunigte die Honda wieder. Gegen die Beschleunigung des Motorrads hatte der tonnenschwere Sattelzug keine Chance – Kaltenbach katapultierte seine Maschine aus dem Gefahrenbereich und nahm erst Gas zurück, als die kantige Silhouette des Lkw in seinem Rückspiegel kleiner wurde. Langsam nur beruhigte sich sein Pulsschlag und er überlegte fieberhaft, wie er weiter vorgehen konnte, ohne ein weiteres Mal sein Leben zu riskieren.

Kastellaun, Daniel-Meisner-Straße, 19.15 Uhr

„Und ich bekomme keinen Personenschutz?“ Beatrice Manderscheid blickte Udo Reuschenbach Hilfe suchend und gleichermaßen vorwurfsvoll an.

„Keine Chance, tut mir wirklich sehr leid.“ Er hatte in der letzten Stunde mehrfach mit seinem Vorgesetzten telefoniert, um ihm die Situation der Witwe zu schildern. Für ihn lag es auf der Hand, dass der Mörder die Mitarbeiterin der Telefongesellschaft für Beatrice Manderscheid gehalten hatte. Hier lag eine tragische Verwechslung vor, denn die Frau hinterließ einen Sohn und einen trauernden Ehemann. Das Attentat hatte ursprünglich Beatrice Manderscheid gegolten. Und solange Udo den Mörder nicht gefasst hatte, befand sich die Frau in Lebensgefahr. Udo war sicher, dass der Täter zurückkommen würde, sobald er erfuhr, die falsche Frau getötet zu haben. Er hasste die Bürokratie der Behörde, in der er arbeitete. Wenn es nach ihm gegangen wäre, dann würde er dafür Sorge tragen, dass rund um die Uhr ein Streifenwagen vor dem Haus der alleinstehenden Frau stand.

Doch er war Ermittler und nicht für den Einsatz der Personenschützer zuständig.

Beatrice Manderscheid sah nicht, dass er die rechte Hand in der Hosentasche zur Faust ballte.

„Hören Sie“, sagte er und hatte Mühe, nicht aus der Haut zu fahren. „Ich finde es selber zum Kotzen, dass man Sie nicht rund um die Uhr schützt, aber mir sind die Hände gebunden, und ich bin den Kollegen gegenüber leider nicht weisungsberechtigt.“

„Na Mahlzeit.“ Nun lächelte die Frau matt. „Nein“, sagte sie schließlich. „Ich werde Ihnen keine Vorwürfe von wegen ,wofür zahl ich eigentlich Steuern‘ machen – diese Sprüche hören Sie wahrscheinlich oft genug.“ Sie atmete hörbar aus.

„Sehen Sie zu, dass Sie bei Verwandten oder einer Freundin unterkommen, bis wir den Mörder gefasst haben.“

„Wie lange soll das dauern?“

Udo wollte ihr nicht sagen, dass manche Tötungsdelikte niemals aufgeklärt wurden. „Ein paar Tage vielleicht.“ Nun erwiderte er ihr Lächeln. „Ich werde mich beeilen – versprochen.“

„Wie beruhigend.“ Sie klang nicht sarkastisch, sondern ehrlich.

Udo besprach alles Weitere mit den Kollegen, dann verabschiedete er sich von Beatrice Manderscheid. An der Wohnungstür drückte er ihr noch eine seiner verknitterten Visitenkarten in die Hand. „Und rufen Sie mich an, wenn Ihnen irgendetwas auffällt. Tag und Nacht, da steht auch meine Handynummer drauf.“

„Danke, das werde ich.“ Sie drehte das Kärtchen mit dem rheinland-pfälzischen Wappen nachdenklich in der Hand.

Im Treppenhaus atmete Udo tief durch, als sich die Türe hinter ihm geschlossen hatte. Dann machte er, dass er an die frische Luft kam. Das war schon das zweite Mal heute, dass er sich nach einer Zigarette sehnte. Der Dienstwagen, ein alter Passat Variant, parkte ein wenig abseits. Unterwegs kam Udo eine Idee. Er zog das Handy aus der Tasche und wählte Kaltenbachs Nummer. Mit dem Handy zwischen Ohr und Schulter schloss er den Wagen auf und sank hinter das Steuer. Als nach dem sechsten Freizeichen die Mailbox ansprang, gab er es fluchend auf. Er drückte die rote Taste und warf das Handy auf den Beifahrersitz. Ab nach Hause, dachte er, doch auf den gemeinsamen Abend mit Larissa konnte er sich nicht mehr so richtig freuen.

Hunsrück, 21.05 Uhr

Nach einem halben Kilometer hatte sich Kaltenbachs Pulsschlag einigermaßen beruhigt, und er war wieder in der Lage, klar zu denken. Die Honda hatte er auf einem kleinen Parkplatz abgestellt. Er war abgestiegen und vertrat sich ein wenig die Beine. Seine Knie fühlten sich nach der Aktion immer noch wie Pudding an, und Kaltenbach klappte das Visier des Helms hoch und atmete tief durch. Die Luft roch nach frischem Waldboden; die Vögel zwitscherten, und nichts deutete darauf hin, dass hier ein brutaler Kampf auf Leben und Tod stattgefunden hatte.

„Ich glaub das alles nicht“, murmelte er immer wieder und schüttelte den Kopf. Er fragte sich, was der Fahrer des Lasters zu verbergen hatte, dass er einen schweren Unfall, der sicherlich tödlich ausgegangen wäre, in Kauf nahm. Irgendetwas schien mit der Ladung nicht zu stimmen. Kaltenbach hockte sich auf einen gefällten Baumstamm und ordnete seine Gedanken. Der Sattelschlepper hatte das Flughafengelände vor seinen Augen verlassen, und wahrscheinlich hatte der Fahrer auch beobachtet, wie Kaltenbach Fotos gemacht hatte, bevor er sich an das Heck des Kippers geklemmt hatte.

Demnach hatte der Trucker ein schlechtes Gewissen. Was aber stimmte mit der Ladung nicht – immerhin hatte er nur abgetragenes Erdreich geladen, so hatte es zumindest ausgesehen. Wäre der Laster mit einem üblichen Planenauflieger auf der Autobahn 2 zwischen Berlin und Polen unterwegs gewesen, wäre es denkbar gewesen, dass der Fahrer Zigaretten oder Drogen zwischen der Ladung versteckt hatte. So etwas gehörte in Niedersachsen zum Alltag der Autobahnpolizei und dem Zoll. Darüber hatte Kaltenbach vor einiger Zeit einen Beitrag geschrieben, deshalb kannte er sich mit dem Thema aus.

Aber was gab es hier, im verschlafenen Hunsrück, für einen Lkw-Fahrer zu verbergen? War es eine neue Masche, illegale Waren am Flughafen zu übernehmen und sie zwischen dem Bauschutt des Tiefladers zu verstecken? Wer machte sich dann aber die Mühe, die unzähligen Zigarettenstangen wieder aus dem Matsch zu ziehen?

Nein, das passte nicht. Der Lkw-Fahrer musste etwas anderes geladen haben. Etwas, das er um keinen Preis verlieren wollte. Und es war offensichtlich gewesen, dass er Kaltenbachs Tod billigend in Kauf genommen hatte.

Kaltenbach bemerkte plötzlich, dass der Sattelzug ihm nicht zu folgen schien. Einen Abzweig hatte es nicht gegeben, allenfalls einige Feldwege. Wo also war das schwere Gefährt abgeblieben?

In Luft hatte er sich wohl kaum aufgelöst, und so beschloss Kaltenbach, die Strecke noch einmal abzusuchen. Vielleicht hatte er in der Aufregung ja eine Abfahrt verpasst. Er stieg in den Sattel und startete die Maschine. Als er das Visier heruntergeklappt hatte, wendete er die Honda in einem eleganten Bogen und fuhr die Strecke noch einmal ab. Nachdem er den Abschnitt zweimal unter die Lupe genommen hatte, wusste Kaltenbach, dass er nichts übersehen hatte. Nur ein paar Wirtschaftswege führten rechts und links von der Straße in den Wald. Entweder hatte der Fahrer seinen Sattelzug gewendet und war zurückgefahren, oder er hatte sich tatsächlich durch einen der unzähligen schmalen Wege gequält.

Kaltenbach stoppte die Honda CBX und streifte die Lederhandschuhe ab, um nach dem Handy greifen zu können. Auf dem Display sah er, dass Udo in der Zwischenzeit versucht hatte, ihn zu erreichen. In dem Moment, als er die Rückruftaste drücken wollte, spürte er das sanfte Vibrieren des Akkus. Eine Mobilnummer, die er nicht abgespeichert hatte, rief an.

„Hallo?“, fragte er zögernd.

„Ich bin es – Beatrice. Kann ich heute Nacht bei dir schlafen?“

„Kannst du … was?“ Kaltenbach glaubte sich verhört zu haben. Beatrice Manderscheid war eine durchaus attraktive und anziehende Frau, und sicherlich hätte er nichts dagegen einzuwenden gehabt, doch langsam wurde es kompliziert. Bettina war am Boden zerstört, und er hatte ihr bereits ein Abendessen versprochen, um sie auf andere Gedanken zu bringen. Auch Sabine wartete auf ein Treffen – der alten Zeiten wegen, wie sie versichert hatte.

„Ob ich bei dir pennen kann, hab ich gefragt. Ob du es glaubst oder nicht, aber die Bullen geben mir keinen Personenschutz.“

„Aber das ist unmöglich“, wetterte Kaltenbach. „Es ist doch logo, dass der Mörder dich treffen wollte. Dass die Tante von der Telefongesellschaft dran glauben musste, ist nur eine Verwechslung, oder sieht die Polizei das anders?“

„Daran liegt es nicht. Kommissar Reuschenbach war auch ziemlich sauer und enttäuscht, als er keinen Personenschutz für mich durchboxen konnte.“

„Wo ist er jetzt?“

„Er ist weg. Keine Ahnung, vielleicht genießt er schon den Feierabend.“

„Warte, ich klär das. Ich ruf dich in ein paar Minuten zurück.“ Kaltenbach drückte die rote Taste und rief Udos Nummer auf.

„Sag mal, bist du eigentlich ein Vollzeit-Arschloch, oder treffe ich dich gerade nur im falschen Moment an?“, bellte er in den Hörer, nachdem Udo das Gespräch angenommen hatte. „In Kastellaun ist eine Frau alleine, die eigentlich tot sein sollte, und du verabschiedest dich in den Feierabend?“ Als Reuschenbach nichts erwiderte, fuhr Kaltenbach fort: „Ich glaub, es hackt, Alter. Hoffentlich drehst du gleich um und kümmerst dich um die Frau.“

„So einfach geht das nicht, Bernd“, murmelte Udo ein wenig kleinlaut. „Ich darf keinen Personenschutz auf eigene Faust durchführen. Und mein Boss hat sich krumm gemacht, aber keine Observation für Beatrice Manderscheid bekommen.“

„Dann musst du das trotzdem machen, oder willst du riskieren, dass der Killer zurückkommt und diesmal das richtige Opfer erwischt?“

„Der wird nicht zurückkommen. Er hat, was er wollte: Ihren Rechner.“

„Du machst es dir ziemlich leicht“, stellte Kaltenbach fest. „Was hast du ihr geraten?“

„Ich hab ihr gesagt, sie soll zusehen, dass sie ein paar Tage bei jemand anders unterkommt“, erklärte Udo.

„Na danke, das hat sie getan“, brummte Kaltenbach. „Aber das ist deine Aufgabe, solche potentiellen Mordopfer zu schützen, du Pappnase!“

„Bernd – hör auf mit dem Scheiß! Es steht mir selber im Hals, aber ich habe meine Vorschriften, an die ich mich zu halten habe. Es tut mir leid – keine Chance. Aber sie ist eine erwachsene Frau und weiß, dass sie in Gefahr ist.“

„Wie beruhigend“, erwiderte Kaltenbach gallig.

„Sorry, Bernd. Lass uns da mal bei ’nem Bier drüber quatschen, aber jetzt nicht.“

„Und warum nicht?“ Kaltenbach war laut geworden. Manchmal verstand er das Polizeisystem nicht. Und seinen Freund auch nicht. Er war wütend und enttäuscht von Reuschenbach.

„Weil ich selber angepisst bin, deshalb.“ Udo unterbrach die Verbindung und trug nicht gerade dazu bei, dass sich Kaltenbach beruhigte.

„So ein Arschloch“, grollte er, als er Beatrice Manderscheid zurückrief. „Ich bin in einer Viertelstunde bei dir. Pack ein paar Sachen.“ Dann fiel ihm etwas anderes ein. „Sag mal, hast du eine Motorradkombi?“

„Ja, hab ich. Früher bin ich selber oft mit dem Motorrad unterwegs gewesen. Den Bock hab ich längst verkauft; er erinnerte mich zu sehr an meine Zeit mit Rudolf. Aber ich habe es nie übers Herz gebracht, die Lederkombi zu verkaufen.“

„Wie praktisch“, murmelte Kaltenbach und verabschiedete sich. Er startete die Honda und machte, dass er auf dem schnellsten Weg nach Kastellaun kam.